1898 / 56 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 05 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

Marktort

Verichte von deutschen Fruchtmärkten.

Qualität

gering

mittel

gut

Gezahlter Prets für 1 Do

niedrigster Áb

hödster M

niedrigster

M.

böhfter

M

niedrigster

ppelzentner

M.

bödfer

hb

Doppelzentner

Verkaufte Menge

Berkaufs- werth

Durchschnitts- preis für 1 Doppel- zentner

Ab

Am vorigen Markttage

Durh-

\chnitts-

preis Á

Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1) nah überschlägliher Schägung verkauft Doppelzentner (Preis unbekannt.)

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E E N E E a S S

Allenftein Lößen. , Sorau Lissa .

Strehlen i. Schl. S(hweidniß. . Es Hildesheim Emden . Mayen Krefeld . Landshut Augsburg Bopfingen Mainz . Alikirch .

St. Avold . Breélau . Mets Arnstadt i. Th,

Allenstein Löten .

Thoru

Sorau

Posen. . Mina. Rawitsch Krotoschin Filehne . Czarnikau . . Schneidemühl . Kolmar i. P. . M e Strehlen i. Sl. Schweidniß . s Liegniß . . Hiltesheim . Mayen

Krefeld . Landshut Augsburg Bopfingen Mas 5 St. Avold . Breslau . . Nei e s Arnstadt i. Th.

Allenstein Löten . Sorau

its{ch in

Ciéiilau . , Schneidemühl . Kolmar i. P. . Es Strehlen t. Schl. Schweidniß . Liegniß Mayzn Krefeld Landéhut Augsburg Bopfingen Mai A Breslau . . . Arnstadt |. Th.

Allenstein Löten . Thorn Sorau

Krotos(in Filehne . Czarnikau é: Schneidemühl . Kolmar i. P. . M o 4 Strehlen i. Schl. Schweidnitz é Liegniß . Hildesheim . Emden

Mayen

Krefeld

Trier. Saarlouis Landshut Augsburg Bopfingen Mainz . Ait 4 St, Avold . Demmin . Breslau .

s Arnstadt i. Th.

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mit zetheilt. : Ÿ (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis niht vorgekommen ist; ein Punkt (.) in den leßten sechs Spalten, daß entsprehender Bericht fehlt.

Gin liegender Stri

17,07

17,50 16,00 15,50 18,40

14,00 17,10 15,C0

16,33 90,00 90,60 20,60 19,72

13,30 19/20

12,50 11,80

13,50 12,50 13,20 13,50 13,80

12,50 13,00

14 00 13,70 12.80

16,07 15,69 16,60 15,15

12,00

11,50 11,20 13,50 14,00 14,00 13,50

12 50 13,85

14,20 14/10 14/20

10,50 14 62 13,80 18,40 17,20 14,78 12,60

13,20 11,60

14,00 13,50 14,00 14,09 14,40

12,80

14,40 14,20 13,10

12,60

13,40 14/40 11 29 13,60 13,00 14,60 13,95 11,00

14,20 15,00

17,07

17,50 16,00 16,50 18,40

14,00 17,60 15,00

m

18,00 21,40 20,60 20,60

20,27

15,30 19,70

12,50 12,00 13,50 13,40 13,40 13,75 13,80

12,59 13,05

14,00 14,10 12.80 16,79 16/60

16,60 15,15

13,00

11,50 11,40 13,50

14,00 14,50 13,50

12 50 13,90

14,20 14,90 14 20

12,00 15,77 16,20 18,40 17,20 15,40 13,10

13,20 11,80

14,00 13,80 14,40 14,50 14 40

12,80

14,40 14,60 13,00

12,60

13,40 14,60 12,90 15,00 13,00 14,609 14,14 12,50

14,60 15,00

17,64 18,00 18,00 16,70 16,50 18,60 16,40 16,25 17,60 18,29 19,20 17,90

18,33 91/60 20/80

20,27 20,00 16,30 19,70 18,80

13,25 12,20 13,40 14,00 13 50 13,60 13,75 14,00

13,13 12,85 13,10 12,70 14,50 14,10 13 80 14,70

17,14 17/00 17:10

13 59 13,40 14,60

12,25 11,60 14,00 14,00 14,80 14,50 14,00 13,13 13,00 13,95 13,00 15,35 14,90 16,00

16,15 16,60 19,10

15,40 14 50 18,00

13,85 12,20 13,70 14,50 13,90 14,60 14,50 14,60

13,00 13,30 13 75 13,50 15,00 14,60 14,00 15,50 12,80

14,00 14,60 13,44 15,20 14,20

14,88 13/50 14,80 16,00

Weizen.

17,64 | 18,00. | 18,00 17,00 17,50 18,60 16,40 16,25 18,10 18 25 19,30 17,90

29,33 22,20 20,80

20,55 20,40 17,30 20,20 19,00

N 13,25 12,40 13,40 14,00 13,70 13,80 14,00 14,00

13,13 12,89 13,15 12,70 14,59 14,50 13,80 14,80

17,50 17/60 17:10

14,00 13,90 | 1460 | Ge 12,25 12,00 14,00 14,40 15.20 1550 14,00 13,13 13,00 14,10 13,00 15,35 15,70 16,00

17,69 18,60 19,10

16,00 14,89 18,00

l

Ha 13/35 | 12,60 13,70 14,50 14,20 14,60 15,00 14.60

13,00 13,30 13,75 13,50 15,00 15,00 14,00 15,50 13,69

14,00 14 89 15,59 15,89 14,20 15,80 14,50 15,00

16,00

18,20

18,590 17,40 17,50 19,00 18,20 18,50 18,10 19,25

20,00 19,60 20/67 22,40 21,00 21,25 20/55

17,80 20,20 19,20

ge 14,00 13,00 13,50 14,50 13,80 14,00 14,00 14,20 13,75 13,75 13,20 13,20 13,70 15,00 14,50 14,80 14,66 13,00 17,86 17,80 17,50 15,70 16,10 14,60 13,90 14,80

r ste.

13,00 | 12,20 14,50 14,50 15,60 15,50 15,00 13,75 13,50 14,20 14,00 16,50 15,70 16,50 18 00 18,08 18,80 19,40 20,15 16,63 15,40 19,00

fer. 14,50 13,40 14,00 15,00 14,30 14,80 15,00 15,00 14 00 14,00 13,80

14,50 15,69 15 00 15,09

13,70 15,00 13,20 14,20 14,80 16,13 16,00 15,20 15,50 15,80 14,70 14,00 15,20 13,40 16,40

18,20

18,50 17,70 18,50 19,00 18,20 18,50 18,60 19,25

20,00 20,60 22,33 23,40 21,00 21,29 20,82

18,70 20,80 19,50

14,00 13,29 13 89 14,50 14,20 14,20 14,50 14,20 13,75 13,79 13,20 13,29 13,70 15,00 14,90 14,80

14,66 14,00 18,57 18,00 17,50 15,70 16,10 14,90 14,40 15,20

13,00 12,80 14,50 15,00 16 00 16,00 15,00 13,75 13,50 14,30 14,00 16,50 16,50 16,50 18,09

19,23 19,40

Bemerkungen.

90 39 15

6 15

15 4 17

100 230 70

125 237 334 104 46 120 4 48 28

90 102 102

1 680

3 650

25 050 179 500

10 851 4 529 665

1 846

9 180 1168

199 610

2 269 389 840

3 5009 110 272

1216 160

720

13 280 680

281 2 870 328

483

3 807 9591

543

213 87 221 2 933 28 208 532 99

950

1550 3 128 1 050

1836 3 627 5 931 1 480

680 1814 56 653 452

18,00

16,97 17,00 18,67

16,22

19,27 17:90 20,00

90,04 21.99 20,78

90,51

20,40 19,14

12,67 13/58

13,75 13,79 14,00 14,00 13:79 13,60 12,80 13,15

14,40

14,76 14,66

18,20 17,39 17,26

16,10

14,10 14,78

12,00

14,60 15,12 15,00 14,17 13,60 13,00 14,13

14,79

18,00

18,10 18,13 18,84

16,30 18,29

12,75 13,93

14 20 14,47 14,68 14,67 14,00 13,70 13,30 13,75

14 65

{ 50 3,60 ,09

14,70 15,29 15,45 14,23 14,78 15,12 14,00

13,60

16,14

14,70

14,85 15,35 14,36

13,20 15,05 14,00 13,89 15/95

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30 10 10

Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundetea Zahlen berehzect.

Deutscher Reichstag. 65, Sißunz vom 4. März 1898, 2 Uhr.

Das Haus erledigt zunächst einige Petitionen.

Ueber den Anfang der Sißung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

Die auf die Aenderung der Bestimmungen über die Sonntagsruhe sih beziehenden Petitionen der Papier- fabriken, des Verbandes deutsher Müller und der Droguisten- Jnnungen zu Berlin werden der Regierung als Material überwiesen; die Petition der Barbier-, Friseur- und Perrücken- macher-Jnnungen wird durch Uebergang zur Tagesordnung

erledigt.

Abg. Lenzmann (fr. Volksp.) wendet sch bei dieser Petition gegen die für die Provinz Wesifalen erlassene Polizeiverordnungen, welche tas Jagen am Sonntag verbiete und die Verhüllung der zur Schau gestellten Waaren vorfchreibe. Diese leßtere Verordnung stehe in Widerspruh mit der Gewerbeordnung :

Direktor im Reichsamt des Innern Dr. von Woedtke: Den Ausführungen des Vorredners über die Zuständigkeit des Reis kann ih nicht zustimmen. Der befkreffende Paragraph der Gewerbeordnung bezieht sich auf die Arbeit am. Sonntag vnd enthält keine Bestim- mung, daß weitergehende landesgeseßlihe Vorschriften unzulässig sind. Das Verhängen der Schaufenster am Sonntag is überdies in ciner Reibe preußischer Provinzen althergebrahtes Net. Ich sehe daher keine Veranlassung, namens des Reichsamts des Innern auf die preußische Verwaltung einzuwirken, daß fie die Verfügung aufhebt.

Es folgt die erste Berathung des von den Elsaß- Lothringern und den Sozialdemokraten beantragten Gesezentwurfs, betreffend die Aufhebung des \0o- genannten Diktatiur-Paragraphen.

Aba. Winterer (b. k. F.) begründet den {on mehrfah von seinen Freunden eingebrachten Antrag, der 1896 vom NReichétage an- nommen, aber nach längerem Zögern vom Bundesrath abgelehnt worden sei. Da in den Reichtlanden keinerlei Gefahr mehr vorhanden set, brauche der Statthalter die ihm zustehenden außerordentlichen Befugnisse niht mehr. Troßdem sei der Diktatur-Paragraph gegen Durchreijende, gegen Zeitungen und Versammlungen vielfa an- gewendet worden, fodaß es in diefen Beztebungen an jeglihem ordent- lihem Gerichte fehle und die freiheitlihe Entwickelung des Landes ge- hemmt werde. j, i

Abg. Dr. Höôffel (Rp.): In jedem Jahre kommen die Klagen aus Elsaß-Lothringen über den Ausnahmezufstand aufs neue, aber ohne Grfolg. Daß kurz nah 1870 außergewöhnlihe Maßregeln nothwendig waren, it begreiflich. Aber scitdem baben sich die Verhältnisse total verändert, und die Beseitigung des Diktatur-Paragraphen wird die Retchslande beruhigen; die Regierung behält auch dann noch Aus- nahmebefugnisse in genügender Anzahl, z. B. das Zuéweisungsrecht. Die verbündeten Regierungen follten den Diktatur-Paragraphen, der ein bequemes Agitationsmittel für die Opposition ist, endlich be- seitigen, damit in der Bevölkerung das Bewußtsein des engsten Zu- Pevenenanaes mit dem Deutschen Neiche endlih geweckt wird. Denn o lange die Ausnahmezustände bestehen, werden sie anderen Nationen das Recht haben, zu sagen, daß noch eine elsaß lothringise Frage be- ftehe. Eine zufriedene Bevölkerung ist eine viel bessere Garantie als alle Ausnahmegesetze.

Abg. Dr. von Cuny (nl.) spriht seine Befriedigung darüber aus, daß die Sache in so ruhiger Weise erörtert worden sei und 4 fest, daß die Entwickelung in Elsaß-Lothringen sich derartig ge- taltet habe, taß es möglich sein werde, ohne Ausnahmebestimmungen dermaleinst auszukommen. Gegenwärtig sei seine Fraktion ncch nicht in der Lage, für die Anträge zu stimmen: das folge aus der Stellung der Partei in nationalen Fragen. Wenn die Regierung erkläre, daß sie gewisser Waffen noch bedürfe, so seien die Nationalliberalen nicht in der Lage, ihr dicfelben zu versagen; denn die Regierung sei verantwortlich für die Sicherheit des Reiches. Die Elsaß- Lothringer hätten ja {hon mehrfach nationale Anschauungen vertreten, er hoffe, daß das au in Zukunft der Fall sein werde; dann werde die Regierung vielleicht gegen die Aufhebung der Diktatur nichts ein- zuwenden haben. Bei der Anwendung des Diktatur - Paragraphen handle es sih meist um das bedrohte Grenzgebiet, niht um eigentlih elsaß-lothringi!he Verhältnisse. Die Bedeutung der Diktatur sci übertrieben worden; es fei von der Ausnahmevorschrift nur wenig Gebrauh gemacht worden. Die Nationalliberalen sehnten die Zeit berbcìi, wo es der Regierung möglich sein werde, auf die Ausnahme- vorschrift zu verzichten.

Abg. Lenzmann (fr. Volkép.): Ih bedauere, daß das Wort von der nationalen Frage in die Debatte geworfen ist. Erklärungen der verbündeten R-gierungen, daß sie diese Waffen brauchen, haben wir heute noch nicht gehört. Vielleicht haben die verbündeten Regie: rungen auch Wahrnehmungen befriedigender Art gemocht, welche einen Berzicht auf Ausnahmemaßregeln gestatten. Der Vorredner thut so, als wenn der Diktatur-Paragraph garnichts bedeute. Wte kommt es denn aber, daß der Landesaus\chuß, daß alle elsaß- lothringischen Abgeordneten für seine Aufhebung eintreten? Sie wollen eten auf dea Boden des ordentlihen Rechtes treten. Wir werden für die An- träge stimmen.

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.) erklärt seine und seiner Freunde volle Zustimmung zu den Ausführungen des Abg. von Cuny mit Aus- nahme des Abg. Löffel. In diesen Fragen könne allein die Negie- rung, welche die Verantwortlichkeit für die Sicherheit des Landes trage, die Entscheidung treffen. Die Regierung werde auh nicht einen Tag länger, als es nothwendig sei, von dieser Auénahmebefugniß Gebrau machen. Die elfaß:lothringishe Frage sei vorzugsweise eine auswärtige Frage, die er deshalb hier niht näher erörtern wolle, weil damit dem Vaterlande ein sehr \{chlechter Dienst geleistet werden würde. Die Abgeordncten aus Elsaß Lothringen kämen immer nur dann in den Reichétaz, wenn es fich um ihre Angelegenheiten handle, Darin liege doch ein Beweis, daß die Herren den inneren Angelegen- heiten des Reichs nicht die Aufmerksamkeit s{henkten, die wünschens- werth sei. Man könne den Diktatur-Paragraphen nicht aufgeben.

Abg. Graf von Hompesch (Zentr.): Meine Freunde sind immer für die Aufhebung der Diktatur eingetreten und werden es auch heute thun.

Abg. Bebel (Soz.) richtet eine Anzahl scharfer Angriffe gegen die Regierung der Reichslande und führt aus, daß dieselbe au ohne den Diktatur-Paragraphen noch über Machtmittel genug verfüge, namentlih auf Grund des Preßzgeseßes mit seinen Kautionen 2c. und des Vereins- und Versammlungsörehts.

Abg. Dr. von Levetzow (d. kons.): Meine politishen Freunde haben bei den wiederbolten Verhandlungen oft erklärt, wie sie zu der Sache stehen. Ich will auch heute die kurze Erklärung abgeben, daß es niemand besser erwägen kann, als die verbündeten Regterungen, wann der Moment gekommen sein wird, diese Ausnahmevorschrif/en aufzuheben, Es wird Sache der Elsaß-Lothringer sein, die Gründe, welche die Erhaltung des Ausnahmezustandes erfordern, zu beseitigen. Bei einem so {wach besetzten Hause wird es sich niht empfehlen, in die zweite Lesung des Gesehentwurfs einzutreten.

Stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrath, Geheimer Ober-Regierungs - Rath im Ministerium für Elsaß - Lothringen, Halley: Meine Herren! Die sämmtlihen Herren Vor- redner haben sich bemüht, sich thunlihst kurz zu fassen; auch ih werde mich auf wenige Worte beschränken. Der Herr Abg. Bebel i} seiner bisherigen Gewohnheit auch keute treu ge- blieben und hat mit seinen Ausfühuungen gegen den § 10 des Geseßes vom 30, Dezember 1871 lebhafte Angriffe gegen die Landesverwaltung von Elsaß - Lothringen verbunden. (Zuruf von den Sozialdemokraten) das wird sich ja finden. Ein großer Theil der Ausführungen des Herrn Abg. Bebel steht mit dem § 10 in gar keiner Berührung, und etn Zusammenhang derselben mit dem heutigen Antrage ist far nicht herzustellen, Sachli ch waren die Aucführungen des Herrn Abg. Vebel {on deshalb ungerccht, weil er gar keine Notiz von dem genommen hat, was unbestrittener- maßen 1hatsählch in der L27jährigen Verwaltung erreicht

worden is} in ruhigem, ftetem Forts{reiten, in unermüdlicer Arbeit und Ausdauer der von ihm so {lecht behandelten Beamten, in unverbrüch- lihem Festhalten an den Zielen: wie die verbündeten Regierungen und der Reichétag von jeher bestrebt gewesen sind, dem Lande zu ter erfehnten Selbständigkeit zu verhelfen, wie das neue Staatewesen, nahdem das Reichsland von dem früheren Vaterland getrennt war, mit dem es verbunden war, dur strafe Zentralisation in der ganzen Staateverwaltung, dur Literatur, Kunst und WissensC;aft, dur intime Familienbeziehungen, dur ausgezehnte Beziehungen auf dem Gebiete von Handel, Gewerbe und Industrie, {hon drei Fahre nah der Annexion, im Jahre 1874, einen berathenden Landes- ausschuß erhalten hat, wie nur drei Jahre später, im Jahre 1877, aus dem berathenden Landetausshuß ein geseßgebender Faktor wurde, troßdem darüber ja kein Zweifel sein konnte, daß die gebildeten so- wehl wie die besißenden Klassen in threr überwiegenden Mehrzahl vollständig französiert waren, wie nur zwei Jahre später, 1879, dem Landesauéshuß das Recht der Initiative gegeben worden ist, wie das Staatêroesen [ih seitdem immer mehr und mehr konsslidiert hat, wie es Justiz-, Finanz-, Polizeihoheit besißt, und an Stelle der Verwaltung, die früher von einer Abtheilung des Neichskanzleramts von Berlin aus gefübrt wurde, eine selbständige Verwaltung im Lande getreten ist, wie an Stelle des Reichétags, der früher die einzige Volksvertretung von Elsaß-Lothringen war, nunmehr für die ganze Entwickelung der Landes8gefetgebung der Landesausschuß thatsächlich allein in Betracht kommt. ehe ih von der Beseitigung eines früher im Wege der Reihs-Geseßgebung erlassenen Geseßes ab, so ist das leßte Gefeß, welches im Wege der Reichs-Geseßgebung zu stande gekommen if im Jahre 1888 erlassen worden. Das Alles is erreiht worden in weniger als brei Jahrzehnten. Nun, meine Herren, der Herr Abg. Bebel hat heute ganz vergessen, daß Rom auh nicht in einem Tage erbaut worden is, während doch seine besonderen Bestrebungen ihn darauf hinweisen müßten, daß eingewur- zelte Volksgewohnheiten und eingelebte . Verhältnisse im Hand- umdrehen sich nicht über den Haufen werfen lassen. Wer überhaupt die Ausführungen des Herrn Bébel heute verfolgt hat, der müßte, wenn er die thatsählihen Verhältnisse nit besser kennt, zu der Ueberzeugung kommen, daß wir in einem rechtlosen, diktatorisch regierten Lande leben. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Meire Herren, das Wort „Diktatur“ ift lediglih ein Schlagwort das sich ja rednerish gut verwenden läßt, das au seinen Eindruck auf die Massen nie verfehlen wird, das aber den thatsächlihen und rechtlichen Verhältnissen des Landes niht im geringsten entspricht. Zur Diltatur gehört denn doch vor allem ein Diktator. Das aber werden die Herren mir zugeben müssen, daß der Statthalter, der vom Kaiser ernannt wird, für den die Gesetze im Lande verbindlih sind, niht deéhalb zum Dittator wird, weil ihm für besondere Ausnahmeverkältnisse besondere Vollmachten übertragen worden sind. Mit dem Wort „Diktator“ verbindet man denn doch einen ganz anderen Begriff. Und was die Handhabung der Regierung in Elsaß-Lothringen betrifft, fo weiß das Land sebr genau, daß es unter cinem gerehten, milden, wohlwollenden Statthalter lebt (Lachen bei ten Sozialdemokraten), der ein kräfitger, wirksamer Be- \{hüper der wirthschaftlicen und politishen Interessen des Landes ist und der noh jüngst, indem er einen für das Land außerordentlih wichtigen Negierungéakt befürwortete, sehr deutlich gezeigt hat, daß er dem Lande das denkbar größte Vertrauen entgegenbringt, und daß er die Wünsche des Landes, sowcit sie sih überbaupt erfüllen lcssen, jeder Zeit zu erfüllen bereit ift. Den heftigen Angriffen des Herrn Bebel gegen den Staatssekretär von Puttkamer kann ih doch wohl entgegen- halten, daß im ganzen Lande die Verdienste, die er sich um das Land im reichéländishen Porlament und in der ge- sammten Verwaltung, insbesondere seit 1879 erworben hat, aner- kannt werden. (Lbhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Wenn Herr Bebel dann sagte, die sämmtlihen Beamten des Lant es wären unfähig, das Land zu regieren, weil fie mit der Bevölkerung in keine besseren, intimeren Beziehuncen getreten seien, so muß ih ihn darauf hinwcifen, daß, wenn er sih mehr mit den thatsächlichen Verhältnissen des Landes beschäftigt haben würde (Zaruf bei den Sozialdemokraten große Heite:keit) wenn der Herr Aba. Singer mir zuruft: Sie lassen uns ja nicht herein, so be- meife ih, daß, soviel ich weiß, bisher auf Grund des Difktatur- paragraphen der Herr Abg. Bebel noch niht ausgewiesen worden is (lebhafte Unterbrehungen; Glocke des Präsidenten), ebensowenig der Herr Abg. Singer. (Lebka‘te Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten, Glocke des Präsidenten), und wenn Sie mir zurufen : „Versammlungéverbot*, so bemerke ih, daß dem Herrn Abg. Bcbe?, so lange er Reichstags- Abgeordneter für Straßburg ift, die Erlaubniß, eine sozialdemokratishe Versammlung in seinem Wahlkreise abzuhalten, nie verweigert wurde. (Hört, hört! rechts.) Also ich fagte, wenn Herr Bebel sih mit den thatsähliden Verhältnissen des Landes mehr bekannt gemacht hätte, so würde er die Erfahrung gemacht haben, daß das Verhältniß der Beamten zur Bevölkerung im allge- meinen ein recht zufriedenstellendes, meistentheils sogar ein reht gutes und herzlihes ift. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Ja, gehen Sie doch einmal hin und sehen Sie, wie die im Reichstage im allgemeinen so shlecht behandelten Kreisdirektoren mit der Be- rôölkerung verkchren, Sie werden dann zu der Ueberzeugung fommen, daß die Beamten des Landes durhaus pflichttreu und bestrebt sind, den Interessen des Landes nah allen Richtungen bin zu dienen. Was die einzelnen Sachen angebt, von denen Herr Bebel sprach, so thut cs mir leid, daß er mih niht vorher von den- selben unterrihtet hat; ih würde dann in ter Lage gewesen sein, bezüglih ber Anwendung der Polizeiverordnung, welche die französischen Inschriften verbietet, die thatsählichen Verbältn!}se klarstellen zu können. Mir ist das, was Herr Bebel in dieser Beziehung als vorgekommen bezeichnet, völlig unbekannt. Wenn Herr Bebel ferner sagte, in Münster habe die Polizei einem Wirth, bei dem politische Ge! präche im Wirthéhause geführt wurden, angedroht, ihm die Konzession zu entziehen, so ist mir au dieser Fall vollständig unbekannt. Ich stete aber niht an, zu erklären, daß ich zunächst die Sache für nit rihtig halte. Ih eraähne da einen anderen, frühec vor- cekommenen Fall, über den ich Aufschluß erbeten hate. Herr Bebel hat in der Reichstagösißung vom 30. Januar 1895 bLe- hauptet, der Polizei-Präsident von Straßburg habe die Ordre erlassen, die Wirthe sollten darauf schen und alles aufbieten, daß in ihren Wirthschaften keine politishen Gespräche geführt würden. Das wide also ungetähr dieselbe Sache sein, wie sie in Münster vor- gekommen fein soll. Darauf hat mir der Polizei- Präsident in Straß- burg geantwortet, daß „weder von mir noch von meinem Vertreter deraitige Zumuthungen an die Wirthe gestellt worden find“. Was der Herr Abg. Bebel also damals dem Haufe mitgetheilt hat, ist thatsählich Fabel gewesen. Bis auf weiteres muß ich annehmen, daß das, was er von Münster vorgebracht hat, eine ebenfole Fabel ist. (Bravo ! rets.)

Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vag.): Wir halten auh die Zeit für gekommen, taß die Avsnahmezustände in Elsaß-Lothringen beseitigt werden. Freih.rr vom Stein hat bezüglih der Behandlung eroberter Länder gerathen, daß man durch wohlwollendes Entgegenkommen die Er- bitterung zu besänftigen und die Gemüther für das Gute der neuen Verfassung empfänglich mache möge.

Abg. Werner (Neformp.): Wenn man alles den verbündeten Regierungen üveclassen will, dann braucht der Reichstag garnicht zu- sammenzukommen. Durch Beibehaltung der Diktatur wird der Sozialdemokratie der beste Vorschub geleistet; denn es wird dadur bei den Elsaß-Lothringern der Glauben erwedckt, daß sie Reichsbürger zweiter Klasse seien.

Abg. Bebel (Soz) erklärt: verboten habe man zwar keine Versammlungen, man habe es ihm (Redner) aber unmöglih ge- macht, in Straßburg und sogar in dem benahbarten Baden Ver- sammlungen abzuhalten. Als er sich in Straßburg aufgehalten, fei er auf Schritt und Tritt von Geheimpolizisten beobah!et worden.

Stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrath, Geheimer Ober - Regterungs - Nath im Ministerium für Elsaß - Lothringen P eA Meine Herren! Nur noch wenige Worte. Etwas at mich in den Ausführungen des Herrn Abg. Bebel

denn doch interessiert; er Hat wenigstens anerkannt, daß in Elsaß- Lothringen nicht alles |{chlecht sei. (Zuruf bei den Sozialtemokraten.) Es 1 das nun nicht gerade viel, was der Herr Abg. Bebel g hat, aber wir sind auch mit wenigem zufrieden. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Ja! ja! so sind wir. (Heiterkeit.) So- dann hat der Herr Abg. Bebel gesagi, es set ihm tufolge der Thätigkeit der Polizei nicht mözlich geworden, in Straß- burg ein Lokal für seine Versammlungen zu bekommen. Den Beweis für diese Behauptung hat Herr Abg. Bebel nicht bet- gebraht, und ich muß deshalb, bis er denselben geliefert, seine Be- \huldigung gegen die Polizei zurückweisen. Dann hat der Hexr Abgeordnete eine dritte Sache erwähnt. Der Herr Staatssekretär von Puttkamer habe von dem Vorkommniß mit. dem Kreisdirektor zu Erstein keine Kenntniß gehabt. Gerade das Gegentheil ergiebt si aus den Verhandlungen des Landesauéschusses. Herr von Puttkamer hat nah dem Zeitungs-Stenogramm im Landesausshuß gefagt: „Der Vorfall war mir ganz unbekannt, ih hatte „vor dem Prozeß“ von demselben nie gehört. Nachdem ih gelesen hatte, daß ein solcher Prozeß stattgefunden, habe ich mi erkundigt und habe einen Bericht von dem Kreisdirektor erhalten.“ Das ist denn doch ganz etwas Anderes, als wenn Herr von Puttkamer erklärt hätte, er babe über- haupt keine Kenntniß von der Sache gehabt.

Damit shließt die Debatte. Nahdem der Abg. Dr.Simonis (b. f. F.) in einem Schlußwort als Mitantragsteller nochmals für den Antrag eingetreten ist, stellt der Präsident Freiherr von Buol einen Antrag des Abg. Lenzmann, sofort die zweite Lesung vorzunehmen, zur Abstimmung.

Abg. Freiherr von Stumm bezweifelt vor der Abstimmung die Beschlußfähigkeit des Hauses. E : s

Der von dem Präsidenten hicrauf angeordnete Namens- aufruf ergiebt die Anwesenheit von nur 133 Mitgliedern, während 199 zur Beschlußfähigkeit nothwendig sind.

Die Verhandlungen werden deshalb abgebrochen.

Schluß 5 Uhr. Nächste Sißung Montag 1 Uhr. (Erste Berathung der Postnovelle. Dritte Berathung des Geseß- entwurfs, betreffend die freiwillige Gerichtsbarkeit. Fortseßung der zweiten Berathung über die Entschädigung unschuldig Ver- urtheilter, beginnend mit der Abstimmung über 8 77.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 38. Sißung vom 4. März 1898.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Berathung des

Antrags der Abgg. Felisch (kons.) und Gen. : die Regierung zu ecsuhen, dieselbe wolle im Bundesrath ihren Eir. fluß dahin geltend machen, daß dem Reichstage baldigst ein Best entwurf vorgelegt werde, durch welchen die Ausübung des fo verantwortlihen Baugewerbes von dem Nachweis der Be - fähigung zum selbständigen Betriebe abhängig gemacht wird.

Ueber den ersten Theil der Debatte ist schon berichtet worden.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Jch habe bereits im vorigen Jahre Gelegenheit gehabt, die grundsäßlihe Stellung der Staatsregierung zu der Frage des Befähizungênachweises näher darzulegen. Grundsäßliche Bedenken hat die Regierung gegen die Einführung des Befähigungsnahweises für die Baugewerbe niht. Für sie ift die Frage wesentlih eine Frage des Bedürfnisses und eine Frage der praktischen Zwelkmäßigkeit. Aus diesem Gesichtspunkte hat sie infolge der vielfahen Petitionen, die hon früher an den Reichstag gelangt find, bereits Anfang der 90er Jahre Veranlcssung genommen, eingehende Erhebungen anzustellen durch Berichte der Regierungen darüber, ob die Einführung des Befähigung2nachweises als zweckmäßig anzusehen wäre und als ein Bedürfniß zu betrachten fei, um die größere Sicherheit für die Ausübung des Baugewerbes zu erreichen. Denn daß das Baugewerbe zu denjenigen gehört, bei denen das Leben und die Sicherheit der Betheiligten wesentli in Frage kommt, daß hier also wesentlih ein öffentlihes Interesse in Betracht kommt, das unterliegt ja gar feinem Zweifel.

Die Berichte, die damals eingegangen find, sind zwar nicht auf Grund befonderer statistisher Erhebungen erstattet worden es liegen ihnen im wefentliGen wohl nur die Angaben der Kreis-Baumeister zu Grunde, die Erfahrungen, die bei teder Regierung innerhalb ibres Bezirks gemaht worden find.

Nach dem Ergebniß dieser Berichte wurde es damals als ein dringendes Bedürfniß, mit der Regelung des Befähigungs- nachweises vorzugehen, nicht erahtet; es wurde nicht einmal angenommen, daß die Zahl der Bauunfälle thatsählich als eire bedenklide caschiene. Die Berichte ergaben auch keinen Anhalt für die Annahme, daß ih die Zahl der Unfälle in erheblicher Steigerung befinde. Man nahm allgemein an, daß die Zahl der Un- fälle im wesentlihen im Zusammenhang stände mit der Unzuverlässig* keit in der Ausübung des Gewerbes, niht so sehr mit der Unfähigkeit für die Ausführung. Gleichwohl aber war man in der Mehrzahl der Berichte überwiegend der Meinung, daß es \sich empfehle, der Frage des Befähigungsnachweises näher zu treten, und zwar wesentli aus inneren Gründen : man sagte sich also, daß die ganze tehnishe Entwidelung des Baugewerbes eigentli} darauf hinweise, eine Prüfung der Be- fähigung der Bauhandwerker vorzuschreiben, weil thatsählich die An- forderungen an die Leistungen derselben immer mehr stiegen; es würde in zunehmendem Maße gebaut mit Eisenkonstruktionen; die Kenntniß der Materialien, die statistishen Berehnungen, kurz, alles was noth- wendig sei für die sichere, zuverlässize Ausführung des Baues, weise darauf hin, daß man die Einführung des Befähigungsnachweises auf die Dauer nicht entbehren könne.

Es wurde ferner hervorgehoben, daß die Ausbildung des Unter- nehmerwesens im Baugewerbe dahin dränge, nah dieser Richtung eine größere Garantie für die solide Bauausführung zu \{hafen. Die Ausführung der großen Bauten liege meist in den Händen von be- sonderen Firmen, bei denen nit lediglih die Aufgabe einer tehaisch vollkommenen Arbeit, sondern vorzugsweise die gewinnbringende Erwerbsthätigkeit in den Vordergrund trete. Diese Entwickelung lasse es erwünsht erscheinen, den Befähigungsnahweis für die einzelnen bei der Bauunternehmung mitwirkenden Baugewerbe ein» zuführen. j

Es wurde endlich darauf hingewiesen, daß es für die Hebung des ganzen Standes erwünscht fei, den Befähigungönachweis einzuführen, deszleichen für die Ausbildung der Gesellen und Lehrlinge. :

Diese allgemeinen Gesihtspunkte waren es, die in den Berichten bestimmend waren, die Einführung des Befähigungsnahweises zu be- fürworten. Für ein dringendes Bedürfniß aber wurde diese Maß- regel nit anerkannt. Jm übrigen gingen die Berichte weit aus-