1886 / 150 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Jun 1886 18:00:01 GMT) scan diff

wie Hr. Reichstagsgebäude nah dem Dönhofsplatze in dem Kriegs-Ministerium

nicht ohne Interesse.

c.

“in Edinburg 20,8,

Zeitungsftimmen.

Die „Berliner Politishen Nachrichten“

L ETERE 1 bringen Artikel über die Mehrbedürfni i Baro talltets ehrbedürfnisse der Armee. Der erste dieser

Wenn von der Reihs\teuerreform und den als Ausgleich für di Vermehrung der indirekten Abgaben herbeizuführenden Elleigteiit die direkter Staats- und Kommunalabgaben die Rede ist, pflegt in den parlamentarischen Verhandlungen und in der Presse nur zu oft der Einwand erhoben ¿n werden, daß die bisherigen Mehrbewilligungen im Reiche in der Hauptsache dur die Mehr- bedürfnisse der Militärverwaltung in Aas genommen, oder,

Windthorst ih ausdrückt, auf dem Wege von dem

hängen geblieben seien. Angesichts der \chwebenden Steuerverhand- Tungen ist eine Untersuchung darüber, inwieweit dieser Einwand R sählich begründet ist, auf Grund des amtlihen Zahlenmatecials le B Indem wir nachstehend eine solche Unter- suchung für die Vergangenheit an der Hand des „Statistischen Jahr- bus“ für 1885 unternehmen, shicken wir voraus, daß die Zahlen für die Jahre bis 1883/84 diejenigen der Rechnungen, bezw. der Uebersichten über die Einnahmen und Ausgaben, die Daten für die späteren Jahre diejenigen der Etats sind, die ersteren mithin die I\t-Cinnahmen und Ausgaben, die letzteren die Beträge der Etatsansäße bedeuten. Zu dem Zwecke der Untersuchung Tebeit wir bis. zu dem Jahre 1878/79, dem leßten vor den Steuerbewilligungen des Jahres 1879, zurück und ziehen zunächst in den Kreis unserer Betrachtungen die dauernden Ausgaben des Reiches im Ganzen, wie ‘für die Verwaltung des Reichsheeres im Besonderen, sowie die Ent- wickelung E E Uwe bei denen eine Steuerver- mehrung stattfand, als Zölle, Tabasteuer und Stempelabgabe. Die dauernden Ausgaben des Reichs, welche auch bis dahin {hon in lTangsamem Steigen geblieben waren und z. B. von 1875 zu 1878/79 um rund 134 Millionen wusen, zeigen von dem gedachten Jahre ab folgendes \tetiges Fortschreiten: 1878/79 1879/80 1880/81 1881/82 409,2 416,9 463,3 514 1883/84 1884/85 1885/86 1886/87 E 528,8 544,8 554,2 621,2 Millionen Mark. Die Gesammtausgabe des Deutschen Reichs ae in diefem 9jährigen Zeitraum mithin um nicht weniger als 212 Millionen Mark „oder nahezu 5209/0 gestiegen. Unter diesen Ausgaben figuriren, wie wir glei hier zur Vermeidung eines falschen Bildes bemerken, die Ueberweisungen an die Bundes\taaten, welche für das laufende Jahr auf mehr als 150 Millionen Mark ver- S sind. Abgeschen hiervon beläuft sich die Steigerung auf f 0,

1882/83 527,8

_Die dauernden Ausgaben der Heeresverwaltung, welche in den zunächst vorhergehenden Jahren nur geringe Schwankungen gezeigt hatten, gestalteten sih von 1878/79 ab folgendermaßen:

1878/79 1879/80 1880/81 1881/82 1882/83 318,7 0192 327 344 341,6 1883/84 1884/85 1885/86 1886/87 337,5 339,9 340,7 343 ‘Millionen Mark. Die fortlaufenden Ausgaben der Heeresverwaltung O in dem gleichen 9 jährigen Zeitraume demnah zwar auch ge- tiegen, allein die Zunahme it keineswegs eine stetige, vielmehr bleibt 1886/87 noch immer um 1 Million hinter dem Jahre 1881/82 zurü, welches den Höchstbedarf aufweist; die Zunahme beträgt auch nur 24,3 Millionen oder noch nicht 8%. Sie bleibt hinter der Steige- xung der Gesammtausgabe um 187,7 Millionen zurück und beläuft \ih au nur auf etwa 8,7 9% der leßteren. 1878/79 beanspruchte die Heeresverwaltung, nicht weniger als 78% der gesammten ordentlichen

Ausgaben, 1886/87 dagegen nur etwas über 54/0. N

Um das Material nach_ allen Richtungen vollständig zu geben, fei noch erwähnt, * daß 1878/79 die auf den allgemeinen s fonds übernommenen Militärpensionen 16,2 Millionen ark, die Ausgaben des Invalidenfonds 32,9 Millionen Mark betrugen und M ür diese Zwecke in dem Reichshaushalts-Etat für das laufende Jahr: 206 und 27 Millionen ausgebraht sind. Das Extra- ordinarium der O betrug in dem erstgedachten Jahre ‘61,9, für 1886/87 sind vorgesehen 41,5 Millionen Mark, Das Drdi- narium der Marineverwaltung stellt sich endlich auf 22,7 und 37, das Extraordinarium auf 39 und 9,7 Millionen Mark, der Antheil der A an dem allgemeinen Pensionsfonds auf 0,3 und 0,6 Millionen

ark.

Schon aus dem hier mitgetheilten authentischen Zahlenmaterial ergiebt si klar und deutlich, wie ganz unzutreffend die Behauptungen von einem zu der Steigerung der Gesammtausgaben unverhältniß- mäßigen Anwachsen des Militär-Etats sind. Noch \{lagender wird ‘dies der demnächst folgende Vergleich mit der Zunahme der Einnahmen ‘darthun.

Jn der „Magdeburgischen Zeitung“ lesen wir: An M Ausführung der zur S I Ce des Deutschthums gegen die Uebersluthung des Polenthums erlassenen Geseße gedenkt die Ne- gierung offenbar mit größter Raschheit und Energie zu gehen, und man wird ihr dafür nur Dank wissen können. Die An- siedlungs - Kommission, deren Zusammenseßung unverzüglich be- fannt gemacht werden wird, ..... wird in den nächsten Tagen {hon ihre Wirksamkeit eröffnen. Es hat gegen dieses wich- tigste der antipolnishen Geseße auch bei E der demselben zu Grunde liegenden Bestrebungen niht an Bedenken gefehlt; man hat bezweifelt, ob der A sih praktis fo wirksam erweisen werde, wie seine Befürworkter as ob sich das geeignete olonistenmaterial finden und ob dasselbe die erforderliche na- ‘tionale Widerstandskraft besißen werde, um die Zwele des Ge- seßes zu erreihen. Gewiß steht man hier vor einem neuen und eigenartigen Versuch, dessen Gelingen in vollem Umfang zum Voraus niht mit Sicherheit zu behaupten ist. Allein man darf zu der Ausführungskommission das Vertrauen baben, daß sie mit bestem Willen, ernstestem Streben und richtiger Einsicht an ihre Aufgabe ‘herantritt, und dann wird der Erfolg auch nicht ausbleiben. Die bisherigen Güterankäufe scheinen durhaus zweckmäßig zu sein und für tüchtige deutsche Kolonisten, an denen es {hon jeßt nicht fehlen foll, gute Aussichten des Fortkommens zu eröffnen.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesund- Heitsamts sind in der Zeit vom 13. bis 19. Juni cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchs{chnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 27,1, in Breslau 36,8, in Königsberg 25,8, in Köln 26,1, in Frankfurt a. M. 14,8, in Wiesbaden 14,1, in Hannover 19,0, in Kassel 17,9, in Magdeburg 23,2, in Stettin 26,6, in Altona 17,9, in Straßburg 29,7, in Metz 15,4, in München 28,4, in Nürnberg 34,5, in Augsburg 30,8, in Dresden 22,0, in Leipzig 18,7, in Stuttgart 180, in Karlsruhe 23,0, in Braunschweig 22,6, in E 26,1, in Wien —, in Pest 38,1, in Prag 30,8, in Triest —, in Krakau 27,9, in Amsterdam 19,0, in Basel 12,5, in Brüssel 24,1, in Paris 21,4, in London 14,9, in Glasgow 24,5, in Liverpool 18,2, in Dublin 22,9, in Kopenhagen 21,1, in Stockholm 20,0, in Christiania 18,7, in St. Petersburg 29,2, in Warschau 32,8, in Odessa 40,1, in Rom 23,4, in Turin 28,9, in Venedig 46,9, in Madrid —, in Alexandria 51,2. Ferner in dec Zeit vom 22. bis 99. Mai cr.: in New-York 24,1, in Philadelphia 16,3, in Baltimore 90,0, in San Francisco —, in Kalkutta —, in Bombay 24,3, in Madras 31,9. L s

Die Sterblichkeit hat in der Berichtswoche in einem großen Theile der Berichtsstädte abgenommen, und werden von einer großen

ahl A wie Frankfurt a. M.,, Wiesbaden, Met, Ka el, Altona, Barmen, Leipzig, ae Basel, Amsterdam, London, ‘Liverpool, Christiania u. a., sehr kleine Sterblichkeitsziffern gemeldet,

während in anderen, wie Berlin, Breslau, Stettin, Nürnberg, Straß-

burg, Brüssel, Warschau Odessa u. a.,, die Sterblichkei ist i au, . (0, eit, Folge der durch zahlreiche Darmkatarrhe und Brechtarcbtile Lt n D: „Sterbefälle, zunahm, obwohl letztere bei der an- altend fühleren Witterung, die in der Berichtswohe vor- herrschte, im Allgemeinen an Zahl hinter der des vorjährigen Zuni erheblich zurückstand. Namentlih war in Berlin, Hamburg, Königsberg, Nürnberg, Düsseldorf, London, Kopenhagen, Warschau, Odessa, Pest die Zahl der gemeldeten Sterbefälle an Brechdurchfällen eine, größere, in Breslau, München, Dresden, Köln, Magdeburg, Ae St. Petersburg u. a. eine kleinere als in der Vorwoche. ie Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war in Coe dessen eine vielfach gesteigerte; von 10000 Lebenden starben aufs ahr berechnet in Berlin 143, in München 128 Säuglinge. Er- heblich seltener führten afute Entzündungen der Athmungsorgane zum Tode, besonders in Berlin, Breslau, Dresden, Köln, Magdeburg, Stettin, London, St. Petersburg u. a.; nur in Aachen, Danzig, Ham- burg, Amsterdam, Prag, Pest, Paris, Warschau war die Zahl der Todesfälle eine etwas größere als in der Vorwoche. Auch die Infektionskrankheiten führten meist weniger Sterbefälle herbei, nur Todesfälle an Flecktyphus kamen häufiger zur Mittheilung. Die Masern zeigten si als größere Gpidemie in Berlin, Elberfeld, Nürnberg, Edinburg, St. Petersburg; in Hamburg, Amsterdam, London, Paris, Prag wurde die Zahl der Opfer kleiner, In den Regierungsbezirken Marienwerder, Königsberg, Stettin haben Masern größere Verbreitung gewonnen. Das Shar- lachfieber veranlaßte in Köln, Pest, Christiania, Paris, St. Peters- burg etwas mehr, in Hamburg, Berlin fast die gleihe Zahl von Todesfällen wie in der Vorwoche. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war im Allgemeinen eine kleinere; in Dresden, Hamburg, Magdeburg, Stettin, Kopenhagen, St. Peteröburg sank die Zahl der Sterbefälle, in Nürnberg blieb sie die gleiche, während sie in Berlin, München, Pest, Christiania, London, Paris eine ¿twas größere wurde. Auch im Regierungsbezirk Schleëwig war die Zahl der zur Meldung gelangten Erkrankungen noch immer cine bedeutende, Das Vorkommen typhöser Fieber blieb auch in dieser Woche ein be- \chränktes; nur Paris meldete etwas mehr Sterbeiülle, Hamburg und St. Petersburg mehr Erkrankungen als in der Vorwoche. An Flecktyphus kamen aus Prag, Warschau, Odessa je 1, aus Pest und St. Petersburg je 2 Todesfälle zur Mittheilung; aus St. Peters- burg au 7 Erkrankungen. Nückfallsfieber kamen nur aus St, Peters- ours zur Kenntniß. Epidemische Genickstarre rief im Regierungsbezirk Düsseldorf und Prag ¿e 1, in Kopenhagen 6 Todesfälle hervor; aus Berlin und aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf kam je 1, aus dem Regierungsbezirk Marienwerder 2, aus Kopenhagen 6 Erkrankungen zur Anzeige. Nosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut waren in Skt, Petersburg und Kopenhagen nicht selten, Der Keuch- husten forderte in Berlin, Paris, Glasgow mehr, in London weniger Dypfer. Todesfälle im Wochenbett wurden weniger gemeldet. Pocken- haben in Paris, Brüssel, Odessa, Venedig einzelne, in Zürich, Warschau, St, Petersburg 2 bis 4, in Prag 6, in Rom 10, in Pest 12 Sterbefälle veranlaßt; aus den Regierungsbezirken Königsberg, Aachen, sowie aus London wurden einzelne, aus dem Regierungsbezirk Marienwerder und aus St, Petersburg 9 bezw. 10, aus Pest 52 Er- krankungen zur Anzeige gebracht, Die Cholera hat in Venedig bedeutend abgenommen; aus der Berichtswoche wurden 64 Todesfälle (gegen 134 der Vorwoche) mitgetheilt. Vom 11, bis 18. Juni wurden 46 weitere Erkrankungen (vom 7. bis 18. nur noch 2) mit 43 Sterbe- fällen gemeldet. Dagegen hat sich in den Tagen vom 21, bis 24, Juni die Seuche wieder von neuem in Brindisi und Umgegend gezeigt, wo sie seit Ende Mai erloschen Be, Es werden aus der angegbenen Zeit aus Brindisi 53 Erkrankungen mit 17 Todesfällen, aus Latiano und Oria 14 bezw. 3 Erkrankungen mit 3 bezw, 1 Sterbefall ge- meldet; auch in San Vito und Francavilla zeigte sich die Cholera. Verhältniß der Mishehen. Nach dem „Kirhlichen Gesetz- und Verordnungsblatt“ befauden sich im Jahre 1884 unter 14 928 Mischehen 6951 oder 46,56 9/0, in denen der Bräutigam, und 7977 oder 53,44%/0, in denen die Braut der evangelishen Konfession angehörte. Wird je die Hälfte dieser Ehepaare als zur evangelischen Kirche gehörig angesehen, so haben von denselben in letzterer die Trauung empfangen 2619 oder 75,35%, von denen dex Bräutigam, und 3895 oder 97,64 9/0, von denen die Braut evangelisch war, Die Zahl der Mischehen im Verhältniß zu der Gesammtzahl der bürger- lihen Eheschließungen, welhe im Jahre 1883 nur 11,83 betrug, ist im Jahre 1884 weiter N 12,03 R In den einzelnen Precvinzen betrug die Prozentzahl der Éheschl eßungen gemischter Paare: in Pommern 2,00, in Brandenburg 4,19, in Sachsen 0,78, in Oit- und Westpreußen 7,88, in Berlin 13,92, in Posen 14,02, in Westfalen 14,81, in Rheinland und Hohenzollern 26,48 und in Schlesien 26,60. Die Unterschiede in den verschiedenen Provinzen sind enorm, entsprehen aber im Wesentlichen der konfessionellen Mischung der betreffenden Bevölkerung.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Der Hof-Photograph I os. Albert in Mün cen veröffentlicht jeßt das letzte von ihm im Allerhöchsten Auftrage in Hohenschwangau auf- genommene photographishe Porträt weiland Sr, Majestät König Ludwig's11. von Bayern. Dieses einzig authentische letzte Porträt König Ludwigs 11. giebt essen Züge lebenswahr und in an- \sprehender Weise wieder und wird Vielen als Erinnerung an den unglücklichen Monarchen hochwillklommen sein, Es gelangt in ver- schiedenen Formaten zur Audgabe und wird in allen Kunsthandlungen vorräthig sein. /

Das Deutsche Wörterbuch der Gebrüder Grimm. (fortgeseßt von Dr. Moriß Heyne, Dr. Rudolf Hildebrand, Dr. Matthias Lexer und Dr. Karl Weigand) schreitet jeßt rüstig vorwärts, Vor uns liegt bereits der Anfang des V111, Bandes, dessen erste Lieferung die Artikel „R“ bis „Ratschlagen“ umfaßt und von Dr, M, Heyne bearbeitet ist. Jn dem einleitenden Abschnitt über den Hunds- bu{staben, wie er wegen seines knurrenden Lauts genannt worden ist, beißt es: „Die Schreibung rh, die wir, angenen von e Wörtern, anlautend noch im Flußnamen Rhein und bezüglichen Zusammenseßungen allgemein, theilweise auch noch in Rhede (wofür jeßt die bessere Schreibung Reede aufgenommen ist), und selbst in dem Getränknamen Rhum (wofür jeßt besser Rum) haben, stammt aus der wilden Schreibung des 16. Jahr- hunderts; das h ist nur Dehnungszeichen, welchés, statt hinter, vor den zu dehnenden Vokal geseßt ward: man schrieb Rhat, rhaten, Rhum, rhümen, selbs Rheu, wie nhemen, mher, thun. Die Schreibung th ist uns davon bis jetzt geblieben ; die Pins Rhein ist aufrecht erhalten worden dem griechischen Pivos, lateinif Rhenus zu Liebe, obwohl ganz unnüß.“ Für die Tafelfreuden ist der Buchstabe insofern wichtig, als nach einer alten Regel, die si u. a. in Amaranthes* „Frauenzimmerlexikon“ findet, die Krebse in den Monaten ohne r am Wobn Gmeitenbsten find. Ein mitgetheiltes Citat von Goethe bezeichnet dieselben Monate als die Schonzeit der Auster. Das gärtnerishe Kunstwort „Nabatte“ is aus dem Holländischen übernommen, wo es - einen [chmalen, mit Buchsbaum besetzten und mit Hen bepflanzten Streifen Landes bedeutete, Mannigfaltig und zahlreich e die Zusammensetzungen mit «Mabe und „Rache“, zu welchem leßteren Wort eine fehr interessante Erklärung aus dem alten germanishen Recht gegeben wird Es folgen dann u. a. Rachen, rächen, Raler. Letzteres bezeichnete ursprünglih im Niederdeutshen den Schinder, Abdeer, später, z. B; son bei Goethe, erhielt es einen scherzenden Anklang, den es noch heute hat. Umfänglich ist der Artikel „Nad“ (vom lateinischen 10ta). Die Herkunft von Rade, der bekannten, in Getreidefeldern wachsenden

flanze, hat noch nit aufgeklärt werden können. „Radebäre“_ (auch Radbâre, Radber) heißt noch heute im Oberdeutschen ein Schub- karren. „Radebrehen“ bedeutet zunächst : cine Brechung auf dem Rade vornehmen, im eigentlihen Sinne: die Glieder eines Verurtheilten mit dem Rade zerstoßen, dann übertragen: eine Schriftstelle ver- drehen, verstümmeln, oder vom stümperhaften Sprechen einer Sprache, in welhem Sinne es heute noch gebraucht wird. „Rädelsführer oder „Rädleinführer“ hieß der Führer einer Abtheilung, cines Räd-

[eins, einer Rotte Landsknehte, namcntlihch der Unterführer herrenlosen Kriegsvolks, dann eines au rugter [Gen Haufens, Groß ist die Zahl der verzeichneten technischen, mit f ad gebildeten Worte, Dann folgen u, v. a, „raffeln“, „raffen“ (vom lateinischen rapere), „ragen“, „Nahm“ Ruß und „Rahm“ Sahne, ein von dem vorigen gänzli ver- \chicdenes, sehr altes Work, das eigentlich hohdeutsch at lauten müßte da die mittelniederdeutshe Form, die sich au sonst mundartlih noch vielfah gleihlautend erhalten GEE rôm ist; ferner „Rahmen“ (mit komplizirter Ableitung über gotisches hramjan, kreuzigen, vom griehishen xoezävvuúva, aufbhängen, befestigen). as Adjektivum „rahn“, dünn, schlank, ist der heutigen Schristsprache fremd geworden, erhalten hat sich jedoch in derselben Bedeutung die nieder- deutsche Form „rank“, „Rain“, der Grasstreifen zwischen zwei Aeckern oder Fluren, als Bodenerhöhung, Grenze, ist cin uraltes Wirthschafts- wort, „Rafkete“ bedeutete früher das Schlagnetz beim Ballspiel (vom fran- zösischen raquette); ganz vershieden davon ist der Herkunft nach die Bezeichnung des ebenso genannten Feuerwerkskörpers (aus dem italienishen rocchetta, der Rocken, wegen der Aehnlichkeit der Form, daher zuerst auch Rogete). „Rampe“ is aus dem Französischen (vom Festungsbau) herübergenommen, ebenso „Namsch“ (von ramas), fkauf- männische Bezeichnung für aus der Mode gekommene Waaren, „Rand“ steht wahrscheinlich mit „Ninde“ im Ablautsverhältniß, vielleicht von „rinnen“, also etwas umronnenes, umflossenes, Sicher zu leßterem Stamm gehört das oberdeutsche Wort „Nand“ mit der Bedeutung Lauf, Bewegung, dann Scherz, Spaß, Schwank (tirolisch), Lärm, wo- von, mit lateinischer Endung herausgepußt, das studentishe „Nandal“, Auch „Nang“ ist zwaraus dem Französi]hen übernommen, eigentlich aber unfer Eigenthum, nämli ein frühes Lehnwort aus althohdeutshem bring, Ring, Kreis, namentli aufgestellter Personen (provençalisch arrenc), zunächst in der Soldatensprache des dreißigjährigen Krieges, die uns so manches französishe Wort beschert hat, Sehr interessant ist dieser sowie die folgenden Abschnitte: Range, Nank (davon Ränke, eigentlich die Kreuz- und Quersprünge des Wildes, die es anwendet, um der Verfolgung zu entgehen), Ranke, ranken, ranzen, mit vielen Verwandten, Rapier (vom französischen rapière), „Rapye“ verhält sich zu Nabe wie Knappe zu Knabe und bedeutete au dasselbe, wie die Bezeichnung der ebenso genannten Münze beweist, die einen Vogel- kopf trug, den man [E nen Nabenkopf hielt; von Oberdeutfchland hat sih dann die Bezeihnung Rappe für ein rabenshwarzes Pferd verbreitet, Aus den folgenden Artikeln seien nur erwähnt „ra\ch“ und „Rasch“, ein locker gewebtes wollenes Zeug (mittellateinisch arratium, von der Stadt Arras), davon die Innung der „Rashmacher“ in Berlin, welche noch bis in die jüngsten Zeiten bestanden hat, ferner Nasen, rasen, mit Kompositen, Ableitungen und Verwandten, Nasieren ist Lehnwort aus dem französischen raser, ursprünglih blos Kricgs- wort aus der Befestigungékunst: etwas dem Boden gleich machen, \hleifen, dann als neueres, vornehmer klingendes Wort für das ältere gleichfalls entlehnte barbieren eingeführt. (Es folgen dann u. a. „Nast“, „rasten“ und „Nath“, Leyteres gehört mit seinem Verbum rathen, als dessen Abstraktum es anzusehen ist, zu denjenigen alten gemein- gerinanischen Wörtern, welche, da ihnen Per Vergleichbares in den urverwandten Sprachen nicht zur Seite steht, eigenthümlichem ger- manischem Leben ihre Bus und Bedeutung verdanken, Wenn in den ältesten Quellen das Verbum von Gott und Herrschern gebraucht wird, um ihre Fürsorge für ihr Neich zu bezeihnen, und das Parti- cipium Präsentis ftänviges und titelhaftes Beiwort der Genannten geworden ist (z. B. heißt im altsächsishen „Heliand“ Christus the râdand), so zeigt sich hier die Fortdauer ursprünglihen Begriffs: das Verbum begriff als Gesammtbezeihnung alles das, was ein Ge- \{lechtsoberhaupt dem von ihm Abhängigen gegenüber zu leisten {chuldig war an Fürsorge jeder Art und Schuß; und nah der ver- schiedenen Art dieser A SOIS spaltete sich das Verbum und das zu ihm gehörende Substantiv zu den späteren, ziemlih weit auseinander liegenden Bedeutungen, die aber doch alle noch heute als Theile einer umfassenden Thätigkeit zu erkennen sind, Zunächst war Rath Gesammtbegriff für Alles, was für die leiblihe Fürsorge und die Nahrung der Geshlechtsgenossen von Seiten der Geschlechls- herren anzuschaffen und zu gewähren war, daher die Bedeutung : Be- darf für Nahrung, Kleidung, leibliches Leben überhaupt, Gesammtheit der Dinge, die dazu dienen (woran Vorrath, Hausrath noch erinnern); dann auch: Nußen, den man macht, Gewinn, von dem Begriff des Vorraths und des Sparens aus; weiter: Vorsorge, Hülfe zu cinem Unternehmen, thätiges überlegtes Eingreifen zu einem bestimmten Zweck, Abhülfe eines Uebels, Hülfe gegen ein Leiden; endlih Fürsorge durch Anweisung und Belehrung; diese leßtere Bedeutung hak das Wort dann în der neueren Sprache in reicher Entfaltung derselben behalten. Richtiger als die Form Frau Räthin erklärt Heyne im Anschluß an Goethe: Frau Rath. Ebenso sorgfältig und gründlich behandelt ist die Entwickelungsgeschichte des Zeitworts „rathen.“ Die „Näters“ ist eine alte oberdeutsche Form für „Mäthsel“, ebenso „Rath- gebe“ für „Rath“. Mit einer Reihe von Verwandten des Worts ließt die Lieferung innerhalb des Artikels „ratshlagen“, Auch die 2. Lieferung des VI11. Bandes (N) befindet si, wie dic Verlagsbuhhandlung von S. Hirzel in Leipzig mittheilt, bereits im Druck, ebenso des 1V. Bandes 1, Abtheilung 2. Hälfte 8. Lieferung (G), des VI1, Bandes 8, Lieferung (O, P) ünd des X11. Bandes 1, Lieferung (V). Das große nationale Unternehmen nähert ih also erfreulicher Weise und in rascherer Folge seinem Abschluß, Die Hirzel'she Verlagshandlung mat übrigens bekannt, daß das Deulsche Wörterbuch auch jeßt noch von Anfang an nah und nach lieferungs- weise bezogen werden kann und daß alle Buchhandlungen Bestellungen darauf entgegennehmen. __— Die Kavallerie des Deutschen Reiches. Geschicht- liche Notizen; Stiftungstage der Regimenter 2c.; Standarten, deren Beschreibungen und Auszeihnungen; Angaben der Uniformen; Anciennitätsverhältnisse bis zum 27, Mai 1866 vom General-Feld- marschall bis einschließlich der Fähnriche, Aerzte und Zahlmeister; Gestütsverwaltungen und deren Bestände. NRennberichte, genaue An- gabe der Renntermine. Bearbeitet von N. von Haber, Premier-

. Lieutenant a. D., zuleßt im Schlesischen Ulanen-Regiment Nr. 2.

Rathenow 1886. Verlag von Mar een Der bereits in militärischen Kreisen nicht unvortheilhaft bekannte Verfasser, welcher u. a. die „Geschichte der Kavallerie des Deutschen Reiches“ bearbeitet hat, bietet in diesem Werk, welches in bündiger, knapper Dar- Ee alles allgemein Wissenswerthe bezüglich der Anciennetäts- ezw. Aväncementsverbältnisse der Offiziere der Kavalleriewaffe cin- \{ließlich der Fähnriche, Aerzte und Zahlmeister bei den regimen- tirten Offizieren ist die chargenweise Beförderung genau nah Datum und Jahr Gngegeven —,_ ferner bezüglich der Stiftungstage der ein- zelnen Regimenter, der Standarten und Uniformen enthält, insbesondere den Kavallerie-Offizieren ein handliches Nachschlagebuch, das sich als eine willkommene Ergänzung der „Nang- und Quartierliste“ darbietet. Nicht minder willkommen sind die statistischen Notizen über die preußischen Hauptgestüte (Zuchtgestüte) und Landgestüte sowie die Rennberichte und -Termine leytere nah dem Datum geordnet unter genauer Angabe der Bedingungen. /

Von der „Jllustrirten Geschichte der K. K. Armee in ihrer kulturhistorishen Bedeutung 2c.“, herausgegeben von Gilbert Anger (Wien, Selbstverlag), liegen die Liefe- rungen 8 und 9 60 4) vor, welche in dem Kapitel „Das öfter- reichische Heerwesen im 16. Jahrhundert“ die Türkenkriege, die ungarischen Wehrverhältnisse, die Seeschlacht bei Lepanto, die Bauern- kriege und die Kampfspiele und Duelle s{hildern, Dem besonders in- Cat Inhalt entsprehen auch die zahlreichen, historischen Origi- nalen nachgebildeten Jllustrationen dieser Hefte. Gas

Ein seltenes, aber desto erfreulicheres literarisches Ereigniß ist ein in Paris bei Paul Ollendorff (Nue de Richelieu 28 bis) erschie- nenes Bu, betitelt: „L’'empereurGuillaume et s0n règne“ (475 S. gr. 89), von Edouard Simon, eine aus guten Quellen geshöpfte Geschichte des Mies und feiner glorreihen Regierung, welche besonders die persönlichen Verdienste des Kaisers um die Er- rungenschaften Preußens und Deutschlands in das vollste Licht stellt, aber au in allen anderen Beziehungen sich strenger Objektivität be- fleißigt. Wir werden auf das interessante Buch noch eingchendér zurück- ommen.