1898 / 65 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

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Grofthandels - Durchschnittspreise von Getreide au auferdeutschen BVöxrsen-Plätzen für die Woche vom 7. bis 12. März 1898 nebst entsprehenden Angaben für die Vorwoche. 1006 kg in Mark. reise für prompte [Loko-] Waare, soweit nit etwas Anderes bemerkt.)

Woche Dagegen

hte Vor- Ar:

1898 woche : 160,71| 161,66

heiß- 297,03| 228,88 121/59| 123,37

180/26| 180,38

148,80| 150,60 996/01| 227,45 118,19| 118,27 136,05| 136,14

100,46) 99,77 153,51| 154,50 103,40| 103,44

102,73| 101,68 d Ulka 155,76| 155,82

103,18| 103,00 155,76| 155,16

140,09 231,62

169,78 181,48

118,55 116,93 160,53

S gen, zen ; afer, "ungari Wer, prima

erfte, slovakische

Judap Roggen, Mittelqualität Weizen, j

Gerte, Malz-

Roggen Weizen, Saxonka E

Weizen

140,52 232,02

168,36 178,86

114,53 115,74 158,79

D i | lieferbare Waare des laufenden Monats Antwerpen.

Donau- Weizen Red Winter Nr. 2 Amsterdam.

[ Afow- Roggen \| St. Petersburger Weizen, poln. Ödessa- London. a. Produktenbörse (Mark Lane). Weizen | es E

b, Gazette averages.

Weizen | englisches Getreide, fer ( Mittelpreis aus 196 Marktorten

erste M Liverpool, Ghirka Californier Chicago Spring Northern Duluth Manitoba Spring La Plata n N weiß, ordinär s engl. weißer Hafer | engl. gelber Californ. Brau- Gerste { Canadische Schwarze Meer- Chicago. Weizen, Lieferungs-Waare des laufenden Monats . New-York. Weizen, Lieferungs-Waare des laufenden Monats . Bemerkungen.

1 Tschetwert Weizen ist = 163,80, Roggen = 147,42, Hafer = 98,28 kg angenonimen; 1 Imperial Quarter ift für die Weizennotiz an der Londoner Produktenbörse = 504 Pfd. engl. gerehnet; für die Gazette averages, d. h. die aus den Umfäßen an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Durschnittspreise für _einheimisches Ge- treide, ist 1 Imperial Quarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfd. engl. angeseyt. 1 Bushel Weizen = 60 Pfd. engl. ; 1 Pfd. engl. = 453,6 g; 1 Last Roggen = 2100, Weizen = 2400 kg

Bei der Umrehnung der Preise in eihswährung sind die aus den einzelnen Tages-Notierungen im „Deutshen Reichs- und Staats- Anzeiger“ ermittelten wöchentlichen Dur(hschnitts-Wechselkurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und New-York die Kurse auf New-York, füc St.

etersburg, Odessa und Riga die Kurse auf St. Peteróburg, für Paris, ntwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Pläye.

171,25 166,77

167,66 128,37 157,01

164,53 178,17 180,05 182,40 188,98 177,70 168,30 131,62 125,39 144,80

101,85) 159,08) 163,58

171,08 167,72

168,28 129,45 157,79

164,37 178,93 180,34 183,16 188,80 178,46 170,48 131,49 123,14 143,40 102,53

99,03

162,47 164,45

Weizen

Personal-Veräuderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Portepee-Fähnrihe x. Ernennungen, Beförderungen und Versezungen. Im aktiven Heere. Berlin, 8. März v. Beringe, Pr. L. vom Inf. Regt. Graf Schwerin (3. Pomm.) Nr. 14, dessen Kommando zur Dienstleistung bei der Shloßgarde-Komp. um sech8s8 Monate verlängert.

Berlin, 10. März. Schuly, Oberst-Lt. und Kommandeur des Niederschlef. Fuß-Art. Regts. Nr. 5, Mottau, Hauptm. und Battr. Chef vom‘ Feld-Art. Reat. Nr. 36, zur Dienstleistung beî dem Kriegs-Minifterium kommandiert. v. Widckede, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 93, in das Inf. Negt. Graf Schwerin (3. Pomzna.) Nr. 14 verseßt. '

In der Gendarmerie. Berlin, 12. März. v. Koppy;, Major a. D., zuleßt Eskadr. Chef im Braunschweig. Huf. Regt. Nr. 17, in der 1. Gend. Brig., Jordan, Hauptm. von der Inf. 2, Aufgebots des Landw. Bezirks Torgau, früher Pr. Lt. im Inf. Regt. Graf Schwerin (3, Pomm.) Nr. 14, bei ¡der Landw. aus- geschieden und als charakteris. Hauptm. in der 6. Gend. Brig., angestellt. ;

Abschiedsbewilligungen. Jm aktiven Heere. Berlin, 8. März. Kanunenberg, Pr. Lt vom Thüring. Feld-Art. Negt. Nr. 19, scheidet mit dem 22. März d. I. aus dem Hecre aus und wird mit dem 23. März d. J. als Pr. Lt. mit seinem bisherigen Patent in der Shußtcuppe für Deutsch-Ostafrika angestellt.

In der Gendarmerie. Bexlin, ‘12, März. Schult v. Dratßig, Haùvptm. von der 6. Gend. Brig., mit Pension nebjr Aussicht auf Anstellung im Zivildienst und dem Charakter als Major,

rize, Hauptm. von der 1. Gend. Brig.,, mit Pension nebst Aus- cht auf Anstellung im Zivildienst und der Uniform des Inf. Regts. von Alvensleben (6. Brandenburg.) Nr. 52, der Abschied bewilligt.

ImSanitäts-Korps. Berlin, 8. März. Dr. Brückner, Assist. Arzt 2. Kl. vom Feld-Art. Regt. Prinz August von Preußen (Ostpreuß.) Nr. 1, scheidet mit dem 22, März d. I. aus dem Heere aus und wird mit dem 23, März d. I. als Assist. Arzt 2. Kl, mit seinem bisherigen Patent in der Schußtruppe für Deutsh-Ostafrika

angefteflt. E Beamte der Militärverwaltung. Durch Verfügung des Kriegs-Minifter iums. 24. Ja- nuar. Habelmann, Rechnungs - Rath, Geheimer expedierender Sekretär im Kriegs-Ministerium, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt. 7. Februar. Knoll, Koinzer, Proviantamts - Aspiranten, um 1. März 1898 als Proviantamts - Assistenten in Posen bezw.

erlin angestellt.

11. Februar. Bernhardi, Rehnungs-Rath, Proviantmeister ín Frankfurt a. O., auf seinen Antrag zum 1. Junt d. J. mit Penfion

23. Februar. DALIN a, D Geor auf Probe i l, zum Proviantamts-Direktor ernannt. 7 A Kebeuie. Anderf e Loe auf Probe

nnover, zum Proviantamts-Direktor ernannt. n Dan E S Satte, Floethe, Hoffmann, Proviant- meister auf Probe in oar bezw. Lyck und Braunschweig, zu

viantmeiftern ernannt. A Sue Damms, Beer, Horch, Proviantamts- Kontroleure auf Probe in Minden bezw. Danzig und Thorn, zu Proviantamts-Kontroleuren ernannt.

Königlich Bayerische Armee. Offiziere, Portepee-Fähnrihe x. Ernennungen, Be eee tén und Verseßungen. Im aktiven Heere. 6, M ärn Râächl, Pr. Lt. vom 3. Chev. Regt. Herzog Karl Theodor, zum 2. Ulan. Regt. König verseßt. Nachgenannte Port. Fähnriche zu Sec. Lts. befördert: v. Nagel zu Aichberg, Frhr. v. Feury auf Hilling, Frhr. v. Falkenhausen, v. Püß im Inf. Leib-Regt., List, Roth, Filchner, Pernwert v. Bärnstein, Holmberg, Dill im 1. Inf. Regt. König, Verstl im 2. Inf. Regt. Kronprinz, Hörhammer, Dümlein, Frhr. v. Berhem, Schreyer im 3. Inf. Regt. Prinz Karl von Bayern, Frhr. v. Stengel, Groß, Brunner, Weigel im 4. Inf. Regt. König Wilhelm von Württemberg, Seiß, Schlier, Köttniß, Geistbeck, Ferber im 5. Inf. Regt. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, Vppel, Högerl, Seidl im 6. Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, Engelhardt, Lienhardt, v. Berg, Biermer, Rehm, Gummi im 7. Inf. Regt Prinz Leopold, Buchberger, Bermüller im 8. Inf. Regt. Pranckh, Claus im 9. Inf. Regt. Wrede, Hörauf, Holzshuher, Liebing, Sorge, Tregtel, Handshuhch, Neumater, Bauer . im 10. Inf. Regt. Prinz Ludwig, Schnizlein, Wäninger, Geis, Biechele, Schmiß im 11. Inf. Regt. von der Tann, Schuster, Winneberger, Haus ner, Wingefelder, Pfändler, Eigl im 12. Inf. Regt. N Arnulf, Fleßa, Söldner, Müller, Motschenbacher, ackmund, Frhr. Loeffelholz_ v. Colberg, Rau im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz Joseph von Desterreih, Guler, Baumgärtl im 14, Inf. Regt. Hartmann, Müller im 15. Inf. Negt. König Albert von Sachsen, Schropp im 16. Inf. Regt. Großherzog Ferdinand von Toskana, Hümmer, Walter, Hofmann, Rum- bUher im 17. Inf. Regt. Orff, Jägerhuber, Kröller, Rödiger im 18. Inf. Regt. Prinz Ludwig Ferdinand, Kolb, Strobl, Krepger, Schuberth, Schad, Wenglein im 19. Infanterie Regt, Spiegel, Buhler im 20. Inf. Regt., Scholz im 2. Jäger-Bat., Frhr. v. Zurhein im 1. Schweren Reiter-Regt. Prinz Karl von Bayern, diesen überzählig, Hassel- wander, Ritter und Edler v. Sedelmair, Ritter y Pstlier- meister im 2. Shweren Reiter-Regt. vakant Kronprinz Erzherzog Rudolph von Oesterreih, Frhr. v. Hofenfels, Frhr. v. Secken- dorff-Aberdar im 1. Ulan. Regt. Kaiser Wilhelm 11. König von Preußen, v. Tannstein gen. Fleischmann im 2. Ulan. Regt. König, Frhr. Kreß v. Kreßenstein im 1. Chev. Regt. Kaiser Nikolaus von Rußland, Merckle im 3. Chev. Regt. Herzog Karl Theodor, Frhr. Schenk v. Geyern im 4. Chev. Regt. König, Fung im 5. Chevy. Regt. Erzherzog Albrecht von Desterreih, Frhr. v. Lindenfels, Jahreiß im 6. Chev. Regt. Prinz Albrecht von Preußen, Wand im 5. Feld-Art. Regt, Gmeinwiser, Bauer im 1. Fuß-Art. Regt. vakant Bothmer, Uschold, Preßel, Spillecke, Münch, Schmid, Mark, S{warzweller im 2. Fuß-Art. Negt., Theocharis, Koch vom Eisenbahn-Bat., Frhr. v. Berhem, Rosenmerkel, Stümpfig im 1. Pion. Bat., Schlör, Hühnlein, Prügel vom Eisenbahn - Bat., Nall, Kellner, Gebendorfer im 2. Pion. Bat., Stepf, Lehmann im 1. Train -Bat., Schuster, Grüber im 2. Train - Bat. Graf Fugger v. GIlött, Graf Waldbott v. Bassenheim, Sec. Lts. des Inf. Leib-Regts.,, Patente ihrer Charge verliehen. v. S (lei, Pr. Lt. des 3. Feld-Art. Negts. Königin-Mutter, unter Stellung à la suite dieses Truppentheils, vom 1. April d. J. ab auf die Dauer eines Jahres beurlaubt. Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 7. März. Theobald, Port. Fähnr. des 2. Schweren Reiter-Negts. vakant Kronprinz Erzherzog Rudolph von Oesterreich, zur Ref. beurlaubt. Im Sanitäts-Korps. 3. März. Dr. y. Reiß (Passau), Stabsarzt, zum Ober-Stabsarzt 2. Kl. in der Landw. 1. Aufgebots, Dr, Leverkühn (1 München), Dr. Kreuz (Kißingen), Dr. Possner, Dr. Baumeister (Aschaffenburg), Dr. Müller (Hof), Dr. Kuznißky, Dr. Bernard (Kaiserslautern), Orth (Ludwigshafen), Assist. Aerzte 2. Kl. in der Res, Dr. Eisenreiter (Vilshofen), Martini (Augsburg), Trzetziack (Kivingen), Dr. Greuli, Dr. Singer (Ashaffenburg), Dr. Kn ehr (Bayreuth), Assist. Aerzte 2, Kl. in der Landw. 1. Aufgebots, zu Assist. Aerzten 1. Kl. be- fördert. , Durch VerfügungdesGeneral-Stabsarztes der Armee. Seel, eiñnjährig-freiwilliger Arzt des 1. Feld-Art. Regts. Prinz- Regent Luitpold, zum Unterarzt im 17. Inf. Regt. Orff ernannt und mit Wahrnehmung einer offenen Assist. Arztstelle beauftrag t. Beamte der Militär-Verwaltung. i

3, März. Schedl, überzähl. Intend. Affessor der Intend. 1, Armee: Korps, in den etatsmäß. Stand der Assessoren der Intend. [I. Armee-Korps versetzt. / Z

Durch Verfügung des General-Kommandos I, Armee- Korps. Schôöpyp, Zahlmfstr. vom 20. Inf. Regt., zum 3. Feld-Art. Negt. Königin-Muttec verseßt. Dornbush, Zahlmstr., beim 20. Inf. Negt. eingetheilt.

XIII. (Königlich Württembergisches) Armee-Korps. Beamte der Militär-Verwaltung. E

20. Februar. Bosch, Rehnungs-Rath, Lazareth-Ober-Jusp. bei dem Garn. Lazareth Stuttgart, auf feinen Antrag mit der gesey- lihen Pension in den Ruhestand verseßt. 2

8. März. Fuchs, Ober - Roßarzt im 2. Feld - Art. Negt. Nr. 29 Prinz-Regent Luitpold von Bayern, auf seinen Antrag mit der geseßlihen Pension in den Ruhestand verseßt.

Kaiserliche Marine.

Offiziere x. Ernennungen, Beförderungen, Ver- seßungen. Berlin, Schloß, 14. März. Vüllers, Scheder, Kapitäns zur See, mit Uebernahme ihrer Kommandos S. M. Schvl- {if „Charlotte“ bezw. S. M. Panzerschiff 3, Klasse „Bayern“ nach Kiel verseßt. Windmüller, Unter-Lt zur See, bis auf weiteres zur Dienstleistung im RNeichs-Marineamt kommandiert. Thiem, See- kadett, untec Ertheilung des Zeugnisses der Reife zum Secoffizier, zum Unter-Lt. zur See, Hamm, BVize-Steuermann der Seewehr im Landw. Bezirk Hamburg, zum Unter-Lieutenant zur See der Seewehr 1, Auf- gebots des Sceoffizierkorps, befördert. Rottok, Korv. Kapitän ¿. D., Lehrer an der Deckoffiztershule, unter Belassung in dieser Stellung, mit S{luß der Schule bis auf Weiteres zur Dienstleistung im NReichs-Marineamt kommandiert. i

Abschiedsbewilligungen. Berlin, Schloß, 14. März. Brinkmann, Korv. Kapitän mit Oberst-Lieutenantsrang, mit der geseßlichen Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Zivildienst und der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den für Ver- abschiedete vorgeshriebenen Abzeichen und gleichzeitiger Verleihung des Charakters als Kapitän zur See der Abschied bewilligt. v. Heyden, Unter-Lt. zur See, A und zu den Offizieren der Res. des See-Offizierkorps übergetreten. s:

S Sanitäts-Korps. Berlin, Sch{loß, 14. März. Dr. Fridcke, Marine-Unterarzt, zum Marine-Afsist. Arzt 2. Kl. be- fördert. Dr. Stôve, Marine-Assist. Arzt 2. Kl, ausgeschieden und zur Res. der Marine-Sanitäts-Offiziere Überyetreten. Dr. Zielcke, Marine-Assift-Arzt. 1. Kl. der Res. im Landw. Bezirk [111 Berlin, behufs Uebertritts zur Armee aus dem Marinedienft entlassen.

Dentscher Reichstag. 61. Sißung vom 15. März 1898, 1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die zweité Berathun Entwürfe einer E Leo ran ung und Leder Einführungsgeseßtes zu derselben.

Berichterstatter Abg. de Witt (Zentr.) führt aus, daß di J handlungen in der Kommission in jahlich|ter und tubiglie E verlaufen seien und giebt eine Uebersicht über die Aenderungen, welche

die Kommission an dem Entwurf vorgenommen habe, und über die, jenigen, welhe nicht erreicht worden seien.

Nach § 1 sollen wegen aller strafbaren Handlungen der Militärgerichtsbarkeit unterstellt sein: 1) alle aktiven Militär- personen, 2) die zur Disposition gestellten Offiziere 2c., 3) die Studierenden der Kaiser Wilhelms-Akademie, 4) die Schiffg- jungen, solange sie eingeschifft sind," 5) die in militärishen Anstalten vérfdraten invaliden Offiziere und Mannschaften, 6) die vorübergehend zur Dienstleistung einberufenen Offiziere und 7) die verabschiedeten Offiziere, so lange sie vorübergehend wieder Verwendung finden.

Die Abgg. Auer und Genossen (Soz.) beantragen, nur die Militärpersonen des aktiven Heeres und der aktiven Marine der Militärgerichtsbarkeit zu unterstellen.

Abg. Munckel (fr. Volksp.) beantragt, die Nr. 2 zu streihen und -die zur Disposition stehenden Offiziere ebenso wie die verabschiedeten nah Nr. 7 zu behandeln.

Kriegs-Minister, General-Lieutenant von Goßler:

Mit dem Herrn Vorredner befinde ich mich in voller Ueberein, stimmung, daß die Verhandlungen in der VIII. Kommission dieses bohen Hauses einen sehr erfreulichen Fortgang genommen haben und daß diese Verhandlungen vollkommen objektiv und in der freund listen Form erledigt worden sind. Wir verdanken das im wesent: lien den ganz hervorragenden Verdiensten des Präsidenten, den das hohe Haus dieser Kommisfion vorgeseßt hat. (Beifall.) Wie der Herr Referent im allgemeinen die Beschlüsse der Kommission in ihrem Zusammenhange dargelegt hat, {heint es au mir geboten, um die Verhandlungen zu erleichtern, auch meinerseits die Stellungnahme der preußishen Regierung zu den Beschlüfsen der VIII. Kommission dar: zulegen.

Es ift ja bereits in den Verhandlungen der Kommissior eine gewisse Anerkennung über unser derzeites preußisches Verfahren geäußert worden, und ih kann nur bestätigen, daß die Angriffe, die in dieser Hinsicht gegen dieses Verfahren vorgebraht worden sind, doch zum theil auf Unkenntniß desfelben beruhen. Mir als Ver- treter der preußishen Armee und deren berechtigten Interessen dürfte es daher wohl gestattet sein, die Grundlagen, die hier uns bisher maßgebend gewesen sind, näher zu entwidckeln.

Die Organisation unserer Armee und die Erfolge, die wir in- folge dieser Organisation zu verzeihnen haben, beruhen im allgemeinen auf der Einfachheit und Klarheit unserer Einrichtungen, und diese Einfachheit und Klarheit is auh übertragen worden auf die Militär-Strafgerihtsordnung. Es sind niht alle Stellen der Armee mit Gerichtsbarkeit versehen, im Gegentheil, nur diejenigen find hier- mit ausgestattet worden, denen die Verantwortung für die Aus- bildung und Disziplin der Truppen obliegt. Das sind die RNegiments- Kommandeure und die Divisions-Kommandeure bezw. Kommandanten; den kommandierenden Generalen ist Gerichtsbarkeit nur insoweit ver- liehen, als Truppen niht dem Divisionsverbande, vielmehr dem General-Kommando unmittelbar unterstehen. Auf diese Weise wird erreiht, daß man die einzelnen Kommandeure für den Zustand ihrer Truppen verantwortlich machen kann. Man hat ihnen neben den Pflichten au die nothwendigen Rechte auferlegt und es ihnen so er- möglicht, ihre Stellung voll auszufüllen ; eine Einrichtung, die sich nah unserer Auffassung in jeder Beziehung bewährt hat.

Wie gestaltet sich nun das bisherige Verfahren? Es besteht darin, daß der Kommandeur, dem die Verantwortung für den Zustand des Truppentheils oder des Heereskörpers obliegt, wenn er von einem Vergehen, welches gerihtlich abgeurtheilt werden muß, Meldung erhält, sein Organ den Untersuhung führenden Offizier oder den Auditeur mit der Ermittelung des Sachverhalts, mit der Unter- suhung beauftragt. Diese Untersuchung findet in gründlihster Weise statt, und um die Rechte des Angeklagten durhaus zu wahren, um die Untersuhung völlig objektiv und unparteiisch zu führen, wird als Beisitzer noh ein Offizier zu dem Untersuhungsgericht kom- mandiert, der vollkommen uninteressiert ist und dem nur die Aufgabe zufällt, dafür zu sorgen, ‘daß die Verhandlungen in voller Klarheit und Obijektivität geführt werden. Ist die Unterjuhung abgeschloffen, so wird ein Gericht aus Standesgenossen berufen. Vor diesem Ge- richt wird der Akteninhalt vorgelesen und der Angeklagte zur Rechen- schaft gezogen. Der Untersuhungsführer muß das Ergebniß der Unter- suchung, das er |chriftlich niedergelegt hat, vortragen, und dem An geklagten wird das leßte Wort zur Sache und zu seiner Vertheidigung ver stattet. Auch ist ihm erlaubt, seine Vertheidigung {riftli einzureihen Das Gericht hat nun zu entscheiden, ob die Untersuhung abgeschlossen ist oder nicht. Glaubt das Gericht, daß die Verhältnisse geklärt, die Belastungs-, wie die Entlastungsbeweise beigebraht sind, dann giebt es nach einer entsprechenden Rechtsbelehrung sein Urtheil ab. It in diesem keine Geseßwidrigkeit enthalten, so wird das Urtheil bestätigt und die Strafe vollstreckt. Es ift dies ein Verfahren, so einfah und ohne Beiwerck, daß ih es nur als {mudcklos bezeichnen kann, aber ein Verfahren, das {ih unter den {hwierigsten Verhältnissen in allen Lagen durchaus bewährt hat. Daß wir von diesem Verfahren ungern abgehen, erklärt sich daraus, daß die praktishe Erfahrung für das- selbe spriht und wir auf diejenigen Resultate verweisen können, die wir mit diesem Verfahren in s{hweren Zeiten und großen Kriegen erreiht haben.

Allerdings is eine Schwierigkeit, eine Komplikation entftander Es würde nämli meines Erachtens niht {wer gewesen sein, wen man die gegenwärtige preußische Strafgerihtsordnung seiner Zeit in ganz Deutschland zur Einführung gebracht hätte mit zeitgemäßen A formen, die auf diesem Grund und Boden im Laufe der Zeit a nothwendig sih erwiesen hätten, ein einheitlihes Verfahren zu ge tälten. Denn alle Dinge werden im Laufe der Zeit teser s und erfordern eine gewisse Erneuerung, Die Schwierigkeit, e A diesem entgegengestellt, bestand eben darin, daß in Bayern im Ja z 1869 eine Strafgerichtsordnung erlassen wurde, die in ihren v Grundlagen von dem preußischen Militärstrafverfahren abwich. Ad werde darauf noch zurükommen. Diese Thatsache ist {hon u L

so auffälliger Natur, daß sie sich wohl nur aus den dama?g

ia den Ruhestand versetzt.

868 politischen Verhältnissen erklärt. Wenn roir auf das Jahr 186

zurückblicken es find seitdem {hon 30 Jahre vergangen —, so sehen wir, wie die deutshen Völkerschaften, nachdem fie ih gegenseitig gemessen und dann mit der vollsten Hochachtung von einander ge- schieden waren, sich in militärisher Hinsicht zu einem gemeinsamen Werk vereinigen. Das hat meines Erachtens die Zeitgeshichte nicht genügend gewürdigt. Preußen ging mit der definitiven Gestaltung und Fortentwickelung seiner Armee auf allen Gebieten voran, und überall wurden Reformen eingeführt. Es entwickelte si{ch ein Wett- eifer, der die s{hönsten Blüthen gezeitigt hat, die wir auf diesem Ge- biete seit vielen Jahren gesehen haben. Die Resultate des Feldzugs von 1870/71 sind wesentliß auf diese Friedensarbeit zurückzuführen. Denn die oberste Heeresleitung konnte mit allen Theilen des deutschen Heeres als völlig vollwerthig rechnen.

Diese erfreulihe Uebereinstimmung, dieses erfreuliche Resultat ist nur auf einem Gebiet zurückgeblieben, nämlich auf dem Gebiet der Strafrehtspflege im Heere. Es ist überrashend, daß, während alle Einrichtungen, soweit sie rein militärisher Natur waren, in Uebereinstimmung gebracht wurden, in Bayern eine Regelung des Militärstrafverfahrens ftaitfand, die mit dem, was in Preußen und den ihm verbundenen Staaten Rechtens war nicht in Einklang stand. Während die preußische Strafgerichts- ordnung fich eng an die Heereseintheilung ans{chloß, und daraus für Krieg und Frieden sh praktis handlih zeigte, wurde dort die territoziale Abgrenzung angenommen: eine Einrichtung, die für den Krieg unmöglih durchzuführen war; während hier eine Ein- heitlihkeit der Gewalt entscheidend war, wurde dort die Gewalt in zwei Theile getheilt: eine Kommandogewalt und eine juristische Gewalt. Die juristisGe Gewalt wurde mit einer Reihe von be- sonderen Einrichtungen versehen; ich erwähne in dieser Beziehung nur die Beschwerdekammer, die Ueberweisungskammer u. \. w., die fonst dem deutschen Heere vollkommen fremd war. Hier galt Schriftlichkeit, dort Mündlichkeit; hier Auss{luß der Oeffentlichkeit, doct volle Oeffentlichkeit und noch eine Reihe von prinzipiellen Unter- schieden, die ih wohl übergehen kann, um meine Rede nicht zu lang zu gestalten.

Die Schwierigkeit hat darin bestanden, diese weit auseinander- gehende Gestaltung des Militärstrafverfahrens in irgend einer Form miteinander zu vereinigen. Sonstige Unterschiede, wie solches mitunter behauptet worden ist, Haben zwishen den norddeutshen Heerestheilen und dem bayerishen Heer in meinen Augen nie bestanden. Wir haben Schulter an Schulter mit unseren bayerisben Kameraden gefochten und haben in den beiderseitigen Anschauungen durchaus keinen Unterschied ge- funden. Die Kameradschaftlichkeit, die wir gegen einander in dem großen Kriege geübt, und der nationale Sinn, den die bayerischen Truppen bewiesen haben, wird mir stets unvergeßlih sein. Unvergeß- li bleiben au} Momente, wo diese gegenseitige Gesinnung auf dem Schlachtfelde zum deutlichsten Ausdruck kam. Ich erinnere daran, wie die bayerishen Kanoniere an ihre Geschüße traten, als sie keine Munition mehr hatten und die „Wacht am Rhein“ sangen. Unver- geßlih i} mir, wie die 22. Division in den Gefechten an der Loire von der Uebermaht des Feindes beinahe überrannt, von den todt- müden Bataillonen des 1. bayerishen Armee-Korps, die bereits im NRückmarsh nah Orleans begriffen waren, und auf diese Nachricht wieder umkehrten, unterftüßt und so die Schlaht gewonnen wurde. Sie erinnerten sich daran, daß vor kurzer Zeit die 22. Division, als das 1. bayerishe Korps vor der Vernichtung ftand, in Eilmärschen herbeigeecilt war und ihren bayerishen Kameraden geholfen hatte, so gut es ging.

Also ein militärischer Untershied war niht vorhanden. Wenn von einem folchen die Nede geroescn ist, so halte ih ihn für künstlich gemaht. Auch wenn ih auf die Zeitgeshichte jener Jahre zurückblicke, fo kann ih nicht finden, daß die Vertretung, wie fie die bayerishe Armee in ihrem aus8gezeihneten Kriegs-Minister Freiherrn von Prankh ge- funden hat, jemals diesen Unterschied betont hätte. Ih will auf die Details nicht eingehen ; das ist aber ganz bekannt, daß damals {on in der bayerischen Kammer die politischen Wünsche viel weiter gingen, daß man damals bereits die bürgerlißen Vergehen den bürgerlichen Gerichten überweisen wollte, und daß der bayerishe Kriegs-Minister in einer kernigen Rede, von der ich noch heutigen Tages jedes Wort untershreibe, die bezüglihe Resolution zurückwies, und wie dann erst mit Hilfe der Reichêräthe die Vorlage der Regierung angenommen wurde.

Infolge dessen is der Unterschied, der im Militärstrafverfahren besteht, au} noch nach dem Johre 1870/71 erhalten geblieben. Sämmtliche preußishen Kriegs-Minister haben stets die Ansicht ver- treten, es fei wünschenswerth oder nothwendig, die Strafrechts- pflege innerhalb der deutschen Armee einheitlich zu gestalten ; niemals aber ist es gelungen, diejenige Mittellinie zu finden, auf wel@zer \ih die beiderseitigen Anschauungen hätten vereinigen können. Jett endlich sind wir so weit; nun haben wir mit Hilfe des Bundesraths und der Kommission dieses hohen Hauses einen Weg gefunden, welher wohl den auf beiden Seiten gehegten Wünschen entsprehen könnte. Das ift ein niht zu untershäßzendes Ergebniß, und ih kann von meinem Standpunkte nur bedauern, daß eine folche Fülle von Anträgen an das Plenum vorliegt, welche einen Theil der Arbeit der Kommission wieder in Frage zu stellen geeignet erscheint.

Im allgemeinen ift der Entwurf so gestaltet worden, daß die be- währte preußische Organisation erhalten geblieben ist, und daß wir aus dem bayerishen Verfahren diejenigen Theile herübergenommen haben, die nach dortseitiger Auffassung und nah dem allgemeinen Urtheil au dort als bewährt befunden worden sind. Außerdem sind diejenigen Formen der bürgerlihen Gerichtsbarkeit dem Entwurf eingefügt worden, welhe übernommen werden mußten, weil die modernen Rethtsanshauungen, wie es heißt, dies erfordern, wenn ein neues Gerichtsverfahren im Anschluß an das bürgerlihe Verfahren ein- gerihtet werden soll. Ob man da niht zu weit gegangen, stelle ih anheim. Jch glaube, daß man in diesen Zuthaten der bürgerlichen Gerichtsbarkeit etwas mehr gethan hat, als vielleiht nothwendig war. Ein entsheidendes Gewicht lege ih indeß darauf nicht.

Die Forderungen, die bisher an die Reorganisation des Militär- ftrafverfahrens allgemein geftellt wurden, und auch die Einrichtungen, wie wir sie in den Entwur} grundsäßlih übernommen haben, betreffen im allgemeinen drei Punkte: die Oeffentlichkeit, die Mündlichkeit und die Theilung der Funktionen der Anklage, der Vertheidigung und des Referenten im erkennenden Gericht. Wir haben uns jedo

will durhaus nicht auf die Frage der Disziplin zurückkommen. Ich hoffe, daß die Bestimmungen des Entwurfs uns auch für die militärishen Interessen die nöthige Gewähr bieten. Wohl aber möchte ih dem hohen Hause noch einige Bedenken vortragen, welche es rehtfertigen, daß wir in dieser Beziehung doch nicht ohne Sorge gewesen sind.

Was zunächst die Mündlichkeit anbelangt, so will ich ohne weiteres den darin begründeten Fortschritt anerkennen. Immerhin möchte ih bei dieser Gelegenheit auf persöaliche Erfahrungen zurück- greifen. Ich habe in recht \{chwierigen Prozessen als Sachverständiger vor dem Reichsgericht fungiert und bin mit Aufmerksamkeit und größtem Interesse den Verhandlungen, die in der Regel mehrere Tage dauerten, gefolgt. Dort habe ich den Eindruck gewonnen : gewiß, das mündlihe Verfahren giebt ein volles Bild, aber im allgemeinen is do die Leitung der ganzen Sache in der Hand des Vorsitzenden. Das Bild entwickelt si so, wie der Vorsitzende, wenn er ein tüchtiger, eifriger Jurist ist, es sich zureht gelegt hat. Er, ter Vorsißende, und der Referent sind mit dem Akteninhalt vertraut, fie müssen sich über die Schuldfrage eine gewisse Klarheit vershafft haben; danach werden die Zeugenausfagen gruppiert. In dem Sinne wird auch der Beweis erhoben. Die anderen Bei- sißer oder Zuhörer, die die Akten nit kennen, können si von der Sache kein vollständiges Bild machen. Erst im Verlauf der VBer- handlung erkennt man, worauf es hinausgeht, sodaß sich das Bild erst in den leßten Momenten der Verhandlung entwickelt. Ich halte das für keinen Vortheil, glaube vielmehr, daß ein gemischtes Ver- fahren in dieser Hinsiht das richtige ist. Wenn wir im preußischen Verfahren jeyt lediglich auf Grund der Akten erkennen, so gebe ih ohne weiteres zu, daß das meist niht vollständig genügt. Es hätte sih vielleiht mündlihes und sriftlihes Verfahren soweit zweckmäßig kombinieren lassen, um den Richtern und Zuhörern dur ein \chrift- liches Referat von der ganzen Sachlage ein Bild zu geben. Dann, glaube ih, würde man sicherer urtheilen und \sich auch eine Reihe von Zeugenvernehmungen ersparen können. Fnwieweit diese Auffassung rihtig ist, wird die Erfahrung ja zeigen. Ich habe es nur an- regen wollen.

Was dann weiter die Oeffentli chkeit anbelangt, so wird auch hier der große Unterschied zwischen Zivil- und Militärverfahren oft niht genügend in Betracht gezogen. Vor dem Zivilgeriht stehen in der Regel wirklihe Uebelthäter, die eine Strafe verdienen und auch in der Oeffentlihkeit gebrandmarkt werden können. Vor den Miilitärgerichten trifft das in diesem Maße nicht zu. Hier fungiert das Gericht oft gewissermaßen nur als Disziplinarbehörde. Jch will, um das näher zu erklären, einzelne Fälle anführen, Fälle, die nit zu selten vorkommen :

Wir haben für die Wachen die Bestimmung, daß sie nit \{lafen, sich nit hinlegen, oder hinsegen, das Gewehr nicht aus der Hand lassen, nit Tabak rauhen dürfen u. st. w. Diese Bestimmung ist nothwendig. Der Mann soll erzogen werden, die Müdigkeit zu er- tragen; er soll daran gewöhnt werden, sich \tundenlang als im Dienst befindlih zu betrahten. Nur wenn er \o erzogen i}, haben wir die Sicherheit, daß er auch in s{chwerer Lage und wenn das Auge des Vorgeseßten niht auf ihm ruht, voll und ganz seine Pflicht erfüllt. Handelt er gegen diese Vorschrift, so wird er unter Umständen, wenn nah der Disziplinarordnung nit noch eine disziplinare Ahndung zulässig erscheint, gerihtlih bestraft. Das is ganz in der Ordnung, denn für sein Vergehen muß ihn eine empfindlihe Strafe treffen ; ein Uebeithäter ist der Mann aber niht. Daß sein Name in die Oeffentlichkeit gebraht wird, ist meines Erachtens eine Ver- s{härfung der Strafe, die unnöthig ist und eventuell dem Ehrgefühl des Mannes schadet. Jn bürgerlihen Verhältnissen stellt sich das zu- meist anders dar. Geht z. B. derselbe Mann später mit seinem Gewehr in der Hand auf die Jagd, so kann er ih auf dem Anstand auch hin- seßen und das Gewehr hinstellen ; dasselbe kann er thun, wenn er Pa“ trouille geht als Zollwächter, als Flurwächter u. dergl. mehr. Kein Gericht der Welt kann ihm deswegen etwas anhaben. Etn anderer Fall ih will ihn umgekehrt darstellen —: ih halte es für kein Verbrechen oder Vergehen, wenn ein deutsher Staatsbürger nah 9 Uhr Abends nah Hause kommt. (Heiterkeit.) Es wird das sehr Vielen passieren; jedenfalls wird kein Geriht der Welt dagegen einschreiten können ? bei uns wird aber dagegen eingeschritten: der Soldat soll um 9 resp. 10 Uhr zu Hause sein. Wir wollen, daß die. Leute früh \chlafen gehen, denn sie müssen zum Dienst frisch sein und brauchen wir die Kräfte unserer Leute; außerdem wäre es unerträg- lih, wenn in einer Kaserne, wo Hunderte von Menschen zusammen- wohnen, jeder nach Belieben nach Hause kommen könnte; die Ordnung hörte dann doch vollständig auf. Nun werden die Leute, die sih an di-se Ordnung zunächst niht gewöhnen können es ift ihnen unbegreiflich, warum sie zu dieser Stunde zu Hause sein sollen —, nâätürlih mit einer Disziplinarstrafe belegt. Führt der Mann \ich jedo in der Weise weiter {lecht, so kann er {chließlich nach unseren Gesetzen zur Aburtheilung vor das Standgericht gestellt und mit einer empfindlihen Strafe belegt werden. Eigentlich ist das doch eine Er- ziehungsstrafe und der Mann kein Uebelthäter, der vor der Oeffentlich- keit gewissermaßen gebrandmarkt werden muß. Jch meine, in diefer Hinsicht besteht doch thatsählih ein Unterschied, der garniht zu ver- kennen ist, (Sehr richtig! rets.)

Noch ein Fall: Es kommt auch zuweilen vor, daß sich ein Mann verliebt hat und sein Mädchen sprehen will, das vielleiht nach seinem Dienst- und Arbeitsverhältniß erst spät Abends Gelegenheit dazu hat. (Heiterkeit.) Da geht der Mann dann hin und versäumt die Stunde des Zapfenstreihs, sodaß er wegen seines Zuspätkommens bestraft werden muß. Bei dem öffentlihen Verfahren muß dieses Mädchen eventuell vor Gericht erscheinen und öffentli vernommen werden. JSJhr Name kommt in die Zeitung, und do kann sie ganz unbescholten sein. Ich meine, auh in dieser Hinsicht giebt die Oeffentlichkeit doch zu Bedenken Anlaß.

Was die Trennung der Funktionen des Anklägers und Ver- theidigers vor Gericht anlangt, so gebe ich ohne weiteres zu, daß das bisherige Verfahren dieserhalb reformbedürftig ist; andererseits aber sind unsere gerihtlichen Verhandlungen in ihrer Mehrzahl so ein- faher Natur, die militärishen Verhältnisse engen fast durhweg den Thatbestand so ein, daß im allgemeinen ein Zweifel an der That garniht bestehen kann. Auch der große Apparat is für derartige Ermittelungen eigentlich unnöthig und hat auch sonst unverkennbar seine großen Naththeile. Nehmen wir z. B. an: Bei der

gefügt, wil ih es nennen, und haben uns in vieler Hinficht in Betreff unserer Anschauungen resigniert. Ich kann aber nit leugnen, daß uns das nicht ganz leiht geworden ist. Ich |

einen Division befindet sich ein sehr fähiger Vertheidiger, bei der anderen ein sehr fähiger Militäranwalt. Da ift es denkbar,

daß bei einer Division infolge des tüchtigen Vertheidigers die Strafen durchweg milder ausfallen als bei der anderen Division. Das ist ein Zustand, der doch nicht ohne Bedenken für unsere militärischen Verhältnisse erscheint, ja sogar innerhalb der Armee als eine Un- gerehtigkeit aufgefaßt werden könnte. Das Niveau der Strafen muß ungefähr bei annähernd gleihem Thatbêëstand auch in der ganzen Armee ungefähr auf derselben Höhe bleiben. (Sehr richtig! rechts.) Der Einfluß der Persönlichkeit kommt bei unserem gegen- wärtigen Verfahren viel weniger zum Ausdruck als beim bürgerlichen Verfahren.

Aber auch hier haben wir s{chließlich unsere Bedenken zurückgestellt, haben Resignation geübt und eine Mittellinie gezogen, wie sie aus unserem Entwurf hervorgeht. Ih muß aber dringend bitten, daß diese Linie niht weiter verschoben wird. Gegenüber den vorliegenden Abänderungsanträgen müssen wir eine bestimmte Direktive innehalten, um zu einem alle Theile befriedigenden Ende zu gelangen. Ich kann hierzu nur betonen, daß ih, seit ich die Ehre habe, Kriegs-Minister zu sein, in der Reform des Militärstrafverfahrens geradezu in ein Meer von Zweifeln, Wünschen, Berathungen u. \. w. getauht bin, sodaß ih jegt die Empfindung gewonnen habe, es sei endli an der Zeit, über diese Frage zur Klarheit zu kommen. (Sehr ritig!) Gestatten Sie mir nun, diejenigen Wünsche, welhe seitens der preußishen Regierung zu der Umgestaltung des Entwurfs durch die Kommission vertreten werden, mitzutheilen, um die Diskussion zu erleichtern.

Im allgemeinen steht die preußishe Regierung auf dem Stand- punkte, daß die Abänderungsvorschläge der Kommission sehr wohl annehmbar sind. Ein Theil derselben sind thatsählihe Ver- besserungen der ursprünglihen Regierungsvorlage, ein anderer Theil aber allerdings ein geringer Theil verändert den Entwurf in einer solchen Weise, daß wir dringend bitten müssen, die Re- gierungsvorlage wieder herzustellen. Geschieht dieses nit, so würde ih die Garantie weder übernehmen können, noch übernehmen wollen, daß der Entwurf mit diesen von Jhnen beschlossenen Aenderungen auf Zustimmung seitens der verbündeten Regierungen zu rechnen hat. (Hört, hört ! links.)

Um die einzelnen regierungsseitig zu beanstandenden Aenderungen des Entwurfs näher zu bezeihnen, darf ich auf Nr. 180 der Druck- sachen verweisen. Jh kann mich dadur vieler Worte enthalten, muß aber bemerken, daß diese Abänderungsanträge, die mir voll- kommen unbekannt gewesen sind, in vieler Hinsiht den Wünschen der Regierung begegnen, denen ih hier Ausdruck zu geben verpflichtet bin. Wenn Sie die Drucksahe Nr. 180 ansehen, so is dasjenige, was meinerseits betreffs Wiederherstellung der Regierungsvorlage befür- wortet werden muß, in den dortigen Abänderungsanträgen unter Nr. 2, Nr, 3, Nr. 4, Nr. 5, Nr. 7, Nr. 8 Litk c verzeichnet. Sie werden hieraus entnehmen, daß es im Ganzen nur sechs Punkte sind, um die es sich hierbei handelt, und daß, da die Nr. 2 bis 4 zusammenhängen, \{ließlich nur vier Punkte sind, bezüglih deren die Wiederherstellung der Regierungsvorlage als unabweisbar nothwendig gefordert werden muß. Ich glaube, meine Herren, daß \sih hiernach die Regiernngen die äußerste Beshränkung auferlegt haben. Ich hoffe, daß das Plenum dieses hohen Hauses, ebenso wie die Kommission es gethan hat, den militärishen Interessen so weit als möglih entgegen- zukommen geneigt sein wird, und daß die Mittellinie, die ich Ihnen hier angegeben habe, geeignet sein würde, dieses Reformwerk zu einem gedeihlihen Ende zu bringen.

Meine Herren, ih kann nit anerkennen, daß unsere Interessen im Gegenfay zu einander stehen; nein! die Regierung und die staats- erhaltenden Parteien theilen den Wunsch, eine gutdisziplinierte, für alle Aufgaben, und au für die {wierigsten Verhältnisse brauchbare Armee zu erhalten. (Sehr wahr!) Geben Sie den Führern dieser Armee die Möglichkeit, mit voller Freudigkeit ihrem oft nit leichten Beruf obzuliegen! (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Abg. Haase (Soz.) erklärt, seine Partei verlange die gleih- mäßige Behandlung der Soldaten wie der übrigen Staatsbürger. Im Sahre 1808 habe ein preußisher König die Anweisung ges geben, eine Militär-Gerihtsordnung auszuarbeiten, die nur auf die aktiven Militärs sih erstrecken sollte; 1889 habe der Abg. Gröber das- selbe verlangt, und der fozialdemokratische Antrag fordere gar nichts Anderes. Wenn ein Soldat bestraft werde, weil er Zeitungsnummern, die nihts Strafbares enthielten, bei fich gehabt habe und in dem Urtheil gesagt werde, daß man beim Militär darüber \{chärfer urtheile als beim Zivil, so müsse man sih hüten, die Militärgerichtsbarkeit auszudehnen.

Kriegs-Minister, General-Lieutenant von Goßler:

Ich habe keine Veranlafsung, im allgemeinen auf das zu er- widern, was der Herr Vorredner vorgebraht hat. Jch kann ihm nur bestätigen, daß uns allerdings eine unüberbrückbare Kluft trennt, daß unsere Anschauungen sich niemals vereinigen werden. Weshalb der Herr Vorredner aber die Fahnenweihen wieder herangezogen hat, ift mir nit ersihtlich, und ih weiß auch nit, was das mit der Militär- Strafgerihtsordnung zu thun hat. Die Behauptung, daß immer ge- predigt werde, der Soldat sei etwas Besseres, is meines Erachtens nit zu beweisen. Das, was wir predigen, was wir mit vollem Recht den Leuten immer wieder von neuem klar zu maten suchen, ift, daß sie höhere Pflichten für die Zeit ihrer Dienstzeit, als sonft im Leben zu erfüllen haben.

Ich gehe auf das Erkenntniß, das von dem Herrn Vorredner hier erwähnt worden is, nicht näher ein. Die Sache ist bereits vor Jahren im Reichstage des öfteren eingehènd besprohen worden. Wenn ih mich niht irre, gehört dieses Erkenntniß zu denjenigen, welhe auf unrechtmäßige Weise an die Oeffentlichkeit gelangt sind. Die Sathhe an sich is ja vollständig klar. Nach den heutigen Be- stimmungen ist die Einführung sozialdemokratisher Schriften in die

Kasernen verboten. Diejenigen Leute, welhe solhe Schriften dort

einführen, lesen oder halten, werden wegen Ungehorsams \treng be-

straft. Auf diesem Standpunkt stehen wir und werden wir auh

ferner stehen bleiben. (Bravo! rets.)

Was die erwähnte Kabinetsordre Seiner Majestät des Königs

Friedrich Wilhelm II1. anbetrifft, so is meines Erinnerns datnals

allerdings ein derartiger Entwurf aufgestellt worden. Seine Majestät

haben Sich aber später selbst davon überzeugt, daß dieser Weg un-

gangbar war.

Abg. Bech (fr. Vp.): Im Jahre 1869 wurde in Bayern eine neue

Militär-Strafgerichtsordnung geschaffen, die im Widerspru zur preußi-

schen fteht; das ist kein Wunder, denn alle Juristen traten damals und

später dafür ein, daß die militärishe Gerichtsbarkeit der bür ergehen

leihgemaht werden, daß sie aber nur auf die militäri erge belt werden müsse. Von diesem Standpunkte Ta wäre ie

Vorlage unannehmbar. Jch will aber den Versuch maten, die Vor-