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Die folgende Transkription basiert auf bisher nur teilweise nachbearbeiteter OCR der Scans von Seite 1, Seite 2 und 3 sowie Seite 4 der ersten Beilage vom 2. Januar 1939:

Nr. 1 Erste Beilage zum Deutschen Reichs- und preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Montag den 2. Januar 1939

Zur Geschichte des Deutschen Reichsanzeigers und Preußischen Staatsanzeigers.

Ein Rückblick zu seinem 120jährigen Bestehen.

Von Rudolf Lantzsch.

Am 2. Januar 1819 erschien in Berlin das
erste Stück einer neuen, der dritten Berliner
politischen Zeitung Sie hieß „Allgemeine
Preußische Staatszeitung"
. Aus diesem Organ
ist der „Deutsche Reichsanzeiger und Preu-
ßische Staatsanzeiger"
hervorgegangen, der
somit heute als älteste noch bestehende Ber-
liner Zeitung auf ein 120jähriges Bestehen
zurückblicken kann. Zeitungsgeschichte ist auch
Zeitgeschichte, und die historischen Ereignisse-
deren Zeuge das amtliche Blatt war, haben
ihren Niederschlag nicht nur in feinem In-
halt gefunden, auch der mannigfache Wechsel
der äußeren Gestalt und Organisationsform
des Blattes wurde durch den Ablan der Ge-
schichte Preußens und Deutschlands bedingt
Zwei große Abschnitte Iassen sich
in der Geschichte der Zeitung feststellen. Mit
der Begründung der Allgemeinen Preußi-
schen Staatszeitung wurde der doppelte Zweck
erstrebt, ein amtliches Publika-
tionsorgan der Regierung und zu-
gleich eine politische Zeitung zu
schaffen, geeignet, die öffentliche Meinung
in politischen Dingen richtig zu stellen und
über die Absichten der Staatsregierung auf-
zuklären«. Mit den Versuchen zur Lösung
dieses Problems ist die Geschichte der Zeitung
bis zum Jahre 1853 ausgefüllt. Im zweiten
Abschnitt wurde der Zeitung das Gepräge ge-
geben, das sie im wesentlichen noch heute
trägt.
Die Vorgeschichte der Staatszeitung, deren
Gründung König Friedrich Wilhelm III. in
der Kabinettsordre vom 19. November 1818
genehmigte, eröffnet einen tiefen Einblick in
die damaligen Verhältnisse.

Preußen nach den Freiheitskriegen
Die Hoffnungen, die das Volk an den
stolzen Ausgang der Freiheitskriege geknüpft
hatte, hatten sich nur zum geringsten Teil er-
füllt. Nach außen hin war das lockere Gefüge
des Deutschen Bitiides mit 39 Einzelländern
geradezu das Gegenteil der Sehnsucht vieler
Vatriotein die ein neues deutsches Kaisertum
im einheitlichen Reich erstrebt hatten. Eben-
falls enttäuschend verlief die Entwicklung der
Verhältnisse im Innern, so Ausgezeichnetes
auch auf dem Gebiet der Verwaltung und der
Forderung der Wirtschaft im Fortgang der
Stein-Hardenbergschen Reformen geleistet
wurde. Das Volk, das im Volksheer die Be-
freiung des. Landes von fremder Unter-
drnckung erkcjmpft hatte, glaubte damit ein
Anrecht auf Mitbestimmung im Staatsleben,
auf (Bewahrung einer Volksrepräsentation
und der tPreßfreiheit erworben zu haben.
Aber die in der Bundesakte vom Juli 1815
gsgebenen Zusagen blieben uneingelöst. Eine
heilige Sinnesänderung hatte unter den Re-
gieruugen der Heiligen Allianz Platz ge-
griffen, und nach dem Vorbild von Oesterreich,
wo Mettertiich — für den Bestand der natio-
nal zerspaltenen Habsburgischen Monarchie
fürchten?) — alle nationalen und freiheitlichen
Regungen unterdrückte, widersetzte sich auch
Pkttlßen den Versuchen, an die Stelle des
patriarchalischen Absolutismus konstitutionelle
UVTMCL zu setzen. Noch immer alt das
um“ irrtedrich Wilhelm II. im Jahre 1788
vom Minister Wöllner erlassene Zeusuredikt,
As wahrend der Freiheitskriege ignoriert
Lorden mar, aber nun wieder in scharfer
Botm, namentlich nach dein Wartburgseft der
deutschen Hochschüler im Jahke 1817, Anwen-
dung fand.

Hardenbergs Pressepolitik.
Der Staatskanzler Fürst von Harden-
berg·k)01te·eine Pressepolitik betrieben, die
»d! einheitlichen Linie Ientbehrte Sie
Litvankte zwischen der negativen Handhabung
ur durch III-c Zensiir gegebenen Mittel sowie
WIläessionszwanges«und der positiven
s«—nte auf die Zeitungen im Sinne
Seine erfolgreichen Versuche,
.iotigresses durch Varu-
17111- deutsche Zeitun-
“arbeiten, der
‘ Nörkes

versitäten vorfahen. So ist es verständlich,
daß die eitungen in der Periode nach den
Freiheits riegen in zunehmendem Maße ein
Bild der Blutleere und« Schtveigsamkeit zeig-
ten; ein ,,Räsonnement« über die inneren
Verhältnisse war ihnen nicht gestattet.
Bei der gewählten Methode begab sich frei-
lich die Regierung der Möglichkeit, die öffent-
liche Meinung durch die Presse zu beeinflussen
und zu leiten. Sie hatte nicht einmal das
Mittel," sich wirksam gegen Atigriffe auswär-
tiger Zeitungen zu verteidigen. Gerade das
schien um so bedenklicher, als zunehmend aus-
ländische Zeitungen in das Inland strömten,
in denen die innerpretißifchen Verhältnisse
eingehend behandelt wurden. An den Ver-
hältnissen der Gegenwart gemessen, nehmen
sich die in Betracht kommenden Zahlen sehr
bescheiden aus, aber Preußen war klein und
seine Bevölkerung gering. Für 1819, das
Grüitdiingsjahr der Staatszeititiig, fehlen
konkrete Zahlen. Für das Jahr 1823 sind

[Abb.]

bie Erträ nisse des preußischen Zwangs-
stetnpels ekannt, der für jedes xemplar
jährlich einen Taler betrug. Danach betrug
der Gesamtabfa der im damaligen Preußi-
schen Staatsgebiet erscheinenden Zeitungen
35 516; im gleichen Jahr wurden allein von
den beiden französischen Zeitungen „Le Jour-
nal das Déhats” unb „Le Constitutionel”
1045 Exeniplare in Preußen abgesetzt.
So trugen diese Umstände dazu bei, in
Hardenberg das alte Projekt einer eigenen
offiziellen Staatszeitung wieder lebendig wer-
den zu lassen, das zuletzt 1815 Varnhagen
von Ense in einer Denkfchrift entwickelt hatte-
Damals — im Jahre 1818 — gab es in
Berlin nur zwei Zeitungen: Die ,,Königlich
privilegierte Berlinische Feitutig von Staats-
und gelehrten Sachen« (die vor wenigen Jah-
ren eingegangene ,,V o s s i f ch e Z e i t u n g")
unb bie «Berlinische Nachrichten von Staats-
unb gelehrten Sachen« (die bereits 1874 ein-
gegangene «Haude- und Spenerfche
e itu n g”), von denen die letztere gelegent-
lich seitens Hardenbergs zu offiziösen Mittei-
lutigen benutzt worden war.

Die Gründung
der Allgemeinen Preußischen
Staatszeitung

In einem Schreiben vom 5. Oktober 1818
machte Hardenberg dem Geheimen Staatsrat
Friedrich August von Staege-
mann Mitteilung von seiner Absicht, ein
ofsizielles Blatt zu «ründeu, das „bei ber
Mangelhaftigkeit der eiden Berliner Zeitun-
ann . . bie Regierung hauptsächlich als
1 tut Belehrung des Publikums 11nb zur
— seines Urteils über innere Ver-
könnte«. Staegeniann
für Hardenberg dar-
dssx beiden Ber-
" neuen

des Projekts durch den König *) mit feiner
Durchführung und der oberen Leitung der
Reduktion betraut.
’ötaegemann, geboren 1763 zu Vier-
radeii in der Uckermarl, hatte nach vollendetem
juristischem Studium eine länzende Karriere
in Der Verwaltung gema t, war 1800 zum
Staatsrat ernannt und ein tatkräftiger, ge-
schickter Helfer Hardenbergs geworden, den
er auf dessen diplomatiichen Reisen nach
Paris, London und zum Wiener Kotigreß be-
gleitete. Vor und in den Freiheitskrtegen
war er auch literarisch hervorgetreten. Die
Vertrautheit mit Hardetibergs Ansichten und
seine umfassenden Ketitttnisfe ließen ihn für
die Uebernahme des verantwortunisvollen
neuen Amtes besonders geeignet erscheinen,
dem er selbst, wie wir aus einem Brief von
ihm an feinen Freund Varnhageii wissen,
mit einiger Skepsis eiitgegetisah.

Auf dem ersten Stück der Allgemeinen
Preußischen Staatszeititng ist er freilich als
veraiitwortlicher Redakteur nicht verzeichttet,
ebensowenig wie der Buchhandler Reimer,

 

[Abb.]

der den Druck besorgte. Tie Zeitung erschien
·weimal wöchentlich, im Klein-Folioformat im
mfang von nur vier Seiten, und kostete
jährlich 5 Taler. Anzeigen blieb sie verschlossen.
Das Programm der Zeitung.
Jn einer am 20. Dezember 1818 heraus-
gegebenen öffentlichen Ankündigung und in
dem Vorwort der ersten Nummer wurde das
Programm der Staatszeitung dargelegt.
Danach sollte die Zeitung aus einem amt-
lichenundeinemnichtamtlichenTeil
bestehen. Jn dem amtlichen Teil sollte sie
alle Ereignisse am Hof und im Staat (Be-
förderungen, Ehrenbezeugungen, Feste usw.)
und amtliche Verordnungen und Bekannt-
machungen der höheren Behörden veröffent-
lichen, soweit sie ein allgemeineres Interesse
hätten. lieber die Bestimmung des nichtamt-
lichen Teiles hieß es in dem Vorwort u.a.:
»Wir werden die Begebenheiten des Tages in
Benukung aller uns zu Gebot stehenden
Mitte treu erzählen, und aller politischen
Visionen uns eiithaltend nur dann Betrach-
tungen anknüpfen, wenn wir für das Interesse
unserer Leser des Jnlandes eine belehrende
Erörterung nöthig glauben. Fremde, vielleicht
auch einheiinische Zeitungen, Flugschrifteri,
Journale, werden uns, iiach den Erfahrungen
der letzten Jahre, zuweilen in die Noth-
wendigkeit {eben, Erzählungen und Urtheile
aus und über Preußen berichtigen zu müssen.
Wir werden uns hierin auf die Berichtigng
der erzählten Thatfache, auf die Entkleidiiiig
von den Zierratheii einer frioolen Erdichtnng,
aus die nackte Darstellung der Wahrheit be-
schränken, schon im Voraus überzeugt, daß wir
in der Regel damit ausreichen werben, um die
eilfertigen Urtheile der Geschwindschreiber des
Tages zu entkräfteu.«

Wenn auch dieses Vorwort in der Oeffent-
lichkeit keine günstige Aufnahme gefunden
hatte, so verstand es doch Staegemann, die
Zeitung durch ihren vornehmen Ton, durch
eine geistreiche. sachlich bleibende Polemik,
b berständuisvolle Behandlung volkswirt-
cbenftehende satsimilierte Stif-

schaftlicher Fragen und interessante Berichte
aus dem Ausland auf ein anerkennlenswertes
Niveau zu heben. Allerdings stieg die Auflage
nicht über 1400 Exemplare. Es war daher ein
Verlust für die Staatszeitung, daß Stae.ge-
mann schon Ende August 1'820 Die Reduktion
niederlegte. Hierzu bewogen ihn Rücksichten
auf fein Staatsamt und feine sonstigen
Arbeiten, aber auch die ihm besonders vom
Minister Kamptz bereiteten Schwierigkeiten,
dessen Einsendungen er mehrfach zurück-
gewiesen hatte.

Erste Schwierigkeiten.

Unter seinem Nachfolger, dem Geheimen
Hofrat Carl Heuii, sank der Gehalt der
Zeitung ganz erheblich. Herin, unter dem
Zchriftstellernamen H. C la u r e n als Massen-
prodnzeitt seichter Novelleti bekannt, __ hatte
während der Freiheitskriege als Zekretardes
preußischen Hauptquartiers die »Preußtsche
Feldzeitung« redigiert. Die von Hardetiberg
gehegte (Erwartung, daß Heim der geeignete
Mann für das schwierige Amt sei, wurde nach
einiger Zeit enttäuscht. Hardeitberg hatte ihm
am 25. März 1821 _n0ch fchreiben formen:
»Die Preußifche Staatszcitung fängt bereits
an im Ausland sich Achtung zu verschaffen
und die Reichhaltigkeit ihres Inhalts wird sie
bald jedem lizebildeten im Inland unentbehr-
lich machen.” Der Anerkennung folgten aber
auf Dem Fuße scharfe Rügen wegen erheblicher
eigenmächtiger Etatsüberfchreitungen Die
von Heim gestellte ,,Alteritative, entweder die
Ztaatgzeitttug ganz «ittgebeti zu lassen oder die
Reduktion einem Dritten zu übertragen, Der
mit geringeren Mitteln die Herausgabe zu be-
wirken Jntftande fer)”, lehnte Liardenberg indes
ab. Bei einer weiteren Auseinondersetziing
iiber den Etat der Zeitung führt Hardettberg
Heim nochmals den Zweck der Staats-
zeitnng vor Augen:

 

»Ein Wohlgeboren verlieren den Zweck
der Staats«citung ganz aus den Augen,
wenn Sie dieselbe als ein Institut ansehen,
das mit dem Hamburger Correspondenten
und der Allgemeinen Zeitung *) rivalisieren
und sogar dieselben übertreffen sollte. Dies
war nie die Absicht der Regierung und konnte
sie auch ben unserer Verfassung und unseren
politischen Verhältnissen, ja schon unserer
geographischen Lage nach garnicht sevu und
“ihnen ist nie etwas gesagt worden, welches
Sie eine solche Absicht hätte vermuten lassen
können. Sie Staatsszeitung sollte dein bösen
Geiste, welcher in dein größten Theile der
übrigen in Deutschland erscheinenden politi-
schen Blätter spukt entgegen wirken, indem
sie die von demselben entstellten Thatsachen in
ihrer Wahrheit erzählen, hätnische Angriffe
von außen her, aber gnriid‘meiicn, dabei die
Vorfälle im Innern der Monarchie aus
authentischen Quellen bekannt machen sollte.
Weiter darf sie sich nicht erstrecken. Hätte
die Regierung mehr beabsichtigt, so wäre die
Redaction der Ziaatszeitung einein Mitglied
oder Angehörigen des Ministerii der aus-
wärtigen Angelegenheiten übertragen wor-
den: aber in diesem Falle wäre die Noth-
wendigteit besonderer Correspondenzen ganz
weggefallen. Ich kann keineswegs den Nutzen
der von Jhnen _in Madrid·, London und
Neapel angeknupften Verbindungen ein-
«
sehen.

”Sie Zeitung war inzwischen vom zweimal
wöchentlichen zum dreimal wöchentlichen Er-
scheinen bei erweiterteni Umfang übergegangen
der Druck war ab November 1819 dem
Buchdrucker Hahn übertragen —, und die Auf-
lage war 1820 auf 2000 Exemplare gewachsen;
ihr Jnhalt jedoch ließ — nicht nur infolge der
Wirksamkeit der Karlsbader Beschlüsse —
immer mehr zu wünschen übrig. Die Be-
schwerden mehrten sich. Als Hardenberg, trotz
seines hohen Alters bis zulept rege für die
Staatszeitung interessiert, im November 18:22
in Italien gestorben war, beriet das Staats-
ministerium auf Antrag des Grafen Lottum,
des Ministers der auswärtigen Angelegen-
heiten, über die Frage des Fortbestandeg der
Staatszeitung utid schlug dein König A n -
fang1823 vor, die Staatszeitung
eingehen zu lassen. Jn der Be-
gründung des Antrags wurde gesagt, daß die
Staatszeitung »durch unvorsichtige und un-
passende Aeußerungeit selbst zu Beschwerden
fremder Höfe Anlaß gegeben«, daß sie einen
»Hang zur Erzählung abentheuerlicher Ge-
schichten, Frevel und Verbrechen, ohne Er-
wähnung der Folgen davon« bewiesen, »indein
sie nicht etwa Nachrichten von verdienten
Strafen zur Warnung, sondern wohl gar
Schilderungeii, die leicht böse Vorsätze in bösen
Menschen erregen oder bestärken konnten, auf-
genommen bat“.
*) Jn Augsburg lange Zeit eine der be-
deutendsten deutschen Zeitungen.

Erste Beilage zum Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 1 vom 2. Januar 1939. S. 2

Der König lehnte in der Kabinetts-Ordre
vom 12. Januar 1823 Den Antrag ab, unter-
stellte Redakteur und Zensor des Blattes der '
Aufsicht des Staatsininisters von Voß und
befahl, »daß eine ,,iiiöglichst genaue Instruktion
uber die zur Aufnahme in das Blatt geeig-
iieten Artikel erteilt und auch selbige genau
gehalten” werde. Da der Minister von Voß
aber kurz darauf starb, tviirde die Staats-
zeitung durch eine weitere Kabiiietts-Ordre
vom· 13. April 1823 Der Oberaufsicht des
Ministeriuiiis der auswärtigen Angelegen-
heiten unterstellt Dieses Ressortverhältiiis
wurde 20 Jahre bis Ende Juni 1843 auf-
rechterhalteii.
Durch einen Wechsel in der Redaktion
hoffte man die Verhältnisse zu bessern. Heun
wurde bei der Postverwaltiiiig untergebracht.
An seine Stelle trat als Redakteur der bisher
beim Polizei-Präsidium beschäftigte Dr. Karl
Ernst J o h n, der von 1812—14 als Sekretär
In Goethes Dienst gestanden hatte, von Goethe
aber recht uiigiiiistig beurteilt worden war.
John hat der Staatszeitung bis zum Jahre
1832 angehört; feine eigentliche, leiDer un-
ruhniliche Bedeutung für die Entwicklung
unserer Literatur gewann er durch seine Tätig-
keit als Oberzensor in den vierziger Jahren.
Die Staatszeitung erschien nun täglich,
nachdem der Druck und Vertrieb vom Buch-
handler Vetter (Mauersche Buchhandlung)
übernommen worden war. Vetter zahlte dafür
3000 Taler an die Staatskasse. Unter John
erreichte Die Gestaltung des redaktionellen
Teils ihren tiefsten Stand. Die Auflage, 1823
noch 2346 Exemplare groß, sank bis 1826 auf
1015 Exemplare, so daß Vetter große Verluste
erlitt und den Vertrag zu Ende 1827 kündigte.
Von da ab bis zum heutigen Tage erscheint
die Zeitung auf Kosten und Rechnung des
Staates.
Die Ziispitzuug der Verhältnisse der
Staatszeitung erforderte dringend ein Ein-
greifen. Das Ministerium der auswärtigen
Angelegenheiten, das die Erhaltung des amt-
lichen Organs wünschte, setzte sich mit den
anderen Miiiifterien ins Benehmen und ver-
trat die Ansicht, daß im Gegensa zur bis-
herigen Uebung die Redaktion viel tärker von
den einzelnen Ministerieii unterstützt und mit
Material versehen werden müßte. Jedes
Ministerium sollte einen Rat damit beauf-
tragen. Der Minister der auswärtigen An-
gelegenheiten bezeichnete den Geheimen
Legationsrat K a rl P h i I i p s b o r n als den
Rat seines Ministeriums, der die Redaktion
überwachen und leiten, auch die Pflege der
Verbindungen zu den anderen Ministerien
übernehmen sollte. Jn seiner Sitzung vom
25. April«18t·«2-7 erhob das Staatsministerium
diese Vorschläge zum Beschluß«ahn"e daß dann
freilich alle Miiiisterien einen-. Beamten be-
stimmten. '

Aufschwung unter fdem ersten
Kurator Philipsborn.
Mit der Betraiiiing Philipsborns, des
ersten Kurators der Staatszeitung mit seinem
neuen Amt trat ein völliger Uiiischtvuiig der
Verhältnisse zum Guten ein. Philipsborn, ein
Beamter der Steiti--Lsardenbergschen Schule,
ein Mann von unifasseiider Bildung uiid weit-
reicbenden Beziehungen, brachte alle Eigen-
schafteii zur Lösung der ihm gestellten Aufgabe
mit. Neben Emirat Dr. Johii wurde Hofrat
Cottel als Mitredakteur verpflichtet Das
Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten
erfuchte die Gesandtschaften iiiid Oberpräsi-
deuten um Eiiiseiidung interessanter Nach-
richten an Philipsborn und die Redaktion. Die
Zeitung, die ab Januar 1828 des Abends-- aus-
gegeben wurde, gewann binnen Jahr:sfrist
1000 Abonuenten und erreichte Ende 1831 mit
8681 ihre höchste bis dahin erreichte Auflage·
Bergleichgweise sei bemerkt, daß 1831 Die Ge-
saiiitauflage aller in Preußen ausgegebenen
Zeitungen 45 904 betrug.
Die ziiieclbollen Maßnahmen Philipsborns
und-die wohlnmllende Unterstützung, die er
durch den Minister Graf von Bernstorff auch
in der Abwehr der Einspriiche des Ober-
Zensur Kollegiums ersuhr,hätten allerdingsfür
sich allein den Aufschwung lind die Ver-
breitung der Staatszeitung weit
uber die Grenzen Deutschlands
nicht in dem eingetretenen Maße bewirkt. Die
politischen Ereignisse in Europa in diesen
Jahren erregten aufs stärkste die Gemüter und
kamen damit auch der über einen ausgezeich-
neten Eltachrichtendienst verfiigenden »taats-
zeituug zugute· Zuerst waren es die direkten
:lkachrichten über den russisch-türkischen Krng
1828/29, mit denen die Zeitung so ar der bis
dahin fiihreiiden Allgemeinen Zeitung in
Augsburg erheblich zuvorkom. Jin Juli 1830
brach in Frankreich eine Revolution aus, die
Karl X. den Thron kostete, und ihre Aus-wir-
kuiigeii waren in vielen Teilen Europas spür-
bar. Besonders der Verlauf der polnischen Er-
hebung 1830/31 tviirde in der Oeffentlichkeit
Preußeiis stark beachtet, wie das sprunghafte
Aiiziehen der Auflage der Staatszeitung ge-
rade in jener Zeit bewies. Es kam hinzu, daß
die Zeitung seit 1828 des Abends ausge eben
ioiirde —- Abendblätter kannte man bis ahin
nicht in Berlin —- und daß die Schlußrubrik
,,Neuefte Nachrichteii«, die noch während des
Druckes redigiert wurde, die Aktualität des
Blattes verbürgte.
wenn»; WEIBER-« Ist-Mrle ..I«"s«-r.-.x.«.-.«-t '2- Uns-Hit- . f WE- ’
i Die erften Beilagela
; iiialig bestimmte Arten von Anzeigen zuge-
« lassen. Die Beilage,.die für sich allein bezogen
 
Erste W M Reim used Staatsanzeiser m. l vom I. Januar 1939. 6. O
«Uin den Einfluß der Staatszeitung
weiter zu befestigen, ging man dazu über,
ihren Jnhalt durch Beilagen zu bereichern.
So wurde im Jahre 1829 Der ,,Allgemeine
Anzeiger für die Preußifchen Staaten« ge-
schaffen, der dazu diente, die von Gerichten und
anderen Staatsbehörden in den Anitsblättern
veroffeiitlichten Bekaniitmachuiigen auszugs-
weise· in tabellarischer Form zur Kenntnis des
Publikums zu bringen. Auch wurden erst-
werden konnte, toiirde gelegentlich der ormat-
vergrößeriiug im April 1831 als sol e auf-
gegeben uiid mit der Staatszeitung ver-
schmolzew
Einer Anregung Alexander von
H u m b o l d t s verdalikte das wöchentlich drei-
mal aiisgegebene Beiblatt der Staatszeitung
,,Magaziii für die Literatur des Auslands«
seine Entstehung. Es sollte »das geistige Leben
des Auslands dem Vaterlande näher bringen«,
eine Absicht, die völlig gelang und das An-
sehen der Staatszeitung steigerte. Ihre Aus-
landskorrespondenten und die preußischen diplo-
matischen Vertretungen lieferten ihr in Ge-
stalt interessanter, neuerschienener Bücher Und
Journale des Auslandes reiches Material dazu.
Elf Jahre lang, vom Januar 1832 bis zum
Jahre 1843 erfreute das Magazin die inter-
essierten Leser der Staatszeitung. Es wurde
1843 seinem Redakteur Joseph Leh-
mann als persönliches Eigentum überlassen
und von der Staatszeitung abgetrennt.
Mitarbeiter von eRang.
Zu den damaligen Mitarbeitern der
Staatszeitung gehörten " u. a. L e o p o l d
von Ranke, Hegel, Friedrich
von Raumer, Rühle von Lilien-
stern, von Willifen und besonders der
Staatsrat und Professor an der Universität,
J. G. Hoffmann, der das ,,Statistifche
Bureau« in Berlin be ründete. Man darf
sagen, daß die ausgezeichneten Artikel Hoff-
manns in der Staatszeitung und die in ihnen
vertretenen volkswirtschaftlichen Gedanken
wesentlich dazu beigetragen haben, den Boden
für die Gründung des deutschen Zollvereins
(1. Januar 1834) vorzubereiten.
Stagnation.

_ Nach 1830 war die Stellung der Redaktion
infolge der politischen Verhältni se schwieriger
geworden, und nach dem Tode eines Protek-
tors, des Grafen von Bernftorff, legte
Philipsborn 1832 Die Leitung der Redaktion
nieder, behielt indes die technische Aufsicht« bei.
Ferner schied John aus der Reduktion aus-, in ‚2
Die Hofrt Cottel und ,;Liter«at«. Leh--
mann inzug hielten. Sie ihnen auferlegte
Zurückhaltung konnte sie allerdings nicht vor
Beschwerden und Rügen, auch von seiten des
Königs, bewahren. Es blieb daher bei der
wachsenden Regsamkeit der anderen Zeitungen
nicht aus, daß die Auflage des Blattes eine
sinkende Tendenz aufwies: 1833 6013, 1836
4952 und 1839 4364 Exemplare. Philipsborn,
der diese Entwicklung mit Sorge betrachtete,
schlug 1836 einen Ausbau des redaktionellen
Teils durch eine methodifche Darstellung der
Entwicklung auf den Gebieten der Wi senschaft,
Kunst und Volkswirtschaft vor un wußte
seinen Antrag so überzeiigeiid zu begründen,
daß der Minister der auswärtigen Angelegen-
heiten, Ancillon, zur Durchführung des Plans
die Anstellung des wissenschaftlichen Mit-
arbeiters Dr. Gruppe genehmigte.
Reorganifationspläne.
Das Jahr 1837 stellte das Staatsministe-
rium vor die Frage einer Reorganisa-
tion der Staatszeitung. »Den Anlaß dazu
gab die der Regierung uneizwünschte Entwick-
lung der Zeitschriften im Julande und die
steigende Nachfrage nach ausländischen Zei-
tungen. Es erschien wünschenswert, die
Staatszeitung »durch eine-freiere Bewe-
gung« zu befähigen, „ein allgemeineres und
lebendigeres Interesse zu gewähren”. Nach-
dem der König durch Kabinetts-Ordre vom
11. März 1837 Die Absicht gebilligt, trat eine
Kommission zusammen, die nach langen Be-
ratungen Anfang 1838 den Ministern der
auswärtigen Angelegenheiten, des Jnnern und
der Polizei sowie der geistlichen Angelegen-
heiten ein ausführliches Votum vorlegte.
Die Länge dieses interessanten Doku-
nieiites verbietet feine wörtliche Wiedergabe.
Beziiglich des allgemeinen Charakters des
Blattes wurde der bereits voin Grafen Bern-
storäf aufgestellte Grundsatz unterstrichen,
,,da die Staatszeitung so wenig, wie die
anderen Berliner Zeitungen, ein offi-
zielles Blatt und iiiimittelbares
Organ der Regieriin sei; wenn
auch vorzugsweise zur Aufnahline amtlicher
Mittheiluiigen bestimmt, gehöre sie doch im
Uebrigen durchaus in den Kreis der anderen
politischen Zeitschriften,«schöpfe in der Re el
aus eigenen Quellen nnd benutze ihre a-
terialien nach ei euer Beurtheilung, indem
sie Zwar in der ahl mit besonderer Vorsicht
u erke gehen müsse, sonst aber sich inner-
alb der durch die Censurvorschriften ge-
zogenen Grenzen frei und selbständig bewege,
ohne durch die Politik des Kabinetts, d e
ihr fremd bleibe, im All emeinen be-
en t zu werden«. Gegen das usland seien
R erreichen sei. Die Redaktion habe sich als
egel in bezugi auf das Ausland »in den
Grenzen des eferterens zu halten,
wahrend«beim in ändis en Teil die Zei-
tung ,,raisonnierende Au sätze« über Die be-
stehenden inneren (Einrichtungen und deren
Entwicklung brin en olle. esondere Für-
sorge sei der Wie er a e der Verhandlungen
von Kammern und arlamenten inner- und
außerhalb Deutschlands zu widmen, so daß
sie hi erin von keinem anderen Blatt über-
trof en werde. ·
»Die Beratungen der Kommission fielen in
die Zeit der sogenannten ,,Kölner Wirken«
wegen der Frage der religiösen Erziehung von
Kindern aus Mischehen, die im November
1837 zur Verhaftung des Kölner Erzbischofs,
Freiherrn von Droste-Vischering, führten und
eftige Angriffe der katholischen Blätter gegen
die Regierung ur Folge hatten. Der König
befahl, Die Ver eum ungen durch angemessene
Artikel in der Staatszeitung zu widerlegen-
Der König will Taten sehen.
Auf einen Jmmediat-Bericht der drei be-
teiligten Minister, in dem die Grundzüge der
Reorganisation der Staatszeitung vorgetragen
wurden, erklärte sich der König in der Kabi-
n.etts-Ordre vom 27. Februar 1838 mit ihnen
einverstanden, fügte aber tadelnd hinzu, daß
diese Grundzüge nichts enthielten, was nicht
wiederholt schon ausgesprochen wäre. Er
wolle daher jetzt ,,erwarten, daß einmal ernst-
lich Hand an die Sache gelegt und es nicht bei
bloßen Veranstaltungen, die zu keinem Ende
kommen, gelassen« werde.
Suche nach einem fähigen
Redakteur. —- Rante lehnt av.
Daran versuchte das Ministerium der aus-
wartigen Angelegenheiten Leopold von
Ranke für die hauptamtliche Redaktion der
Staatszeitung u gewinnen. Ranke erklärte
sich auch zunä st bereit, vorübergehend das
Amt zu übernehmen, aber kurz danach, am
18. März 1838, lehnte er definitiv ab. Die
darauf vorgenommene Bestellung des in
Berlin anwesenden Professors der evange-
lischen Theologie Rheinwald aus Bonn
erwies fichals ein Mißgriff, der besonders in
Westdeutschland Aufsehen erregte. Durch einen
Bericht des Oberpräfidenten der Rheinpro-
vinz, von Bodelschwingh, stellte sich nämlich
heraus, daß Rheinwald die Bonner Universi-
tat aus Gründen seiner privaten Lebensfüh-
rung hatte verlassen müssen. So fah sich der
Minister Freiherr von Werther genötigt,
Rheinwald nach knapp viertel"ähriger Tätig-
keit feiner Stellung zu enthe en. An seine
Stelle trat der Gymnasialdirektor Progessor
A,.r n o l d aus« Königsberg, Nm., der sich. urch
zahlreiche literarisch-Z Veröffentlichuxi in « eikejj’»
Er wirkteJ is Endes
Namen gemacht? iatte.
1840 an Der Staatszeitung; den Anforderun-
gen, die an einen politischen Redakteur zu
stellen waren, konnte er nicht in vollem Um-
fang genügen.
‚Sie Affäre Rheinwald hatte noch eine un-
glückliche Folge. Philipsborns Stellung war
durch sie erschüttert worden. Er bat daher,
ihn von feinem Amt als Kurator zu entbin-
den, um so mehr, als seine Gesundheit unter
den Anstrengungen der letzten Zeit sehr ge-
litten hatte. Durch eine Verfügung vom
3. August 1838 wurde dem Antrag entsprochen.
Das Kuratorium wurde dem Geheimen
Legationsrat v on Bülow übertra en; die
Kassenangelegenheiten beaufsichtigte er Le-
gationsrat B o r k.
Die Aera sinkeifem
Die Frage, ob es gelingen würde, nach den
vorangegangenen Experimenten endlich einen
Redakteur zu finden, der politische Zuver-
lässigkeit mit umfassenden Kenntnissen, journa-
listischer Begabung und zugleich mit dem
Takt verband, das offizielle Blatt innerhalb
der durch die Zensurvorfchriften gezogenen
Grenzen zu halten, hatte sich zum Kardinal-
punkt entwickelt. Zunächst ward die Hoffnung
auf einebefriedigende Lösung dieses Problems
nicht aufgegeben. Auf Empfehlung Rankes
wurde von Januar 1841 an Der Professor
Dr. Johann Wilhelm Zinkeisen
fur die Redaktion der Staatszeitung ver-
pflichtet.
» Zinkeisen war ein kenntnisrei er und
intereffaiiter Mann. 1803 in A tenburg
eboren, hatte er zuerst Theologie, dann Ge-
F ichte studiert, hatte sich 1831 an Der Uni-
versität Leipzi abilitiert unD war 1833 zu
litstorischen un publiziftischen Studien nach
laris gegangen. Von seinen zahlreichen
wissenschaftlichen Arbeiten seien feine
griechische und türkische Geschichte hervor-
ehoben. Seine über ein Jahrzehnt währende
citigkeit an der Zeitung fiel in die bewegte
Zeit des Vormärz und dauerte mit einer
kurzen Unterbrechung nach den März-Ereig-
nissen des Jahres 1848 bis Mitte 1851. Daß
Zinkeisen seiner Aufgabe nicht voll gerecht
werden konnte, lag freili weniger an seiner
Person als an der Zu pitzung der inner-
politischen Verhältnisse.
Friedrich Wilhelm IV. und die
Staatszeitung.
m Juni 1840 olgte König riedrich
Wil elm III. fein und er Königin Lutse Sohn
Friedrich Wilhelm IV. auf den Thron,
 
be ondere Rück ichten u·· nehmen, was nur
durch eine ges ickte eitung der Redaktion
ein Fürst von Geist und Begabung, aber ohne
Härte des Willens. An der Preßpolitik feines
ein
is »2 Vertrauen Z genießsizdk» Redakteure zu aber-
v.» ".5“ v' » p; .-
I ‚
Landes nahm er lebendigsten Anteil, won
feine zahlreichen Kabinetts-Ordres auch
. .- . 91!.
Schon am 13. Juli forderte der Koni Be «
über Die Verhandlungen hinsichtlichgdokrzskss
organisation der Staatszeitung. Er. wurde am-
20. November 1840 vorgelegt. In ihm
wiederholten die Minister Freiherr von
Werther und Eichhorn die vor zweieinhafz
Jahren vorgetragenen Ansichten. Die Reng
rung bedürfe eines Blattes wie der Staats-;
zeitung, um es stets als ihr Organ benutzen
Erste können. Der dritte beteiligte Minister, des
inister des Jnnern v o n R o ch o w, bestritt
dieses Bedürfnis und wies auf Die ungünstigen
Erfahrungen mit der Staatszeitun hin. Ihre
Unvollkommenheit sei auch der ntwickluug
der privaten Ta eszeitungen hinderlich e-
wesen, da sie von er Zensur· als das Muster-
blatt aufgefaßt worden ei; infolgedessen habe
die Zen ur nichts erlau t, was nicht auch in
der Staatszeitung hätte stehen Dürfen. Da-
egen verbreiteten gesinnungslofe Lohnschrift-«
fteller in IIfremDen Zeitungen- Unwahrheiten
und Entste ungen: der vortreffliche Sinn des
Volkes erhalte keinen Ausdruck. Wolle die
der politischen Presse begriedigem so sei die
Staats eitung nur dann azu geeignet, wenn
sie aufhöre, ein halboffizielles Blatt und eine
Dependenz des Ministeriums der auswärtigen
in Die Kategorie eines von den Behörden
begünstigten Blattes trete-» ’ · .
Der König ging auf diesen·Vorschlag, die
Zeitung in ein offiziöfes Organ umzuwandeln,
ins-er Kabinetts-Ordre vom 15. Januar 1841
ni t ein:. . _.
»Ich habe Mich daraus- mit’m? mehr
von en Schwierigkeiten überzeugt, ie der
Redaktion eines halbofxiziellen Blattes ent-
gegentreten müssen, wä rend Jch andrerseits
das Gewicht der Gründe nicht --verkenne, die
in der jetzigen Zeit den größeren Staaten die
Erhaltung eines von ihnen geleiteten Organs
fur öffentliche Mittheilungen nothwendi
machen- Es kommt dabeialles darauf an, das
fiir ie Leitung desselben ein Mann gesunden
werde, der mit Geist und Bildung auch die
Zuverlässigkeit der Gesinnung und des
Charakters und eine solche äußere Stellung
verbindet, daß die Behörden fiel) ihm mit
vollem Vertrauen mittheilen un mit Sicher-
heit die Richtung überlassen können, in
welcher er das Blatt zu erhalten hat. Es ist
Mir daher sehr willkommen gewesen, gleich-
zeitig aus dem Mir gemachten Vortrage zu
entnehmen, daß der Legationsrath, Kammer-
herr von U edom, sich bedings·ngsweise
eneigt erklärt hat, die obere Leitun der
taatszeitung unter Bearbeitung derlelbeii
durch einigengwandte »und zuver äffige,
Ser König befahlweiterJ daß die TStaats
zeitung der gewöhnlichen Zensur nicht unter-·
worfen und von Legationsrat v o n U -f e d om
unter eigener Verantwortlichkeit zensiert
werden sollte. Usedom trat sein Amt als
Kurator Anfang Oktober 1841 an.
« Jn dieser Zeit, Ende 1841, hatte Der König
den Versuch unternommen, die der Presse aus-
erlegten Beschränkungen zu mildern. So heißt
(iss Der Ka,binetts- rdre vom 10. Dezember
»Viel heilfamer als jene-Beschränkung ist
das Bemühen von Seiten der Behörden se bst,
durch rechtzeitige Mit-theilung auszuführender
Maßnahmen, urch leitende Artikel in den
inländischen Zeitungen und vornämlich in
der Staatszeitung der anständigen
Diskussion über weck und Tenden en er
Verwaltung selbst ie Richtung zu ge en uiid
ihr dann ein angemessenes Fed zu freier
Bewegung zu geftatten.«
Die ensurminifterien erließen darauf am
Weihna tstage 1841 eine Zirkularverfügung,
die bestimmte, daß die Zensur keineswegs eng-
herzi gehandhabt werden solle. Als aber die
Vppoütionelle Presse weit über das vom König
begrenzte Ziel schoß, wurden die Zügel wieder
straffer angezogen und die bedingte Preß-
freiheit schließlich in der Kabinet·ts-Ordre vom
4. Februar 1843 wieder aufgehoben.
Der Snnenminifter Graf von Arnim
will die Zeitung eingehen lassen.
Der Kurator der Staatszeitung, voll
Usedom, hatte die im Erla des Königs votjl
10. Dezember 1841 gema te Anregung auf-
gegriffen und einen gro zügigen tElan über ein
»Archiv für in andif e Ange-
Staatszeitung als Beilage wöchentli weimal
zwanglos hinzugefügt werden un — ZU-
„rarfonnierenbe AufsääeC dokumentarische
Veroffentlichun en aus esetzgebung und Vet-
waltung, Beri te über Landtags-Verhand-
lungen und gtatiftifche Mitteilungen enthalten-
Ser' Plan atte die volle uftimmuiig des
Konigs gefunden, seine Dur führungwiirde
aber durch einen Wechsel im Ministerium des
Jnnern verhindert. Der neue Minister Graf
von Ar n i m erwog die Absicht, die Staats-
zeitung ganz eingehen zu lassen und an ihres
Stelle ein neues, ein offiziöses Regieriizlgs-
organ zu ründen. Zur Untersuchung sdicler
Frage wur e eine Kommission eingesetzt.
ie Bemühungen inkeisens und des
Kurators, unter erhein em Kostenauswcmd
den Inhalt der Staatszeitung anziehender und
 
reicher zu eftalten, hatten den erftrebten
Erfolg einer rtveitkrung des Leserkreifes nicht
den Akten Der Staatszeitung Zeugnis able e ·
Regierung die- Wünsche nach einer Belebung "
Angelegenheiten zu sein und« wenn sie dagegen .
Bericht vom 27. Juni 1843 an den
l e g e n h e i t e n” entworfen.- Es sollte der «
- ‚f
· , m ahre 1842 betrug Die Abonnew
ewer ‚ä: Fies. Auch Die ausfuhrirchea
„wie über die Provin ial-Landtags-V2r-
ndlungen hatten das nteresse fur die
eitung nicht stärker belebt, ebensowenig Die
).slandsberichte, für deren Lieferung Korre-
„meinen in Paris, London, Brussel, Madrid,
azz Athen und so ar in Javaverpflichtet
ordln waren, Die e gut organisierte Aus-
andsberichterstattung —«die Meldun en wur-
an übrigens überall » in· ‚Der Pre se nach-
edruckt —- stand zur Durftigkeit des Inland-s-
eils in schroffem Gegensatz. _
Inzwischen war auch die Druckerei der
Staatszeitung gewechselt worden. Vom 1. Juli
1841 ab wurde an Stelle von {nahm mit
dessen Leistun en man nicht immer zufrieden
war, die De er’sche Geheime Ober-Hofbuch-
druckerei mit dem Druck der Staatszeitung
beauftragt. Der Druckau trag verblieb der
Firma Decker rund drei ahr ehnte, bis er
Anfang 1873 an Die Norddeuts· e Vuchdruike-
rei und Verlags-A».G. überging. Aus ir
ging die 1926 gegründete Preußifche Dru« e-
„i. und Verlags-A.-G. hervor, deren Aktien
im Befitze des Preugischen Staates ind. Sie
versieht noch heute en Druck des eutschen
Reichsanzeigers und Preußischen Staats-
anzeigers
Der Kurator ift Dagegen.
Der Kurator von Usedom sprach sich nach-
rücklich gegen die vom Minister des Jnnern
orgeschlagene Umwandlung der Staatszeitung
'n ein offiziöfes Blatt aus. Sie sei eine über-
lüsfige Operation, unD trotz Veränderung in
er Form bleibe Die Sache Diefelbe. Als er
feststellen mußte, daß feine Ansichten nicht
gebilligt wurden, bat er, ihn von feinem Amte
ls Kurator zu entbinden. Dem Antrag ward
am 3. Juli 1843 stattgegeben.
Umwandlungs-Vorfchläge.
Die drei Zensurminister und der Kabinetts-
minister von Thile vereinigten sich nach ein-
gehenden Beratungen zu einem .mmediat-
önig. Jn
ihm wurde die Notwendigkeit der Um-
wandlung der· Zeitung dargelegt, die auch
äußerlich durch eine Aenderung des Titels in
die Erscheinung treten müsse. Die Redaktion
müsse gegenüber dem Publikum, den Behörden
und den fremden Regierungen eine selbstän-
digere Stellung als bisher erhalten und zur
Bekundung ihrer Unabhängigkeit von den
Ministerien der gewöhnlichen Zenfur unter-«
worfen werden.
Durch Kabine—tts-Ordre vom 3. Juli 1843
wurde der Vorschlag durch den König
genehmigt und der Geheime Regierungsrat
Vitter zum Kurator bestellt. Auch die
resfortmäßige Zuständigkeit für sdies Angelegen-
heiten-der Zeitung wurde geändert undk vom-
Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten
den drei Zensur-Ministerien gemeinsam über-
tragen. Von März 1847 ab refsortierte das
Blatt für dreiviertel Jahre vom Ministerium
des Innern allein.
Am 1. Juli 1843 erschien die erste Nummer
der Zeitung unter dem veränderten Titel
,,Allgemeine
Preußifehe Seitnng“.
Einleitend wurde gesagt —- und diese Er-
klarung wurde gelegentlich wiederholt —, daß
die eitung keineswegs als offi-
ziel es Organ zu betrachten sei. Diesen
Charakter des Blattes zu unterstreichen, stellte
man Dr. Carl Heinrich Hermes als
Mitredakteur für die Abteilung Jnland ein.
Herines war bis dahin Mitarbeiter an
der Kölnifchen Zeitung gewesen und we en
seiner oppositionellen Gesinnung bekannt. n
einer neuen Stellun verfagte er völlig;
eine scharfe, aber geitlose Polemik schadete
nur dem Ansehen der Allgemeinen Preußi-
schen Zeitun .
Andere Umstände, wie bald auftretende
Spannungen zwischen Zinkeisen und Hermes,
die Interesselosigkeit der Behörden, die alle
Aufforderungen nach Lieferung von Beiträ en
unbeachtet ließen, und mehrfacher Wechsel er
Kuratoren vergrößerten die an sich schon vor-

handenen Schwierigkeiten infolge der wachsen-
den innerpolitischen Spannung. Das Abonne-
ment sank im Jahre 1843 auf 3977 und 1846
sogar auf 2309 Exemplare. Die Warnung des
VUhePen Kurators von Usedom vor diesem
Experiment hatte sich leider bewahrheitet.
» .Lt
Nthgr Wechsel von Kuratoren
MEIFPILIYdatteureiu
b DIE Kuratel des Blattes war nach Bitters
aldlgem Abladen im Oktober 1843 einstweilen
.em Geheimen Ober-Regierungsrat Bod e
Im Ministerium des Jnnern übertragen wor-
ben Er wurde in seinem Amt schon Ende Fe-
ruar 1844 durch einen gelehrten Offizier, den
O.k.)CVst-Lieutenant S chulz abgelöst, der
VUhtzr das von
lä’lltllck)e«W)ochen latt« herausgegeben hatte.
ERCIWIiQIng ziemlich rücksichtslos gegen die
wedaktion vor, erlebte aber in der Folge so
temg Freude an dem Amt, daß er im Sep-
ember 1845 bat, ihn von diesem mühevollen
Und undankbaren Gei äft zu entbinden. Die
neige, des Kurators ei eine wahrhaft uner-
agllche infol e der allchen Stellung des
kaltes- das ein Pu li um ge enüber als
Flathkthg gelten solle, aber do nach allen
tchtungen gefesselt bleibe und Der beinlichften
arcke begründete ,,Berliner .
 
Erkl- betrage Reichs- und Staat-angetan m. 1 vom l. Januar 1939. 6. 3

Erste Beilage zum Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 1 vom 2. Januar 1939. S. 3

Ueberwachiing und Rü e unterliege. Jm Mai
1846 wurde dann der eheime Re ierungsrat
S u l z e r mit der Kuratel betraut; as Kassen-
Kuratorium erhielt der Geh. Ober-Regie-
rungsrat M a e tz k e.
Auch in der Redaktion waren mehrfach
Veränderungen erfolgt. Der ruhende Pol in
der Erscheinungen Flucht blieb Zinkeisen.
Dagegen war Hermes nicht mehr länger trag-
bar und mußte gehen. Sein Nachfolger, der
Hofrat R o us f e a u , verfagte ebenfalls und
wurde schon Ende 1844 entlaffen.
Der König droht
mit der Entstehung der Zuschüsse.
Diese Zustände veranlaßten die Zensur-
minister zu Beratungen über die weitere
Zukunft des Blattes. Der Minister Freiherr
von Bülow forderte mehrfach dringend, daß
die Regierung sich eines Blattes entledige, das
sie nur kompromittiere· Auch der König hatte
mehrfach feiner Unzufriedenheit über die Ent-
wickliin der Dinge Ausdruck gegeben und in
der Ka -inetts-Ordre vom 26. April 1844 er-
klärt, daß das Jnstitut mit Ende des Jahres
ganz eingehen solle, wenn sich die Zuschüsse
nicht erheblich verringerten. Jn einer späteren
Kabinetts-Ordre vom 5. Mai 1846 stellte der
König in Aussicht, daß eine Subvention des
Blattes in keiner Weise genehmigt werden
würde, solange nicht Maßregeln zur Erhebung
des Blattes zu einem lebendigen Organ der
Regierungsgrundsätze getroffen werden.
Die weitere unerfreuliche Entwicklung der
Zeitung, nur vorübergehend im Frühjahr
1847 durch die Veröffentlichung der Sitzungs-
berichte des Vereinigten Landtags unter-
brochen, hatte Erwägungen innerhalb der
Ministerien über die Zukunft des Blattes zur
Folge Niemand verschloß sich der Notwendig-
eit einer durchgreifenden Reform, nur wollte
man deren Zeitpunkt im Zusammenhang mit
der beabsichtigten Aenderun der all emeinen
Preß esetzgebung festsetzen. ie politischen Er-
eignisse sollten dem zuvorkommen.
Das Sturmiahr 1848 —- Zinkeisen
muß flüchten.
Jm Februar 1848 brach in Frankreich eine
neue Revolution aus. Die Bewegung griff
nach Süddeutschland und von dort nach dem
Norden über. Die Allgemeine Preußische
Zeitung hatte bis zum 18. März keine Nach-
richten über die Unruhen der letzten Tage ver-
öffentlicht, am 19. nur Die bekannte Prokla-
mation des Königs und sich nähere Mit-
teilungen ,,über die beklagenswerten, durch
einen unglücklichen Zufall veranlaßten Un-
ruhen«· vorbehalten. Dieser Bericht, vom
damaligen Kurator, Geheimen Regierungs-
F Rats Siu l z e r , verfaßt ’ und vom Julien-
minister-genehmigt, erschien in der Nummer
vom 20. Mär abends. Er erregte Die Ge-
müter der Berliner Revolutionäre derart, daß
bewaffnete »Deputationen« von ihnen»gewalt-
fam in Die Redaktionsräume und in die Woh-
nung Zinkeisens drangen und von ihm eine
»freiwillige« Erklärung erpreßten, daß er den
anstößigen Bericht vom Ministerium empfan-
gen habe. Den Namen des Verfassers zu
nennen, lehnte Zinkeisen standhaft ab. Er
eilte am nächsten Morgen zum Schwß und
erbat Schutz zur Fortsetzung seiner Tatigkeit.
Als ihm dieser nicht zugesagt werden konnte,
verließ er mit feiner Familie Berlim
An Sulzers Stelle wurde vorlaufig der
- Geh. Regierungsrat Freiherr v o n S ch l e i -
nitz Kurator; mit der zeitweiligen Wahr-
nehmung der Redaktionsgeschäfte wurde der
,,Literat« R. Wentzel eauftragt.
Die Verhältnisse hatten sich grundlegend
gewandelt. Preußen war Verfassungsstaat
geworden, die Zensur efallen, und wie die
Pilze nach dem Regen f offen neue Zeitungen
aus dem Boden. Die Lage der Allgemeinen
Preußischen Zeitung in der Zwittergestalt
einer unabhängigen, in Wirklichkeit aber
offiziellen Regierungszeitung war. unhaltbar
geworden. So wurde beschlossen, die Tarnung
aufzugeben und den amtlichen Charakter des
Blattes äußerlich erkennbar zu machen. Am
1. Mai 1848 erschien es unter dem neuen Titel
Preußifcher StaatsiAnzeigen
Ueber feine zukünftige Gestaltung wurde m
der ersten Ausgabe folgendes gesagt:
»Der Preulßgche Staatsanzeiger wird,
außer den amti en Bekanntmachungen und
Erlassen der Regierung, auch die Verhand-
lungen Der“ zur Vereinbarun uber die
reußische Verfassung einberufenen Ver-
lammlung vollkftändi und so bald wie
mö lich mitt ei en. er nichtamtliche Theil
desselben wir der Mittheilung fortlaufender
thatfächlicher Berichte über die Tages-
efchichte und vorzüglich Der" Darauf Bezug
äubenden offiziellen Aktenstucke, Kammer-
erhaiidlungen usw. gewidmet sein« Fur
Bandelsi und Börsenverhaltnisse, sowie sur
es rechung der Interessen fur Kunst und
Wissenschaft, find besondere Abschnitte des
Preußischen Staats-Anzeigers bestimmt.«
Am gleichen 1. Mai 1848 kehrte das Kura-
torium vom Ministerium des Jnnern»in· die
Obhut des Ministeriums der auswartigen
An elegenheiten zurück. anwis en hatte sich
au Zinkeisen wieder eingefun en und die
Direktion der Zeitung ü ernommen. Der
Minixter der auswärtigen Angelegenheiten
trug ich damals mit der Absicht, den Staats-
 
Anzeiger nach dem Muster des Pariser
»Moniteur« aiifzuziehen. Man mußte sich
aber davon überzeugen, daß eine Ueber-
tragung dieser aus der französischen Geschichte
und Eigenart gewachsenen Einrichtung auf
Preußen undurchführbar war. Demgemaß
faßte das Staatsministerium den Beschluß,
den Staats-Anzeiger als amtlichesOrganfur
amtliche Bekanntmachungen und für politische
Meinungsäußerungen der Regierung aufrecht-
zuerhalten. Die resfortinäßige Zuständigkeit
des Staats-Anzeigers ging vom 1.. April 1849
auf das unter dem Ministerpräsidentenvon
Brandenburg stehende »Literarische Kabinet«
über — seit der Gründung der Zeitung im
Jahre 1819 der fünfte Wechsel dieser Art. Das
Amt des Kurators versah bis 1851 Der
Regierungs-Assesfor Graf von Eulen-
burg mit lebhafter Anteilnahme. Als
besondere Beilage wurden dem Staats-An-
zeiger die vollständigen stenographischen Be-
richte über die Verhandlungen der National-
Versammlun beigefügt. Trotzdem blieb die
Entwicklung er Auflage unbefriedigend: 1818
4321, 1849 3765, 1850 2831 Eremplare 1851
wies die Abonnentenzahl mit »15«)93 einen
neuen Tiefstand auf. Der Ruckfchlag der
nationalen Bewegung wirkte sich um diese Zeit
auch in einer Verschärfung der Preßgesetz-
gebung aus.
Das letzte (Sentiment.
Die Preußische Regierung hatte das
literarische Kabinett aufgelöst lind eine»Zen--
tralstelle für Preßangelegenheiten gegründet,
die die Preßpolitik nach den Richtlinien»der
Regierung durchführen sollte. Der Minister-
präsident Freiherr von Manteiiffel hatte in
das neue Amt Dr. R h n o Q u e hl berufen.
Er gewann großen Einfluß auf den Minister-
präsidenten und bewog ihn trotz des Wider-
spruchs des Kurators zu einer neuen Um-
organisation des Staats-Anzeigers.« Quehls
Plan sah vor, den Staats-Anzeiger als
politische Zeitung eingehen zu lassen, ihn auf
ein Zentralorgan für amtliche Bekannt-
machungen zu beschränken und ihn in Ber-
bindung mit einem neuen offiziofeii Blatt, der
,,Preußischen Adler-Zeitung«, herauszugeben
Obwohl auch die Minister des Jnnern und
der Finanzen Einwendungen gegen das ‚neue
Experiment erhoben und darauf hinwiesen,
daß der Staats-Anzeiger das dokumentarische
Material« aus Gesetzgebung und Verwaltung
fo vollständig wie kein anderes Blatt enthielte,
und daß der Einfluß des Staats-Anzeigers
im Ausland gerade in seiner Eigenschaft als
p o Ii t i s ch e Zeitung nicht unterschatzt werden
dürfe, entschlossen sich der Ministerprasident
und das Staats-Ministerium fur. die Durch-
führung des » neuen Plans. Ertrurde anv-
1. Juli 1851-wirksam . .. —
Jn der Vorankündigung für das Publikum
war zu lesen, daß der Preußische Staats-An-
zeiger in seiner bisherigen Gestalt zu» er-
scheinen aufhören würde. »Statt dessen wurde
als ein Zentralorgan fur amtliche Nach-
richten der
,,Königlich Preußifrhe
Staats-Anzeigerf·.
herausgegeben Als Beilage zum Staats-
Anzeiger erscheine täglich morgens, mit Aus-
nahme des Montags, die
,,Preußische (Adler-) ßeimng“,
»welche bemüht fein wird, durch die Be-
fprechung politischer Fragen, durch die Voll-
ständigkeit und Zuverlassigkeit ihrer »Noch-
richten . . . . . und ein reichhaltiges Feuilletoii
sich die Theilnahme ihrer Leser zu erhalten.”
Die Adler-Zeitung war als »Neue Ber-
liner Zeitung« egriiiidet und 1848_an eine
vom Minister ilde ins Leben gerufene Ge-
sellschaft verkauft worden, von-der sie »unter
er Bezeichnung »Die deutsche «Retori»n«
herausgebracht war. Sie wurde iiii Marz
1851 in ,,Preiißische (Adler-) Rettung” ·iim-
etauft und, wie gesagt, ab Juli des gleichen
gsah-les mit dem Staats-Anzeiger verknupft.
Jhr Redakteur war Dr. Adolf Ruten-
berg. Die Zeitung konnte nicht getrennt
vom Staats-Anzeiger bezogen werden, was
aber umgekehrt möglich war. Das Forinat
des Staats-Anzeigers war Hoch-Quart, das
der Preiißischen (Adler-) Zeitung Groß-Folio.
Beide Blätter waren der Zentralstelle Jur
Preßangelegenheiten direkt unterstellt Zink-
eisen war, wohl auch infolge feines gefpaiiiiteii
Verhältnisses zu Quehl, in den Kgl Preußi-
schen man” inzcigeit nicht uberiiommen
worden. Die Stelle mit ihrer durch die Um-
organisatioii veränderten Aufgabe erhielt der
bisherige Rendant Schwieger.
Die Verbindung der beiden Blätter
bewahrte sich nicht. Die Preußische (Adler-)
Zeitung konnte bei der Durftigkeit ihres Jn-
halts keine Eroberuiigeii machen. Jhre Leser-
zahl, im 3. Quartal 1851 noch 3350, halbierte
sich nahezu in den zwei Jahren ihres
stehens. Hohe Zuschüsse waren erforderlich.
Es wurde daher beschlossen, die Zeitung mit
dem 1. Juli 1853 eingehen zu lassen und
zugleich dem Staats-Anzeiger»einen Nicht-
amtlichen Teil hin uz·ufugen. Jn ihm
sollten »nur thatsa liche und ver-
bürgte Nachrichten Aufnahme
finDen”, denen sich Mitteilungen aus dem
handelspolitifchen und statistischen Teile «an-
reihen würden. Die Redaktion dieses Nicht-
 
amtlichen Teils wurde Dr. Ritteuberg
übertragen. '
Dieser Vorgan ist der entfcheidendeEmi
schnitt in der Gef ichte des Staats-Anzeigers!
Der mit erheblichen materiellen Opfern und
einem starken Aufwand geistiger Krafte unter-
noiiiiiieiie Versuch, der Zeitung die Doppel-
funktion eines amtlichen Publikationsorgaiis
und zugleich einer politischen Zeitung im
Sinne der politischen Tages-presse zu geben,
warunterdengege _
n iffen gefcheitert. Der jahrzehntelang er;
hobene Ruf nach dem ,,fahigen·Redakteur
verkannte die inneren Schwierigkeiten des
Problems Einerfeits war man sich bewußt,
daß die Voraussetzung für die Lebensfahigkeit
und weiter für den Erfolg der Zeitung in der
Bewegungsfreiheit der Redaktion lag, und auf
der anderen Seite »
wiegendeii Gründen der Staatsraison und
sonstigen Rücksichten oft genötigt, diese.Be-
wegungsfreiheit bis zu einein Grade einzu-
engen, daß Das Blatt dadurch vollig gelahmt
wurde. Dieser Gesichtspunkt _ift bei der Be-
urteilung des ersten 34jährigen Abschnitts
festzuhalten. Eine objektive Kritik darf aber
hier nicht stehenbleiben. So unbefriedågend der
mit seiner Gründung verfolgte politis e
des amtlichen Organs erfüllt wurde,
dennoch sein Wirken nicht vergebens gewesen,
indem es auf wissenschaftlichem und admini-
ftrativem Gebiet das geistige Leben unseres
Vaterlandes vielfach angeregt und befruchtet
benenBerhalt-
war man aus schwer-
iwkik
Der zweite große Gefchiehtsadfehnitt
des Staats-Anzeigers beginnt.
Jn dem neuen Abschnitt seiner Geschichte
vom 1. Juli 1853 ab ift Der Staats-Anzeiger
dem politischen Tageskampf entzogen undsein
objektiver, sachlicher Charakter als amtliches
Verkündungsblatt zum maßgebenden Prinzip
erhoben worden.
Diese Periode ist gekennzeichnet durch eine
wachsende innere Konsolidierung und nach
außen durch die Erweiterung seines Horizontes
auf nichtpolitischem Gebiet.
Organ hatte damit den Charakter erhalten,
den es im wesentlichen seitdem beibehalten hat·
Diese Tatsache ermöglicht es auch, die weitere,
in ruhigen Bahnen verlaufende Entwicklung
in einer mehr summarischen und zusammen-
fassenderen Weise zu behandeln, als das die
Gefchehnisse im ersten Zeitraum anliegen.
Endgiiltige Reffortzuftändigkeia
Mit der Niederlegung der Stellung als
Direktor der Zentral-Preßstelle durch Dr.
Quehl wurde die Verbindung des» Staats-:
Anzeigerssmit dieser Behörde gekost.
’ Staats-Anzeiger wurde nun unmittelbar dem
Preußifchen Staatsministerium unterstellt;
diese Zuständigkeit besteht bis auf den heutigen
Tag. Infolgedessen wurden auch zu Kuratoren
seither Vortragende Rate des Staatsministe-
riums bestellt. Es führten vom 1. Oktober
1853 ab die Geschäfte des Kurators: Der
Geheime Regierun "rat, spätere Konsistorial-
präsident H e g el (ein Sohn des Philosophen
Hegel), vom 1. Mai 1865 ab der Geheime
Regierungsrat, spätere Geheime Oberregie-
ruiigsrat Zitelmann, vom 1. Juli 1877
ab Der
heime Oberregierungsrat v o n K u r o w s kh ,
vom 1. »
heime Lberregieruiigsrat und spatere Re-
gieruiigspräfident v o n T e p p e r- L a s k i ,
bom
Polizeipräsident und spätere Wirkliche Ge-
heime Rat Exzellenz von Rheinb
voni November 1922 ab Der Ministerialrat
C o h n (C o r s i n g) und vom 16. c‘ebruar
1933 ab Der Ministerialrat Berg
unter dessen Obhut der Reichs- und Staats-
anzeiger noch heute fteht.
Das Amt des Redakteurs und Direktors
versahen im gleichen Zeitraum: S ch w i e g e r
ab Juli 1851, Stadtrat a. S. R i e d e l ab 1885,
Dr. Klee ab Juni 1889, Sienienroth
ab Februar 1895, Dr. Throl ab Oktober
1902, M e n g e r i n g ab Oktober 1930, Mini-
sterialrat Pfeiffer ab April 1933, Dr.
B a r o n v o n D a z u r (jetziger Präsident der
PreußischsSüddeutfchen «
Mär« 1934 und der gegenwärtige Direktor,
Präsident Dr. Schlange, ab April 1935.
Seit dem Jahre 1857 ift Die Stelle eine etais-
mäßige Beamtenstelle.
Der Staats-Anzeiger entwickelt sieh
zum Zentralorgan für gewerbliche
Vetanntmaehungeia
Ueber die ersten Jahre nach der Umstelliing
unter der
merkenswertes zu berichten. Da er vor allein
bemüht war, die laufenden Verwaltungskosten
zu senken, so mußte sich das henini.nd auf die
Gestaltung des
wirken. Das besserte sich erst gegen Ende der
50er Jahre, als sich in der Ertragslage des
StaatsAnzeigers eine Wendung abzeichnete.
Die Jnfertiousgebühreu, die 1852 5605 Thaler
eraebeii hatten, waren 1860 auf 8346 Thaler
gestiegen und betrugen 1867 bereits 23 This
Thaler.
hatte ihren Grund in dem allgemeinen Wirt-
schaftsaufschtvung und
Jndustrialisierung, die damals zur Begrün-
Das amtliche
Der'
Regierungs-Afsessor, spätere Ge-
November 1887 ab der Ge-
November 1890 ab Der ehemalige
aben,
ohm,
Staatslotteriel ab
Kuratel Hegels ist nichts Be-
redaktionellen Teils aus-
Die Ausdehnung des Anzeigeiiteils
in der wachsenden

Erste Beilage zum Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 1 vom 2. Januar 1939. S. 4

Dung zahlreicher Aktiengesellschaften führte, fein-
eine Entwicklung, die sich dann besonders nach änglich gezelgt- We die Rei e Don IMM-
dzm deutsch-französischen Kriege 1870/71 venienzen und Verlegenheiten die Staats-
spmnfifch bat-66". Vom Jahre 1864 ab war zeitung für das Ministerium der auswärtigen
sämtlichen Preußifchen Gerichts-behörden zur Flngclegcnhmmk helbeiqefuhrt’ Und wie selbst
Pflicht qcmacht die Eintmqun en in das in einzelnen Fällen« die Stellung der Regie-
g)an IP. _ - · » - « 9 rung· u den auswärtigen Mächten und die
_ e‘o egister im Stäats-Aiizeiger zu ver- Errei ung der diesseitigen wecke durch in-
offentlichen. Damit war die Grundlage dazu opportune Publikationen ge tört und beein-
gelegt, daß das amtliche Blatt sich zum tkdchtigt WOkch ist-
chtralorgan von Handel, Industrie und Ge- . Aus “dem. Grunde muß ich bei den
wage im, gewerbliche Bekanntmachungen aus, Letzlgen schwieri en und verwickelten politi-

tretens der alten Reichsverfässung, erhielt das
amtliche Organ die neue Bezeichnung
Deutscher cReichßangeiger
und S’zgt. Preußifcher
Staatsanzeiger.
Eine neue Periode seiner Wirksamkeit begann.
Die Erweiterung feiner Bestimmung zum
Reichsanzeiger war von weittragenden
Folgen begleitet. Er wurde von diesem Zeit-
punkt ab neben einem preußischen Veröffent-
lichungsorgan ein enträlorgan äller Reichs-
ünd aller nichtpreü ischen Staatsbehörden in
ibegug fczcufd ReichskaggeleLgenheigen sucgds bilizete
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UFUDCVUEU leswlkfschllft Obzekchneke- wette}? Ausbruch des Weltkrieges beschieden man
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mitcgäääfärffgäganämgu a'giorbflfir Ver- vson 2668 Psyan sangewachsen« Dabei ist fu« 31:: and Wortkürzungen werden vom Verlag nicht vorgenommen.
SlufJ ebote mit? Vobllcldtun für nexskltli llch zu bersuckstchngem daß der Reichs- un un en auf die Ausführung früherer Druckaufträge find daher
schaffen und K gb't' II I: g « Stckatsanzetger neben deV..ZeUtVGl-H0Udel mm“ g « h d it a i di i D a i
omman i gese fchaf en auf regksterbeklage Und der Vorsenbezkage an gegenstandslos,maßge en s a« en ee ngereichte ru vor age.
Mater-it. deren Schriftgroße unter «Petit« liegt, konnen nicht verwendet
Aktien, für Invaliditäts- und Altersversiche- noch die Patent- Und Gebrauchsmuster-Ve
Umg- für WOcheUaUsWelfe der deutschen lage sowie die Wärenzeichenbeiläge enthie werben. Der-Verlag mußjedezaftnng beiDruckaufträgen ablehnen,
Notenbkmkem für KOUkUVse- EinngUUgeU Die letztgenannten Beilagen wurden im Okt
je zur Hälfte geteilt. Seit dem a re ,
wird für den Reichs- und Stäatsåxieizlzigek1
eigener Häushältsplän im Rahmen des »«
samten Staatshaushalts aufgestellt.
Nachprüfung der Rechnungslegung obliegt .«·
Oberrechnungskammer. ·
Die Auflage, die im Jahre 18
4878 Exempläre betrug, wies in den Ja '
zehnten bis um Weltkriege nur eine lanng
ansteigende inie auf· Für 1914 ist die Zz
6475 äusgewiesem die 10 000-Grenze mm
erst 1919 überfchritten. ·
Der gleichnamige: von 1914 -
Welttrieg und swifchenreich.
Dung zahlreicher Aktiengesellschaften führte, fein-
eine Entwicklung, die sich dann besonders nach änglich gezelgt- We die Rei e Don IMM-
dzm deutsch-französischen Kriege 1870/71 venienzen und Verlegenheiten die Staats-
spmnfifch bat-66". Vom Jahre 1864 ab war zeitung für das Ministerium der auswärtigen
sämtlichen Preußifchen Gerichts-behörden zur Flngclegcnhmmk helbeiqefuhrt’ Und wie selbst
Pflicht qcmacht die Eintmqun en in das in einzelnen Fällen« die Stellung der Regie-
g)an IP. _ - · » - « 9 rung· u den auswärtigen Mächten und die
_ e‘o egister im Stäats-Aiizeiger zu ver- Errei ung der diesseitigen wecke durch in-
offentlichen. Damit war die Grundlage dazu opportune Publikationen ge tört und beein-
gelegt, daß das amtliche Blatt sich zum tkdchtigt WOkch ist-
chtralorgan von Handel, Industrie und Ge- . Aus “dem. Grunde muß ich bei den
wage im, gewerbliche Bekanntmachungen aus, Letzlgen schwieri en und verwickelten politi-
Eitie fährelän e Erfägrung hat hin-