1883 / 102 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 May 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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Stimmzetteln u. \. w. beanstandet worden.

der Reichsbehörden, und insbesondere Seitens der sächsischen

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 102.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 2. Mai. Jm weiteren Ver- saufe der gestrigen (76.) Sizung des Reichstags juhm das Haus die weiteren Berichte der Wahlprüfungs- hmmission entgegen.

Die Wahl des Abg. Dr. von Schwarze (IV. Sawhsen) war n der Wahlprüfungskommission wegen verschiedener Unregel- zßigkeiten, namentlih ungeseßlicher Belästigung resp. Ver- hastung von Stimmzettelvertheilern, Konsiskationen von

Der Abg. Liebknet benußte die Prüfung dieser Wahl zu Klagen über die Aussührung des Sozialistengeseßes Seitens

Polizeiorgane. Bei der vorliegenden Wahl, deren Einzelheiten tr genau kenne, da er dem Abg. von Schwarze als Gegen- fandidat gegenüber gestanden habe, seien geradezu unerhörte Uebergrifse der Polizei vorgekommen; man habe die Wahlversammlungen der Sozialdemokraten auf alle Beise hintertrieben, die Vertheilung sozialdemokrati- x Stimmzettel vielfah unmöglich gemacht. Die Wahl habe der Polizei au zu zahlreihen Verhaftungen von Vur\omen Veranlassung gegeben wegen angebliher Verstöße gen W Sozialistengesezg. Die von den Verhasteten ver- büßte Unlersüulzungshaft betrage, die einzelnen Fälle zusammen- gerechnet, 3882 Tage; außerdem sei von den Gerichten aus Veranlassung der Wahl gegen Sozialdemokraten auf insge- sammt 2 Jahre und 2 Monate Gefängniß exkannt worden. Er selbst müsse sofort nah S@luß der Session zwei Monate Gefängniß verbüßen, und do sei die Ursache dieser Bestrafung, eine von ihm in einer Wahlversammlung gethane Aeußerung, nit eiwa s{limmer, als diejenige, wegen deren der Abg. Mommsen freigesprochen sei. Die Vorkommnisse bei den leßten

Berlin, Mittwoch, den 2. Mai

hier an den Reichstagsverhandlungen theilzunehmen. Ein Be- amter, welcher einen Abgeordneten auf solher Reise aufhalte,

wie es in Kiel geshehen, begehe eine Verfassungsverleßung, welche unter §. 106 bezw. §. 339 des Strafgeseßbuchs falle. Wenn er die Erhebung der öffentlichen Klage gegen die be- treffenden Beamten verlange, so geshehe dies nur, um die verfassungsmäßigen Rechte des Hauses zu wahren. Der Reichstag, der dem Reichskanzler behülflich gewesen sei, als dieser einen stärkeren Schuß der geheiliagten Person des Schußmanns sür nöthig gehalten habe, sollte nun wirklih dur Annahme seines (des Redners) Antrages zeigen, daß der- selbe au gesonnen sei, seine eigene Integrität gegen Uebergriffe der in Deutschland jeyt allmälhtigen Polizei kräftig zu süßen. Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, da diese Angelegenheit nicht so einfa liege, beantrage er, den Antrag Kayser mit dem Schreiben des Reichskanzlers der Geschäst8ordnungs- kommission zu überweisen. Diese möge prüfen, ob die gegen die fozialdemokratishen Abgeordneten ergriffenen Maßregeln ulässig gewesen seien, und wenn es nicht der Fall gewesen a, ob gegen irgend welche Personen eingeschritten werden müsse. Daß die Kommission diese Sache {nell erledigen werde, dafür bürge die Rücksiht, die jeder Abgeordnete zu ver- [langen habe. h ;

Der Abg. Frohme erklärte fi{ch mit dem Antrag Windt- horst ‘einverstanden. Bei seiner Verhaftung sei seiner Be- merkung, er reise zum Reichstag und dürfe nit aufgehalten werden, der Einwand entgegengeseßt, er hätte erst im Moment der Verhestung den deutschen Boden betreten ; später habe er gehört, er sei verhaftet, um den nahkommenden Genossen keine Nachricht geben zu können. Die Bestimmung, daß ein Abge- ordneter, auf frisher That ertappt, arretirt „werden dürfe, passe nickt auf seinen Fall, wo aus den bei ihm gesuhten Schriftstücken u. \. w. erst ein Vergehen habe konstruirt werden

Reichêtagêwahlen seien sür Sachsen ein SchandfleŒ. Redner wünschte sodann ein \{nelleres Verfahren bei den Wahl- prüfungen. Junerhalb sech3 Monaten spätestens nah Zusammentritt des Reichstages müßten alle Wahlen geprüft sein. Bei dem jeßigen langsamen modus procedendi in der Kommission würden die Wahlprüfungen zu einer Farce. Mit der Beanstandung der Wahl des Abg. von Schwarze sei er einverstanden.

Der Abg. v. Köller erklärte, wenn der Vorredner der Wahl- prüfungskommission zu langfames . Arbeiten vorgeworfen

sollen. Von dem Einwand, daß er während der Vertagung arretirt werden dürfte, sei ihm in Kiel nichts gesagt, dies scheine überhaupt nur ein Verlegenheitsgrund der Re ierung zu sein, wie ihm deren ganzes Verhalten ihr Bewußtsein da- von zu dokumentiren cheine, daß bei seiner Verhaftung die Verfassung verleßt sei. Er sei überzeugt, daß die Kom- mission zu einem ihm erwünschten Resultat kommen werde.

Der Antrog wurde fast einstimmig der Geschästeordnungs- kommission überwiesen.

Es folgte die Berathung folgenden Antrags des Abg.

habe, jo sei dieser Vorwurf durchaus unberehtigt. Die Kommission habe alle Beshwerden und Proteste eingehend geprüst ; es liege an der Unübersichtlihkeit und dem Umfange gerade der sozialdemokratishen Proteste, wenn die Kommission troß angestrengter Arbeit bezüglich der Wahl des Abg. von Schwarze nit früher zu einem Beshluß gekommen sei.

Auch die Abgg. Frhr. von Heereman (Vorsigender der Wakblprüfungékommission), Wölfel und Günther (Sachsen) nahmen die Wahlprüfungskommisfion gegen die Beschuldi- gung zu langsamen Arbeitens in s

Der Abg. Günther (Sachsen) bedauerte außerdem, daß tein sächsishes Bundesrathämitglied anwesend sei, um die An- griffe des Abg. Liebknecht gegen die Königlih sächsishen Be- hörden gebührend abzuweisen.

Der Abg. Liebknecht erklärte darauf, er habe der Wahl- prüfungzkommisszon durhaus keinen Vorwurf machen wollen, und protestire dagegen energisch. Er könne den Fleiß und die Unparteilichkeit der Kommissionsmitglieder nur anerkennen, und sei fern davon, diesen hochahtbaren Männern Jnsulten zu sagen. Ec habe nur ein abgekürztes Verfahren für Wahl- prüfungen verlangt. :

Das Haus trat dem Antrage seiner Kommission bei, und beanstandete die Wahl des Abg. Dr. von Schwarze. Die Wahl des Abg. Smidt (11. Düsseldorf) wurde ohne Debatte nah dem Antrage der Kommission beanstandet, und die Wahl des Abg. Grasen von Kwilecki (2 Posen) für gültig erklärt.

Es olgte die Berathung des Antrages der Abgg. Kayser

und Vebtnecht wegen Einleitung eines Strafver-

fahrens gegen VPolizeibeamte, welhe Abgeordnete gewaltsam verhindert hätten, an den Berathungen und Gai des Reichstags theilzunehmen. Derselbe Der Reichstag wolle : den Herrn Reichskanzler acsuforter, die Polizeibeamten, welGe in Kiel die und Frohme entgegen dem Artikel 31 hafteten und sie so gewaltsam verhinderten, an den Berathungen und Beschlußfassungen des Reichst theilzunehmen, das Straf- verfahren wegen Verlegung der whlagenden Bestimmungen des Reihs-Strafgesezbuces eingeleitet werde. Von dem Resultat des Verfahrens ift dem Reichstag \{leunigst Mittheilung zu machen. Der Abg. Kayser befürwortete seinen Antrag. Es scheine, als ob die Regierung in der leßten Zeit geradezu ema tis

zu veranlaffen, daß gegen Abgeordneten von Vollmar der Reichsverfafsung ver-

Ridckert und Gen. : Der Reichstag wolle bes{ließen : die Kommission, welher der Krankenkafsen- und Unfallver- fe et zur Vorberathung überwiesen ist, zu er-

dem Plenum über die grundlegenden §8. 1 bis 14 des Unfall- versicherungs-Geseßentwurfs baldigst und vor der Durchberathung der übrigen Paragraphen Bericht zu erstatten.

Hierzu lag ein Aritrag des Abg. Dr. Buhl vor, au über die §8. 33 (Umlageverfahren) und 97 und 98 (Zahlung der Renten dur die Pos) vorab Bericht zu verlangen.

Der Abg. Rickert befürwortete seinen Antrag. Der Abg. Windthorst habe gestern und er danke demselben dafür zugestanden, daß sein Antrag heute berathen werde, da si dann zeigen würde, daß derselbe nicht so s{limm sei, wie er scheine. Wem sei denn der Antrag so sch{li:am erschienen? Der Abg. Windthorst müsse in den leßten Tagen und wahrscheinli aus anderen Ursachen viel die „Kreuz- Zeitung“ gelesen haben. Diese habe allerdings dem Antrage eine ganz eigenthümliche Bedeutung gegeben. Als die Botschaft erschienen fei, habe die konservative Presse gejubelt, und darin einen S&lag gegen die Liberalen gesehen, von dem sie sih nit erholen würden. Man habe die Liberalen verleumdet, als ob sie der Berathung der sozialpolitishen Vorlagen alle erdenklichen Hindernisse in den Weg legen wollten, Nachdem der Abg. Nichter hier, und er im Abgeordnetenhause für die Beschleunigung der Unfallversiherungsvorlage eingetreten seien, da habe wiederum die konservative Presse die Linke an- gegriffen, und als er gar diesen Antrag hier eingebracht habe, da erst recht. Die Liberalen könnten eben machen was fie wollten, angegriffen würden fie immer. Er sei der Meinung, daß das Mittel, den neuen Etat jegzt in die Berathung der sozialpolitishen Fragen hineinzuschieben, kein geeignetes sei, um die Berathungen zu beshleunigen. Wie viel könne denn dabei erspart werden? Der Etat habe bisher nicht 13 volle Sizungen gebraucht, in diesem Jahr ausnahmsweise wegen der Frage der zweijährigen Etatsperiode etwas länger. Könne denn eine solhe furze Zeit in das Gewicht fallen? Diese 14 Tage könnte man doch sehr leiht einbringen, wenn man fie jeßt noch auf das Unfallversicherungsgeseß verwende. Das Ziel der Kaiserlihen Botschaft sei das leßtere, und dann die weiteren sozialpolitishen Vorlagen. Berathen werde das Haus ja au den neuen Etat, aber es werde sehr bald klar

gegen den Parlamentarismus vor; ehe, da habe der Reichstag um so mehr Veranlassung, sein Ret auf das Entschiedenste gegen alle Uebergriffe zu wahren. Deshalb hoffe er auf An- nahme seines Antrages. Der Reichstag müsse es unbedingt durdseßen, daß alle seine Mitglieder während der Dauer der Session vollkommen ungestört ihren parlamentarischen Ver- ngen nachkommen könnten; Polizeiorgane dürften sie

Van unter keinen Umständen verhindern. Wenn von der Regierung gesagt sei, man habe die Abgeordneten Frohme und 101 Vollmar im Verdacht hochverrätherisher Handlungen ge- 5 so begreife er nit, wie man den Sozialdemokraten die mmgeit zutrauen könne, daß fie auf einem großen Kongreß

C th berathen würden. Der Kongreß in Kopenhagen É au nit international, sondern nur eine Parteiversamm- dees gewesen. Wenn ein Mitglied des Centrums während n S Cor Aa ges Rom mae, 0 tue / mit demjelben Reht wegen Verdachtes - verrätherisher Konspirationen mit der römischen Centralgewalt

werden, daß man den Etat niht richtig feststellen könne, es fehlten die nothwendigen Abschlüsse in Betreff des Ueber- {usses der Zölle und Verbrauchssteuern, die Kenntniß der Ernte. Den Etat jeßt festzustellen halte er für sahwidrig, es würde zu einer finanziellen Schädigung des Reichs und der Einzelstaaten sühren ; es würde in mehreren Hauptposten nur eine falfulatorishe Arbeit sein. Werde man denn aber in der nächsten Session die Zeit frei haben ? Die Etatsüberschreitungen und die Rehnungen würden ebenso gut Arbeit und Diskussion veranlassen wie der Etat, sie würden dann mehr in den Vordergrund treten. Außerdem würden dur Nachtrags-Etats Korrekturen vorgenommen werden müssen. Sein Antrag sei nichts, als was derselbe seinem Wortlaut nah besage: die Liberalen seien bereit so schnell als mögli in die Berathung des "Unfallversiherungsgeseßzes einzutreten. Seine Partei wölle aus dem Gebiet der Hoffnungen und Wünsche heraus, und ausführbare Vorlagen haben. Sein Antrag habe kein

Mißtrauen gegen die Kommission. Die diplomatischen Kräfte

verhaften. Ebenso unbegründet sei die fernere Behauptung | könnten es freilich nicht verstehen, wenn andere Leute auf & Siena, die Sistirung vop während der Sertcgnd dem einfachsten Vi natürlichsten Wege vorgingen. Jm jétages stattgefunden, als ob es nicht sogar den Schaff- | Diplomatisiren sei seine Partei dem Centrum nicht gewachsen. liien die die Sozialdemokraten auf ihre ikatten reisen | Ob das Centrum oder der Reichskanzler die Palme verdiene, cen, bekannt wäre, daß der Reichstag fi heut noch in der | werde si ja bald zeigen. Seine Partei habe nicht die Sehn- is vor einem Viare begonnenen n befinde. Die bei- | sucht, mitzuringen in diesem Wettkampf. Der einfachste, dneten seien auf der Reise na Berlin gewesen, um | klarsie und direkteste Weg fei seiner Partei der liebste. Würde

Lt nitt

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die Kommission selbst in dem Sinne seiner Partei vor- gehen, wäre er ja zufrieden. Er wolle noch in dieser Session eine Entscheidung des Plenums, welches

doch anders zusammengeseßt sei, als die Kommis- sion, über die Hauptparagraphen des Geseßzes, dam die Regierung, wenn, wie er annehme, die Regie-

rungsvorlage in einigen Hauptpunkten nicht angenommen und verändert werde, bis zum Herbst auf Grund der Beschlüsse die Vorlage umarbeiten könne. Andernfalls gehe dem Hause vielleiht die ganze nähste Session verloren. Er wolle shon jezt Auskunft, ob die Reichsregierung an der Bedingung des Reichszuschusses festhalte? Der Reichszuschuß sei gegen eine kleine Zahl von Stimmen früher verworfen. Derselbe werde es wieder werden. Hielten die Bundesregierungen an der dreizehnwöchentlichen Karenzzeit fes? Auch auf diese könne der Reichstag nicit eingehen; das wäre eine Mehrbelastung der Arbeiter, statt einer Erleichterung. Halte die Regierung an dem fomplizirten System der Gefahrenklassen und der Betriebsgenossenschaft fest? Ueber alles das habe die Regierung keinen Aufschluß gegeben. Man brauche, solle die Vorlage beschleunigt werden, baldigst darüber ein Votum des Hauses, und eine Erklärung der Re- gierung und zwar. hier vor dem Lande, damit es volle Klarheit über die Wege und Absichten derselben erhalte. Die Liberalen seien bereit, zu diesem Zweck gern das Opfer einer Fortsezung der Arbeiten zu bringen. Die Botschaft stelle für die nächste Session auch die Jnvaliden- und Alters- versorgungsfassen in Ausficht. Das Haus habe das größte: Interesse daran, sobald als möglih darüber näheren Anf- {luß zu erhalten. Die Motive des Unfallversicherungëgeseßes von 1881 erklärten hierzu die Arbeit eines Menschenalters für nöthig. Es fehle noch das Verbindungsglied. Handele s si bei der in Aussicht gestellten Vorlage um die von seiner Partei seit lange gewünschten Normativbestimmungen über diese Kassen oder um die Einrichtung allgemeiner obligato- rischer Jnvaliden- und Altersversorgungskassen. Er könne das leßtere kaum annehmen, da es si um eins der s{hwie- rigsten und tief eingreifendsten Probleme handele. Seine Partei sei bereit, mit aller Kraft Bestrebungen zu unterstüßen, wélche auf die Förderung des Wohls der arbeitenden Klassen gerichtet seien. Aber das Maß der Verantwortlithkeit wachse mit dem Maß der Schwierigkeiten, welhe sh auf diesem Gebiete zeigten. Nach seiner Ueberzeugung wäre keine

Gefahr größer als die, daß Hoffnungen und Wünsche erweckt würden, die nicht in Erfüllung gebraht werden könnten, wenn man an die realen Verhältnisse herantrete. Es sei die Pflicht der Liberalen, Alles daran ‘zu segen, um baldigst volle Klar- heit über die Absichten der undesregierungen und die Aus- führbarkeit derselben herbeizuführen. Er bitte daher, seinen Antrag anzunehmen.

_ Der Abg. von Kardorff erklärte, der Abg. Rickert habe nur wiederholt, was der Abg Richter früher klarer, präziser und besser gesagt habe. Derselbe wolle zeigen, daß seine (des Abg. Rickert) Partei ebenso liberal und entschieden vorgehe, wie die Fort- schrittspartei, um dies bei den Wahlen gebrauchen zu können. Es sei bezeichnend, daß der Ton, den die Abgg. Richter und Rickert früher der Botschast gegenüber angeschlagen hätten, unter dem Eindruck, den dieselbe allgemein im Lande gemacht habe, vollständig geshwunden sei. Der Eifer der Liberalen, das Unfallgeseß jeßt zu erledigen, sei um so anerkennenêwerther, als dasselbe wohl nit

in ihrem Sinne zur Erledigung kommen werde. Es sei ein altes Wort: „Man suche Keinen hinter der Thür, wenn man nit selbst dahinter gefteckt habe.“ So könne au ér, indem

die Liberalen der Botschaft blos die Absicht untershöben, der

Kanzler wolle 11/z Jahre ohne Reichstag regieren, niht umhin, auch dem Antrage des Abg. Rickert andere Motive unter- zuschieben, als derselbe angebe. Die Liberalen wollten nämlih vor dem Lande den Schein erwecken, als hätten sie den großen Eifer für die sozialpolitischen Geseße, und als seien die Kon- servativen das Hinderniß derselben. Wenn das Haus nah dem Antrage Rickert verfahren wollte, würde das Resultat sein, daß das Haus weder Budget noch Unfallgeseßz erledigen werde, was freilich dem Abg. Rickert sehr angenehm wäre. Dem Einwand gegenüber, die jeßige Berathung des Etats habe nur den Zwedck, 11/5 Jahre ohne ihstag zu regieren, weise er auf den Wortlaut der Kaiserlichen Botschast hin, welche eine Einberufung des Reichstages im Herbst in Aussicht stelle, zurück. Wenn der Abg. Rickert keine shwerer wiegenden Gründe gegen die zweijährigen Etats habe, als die heute vorgebrachten, dann seien dessen Gründe sehr s{hwach. Die von dem Abg. Rickert für zu ho gehaltenen Matrikularbeiträge hätte derselbe ja gerin- ger in Vorschlag bringen können, und er glaube wohl, daß die Mehrheit sie genehmigt hätte. Recht gebe er dem Abg. Rickert darin, daß es hier mehr darauf ankomme, die Rechnun- gen zu prüfen, als den Etat zu berathen. Er sei ju dieser Meinung dur die vielen Etatsüberschreitungen gekommen s der Etat selbst trete viel zu sehr zurück gegen die bei seiner Berathung vorgebrachten allgemeinen Landesklagen und Kirchthurmsbeshwerden. Es sei nicht richtig, daß die Abgg. Richter und Rickert die richtigen Jnterpreten der Kaiserlichen Botschaft seien, sondern er sehe als solche weit eher die Ne- gierung an. Wenn auc die jezige Berathung des Etats Nachtragsetats u. #. w. nöthig machen sollte, “so werde das do weniger Zeit kosten, als die Berathung des ganzen Etats, und dieser Gewinn komme der Berathung des Unfall: geseßes zu Gute. Er sei niht der Meinung, die erst kürzlich auf der Linken ausgesprohen sei, daß die Sozialdemokratie nur eine Folge dessen sei, daß man anstatt der freien Kassen Zwangsorganisationen errichtet habe; das könne ja mitgewirkt haben, zum großen Theil aber habe die Sozialdemokratie ihre Wurzel auf dem Gebi ouf dem das Unfallgeseß sich as und dies werde diese Wurzeln vernichten. Er hoffe, daß die Konservativen zusammen mit den Nationalliberalen und dew' Centrum diese Gesehgebung zum Abschluß bringen werden. Er sehe ja, daß Mitglieder aller Fraktionen L R Ende energisch helfen würden, und - namentlih dem rum danke er seine Hülfe dabei. Der Abg. Niert werde freilich wieder agen, er

wolle ein poli- tisches Geschäft mit dem Centrum machen, wie der Abg.