1819 / 94 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 23 Nov 1819 18:00:01 GMT) scan diff

10) Sie kontroliren die Vollziehung der Strafen und müßen namentlich darauf sehen, daß Relegirte durch die Polizei gleih áus der Stadt entfernt wer- den und sich in einem vier Meilen von derselben ab- ftehénden Umkreise nicht aufhalten. G

11) Bei allen Gelegenheiten, wo erhebliche Unord- nungen der Studirenden zu besorgen find, und wovon fe im Voraus Nachricht erhalten, sind se berechtigt, den Universitätsbehörden und der Polizei die Anwei sungen, welche e für erfoderlih halten , zu geben, und diese sind ihnen in Allem, was die Universität angeht, zu folgen verbunden. Mit den Militairbehör- den treffen sie nöthigenfalls die erfoderlichen Verabre- dungen zur Aufrechthaltung der Ordnung.

12) Bei Tumulten und anderen öffentlichen Ex- ceßen der Studirenden haben sie sowol die Universi- tätsbehörden , als auch die Polizei, so weit sie einzu: greifen für erfoderlich halten, mit Anweisung zu ver: sehen und nöthigenfalls das Militair zu requiriren.

153) Ueber Disciplinarfälle, welche die akademischen Lehrer selbst betreffen, müßen sie dem vorgeordneten Ministerium ungesäumt Anzeige und Anträge machen und von ihm Junstruêtion einholen.

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Die Regierungs-Bevollmächtigten sind ferner, dem Beschluße des Bundestages zufolge, bestimmt, den Geist, in welchem die afademishen Lehrer bei ihren &ffentlichen und Privatvorträgen verfahren, sorgfaltig zu beobachten und demselben, jedoch ohne unmittel: bare Einmischung in das Wißenschaftliche und die Lehrmethode, eine heilsame auf die künftige Bestim- mung der Jugend berechnete Richtung zu geben. Um dieser Bestimmung nachzukommen, müßen sie sich

1) Von der Beschaffenheit der Vorträge der Do- centen und ihrem Geiste die erfoderliche Ueberzeugung verschaffen.

2) Den Docenten die nöthigen Bemerkungen so- wol \chriftlich als mündlich mittheilen.

5) Die halbjährigen Lektionsfataloge und die Ver- zeihniße der halbjährig' gehaltenen Vorlesungen mit ihrem Gutachten begleitet dem vorgeordneten Ministe: rium einreichen.

4) Ueber jede Zulaßung eines Privat : Docenten, \o0 wie über jede AnsieÞung und Beförderung eines Profeßors, sollen sie ihc Gutachten abgeben.

5) Die afademischen Justitute müßen sie beaufsich- tigen und dafür sorgen, daß sie in einer der künsfti- gen Bestimmung der Studirenden zusagenden Ver- faßung bleiben.

6) Um über dies alles mit den Fakultäten Rück- sprache nehmen und ihnen die erfoderlichen Mitrhei- lungen machen zu können, sind sie befugt nicht allein den Sikungen jeder Fakultät beizuwohnen, sondern auch außerordentliche Versammlungen der Fakultäten durch deren Dekane zu veranlaßen.

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Weiter sollen sie Allem, was zur Beförderung der Sittlichkeit, der guten Orbnung und des äuseren An- standes unter den Studirenden dienen kann, ihre un- ausgese6te Aufmerksamkeit widmen und müßen des- wegen

1) den herrschenden Geist und den Ton der Stu- direnden fortwährend beobachten und selbst Einfluß darauf zu gewinnen suchen.

2) Solche Studirende, die sich durch unanstän- dige Tracht und durch ein unanständiges oder ansts- Piges Betragen nachtheilig auszeichnen, müßen sie durch die Rektoren erinnern laßen und nöthigenfalls sorgen, daß sie durch angemeßene Disciplinar-: Mittel zur Aen: derung ihres Betragens veranlaßt werden.

5) Auf die Entfernung derer, welche auf die Sitten und den Geist der Uebrigen einen nachtheiligen Ein- fluß haben, müßen sie bei dem vorgeordneten Mini- sterium antragen, sind aber berechtigt, in dringenden Fällen die Entfernung solcher Individuen, unter Vor- behalt der Verantwortung, selbst anzuordnen,

4) An der Verleihung der Freitishe und Übrigen akademischen Beneficien sollen sie den Antheil nehmen, daß alle Kollations- Dekrete ihnen vorgelegt werden, und sie durch Beisezung ihres Namens ihre Zustim: mung bezeugen. Sie haben darauf zu sehen, daß nur

Würdige dergleichen Wohlthaten erhalten und genie:

ßen. Deswegen soll auch von dem vorgesegten Mini: sterium feinem Studirenden eine Unterjtüßung bewil: * ligt werden, dem nicht seine Wücdigkeit dazu von dem *

Regierungs - Bevollmächiigten bezeugt ist.

5) Alle den Studirenden von den Rektoren und den Fakultäten zu ertheilenden Zeugniße müßen sie

mitzeichnen. 6) Sie sollen darauf sehen, daß völlig genaue At:

und Zuganglisten der Studirenden gehalten und iß:

Hiebei müßen sie" darauf Acht haven, daß teine von andern Universitä— ten Relegirte, auch keine von einer anderen Universi: tät tommenden und nicht mit einem von deren Regia

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rungs - Bevollmäcytigten mitunterschriebenen Zeugmße

nen fortlaufend vorgelegr werden.

versehenen Studenten aufgenommen werden.

7) Sie haven regelmäßig monatlich Beciht über /

die Disciplinar - Ereigniße, den herrswenden Geist und die Bescyaffenheit der Sitten auf der Universi.ät an das vorgesegzie Ministerium zu erstatten, erhebliche Vorfálle aber demselben außerordentli ohne Berzug anzuzeigen.

IV.

Da es den Ober - Präsidenten in den Provinzen wegen ihrer übrigen ausgedehnten Geschafte und häw"

figen Abwesenheit nicht wohl mögli seyn würde, den"

an die Regiecungs-Bevolimächtigten zu machenden, seht

ins Cinzeine gehenbven Foderungen voutommen z6 entsprechen: so wollen Wir die Bestimmung in §. 16, der Verordnung wegen verbeßerter Einrichtung dec Provinzial : Behörden vom 30. April 1815, wonah jeder Ober-Präsident Kurator der ia der ihin anvertrau: ten Provinz befindlichen Universität seyn soll, und die bestehenden Kuratorien der Un1versitat überhaupr, auj so lange, als die gegenwartige Weaasregel dauer, * hiermit aufheben. Es werden demnacz F

_2) die Regierungs-Bevollmächtigten an den Univer: | sitäten weiche Kuratoren haben, so lange an die Stelle der leßten treten; und auf dieselben gehen | daher auch alle den Kuraroren in oen ihnen bereits | ertheilten Jnstruktionen gegebene Doliegenheiten und Ee in den übrigen Universitäts - Angelegenhei: en über.

2) Dieselben Obliegenheiten und Befugniße wer: den hiemit auch dem Regierungs-Bevollmäcytigren bei der Universität Halle zugesprochen, welchen das Mi: nisterium der geistlihen, Un'terrihts- und Medizinal: Angelegenheiten hienah noch mit weiterer Jujtruk: tion versehen wird. :

3) Gedachtem Ministerium bleibt es vorbehalten, da von ißm unmittelbar die Kuratorial - Geschäfte der hiesigen Universität wahrgenommen werden, diese auf den Regierungs-Bevollmächtigten so weit zu Übertragen

daß er gehörig zum Wohl der Universität einwirken und seine Bestimmung ganz erfüllen könne. 4

4) Die Universität in Greifswald bleibt bis zu iß:

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rer beendigten ‘neuen Organisation in ihrem bisherigen Verhältniße zu ihrem Kanzler, welcher jedoch die deni

Regierungs : Bevollmächtigten gegebene Bestimmung

nach der ihm von Unserem Ministerium für den éffent:

lichen Unterricht zugehenden Jnstruktion im Allgemei:

nen wahrzunehmen hat.

wirken. Stellung dazu aufbieten und die Regierungs - Kom-: |

mißarien mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln

kräftigst unterstüßen werden.

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Den Ober - Präsidenten bleibt übrigens die Ver: * pflichtung, ss viel als nur immer möglich zum Besten der Universitäten und zur Erreichung des Zweckes bei der Anstellung der Regierungs: Kommißfarien mitzu: Wir erwarten, daß ste ‘allen Einfluß ihrer *

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Die Regierungs-Bevollmächtigten stehen im Allge- meinen in denselben Verhältnißen wie die Kuratoren der Universitäten. Sie sind demnach

1) in Beziehung auf dieselben als die Stellvertre- ter des ihnen vorgeseßten Ministeriums zu betrachten, und es muß ihnen deswegen von den akademischen Behörden und Personen willig Folge geleistet, auch müßen ihnen alle Berichte gedachter Behörden, inglei: chen die Berichte der Direktoren und Vorsteher der afademischen Jnstitute, Sammlungen und Apparate vorgelegt werden, wobei es ihnen freisteht, selbige un- ter bloßer Beischrift ihres Namens weiter zu befördern oder auch mittels besonderer Berichte zu überreichen.

2) Sie sind dem Ministerium der geistlichen, Un- terrihts - und Medizinal : Angelegenheiten unmittelbar untergeordnet, erstatten an dieses allein alle ihre Be- richte, indem demselben überlaßen bleibt, in vorkom: menden Fällen mit andern dabei intereßirten Ministe: rien zu verhandeln.

Ebenso erhalten sie auch nur von dem erstgedachten Ministerium alle Aufträge und Resolutionen, und werden hiemit angewiesen, den Verfügungen dieser Behörde in allen Stücken pünktlih und ohne Auf: {ub nachzukommen.

5) Sie sollen in Stand gesezt werden, das für ihre Geschäfte nöthige Dienstpersonale zu halten, doch sollen ihnen auch erfoderlihen Falles alle Subalter- nen der Universitäten zu Gebote stehen.

Nach diesen Fesksesungen haben sowol die Regie: rungs - Bevollmächtigten selbs, die Universitäten und ihre Behörden, als auch die in vorkommenden Fällen mitzuwirken angewiesenen polizeilichen, richterlichen und militairishen Behörden, fih streng zu achten. Die leßten sind hierzu von den ihnen vorgeseßten Mini- sterien anzuhalten, das Ministerium der geistlichen, Un- terrihts- und Medizinal : Angelegenheiten aber hat im Allgemeinen, wie in Hinsicht auf die Regierungs : Be- volimächtigten und die Universitäten insonderheit dar: Über zu halten, daß obige Vorschriften genau befolgt werden. Gegeben Berlin, den 18. November 1819

(L. S.) (gez.) Friedrih Wilhelm. C. F. v. Hardenberg.

Reglement für die künftige Verwaltung der afademishen Disciplin und Polizei: Gewalt bei den Universitäten.

Wir Friedrih Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c., haben uns überzeugt, daß die bisher auf Unsern Universitäten rücksichtlih der Ver- waltung der akademischen Disciplin und Polizei-Gewalt bestandenen Einrichtungen nicht überall den gehofften Erfolg gehabt haben. Die Rektoren und Senatoren Unsrer Universitäten , in deren Händen sich bisher die aëademische Disciplin und Polizei - Gewalt koncentrirte. standen nicht in der nothwendigen Verbindung mit den Orts - Polizei - Behörden , und die jährlichen Ver- änderungen in dem mit jenen akademischen Würden bekleideten Personale verhinderten eine gleichförmige Ausübung der den Universitäten verliehenen Discipli- nar- Gewalt. Wir haben daher beschloßen, bei jeder Unserer Universitäten statt des bisherigen Syndikus einen eignen Universitätsrichter anzustellen und diesem hauptsächlich die Verwaltung der akademischen Disci- plin und Polizei : Gewalt zu übertragen. Dem ge- mäß verordnen Wir, indem Wir alle dem gegenwärti: gen Reglement widersprechende Bestimmungen Unseres Reglements vom 28. December 1810 wegen Einrich: tung der akademischen Gerichtsbarkeit bei den Univer- fitäten, und der Unsern Universitäten bisher ertheilten Statuten hiedurch ausdrücklih abändern und aufhes ben, hiemit Folgendes:

F. 1. Die durch das Edikt vom 28. Decbr. 1810 den Universitäten anvertraute akademische Disciplin und Polizei - Gewalt wird, nach Verschiedenheit der

Fälle, von dem Rektor oder dem Universitäts - Richter oder dem akademischen Senate ausgeübt.

ÿ. 2. Dem Rektor allein gebührt die Ausübung der Disciplin, so weit sie sh Über die Sitten und den Fleiß der Studirenden erstreckt, und härtere Maass regeln, als Ermahnungen und Verweise nicht erfo: dert. Schriftliche Verhandlungen finden in diesen Fäl- len nicht statt, doch is der Reêtor verpflichtet, in einer kurzen Registratur die von ihm gewählte Maas: regel, die Veranlaßung zu derselben , so wie den Vor- namen , Namen, das Vaterland des dadurch betroffe- men, und die Fakultät zu welcher derselbe gehört, auf- zuzeichnen, und diese Registratur dem Universitätsrich- ter und dem Dekan der Fakultät, zu welcher der Bes troffene gehört, nachrichtlich vorlegen zu laßen.

F. 3. Wenn wegen Unfleißes oder unsittlichen Bez tragens, ungeachtet solches in einer Verlegung der alls gemeinen Landesgeseze und Verordnungen noch nicht des steht, denno härtere als die §. a. bemerften Strafen nothwèndig werden, z. B. Beraubung der unter dec Verwaltung des akademischen Senates stehenden Bener ficien, Freitishe und Stipendien, oder Verweisung vos der Universität, so trirt das unter §. 10. 8qq,. be- merkte Verfahren ein. : |

§. 4. Streitigkeiten unter den Studirenden selbs, fo lange sie nicht in Thätlichkeiten Übergegangen, wers den zunächst von dem Rektor allein erörtert ; in sofern ihm abex deren gütliche Beilegung nicht gelingen, oder seiner Ansicht nach einer der Theilnehmer eine härtére Strafe als einen bloßen Verweis verwirkt haben sollte, ist er verbunden, die weitere Verhandlung dem Unis versitäts - Richter zu überlaßen.

F. 5. Die Ernennung des Universitäts - Richters geschieht von Unserem Ministerium der geistlichen, Un- tecrichts- und Medizinal - Angelegenheiten mit Zus stimmung Unsers Zustiz - Ministeriums und Unsers Mis nisteriums zur Revision der Gesehgebung 2c. für die Universitäc Bonn. Der Universitärsrichter soll in der Regel dieselve Qualifikation zur Verwaltung des Richz ter: Amtes haben, welche Wir von den Mitgliedern Unferer Ober - Landesgerichte näch näherer Anweisung der allgemeinen Gerichts - Ordnung erfodern. Er darf weder atademischer Lehrer noch Privat: Docent seyn, hat aber den Rang der ordentlichen Profeßoren. Ex ist Mitglied des akademischen Senates, und nimmt in denselben, so wie bei feierlichen Aufzügen, die Stelle zur Linken des jedesmaligen Rektors ein. Er is be- fugt, in Sachen seines Amtes dem Sekretair und den Unterbeamren det Universirät Aufträge und Anweisun=- gen ‘zu ertheilen, und steht seinerseit zunächst unter dem Regierungs - Bevollmächtigten bei der Universität, welcher in allen Sachen, worin es auf Kenntnis der Gesehe und der Landes - Verfäñung ankommt, ihm fig fia abzufodern und Aufträge zu gehen berech- tigt ist

F. 6. Der Universitäts - Richtèr i zugleich Rechts- Konsulent der* Universität, und als solther- dafür vers» antrvortlich, daß die Beschlüße und Verhandlungen des afademiscen Senates nach Jnhalt und Fdrm den bè- stehenden Gesehen und det Verfaßung vollkommen get máß sind. Er hat daher in allen hieher einschlagen: den Gegenständen ein Votum decisìivum gleich deit andern Senats - Mitgliedern. Es steht ihm aud fret, wenn er glaubt, daß der Beschluß der Pluralität des Senates sich nicht vertreten laße, die obwaltende Dif- ferenz zur Entscheidung des Regierungs : Bevollmächz tigten zu bringen. Jn solchen Fällen findet nur eine mündliche Deliberation statt, bei welcher die Plurä- lität des Senates durh zwei von ihm erwählte De: putirte vertreten wird. Der Richter hält dem Re: gierungs : Bevollmächtigten dann Vortrag, der dur die Deputirten nöthigenfalls ergänzt wird, und nur der Beschluß des Regierungs : Bevollmächtigten tvird, von ihm völlzogen, niedergeschrieben.- \v

Jn Rechtsangelegenheiten der Universïtät diese vor Gericht zu vertreten, ist der Richter nicht verbun: den, erx ist vielmehr befugt, gemeinschaftliþ mit dem