1897 / 85 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Apr 1897 18:00:01 GMT) scan diff

“Das Telegramm des Herrn Reichskanzlers lautet : Exetilen rau von Stephan. Mit tiefer Betrübniß D e ih die Nachriht vom Ableben Jhres “heuern, auch von mir hohverehrten Gemahls erbalten. Mit Ihnen, gfíte Frau, betrauert das deutshe Vaterland den Verlust eines A verdienstvollsten und genialsten Männer, dem es vergönnt war, großer Zeit Großes zu leisten. Fürst zu Hohenlohe.

i Die Nr. 4 der „Amtlichen Nachrichten des Rei hs- Versicherungsamts“ vom 1. April 1897 enthält aus dem Gebiete der Unfallversicherung ein Rundschreiben an die Vorstände sämmtlicher Berufsgenossenshaften vom 6. März 1897, betreffend die durch Uebernahme des Heil- verfahrens während der Karenzzeit seitens der Berufsgenossenschaften erzielten weiteren Erfolge, und folgende Rekurs-Entscheidungen:

er Unfall, von dem ein Landwirth betroffen wurde, als er aus Gefälligkeit mehrere benachbarte Fischer zu einer Fisherversammlung fuhr, ist als landwirth- schaftliher Betriebsunfall angesehen worden, indem an- genommen wurde, aN die in der Nachbarschaft des Klägers wohnenden Fischer diesem, namentlich beim Aufladen und An- fahren des Holzes, Gefälligkeitsdienste erwiesen und als Gegenleistung dafür die Gewährung des Fuhrwerks des Klägers zu Reisen in die Umgegend erwar- teten, auch daß der Kläger bei der Lage seines Gehöfts auf diese Gefälligkeiten angewiesen war und deshalb, wenn er den Men sein Q gewährte, im Juteresse seines landwirthschaftlihen Betriebes handelte, der durch die Dienstleistungen der Fischer gefördert wurde (1585).

Die Größe der bewirthschafteten Bodenfläche ist Für die Annahme eines versicherten landwirthschaftlihen Be- triebes unerheblich (1586). : i

Der Unfall einer Gutsbesißerswittwe, die im Hause des Gemeindevorstehers verunglückt war, als sie diesen aufsuchen wollte, um die Befreiung ihres in der Wirthschaft mit- arbeitenden Sohnes von der Militärdienstpflicht u erwirken, ist nicht als landwirthschaftliher

etriebs unfall erachtet worden, weil sch im vor- liegenden Fall die Bemühung der Klägerin um die Befreiung ihres Sohnes vom Militärdienst zunächst als eine rein persönliche, im Familieninteresse ausgeübte Thätigkeit darstéllte, die den Zweck hatte, das Wohl der Klägerin und ihrer Angehörigen, sowie den Vortheil ihres Vermögens standes rh fd Mochte auch ein günstiger Erfolg dieser Bemühung

Bewirthschaftung des Guts zu statten kommen, so ver- mochte doch das Mitwirken dieser Ecwägung dem von der Klägerin unternommenen Gange zum Gemeindevorsteher nicht das Wesen einer landwirthschaftlihen Betriebshandlung zu verleihen (1587). | : |

Der Entschädigungsanspruh eines nebenher Böttcherei betreibenden Landwirths, der verunglückt war, als er eine „Horde“ (einen Zaun) zur Absperrung seines ofes von den Nachbarhöfen anfertigte, ist anerkannt worden, indem angenommen wurde, daß der Verunglückte den Zaun zum Schuße seines fkleinbäuerlich bewirthschafteten Besißthums, insbesondere aber auch zu dem Zwecke machen wollte, um landwirthschaftlihe Geräthe und Erzeugnisse, die er ab und zu auf seinem Hofe lagern ließ, einigermaßen zu fsihern und um zu verhindern, daß Federvieh und andere Hausthiere auf die Straße liefen (1588).

Der Entschädigungsanspruch eines Kleinbauern, der sich beim E von „Klumpen“ (Holzpantoffeln) zum eigenen Bedarf, das er in seiner Wohnstube ausführte, eine Handverlezung zugezogen hatte, ist zurückgewiesen worden, weil die Klumpen in der hier fraglihen Gegend nicht aus- scließlih von Landleuten getragen wurden, sondern ein landes- Übliches Bekleidungsstük auch O anderer Bevölkerungs- klassen, namentlich der Dienstboten, der Arbeiter, der Schul- Tinder sind, ihre Herstellung also lediglich dem Kleidungs- bedürfniß diente und deshalb eine rein hauswirthschafiliche, von der landwirthschaftlihen Betriebsthätigkeit des Klägers deutlich geschiedene Verrichtung war, zumal sie in der Wohn- ftube, aljo auch räumlih getrennt von dem Bereiche jenes Betriebes, sih vollzog (1589).

Das Schlachten eines in der eigenen Land- wirthschaft aufgezogenen Schweines ist im allgemeinen, soweit es sih innerhalb der äußerlihen Betriebsgrenzen voll- zieht, als landwirthschaftliche Betriebsthätigkeit an- zusehen, da das Schlachten gleihsam den Abschluß der auf die Gewinnung des Fleisches gerichteten landwirthschaftlichen Produktion bildet; das Gleiche kann indessen nicht ohne weiteres auch von der Zubereitung des hierdurch ge- wonnenen Fleishes zum Genuß, sei es durch Kochen, Einsalzen, Verarbeitung zur Wurst u. \. w. gelten ; diese stellt fih an si als hauswirthschaftlihhe Verrichtung dar (1590).

“Die Entschädigungspfliht für den Unfall eines Tage- löhners, der auf einem Schloßgut beim Schmieren eines MWasserdruckwerks verunglückte, das sowohl den Fac Dit der Gutsherrschaft deckte, als auch das nöthige Wasser für die

beiden, zum Schloßgut gehörenden, aber verpachteten Betriebe, die Landwirthschaft und eine Brauerei, lieferte, ist der zu-

ständigen landwirthschaftlichen erufsgenossen- schaft auferlegt worden, obwohl der Verunglückte im Dienst und S bei dem Schloßbesizer, der selbst nicht Landwirth- E etrieb, stand; denn, da weder die Hauswirthschaft es Schloßguts noch die Brauerei bei ihrem geringen Um- fánge versichert waren, so kam als versicherter Betrieb allein die Landwirthschaft in Betracht, die von dem Wasser- druckwerke und seiner Bedienung Vortheil zog, und diese Thatsache war ausreichend, um den von dem Geseß ge- forderten s Zusammenhang des Unfalls mit dem versicherten Betriebe als gegeben anzuerkennen. Daß der Kläger nur bei der Gutsherrschaft, niht aber bei dem Unter- nehmer der verpachteten Betriebe in Lohn gestanden hatte, wurde aus dem Grunde für unerheblih erklärt, weil ver- KcherungsrehtliÞh bei der Bestimmung, in welchem Betriebe ein Arbeiter als beschäftigt zu gelten habe, nicht das getroffene Lohnabkommen und die Person des Dienstherrn, sondern die innere wirthschaftlihe Zugehörigkeit der Arbeitsthätigkeit aus- \chlaggebend sei (1591).

| S rand sind folgende Bescheide und Beschlüsse mit- etheilt :

E Die Frage, ob die endgültige Feststellung der Prämie gegen den Bauunternehmer S 26 des ois 4 aid xungsgesezes Angriffe des Bauherrn § 27 a. a. O.

gegen die Höhe der Prämie auss{ließt, ist verneint E e (1592). F

Die R It gTEN von Ordnungsstrafen auf Grund der §8 78, 80 des Unfallversiherungsgeseßes (Uebertretung von Ünfallverhütungsvorschriften) neben gerichtlichen Strafen ist anerkannt worden (1593). 5

Die Versicherungspflicht einer Kunsttishlerei, in der auss\cließlich Kirhenmöbel, wie Altäre, Kanzeln u. st. w. angefertigt wurden, ist anerkannt worden, weil es sih bei deren Aufstellung regelmäßig um eine mehr oder weniger feste Verbindung mit dem Kirchengebäude selbst handelte, somit Bauschreinerarbeiten in Frage kamen (1594).

Der Betrieb der Wäscherei eines Armenhauses, in der außer einem Bleicher etwa 50 weiblihe Personen aus- \{hließlich für den Anstaltsbedarf beschäftigt waren, is wegen der Verwendung eines Dampfkessels gemäß § 1 Abs. 3 des Unfallversicherungsgeseßes als vers iherungspflihtig aner- kannt und der R E S Tegen ssenszast über- wiesen worden, obgleich der Dampfkessel sih in einem Raum befand, der keinerlei Verbindung mit dem Waschraum hatte und den hier thätigen Personen nicht zugänglich war, weil es im Sinne der bezeichneten Geseßesbestimmung genügt, um die Versicherungspflichtigkeit zu begründen, daß in einem Betriebe ein Dampfkessel u. f w. zur Verwendung kommt, d. h. daß der Betrieb, so wie er vor sih geht, im wesentlihen auf der Ausnußung eines Dampfkessels u. s. w. beruht (1595).

Aus dem Gebiete der Jnvaliditäts- und Alters- versiherung sind folgende Revisions-Entsheidungen mitgetheilt : :

Die Verjährung des Anspruchs auf Jnvaliden- odex Altersrente tritt nach gegenwärtiger Geseßgebung nicht ein (560). i

Die. Versicherungsberechtigung einer Ehefrau, die in der eigenen Wohnung auf besonderem Webstuhl neben dem als Hausgewerbetreibenden thätigen Ehemann für den- selben Fabrikanten wie dieser webte, ist in einem Einzelfall nicht anerkannt, vielmehr angenommen worden, daß die

rau lediglich als Gehilfin ihres Ehemannes, nicht als elbständige Hausgewerbetreibende thätig gewesen sei (561).

Die Rentenberehtigung eines Hauswebers, dem für die drei Jahre vom 2. Juli 1891 bis zum 1. Juli 1894 von drei Fabrikanten oder anderen Gewerbetreibenden etwa 90 Arbeitswochen, ferner von sehs verschiedenen Privatkunden insgesammt 52 Arbeitswochen bescheinigt waren, ist verneint worden, weil nah Lage des O nicht angenommen werden konnte, daß er nur „vorübergehend für eigene Rehnung“ im Sinne der Ziffer 1 Absay 1 des Bundesrathsbeschlusses vom 1. März 1894 gearbeitet habe es

Das Kiefernzapfen (Kienäpfel)-Pflücken und -Sammeln is dann als eine versiherungspflichtige Lohnarbeit anzusehen, wenn dasselbe von Personen, die si ch dazu anbieten, auf Grund eines forstfiskalishen Erlaubniß- scheines vorgenommen wird, und die gepflükten Kiefernzapfen (Kienäpfel) nicht frei veräußert werden dürfen, sondern gegen einen bestimmten Sammellohn ausschließlich dem Forstsiskus abzuliefern sind (563).

Die Versiherungspfliht der von einer Forstverwaltung an Waldarbeiter vergebenen Thätigkeit der Einerntung von Wildheu ist, obwohl die Arbeiter die Thätigkeit nicht allein, sondern unter Duglegung ihrer Angehörigen verrichteten und fie nur durch einen Theil des gewonnenen Heues entlohnt wurden, namentlih mit Rücksiht darauf anerkannt worden, daß die Forstverwaltung die Arbeiten beaufsihtigte, überwachte und für ihre Fertigstellung zur bestimmten Zeit sorgte, damit die als Wildheuer beschäftigten Forstarbeiter nahher wieder zu anderen Zwecken verfügbar würden (564).

Bei der Prüfung der Erfüllung der Wartezeit für Jnvalidenrenten sind, sofern die dauernde Erwerbs- unfähigkeit niht innerhalb der ersten fünf Jahre nach dem Jnkrafttreten des Juvaliditäts- und Altersversiherungsgeseßes eintritt, gemäß §8 15 Ziff. 1 und 16 Ziff. 1 des Geseßes sämmtliche Beitragsmarken und nicht bloß die innerhalb der leßten fünf Jahre vor Eintritt der Jnvalidität verwendeten zu berüdsihtigen (565).

Wenn der Bewerber um cine Fnvalidenrente mit Ansprüchen an die Träger der Unfallversiherung aus dem Grunde ab- gewiesen worden ist, weil seine Beschwerden ent weder eine Be- einträhtigung der Erwerbsfähigkeit niht bedingten oder mit dem Unfall nicht in ursächlichem Zusammenhang ständen, so fann die Zurückweisung des Jnvalidenrenten- anspruchs nicht darauf gestüßt werden, daß die in dem früheren Verfahren getroffenen Feststellungen irrthümliche seien, und daß ihm Sem S 9 Abs. 2 des Jnvaliditäts- und

Altersversicherungsgeseßes nur ein Recht auf eine entsprechende |-

Unfallrente zustehe (566).

Der Arbeitgeber eines Rentenbewerbers ist nicht be- rechtigt, sein Zeugniß darüber zu verweigern, ob er für die Arbeitszeit regelmäßig Beitragsmarken verwendet habe; denn, wenn auch nah § 349 Nr. 2 der Zivilprozeß- ordnung das Zeugniß unter anderem über Fragen verweigert werden kann, deren Beantwortung dem Zeugen die Gefahr strafgerihtliher Verfolgung zuziehen würde, so kommt doch in Betraht, daß der § 143 des Jnvaliditäts- und B r e gegen den lässigen Arbeit- geber nur Ordnungsstrafen bis zu 300 androht, deren Festseßzung dem Vorstand der Versicherungs- anstalt übertragen ist ; baber kann der Strafrichter mit diejen Ordnungsstrafen niemals befaßt werden, und somit is auh br den Arbeitgeber die Gefahr einer strafgerihtlihen Ver- olgung ausgeschlossen (567).

(Die neben den einzelnen Entscheidungen, Bescheiden und Beschlüssen stehenden eingekllammerten Zahlen geben die Ziffer an, unter der diese in den „Amtlihen Nachrichten“ mitge- theilt sind.)

Die Bevollmächtigten“ zum Bundesrath, Königlich bayerischer Ministerial - Direktor von Herrmann, Königlih württein- bergisher Wirkliher Geheimer Kriegsrath von Horion und Großherzoglih mecklenburgisher Ministerial-Rath Dr. Lan g- feld sind von Berlin abgereist.

Elsaß-Lothringen. Der Landesaus\chuß hat sih gestern bis zum 27. d. M. vertagt.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser empfing gestern das neugewählte Präsi- dium des Abgeordnetenhauses und sprach dabei Aller- höchstseine Befriedigung über die Wahl desselben sowie die Erwartung aus, das Lan werde den großen, ihm gestellten Aufgaben gereht werden.

Dem „Fremdenblatt“ zufolge wird der Tegheráacg Otto den Kaiser auf der Neise nah St. Petersburg begleiten.

Das österreichis che Abgeorduetéènh aus fubr ce tern in der Berathung des dringlichen Antrages RENYES, auf Ein- seßung eines Ausschusses zur Prüfung der bei den leßten Reichstagswahlen, - insbesondere in Galizien, vorgekommenen Wahlmißbräuche fort. Nach längerer Debatte wurde ein Antrag des Abg. Stransky mit großer Mehrheit ange- nommen, den Antrag Daszynski und einen denselben Gegen- stand betreffenden Antrag Okuniewski dem Legitimations- aus\{chuß zur eventuellen Berücksichtigung der in der Debatte vorgebrachten Thatsachen bei Verifizierung der betreffenden Wahlen zu überweisen.

Der zur Berathung der Jmmunitätsangelegenheit des Abg. Szajer eingeseßte A us\chuß des Abgeordneten- hauses beshloß mit großer Stimmenmehrheit, die Einstellung der gerichtlichen Verfolgung Szajer's für die ganze Dauer der laufenden Sißungsperiode zu beantragen.

Der Polenklub hat eine Kundgebung veröffentlicht, worin er dem Minister - Präsidenten Grafen Badeni warme Anerkennung für dessen Haltung in der Debatte über die Wahlen in Galizien zollt und demselben die Versicherung fort- dauernden Vertrauens zu seiner Person und Politik ausfpricht.

Jn der gestrigen Sißung des ungarischen Oberhauses brate zunächst Baron Vecsey eine Jnterpellation über die auswärtige Lage und den türkish-griehischen Konflikt ein. Da dieselbe von dem Minister-Präsidenten nicht sogleih beantwortet wurde, so beshloß das Haus, die Interpellation an diesen zu überweisen, und trat sodann in die Berathung des Budgets ein. Jn der Generaldebatte erklärte der Erzbishof Samassa, die Lage des Landes sei, troy des Fortschritts der leßten dreißig Jahre, weder in materieller noch in geistiger Hinsicht befriedigend. Redner bezeichnete die Art und 4 wie die Regierung die Geistlihkeit behandele, als fehlerhaft. Baron Pronay sprah sein Mißtrauen gegenüber der Politik der Regierung aus; auch Graf Zich y richtete Angriffe gegen die Regierung. Schließlih wurde das Budget im allgemeinen mit allen Stimmen gegen die des Barons Pronay angenommen, worauf das Haus in die Spezial- berathung des Budgets eintrat. Bei dem Kultus-Etat erklärte der Ressort - Minister Dr. Wlassics bezüglih der Autonomie der katholischen Kirche : es bestehe kein Hinderniß mehr, den Katholiken-Kongreß beliebig früher einzuberufen ; er könne schon jeßt erklären, daß die Autonomie weder die hierarhishe Organisation der katholishen Kirhe noch das oberste Patronatsrecht des Königs beeinträchtigen werde. Jn Betreff der Volksschule bezeichnete es der Minister als wünschens- werth, daß möglichst viele konfessionele Schulen die Staats- hilfe in Anspruch nähmen, da die Staatsaufsicht für die Schulen heilsam sei.

Die liberale Partei hat in den Ausschuß zur Revision des Jmkompatibilitätsgeseßes dreizehn Mit- glieder gewählt. Acht Mitglieder wurden der Opposition vor- behalten, die ebenfalls ihre Wahlen in diesen Ausschuß bereits vollzogen hat.

Großbritannien und Jrland.

Das Oberhaus hat sich gestern bis zum 3. Mai vertagt.

Im Unterhause erklärte der P Bee des Aeußern Curzon: Die Regierung habe nichts von einem for- mellen Vorschlage Frankreichs, betreffend die baldige Räumung Kretas seitens der türkishen Truppen, gehört. Frankreih habe hierüber die Ansicht der Mächte nahgesucht. Es sei unmöglich, gegenwärtig zu sagen, wann die Räumung erfolgen werde. Mehrere Mächte hätten die Ansicht geäußert, daß dem Ab- zuge der türkishen Truppen die Räumung Kretas seitens der griechischen Truppen vorhergehen müsse. Es scheine somit, daß der erste Schritt den Griechen überlassen werden solle. Das Haus nahm sodann mit 210 gegen 41 Stimmen die weite Lesung der Vorlage an, welhe in Kriminalsachen Ge- l atigenen gestattet, als Zeuge aufzutreten, die Frau oder den Gatten solher Gefangenen aber zwingt, als Zeuge zu er- cheinen. Die Vorlage findet auf Jrland keine Anwendung. Jm weiteren Verlauf der Sißung wurde die erste Lesung der Volksshul-Bill genehmigt.

Frankreich.

Der Senat genehmigte gestern den Geseßentwurf, be- treffend die Unterdrücckung der Butterverfälschungen und die Regelung der Verwendung von Margarine. Der Senator Béranger richtete sodann eine Anfrage an die Regierung über die Maßnahmen, welche sie gegen die Veröffentlichung anstößiger Bilder in den Blättern und gegen die sittenwidrigen Darstellungen auf gewissen Bühnen zu er- greifen gedenke. Redner verlangte ein Geseh gegen die bezeich- neten Ausschreitungen.

Die Deputirtenkammer stimmte der Geseßesvorlage zu, nah welcher der Zusagartikel vom 4. Mai 1896 zur Berner Uebereinkunft über den Schuß des literarishen und fünstlerishen Eigenthums seitens Frankreichs anerkannt wird, und nahm sodann die Berathung der Vorlage, betreffend das Oberkommando der Armee, wieder auf. Der Depu- tirte Le Hérissé sprach sih gegen den Entwurf aus. Der Depu- tirte Lannes de Montebello bekämpfte denjenigen Theil der Vorlage, welcher die Errichtung des neuen Grades betrifft, befürwortete aber den met welcher der Es dur Dekret geregelten Organisation des obersten Kriegsrathes geseh- liche Geltung verleiht; Redner beantragte daher die Trennung der beiden Theile bei der Berathung. Mit diesem Antrage erklärte sih der Vorsißende der Kommission Mézières ein- verstanden. Der Deputirte Vicomte de Montfort trat für die Ernennung eines Höchstkommandierenden ein. Jm Laufe seiner Ausführungen bemerkte der Redner, dieaus derKriegsschule hervor- gegangenen Offiziere könnten gute Vorträge halten, ermangelten aber der Entschlossenheit, wenn ihnen ein Kommando über- tragen sei. Der Kriegs-Minister Billot erwiderte hierauf : Die Kriegsshule habe vorzüglihe Ergebnisse erzielt. Jn Friedenszeiten müsse die rmee vorbereitet werden; man dürfe an dem, was heute bestehe, niht allzu plöglihe Aenderungen vornehmen. Es sei schwer, ein Heer von drei Millionen Mann zu organisieren; doch würde die gegenwärtige Organisation des französishen Heeres sich im Falle eines Konflikts als ausgezeichnet erweisen; was

die Regierung verlange, sei, sie zu vervollständigen. Der Minister verlangte die Dringlichkeit für die Vor age sowie die Einzelberathung der Artikel derselben. Das Haus beschloß, die Weiterberathung auf Sonnabend zu vertagen. Der Deputirte Sembat (Sozialist ) brahte hierauf den Antrag auf Einseßung eines aus der allgemeinen Volkswahl hervorgegangenen National-Schwurgerichts- hofes ein, welcher den Auftrag haben solle, Beamte, Deputirte und Minister, die beschuldigt werden, aus ihren Mandaten bezw. ihren Stellungen unerlaubten Vortheil gezogen zu haben, ab- uurtheilen, und welcher eine Untersuhung über den Ur- hrung der großen Vermögen anstellen solle. Sembat beantragte die Dringlichkeit für seinen Antrag. Der Justiz-Minister Darlan sprach gegen den Antrag, der einen beschimpfenden Angriff auf die Rechtschaffenheit des Landes in sih schließe. Der Deputirte Pourquery de Boisserin stellte diesem Antrage gegenüber die Vorfrage, die mit 3655 gegen 127 Stimmen angenommen wurde. Die Kammer nahm sodann den Geseßentwurf, betreffend die Anwendung des allgemeinen Zolltarifs auf Madagaskar, an, nachdem die Dringlichkeit für die Berathung desselben genehmigt worden war.

Der Minister-Präsident Méline wohnte gestern einem von dem Syndikat der Zucerfabrikanten aus Anlaß der Bewilligung der Zuckerprämien veranstalteten Bankeit bei. Der Minister-Präsident rieth den Fabrikanten, an dem Geseh festzuhalten oder, wenn es nothwendig sein sollte, nur im Einvernehmen mit allen Jnteressenten daran zu rühren. Die Zuerfrage, die früher eine innere gewesen, sei jeßt eine internationale Frage geworden, aber die Regierung jei entschlossen, bei eventuellen Verhandlungen die Aufrecht- erhaltung des Geseßes von 1884 außer Diskussion zu stellen. Der Minister-Präsident s{chloß mit dem Wunsche, eine glück- lihe Lösung der Frage durch eine internationalen Konferenz herbeigeführt zu sehen.

Die Avisos „Dague“ und „Bombe“ gehen heute von Toulon nah Kreta ab.

Rußland.

Der bisherige Kommandeur der 10. Kavallerie - Division, General-Lieutenant Rehbinder ist, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, zum Kommandeur des XII]. Armee- Korps ernannt worden.

Jtalien.

genehmigte gestern den Entwurf der Adresse auf die Thronrede. Jn dem die Orientfrage behandelnden Theil wird der Wunsch ausgedrückt, es möge der italienishen Regierung gelingen, gemeinsam mit den übrigen Mächten den Frieden zu sihern, indem den Völkern Gerechtigkeit geschehe.

M der Depulivtenktammer legte ‘der Kriegs- Minister einen Geseßentwurf über die Heeresorgan i- sation vor. Hierauf schritt die Kammer zur Besprehung der Jnuterpellationen und Anfragen über die Orient- politik des Kabinets. Die Deputirten Jmbriani, Barzilai, Bovio, Valle, Pantano, Colajanni und Bissolati begründeten die von ihnen eingebrahten Jnterpellationen, indem sie die von der Regierung befolgte Orientpolitik bekämpften. Die Kammer vertagte ch sodann auf heute.

Türkei. _ Jn Cetinje find, wie „W. T. B.“ meldet, Berichte aus Skutari (Albanien) eingetroffen, denen zufolge die in der Umgebung der Stadt zujammengeströmten Malissoren und Mohamedaner in ihre Heimath zurückkehren. Der Bazar sei wieder geöffnet worden.

Da die türkische Regierung sih weigert, mit den Aufständishen in BetrefE des Vorschlages des Obersten L den gefangen genommenen Theil der Garnison von Malaxa auszuliefern, wenn derselbe nah einem Kei außerhalb Kretas gebracht würde, in direkte amtliche

eziehungen zu treten, so hat sie, der „Agence Havas“ zufolge, den Admiralen an-

Der Senat

die Erledigung dieser Angelegenheit vertraut.

Jn Suda is gestern ein von einem Kreuzer begleitetes russishes Transport\chiff eingetroffen, welches ein Bataillon und 6 Geschüße an Bord hat.

Die „Daily News“ erfahren aus Kanea vom gestrigen Tage, das russishe Flaggschiff „Alexander“ werde heute Suda verlassen, um den russischen Konsul nah Rethymon zu bringen, welcher aus eigener Jnitiative ver- suchen wolle, wenn irgend mögli, eine Zusammenkunft der kretishen Führer herbeizuführen, um ihnen die Vor- theile der Autonomie auseinanderzusezen. Das russische Kriegsschiff „Nikolaus“ gehe nah Smyrna, um Kohlen und Proviant in Vorbereitung der Blockade Griechenlands ein- zunehmen. Der Kapitän des österreichishen Kriegs\chiffes „Kronprinzessin Stefanie“ habe ein Schreiben von den JFnsurgenten aus Kissamo erhalten, worin erklärt werde, daß bei einem feindlihen Vorgehen der Mächte die Jnsurgenten verfahren würden, als seien sie im Kriegszustande mit denselben. Der Kampf werde R R erwartet. Der österreihische Admiral werde heute na Kissamo gehen. Man halte es für wahrscheinlih daß die Blockhäuser zerstört werden würden, um sie nicht in die Hände der Jusurgenten fallen zu lassen.

Montenegro.

Der Fürst von Montenegro ist, wie dem „W. T. B.“ aus Cetinje gemeldet wird, auf der Rückehr von der Riviera gestern in Antivari eingetroffen.

Schweden uud Norwegen.

Die Stadtverordneten von Christiania haben, wie „W. T. B.“/ beriߧtet, - gestern mit 43 gegen 13 Stimmen be- \hlossen, die norwegische Flagge ohne Unionskennzeichen auf allen städtishen Gebäuden Christianias zu hissen und zwar zum ersten Mal am 17. Mai, dem Tage der Ver- fassungsfeier.

Amerika.

Die nah einer Meldung des „New-York Herald“ von dem revolutionären Comité in New-York verbreitete Nachricht, auf Porto Rico sei ein Aufstand ausgebrohen, wird von spanischer Seite für absolut fals ch erklärt. Auf Porto Rico herrsche vollkommene Ruhe.

Die Ratifikationsurkunden des Handelsver- trags zwischen dem Deutschen Neich und Nicaragua sind, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern in Guatemala aus- getauscht worden. ;

_Das „Reuter’she Bureau“ meldet aus Montevideo: Die revolutionäre Partei sei nunmehr thatsählich im Besiß des O akte Theiles von Uruguay und belege die von der brasilianishen Seite her kommenden Güter mit ge Eine beträchtlihe Zahl von Blankos stehe in geringer

ntfernung von Montevideo. Der Kriegs - Minister Diaz habe seine Entlassung eingereiht. Die Zolleinkünste für die leßten sechs Monate zeigten eine Abnahme von mehr als einer Million Pesos gegenüber den Einkünften im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Arbeiterbewegung.

In Magdeburg, wo bereits vor einigen Tagen 30 Hafen- arbeiter die Arbeit eingestellt hatten, haben, wie die „Mgdb. Ztg.“ berichtet, gestern fcüh etwa 100 Arbeiter am Neustädter Hafen die Arbeit niedergelegt, weil die Verwaltung ihre Forderungen nit be- willigt hat. 10 Arbeiter betheiligen sich nicht am Ausstande.

Aus Barmen wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Der Schreinerausstand ift als beendet zu betrachten, weil die größte Zahl der Ausständigen zu den neuen Bedingungen bei neunstündiger Arbeitszeit Arbeit gefunden hat.

Aus Heiligenhaus im Regierungsbezirk Düsseldorf wird der „Rhein.-Westf. Ztg.“ gemeldet: Jn mehreren hiesigen Schloß- und NRiegelfabriken haben sih die Arbeiter dahin geeinigt, von den Unternehmern günstigere as zu fordern. So ver- langen die Arbeiter der Vereinigten Riegel- und Schloßfabriken- Aktiengesellschaft die zehnstündige Arbeitszeit, und diese Forderung fällt ganz besonders ins Gewicht, da die meisten der unzufriedenen Arbeiter Tagelöhner sind. Falls die Pernas nicht bis zum 10. d. M. be- willigt wird, wolle die Arbeiter in den Ausstand treten. In der Schloßfabrik von Arnold Kiekert Söhne haben die Arbeiter ebenfalls zehnstündige Arbeitszeit und 1509/9 Lohnerhöhung gefordert und wollten in den Ausftand treten, wenn die Forderung nicht bis zum 6. d. M. bewilligt war. An diesem Tage haben nun die Inhaber der leßteren Firma ihren Arbeitern erklärt, daß die ge- forderte Lohnerhöhung nicht zugestanden werden könnte; aber in Betreff der Arbeitszeit, welhe 11} Stunden beträgt, wollen sie eine Ver- fürzung von § Stunden eintreten lassen. Dieses Zugeständniß hat die Arbeiter aber niht befriedigt, weshalb sie das Arbeitsverhältniß gekündigt haben. :

Aus Bremen berichtet die „Weser-Ztg.“ zum Shuhmacher- ausfstand: Die Ausftändigen haben folgende Forderungen aufgestellt : 1) Errichtung von Betriebswerkstätten, 2) Abschaffung von Kost und Logis beim Arbeitgeber, 3) zehnstündige Arbeitszeit, 4) 20 bis 30 9% Lohnaufschlag für Accordarbeiter, 5) 10 bis 15% Lohnaufshlag für die, welcbe jeßt „auf Logis arbeiten“, 6) Minimallohn für Wochen- ove ed 18 Æ, 7) fâmmtlihe Fournituren find vom Arbeitgeber zu

ellen.

In Markranstädt bei Leipzig befinden sch, einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge, die Maurer wegen Lohnstreits im Ausstande.

Kunst und Wissenschaft.

In der Sitzung ber physikalisch-mathematishen Klasse der Akademie der Wissenshasten am 1. April (vorfigender

Sekretar: Herr Waldeyer) las Herr Auwers über einen von ihm auf-.

Br Fundamental-Katalog für den südlihen Himmel. Der atalog ist zunähst aus dem Bedürfniß hervorgegangen, für eine Fort- seßung der Zonen der Astronomishen Gesellschast über 23 Grad Dekl. binaus Anhaltspunkte zu \chaffen. Der Verfasser hat für diesen Zweck 1887 ein Verzeichniß von 480 Sternen zwischen 20 Grad und 83 Grad ausgegeben, um neue Beobachtungen dieser Sterne zu veranlassen, und nunmehr die Oerter und Eigenbewegungen derselben aus sämmtlichen von der Südhalbkugel herrührenden Sternkatalogen, zwei noch nicht veröffentlihten Beobachtungsreihen der Sternwarten am Kap der guten Hoffnung und in Cordoba und, soweit U mit Zuziehung der Bestimmungen von nördlihen Sternwarten ab- geleitet, nahdem zuvor die Relationen zwischen allen benußten Quellen untersuht und die Reduktionen auf ein vorläufiges Mittelsystem fest- gestellt worden waren. Um die auf der bezeichneten Himmelsfläche vortommenden Sterne bis zur Größe 3,5 vollständig einzuschließen, wurden dann (mit Uebergehung von 3 bereits im A. G. C. ent- haltenen) noch 19 Sterne, und {ließlich noch 24 von Dr. Gill aus- gewählte und neuerdings am Kap häufig beobachtete Sterne aus der ursprünglich ausges{lossenen Gegend zunähst am Südpol hinzugefügt, sodaß der ganze, demnächst an anderer Stelle zu veröffentlihende Katalog 523 Sterne zwishen —209 0‘ und —899 20‘ für Aeq. 1900 enthält. In diefer Zahl sind 30 Sterne aus dem ersten Natrag zu dem ursprünglihen Fundamentalkatalog der A. G., und weiter 25 Sterne aus dein für die zweite Abtheilung ihrer Zonen 1889 herausgegebenen Verzeichniß wieder inbegriffen, ihre erter und Eigenbewegungen aber unabhängig neu und mit den übrigen leichmäßig bestimmt. Herr von Bezold überreihte das Manuscript fetaer in der Sißung vom 23. Juli 1896 gelesenen Mittheilung «Zur Theorie des Erdmagnetismus". Der Hauptzweck dieser Abhand- lung ist, die Grundsätze aufzustellen, welche man bei der Sammlung, Ver- arbeitung und Veröffentlichung des magnetishen Beobachtungsmaterials festzuhalten hat, um dasfelbe der theoretishen Verwerthung zugäng- lih zu machen. Der Verfasser bespriht deshalb in einem ersten Theil die Methoden, dur welhe sich die Grundlagen der Gauß'schen Theorie an der Erfahrung prüfen lassen. Die dort gewonnenen Sätze werden in einem zweiten Theil auf die täglihe Variation des Erd- magnetismus angewandt, deren Theorie unter ganz allgemeinen Ge- sihtspunkten entwickelt wird.

In der an demselben Tage abgehaltenen Sißung der philo- \sophisch-hiftorishen Klasse der Akademie der Wifienschaften (vor- sißer der Sekretar: Herr Vahlen) legte Herr E. Schmidt eine Ab- bandlung vor „über die Quellen der „Comischen Einfälle und Züge" Lessing's*. Der Verfasser bespriht dieses Jugendwerk Lessing?s, dessen Inhalt treuer oder freier aus dem Théâtre italien Gherardi’s und anderen ausländishen Stüdcken entlehnt ift, und knüpft daran Be- merkungen über die Verwerthung fremder Motive in Lessing's Dramen und seine Arbeitsweise. 5

Der Präsident der „Deutshen Shakespeare - Gesell- schaft", Geheime Kommerzien-Rath Dr. Oechelhäuser, und der Vorsitzende des geschäftsführenden Autschusses in Weimar, Geheime Hofrath von Bojanowski, versenden an die Mitglieder der Gefell- schaft eo Mittheilung:

„Als wir im Begriff standen, die übliche Einladung zur dies- jährigen Generalversammlung zu erlassen, hat es Gott gefallen, unsere Dur(lauchtigste Protektorin, die Frau Großherzogin Sophie von Sachsen, von dieser Welt abzuberufen. Wir haben im Namen der Deutschen Shakespeare-Gesellshaft einen Kranz an dem Sarge der entshlafenen Fürstin niedergelegt, deren Andenken nimmer in unseren Herzen erlöschen wird. Wir erachten es als selbstverständlih und glauben keinem Wider- spruch bei unseren Mitgliedern zu begegnen, wenn wir vorschlagen, die d ras auf den 23. April, einen Monat nah dem Todestag, anstehende eneralversammlung unserer Gesellshaft aus - fallen zu nee Schon jeßt können wir dagegen unseren Mit- gliedern vertraulih Kenntniß geben, daß wir, in Gemeinschaft mit der „Goethe - Gesellschaft“, der „Schiller - Stiftung“ und dem „Schiller - Goethe - Arhiv“, dem Gedanken näher getreten sind, im Herbst dieses Jahres, zum Andenken an die hohe Verblichene, eine gemeinschastlide Ged enk- und Trauerfeier zu veranstalten, worüber nähere Mittheilungen und die Aufforderung zur Theil» nahme seiner Zeit von dem hierzu ‘'niedergeseßten Comits ergehen werden. Wie hinsichtlich des Ausfalls der diesjährigen General- versammlung, so seßen wir au, falls kein Widerspru erfolgt, bei

\ämmtlihen Mitgliedern die ftillschweigende Erwbistiguis für den Vorstand voraus, den Haushalt unserer Gesellschaft, un Ginziehung des üblichen Jahresbeitrags, in gewohnter Weise fortzuführen, Ergänzungswahlen zum Vorstand und die Anträge auf Decharge- Ertheilung aber auf die nähhstjährige Generalveriammlung zu ver- schieben. Das voraus\ichtlich im Mai zur Ausgabe gelangende Jahrbuch wird, mit dem Nekrolog, auch das Bildniß der verewigten Frau Großherzogin bringen.“

__— Die Senckenbergishe natur forshende Gesellschaft in Frankfurt a. M. hat den Sömmeringpreis (Denkmünze und 500 4) dem Professor Gustav Born in Breslau sür seine Versuche über Amphibienlarven und die daran \ih knüpfenden physio- Togishen Forshungen zuerkannt.

__— In der Jahressißung der „Royal Society of sciences* in London sind die Professoren Heidenhain und Ferdinand Cohn in Breslau zu Mitgliedern der Gesellschaft ernannt worden.

Land- und Forstwirthschaft.

Mit ihrer in den Tagen vom 17. bis 21. Juni in Hamburg stattfindenden Ausftellung wird die Deutsche Landwirth- \chafts - Gesellshaft auch wiederum eine Wander - Ver- sammlung verbinden. Das Programm derselben gliedert sih einerseits in die Vollversammlung und die Versammlungen der Abtheilungen und Ausshüsse mit gemeinsamer Arbeit und mannigfahen Vorträgen, andererseits in die üblichen Aus- flüge in die nähere und weitere Umgebung des Ausftellungsorts. Fi die leßtere Veiarnstaltung sind die Vorarbeiten eitens einer besonderen Abtheilung des E bereits in Angriff genommen; derselbe plant, unter B-ihilfe der Landwirth- schaftskammer für Schleswig-Holstein, belehrende und unterhaltende Ausflüge nach folgenden Zielen: in die Pferde: und Rinder - Zucht- gebiete Holsteins und Mecklenburgs, in Musterwirth\chaften und Meiereien, zu dem Gemüsegarten Hamburgs, den „Vierlanden“, in den Kirschen- und Obstgarten, das „alte Land“, zu den Anglo -Konti- nental-Guano-Werken, nah Kiel und dem Kaiser Wilbelm - Kanal, endlih nach Cuxhaven und Helgoland. Die Anmeldefristen zu der landwirthschaftlichen Ausstellung in Hamburg sind nur noch füx die Fischerei-Abtheilung, für die Geflügel-Abtheilung sowie für grüne Pflanzen, und zwar bis zum 31. ‘Mai gültig. Für Ge igetzudt stehen an Preisen 3125 46, 38 Preismünzen und einige E rengaberi, für die Fischerei 1000 4, 12 Preismünzen und einige Ehrengaben zur Verfügnng. Da besonders die Teihwirthschaft in Nordwest-Deutsch- land neuerdings an Umfang und Nußung fehr gewonnen hat, so hofft man auf eine reichhaltige Beshickung der Fischerei-Abtheilung.

Heft 3 des Jahrgangs 1897 der „Nachrichten vom Deutschen Landwirthschaftsrath“ (Kommissions-Verlag von Paul Parey, Berlin) hat folgenden Inhalt: Aenderungen im Mit- gliederbestande des Vorstandes und des Ausschusses; Ueber die Feier des 25 jährigen Bestehens des Deutschen Landwirthschaftsraths; Theil- nahme an der Enthüllung des Nationaldenkmals; Aus den Verhand- lungen des provisorishen Börsenausshusses vom 19. bis 26. November 1896 über die Reform der Produktenbörsen; Der gegenwärtige Stand der Börsenfrage; Zur Neuregelung des Unfallversicherung8geseßes (von Landgerichts-Rath Schneider-Cassel); Eingabe an den Reichstag zum Entwurf eines Handelsgeseßbuchs.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Bombay, 8. April. (W. T. B.) Seit dem Ausbruch der Bn sind hier 10 943 Erkrankungen und 9299 Todesfälle vorgekommen. ie Gesammtisterblichkeit in der leßten Woche betrug 1007 Fälle. Jn der ganzen Präsidentshaft wurden bis zum 2. d. M. 22 668 Pest- erkrankungen und 18 361 Todesfälle verzeichnet.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 9. April. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. SD. „Trave“, y. New-York kommend, 8. April Mrgs. a. d. Weser angek. SD. „Spree“ hat 7. April Nm. Reise v. Southampton n. New-York fortges. PD. S, v, Baltimore kommend, ist 7. April Nachts a. d. Weser angek. RPD. „Prinz Heinrich" hat 7. April Abds. Reise v. Neapel n. Port. Said fortges. SD. „Kaiser Wilhelm I1., v. New-York kommend, 8. April Mrgs. in Neapel angekommen.

“London, 8. April, (W.T. B.) Union-Linie. D. „Mexican * ist auf der Heimreise gestern von Kapstadt abgegangen.

Theater und Musik.

__Bexrlinér Theater

Ernft von Wildenbruh's Shauspiel „Das neue Gebot“, das vor etwa zehn Jahren zuerst im Ostend - Theater auf- geführt wurde, ershien gestern Abend mit großem äußerem Erfolg auf der Bühne des Berliner Theaters, auf der a auch seine Heinrihsdramen jüngst ers einen hervorragenden und sicheren R erobert haben. „Das neue Gebot“ teht geschichtlich und örtlih im Zusammenhange mit den neuen Königsdramen Wildenbruch's und verdankt diesem Umstande seine Neuaufführung; denn in der drama- tischen Technik, im Bau der Scenen, in der folgerihtigen Entwickelung der Handlung reiht es an die übrigen bekannten Werke des Dichters niht heran. Trotzdem ift die Gewalt der Rede so groß, des Dichters auflohende Leidenschaft so zündend, Massen auf der Bühne Bewegung und Erregung einzuflößen, \o wirksam, daß ihm bei jeder Vorstellung ein neuer Erfolg er- blüht. Die Hauptrolle, die des Pfarrers Wimar Knecht, wurde hier von Max Pohl in großem Stil mit Aufbietung aller Kräfte ge- spielt; dieser Pfarrer wird durch das neue Gebot aus Rom, das ihm die Treue gegen seinen König ebenso zur Sünde stempeln will wie die langjährige Liebe zu seinem treuen Weibe, in die herbste Gewissensnoth verseßt, und dem Ringen und Kämpfen dieses Gottes- mannes gab Max Pohl im Leid und in der Wehmuth mächtigen Ausdruck. Die Zuschauer waren so beifallsfreudig, daß mit dem Hauptdarsteller endlih nach dem dritten Akt aucch der Dichter dankend auf der Bühne

erscheinen mußte. Schiller-Theater. G. von Moser?’s beliebter Shwank „Das Stiftungsfest" erweckte gestern bei seiner ersten Aufführung auf der Bühne in der Wallnertheaterstraße die fröhlihste Heiterkeit. Es ist eine Arbeit aus Moser’s bester Schaffensperiode, und bei der Fülle wißiger Einfälle und komischer Situationen, welhe das Stück enthält, vergißt der Zu- schauer ganz, daß die Figuren der Moser’shen Bühnenwelt im Grunde nur wenig Lebenswahres an sih haben. Jhr Gebahren dient vorzügli Zweden der Unterhaltung, und diese Aufgabe erfüllen sie vollauf. Herr Patry hatte als Regisseur und Darsteller des zungenfertigen Hartwig dafür Publit daß das Spiel in dem flotten Tempo blieb.

seine Fähigkeit, großen

ublikum keine Zeit zu kritishen Bedenken läßt, und die übrigen

itwirkenden E seinen Intentionen willig und mit gutem Ge- lingen. Die Beseßung war völlig einwandfrei. Herr masow als: Vereinsdiener Schnake, Herr Steinecke als Brimborius, Eyben als Kommerzien-Rath, ferner die Damen Detschy, Levermann und Pauly fowie die Herren Reimann und Blank bildeten ein S wie man es sich nicht besser wünschen konnte, und ernteten den le und wohlvyerdienten Beifall des vollbeseßten Hauses. 4

Im Königlichen Opernhause geht morgen Lorting's Oper

„Undine" in Scene. Im Königlichen Schausptelhause gelangt morgen Otto chauspiel „1812“ in der bekannten Beseßung zur

von der Pfordten?s Aufführung.

Das Streichquartett der Herren Professor Joseph Joachim und Genossen wird in pietätvollem Gedenken und zur Ehrung des Komponisten Johannes Brahms die am 22, April statt»

das dem

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