1820 / 23 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 18 Mar 1820 18:00:01 GMT) scan diff

herrshêndeë Vaäteët hinterlaßen hatte: abêr es Ffehltéú 4hm theils die Orgáne, den Staats8ßaushalt zu ord: nen, theils drängten sih die Ausgaben so aufeinander, daß es an Zeit gebrah, zur Ordnung zu gelargen. Man benußte daher auch die Quelle, welche die Land- {chaft . wenig ergiebig darbot, um so lieder, á!s ‘die Unterthanen an die landfchaftlihen Abgaben gewöhnt waren, wogegen eine neue Form nür Misvergnügen erregt háben würde, welches dern wohßlróollenden Ge- müthe des Königes höchst empfindlih wär. Es fam in der Altmark uüd Priegniß einmal zur Spräché, ‘als eine zur Städte: Kaße fließende Abgâbe, der Fund: Schoß, eingefodert würde, die man für abgésch ft Halren zu dürfen vermeinte.

Die Kapitalien, welche dîe landschaftlichen Kaßen aus dem alten Kreditwesen, das -im Jahre 1648 án Kapital und Zinsen über 7 Mill. “Thl. betrug, über- nommen hatten, waren so unbedeutend, daß sie aus den gewöhnlichen Einnahmen nicht blos regelmäßig vexzinset; sondern auch in kurzer Zeit hätten amorti- firt werden können. Der größte Theil des platten Landes, nur die Mittelmark ausgeschloßen, hatte die Erhebung des Hufen- und Giebelshoßes bereits ab: geschaft. Die Regierung fand es aber, statt neue Ab- gabe ‘einzuführen, threm íIntereße angemeßener, theils ‘die ‘bereits feststehenden Abgaben, die zu den 3 lands schaftlichen Kaßen erhoben wurden, für die Bedürf:

iße des Staates zu verwenden, theils auf den Kre- dit diesér Kaßen Kapitalien aufzunehmen, ‘die aus den landschaftlichen Einnahmen verzinst und getilgt wer: den sollten. s

Zu diesem Behufe ward auch für denjenigen Theil der Kurmark, der sih von dem Hufen - und Giebel: Schoße bereits befreit hatte, und für die Neumarl laut Receßes vom g. März 1704 cine Schoß-Einrich- tung zu Stande gebracht. ; :

Aus einigen Nachweisungen dieser Periode von 1690 bis 1715 wird sich eine ungefähre Uebersicht der Be- nuzung des landschaftlichen Kredites ergeben.

1690 zum Kriegs:Etat « « « + + * 79,050 Thl. 1695 - 8 c L S DEHOOO «9 1696 zur Krépon-Fabril . . »ck «+ + 20,000 1696 zum Kénigl. Ausgabe-Etat p 409,000 1698 zuin Kriegs -Etat . « . « «+ + 990,000 1699 zum Kriegs -Etat_ gegen Erlaßung der vormals zum Hofstaate jährlich gegebenen 12,060 Thl. . . + « 200,900 2699 zum Kriegs-Etat . . . _+ «+ «+ 15/000 1701 zu einer unvermeidlichen Ausgabe 100,000 2.705 zum Kriegs-Etat . . « - + «150,000, ?

Diese Summen wurden sämmtlich bei der Biet- Gelds - und bej der Hufen -: und Giebelschoß:Kaße in Ausgabe gestellt. Sie negozirten die Kapitalien, und die Städte: Kaße sellte über ihren verfaßungsmäßigen Antheil besondre Neversulien an sie aus.

Wahrscheinlih wählte man anfangs diese Form, weil das Kreditwesen der Städte:-Kaßen weit später in Ordnung gebracht wurde, und behielt se spätere hin der Bequemlichkeit halber bei. Unter der Res gierung Friedrichs I. wurden durch die Landschaft etwa 12 Mill. Thl. angeliehen. Die Kaxitalien wur- den sämmtlich zu 6 Prc. verzinst. (Erst unter der folgenden Régierung ward dex Zinsfuß, mit Bewilli- gung der Gläubiger, auf 5 Prc. herabgeseßt ) Der Einnahme: Etat der drei Kaßen wurde im Jahre 1715 ungefähr auf 50,000 Thl. vom Viérgelde Ó 40,000 Thl. vom Schoße 40,000 Thl. von beiden Städte- Kaßen,

fiberhäupt auf 130,000 Thl. angenommen, o daß die Zinsen des äâlten Rückstandes und der neuen Schuld vollkommen gedeckt waren. (Fortsegung folgt.)

Nekrolog

Justus von Gruner, Königl. Preußischer Geheimer Staatsrath und Gesandter bei der Eidgenoßenschaft.

Den Zunamen Justus érhielt er, weil er äm Jrstus-Tage (den 28. Februar ) 1777 in Osnabrü@ck

X L , s r ermit its

geboren wär... Fustus Gruner; mit dieser einfa: chen Unterschrift ohne alle weitere Beziehung kündigte er selbst ‘in den Zeitungen vom 6. April 1809 den Bewohnern Berlins seine Ernennung zum Polizei-

rásidéntén der Stadt an. Den Meisten bis dahin gänzlich unbekannt lenkte er durch diese ungewöhnliche Weise der Eröffnung einer ihnen ‘so wichtigen Ange-

legenheit die Aufmérksämkeit Aller auf sich, und sie fariden den eigenthümlichen Mann, den se erwarten

durften, u. in'ihm lebendige Thätigkeit nach allen Seiten hin gerichtet, freie, neue Ansichten-ohne Verleßung noth: wendiger Formen , großartige Behandlung ‘oft kleinli- her Geschäfte, und festes Vertrauen einflößende Hals tung ‘in geltenden Augenblicken in einer großen Zeit. Es wár der erste, ewig dénkwürdige Frühling nach un- serer “Erlósung vón ‘dem tägliéhen Anblicke des frémr den Joches; ‘der Ausbruch des ‘ODesterréichschen Krieges gegen Bonaparte, regte die kühnsten Wünsche und Hoffnungen auf; eine Begeisterung, ivie sie vier Jahre später in voller Freiheit und mit älier Rechtmäßigkeit sich zeigen durfte, loderte hon damals in den Gemü- thern, wollte ungedüldig die Schranken der Ordnung dürchbrechen. Wem sind die Ereigniße jener Zeit un: befanrit? Hier chat és Noth, daß ein Mann an der rechten Stelle siand; der Tag der Befreiung roar noch nicht géommien.

Die wahre Gêschichte dieser großen Periode, fo toîé überhaupt die ausführliche Schilderung ‘des ausgezeich: |

neten Mannes, den ein zu früher Tod dem Staate |

geraubt, bleibe einer bésonderen Schrift vorbehalten. Den Bewohnern Berlins wird Gruner durch die Wirksamkeit auf einér Stelle, ‘die er vom April 180g bis Fébruar 1811 in ihrer Mitte bekleidet hat, unver: geßlich bleiben, und ‘eben darum war es hier der Ort, | dieses Theiles seines thätigen Lebens vor andern zu gedenken. Nur wenige Notizen aus dem Übrigen mö: gen hier noch Raum findén.

Nach zurügelegten Studien in Hôlle und Göt: | tingen iveilte er eine Zeit lang in seiner Vaterstadt Osnabrücck, durchlvandertte von dort zu Fuß Wesiphck len, und beschrieb diese Reise in eîner eigenen Schrift die mánches Lehrreiche über den ovürgerlichen Zustand des Landes enthält. Dénn vbglei Phantasie und jugendliche Leidenschaft iÿn ¿u einem bescgaulichen Les ben hinneigtén, fo richtete sih ddth bald sein eruster Sinn mehr auf das Nügzliche und Praktische, auf die Verbeßerung menschlicher Einrichtungen. Davon zeugt auch seine Beschreibung der Gefängniße und Zucht- Häuser in Westphalen. Während seines Aufenthaltes în Osxnabrück hatte er das GlÜck, dîe Aufmerksämkeit des jeßigen General-Lieutenants Herrn v. d. K nefse- beck auf sih zu ziehen; dieser empfahl ihn dem da- nals für den beßeren Anbau Süd: Preußens dürch K0: lonisation beshftigtèn Major Nothhardt. So fam er 1801 als Kammerrath in Preußische Staatsdienste; arbeitete fich {nell hervor, und schon im unglÜcklic en Herbste 1806 fanden die Franzosen än ißm als Di- reftor der Kriegs- und Domainen - Kaminèr zu Posen einen patriotischen kraftvollèn Widersacher.

Was er weiter im Dienste des Staates getovrden; was er géthan, was er aelitten, ist bekannt; einen be: sonders ausgebreitetèn Wirkungskreis, cinen überal! sich offenbarenden folgenreichen Einfluß brachten ihni die siegreichen Thaten des Jahres 1815 durch sein! Verwaltung des Großherzogthumes Berg, und“\päter; im Jahre 1815, durch die vbere Leitung der polizei: lichen Angelegenheiten in Paris. Wie bedeutend da: mals sein Standpunkt wär, wie êr die shweren Auf: gäben gelöset, mit welchen widerstrebenden Unsichten; wait welchen Leidenschaften er hier, wie Überall au| seiner Laufbahn, kämpfen mußte, davon mag die Ge schichte Zeugnis geben, die ihm das Denkrnal nich! versagen wird, daß er ein nicht gemeiner Mensch wat; der über Lästerungen weit erhaben und den Misver ständnißen die volle wohlthätige Kraft eines gaügze reihen, höchst thätigen Lebens entgegenzuseßen hatte

Daß ein solcher Mann schon im 45sten Jahre sein? | Alters ins Gïàb gelegt tverden mußte, witd hosfni ih Jedermann einen Verlust nennen.

Biéilage'

| q 1.1 a8: t zum 23ften Stücke der Allgemeinen Preußishen Staats-Zeitung,

vom 1g8ten März 18204

Aktenmäßige Nachrichten über die revo lu: tionairen Umtriebe in Teutschland. (Fortsegung.) : : i

Die teutschen Revolutionairs beschränkten sich in: deßen nicht auf die vorgedachten Mittel der Verfüh: rung und Aufwiegelung, sondern waren auch 'entschlos- gen, ihre Pläne mit Gewält duréhzuseßen. Aus den darüber vorhandenen zahlreihen Belägen mögen folgende Aeußerungen Mehrer derselben, zum Theil Mitglieder der engeren Vereine, zum Theil Jugend: lehrer, zum Theil Studenten, selbst Schüler , dies bestätigen. | i

So schrieb der Student A... unterm 51. Ju: lius 1818 an L— „Meine Ansichten über den Zu- stand unseres Vaterlandes und wie ihm zu helfen, sind noch die alten. Nach allem, was ich mir abstrahirt hade, kanns ruhig nicht abgehen.‘

Der L... unterm 12. November 1817 „Brechén muß es, denn zum Biegen is es aus.“

Der Student L..... unterm 8. May 1818 an A— „Es wird beßer, es wird gut werden mit uns, wenns vorher noch recht arg drunter und drüber geht, das muß seyn.‘ Und unterm 24. Ful. 1819 an densel: ben „Ja durch solch* Eisen und Stahl, zwar nicht in den Händen von Söldnern (er sprach von Soldaten), sondern in unserer Hand, muß unser Heil uns werden. Auf kinem anderen Wege kann es uns kommen. Den Gedanfen , es solle ausgehen von unsern Universitäten, hade ich längst aufgegeben; von Einzelnen auf densel:

ben, ja; von dem Ganzen nimmermehr.

Der Dr. B... (Mitgl. des engeren Vereines zu F.) bemerkt in seinem Tagebuche: „Das Kreuzschwert soll einst frey und shón an meiner Seite glänzen ; ich ringe nach Wáhrheit, das Vaterland,woikl ih zum Beßeren führen, ih bin begeistert und gehoben. Zum leßten Mittel ijt das Schwert gegeben, wir werden es wol brauchen müßen! Welche Seligkeit, wenn die Feinde fallen unter unseren Streichen, wenn der Douner un- serer Geschüße das Morgénlied der Freiheit ihnen an- stimmt und unsre Klingen ihnen das Geleit zur Hölle geben. Wenn Tausend find wie ih, so muß das Recht siegen und wir fönnen frei als freie Männ-r unsere Blicke zum Himmel erheben, und stolz auf die Erde cretend mit Selbstgefühl ausrufen: wir sind es, die mit unserem Blute Dir das:Recht erworben haben, auf dem freien Boden des freien Vaterlandes zu stehen. Es wird eine schöne Zeit seyn, aber Alles das gilt mir nichts, es muß ein gräßliches Wogen seyn, wenn ich mich freuen soll, Tod muß um mich und Feuer unter rair seyn; große Zwecke soll es aber bedeuten.‘

Der Kandidat F.......- äußerte, nach dem Pro: tokolle vom 1. August 1819 zu K.. „Was man ein- mal als Recht erkannt hat, muß man durch jedes Mittel , selb durch Gewalt ins Leben rufen.‘

Der Dr. P.…......... schrieb unterm 27. August 1818 an einen jeßt verhafteten Schullehrer:

Die Brüder bluteten* für heil’"ge Rechte

Der Freiheit, die der Wälschen List entrüdckt z

Hoch shwingen jest Tyrannen-Henkerknechte

Die Geißel, úbers Vaterland gezückt z

Wir leben noch, entflammt von teutshem Muthé

Und lôschen niht den Schimpf mit unsrem Blute ?

„Die Zeit muß tommen ,“ fügt er hinzu, d uns dieser Vorwurf nicht mehr trifft. Dann, wenn es auf den Bergen flammt , finden wir uns wieder in den Reihen der Freunde, und kämpfen für Freiheit und Vaterland !‘‘

Der Schullehrer, Kandidat F... schrieb unterm 5. May 1819: „Am meisten hat mich deine Thatenlust erfreut; mir ist es so warm unterm Leibe, wenn ih, toie leßt, den Egmont lese und dabei an alle die Er: bärmlichfeiten denke, die mih umgeben; ich möchté aufhezen, Bürger und Bauern anführen und den adlicheti Schindern die Schlößer anstecken. Kommt Zeit fommt Rath! Und wie könnten wir, fährt er fort wol jest zweckmäßiger wirken, als durch Lehren und Erziehen. Ich lehre z. B. auf der Schule téutsche

Geschichte in Secunda und Tertia, also vor erwach- senen Jünglingen: könnte ih einen beßeren Wirkungs- kreis wünschen, um die Saat zu säen der Freiheits- liebe und der Gerechtigkeit ? ‘“

Im engeren Vereine zu J... . ward sogar der Vor- schlag gémacht, einen Bund zu errichten „deßen Mit- glieder sich verpflichteten, dáß ein jeder bereit sey, die Beschlüße des Bundes zu vollstrecken.“/

Selbst Profeßoren begünstigten solche Gesinnungen. So empfahl z. B. der Profegor K... unterm 15. Sept. 1817; die Studenten L. und A. (beides Mit- glieder engerer Vereine) dem Stifter eines früheren so genannten teutschen Vereines mit den Worten: „Beide sind, wie ih mir nur eine Schaar von 50,000 wünschen möchte, um aller Sehlechtigkeit in Teutsch- land ein Ende zu machen.‘

Jnsonderheit gehörte Verfolgung, und selbst Mord Derjenigen, welche die politischen Grundsäße unserer Reformatoren nicht theilten, zu den Grundsäven der- elben. | Der Kandidat L gestand zum Protokolle vom 25. Julius 1819 „Der Verein (zu J.) war der Mei- nung: wer aus selbstsüchtigen Nebenabsichten dem Beßeren entgegen sey, dem könne man, da er blos willéürlihe Gewalt übe, auch eben so Gewalt entge- gen sehen. Es is dabei allerdings die Meinung ge- äußert, daß in dem obgedachten Falle ein Angrif auf das Leden der, dem beßeren Zustande feindlich gefïnn- ten Personen gemacht werden dürfe, und zwar aus der Rücksicht, weil dergleichen Leute, da ste durch ihre eigne Handlungsweise die Ruhe Anderer verlebten, eine gewaltsame Vertheidigung nothwendig machten.‘ S. Mitglied dieses Vereins, ftellte in den, auf der Watrt- burg vertheilten, Grundzügen der teutschen Burschen- schaft, den Grundsaß auf: ,, Jedem Unreinen, Un- ehrlihen uud Schlechten, und wer nur immer seinen teutshen Namen entehrt, soll mehr der Einzelne auf seine eigene Faust nach seiner hohen Fre i- heit zum offenen Kampfe entgegen treten, damit das Ganze - des Rügens und Strafens mehr überhoben sey und sein Wohl durch verwickelten Kampf nicht so leicht gefährdet werde.“ So wie L..... unterm 24. Julius 1818 an A. schrieb: „Und wer die Wi- derpart hält, den muß män todtschlagen.““

Auch in den andern engeren Vereinen galt, nah den Aeußerungen ihrer vorzüglicheren Mitglieder, die- ser Grundsab.

Soviel den engeren Verein zu F. betrifft, so äu- ßerte der Dr. B... in seinem Tagebuche (1818.) „Ich sehe die Feinde umherziehen, welche Seligkeit, wenn sie fielen unter unsern Streichen! O Gott, dein Wille ist mein! das Ungeziefer will ich noch zers treten und die Sonne will ih noch aufgehen sehen über mein Vaterland! Und K..... schrieb an B.. unterm 17. April 1819. „Sie mögen sich hüten, die Unreizen, vor dem gerechten Zorne der Edeln. Wir find ruhig hier, fern von jeder ängstlichen Besorgnis, aber zugleih gestählt und gerichtet.“ Und unterm 16. May 1819: „Es s&eint, ja wol wahr is es daß die gróße Sache des Vaterlandes immer mehr Verfechter bekommt. Und so mußte es kommen und muß es immer weiter kommen, oder wir wären das geduldigste Schaafvolk auf der Welt. Jch kann faum meinen Grimm bergen. Ja, mir geht es bald wie im Egmont, wenn er äußert: wenn er so schöne vornehme Hälse sehe, so denke er immer, die wären gut köpfen. Aber nicht zu rasch. Sctón wáre es, wenn es nicht dazu fommen müßte! Wenn der Geist des Guten so thätig bliebe und die Herzen des Volkes so empfänglicd, daß ste ihr Recht einsähen und dann auch den Muth hätten es zu fodern! Und giebt man'’s nicht? je nun Sands That ist lobens- werth, und beim Himmel noch mehr. Viel Unheil hätte Koßebue stiften können, | darum mußte dem teutschen Volke ein Beispiel gegebrn werden, was der kann, dexr ¿s echt und trea mit ihm meint. Es