1919 / 266 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 Nov 1919 18:00:01 GMT) scan diff

rber ganz, daß dicser Artikel H nur gegen einen Bericht des Wolffshen Telegraphenbüros wendi.t, d ls unyvoll!oimmen und entsteut bezeichnet wird. Die Ausführungen des Herrn Tirard liegen mir hier im Wortlaut zweier französisher Zeitungen, «Le Temps“ und „Petit Parisien*, vor. Die Aus1ührungen sind in beiden Zeitungen offenbar im wesentlihen wörtlich wiedergegeben. Es

handelt sih in dem einen Falle niht um eine gelegentliche Aeußerung oder um ein Interview, jondern ganz zweifellos um eine sehr wohl vorbereitete programmatishe Rede, die nicht aus d.m Handgelenk heraus gehalten worden ist, auch nicht bei irgend ciner beliebigen Gelegenheit, sondern bei dem Festessen zu Ehren des Herrn Tirard anläßlich seiner Verab'chiedung nah dem YNheinlande. In dem Augenblick, in welchem er als Vorsißender dec hohen Kommission in die Nheinlande entsandt wurde, traten Vertreter bedeutungs8voller Orgaxrisationen zu dem festlihen Arlaß zusammen, bei dem er die wohl vorbereitete Nede gehalten hat.

Außerdem aber können wir uns, ganz abgesehen ven C des Herrn Tirard, doch auch auf Tatsachen stüßen, (sehr richtig!) auf Tatsachen, die beweisen, wie die Franzosea ihre Aufgabe am Rhein auffassen. Jch brauche nur zu betonen, daß augenblicklich schon eine ershreckende Zahl von Fällen von Beschwerden über Abseßungen von Verwaltungsbeamten durch die Franzoien vorliegen, und zwar nicht etwa nur von Beamten in leitenden Stellen, sondern die Franzosen haben sich auch nicht gescheut, Büros auszuheben und cinen erheb- lichen Teil des Büroper]onals aus den Kreisen, wo es ihnen gefiel, zu entfernen. Das sind doch Uebergriffe, die wir uns unmöglich ge- fallen lassen können.

Was ist denn der Sinn der vom Abgeordneten Nofenfeld er- wähnten Tirardshen Ausführungen über die Aufnahme der Wirt- \chaftsbeziechungen zwischen Deutschland und Entente. Die Aufnahme der wirtschaftlien Beziehungen sollen nah Tirard die Sections économiques dienen, bei denen-er „das Piestige des Soldaten nit missen will, um die französischen Interessen zu sichern“. Das scheint wörtlih von ihm gesagt zu sein. Und er sagt an einer anderen Stelle, daß da, wo die Zivilgewalt nicht ausreicht, die militärische Macht ausgenußt werden müsse, um die Pläne der Franzosen durch- zusehen.

Meine Damen und Herren, ih glaube, daß nah diesen Auéfüh- rungen des Herrn Tirard gar kein Zweifel darüber bestehen kann, was die Franzosen am Nhein beabsichtigen; und es ist nicht nur das Recht, sondern die verdammte Pflicht und Schuldigkeit der VoUsver- tretung und der Negierung, gegen solche 1ranzöfishen Anmaßungen offenen Protest zu erheben. (Lebhafter Beifall.)

Herr Abgeordneter Nosenfeld warf mir vor, daß ih nicht von der Internationale geredet hätte. Das siimmt. Es gibt ja Leute- die in jeder Nede immer dasselbe sagen. (Sehr richtig!) Ich kann mir aber vorstellen, daß man in einer Rede auch einmal etwas anderes sagt. Gerade bei dieser Gelegenheit von der Internationale zu reden, wo es sih doch ganz deutlich gezeigt bat, daß drübcn die Kreise, die international gesinnt sind, entweder machtlos oder willenlos find halte ich für völlig unangebraht. Gewiß wünchen aud) wir friedlibe internationale Beziehungen; aber, meine «Damen und Herren, höter als die Juternationale steht uns doch und muß uns stehen die Wahrung der Jutercssen tes preußischen und des deut1chen

VPoltes. (Sehr rictig!) Dacum handelt cs sich in diesem Augenblid.

Damit {ließt die Besprechung.

Das Haus seßt die Beratung des Haushalts der preußishen Regierung und der dazu gestellten Anträge und Anfragen fort.

Minister für Wissenschaft, Kunst und Bolksbüldung, Haeni | ch: Meine Damen und Herren! In der Dobattle der leßten Tage ist mehrfach der Umstand erörtert worden, daß sich an den politischen Kundgebungen der vorigen Woche auch Schüler und Schülerinnen der versciedensten Lehranstalten Groß Berlins in beträchtlihen Massen beteiligt baben, und ih bin von einer Reihe von Rednern gefragt worden, ob mir diese Vorgänge bekannt seien, und was ih unter- nommen hätte oder zu unternchmen gedächte, um ähnliche Vorgänge für die Zukunft unmöglih zu machen. Jch möchte mich houte nicht auf eine allgemeine grund\äßlihe Erörterung der Frage der politi- \{chen Betätigung der Schuljugend und der politischen Schülerbünde einlassen; ih möchte insbesondere auch heute nicht aus- führlih über die Stellung der Regierung gum deutschnationalen Jugendbund reden. (Hört, hört! bei der Unabhängigen fozialdemoPkrati- schen Partei.) Darüber haben wir uns sehr ausführlich bei den Be- vatungen des Kultusetats im Hauptausschuß unterhalten, und wenn, wie gu boffen ist, der Kultusetat in einigen Wochen aus dem Aus- \ckchuß beraus und wieder an das Plenum kommen wird man soll die Hoffnung niemals aufgeben —, dann bin ich gern bereit, mich au bier im Plenum nochmals ausführlih über die Siellung der Negierung zu den politischen Jugendorganisationen und zu der politi- schen Betätigung der Schüler überhaupt zu äußern. Die heutige Debatte aber möchte ih nicht mit einer Tangen Erörterung über alle diese Dinge belasten, sondern ih will mich darauf beschränken, ganz kurz die Tatsachen anzuführen, die die bitherige Untersuchung über die Vorgänge der leßten Woche ergeben ‘hat. Ferner will ich Ihnen in aller Kürze mitteilen, was ih auf Grund dieser Untersuhung bisher veranlaßt habe.

Bereit cem vorigen Dennerstad abend, als im Kultusministerium die ersten Meldungen darüber einliefen, daß die Berliner Schul- jugend in größerem Umfang an den politischen Kundgebungen vor dem Reich3tag und im Tiergarten beteiligt war, habe ih mi sofort mit zwei Direktoren, die mir genannt waren, durch den Fernsprecher in Verbindung geseht und die ersten Feststellungen getroffen. Am folgenden Tag, am Freitag, hat dann das Provinzialschulkollegium œuf Anordnung des Ministeriums die telephonisch herbeigerufenen Direktoren, Müller vom Fichtegymnasium und Leonhardt von der Goetheshule in Berlin-Wilmersdorf, amtlich vernommen. Auf Grund dieser Vernehmungen habe 1ch gegen den Direktor Leonhardt das Disziplinarverfahren eingeleitet und seine sofortige Suspendierung vom Amte verfügt,

Da nach Zeitungsnachrichten aud Schüler und Schülerinnen anderer Schulen an diesen Kundgebungen betsiligt gewesen sind, fo ist das Provinzialshulkollegium des weiteren angewiesen worden, s{leunigst von sämtlichen Direktoren und Nektoren aller Berliner Schulen ausführlichen Bericht einzufordern, inwieweit Schüler und Mchülerinnen ihrer Anstalt an den Demonstrationen diesen Tage teil-

ommen haben, und inwieweit sie hierbei von der Schule niht / ein Mann wie Hindenburg für lle Zeiten cin leubtendes Vorbild ¡f

: » Ñ L i A R d Á H: j Li s E Eu TY TUT aut Darin cin ÆeudTtentes YSororid t S ire afi B ah E DEE Ie Ee | und sein soll, ein Vorbild der Selbstverleugnung und der aufopfern- E de E Tatjachen, die diese UntersuGung fördern Zönate, | den Psldttreue. Ein solches Beispiel s{lickter, vornehmer Solbft- Hn id dankbar. S E A : 5 losigkeii und mens{Tier Größe hat uns Hindenburg insbesondere Sollte sich bei dieser UntersuEung herauéstellen, daß noch weitere | na6 dem Zusammenbruh Deutschlands in den Tagen der Revolution

Q ror evt Le

oder Schulleiter ihre Pflicht, die Jugend vom politischen Kampf fernzuhalten, verlegt haben, \o wird die Unterrichts- verwaltung mitallenihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen sie vorgehen. Zur Begründung des Vorgehens gegen den Direktor Leonhardt möchte 1ch Jhnen aus den bisherigen Feststellungen kurz folgendes mitteilen, Am Donnerstag, den 13, November 1919 erschien kurz nah 8 Uhr bei dem Direktor ein ihm als Mitglied des deutsch- nationalen Jugendbundes Hhekannter Obersekundaner seiner Anstalt mit der Bitte um Urlaub für die Mitglieder des genannten Bundes zum Zwee einer Huldigung für den Generalfeldmarshall von Hinden- burg unter der Angabe, daß die Bundesleitung des deutshnationalen Jugendbundes die Mitglieder auf 84 Uhr zum Wittenbergplaß be- hätte. (Hört, hört! links.)

stellt Í Der Direktor ließ darauf - den Schuldiener in fsämtlihen Klassen bis zur Quarta herab ansagen, p S

daß eine derartige Huldigung geplant fei. links.) Er nannt

(Lebbaftes Hört, hört! e aber dabei nit den deutshnationalen Jugendbund als Urheber (erneutes Hört, hört! links) und stellte allen Schülern die Beteiligung frei. Von dieser Erlaubnis machte die überwiegende Mehrheit der Schüler Gebrau; sie wurde auf Anordnung des Direktors von einem älteren Schüler ge\s{lossen zum Wittenbergplay geführt. Lohrer der Anstalt beteiligten sih mickt.

Für die Frage, ob auf diesen dur die Ausfage- des Direktors selbst festgestellten Sacwverhalt hin das förmlice Disziplinarverfahren einzuleiten sei, war es unerheblid, ob dem Direktor bekannt war, daß bereits die Huldigung für Hindenburg am voraufgegangenen Mitt - w o ch zu Scbmähungen auf die Regierung und die bestehende Staats- form geführt ‘hatte. Für die Einleitung des Verfahrens genügte fol- gende Erwägung: Troßdem es geleugnet wird, verfolgt der deutsch- nationale Jugendbund zweifellos ausgesprochen politische Ziele. Dies ist dem Direktor bekannt oder müßte ihm doc bekannt sein. ist auch bekannt, daß im Interesse einer gedeiblihen und ruh Unterweisung der Jugend die Politik von der Schule unbedingt zuhalten ist. (Sehr richtig!) Das ist von mir öffentli wiederh in nachdrüclichster Weise ausgespreben worden. Demnach dur Herr Leonhardt Schüler, deren Zugehörigkeit zum deuts&nationalen Jugendbund ihm bekannt war, nit vom Unterricht befreien, damit sie sich an einer Kundgebung beteiligten, von der der Direktor sich sagen mußte, daß sie unabhängig von ührem nächsten Zweck unzweifel-

haft den weiteren Zweck auch einer parteipolitschen Demon-

«= chÍr

stration verfolge. Noch weniger war er befugt, den anderen Schülern die Beteiligung an dem Zuge nahezulegen. Ersckwerend

fommt hinzu, daß der Direktor es den anderen Schülern verschwieg,

das geplante Unternehmen auf eine Anregung des Deutsch= nationalen Jugendbundes zurückgehe. Jm übrigen aber mußte si der Direkior sagen, daß es, ganz abgesehen von den Bestimmungen über “a

beiter, sondern für alle Volkskreise gilt; meine Damen und Herren (Unruhe rechts), und auf Grund dessen unan- gemeldete Sitraßenkundgebungen- ausdrüdlih verboten sind, in der heutigen, politis fo star? erregten Zeit unverantwortlid ift, Scbüler der Gefahr auszuseßen, Gegenstand von Angriffen Anders- dentender oder gar Dpfer ven Eingriffen der Sicherheitstruppen zu werden. (Hört Es isb fa: auckŒ dem Direktor bekannt daß s bei felten Anfammlungen, wenn es eiwa zu Scblägereien aekommen wäre zwischen andersdenkenden Arbeitern und den demonstrierenden Schülern, und dann die Sücherheitéwehr eingegriffen bätte, daß dann die Sicherheitéwehr keinerlei Gewähr dafür hätte übernehmen Fönnen, daß nicht aub zu Schaden gekommen wären. Unter diefen Umständen. war es von dem Direktor meiner Ansicht nad geradezu gewisfsenlTos, die Schüler derartigen \ckweren Gefahren auszu- setzen. (Sehr richtig! links.) Er ist au nicht darauf gekommen, die Schüler etwa felbst zu begleiten oder dur ältere Lehrer begleiten zu lassen; er hat sie vollig si selbst und ihrem Schicksal überlassen.

Meine verehrten Damen und Herren, ich will mib auf diese kurzen Feststellungen beschränken. Ganz allemein möchte ich nur ein Wort nocb hinzufügen.

Hätte es sib bei den Wundgebungebenf leßten Woche rit auSscließlid um vaterländisckche Kundgebungen

denen die Juxend und das ganze Volk von Berlin feiner Liebe und 5

bort!)

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Scbuler

B seiner Verehrung für Hindenburg bätte Ausdruck geben wollen, dann wäre i der lebte gewesen, der das bätte verbieten wollen. An einer olen Kundgebung diesem Manne gegenüber batte 1ch mich felbst mit Freuden beteiligt. (Abg. Adolph ‘Hoffmann: Heilmann au!) Jawohl, Heilmann höocbstwahrsceinlih aud!

(Hoiterkeit.)

Meine Damen und Herren, Hindenburg steht uns allen, steht aucch den Sozialdemokraten, \toht aub der Regierung viel zu boch da, als daß sie ihn in ein parteipolitisches Treiben hineinziehen lassen. möchte. Hindenburg, meine verehrten Damen und Herren (Zuruf), Sie fragen, wo das. parteipolitisde ‘Treiben war? Das partei- politische Treiben hatte si bereits am Mittwoch sehr deutli gezeigt bei der Begrüßung Hindenburgs am Bahnhef, als Schmährufe aus- gestoßen wurden auf die- Republik, ls Herckrufe auf das Kaiserreich ausgebracht wurden, als demonstrierb wurde gegen den Untersuchungs- aus\duß. Auch am Donnerstag und Freitag hat si der politische Charakter der Demonstrationen aufs deutltcste darin gezeigt, daß dic Kundgebungen ihre Spiße gegen den Untersuungsausschuß richteten, daß die Redner erklärten: wir lassen Hindenburg nit im den Reichs- tag hinein, wir lassen ihn nit vernebmen, usw. (Zuruf reckcht8.) „Da haben sie ganz recht", agen Sie. Das ist sehr bezeichnend. Ich will hier gar nit davon reden, daß ja niemand anders als Ludendorff es war, der die Vernehmung Hindenburgs vor dem Aus\huß ausdrücklich gefordert hat. Aber Sie werden mir jedenfalls zugeben, verehrter Herr Abgeordneter, daß dur folde Reden der parteipolitis{e, gegen den Bestand und gegen die Einrichtungen der deutschen Republik gerichtete Charakter der Kundgebung (Lachen rets) auf deutlickste erkennbar gemacht worden ist. (Zuruf reckts.) Nein, das steht nicht auf {wachen Füßen, sondern ist ganz klar. Hindenburg, meine verehrten Anwesenden, 1 ich wiederhole es ung allen viel zu groß dazu, als daß wir ihn in eine solche Kund- gebung, in einen solchen parteipolitishen Streit hineinziehen lassen wollen, Jh möchte hinzufügen, daß gerabde für die Jugend

gegeben. Hindenburg gehört dem ganzen Volke und nicht einer ein- zëlnen Partei. Insbesondere die ganze deutsche Jugend braüdbi sche Idealgestalten, die sie sh als Vorbild hinstellt, und ih wixder- hole: gerade ein Man wie Hindenburg i} in seiner s{lichten, ein- fahen Größe der Pflichterfüllung éine besonders wertvolle Ikdeal- gestalt für die deutsche Jugend. (Sehr richtig! vechts.) Um so ge- wisfenloser ist es aber von den Drahtziehern dieser Kuhd- gebungen gewesen, diesen Mann, diesen Namen für hre partei- politishen Zwede zu mißbrauchen. (Lebhafte Zustimmung bei der / rbeit. Widerspruch und Zukufe rechchts.) Jhren Zurufen auf

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e der rTechten Seite möchte ih entgegenhalten, daß fih die Regierung

Thnen in deutschem Empfinden und nationaler Gesinnung ‘übertreffen

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lasse; wir alle empfinden genau so deut f, genau so natiomwal ie, vhne deshalb inm Jhrem Parteisinne deutscchnational

u fem. (Lebhafte Zustimmung bei der Mehrheit.) Denn, meine )

wie Sie Damen und Herren, deutsch und national ist nicht glei ch- bedeutend mit reakttionär und monarchisti} ch1. (Lb- fte Zustimmung bei der Mebrheit.) Man kann ein guter Deutscher in, man fann aufs stärkste national empfinden ih tue ‘das und man kann dech mit beiden Beinen fest auf dem Boden der neuen deutschen Staatéortnung stehen. (Rufe Na, na! rets.) Jn diesem Sinne muß die deutscke and preußische Jugend erzogen wérden, Darauf hinzuarbeiten, is meine Pflicht. Darum werde ih nach wie vor mit aller gebotenen Schärfe gegen die Leute vorgehen, die nicht eutsch und national in gutem Sinne, sondern deutschnationail im Parteisinne sind und die Jugend, für diese ihre Parteizwecke miß- brauden. (Bravo bei den Sozialdemokraten.) Die Regierung, 1ns- besondere dic Unterrichtéverwaltung, hat keine Lust, sich von solchen deutshnationalen Drahtziehern, die sih nicht scheuen, die Jugend®vor ¡hren Parteiwagen zu spannen, künftig noch auf der Nase herumtangen zu lassen. (Lebhafter Beifall links und in der Mitte.)

Abg. Li mber h (Soz.): Die rehte Seite des Hauses gibt si die größte Mühe, die gemeinsame Arbeit der Koalitionsarbeit zu stören. Es wird ihr dies aber nicht gelingen.

T ha fei

(Fs ist aber unbedingt erwünscht, wenn die übrigen Parteien der Koalition sich bemühten, bei Abstimmungen die gemeinsamen Richtlinien innezuhalten., Heute besißt der Beamte ‘politische Freiheit, die er unter der früheren Ne- gierung nicht hatte... Ausdrücke wie Lum, Hochverräter, Schieber, wie sie sih noch in leßtér Zeit in der deutshnationalen Presse finden, müßten in Zukunft unterbleiben. Sie ersehen daraus, dak Sie (mach rets), sich am allerwenigsten über den {lechten Ton in der Presse beklagen sollten. Innerhalb der Schule darf keine Parteipolitik ge- trieben werden, außerhalb der Schule jedoch ist jeder Lehrer und jeder Schüler politish frei. Die Aufrechterhaltung des Belagerungs- zustandes ist solange notwendig, bis die Unabhängigen erklärt haben, von jeder Gewaltpolitik abzusehen und ihre Ziele auf [legalem Wege zu erreichen suchen. Die Behauptung, die Revolution habe an dem Busammenbruch des deutschen Volkes {uld, trifft nicht zu. Dev langjährige Krieg mit seinen Begleitersheinungen, die Bevorzugung der Offiziere den Soldaten gegenüber, nicht am wenigsten die Behand- lung der Mannschaften, haben den Zusammenbruch des militärischen Systems herbeigeführt. Aus dem Untersubungsaus\cuß ist jeßt er- si&tlid, daß Leute, wie Bethmann Hollweg, Zimmermagnn-z/Und Helfferich, ihre eigene Ueberzeugung den Militärs hinsichtlich des U-Boolfkrieges unterordnen mußten. Die Kriegsgewinnler stnd nicht nur Iuden, sondern sehr viele Direktoren der Schwerindustrie “und aub Dffizióre. Wir wollen die Demokratie gegen Anarifs2 von rech1s und links fibern und damit unserm Wirtschaftsleben auf die Beine helfen. Ein Zusammengehen mit den Unabhängigen it nur dann möglich, wenn diese ihre Zerstörungspolitik, die alles kaputschlägen will, aufgeben. Es ist interessant, daß während des Krieges der Ge- nosse Ludwig sich selbst an den Siegen des deutschen Heeres begeistert und dieser Begeisterung Ausdruck aegeben hat. (Allgemeine Heiter- Feit.) Im Falle eine Einigung zustande käme zwischen uns und: den Unabhängigen, würden Sie (nah links) auf die Mitarbeit des jeßt so sehr beshimpften Genossen verzichten wollen? Zu verurteilen * ist aber Ihre (na links) Politik in den Abstimmungsgebieten, in denen Sie Ihren Anhängern freigestellt haben, ob sie für Deutschland oder Polen stimmen wollen. UÜnrichtig. ist die Behauptung, daß unsere jeßige Regierung das Spißelwesen begünstigt. Sie sind nit in dev Lage, auch nur einen einzigen Fall nabzuweisen. (Widerspruch links.) Im übrigen möchte ih die Unabhängigen vor den Kommunisten éin- dringlich warnen. Viele Kommunisten sind gerade während des Krieges die aróßten Patrioten gewesen. (Sehr wahr!) Wir leugnen nit den Kassenkampf, aber wir wollen ihn nicht mit Handgranaien und Bomben, sondern wir wollen ihn auf legalem Wege. Wir meinen, daß dic Tätigkeit der Arbeiterräte in schr vielen Fällen segensreich war. In aufreibender Arbeit haben sie unermüdlih dafür acforgt, daß der Zusammenbruch nicht noch größer wurde und daß von Anfang an ein erträgliches Verhältnis mit den Verwaltungsbehörden bestand. Wenn man der Arbeiterbevölkerung keinen Einfluß auf die BVorrwcltumaëmaßnabmen einräumt, bal. der Lebensmittélbés{affuna und Verteilung, dann greift die Bevölkerung ließlich zur Selbst- hilfe. Es werden immer noch nit genügend Lebensmittel abgeliefert. Täten die Feststellunaëtemmissionen überall ihre volle Pflicht und Schuldigkeit, dann tände es besser mit uns, dann braucbte die Be- völterung in den Großstädten nicht Hunger au leiden. (Beifall;) Abg. Dr. Friedberg (Dem.) ist auf der Bühne nur bruckstück- weise zu verstehen. Gr polemisiert gegen die Abgg. Ludwig, Dr. Leidig und Professor Hock. Unsere Verhandlungen dürfen niht auf ein niedeves Niveau herabocdrückt werden. |Solanae die äußerste Linke daran festhält, daß es ihren Anhängern erlaubt sei, mit Waffengewalt ihre Theorien durdzusehen und daß derjenige, der der Gewalt “êben- falls Gewalt entgeaenseßt ‘ein Bluthund genannt wird, solange wétden wir nit zu einer Zusammenarbeit kommen. Es ist bei allen revolut!o- nären Bewegungen fo acwesen, daß die Angreifer immer die unscüldigen Gngael waren, während dieientgen, die gegen die Gewaltakte sth ver- teidiaten, als die Friedensstérer hinaestellt wurden. Abq. Ludwig hat acsagt die bürgerliden Parteien seien bei Ausbrub der -Revolution sehr fseinlaut amvesen. We-war Herr Ludwig: am Tage der Newvolu- tion? Ich babe nicht oehórt, daß er mit seiner Person in den -KÄmnpf eingegriffen bat. Herr Ludwig \cckeint zu glauben, daß der Räteaäedanke eiwas Neues sei, Das ist aber aar nickt der Fall. . Wohl elten. if cine fo große Ummwälung mit einem so verhältniêmäßiggeringen Auf- wand an Opfern in Deutschland durbgeführt worden wie in der Nevo- lution von 1918, (Sehr richtia!) Der Verwaltungsapparat muß nah Grundsäben der Parität und Gerectiqkeit gestaltet werden. Allerdings ist das parlamentaris%e System kostspielicer als andere. Heute-find olle Staaten der Welt an die tintérnationale Wirtschaft oobunden., Daher kommt es, däß beute ein Krieg, wenn er nicht unter allen Um- ständen vermieden wird, falls er vermieden werden kann, ein Ver- breden an der Menschheit ist. (Sehr richtig!)) Heute witd dur einen Krieg alles zerstört von Anfang bis zu Ende, Wenn' Frankreich diesen Krieg \o poltiio verloren ‘hätte wie wir, dann wäre Heuts nit méhr die Republik tin Frañkreih, sondern es hätte wieder des Königtum. “Die Aditation der Deutschnationalen “kann 16 - nit billigen, besonders die unter der gu gend. Die E “dev Deutschen mit der Monarchie sind [eider sehr"trauvig, Qaß- wir Pans

ncech kein Einheitsstaat sind, Selbstsubt der kleinen Monarchien. Es ist in Deutschland erst besser geworden, als die Hohen- zollèrn na und na einen Kompler von Ländern zusammenfoßten und radurch eine Tompaîte Macht \ckufen. Das ift der Ruhmestitel der Hohengollern, das wollen wir ibnen mckt vergessen. Gegen die Juden mögen mande Teilé“ tes Velltés eingenommen sein. “Diese Instinkte venuben: Sie (nab rebts) für ibre Parteiünterefsen. (Sehr rit!) Die Demokratie gleidt die Gegensäße aus. Auf der Grundlage der Demokratie. gedeiht Freibeit, Ordnung und Gerechtigkeit. (Beifall.) Hierauf wird ein Schlußantrag mit den Stimmen der drei Mehrheitsparteien angenommen. Gemeldet waren noch die Abgg. Herold (Zentr.), Leid (U. Soz.) und Stendel (D. V.).

An die Annahme des Schlußantrages knüpft sch eine Geschäftsordnungsdebatte, die über 84 Stunden in Anspruch nimmt.

Abg. Stendel (D: V.) bringt den seiner Meinung na un-:

1

T: I / uegti an Der

| erhórten Vorgang zur Spracke, daß bei der Aufstellung der Nedner-

liste eine Schiebung vorgenommen worden sei, und, daß er, derx in der ersen Nednerreibe überhaupt nit gemeldet war, willkürlich eingereibt worden sei; jeßt sei ihm durch einen Schlußantrag, der mit den Beschlüssen des Acltestenrats im \cärfsten Widerspru \tebe, überhaupt das Wort abgeschnitten, und er dadur der Mvalichkeit beraubt worden, Angriffe, nsbesondere gegen den demokratischen Ab- geordneten von Richthofen, zu richten, octmwotl die Demokraten von

| dieser seiner Absicht gewußt hätten. Die ‘Demokraten hätten aus } Angst vor der Wahrheit die Minderheit vergewaltigt.

Abg. Dr. Leidig (D. V.) stellt fest, daß seine Fraktion von der ‘Absicht, die Debatte zu \{chließen, nicht verständigt worden ist und daß, wenn das heutige Verfaren, das lèider {con einen Vor- gang gehabt habe, si wiederholen follte, die Beschlüsse des Aeltesten- rats nur noch bedeutungélose Redereien sein würden und als solche zu behandeln wären.

Präsident Leinert und der Abgeordnete Limberß (Soz.) als Schriftführer venvahren das Büro gegen den Vorwurf der Schiebung.

Abg. Lei d (U. Soz.) erhebt ebenfalls gegen den Schbluß der Debatte Widerspruch. Der Beschluß beweise wieder einmal, daß ncht Demokratie, sondern \{limm\ste Diktatur herrsche.

_Abg. Adolf Hoffmann (U. Soz.): Im Aeltestenrat sind zwei Rednerreihen beschlossen worden. Die zweite Reihe hätte nur. im Einverständnis aller Parteien abgebrochen werden dürfen. Der Schlußantrag i} ein Vertrauensbruch \cklimmster Art.

Aba. Heilmann (Soz.): _Der Abgeordnete Stendel hat uns mitgeteilt, daß er. {were Angriffe gegen die Demokraten erheben wollte. Er hat darauf bestanden, diese Angriffe zu einer Zeit zu erheben, wo ihm nicht mehr geantwortet werden konnte, Wer also in diesem Falle bemüht gewesen it, der Feststellung einer Wahrheit auszuweichen, scheint mir Tlarzuliegen.

__ Abg. Adolf Hoffmann (U. Soz.): Wenn kein Vertrauen in die Beschlüsse des Aeltestenrats geseßt werden kann, sind feine Ver- A U eine Komödie. (Der Präsident rügt diesen Ausdruck als unzulässig.

Abg. Lüdi ch (D, Nat.): Auch wir müssen uns nach diesen Vorgängen unsere Stellungnahme zu der Existenz des Aeltestenrats vorbohalten,

__ Auf Antrag des Abg. Siering (Soz.) wird die Geschäfts- ordnungsdebatte gegen die Stimmen der beiden Parteien der Rechten und der Unabhängigen Sozialdemokraten geschlossen.

N Ein Antrag Adolf Hoffmann auf Wiedereröffnung der Debatte wird mit derselben Mehrheit abgelehnt. Um 734 Uhr vertagt sich das Haus.

__ Nächste Sizung Donn erstag, 27. November 2 Uhr. (Förmliche Anfrage über das Friedbergsche Heilmittel; Bitt- schriften.)

Parlamentarische Nachrichten.

Der Entwurf eines Geseßes, betreffend Aenderung

des Geseßes vom 11. Dezember 1915 und der Ver- ordnung vom 21. September 1916,

ist nebst Begründung der deutschen Nationalversamm- lung zur Beschlußfassung zugegangen. Er lautet, wie folgt: Artikel 1. Jm § 1 des Gefeßes vom 11. Dezember 1915, betreffend Abänderung ‘des Geseßes über den Belagerungszustand vom 4. Junt 1851 (Neichs-G-seßbl. 1915 S. 813), und im § 1 der Be- kanntmachung über das Verfahren vor den außerordentlihen Kriegs- g?ribten bom 21. September 1916 (Reids-Gefeßbl. S. 1067} werden die Worte : „wenn der Krieaszustand vom Kaiser erklärt ist (Artikel 68 der Neichsverfassung)“ gestrichen. h E 2. Dieses Geseß tritt mit dem Tage der Verkündung Kraft.

In der beigegebenen Begründung wird ausgeführt:

Das Geseß vom 11. Dezember 1915 ist aus der Ueberzeugung erboraegangen, daß für zahlreide Fälle der Uebertretung der auf Grund des § 9h des Belagerungszustandsgesezes vom 4, Juni 1851 erlassenen Strafbestimmungen die danach allein

} zulässige Gefär:gnisstrafe den Forderungen der Billigkeit nit ent-

„V T. B.“ am 19. d. M. in Berlin gestorben.

spricht. Für bie auf Grund Landetrechts erlassenen Anordnunaen über Verhbängung des Belagerungs8zustandes lehnen vielfach die Ge- rihte die Anwendung des Geseßes vom 11. Dezember 1915 ab, weil die nah diesem Geseß erforderliche Voroussekung. daß der Kriegs- zustand vom Kaiser erklärt ift, nicht zutreffe. Die Folge ist die Ver- hängung von Gefängnisstrafen auch in den leichtesten Fällen. Es erscheint kternah erforderli, das Gefeß vom 11. Dezember 1915 auch auf die pane des landesrechtlichen Belagerung8zustands auszudehnen. Im Zusammenhange hiermit empfiehlt sich auch eine ent\prehende Aenderung der Verordnung vom 21. September 1916.

Der im Wahlkreis 31/32 zum Mitglied der Deutschen Natiop alversammlung gewählte Staatssekretär a. D. Gröber- Heilbronn, Vorsißender der Fraftion des Zentrums in der Nationalversammlung, ist vacch eirer Menn ven

er Herr NReichepräsident hat der Fraktion des Zentrums telegraphisch sein Beileid ausgesprochen.

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Statistik und Volkswirtschaft.

Arbeitsstretitigkeiten.

Nach einer Meldung von „W. T. B.* aus Halle a. d. S. ist das gesamte Fahrpersonal der Straßenbahn Halle Merseburg wegen Lohnforderungen ausständig. Der Be- irk b rußt.

__ Aus Cöln a. Rh. wird dem genannten Büro berichtet, daß die Arbeiter der Nheinuferbahn Cöln—Bonn am 18, d. M. in den Ausstand traten, so daß der Verkehr auf dieser Streke ruhte: das Fahrpersonal war an dem Ausstand nicht be- teligt. Dur Einigungsverhandlungen wurde gestern der Ausstand der Eisenbahnarbeiter beigelegt.

Der Ausstand der Bergarbeiter in den Rio Tintos«- Bergwerken is, wie dem „Reutershen Büro" aus Huelva Lêmeldet wird, beendet.

Aus Washington wird laut Mitteilung des Anifterdarner „Xelegraaf“ der „Times“ berichtet, aus allen Bergwerks-

miitelpunkten der Vereinigten Staaten von Amerika werde gemeldet, daß die Arbeiter sich weigern, die Arbeit wieder guf- zunehmen, bevor die Konferenz in Wasbingtoa ihre Forderungen bewilligt bai.

Neber die Zuckererzeugung der Welt

in den Iabren 1913/14 bis 1918/19 “wird in der Zeitschrift für trópiihe Landwirischaft „Der Trovenpflanzec“ eine vergleichende Vebersiht gegeben, näch der das Schwergewicht sich von Fahr zu Jahr tumec mehre zugunsten des Rohrzuckers vershiebt, ohne däß die Ge}amterzeugung der Welt sich wesentlich ändeazt. Sie betrug in Tonnen zu 20 Zentnern:

1913/14 1916/17 1917/18 1918/19 Nübenzucker . 88358000 4860000 4690000 4300000 Hobrzuder . 9 907 000 * 11 170000: 12290000-. 12 350 000 zusammen . 18745000 16030000 16950000 16650 00. Im einzelnen betrug die Erzeugung in Tonnen ::* | Rübenzu@er 1917/18 1918/19 DeUMlaid R e BODOVUO FSOOOOO Vesterreich init Böhmen, Ungarn . . 600 000) 700 000 r 200 000 110 000 L 75 0C0 100 000 D 19/930 200 000 Rußland mit Ukcaine, Polen . 1 030 000 700 000 andere ZgUToPallde Lander 2 S 489 900 463 000 GUTopa zam oe OOSEARO JOLOOO Vereinigte Staaten von Amerika und Kanada 725 000 675 000

zusammen . 4 689 83 4 298 000,

Nohrzudcker

Vereinigte Staaten von Amerika... . 1139720 i 187 260

Westindien mit Kuba. S4DL4RO 3 606 500 Briti] Westindien... 79.790 215 900 Ta M D S 193 800 303 000 Ea A a e a R 25 000 30 000 SULaNter a E. 687 550 951 000 Ameritä zusam O O20 6 293 660 S 5 633 900 Ó 180 000 U S 544 920 564 000 Ua 425 900 306 000 Europa (Spanien) . . .. ea 6 000 6 000

zu'ammen ¿s O ZOOUVOO. : 12049 G60.

Verkehrswesen.

Vor einer geladenen Hörerschaft, unter der namentlih die Presse stark verireten war, hielt am Vêontagabend der Direktor im MNeichs- postministerium Dr. Bredow in der Urania einen Vortrag über die drahtlose Telegraphie. Der Vortrag gab ein anshaulihes Bild sowohl von der gewaltigen Kulturarbeit, die das durch die geichqtlihe Entwicklung auf etnen bescheidenen Anteil an dem Welikadvelney b&chränkte Deutschland hon vor dem Kriege und namentlich auch während des Krieges auf diesem politi|ch und wirtschaftlichß gleih wichtigen Gebiete geleistet hat, wie von den

ungeheuren Schwierigkeiten, die England von Anfang an im Intercsse seiner ausschließlihen Herrschaft über den Weltnachrichtenveikehr den deutshen Bestrebungen bereitete.

Statistische Tafeln und Berkebrskarten, Bilder der Großstation Nauen und ein Ufa-Film, der den Weg eines drahtlosen Telegramms vom Absender bis zum Empfänger veranschaulicht, unterstüßten und belebten den Bortrag, an dem sich prakiische V rführungen der draht- losen Telegr: phie und Telephonie 'an}chlossen. Zum Schluß behandelte der Vortragende die Frage der Nußbarmachung der neuen V rkehrs- mittel für den Privatverkehr und tür die Presse und zeigte, daß zwar entgegen einer vielfa gehegten Annahme an eine wirksame Entlastung des VDrahtverkehrs unter den gegenwärtigen technischen Bedingungen niht zu denten ist, daß aber die Organijation eines Prefifunkdienstes namentlich angesihts der Fortschritte der drah1losen ¿ elephonie aus- sihtsreich erscheint. Der Vortrag wurde mit lebhaftem, dankbarem Beifall aufgenommen.

Zur BVerkehrslage im Nuhrrevier teilt „Wolffs Telegraphenvüro“ mit, daß die Eisenbahnverkehrsverhältnisse, die sich seit Beginn der Personenverkehrs\perre wesentlih günstiger gestaltet hatten, in der vorigen Woche zunächst einen großen Abtransport ge- statteten. Lom 14. November ab trat jedo) wieder ein merklichex Rückgang ein. Allmähliche Ueberfüllung der Bahnhöfe beeinträchtigten in zunehmenckem Maße die Wagengestellung, so daß dite Anordnung zum Abtrant port der Bestände auf einzelnen Zechen 1ückgängtg ge- macht und son wieder frische Förderung vom Lager genommen werden mußte. Seit dem Eintreten der stärkeren Kälte haben sich diese Schwierigkei!en wesentlich vershärfl. Unter der Einwirkung dieser Ver- hältnisse erfuhr au die Kipperleistung, die auf 22 600 t am 14. d. M. gestiegen war, am 15. d. M. einen neuen p1ôßlihen Nückgang: Der Nheinwoasser stand hat sich inzwischen wieder so weit gebessert, daß die Schleppzüge arößtenteils ohne Damprerwehsel durhfahren können. Eine weitere Besserung, namentlich auch hinsichtlich der Kahnraum- und Schlepp kraftfrage, steht zu erwarten. Der Umschlag in den Zechenhäfen am Nhein—Herne-Kanal und Dortmund—Ems- Kanal verlief günstig, obwohl der Dortmund— Cms-Kanal auf der Str: e von Meppen abwärts und der Strekenverkehx auf dem &ms—Weser- Kanal von Bergeshövede ostwärts vom 11. November ab gesperrt war. Die Umschlagleistung der Kanal;ehen betrug im Tages- durchscnitt 21 700 t gegenüber 17 000 t. in der Vorwoche.

Um M ißbräuchen zu steuern, werden die Postanstalten vom 1. Dezember ab eine ungebührlihe Lagerung postlagernder Pakete nicht mehr gestatten. Wer fih innerhalb der zulässigen Lagerfrist —- sie ist bet gewöhnlichen Paketen 14 tägig zur Ab- holung einfindet, hat fünftig alle für ihn lagernden Sendungen auf einmal in Empfang zu nehmen. Nur bei Nachnahmepaketen bleibt den Empfängern die 7 tägige Lagerfrist weiter gewahrt. Lehnt er die Cmpfangnahme eines Teils ab, 10 wird dieser Teil als ver- weigert geuäß der Postordnung weiter behandelt. Eine gewisse Nad iht werden die Postanstalten solchen Empfängern gegenüber betätigen, denen die Postlagerung ein notwendiges Mittel fir ihren Erwerb ift, z. B. Hausierern, wenn es sich offensihtlih nicht um Schmugglerwaren handelt.

Mai 4 farm ed

Die Deutsche Luft-Reedereti teilt mit, daß ihr dur das Neichswirt)haftsamt wieder eine beshränkte Menge Betriebsstoff zugeführt werden ist, so daß die Sonderflüge, die während der Verkehrssperre den Post- urd Personenverkehr \treckenweise agt haben, auch weiterhin du1chgeführt werden können. Die großen Bor- teile des Flugzeuges gegenüber dem Automobil find gerade zur Zeit der großen Schneewehen besonders einleuchtend. Auch betragen die Beförderungskosten durch das Flugzeug durhschnittlih nur die Hälfte des Preises für ein Automobil auf derselben Strecke. Die Beförde- rungsdauer aber beträgt nur ein Fünftel bis ein Zehntel der Zeit, die das Automobil benötigt. Für Zielfahrten kommen besonders S TELO Warnemünde, Letpzig, Breslau und

rankfurt a. M. in Betracht, doch kôvnen - au andere Pläße nach vorhergehender Vereinbarung durch Flugverbindung erreicht werden. Anmeldungen nimmt die Hamburg - Amerika- Linie, Abteilung Euftyerkeßr, Berlin W. 8 (üntec den Linden s), Fecnsprechec Zentrum 9197—9199 entgegen.

Die Utckenbach-Linie in Rotterdam hat, wie „W. F B." meldet, jeyt einen regelmäßigen Diensi Rotterdam-— New Y ork eingeriŸhtet und wird in nächster Zeit au andere amerikanische Häfen ankaufen. Nuch die American-Cosmopolitican Shipping Company in-New-York wird -pom-28. November einen L in-16n - dienst vonNew York nah: holländischen Häfen ein- richten.

Mannigfaltiges.

Die Reichszentralstelle für Kriegs- und Zivilgefangene teilt, wie ,W. T. B.“ berichtet, mit: „Va

der für den Abtransport der deutschen Vefangenen aus Malta vorgesehene Dampfer „Reschid Païcha“, der Milte No- vembew dort eintreffen sollte, aus bisher unbekannten Gründen aus- geblieben und die Länge der Verzögerung noch unbestimzut ist, sind von der Reichsregierung unverzüglich auf telegraptilhem Wege die nôtigen Maßnahmen getroffen worden, damit die Véaitagefangenen sofort auf dem Landwege über Italien und die Schweiz in die Heimat zurüctkehren können. Die. Ueberfahrt von Malta nah Sizilien wird auf italienischen Postdambfern erfolgen.“ Die Reichs- zentralstelle teilt ferner mit, daß der Dampfer , Maine“, der alle in Indien befindliden Kriegs- und Zivil- gefangenen zurückführen soll, Anfang Dezember aus Jndien ab» jahren wird. s

Halle a. S., 19. November. (W. T. B.) Das slädti| Gaswerk gibt infolge Kohlenmangels von heute ab nur dr Stunden täglich G18 ab. Darunter leiden gie industriellen Be- triebe und die Haushalte, und am Donnerstag erscheinen Tele Zeitungen. Das städtische Elektrizitätswerk arbeitet noch voll.

Cöln, 18. November. (W. T. B.) - Heute Vormittag wurde der verblichene Erzbishof von Cöln, Kardinal Dr. Felix Hart- mann feierlich im Dom beigeseßt. Anwesend waren die Spiten der deutshen Behörden und Vertreter der Militärbehörden der Besaßzungémächte. Bischof Dr. Felix Korum von Trier hielt ein feierliches Pontifikalrequiem, und der Bischof von Münster widmete dem Verstorbenen einen tiefempfundenen Nachruf. Die Beiseßung E in der offenen Bi\chofsgrust vor den Stufen des Haupt- aitars.

Dresden, 19. November. „Wolffs sächsisher Landesdienst“ meldet amtlich: Am 18. d. M. Mittags hat sih auf der Shmal- \spurlinte Oshaz-Döbeln bei Mügeln ein \chwerer Eisenbahnunfall ereignet. Der Personenzug 5750 war eben auf Bahnhof Töllshüß eingetroffen und zum Halten gekommen, als der mit ihm dort tahrplanmäßig freuzende Güterzug 10 889, der infolge des Schneetreibens und wahrscheins{chlio4 Versagens der vers eisten Bremsen nicht, wie vorgeschrieben, vor der Einfahrtsweiche zum Halten gebraht werden konnte, auf ihn auffuhr. Hierdurh ist auf noch nicht ausgeklärte Weise der Personenzug auf die an- shließende Gefällstree gelangt und, da das Lokomotivpersonal ab- gesprungen war, führerlos diese hinabgerollt. Infolge der erreichteu größten Geschwindigkeit ist er dann in einer harfen Krümmung, in der zum Unglück eine Brücke liegt, mit der Lokomotive. abgestürzt, wobei 1ämilihe Wagen des Zuges, mit Ausnahme von einem, zer- trümmert wurden. Soweit bis jeßt festgestelt werden Tonnte, find 4 Pertonen getötet und 24 Reisende verlegt, darunter 16 schwer. Ob noch weitere Tote unter den Trümmern Uegen, konnte bis jeßt nicht festgestellt werden, ist aber zu befürhten. Gs wird mit allen Kräften an der Beseitigung der Trümmer gearbeitet. Hilfs;üge mit Aerzten und Sanätätsperjonal waren alsbald zur Stelle. Die Verleßten wurden in Schlitten nah dem Krankenhauses in Mügeln gebracht. Die Strecke ist unfahrbar und wird auf einige Tage unterbrochen bleiben. Es wird versucht werden, den Verkehr dur Umsteigen zu ermöglichen.

Braunschweig, 18. November. (W. T. B.) Yan einer Versammlung der hicfigen Gast- und Hotelwirte, Gasthaus- und Konditoreibesißer wurde beschlossen, die {hon früher kundgegebene Absicht, vom 1. Dezember ab alle gastgewerblihen Betriebe Braun schweigs zu schließen, nunmehr zu verwirklichen. Vom 1. De- zember Morgens ab sollen alle Hotels, Gasthäuser, Gast- und Schankwirtschaften, sämtliche Kaffeehäusfer, Konditoreien, Ball- und Konzertfäle so lange geschlossen gehalten werden, bis der Ernährungsminister die gegen das Gastwirtsgewerbe erlassenen scharfen Maßnahmen zurücknimmt.

Wien, 19. November. (W. T. B.) Eine Mitteilung des Bürgermeisters Neumann, daß dieBrotratiou für die kommende Woche nicht einmal zur Hälfte gedeckt ist, hat hier an- gesih!8 des {on vorhandenen Mangels an Fleisch, Fett, Gemüse und Kartoffeln die größten Befürchtungen hervorgerufen. Dazu kommen die Schwierigkeiten der De, von Kohlen und Holz für dea sparsamsten Küchenbrand, die Tarciferhöhung bei den ltädtishen Unternehmungen, z. B. die Festseßung des Fahrpreises der ‘lektrisch betriebenen Straßenbahn auf eine Krone, und der fatastrophale Rückgang des Kronenkurses, der eine neve Teuerung erwarten läßt. Eine dumpfe Verzweiflung bemächtigt sih unter diesen Umständen mehr 1nd mehr der Wiener Bevöikerung, unter der sich Zehntausende eichsdeutsher befinden, und die Ver- sprehungen der Entente begegnen tmmer größerer Skepsis. Die Blâtter find auch ganz von diesem trostlosen Biid des an-

wachsenden Elends erfüllt und halten nah allen Richtungen Aus\hau nach Hilfe. Hierzu wird amtlich berihiet : Ja

vielen Gebieten Oesterreichs ist eine Stockung der Brot- und Mehlversorgung eingetreten. Die Versorgung konnte für die nächste Zeit nur unter Kürzung der Mehlquote aufrecht erhalten werden. Jn den leßten Tagen hat sich die Situation neuerlih vershlechtert, weil aus MNotterdam die erwarteten Getreide- transporte infolge der in Deutschland bestehenden Transportschwierig- keiten ausblieben und die südslavischWen Getreide- und Mefhl- transporte auf südslavislem Gebiet aufgehalten wurden. Ferner drohen auch die bisherigen Zuschübe aus Triest zu versagen, da ein fällig gewesener Dampfer mit argentinischem Getreide infolge eines Arbeiter- \treiks in Gibraltar aufgehalten wurde, außerdem ein zweiter Dampfer überjällig ift, fo daß die Deckung des Wiener Brot- und Mehl- bedarfs in der nächsten Woche noch fraglich ist. Troß wiederholter Bemühungen bei der Neparationskommission wegen rascher Ent- scheidung konnte kein Erfolg erzielt werden, doch hofft man, daß die in Triest lagernden Getreidemengen in den nächsten Tagen abtrans- porttert werden. Die Blätter erfahren weiter von unter- richteter Seite: Um die Zufuhr auf den nördlichen Linien zu be- \chleunigen, hat sich dàs Ernährungsamt vor mehreren Tagen auf diplomatischem Wege an die deutsche Regierung gewandt mit dem Ersuchen, Oesterreichs Lebensmittelzufuhren in einem Ausmaße bis zu zwei Waggons tägli in demselben bevorzugten Range wie die deutschen Lebensmittel zu befördern. Es besteht die Ansicht, daß diesem Ersuchen in allerkürzester Frist stattgegeben werde, obgleih Deutschland felbst sich hinsichtlich si iner Lebens8mittelzufuhr in Schwierigkeiten befindet. Troy diejer Hoffnung muß aber mit aller Deutlichkeit darau! hingewiesen werden, daß die rechtzeitige Dedung des Bedarfs Wiens von den nördlichen Linien allein bei allem Entgegenkommen Deutschlands nicht zu erwarten ist. Nach wie vor liegt das Schwergewicht im reht- zeitigen Abtransport der in Triest liegenden Getreidemengen. Nur wenn diese Quantitäten in den nächsten Tagen nad) Wien abrollen, wird es mögli fein, wenigstens die Ration für die nächsten Wochen teilweise zu deen. |

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