1933 / 277 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Nov 1933 18:00:01 GMT) scan diff

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Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 277 vom 27, November 1933. S. 2.

Axtikel 5,

Uebergangsbestimmungen.

1, Nach § 2a StGB. ist über Maßregeln dex Sicherung Und Besserung nah dem Geseß zu entscheiden, das zur Zeit dex Entscheidung gilt. Die Anwendung diesex Vorschrift auf die Sicherungsverwahrung scheitert daran, daß die Siche- rungsverwahrung * gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher

nux erkannt werden kann, wenn die Strafe auf Grund des S 20 a des Strafgeseßbuchs bestimmt worden ist. Da bei einer Aenderung der Geseße in der Zeit zwischen der Begehung der Tat und ihrex Aburteilung nah § 2 Abs. 2 StGB. das mildeste Geseß anzuwenden ist, kann die Strafe nux dann auf Grund des § 20a StGB. festgeseßt werden, wenn die Tat nach dem Fnkrafttreten des Gesetzes begangen worden ist. Um die Sicherungsverwahrung auch bei vox dem Jukrafttreten des Gesetzes begangenen Taten anordnen zu können, bedarf es daher einer Sondervorschrift, die der Entwurf im Ar- tikel 5 Ziffer 1 vorsieht. Sie läßt die Bemessung der Strafe Unberührt und verwirkliht auch für die Sicherungsver- wahrung den Grundsaß, daß über Maßregeln der Sicherung und Besserung nicht nach dem zur Zeit der Tat, sondern nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Gesetz zu er=- kennen ist. i

2. Die Sicherungsverwahrung kann nach den Vor- schriften der §§ 2a, 42e StGB. nux angeordnet werden, wenn die Tat nah dem 1. Januar 1934 abgeuxrteilt wird. Gewohnheitsverbrecher, die in einem früheren Zeitpunkt ab- geurteilt worden sind, würden hiernah von der Siche- rungsverwahrung nicht erfaßt werden. Es gibt aber in den Strafanstalten eine große Zahl von Verbrechern, deren Gefährlichkeit bekannt is und die nah ihrer Rück- Tehr in die Fretheit mit großer Wahr=- scheinlihkeit wieder rüdckfällig werden. Sie müßten nah der Strafverbüßung der Freiheit wiedergegeben werden, und es müßte erst eine neue Tat abgewartet werden, um die Allgemeinheit vor ihnen wirksam shüßen zu können. Ein solcher Zustand wäre mit der Forderung eiues wirksamen Schutes der Allgemeinheit gegen gefährliche Gewohnheitsver- brecher unvereinbar und fordert Abhilfe durch eine Vor- schrift, welche die nachträglihe Anordnung der Sicherungs-=- veriwahrung auch gegen derartige Verbrecher ermöglicht. Der Artikel 5 Ziffer 2, der diesem Zweck dient, bedeutet eine Durchbrehung des Grundsaßzes der Rechtskraft des Urteils nicht hinsichtlih der erkannten Strafe, sondern nur hinsicht- lih der sichernden Maßnahme. Diese Durchbrechung wird durch die Erwägung gerechtfertigt, daß die Sicherungsver- wahrung micht Sühne für die begangene Tat, sondern eine Maßregel zur Sicherung der Allgemeinheit vor künftigen Verbrechen sein will. ]

Die Voraussetzungen, unter denen die nahträgliche An- ordnung der Sicherungsverwahrung zulässig sein soll, sind auf den § 20 a Abs. 1 StGB. abgestimmt. Erforderlich ist, daß jemand insgesamt mindestens dreimal wegen eines Ver- brechens oder vorsäßlichen Vergehens verurteilt und in jedem dieser Urteile auf Todesstrafe, Zuchthaus oder Gefängnis von Uindestens sechs Monaten erkannt worden ist. Die Vor- schriften des § 20 a Abs. 3, 4 über die Rüdctffallsverjährung und ausländische Veruxrteilungen gelten dabei entsprechend. Sind Freiheitsstrafen, auf die in verschiedenen Urteilen er- kannt worden ist, durch Urteil oder Beschluß zu einer Ge- samtstrafe vereinigt worden, so ist auch hier d&bon auszu- gehen, daß nur die auf die (Gefamtstrafe erkennecnde Ent- scheidung als Verurtcilung anzusehen ist. Die Gesamtwürdi- gung der abgeurteilten Taten muß ergeben, daß der Ver- urteilte ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher ist. Es muß daher jede einzelne der erforderlichen Taten ein Symptom für den Hang des Verurteilten zum Verbrechen und für seine Gefährlichkeit sein Erforderlich ist ferner, daß die dritte Verurteilung vor dem 1. Fanuar 1934 ergangen ist und der Berurteilte auf Grund dieses Urlcils nach dem 1. Fanuar 1934 eine Freiheitsstrafe verbüßt. Durch dieses Erfordernis wird. der Kreis der für die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung in Frage kommenden Verbrecher zeit- lih abgegrenzt, und es werden diejenigen ausgeschlossen, die vor dem Fnkrafttreten des Gesetes entlassen worden sind. Jst das Urteil des Tatrichters vor dem 1. «cFanuar 1934 er- gangen, so wird die Anwendung der Vorschrift dadurch nicht ausgeschlossen, daß das Urteil des Revisionsrichters nach diesem Zeitpunkt ergeht oder das Urteil erst nach diesem Zeit- punkt rechtskräftig wird. Gleichgültig ist es auch, ob die eFretheitsstrafe ganz oder nur teilweise nah dem 1. Januar 1934 vollzogen wird. Die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung steht im Gegensaß zu § 42e StGB. im Ermessen des Gerichts. Polizeiliche Präventivmaß- nahmen gegen solhe Verbrecher, die von den Übergangs- E nicht erfaßt sind, sind nicht ausgeschlossen, da das

rafgeseß derartige Maßnahmen nicht berührt.

_9. Die Gründe, die die nachträgliche Anordnung der Eicherungsverwahrung rechtfertigen, geben auch Anlaß, gegen bereits abgeurteilte gefährliche Sittlichkeitsverbrecher die nachträgliche Anordnung der Entmannung zuzulassen. ese Anordnung seßt nah Ziffer 3 der Uebergangs- vorschriften voraus, daß jemand nach dem 1. Fanuar 1934 auf Grund eines vor diesem Zeitpunkt ergan=- genen Urteils eine Freiheitsstrafe verbüßt und die An- ordnung seiner Entmannung nah § 42k des Strafgeseh- buchs zulässig gewesen wäre, wenn diese Vorschrift hon bei der Aburteilung gegolten hätte. Die Anordnung der Ent- mannung „müßte hiernach in dem Urteil zulässig gewesen sein, auf Grund dessen der Täter die Freiheitsstrafe verbüßt. Mm Ubrigen nimmt die Uebergangsvorschrift auf die Vor- schrift des § 42k StGB. in ihrem ganzen Juhalt Bezug. FUL die ¿Frage, in welcher Weise die von der Uebergangs- vorschrift erfaßten Fälle zeitlih abgegrenzt werden, gelten die für dieVebergangsvorschrift des Art. 5 Ziff, 2 über die Sicherungsverwahrung dargelegten Grundsäbe. Die nach- trägliche Anordnung der Entmannung steht aus den in dex Degründung zu S 42k StGB. dargelegten Gründen im Er- een des Gerichts. Wenn die Uebergangsvorschrift im Gegensatz zu § 42 k StGB, ausdrücflih betont daß die An- ordnung nur zulässig ist, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert, so hat dies nur den Sinn der Hervorhebung einer auch für § 42 k StGB. geltenden Voraussetzung. ;

i. Da die Ueberweisung an di spolizeibehö E N g an die Landespolizeibehörde durch die Anordnung der Unterbringung in Hi Arbeits: erf erseßt wird, bedarf es mit Nücssicht auf § 2 Abs. 2 StGB. der Klarstellung, daß nah dem Fukrafttreten des

vor dem Fnkrafttreten des Geseßes erkannt worden, so sollen sich ihre Wirkungen nach den bisherigen Vorschriften richten, Artikel 6.

Ausführungsgeseßt. : Die Strafschärfung für gefährliche Gewohnheitsver- breher und die Einführung dex Maßregeln der Sicherung und Besserung macht eine Aenderung des Gerichtsver- fassungsgesetes, der Strafprozeßordnung und verschiedener anderer Gesetze exrforderlih, Die Anpassung dieser Gesetze an den vorliegenden Entwuxf bleibt einem Ausführungs- geseß vorbehalten.

Beg L d tg füx das AUsSführungsgeseL. zu dem Gefes gegen gefährlihe Gewohnheitsverbrecher Und be MaßLegel der Sieg Und Besserung vom 24, November 1933 (RGBL 1 S. 1000). (Veröffentlicht vom Reichsjustizministerium.)

Dem Geseß gegen gefährliche Gewohnheitsverbrechex und über Maßregeln der Sicherung und Besserung müssen eine Rethe anderer Gesetze, insbesondere das Gerichtsverfassungs- geseß und die Strafprozeßordnung, angepaßt werden. Diese Aenderungen stellt der Entwurf des Ausführungsgesetes zu- sammen. Einem Teil der Vorschriften liegen die Vorarbeiten zugrunde, die sih in dem Entwurf eines Einfühcungsgesetzes zum Allgemeinen Deutschen Strasgeseübu und zum Straf- vollzugsgeseß befinden. Fnsoweit kommt die amtliche Be- gründung zum Entwurf des Einführungsgeseßes vom Fahre 1929 und 1930 ergänzend in Betracht.

Zu den einzelnen Vorschriften ist folgendes zu bemerken:

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Aenderungdes Gerichtsverfassungsge eßes, ZU S Ba. Zuständigkeit des Einzelrichters.

Nach §25 Abs. 1 Nr. 2c und § 26 des Gerichts- verfassungsgeseßes kann die Staatsanwaltschaft bei Vergehen und bestimmten Verbrechen die Zuständigkeit des Amtsrichters an Stelle des Schöffengerichts begründen, indem sie einen entsprechenden Antrag stellt. Es ist erwünscht, daß die Ab- urteilung gefährlicher Verbrecher und grundsäblih auch die Anordnung von Maßregeln der Sicherung und Besserung nicht durch den Einzelrichter, sondern durch ein Kollegial- gericht erfolgt. Daher sieht der Entwurf vor, daß die Staats- anwaltschaft den Antrag auf Aburteilung durch den Einzel- richter nicht stellen soll, wenn die Strafschärfung für gefähr- liche Getwohnheitsverbrecher, die Anordnung dexr Unterbrin- gung in einex Heil- oder Pflegeanstalt, Trinkerheilanstalt oder Entziehungsanstalt, der Sicherungsverwahrung, dex Entmannung oder die Untersagung dex Berufsausübung zu erwarten - ist. Fs nur die Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem Arbeitshaus oder die Zulassung der Neichsverweisung zu erwarten, so soll dies, entsprechend der Regelung des geltenden Rechts, der Aburteilung der Sache durxh den Einzelrichter nicht ‘entgegenstehen. Die Strafen und Maßregeln dex Sicherung und Besserung, auf die der Einzelrichter überhaupt nicht- erkennen darf, sind in § 270 der Strafprozeßordnung zusammengestellt,

ZUS Ma Ausflug der Dessen heit

___§ 171 ermöglicht hon bisher den Aus\s{hluß der Oeffents- - lichkeit bei Klagen wegen Anfechtung oder Wiederaufhebung der Entmündigung einer Person wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche. Die Gründe, die in diesen Fällen den Aus- {luß der Oeffentlichkeit rechtfertigen, treffen auchZu, wenn es sih um die Unterbringung eines Zurechnungsunsähigen oder vermindert Zurechnungsfähigen in einer Heil- oder Pflege- anstalt handelt. Der Entwurf ermächtigt daher das Gericht, den Ausschluß der Oeffentlichkeit ohne nähere Begründung anzuordnen, wenn das Verfahren die Unterbringung des Be- schuldigten in einex Heil- oder Pflegeanstalt neben einex Strafe oder ausshließlich zum Gegenstand hat. Für die Ent- mannung bedarf es einer entsprechenden Vorschrift nicht, da hier shon auf Grund des § 172 wegen Gefährdung der Sittlichkeit die Oeffentlichkeit ausgeschlossen werden kann.

Axtitel 2 _ Aenderung der Strafprozeßordnung, Zu § 5a. Sachliche Zuständigkeit für Straf- sahen gegen gefährlihe Gewohnhettssck

verbrechex. Jnfolge der Strafschärfung für gefährliche Gewohnheits- verbrecher wird jedes Vergehen, auf das die Voraussetzungen des § 20a des Strafgeseßbuchs zutreffen, ein Verbrechen; für jede Tat, die schon ohnedies ein Verbrechen is, wird Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren angedroht. Dies würde eine Verschicbung der sachlichen Zuständigkeit nach sich ziehen. U einer solchen Verschiebung der Zuständigkeit besteht kein Grund, abgesehen von der durch Artikel 1 bezweckten Aus- schaltung des Einzelrichters. Dex Entwurf sieht daher vor, daß die sachliche Zuständigkeit der Gerichte durch die Straf- schärfung für gefährlihe Gewohnheitsverbrecher nicht be- rührt wird.

Zw s 80a. Anhörung von Sachverständigen.

Für die Anordnung der Unterbringung in einex Heil- oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt oder Entziehungs- anstalt und der Entmannung kommt dem Gutachten des sachverständigen Arztes große Bedeutung zu. Die Vorschrift des § 8a will die gründliche Vorbereitung des Gutachtens hon im Vorverfahren sichern, /

ZU § 81. Beobachtung dés Geisteszustandes. Durch die Aenderung des § 81 wird die Unterbringung des Beschuldigten in einer Heil- odex Pflegeanstalt zux Vor- bereitung eines Gutachtens übex seinen Geisteszustand nicht nur, wie bisher, nah der Erhebung der öffentlichen lage, sondern auch \{hon im Lauf des Ermittlungsverfahrens zu- gelassen. Diese Erweiterung des geltenden Rechts ist. not- wendig, weil die Untersuchung des Beschuldigteit auf seinen Geisteszustand infolge der Einführung der Maßregeln der Sicherung und Besserung in der gerichtlichen Praxis noch von größerer Bedeutung sein wird als bisher und weil vermieden werden soll, daß in sonst einfach liegenden Sachen lediglich deshalb di? Eröffnung der Boruntersuchung beantragt

Gesebes auf Ueberweisung an die Landespolizeibehs i eleyes e ( „die Landespolizeibehörde nicht mehr erkannt werden darf. Jst auf diese Maßnahme jedo

iverden muß, um die Beobachtung des Beschuldigten in einer

ZU S 8La. Köôrperliche Untersuchung,

: Die körperliche Untersuchung des Beschuldigten und di Vornahme von körperlichen Eingriffen zu Untersuchungs zwecken werden in den Verfahren, die die Unterbringung B Beschuldigten in einer Heil- oder Pflegeanstalt, einer Trink heilanstalt oder Entziehungsanstalt oder seine Entmanuyx, zum Gegenstand haben, A notwendig sein. Jm L Sl iverden hierüber Vorschri ten gegeben: Ke sollen die bishe Uber die Zulässigkeit derartiger Untersuchungsmaßnahmey bestehenden Zweifel beseitigen. Sie haben auch Bedeutu; sür andere Strafverfahren, i werden soll, ob aus der Beschaffenheit des Körpers auf dis Begehung ciner strafbaren Handlung oder aus dem Ergebnis einer Blutuntersuchung auf êinen Rauschzustand des V, shuldigten geschlossen werden kann. |

Weg des inneren Zusammenhangs empfiehlt es sih hierbei auch die Frage zu regeln, unter welchen Voraus sezungen bei Personen, die nicht Beschuldigte sind, ein körperliche Untersuchung zulässig ist. 8 81 a läßt eine dey artige Untersuchung nur in solchen Fallen zu, in denen sid im JFnteresse der Strafrechtspflege unbedingt geboten is namlich dann, wenn festgestellt werden muß, ob sih an Körper dieser Personen eine bestimmte Spur oder Folge einey strafbaren Handlung befindet. Bei Beschuldigten hingegen darf die Untersuchung zur Feststellung aller Tatsachen ans geordnet werden, die für das Verfahren von Bedeutun sind Die Zuständigkeit für die Anordnung ist dieselbe wie bei de S S e der Durchsuchung.

Daß bei der körperlichen Untersuchung einer Frau di Forderungen der Schieklichkeit zu hs sind Und die a suchung in solchen Fällen unter Umständen einem Arzt über: tragen werden muß, bedarf keiner besonderen Betonung.

x ZU S8 Erkennungsdienst.

Der Erkennungsdienst ist im ‘Kam egen das Veyr- brechertum von besonderer GaS S a L für, va stimmte Maßnahmen, die den Erkennungsdienst ermöglichen sollen, eine geseßliche Grundlage, um jeden Zweifel an ihrer Zulässigkeit zu beseitigen.

ZU § 113. Untersuchungshaft.

__ Die Aenderung ist notwendig, weil im Strafgeseßbuh die Ueberweisung an die Landespolizeibehörde durch die An- ordnung, den Beschuldigten im Arbeitshaus unterzubringen erseßt wird. i

GUSI2Ca Cn Pei ae Me gg. Die Untersuchungshaft dient ausschließlich der Sicherung eines Verfahrens, in dem gegen den Beschuldigten auf Strafe erkannt werden soll. Sie darf nur angeordnet werden, wenn dringende Verdachtsgründe gegen den Beschuldigten vor- handen sind und außerdem Flucht- oder Verdunkelungsgefahr besteht. Für den mit der Unterbringung ‘des Beschuldigten in einer Heil- odex Pflegeanstalt verfolgten Zweck reiht die Untersuchungshaft als Sicherungsmittel nicht aus. Zunächst darf die Untexsuchungshaft nicht angeordnet werden, wenn der Beschuldigte zurechnungsunfähig ist, da dann der drin gende Verdacht -ciner strafbaren Handlung mangels Zu- rechnungsfähigkeit nicht vorliegt. Ferner scheidet sie aus, wenn die Verwahrung des Beschuldigten schon vox der rechts: kräftigen Anordnung seiner Unterbringung“ in- einex Heils oder Pflegeanstalt zwar aus Gründen der öffentlichen Sichkr- heit erforderlich ist, aber weder Flucht- noch Verdunkelü1gs- gefahr besteht. Um diefe offensihtlichen Mängel zu beheben und um die sofortige Unterbringung verbrecherischer Geistes- kranker zu ermöglichen, führt der Entwuxf als besondere Maßnahme die einstweilige Unterbringung des Beschuldigten ein. Sie soll dann zulässig sein, wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, daß die- Anordnung der Unter- bringung des Beschuldigten: in einex Heil- oder Pflegeanstalt bevorsteht und daß die öffentliche Sicherheit die sofortige Ver- wahrung des Beschuldigten erfordert.

Die Vorschriften über das Verfahren bei der Unter- suchungshaft und ihren Vollzug mit Ausnahme derjenigen über die Sicherheitsleistung gelten für die einstweilige Unter- bringung entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Hast: befehls der Unterbringungsbefehl, an die Stelle des Ver- hafteten der Untergebrachte. Die Anordnung isst auch im Vorverfahren zulässig.

Zu den §F 127 bis 129. Vorläufige Festnahme. __Die Aenderungen bezwecken, die Staatsanwaltschaft und die Polizei- und Sicherheitsbeamten zur vorläufigen Fest- nahme des Beschuldigten auch dann zu ermächtigen, wenn zwar nicht die Vorausseßungen eines Haftbefehls, aber die eines Unterbringungsbefehls vorliegen und Gefahr im Ver-

zug ist.

Bu S l Seb Les __Da es notwendig is}, gemeingefährliche Geisteskrauke, die eine Straftat begangen haben, mit allen Mitteln der sichernden Unterbringung zuzuführen, läßt § 131 die \tedck- brieflihe Verfolgung des Beschuldigten auch dann zu, wenn ein Unterbringungsbefehl exlassen worden ift.

Zu den 88 140, 145. Notwendige Verteidigung ___ Die Unterbringung in einer Heil- odex Pflegeanstalt, die Sicherungsverwahrung, die Entmannung und die Unter- sagung der Berufsausübung bedeuten für den Beschuldigten einen nicht minder shweren Eingriff ïn seine Persönlichkeits- phäre wie eine langjährige Freiheitsstrafe. Dex Entwurf ieht daher vor, daß der Beschuldigte einen Verteidiger haben muß, wenn die Anordnung einer solchen Maßregel zu er- warten ist. Kommt die Strafschärfung für gefährliche Ge- wohnheitsverbreher in Frage, so muß dem Beschuldigten auf seinen Antrag oder den seines geseßlichen Vertreters ein Verteidiger {hon nah § 140 Abs. 3 bestellt werden, da dann die Tat nicht nux wegen Rükfalls, sondern auch wegen der besonderen Eigenschaften des Täters ein Verbrechen ist. Die Aenderung des § 145 sichert dem Angeklagten die Bestellung einer Verteidigers auch in den Fällen, in denen sih erst im Lauf der: Hauptverhandlung die Notwendigkeit der Verteidigung ergibt. Zu § 148, Verkehr mit dem Verteidige. „Die Vorschrift stellt den einstweilig Untergebrachte! hinsichtlih des Verkehrs mit dem Verteidiger dem verhafteten Beschuldigten gleich.

ZU § 149, Beisbän de. Bisher wird der geseßliche Vertreter eines Beschuldigten exst in der Hauptverhandlung als Beistand zugelassen. Da das Strafgeseßbuch gegen Zurechnungsunfähige künftig dit

Entmannung vorsieht und der geseßliche Vertreter zux sah

Heil- odex Pflegeanstalt zu ermöglichen.

gemäßen Verteidigung des Beschuldigten in solchen Verfahrel

wenn beispielsweise festgeste[F

Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt und dic

Neichs8-

jesonders berufen ist, ist es erwünscht, den geseßlichen Ver- treter als Beistand schon nah der Einreichung der Anklage- shrift zuzulassen. Eine entsprehende Regelung sieht der Ent- purf für den Ehemann einer Angeschuldigten vor.

Da im vorbereitenden Verfahren die Staatsanwaltschaft err des Verfahrens ist, wird zugleich bestimmt, daß in piesem Verfahrensabschnitt die Zulassung solcher Beistände dem Ermessen dexr Staatsanwaltschaft unterliegt.

ZU den S5 164 154a. Absechen von dex Ex- ebun Ver En tliGen Nag

Die im Entwurf vorgesehene Regelung trägt der Ein- führung der Maßregelw der Sicherung und Besserung ßehnung. Jm § 154 a Abs. 3 wird die Staatsanwaltschaft außerdem ermächtigt, von der Erhebung der öffentlihen Klage auh dann abzusehen, wenn dex Beschuldigte auf Grund eines Strafurteils aus dem Reichsgebiet verwiesen wird. Häufig wird kein Fnteresse daran bestehen, vor dem Vollzug der Reissverweisung noch ein Strafverfahren gegen den Be- huldigten durchzuführen und dadurch die Ausweisung zu verzögern.

ZU §- 160; ExrmktttlumgSverfährén.

Der Entwurf zieht aus der Einführung der Maßregeln der Sicherung und Besserung die notwendigen Folgen für den Umfang dex Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Zu S 207 Fot auer der Unt Uh ga L

Der Entwurf sieht vor, daß das Gericht bei dex Eröff- nung des Hauptverfahrens von Amts wegen auch über die Anordnung oder die Fortdauex der einstweiligen Unter- hringung zu entscheiden hat.

ZU S 283a. HaUptvoerhaundlung in.Ab-

wesenheit des Angeklagten.

Die Verhängung von Maßregeln der Sicherung und Besserung seßt eine eingehende Prüfung der Persönlichkeit des Beschuldigten voraus. Es ist dahex angezeigt, die Ver- hangung dieser Maßregeln auszuschließen, wenn das Ge-= richt infolge Abwesenheit des Angeklagten sich keinen persön- lihen Eindruck von ihm bilden konnte. Von diesem Grund- sat soll nux eine Ausnahme gelten, wenn die Anwesenheit des Beschuldigten im Sicherungsverfahren wegen seines Zu- standes oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht möglich ist (vgl. §429 c StPO.).

Zu S 2469 Beweis v 0e ch Lift

Die Vorschrift hängt mit § 80 a zusammen und soll die Mitwirkung eines arztlichen Sachverständigen in den Ver- fahren sicherstellen, die die Unterbringung des Beschuldigten in einer Heil- oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt odex Entziehungsanstalt oder seine Entmannung zum Gegen=- stand haben.

Dele 5:-260. F uh. alt dex Urteil szfo cam el,

Im Abs. 1 des §260 wird klargestellt, daß die An= ordnung vdex Zulassung von Maßregeln der Sicherung und Besserung in dex Uxrteilsformel, die Ablehnung einex solchen Maßregel in den Urteilsgründen- auszusprechen ist.

_FüLr die Tragweite dex Untersagung der Berufsaus- übuitg ist es von “emts{eidender Bedeutung, wie der Beruf, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung unter= sagt wird, abgegrenzt wird. Funsbesondere ist dies wichtig für die Berufe, deren Tätigkeitsbereih nicht wie beim Arzt oder Rechtsanwalt geseßlich bestimmt ist. Der Abs. 2 des 8 260 will daher sicherstellen, daß das Gericht diese Ab- grenzung in der Urteilsformel vornimmt, damit Zweifel über die Tragweite des Urteils, die eine* besondere Ent-=- scheidung des Gerichts nah § 458 StPO. erforderlich machen würden, möglichst vermieden werden.

U S263 Slim Ene Lal tits.

Für die Entscheidung über Maßregeln dexr Sicherung und Besserung wird das gleiche Stimmenverhältnis wie für die Entscheidung über Schuldfrage- und Strafbemessung vor=- gesehen. Zugleich wird klargestellt, daß zur Strafbemessung auch- die Anordnung einer Nebenstrafe odex Nebenfolge gehört.

Zit S 260 BVoLrteiditgung des Angela g ren

Nach der neuen Fassung des § 265 Abs. 2 hat das Ge- richt den Angeklagten auch dann auf die Veränderung der Rechtslage hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung zu geben, wenn sich erst in der Hauptverhandlung Umstände ergeben, die die Anordnung oder Zulassung einer Maßregel dexr Sicherung und Besserung: rechtfertigen.

Zu § 267. Urxteilsgründe. Die Vorschrift ist infolge der Einführung der Maßregeln dex Sicherung und Besserung geboten.

Zu §270. Unzuständigkeitdes8Einzelrichters.

Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit § 26 a: GVG.; sie bezweckt, Strafverfahren, die beim Einzelrichter anhängig sind, vorx das Schöffengericht oder vox ein sonst zuständiges Gericht höherer Ordnung zu bringen, wenn besonders ein- schneidende Maßnahmen der Verbrechensbekämpfung ange- wandt werden sollen.

HZU6S. 299, Rechts miäitte l. Die Aenderung ist erforderlich, weil der nicht auf freiem FUß befindliche Beschuldigte, der eine Erklärung über Rechts- mittel abgeben will, auch in einer anderen Anstalt als in einem Gefängnis verwahrt sein kann. Qu d0nS8 8057910. ReGtL mittel der Bes \schwerde und dex weiteren Beschwerde. Durch die Aenderung soll erreicht werden, daß Entschei- dungen über die einstweilige Unterbringung ebenso der Be- schwerde unterliegen wie Entscheidungen über die Verhaftung.

U B04 Dey eor allo In PelA

Der in § 331 für die Strafe ausgesprochene Grundsatz des Verbots der reformatio in pejus fann nicht Play greifen, wenn es sich um die Unterbringung des Angeklagten in einex Heil- oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt handelt. Diese Maßnahmen dienen nicht nur dem Schuß dèx öffentlichen Sicherheit, sie sind auch Heil- maßnahmen für den Verurteilten. Es wäre verfehlt, wenn das Berufungegericht durch eine verfahrensrechtliche Vor- chrift an einer solchèn notwendigen Anordnung dadurch ge- hindert würde, daß die Staatsanwaltschaft zugunsten des Ver-

und Staatsanzeiger Nr. 277 vom 27, Nor nber 1933. S.

BUS98, Revision,

Dem in § 331 Abs. 2 ausgesprochenen Gedanken muß auch bei dem Rechtsmittel der Revisión Geltung verschafft werden,

ZU § 359, Wiederaufnahme des Verfahrens. Die Wiederaufnahme des Verfahrens aus den in § 359 Abs. 1 Nr. 5 gènannten Gründen muß zugunsten des Ver- urteilten auch dann zugelassen werden, wenn sich ergibt, daß das Gericht eine Tat oder eine frühere Verurteilung, auf die eine Maßregel der Sicherung und Besserung gegründet wor- den ist, mit Unrecht festgestellt hat. Fs\t die Maßregel neben einer Strafe exkannt und werden durch die unrichtige Fest- stellung auch die Grundlagen des Strafausspruchs erschüttert, so würde sich die Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Ver- fahrens allerdings schon aus § 359 Abs. 1 Nr. 5 ergeben. Es bedarf aber einer besonderen Vorschrift für die Fälle, in denen der Strafausspruh von der unrichtigen. Feststellung nicht berührt wird oder in denen die Maßregel neben einem Freispruch oder selbständig angeordnet worden ist. Die Zu- lassung der Reichsverweisung bedurfte in diesem Zusammen- hang keiner Erwähnung, da das Gericht die Reichsverweisung nur neben einer Strafe zulassen kann und da die Reichsver- weisung im übrigen als reine Ermessensentscheidung für si allein wie sih aus den folgenden Bemerkungen ergibt im Wiederaufnahmeverfahren nicht angegriffen werden kann.

U 2 3863. AUs\GlUß dex Wtederaunfnahme des Verfahrens.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens zum Zweck der Aenderung der Strafe innerhalb des durch dasselbe Gesetz be- stimmten Strafmaßes findet nah der bisherigen Fassung des S 363 nicht statt. Diesem Gedanken entspricht es, die Wieder- aufnahme des Verfahrens auh nicht zu dem Zweck zuzu- lassen, eine Aenderung der Entscheidung über Maßregeln der Sicherung und Besserung auf Grund desselben Strafgeseßes herbeizuführen. Die neue Fassung des § 363 Abs. 1 bringt dies zum Ausdruck. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist hiernah niht zulässig, um etwa die Untersagung der Berufsausübung auf eine kürzere als die vom Gericht fest- geseßte Dauer zu beschränken oder um die in jeder Anord- nung einer Maßregel der Sicherung und Besserung liegende Ermessensentscheidung des Richters etwa mit der Be- gründung anzugreifen, daß der Verurteilte troß der fest- gestellten Taten oder Verurteilungen niht gefährlih ge- wesen sei.

Als ein anderes Geseh im Sinne des §8 363 Abs. 1 if niht nur jede Vorschrift anzusehen, die einen selbständigen strafrechtlihen Tatbestand bestimmt, sondern auch jede Vor- chrift, die gewisse die Strafbarkeit erhöhende oder ver- mindernde Tatumstände vorsiecht. Ein die Strafbarkeit ver- mindernder Tatumstand ist nach § 51 Abs. 2, § 58 Abs. 2 des StGB. auch „die verminderte Zurechnungsfähigkeit. Hiernach könnte an sich die Wiederaufnabme des Verfahrens unter den _ geseßlichen Vorausseßungen mit der Begründung begeht werden, daß das Gericht den Verurteilten irrtümlich nicht als vermindert zurechnungsfähig angesehen und die Strafe mit Unrecht nicht gemildert habe. Das will der Ent- wurf unterbinden. Es wäre zu. befürchten, daß die Gerichte mit Anträgen geistig Minderwertiger übershwemmt würden, denen das Gericht die verminderte Zurechnungsfähigkeit nicht zugebilligt hat und die versuchen würden, unter Berufung auf neue ärztliche Gutachten eine Strafmilderung zu er- reichen. Der Kus\s{hluß eines Wiederaufnahmeverfahrens in diesen Fällen ist um so mehr gerehtfertigt, als die Straf- milderung wegen verminderter Zurehnungsfähigkeit nicht bindend vorgeschrieben ist, sondern im Ermessen des Richters steht, die Arbeiten und Kosten eines Wiederaufnahmever- fahrens daher in vielen Fällen zu einem fraglichen Erfolge aufgewendet würden, Wird Strafmilderung von einem Verurteilten mit Grund begehrt, so kann sie ihm im Weg der Gnade gewährt werden.

Zu § 371. Entscheidung imWiederaufnahmese- verfahren.

Die Vorschrift stellt klar, wie im Wiederaufnahmever- fahren die Entscheidung des Gerichts lautct, wenn in dem aufgehobenen Urteil auf eine Maßregel der Sicherung und Besserung selbständig oder neben einem Freispruh erkannt worden ist.

Zu S A Voerhol dex reformatilo if pejus.

Die Vorschrift verschafft dem für die Berufung und die Revision ausgesprochenen Gedanken einer Einschvänkung des Verbots der reformatio in pejus (S 331 Abs. 2, § 358) auch für die Wiederaufnahme des Verfahrens Geltung.

Zu 8 384, Privatklag e.

Maßregeln der Sicherung und Besserung werden im öffentlihen Fnteresse verhängt. Mit diesem Grund- gedanken wäre es nicht vereinbar, wenn auf solche Maßregeln in einem Privatklageverfahren erkannt würde. Steht die Anordnung oder Zulassung derartiger Maßregeln in Frage, so ist es Aufgabe der Staatsanivaltschaft, die Klage zu er- heben oder die Verfolgung zu übernehmen.

Zu § 407. Strafbefeh l. Die Vorschrift stellt klar, daß auf Maßregeln der Siche- rung und Besserung in einem Strafbefehl nicht erkannt werden darf, diese Maßregeln nur auf Grund einer Hauptverhandlung, in der sih das Gericht einen persönlichen Eindruck von dem Täter bilden kann, verhängt werden sollen. Zu 8 429a. SichexrungsverfahvLen. Die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt und die Entmannung können auch gegen Zurehnungsunfähige er- kannt werden. Das geltende Strafprozeßrecht sieht die Mög- lichkeit, über die Tat eines Zurehnungsunfähigen in der Hauptverhandlung zu entscheiden, nur vor, wenn sich die Zu- rehnungsunfähigkeit erst nah der Eröffnung des Hauptver- fahrens herausstellt. Ergibt sih die Zurehnungsunfähigkeit schon im vorbereitenden Verfahren, so muß die Staats- autvaltschaft das Strafverfahren einstellen. Bejaht das Ge- richt die Zurechnungsunfähigkfeit schon vor der Eröffnung des Hauptverfahrens, so muß es die Eröffnung des Hauptver- fahrens ablehnen. Dieser Zustand war so lange erträglich, als sich die Aufgabe der Gerichte darauf beschränkte, einen Schuldigen für seine Tat zu bestrafen. Mit der Einführung der Maßregeln der Sicherung und Besserung verändert sich die Lage von Grund auf, der Strafrichter hat nunmehx das

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Sinne des Strafrechts ist. Es bedarf daher der Einführung eines besonderen Verfahrens, in dem gegen Zurehnungs- unfähige auf die Unterbringung in einex Heil- oder Pflege=- anstalt auch dann erkannt werden fann, wenn sich die Zus rechnungsunfähigkeit hon vor der Eröffnung des Haupt= verfahrens ergibt oder wenn sie von vornherein unzweifel- haft ist. Der Entwurf führt zu diesem Zweck das Sichecungs= verfahren ein. Die Staatsanwaltschaft kann dieses Verfahren ein=- leiten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Be-= shuldigte eine mit Strafe bedrohte Handlung im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen hat und wenn si Rücksicht auf die Zurechnungsunfähigkeit das Strafverfah nicht einleitet oder nicht weiterführen fann. Hat die Staats= anwaltschaft zunächst das Strafverfahren. eingeleitet, das Ge riht aber wegen der Zurehnungsunfähigkeit des Angeschul- digten die Eroffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, so kann sie gleihwohl das Sicherungsverfahren durchführen. § 211 StPO. steht dem nicht entgegen. Wie weiter unten ausgeführt wird, steht die Einleitung des Sicherungsverfahrens im Ermessen der Staatsantwwalt=- schaft. Es ist selbstverständlich, daß von diesem Ermessen nux dann Gebrauch zu machen ist, wenn erheblihe Gründe ge=- rade eine gerichtliche Aufklärung des Falles und gerichtlid Sicherungsmaßnahmen “erforderlich machen. Die -S anwaltschaft wixd z. B. die Unterbringung des Täters einer Heil- oder Pflegeanstalt dann nicht der Polizei über- lassen, wenn es sih um eine besonders s{chwere Tat handelt, die in der Oeffentlichkeit Aufsehen erregt hat. ZU § 429þh. Grund\ähe für das Sihexrungs- verfahren. Füx das Sicherungsverfahren gelten sinngemäß die Vor- riften über . das Strafverfahren, wobei der Antrag der offentlichen Klage gleihsteht, Das Gericht hat demnach über die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden. Nach der sinngemaß anzuwendenden Vorschrift des § 203 ift das Hauptverfahren zu eröffnen, wenn der Beschuldigte einer mit Strafe bedrohten Handlung, wegen der ‘die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt angeordnet werden kann, hin=- reichend verdächtig erscheint. Es folgt dann die Hauptver- handlung, in dex durxh Urteil die Maßregel anzuordnen oder der Antrag auf Anordnung der Maßregel abzulehnen oder das Verfahren einzustellen is. Das Urteil unterliegt den ge- wöhnlichen Rechtsmitteln.

Der Grundsagz, daß für das Sicherungsverfahren orschriften über das Strafverfahren sinngemäß gelten, leidet eine Reihe von Ausnahmen. Für das Sicherungsver fahren gilt das Opportunitätsprinzip. Die Einleitung d Sicherungsverfahrens steht hiernach, wie schon erwähnt, im Ermessen der Staatsanwaltschaft. Ferner ist bestimmt,

im Urteil nicht auf Freisprehung, sondern auf Ableh

des Antrags zu erxfennen is, wenn das nicht für begründet hält. Endlich ist

gründen für das Sicherungsverfahren di für zuständig exrflärt, wenn für

: ht oder. das Oberlaudes( dex das Schwurgericht zuständig wäre. Der Schriftsaß, in dem die Staatsanwaltschaft den Antrag beim Gericht stellt,

wird als Antrag ex muß den Erforder-

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in erster

ift bezeichnet;

andeln in Abwesenheit des

Beschuldigten.

Ver

“nissen dex Anfklageschrist entsprechen. h

Zu S 429€.

Die Beachtung des Grundsates, daß nur in Anwesenheit des Angeklagten verhandelt werden kann, kann bei Der Haupts verhandlung gegen Geistesfranke zu Schwierigkeiten fuhren, wenn der Zustand des Geisteskranken seine Anwesenheit vor Gericht nicht zuläßt. Der Entwurf sieht daher vor, daß 1m Sicherungsversahren gegen Geistesfkranke ohne den Beschul- digten verhandelt werden kann, wenn sein Erscheinen wegen seines Zustandes unmöglih oder aus Gründen der öffent lichen Sicherheit oder Ordnung unangebracht ist. Die Bor chrift, die als Ausnahmevorschrift anzusehen ist, trisst vor allem die Fälle, in denen der Geisteskranke in einem Er- regungszustand anderen gefährlich werden fann; sie ist auch anwendbar, wenn die mit einer Hauptverhandlung verbun=- dene Aufregung das Leiden des Beschuldigten verschlimmern würde. Um dem Gericht, das den Beschuldigten überhaupt nicht zu Gesicht bekommt, wenigstens mittelbar einen Eins druck von seiner Persönlichkeit zu geben, bestimmt der Abs. 2, daß der Beschuldigte in solchen Fällen vor der Hauptverhand- lung von einem Mitglied des Gerichts unter Zuziehung eines Sachverständigen zu vernehmen ist. Ï

‘Hat das Gericht den Beschuldigten in der Hauptverhand- lung zur Sache vernommen, so kann von seiner weiteren An- wesenheit shon dann abgesehen werden, wenn die Rücksicht auf seinen Zustand es erfordert oder wenn eine ordnungs mäßige Durchführung der Hauptverhandlung sonst nicht m0og- lih ist. Ju diesem Falle bedarf es der Vernehmung des Be- shuldigten in einem besonderen Termin nicht, da das Gericht in der Hauptverhandlung Gelegenheit gehabt hat, si einen persönlichen Eindruck von dem Beschuldigten zu bilden. Das Gericht wird von der Möglichkeit, zeitweije in Abwesenheit des Beschuldigten zu verhandeln, insbesondere dann Gebrauch machen können, wenn der Beschuldigte in der Hauptverhand- lung übermäßig erregt wird oder von der Teilnahme an ges wissen Abschnitten der Hauptverhandlung gesundheitliche Nachs teile davontragen würde.

Zu 429d. Ueberleitung des Sicherungsvers fahrens in das Strafverfahren. ;

Hat die Staatsantwaltschaft das Sicherungsverfahren eingeleitet, hält aber das Gericht entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft den Beschuldigten für zurechnungs}fa9g, so ist das weitere Verfahren verschieden, e nachdem, ob das Gericht auch für das Strafverfahren zuständig ist oder nicht. Da der Antrag im Sicherungsverfahren der öffentlichen Klage gleichsteht und das Gericht nah Z 155 Abs. 2 StPT . bei Mie wendung des Strafgeseßes an die gestellten Anträge der Staatsanwaltschaft nicht gebunden ist, kann das Gericht auf Grund des im Sicherungsverfahren gestellten Antrages uh das gewöhnliche Hauptverfahren eröffnen, wenn es den Bes \chuldigten für zurechnungsfähig hält. Fst aber fur das Straf verfahren das Reichsgericht oder das QhetlandetgeriGti in erster Jnstanz oder das Schwurgericht zuständig, so fehlt der mit dem Sicherungsverfahren befaßten großen Strafkammer die Zuständigkeit für das Strafverfahren; ste muß n diesem Fall. nah § 209 Abs. 1 StPO.- verfahren. Js das Haupts verfahren bereits eröffnet, so spricht das Gericht in der Haupt- verhandlung durch Beschluß seine Unzuständigkeit aus und verweist die Sache entsprechend den im § 270 aufgeführten

urteilten odex daß nux der Veruxrteilte Berufung eingelegt hat.

Recht, auch da einzugreifen, wo der Tätex nicht schuldig im

Grundsäßen an das zuständige Gericht.