1820 / 17 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 26 Feb 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Etwas zu erinnern sey? verlangte Hr. Clauzel von Causergues das Wort. Der Präsident, in Mei: nung, daß er über die Faßung des Protokolles spre- chen wolle, gestattete es ihm. Er bestieg daher die Rednerbühne und sagte: „Es giebt kein Gesetz, ‘wel: «hes ein Verfahren bei der Anklage wider die Minister vorschreibt. (Die Versammlung gerieth in einige Be- wegung. Er fährt mit stärfkerer Stimme fort :) Aber das Wesen der Sache selbst erfodert, daß die Bera: thung hierüber in öffentlicher Sitzung, im Angesichte Frankreichs geschehe. Jh trage an, daß die Kammer eine Anklage: Afte wider den Minister des Inneren, Grafen Decazes, als Mitschuldigen an der Ermor- dung des Herzoges von Berry, ergehen laße.‘’ Ich will meinen Antrag auseinanderseßen. Hier un-: terbrach ihn eine allgemeine heftige Bewegung; von allen Seiten der Kammer erschallte der laute Ruf, zur Ordnung, der den Redner die Bühne zu verlaßen nöthigte, wobei er einigemale wiederholte: „e das ist meine Meinung.‘ Der Präsiden: theilte hierauf der Kammer ein Schreiben des Herrn Grafen Decaz es, über das traurige Ereignis des Tages mit. Herr Graf de la Bourdonnaye (von der rechten Seite) machte den Antrag zu einer Addreße an den König, worin demselben nicht blos der tiefe Schmerz der Kam: mer, sondern auch das Verlangen ausgedrückt werde, auf alle Maasregeln der Regierung kräftig einzuwir- xen, um die verderblichen Lehren zu vertilgen , welche die Throne und jede Gewalt untergraben, und die ge- sittete Welt mit einem neuen gänzlichen Umsturze be- drohen. Der General Graf Foy, von der linken Seite, äuserte, daß die Addreße sich nur auf das shmerzhafte Beileid beschränken möge, welches dem Könige zu bezeigen sey. Diesem trat Herr v. Cor- biere, von der rechten Seite, bei. Er machte aufs merksam, daß die Addreße nur die Empfindung aus: drücken müße, von welcher die Kammer durchdrungen sey, daß sie aber von einem besonderen Ausshuße in ge: heimer Sißung entworfen und hienächst von der Kam-: mer berathen werden müße. Die Kammer trat dieser Meinung einmüthig bei, und die von der Kommißion sofort entworfene Addreße ward gleichfalls einstimmig angenommen. (Die Addreße scheint dennoch mehr in dem Gesichtpunfte des Herrn Gr. de la Bour- donnaye, als des Herrn Gr. Foy abgefaßt.)

Jn der Sizung vom 15. bemerkte man bei Vor- sesung des Protokolls vom 14. die Stelle: daß die Kammer mit lautem Mis fallen den Antrag des Herrn v. Clauzel Caus8ergues zurückgewiesen habe. Die Herrn Cornet d "Fncourt und Castel Bajac, von der vechten Seite, foderten daß diese Stelle als ungewöhnlich, weggestrihen werde. Herr Courvoisier foderte dagegen, daß statt Misfallen Unwillen gesebt werde. ,„ Dieser Ausdruck, sagte der Redner, ist nicht zu stark, um die Empfindung zu schildern, die jener Antrag hervorgebracht hat. Wie? in demselben Augenblicke, in welchem wir, die Seele noch voll von Entsegen, die Blicke noch voll Bestür:

zung, dur die Botschaft Sr. Majestät die sheusli: che That vernehmen : der Erbe unsres Königs ist uns ter der Faust eines Hochverräthers gefallen; die Wunde

blutet noch, das Verbrechen und das Opfer sind noch f

vor unsern Augen. In diesem Augenblicke, an diefer Stäte, klagt Einer von uns einen Minister des Kö- niges als Mitschuldigen des Meuchelmordes an? Und mit welchen Gründen? Mit gar feinen. Aus welcher Quelle 2 Aus Haß. Wahrlich, in diesem befremdens- | den Schritte konnte man nur persönlichen Haß, nur Partheihaß erblicken 2c.“ Herr von Clauzel selbst | verblieb dabei, daß er die förmliche Anéxlage wider den Grafen Decazes bei der Kammer einreichen werde, (Es is auch bereits, auf Hochverrath, geschehen.) Herr v. Saint Aulaire erklärte, daß er sich der Aufnahme dieser Aeuserung des Herr von Clauzel

in das Protokoll, als eines Monumentes seines Wahn: |

sinnes , nicht widerseze, aber auch auf die Aufnahme der Antwort antrage, die er ihm hiedurch gebe, daß

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er ein Verläumder sey. Herr v. Courvoisier nahm |

seinen Antrag zurúück. Die ursprüngliche Faßung des Protefolls aber ward, nur mit Widerspruch von s oder 6 Mitgliedern der rechi -n Seite beibehalten.

Jn derseiben Sibßung der Kammer übergab der | Minister des Inneren den Gese: Entworf wegen Abän: -|

derung der Wahlvorschriften. Er enthält hauptsäch lich folgende Abänderungen. 1) Die Kammer der Ab- geordneten wird aus 450 Mitgliedern bestehen (mit: hin um 172 verstärkt). 2) 258 Mitglieder werden von Kreis - und 178 von Departements: Wahlversammlun: | gen ernannt. Die Departements werden zu dem Ende in Wahlkreise getheilt. Die Wahlversammlung je: des Wahlkreises besteht in den Wählern, die ihren po: litischen Wohnort im Umfange des Kreises haben. 3) Die Departements : Wahlversammlungen müßen niht mehr als 600 und nicht weniger als 100 Wäh:

ler enthalten, und diese 4) werden von den Kreis: |

Versammlungen aus denjenigen Wählern genommen, welche 1000 Fr. direkte Steuern bezahlen. 5) We«

nigstens die Hälfte der zur Wahlbe-rechtigung erfoder: |

lichen Steuer muß in Grundsteuern bestehen. 6) Wird die Kammer aufgelöst, so behaupten die neu eingetre- tenen Mitglieder 5 Jahre lang ihren Siß, so daß die Erneuerung dès Fünftels erst mit Ablauf des sten Jahres stattfindet. 7) Die 172 Mitglieder werden zur nächsten Sihung gewählt. 8) Das für die nächste Sizung zu erneuernde Fünftel der gegenwärtigen Deputirten (die vierte Reihe) wird von den Kreis- Versammlungen gewählt. und Vertheilung beschloßen. Sodann überreichte der Minister der auswärtigen Angelegenheiten einen zweiten Gese6: Entwurf, der die

Man hat zunächst Druck |

Herstellung des Geseßes vom 12. Febr. 1817 bis zur |

nächsten Sißung der Kammer zum Gegenstande hat.

Dieses auch nur auf Ein Jahr gegebene Geseb |

enthält Folgendes : „Jedermann, der eines heimlichen Einverständnißes oder skrafbarer Anschläge wider die Person des Königes , die Sichecheit des Staates oder

die Angehörigen des königlichen Hauses angeblagt wird, kann, ohne der gerichtlichen Untersuhung übergeben werden zu dürfen, in Kraft eines vom Präsidenten des Ministeriums und dem Polizeimin1z|ter unt erzeich- neen Befehles verhaftet und ins Gefängnis geführt werden. Der Aufseher des Gefängnißes muß binnen 24 Stunden nach der Ankunft des Verhafteten eine Ab- schrift bes Verhaftbefehles an den königlichen Anwalt gelangen laßen, welcher den Verhafteten unver üglich vernehmen, über seine Aussagen ein Protokoll abfaßen und dasselve mit allen von dem Angeklagten ihm etwa zugesielten Schriften durch das Organ des General: Anwaltes dem Justizminister zusenden muß, um dar- über zur weiteren Verfügung an den königlichen Ge- heimenrath zu berichten. Die Entscheidung des Ge- heimenrathes wird dem Verhafteten durch den Justiz: minister bekannt gemacht.“ Der jeßige Entwurf weicht darin ab, daß der Verhaftbefehl im Ministe: rium berathen und von 5 Ministern unterzeichnet seyn muß.

Jn der Sibung der Kammer der Pairs vom 15. erfolgre durch den Minister der auswärtigen Angele- genheiten der Antrag der Regierung, daß die Zeitun: gen, welche ganz oder zum Theil politische Gegenstände abhandeln, auf die nächsten fünf Jahre wiever einer vorläufigen Censur unterworfen werden möchten. Der Minister seste in einer kurzen Rede die Nothwendig- keit dieser Maasregel auseinander, wobei er unter an- dern sagte: „Wenn auch nicht das Verbrechen selbst und das Blut des erlauchten Schlachtopfers so laut zu uns redeten, #0 würden uns die Geständniße oder vielmehr die Rechtfertigungen des verruchren Tháters belehren, welcze greuelvellen Früchte diese heillosen Meinungen getragen haben, diese, jede bürgerliche Drd- nung vernichtenden Lehren, diese Löónigmörderischen

Grundsäge, die mit so großer Verwegenheit geprediget

werden, seit die Frechheit der Tagblätter feinen ZÜz-

fennt.“‘ Berhér des Mörders Ludwig Peter Louvel Mit ruchloser Kaltblütig-

gel mehr

Das ist noch nicht geschloßen. Feit beharrt er bei Leine Mitschuldigen habe, daß Niemand um seinen Plan gewußt, und doß er bereits seit dem Jahre 1814 den Vorsag gefaßr, das gesammte Haus der Bourbons auszurotten. Cin Zögling der Revolutions : Jahre ist er in gänzlicher Unwißenheit, ohne Unterricht roh herangewaczsen, ein glauben - und gewißenloser Re- prásentant jener Zeit. Der Moniteur theilt folgens des Bruchstück des Verhörs mit, als ihn im Louvre der Leichnam des Prinzen zum Anerkenntnis vorge- legt wurde. „Frage : Erkennst du den Prinzen an, den du ermordet hast? A. Ja. F. Ih fodre dich noch einmal auf, deine Mitschuldigen zu nennen. A. Ih habe feine. F. Wenn ein menschliches Gericht dich nic6t vermögen kann, die Wahrheit zu sagen, fürch- test du nicht die göttlichen Gerichte? A. Gott ist nur ein Wort; er ist nie auf Erden erschienen. F. Was hat dich bewogen, eine so gräßliche That zu begehen ? A. Hätre ich sie auch getount. F. Welche Gründe hattest du dazu? A. Es soll den Großen des Landes zur Lehre dienen. F- Bleibdst du dabei, daß dich Niemand zu dieser That verleitet hat? A. Ja, übrigens mag die Justiz idre Pflicht thun und meine Mitschuldigen ausmitteln.““ Er is am 7. Okt. 1785 zu Versailies geboren, hat spä‘erhin im Departement Alijer zu Cüßet gewohnt und hat als Stückknecht in der Bonapartischen Garde: Artillerie gedient.

Der Minister des Inneren, Herr Graf Decaze S8, hat sich veranlaßt gesehn, wider den Herrn Mar: tainville, Herausgeber des Prapeau blanc, eine Anklage wegen ehrloser Verleumdung dem gerichtlichen Verfahcen zu übergeben.

Kours der Renten 70 Fr. 10 Ct.

Die Jusurgenten auf

Madrid, vom 7. Februar. Widerstand der Ver-

F8la de Leon scheinen auf den

seiner ersten Angabe, daß er gar |

laßen wollen, ich hâtte es nicht

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zweiflung gefaßt zu seyn. Sie haben alle Batterien der Jnsel mit Kanonen bepflanzt, und die Erd-:Enge bei Torre: Gorda befestiget. Um 29. v. M. detaschirten fie 2000 Mann, um, wie man glaubt, Tariffa zu be- seven, welches ihnen die Kommunikation mit Gidral- tar und der Afrikanischen Küste sihern, und Überhaupt, zumal da es seit dem lehten Kriege etrwoas befestiget worden, zu einem bequemen Stüßpunkte dienen könnte. Am 30. scheint der General Freyre, der am 29. mit seinem Hauptquartiere und der ersten Ubtheilung seines Heeres, in 6000 Mann bestehend, zu Xerez angelangt war, die ganze Jsla de Leon schon um{chloßen zu ha- ben, in welchem Falle das vorerwähnte Detaschement nur noh zur See mit den übrigen Jnsurgenten in Verbindung steht. Die ganze tönigliche Armee ist 30,000 Mann fark. Am 31. griffen königliche Kanto- nierschaluppen die der Jusurgenten an, und bemäch- tigten sich nah zweistündiger Kanonade Einer dersel: ben. Die immer aufs neue verbreiteten Nachrichten von der Wegnahme von Kadix und den sonstigen Fort- schritten dec Aufrührer haden gar keinen Grund.

Der Herzog von San Fernando hat über seine Gegner einen Sieg erhalten, indem der König die Herrn Lozano de Torres, Villar Frontin und Ugarte nah Corunna, Tarragona und Segovia ver- wiesen hat.

Nachschrift. So eben empfangen wir Nah- richten aus Kadix vom 3. d., wo völlige Ruße herrschte. Das Hauptquartier des General Freyre war zu Puerto S. Maria. Die Aufrührer sind von der Land: und Seeseite eingeschioßen. Das vorerwähnte Deta- schement hat fich zecstreut und wird vom ODdonelschen Korps verfolgt.

Spanisches Amerika. Die Englischen und Amerikanischen Blätier enthalten verschiedene Nach- richten, besonders über den Staat von Benezuela, denen man jedoch völlige Glaubwürdigkeit beizulegen billizes Bedenfen trägt, obwol der Spanische Overfeldherr, Morillo, da ihm die erwartece Hilfe des Mutter- landes unter den gegenwärtigen Umständen wenigstens noch eine geraume Zeit hindurch ausbleiben wird, sich unstreitig in einer bedentlichen Lage befindet.

Nach einem Briefe aus Anguitura vom 15. No- vember befand sich Bolivar in der Mitte Septem- ders noch zu Santa di Bogota, der Haupistadt von Neu: Granada, und bereiiete seine Rückkehr uach Venezuela mit verstärkter Macht vor. Arismendi, jegt Vice - Präsident des Staates von Venezuela, war am 5. Novbr. von Angustura nach Maturino abge- gangen, um mit dem daselbst stehenden General M as=- rino über die Unternehmung gegen Caracas nähere Abrede zu nehmen. An 6000 Mann, fast lauter Eng- lische und Jrländische Truppen, waren unter seinem Befehle dazu bestimmt. Paez sollte mit 4000 Rei- tern den Feldzug eröffnen. Die Spanier hatten am Apure noch den Posten San Fernando beseßt gehal: ten , ihn aber seitdem verlaßen. Die Abtheilung der Spanischen Truppen , die der General la Torre be- febligt, sollte von dem Jnsurgenten: General S ou- blette aufgerieben worden seyn.

Nach einem späteren Briefe von St. Thomas vom 11. Decbr. war daselbst ein Schiff aus einem nicht genannten, aber in Spanischea Händen befindlichen Hafen von Venezuela mit der Nachricht angelangt, daß Bolivar an der Spiße vou 15,000 Mann in vollem Marsche auf Caracas gegen Morillo sev, der ibm nur 4000 Mann entgegenstellen könne. Anderen Nachrichten zufolge befand sich der Insurgenten z- Ge- neral Martin, ein Teutscher, zu Sct. Thomas, um den Ankauf von Gewehren und Munition zu detreiden.

Stuttgart, vom 16. Februar. Die Kammer der Standesherrn hat die Note der Kammer der Abz geordneten in Bezug auf die Steuerdewilligung dahin deantwortet : „sie hade mit einer Mehrheit von 17 gegen 9 Stimmen dafür gehalten, daß der Beschluß