1820 / 23 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 18 Mar 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Der Dr. B... unterm 12, Jun. 1819 an L... „Erziehen und Lehren is ein herrlihes Geschäft, ob man der Menschheit einen Menschen oder der Frei- heit ein Volk erzieht, es kommt am Ende äuf das Mámliche heraus : aber erfüllt muß man seyn von der hohen Bestimmung, und das wás glänzt nicht achten. Auch ih möchte gern Lehrer seyn, denn ih bilde mir ein, daß ich auf junge Gemüther wirkèn fann.““

Der Privatdocent Dr. S zum Protokolle vom 21. May 1819: „Daß aber über diesen Gegen- stand (die Mittel der Ausführung der projektirten teutschen Republik) so viel gesprochen (im Vereine zu G.) daß sich das Einzelne nicht angeben läßt, ist wahr. Dahin gehört der Plan der Erziehung, in welcher alle Vorurtheile des Standesunterschiedes ver: schwinden und so wenigstens die auffeimende Jugend fähig werden sollte, si in jene Ansicht mehr, als bisher zu. finden.““ :

Der Dr: B... in seinem Tagebuche aus Veran- laßung der Anstellung bei der Kriegsschule: „„Das wäre mir ein äußerst angenehmer Geschäf: kreis, denn ich kann ja auf junge Gemüther wirken und finde die Waffen am nächsten, wenn es darauf ankommt sie zu führen.“ |

Der Student W.........- Unterm 20. April 1819: „M... hat zwei Anstellungen als Lehrer ausgeschlägen, weil er im unteren Voite wirken will; und so mit helfen, daß dem Vatëérlande ein Grund erbauet werde, auf deßen Festigkeit _ das Haus den Stürmen troßen kann.“ Und der Student W. in dem, als er aus Verdruß, durch die Bundesbeschlüße vom 20. September 1810 in seinen revolutionairen Um- trieben gehemmt zu seyn, Teutschland verließ, zurü: gelaßenen Schreiben vom 26. Oktober 1819? „Wir Ítrebten in Schulen und Turnpläten ein. freies Leben zu erwecken, damit einst, wenn die jeßigen Knaben SMánner geworden, Teutschland einer freien Verfaßung werth sey. : ;

Sehr unumwunden spricht hierüber die beim Dr. S... in Beschlag genommene, größtentheils von der Hand eines jebrentwichenen ehemaligenPrivat-Docenten Dr. F. geschriebene Uebersicht, der von unsern Radi- Fal - Reformers zur Revolutionirung Teutschlands an: gewandten Mittel : „Die Erziehung schien dis jebt das sicherste Mittel, um auch, wenn das bestehende Schlechte sich nicht ausrotten ließe, doch bei der Ju- gend durcy Abhaltung seiner Keime und Pflanzung rei- nerer Ansichten zu einem würdigern Zustande, wenig- stens für kommende Geschlechter den Grund zu legen. Aber das Turnen, dieses wahre Heilmittel für die Schwächen unserér Zeit, ist seinem Wesen nach fast allgemein zerstört, die teutschen Hochschulen haben ihrer wahren Bedeutung nah aufgehört, indem durch die Beschlüße 2e.

Der bei einem Gymnafîum als Lehrer angestellt ge- wesene, jegt aber entlaßene C. F . schreibt in dem Briefe vom 5. May 1819, nachdem er vorher an- geführt: „Ich möchte aufhezen, Bürger und Bauern anführen und den adlichen Schindern die Schlôßer anstecken ,‘' daß Jeder in seinen Vérhältnißen Ge- legenheit habe zur Herbeiführung dieser Zeit zu wir: Len: „Jch lehre z. B. auf der Schule teutsche Ge: schichte in Secunda und Tertia, also vor erwáchseñnen Jünglingen; könnte ih einen beßeren Wirkungskreis wünschen, um die Saat zu säen der Freiheitsliebe und der Gerechtigkeit 2‘ Auf cine o verführte Jugend war also ihre Hoffnung gerichiet !

Der Student W..... unterm 25- August 1815 : ¿Das alte Geschlecht kann nicht gebeßert werden, nur unschädlih müßen sie werden, und dazu muß man mitwirken aus aller Kraft ; das jüngere Geschlecht aber, das muß erhalten, gestärkt und erzogen werden in dem guten Geiste, es muß die Herrschaft gewinnen und fortleben.““

Der v. D... 1818: „Bei den Alten ist nun einmal durchaus nichts zu beßern, nur bei dem fri-

orene 0 0D E Se BSrgamanaanze eee nmaemtati

sern -niht fo einseitigen Jugendleben dürfen wir unseren Hoffnungen ein Feld einräumen.“

Der Student B... am 15. Julius 1815: ¿É ieine daß wir Jungen für des Vaterlandes Zroeck uns verbinden müßen.“

Der Student K....2....ch Unterm 5. August 1818 an den Dr: F: .- „Uns, dem fommenden Geschlechte des öffentlichen Wirkens ziemt's- zu handeln, und zu

rufen daß sicher auf uns fußen könne der Bau der Freiheit, des Rechtes und des Vaterlandes Ruhm.“‘ |

Der Dr. W..... im März 1819: „Meine Hoff: | nungen fürs Vaterland stehen zunächst auf Gott und, grünen nur in der Jugend; und so stehen sie mir

gänz fest.‘ Der Stubent B - 2: „So muß es kornmen, die

Jungen müßen begeistert werden und einsehen lernen, | -

daß auf ihnen des Vaterlandes Heil beruhe. ““ Der Student W..+++++ + * unterm 28. März 1819: „Die Jugend von der allein Heil zu erwarten.“

Der Student P .…...--+ ++- ++ ams2, April 1819: ¡auf uns ruhet Großes, der Geist des Vaterlandes wird mit uns seyn.‘ wi

R. Tina sa 0 ne bei ihm gefundenn Aufsatze behauptet : ¿„Teutsche Jugend begriff es zu: erst, daß die Verjagung der Franzosen der erjte unbe- déutendste Schritt zur Erreichung des großen Zieles, zur Gründung des wahren Volfksheiles war“ *), Und| Wi ren Fußstapfen.‘‘.

Solche Verführung, solche Ansichten könnten frei: lih nur die beèauernswürdigen Früchte tragen, die sich leider! in so vielen Beziehungen geäußert haven. Und doch föonnte der Turnlehrer M: 2G Le entblöden, die seinen Turnern am 18. Oktober gehal: tene Rede, in Bezug auf Diejenigen, welche diese] Früchte vom Staate abzuwenden sich bestreben , mit] den Worten zu schliéßen „den verschlinge die Erde in den tiefsten Abgrund, der es nicht gur meint mit Jugend unv Tugend !'“

*) Unter den in Béschlag genommenen Papieren find! sih die Abschrift eines beherzigungswürdigen treffliche

Briefes. ¿, Wenn Du sagst ‘’ heißt es darin ¿, andert

muß es werden, so bedaure ih nur deine kranke Ein:

bildungskraft, oder daß Du so {wach bist, dérgleichen verkehrte Einredungen Anderer #0 unglücklih aufzufan- gen, Wie oerstehe ih denn das ¡„wir habën mit un: serm Blute ein theures Aufgeld auf die Freiheit gt- geben 2c.“ Wer von Euch jetzigen Studenten focht denn noch mit, nachdem der leßte Krieg 4 Jahre vor: | ber ist? Oder thut Ihr gegenwärtigen Studen- ten, denen die damals mitshlugen die Ehre an, sie mit |

¿u den uns zu rehnen? Jch habe damals auch mit- |

gefochten, ih habe in diesem heiligen Kriege sehr schwere

Bleßuren erhalten und also mit meinem Blute das |

theuerste Aufgeld gegeben, worauf ich unsäglich stolz |

bin, doch auf tausend Meilen kommt es mir nicht in den Sinn, damit zu prahlen óder wol gar hochver- râtherishe revolutionaire Gesinnungen auf dies Konto zu hegen. Wie habe ih denn Deinen ¡Tausch der Ty- rannei ‘’ zu verstehen ? ih biu vollkommen berechtigt zu glauben, Du weißt niht, warum wir uns 1812 {chlu- gen? So wißè denn, um Napoleons T yrannéi männlich abzuschlagen, nicht aber um neue Institutio: nen dem Könige abzudringen, dénn daran dachte do damals nicht eine Seele im ganzen Lände. Was woll

Ihr denn s eigentlih? Gewis Jhr wißt es selbs!

nicht eigentlih! Ganz Teutschland in eine Republil

umformen ? oder etwa Eure braven Fürsten morden

à la Sand 2c. ? werdet Jhr dabei glücklicher werden?

Aus den Köpfen von Euch jungen Leuten komme!

solhe Ideen nicht, aber Viele Eurer Profeßoren, die F

als Bildner der Blüte des Staates Euch so giftig

Grundsäße heimtúœisch einflößen, trift mein ganzë

Haß. Jch freue mi ördentlih darauf, ihre Besir®

fung zu erfahren und méine einzige Besorgnis is nut,

daß unsere milde Regierung nicht mit der erfoderliché?

Energie auftreten môògte.‘‘

Redaktion in Aufsicht: von Stäg emann. Reimersche Buchdruckerei.

„Geht die Jugend voran, st0 folgt Alles ih:

. sich nicht}

Allgemeine

YVreußishe Staats - Zeitung.

23k Stü. Berlin, den 18ten März 1820;

1, Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Berlin, vom 18. März. Se. Majestät der König haben dem Landgräflich Hessen -Homburgschen Hofmarschal Freiherrn Waldner von Freund: stein, aus höchsteigener Bewegung den Königlich Preu- fischen St. Johanniter: Orden, und. dem Regierungs- Rathe Daniel zu Erfurt, das allgemeine Ehrenzei- chen erster Klaße zu verleihen geruhet.

Se. Majestät der König haben dem Landrathe

Georg Anton Freiherrn v. Härdènberg, die Kaw- merherrnwürde zu ertheilen geruhet.

Se. Königliche Majestät haben den bisheri: gen Regierungs-Asseßor Freiherrn von Brederlow zum Landrathe dés Pr. Eylauer Kreises im Königsberger Regierungs-Bezirke zu ernennen géruhet.

Der Justiz-Kommißarius Wulf in Reeklinghau- sen, is zuglèih zum Notarius publicus in dem Déè- partement des Oberlandesgerichtes zu Münster be- stellt worden.

s - Ga E E R O RET S S T Va mar 70: aba

Il. Zeitungs-Nachrichten.

London, vorn 7. März. Der Leibarzt des Kö- niges kündigt die völligé Wiederherstellung Sr. Ma- jestät an. 3

Die Wahlen für das nèuè Pärlament imlißen arm 21. April beendigt seyn. Für London hät das ÆWahl- geshäft hèute seinen Anfang genommen. Auch der berüchtigte Hobhduse, dér nach der Auflösung dés Parlamentes seiner Hâft ettlaßen wörden, befindét sich unter den Kandidaten für Westminskeë.

Der königliche Geheimerath beschäftigt sich fortz während mit dem Verhöre der Verschwornen aus der Katosktraße. Thistlewood, Brunet, Davidson; Fnggs, Wilson, Tidd, Hakrisotn uñd Monu- ment sind, weil sie des Höchvérräthes angeflagt wer: den, in den Totwet gebraht. Bradburn, Coóper, Gilchrist, Stránge, Hall und Firth, vôn denen Einige des Mordes, Andre des Schießens in tödtlicher Absicht bescbuldiget sind, wurden nah den Gefängz nißèn des Beßerungshauses, Syhmmons® uñd Pre- ston aber zurück nach ihrem bisherigen Gefängniße in To'hillfields geschickt ; vom ersten glaubt man iebt, daß er Entdecungen gemacht habe. Bei dèm Abführen déé Gefangenèn nah derm Tower äußérte das Volk, das sie in unermeßlicher Menge begleitête , ‘niht das mindéste Zeichen einer Theilnahnie. Außer den vor- hin genannten 16 Verschwornen ist noch Eiñer, Rob. Adams, verhaftet, der nicht mit den Uebrigen zum Verhére geführt wurde.

Die Unruhen in. Jrland scheinen náh mehren Nachrichten einen ernsthaften Karakter anzunëhmen, indem berichtet wird, daß sich eine Zahl von 183 bis 1390 Mann zusamwmnengezogen , während Andre, 500 Mann stark, ein zu Duamacreena postirtes Truppen: Korps beobachten. Nath einem anderen Berichte ist es zwischen den königlichen Truppen und den Bandimän: nern bei Tuam zu einem Gefechte gekommen, wvórin die lezten nicht eher wichen, als bís Einër von ihnen getödtet und Mehre verwundet worden. Die Baud: Männer zeigen sich in immer größeren Haufen und lâßen die Landleute mit schweren Eiden zu ihrer Bande schwören. :

Eine Dubliner Zeitung enthält eine lange Liste vôn kürzlich geplünderten Landhäusern. Jn Birr sóll, nach einer Meldung am 1. d, eine Verschwörung

wider das Leben zweier Loëds éntheckt und vékeitelt worden seyn. Nach der Zeitung von Tuam haben dié Bandmänner einige ihrer Anhäúger äuf diè Nachricht, daß die Gutsherrschaften dié Ländrente herabgeseßt hátten, nah Hause gehen laßen, welches ánzudeuten s{heint, daß sie fich zwar von dem oeëmeiutlichen Drucké ihrer Gutsherrn gewaltsani zu befreien suchén, aber feine politischen Zwecke, alss mit den Englishèn Rä- dikalen keinen Zusammenhang haben. Dieses scheink auch die Mèéinung der Regierung zu seyn.

Der Schiffkapitain Delano aus Liverpool , dex firh der Seeräuberéi im vorigen Jahre schuldig machte, ist in Malta zum Strange veruttheilt worden.

Thistlewood ist im Jahte 1770 zu Hdörnèastlé geboren. Sein Vater, Verwalter bei einer adlichen Familiè, bestimmte ihn für die Feldmeßkünst; er trat aber, 21 Jahr áâlt, áls Lieuténant, anfangs iti ein Miliz - nachmals in ein Linien. Regimeñt, mit wel- chem ‘er im Anfange des Französishen Revolutións- Krieges nah den Antillen ging. Hier nahm er seinett Abschied, begab sih in die Vereinten Staaten, von da nah Franfreih. Um die Zeit dès Friedens von Amiens kam er näch England zurück, und, eingeweiht in die revolütionairen Myfsterien,- hät ér sich se:tdetä immer zu den Unruhstiftern gehalten.

Paris, vorn 11. März. Jn der Sißuñg vön 6. d. begann diè Kammer der Abgeordneten die Dis- fußion über das Geses zur Beschrärikung der ckpersön- lichen Freiheit. Die Hérrn Legkaverend und Gr. Fo y, von dér linken Seite, sprachen dagegen. Det unregelmäßige Beifäll, der auf eitter Tribüne der Zu- schauer dem Gt. Foy ertheilt wurde, veranlaßte den

Práäsidenten, die Entfernung der Ruhestörer zu ver-

ordnen. Die Herrn Cardone! von der rechter, und Delong von der linfen Seite, sprachen für das Ge- sê6, doch rnit Verbeßerungen. Ebenso stimmte Hert Courvoisièr dafür, doch mit-Beschränkung der Ie seblichen Bestimmungen auf Anschläge wider den d: nig und die königl. Familie, also mit Hinweglaßung der Wörte „gegen die Sichétheit des Staates.“

Die Debatten über das Geseh wurdén in den Sizs- zungen vöôm 8. bis 12. aufs lebháfteste fértgesegzt und noch nicht geschloßen. \