1819 / 90 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 09 Nov 1819 18:00:01 GMT) scan diff

müßen wir selbst die angreifende und

drohende Stellung vermeiden. Eine falsche Politik hat gesagt: wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg. Die wahre Politik lehrt uns, wenn wir Frieden wollen, uns auf den Frieden zu bereiten. Die Organisation eines großen Heeres würde unsre Ruhe mehr gefährden als befestigen. Wollen wir, den Frem- den gegenüber, stark seyn, laßt uns auf gute bürger: liche Einrichtungen denfen, auf Geseße, die uns ver- einigen, die eine Nation in einem Lande bilden, wo es noch wenig mehr als Jndividuen giebt, und wol- len wir uns durch Militair : Einrichtungen verstärken, so laßt uns alles feindliche Ansehn von ihnen entfer- nen; laßt uns die Zeughäuser füllen, die Plähe be- festigen, die Anstalten, welhe mehrjährigen Unterricht und lange Uebung erfodern, befördern, für die Jn- fanterie, nach dem Rathe der verständigsten Generale, Uns auf Kadres und auf cine hinreichende Anzahl tüch- tiger Unterofficiere beschränken, kurz eine Landwehr einrichten], durch die das Volk in den Waffen geübt wird, ohne seinen häuslichen Beschäftigungen entzogen zu werden.“

London, vom 1. November. Der Prinz Regent, der sich bisher in Brigthon aufhielt, ist seit einigen Tagen nach London zurückgekehrt.

Am 825. v. M. trat der König in sein 6ostes Re- gierungsjahr. Sein Krankheitzustand ist unverändert.

Der bisherige Gouverneur von Neu : Schottland, Generallieutenant Graf Dalhousie, ist zum Statt- halter von Kanada, und der Generalmajor Kempt zum Gouverneur von Neu-Schortland ernanni worden.

Die Todten - Jury zu Northfields hatte Über den Leichnam eines bei einem dortigen Volksauflaufe um: gekommenen Mannes den Ausspruch gethan „„ zu rechtfertigender Todschlag.‘““ Am Abende wutden auf zwei Mitglieder der Jury, in ihre Häuser, Pistolen: \hüße abgefeuert, welche jedoch verfehlten. Sowol die Regierung, als ein Verein achtbarer Bewohner hat eine Prämie von 500 Guineen auf die Entdeckung der Thäter gesebßt.

Die Absicht der Regierung, den Unternehmungen der Austoiegler kräftige Maasregeln entgegenzuseëen, wird tägli offenbarer. Die penstionirten und die auf halben Sold geseßten Militairpersonen find für Eng- land zum 18. und für Schottland zum 25. November einberufen, um in Thätigkeit zu treten. In der Ar- niee wird fein Urlaub bewilligt. Ein kürzlich aus Ne dien zurücégefkommenes Dragoner: Regiment wird nicht nach Hause entlaßen. Im Schloße zu Carlisle wird ein großes Wassen- Depor für den Norden Englands errichtet, und eine starke, mit hinreichendem Geschübe versehene Garnison hineingelegt.

Hunts Ansehn is bei den Reformers völlig ge- sunfken. Dem einen Theil erscheint er in zu großer Gemeinheit, dem andern is er nicht energisch gnug. Die leßten beschuldigen ihn, Gelder unterschlagen zu haben, die für die in Manchester Verungiückten ge- sammelt worden. Er selbst widerräth jeßt alle Ver: sammlungen, und wird daher für einen Ueberläufer gehalten. Uebrigens dauern die Versammlungen fort, und es werden BesHlüße bald in dem einen, bald im anderen Sinne abgefaßt. Wegen der hiesigen Versamm- lnng, die auf heute von Thistlewood veranstaltet worden, ist man ohne die geringste Besorgnis.

Nachrichten aus Jamaika melden, daß der Spani: {he Gouverneur von Neu- Granada, Samanas, awölf gee Officiere, die zu Portobello, in Folge der verunglückten Expedition des Mac Gregor, ge- angen wurden, unter ihnen den Obersten Rafter, abe erschießen laßen.

Die durch Französishe Blätter verbreiteten Ge- rüchte von einer Veränderung unsers Ministeriums find ohne allen Grund. Man scheint in Frankreich auf die hiesigen Volksversammlungen eine Wichtigkeit zu legen, die sie gar nicht haben. Die auf dem festen ande von Zeit zu Zeit verbreiteten Gerüchte von großen, hier vorgefallenen Unruhen sind immer nur das Weck einer kaufmännischen Spekulation. Wer die wahren Verhältniße des Landes kennt, wird sich dadurch nicht täuschen laßen.

den ficher stellen,

M adrid, vom 19. Oktober. Die Schiffe der Ex: pedition zu Kadix sind, um zu überwintern, ins Baßin gelegt worden. Die Kriegsschiffe haben ihre Sten: gen abgenommen. (Engl. Nachr.)

Von den Officieren der Expeditions-Armee, welche *

der Graf Abisbal verhaften laßen wollte, haben sich 120 nach Gibraltar geflüchtet. (Franz. Nachr.)

Aus dem Haag, vom 30. Oktober. Das auf 10 Jahre vorgeschlagene Budjet der Ausgaben des König-

reiches der Niederlande beträgt jährlich 66,836,907 Fl,

worunter auf die Verzinsung der Staatsschuld 2c.

31,061,506 Fl. , auf die Seemacht 5,395,291 &l., und

auf die Landmacht 18,535,900 sl. gereckchnet worden. Zur Bestreiuung dieser Uusgaben betragen die di:

reften Steuern (Grund -, Personen:, Mobiltar:-, Thü-: | Í

ren- und Fenster - Steuer 20,285,780 Fl., die Stempel, l | Schreib:, Hypotheken-, Einiragungs-, Erbschaftsteuer, " wenn man einmal die alten

die aus: und eingehenden Rechre, die Accise, die Abgaben "H

auf Gold: und Silberarbeiten, die Post 45,630,239 Fl,

zusammen 65,916,019 Fl. Außerdem werden zur even: tuellen Deckung und zur Bildung eines Hilffonds 15 Procent auf die Grund-, Personen: und Mobiliar- steuer, und 10 Prvcenr auf die Thüren- und Fen: steriteuer, zur Bestreitung der Provinzial-Ausgaben (die mit 962,862 Fl. im Ausgabe - Budjet siecken) 8 Procent, auf vie Grund-:, Personen- und Mobiliarsteuer, und zur Bestreitung der Kommunal-Ausgaben 5 Procent auf die Grundsteuer erhoben.

Als außerordentliche Ausgaben für 1820 ist ein besonders Budjet von 10,629,389 Fl. entworfen, und für unvorherzusechende Ausgaben wird 1 Mill. gefo: dert, die auf die außerordeatlichen Ausgaben für 182L fommen soil. Zur Bestreitung dieser Ausgaben wer- den vorgeschlagen : 4 Procent auf die Personen-, Mo- biliar:, Thüren- und Fenstersteuer, 37 Procent auf die Hauptsumme der Grundsteuer zur Ausführung des Katasters, die Einkünfte von den Domainen, Lotte- rien und anderen zufälligen Abgaben, F der Abgaben

auf die inländische Destillirung, und 500,000 Fl., die ! i h ©, in Nr. 83 der Staats - Zeitung gezeigt worden.

der König aus eigenthümlichem Fond vorzuscyießen si erbietet; im Ganzen 10,675,681 Fl.

Zur Beskreitung des Ausfalls, der von der Ver- | waltung der früheren Jahre bis zu 1819 sih auswei- |

lih- und Bergschen

sen méchte, und zur gänzlichen Abmachung aller Rück-

stände, wird vorgeschlagen ein Renten : Kapitel, deßen Nennwerth jedoch 24 Mill. Fl. nicht überschreiten solle zu creiren. Die Tilgekaße verfügt hierüber; da-

mit fie aber eben so viel, als sie ausgiebt, auf die

Staatsschuld wieder vernichten könne, werden jähr: lich Reichs:Domainen verkauft, im reellen Werthe von 700,000 F{.

Diese Vorschläge sind der zweiten Kammer zur Berathung vorgelegt worden.

In dem so drückend befundenen Systeme der Ab- gabenerhebung erwartet man eine Veränderung.

Der Herzog von Richelieu ist zu Amsterdam ein- getroffen.

Wien, vom 28. Oktober. Der Oesterreihsche Beobs | i Der Vrai Läabé- ral widerspriht in seinem Blatte vom 17. d. M. *

achter von heut enthält Folgendes:

dem durch seine Kollegen in Frankreich verbreiteten Gerüchte, daß der Rußische Gesandte am Französischen Hofe diesem eine Note überceiht habe, worin der

Kaiser von Rußland seinen festen Entschluß äusere, =

gegen die Vollziehung der leßten Beschlüße der teut- shen Bundesversammlung ins Mittel zu treten, in- dem er sich verpflichtet fühle, den Artifel 13. der Wie- ner Kongreß-Akte (soll heißen: teutschen Bundesakte) aufrecht zu erhalten.

_ Obiges von dem Vrai Libéral widerlegte Gerücht ist freilih unter die abgeschmacktesten zu zählen, die seit langer Zeit verbreitet wurden; da es aber zu den Seltenheiten gehört, dergleichen Lügen von dem Vrat Libéral widerlegt zu lesen, so sollte die Redak- tion dieses Blattes billiger Weise nicht auf halbem Wege stehen bleiben, Wir ersuchen fie daher, der ebenfalls durch Französtsche Blätter zuerst verbreiteten Nachricht, daß der kaiserlich Oestrreihsche Gesandte zu Paris dem Französischen Hofe, bei Gelegenheit der ge-

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vom 1. Mai 1719 bis 1. Mai 1720 -

seine Unterschrift gezwungen gegeben, * tion noch bei

R E A L

pagnien, wie ' i n | Düßeldorf sich befindenden Generalofficiere,

dachten Frankfurter Beschlüße, eine Note, im Namen eines Souverains! zugestellt habe, worin diese Be- schlüße der Französischen Regierung zur Nachahmung empfohlen worden, gleichfalls auf das bestimmteste zu widersprechen. Schwerin, d. J. wird der Landtag der zu Sternberg erófnet werden.

vom 30. Oktober. Am 1. December Meklenburgischen Stände Man wird sich mit den

Angelegenheiten der Kontribution, der Kriegshäden- ausgleichung, der Gutsunterthängfeit und der Wege: beßerung beschäftigen.

Inland.

Berlin, vom 8. November. Jhro Königl. Ho: heit die Frau Herzogin von Cumberland ist in hiesiger Residenz eingetroffen.

O SA G T Ä G T G E STE

eber die Landtags-Verhandlungen in den Herzogtühmern Berg und Jülich zu Anfange des 18ten Jahrhunderts.

Da man sich jeßt überall mit den ständischen Einrichtungen beschäftigt, #0 ist es nicht ohne Nugten, Landtagsafkften wieder zur and nimmt, um zu sehen, wie es vor 100 Fahren auf den Landtagen hergegangen. A

Unter hunderttausend Menschen mag vielleicht faum Einer seyn, der dieses noch weis, da sich alle geschiht- liche Kenntnis in der Gesellschaft immer mit drei Generationen abschneidet, und jede Gegenwart nur mit sich selber beschäftigt ift. Indeß ist die Vergan- genheit die Lehrerin der Gegenwart, und wenn wir aus den alren Landtags - Verhandlungen auch nicht lernen können, wie man es jeyt machen muß, so lers nen wir doch vieileicht daraus, wie man es nicht machen muß. “itd

Jn der Periode, von der wir reden, waren die Jü- Landsiánde in einer beständigen Kontroverse mit der Landeshoheit bes Kurfürsten von der Pfalz befangen. Das Land war mit uner: shwinglichen Abgaben gedrücét, so daß es mt den geringsten Nußen von seinen Landständen hatte. Diese Abgaben waren so hoch, daß der Boden fast vollig ohne Werih war, indem er si in eine landesherrliche Piantage verwandelt hatte, die der sogenannte Eigen: tbümer für die Grundsteuer baute, wie solches neulich

Die Landstände pro‘ eftirten gegen diese hohen Grund- steuern, allein diese warden auch ohne ihre Bewiüigung eingezogen. Oft wurden au die Landstände einzeln zum Unterschreiden genöthigt. So sagte einmal der Kurfür\t zum Freiherrn von Neßelrode „unter:

chreib er, er ist mein Marschal‘ und der Land:

stand unterschrieb. Doch ging er glei darauf zu et: nem Notarius und verwahrte sich aufs beste, daß er welche Protesta- den Landiagsakten liegt.

Obgleich die Landtage völlig fruchtlos waren, #0 kosteten sie doch dem Lande große Summen, da auf diesen, wie auf allen andern Landtagen die verderbliche Einrichtung mit den Dieten eingerißen war. Der Landtag von 1717 kostete von Bergscher Seite an E Cie ie E 000 M T Thl.

-

von Jülichscher Seite « « + + + * 18,913 - Fn allem 32,685 Thl.

Da in diesem Jahre der Malter Korn nach dem Elberfelder Marktverzeichniße 5 Rthlr. 20 Stüber ko- stete, so hat der Landtag dem Lande 10,000 Malter Korn oder deren Werth in Silber gekostet, welches jest gleich ist einer Summe von 100,000 Thl. Bergisch.

Das Jülich - und Bergsche Budjet von 1717 wax folgendes :

1. Zur Subsistenz 4 Regimentern zu Pferde, auch der 1n

von 4 Regimentern zu Fuß und sammt zwei Artillerie : Kom- den Festungen Jülich und sammt ._: . . 326,531 Thl.

Pension- und Wartgeldern i in Köln

2. Für Banko - Negocianten 196,837

46,044

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5. Wittwengelder für die Kurfürstin

4. Für Reparatur der Festungen und für den Rheinbau . .- - + + . -

5. Zum Behuf des Holländischen Kapi- tals und Juntereße ad 200,000 Rthl. Spec. 37,500

Im Ganzen 626,712 Thl,

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20,000

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Wenn im Jahr 1719 ein Land von 120 Quadrat: Meilen, in welchem noch nahe die Hälfte des Bodens steuerfrei ist, ein Budjet von 626,712 Thl. hatte, st0 fonnte es dem Landmanne nicht wohl ergehen auf den denn doch zulegt alle Abgaben fallen, und der von jes her der dienende Bruder der Gesellschaft ge- wesen.

Daß damals die Abgaben bei weitem höher gewe- sen sind als jeßt, das ist schon in Nr. 85 der Staats- Zeitung gezeigt worden, obgleich dort Überall noch die geringsten Geldsäge bei der Rechnung zum Grunde gelegt sind. Wenn man dieses nicht thut, sondern die Sache so nimmr wie sie wirklich ist, so mögte man wol auf den Schluß tfommen, daß diese beiden Herzogthümer damals das Doppelte von dem bezahlt haben, was jest nah der Ein- führung der neuen Steuern am Rheine be- zahlt wird. Wenn man nämlich die Steuern im- mer in den laufenden Marktpreisen berechnet, und st0 die gehörige Rücksicht nimmr auf die Veränderung im Werthe des Silbers.

Denn abgesehen davon, daß beinahe die Hälfte des Landes steuerfrei war, so wurde die oben angeführte Summe von 626,000 Thl. nicht vom ganzen Lande aufgebracht, sondern nur von einem Theile des Landes, indem die Aemter Brüggen, Heinsberg, Wagßerberg, Kaster, Jüchen, Gladbach, Montjoye, Eschweiler, Wilhelmstein, Geilenkirchen und Grevenbroich im Herzogthume Jülich, und die Aemter Angermund , Elberfeld, Wiseloh, Mettmann, Mon- heim, Lülßdorf, Barmen, Bornefeld und Hükeswa- gen im Herzogthume Berg, für eine Summe von 4 Mill. Holl. Gulden im Jahr 1714 waren verpfändet worden, welches Kapital der Holländische Banquier Johann Deut, Herr von Aßendel ft, wohnhaft zu Amsterdam, gegen 6 vom Hundert negozirt hatte. Die Banquiers Reinhard und Johann Werner Meinerzhagen in Köin (Besiyer der merkwürdigen Bleibergweite von Roggendorf in der Eifel) waren nach der Original - Obligation, so vom Kurfürsten J o- hann Wilhelm denx. März 1714 vollzogen worden, ermächtigt, die Zinsen und ein Zehntel des Kapitals jährlich in Empfang zu nehmen. Diese Banquiers waren die Generalempfänger in diesen Aemtern, und alle Steuerempfänger und furfürstlichve Bediente waren angewiesen „an diese zu bezahlen und dem Wil: „len und der Disposition dieser Generalempfänger „nächzukommen.‘“ Dieses sind die Worte der Obli- gation. Wenn die Zahlungen ausblieben, so konnten die Gläubiger von diesen Uemtern wirklich Besiß neh- men. Auch genehmigte der Kurfürst „daß in diesem „Falle die Gläubiger die Herrn Generalstaaten ersu- „hen könnten, die Exekution in diesen Aemtern zu „thun, und renuncirte er auf alle Exceptionen und „Ausflüchte, so jemals durch Menschen - Sinn erdacht „oder noch zu erdenken wären.“

Man sieht hieraus den äuserst geringen Kredit, den damals die Landschaft genoß, obgleich ste Landstände hatte, und die Original - Obligation durch diese und durch alle Agnaten |des Hauses unterzeichnet war.

Eine Summe von 4 Mill. Gulden betrug im Jahre 1719 nach den damaligen Silberpreisen so viel, wie jeut eine von 12 Mill. Gulden. Da die beiden Herzogthümer 120 Quadratmeilen groß sind, so hat: ten 10 Quadratmeilen 1 Mill. Schulden. Dieses ist so viel, als wenn jeßt ein Land von 5000 Quadrat- Meilen 500 Mill, Gulden Schulden hätte. Außerdem hafteten, wie die Stände anführen, noch a Mill, Thl. Gemeinde : Schulden auf dem Lande.