1872 / 301 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Dec 1872 18:00:01 GMT) scan diff

die Genchmigung des Budgets pro 1873, die Prüfung der Thätigkeit des eidgenössishen siatistishen Bureaus, sowie die Reorganisation der Verwaltung des Kriegsmaterials und die Rechnung®8führung seitens dieser Verwaltung zum Gegenstande hat, seine Qustimmung ertheilt.

Großbritannien und Jrlaud. London, 18, Dezember. Der Prinz und die Prinzessin von Wales besuchten gestern auf ihrer Reise nah Chatsworth zu einem Besuche des Herzogs von Devonshire die Stadt Derby. Das hohe Paar, das an der Eisenbahnstation vom Herzoge von Devonshire, dem Marquis von Hartington, Sir Robert Peel, dem Bischof von Lichfield u. A, empfangen wurde, hielt einen feierlichen Einzug in die im Festesschmucke prangende Stadt und wurde von der gesammten Einwohnerschaft enthusiastisch begrüßt. Auf dem Marktplage würden dem Prinzen Loya- lität8adressen vom Bürgermeister und dem Großmeister des provinzialen Freiraaurerordens Überreicht. Von dort wurde das Thronfolgerpaar nach der Drill-Hall geleitet, wo der Prinz die Preise an die besten Schüler der lateinischen Schule von Derby vertheilte. Unter lebhasten Kundgebungen seßten die N Herrschaften al8dann die Reise nach Chats- worth fort.

Frankreich. Paris, 17. Dezember. Das »Bien public« bemerkt zu der Rede des Präsidenten der Republik:

Das- dargebotene Terrain ist nicht nur für alle Theile annehm- bar, sondern man hat auch offenbar gar fein anderes zu wählen. Die Konservativen können darauf mit Beruhigung arbeiten und die Re- publikaner si darauf ohne Mißtrauen niederlassen. Niemals viel- leicht hat Herr Thiers mehr Geist und Geschicklichkeit, mehr Klugheit und Taft der Wahrheit dienstbar gemacht; niemals hat er sich #o ausscließlich von Patriotismus und Versöhnlichkeit leiten lassen. Auf den Aus\{chuß mate diese Rede einen tiesen Eindruck. Einige Mit- glieder hatten sich vielleicht auf eine Gegenpar.ie der Rede des Justiz- Ministers gefaßt gemacht; anstatt desscn wurde ihnen jene Rede nur bestätigt und vervollständigt. Man fkonnte die RNegic- rung im Verdacht haben, im Grunde der Auflösung minder feindlich zu sein, als sie vorgegeben hatte; Herr Thiers führte selbs den gewicch- tigsten Grund an, warum die Nationalversammlung ihr Werk fort- zuseßen hätte. Eine verfrühte Verathung und Beschließung des Wahl- geseßes hätte einen natürlichen Vorwand bieten können, die Auflösun wieder auf das Tapet zu bringen; Herr Thiers machte selber die Kammer auf die Gefahr aufmerksam. So viel Talent und Aufrich- tigkeit können nicht ohne Wirkung bleiben. Möglich, daß die Majo- rität vom leßten Sonnabend sih ändert, daß einige Mitglieder dr äußersten Rechten von ihr abfallen und wieder einige Mitglieder dr gemäßigten Linken und des linken Centrums sich ihr zuwenden ; abr die Majorität ist einmal hergestellt und auf die Dauer hergestellt. Mit ihr wird die Regierung in der Kammer das Werk der Reor- ganisation einleiten und ausführen. S j

___— Die japanische Gesandtschaft ist über Calais, wo fie vom General Appert empfangen wurde, in Paris einge- troffen. Wann der Präsident die Gesandtschaft empfangen wird, ist noch nicht festgestellt. :

Versailles, 19. Dezember. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Nationalversammlung wurde die Budgetbe- rathung fortgeseßt und ein Amendement Bonnet's, dem zufolge die als berehenbarer Ertrag der Rohstoffsteuer ins Budget eingestellten 93 Millionen nur als zifsermäßige Etats8post be- trachtet werden sollten, mit 461 gegen 153 Stimmen abgelehnt. La Rochette zog seine Interpellation über die Angelegenheit betreffs der Walfahrt nah Lourdes zurück und erklärte sich durch die von der Regierung verfügte Einseßung eines neuen Präfekten in Nantes, sowie durch die Absezung des dortigen Maire zufriedengestellt. Der Minister des Innern, de Goulard, erklärte sich für diese Absezung des Maire allein verantwort- lich, da er dieselbe von freien Stücken verfügt habe. Scließ- lih wurde der von Wolows8ky beantragte Geseßentwurf wegen Einführung von offenen Korrespondenz - Postkarten ange- nommen.

Spanien. Madrid, 17, Dezember. Jm Kongresse antwortet der Minister Jorilla auf die Einwürfe des Abge- ordneten Bugallal mit einer Vertheidigung der von der Regie- rung vorgeschlagenen Reformen für Portorico, wie der Ge- meinde-Ordnung und der Abschaffung der Sklaverei, wovon schon in der Thronrede Erwähnung geschehen. Die Regierung sei in ihrem Rechte gewesen, als fie die Gemeinde-Ordnung in dex amtlichen Zeitung habe veröffentlichen lassen; die auf die Trennung der Gewalten und die Abschaffung der Sklaverei bezüglichen Gesehe würden demnächst der Kammer vorgelegt werden. Weiterhin bestätigt der Minister, daß die Anleihe ge- deckt, der Carlisten-Aufstand in der Abnahme begriffen und die republikanische Bewegung vollständig unterdrückt sei, worauf der Kongreß mit 182 gegen 6 Stimmen den bereits telegraphisch gemeldeten Beschluß faßt, zu erklären, daß er die Mittheilungen der Regierung mit Vergnügen entgegengenommen habe.

Türkei. Nach einem Telegramm, d. d. Konstantinopel vom 18, Dezember, welches dem Komite für Wahrung der Interessen von Besiyern ausländischer Bonds in London von dessen Agenten in Konstantinopel zugegangen ist, wird offiziell durch den türkischen Finanz-Minisier die Nachricht von einer durch die türkische Regierung beabsichtigten Unifizirung der Staatsschuld für durchaus unbegründet erklärt.

_ Numánien. Bukarest, 19. Dezember. Der Gesehentwurf über den Anschluß der rumänischen an die russischen und un- garisch-österreichischen Eisenbahnen wurde heute in den Sektionen der Deputirten-Kammer verhandelt. Der Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten, Creßule8co hat einen außerordentlichen Kredit zur Bestreitung der Ausgaben für die Wiener Weltausstellung nachgesucht.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 18. Dezember. In der Peter-Paulskathedrale fand gestern Vormittags 9/, Ubr ein feierlihe8sTodtenamtzumGedächtniß des Kaisers Nikolaus]1. und des Großfürsten Thronfolgers Nikolai Alexandrowitsch statt. Der Großfürst Michael Nikolajewitsch, Statthalter von Kaukasien, wird in der ersten Hälfte des Januar in St. Petersburg erwartet. i _ Nach dem »Golos« soll in den höhern Regierungskreisen die Frage wegen Reorganisation der Verwaltung im Kaukasus angeregt worden sein. Das Departement der Ober- verwaltung soll danach aufgehoben und eine Konzentrirung der Angelegenheiten ‘des Departements in der Kanzlei des Chefs der kaukasischen Civil-Verwaltung eingeführt werden. Jn Zu- sammenhang damit stehen große Veränderungei im Personal- stande der Oberverwaltung dieses Departements.

Dánemark, Kopenhagen, 17. Dezember, Für den gestern bereits erwähnten im Schlosse Christiansborg von der Kronprinzessin Lovisa und der Prinzessin Thyra veranstalteten Bazar für die Ueberschwemmten hat die Königin mehrere Gemälde und Aquarelle, die verwittwete Königin und die Erb- prinzessin verschiedene kostbare Gegenstände geschenkt. Die Großfürstin Dagmar hat eine sehr werthvolle Vase, die Königin und die verwittwete Königin von Schweden, sowie die Prin- zessin von Mecklenburg:Streliß nebst vielen anderen hochgestell-

ten Personen in England, Schweden, Rußland und Deulsch- land haben viele werthvolle Gegenstände eingeschickt. Die Er- öffnung des Bazars fand gestern statt und wurde derselbe am Vormittage von dem Könige und der Königin besucht. Abends wiederholten Ihre Majestäten ihren Besuch und die Kron- prinzessin, Prinzessin Thyra und Prinz Waldemar waren in verschiedenen Läden mit dem Verkauf von Sachen thätig.

Amerika. Aus der Botschaft des Präsidenten Grant theilt die »A. A. C.« die Bemerkungen desselben Über die Qustände in Cuba mit. Der Präsident sagt:

»Qu meinem Bedauern habe ih abermals zu verkündigen, daß die Unruhen auf der Insel Cuba fortdauern. Jn der Pazifiziëung des unzufriedenen Theiles der Bevölkerung sind keine Fortschritte ge- macht worden, auch haben die Jnsurgenten keine Vortheile errungen und zeigen nicht mehr Elemente der Macht, und haben auch niht mehr Aussichten auf . hließlichen- Erfolg, als sie vor cinem Jahre hatten. Auf der anderen Seite is es Spa- nien nit gelungen, die Jnsurreftion zu unterdrücken, und die fämpfenden Parteien stehen sich allem Anscheine nah in derselben relativen Haltung gegenüber, die sie seit langer Zeit eingenommen haben. Der Kampf hat nun mehr als vier Jahre gedauert, Wären wir von der Ferne aus Zuschauer desselben, so könnte uns der Aus- gang gleichgültig sein, wenngleich mens{lich fühlende Herzen bei vielen Zwischenfällen des Streites j gleichviel wo sich dieselben zu- tragen würden, nicht ungerührt bleiben könnten. Allein der Kampf geht vor unserer Thüre vor si; und ich bezweisle nicht daß die Aufrecht- erhaltung der Sklaverei auf Cuba einer der stärksten Jmpulse für die Fort- führung des Kampfes ist. Schreckliches Unrechf is die natürliche Ursache von shrecklichem Uebel. Die Abschaffung der Sklaverei und die Ein- führung anderer Reformen in der Handhabung. der Regierung von Cuba, fönnten nicht verf-hlen, die Wiederherstellung von Frieden und Ordnung zu fördern. Es is speziell zu hoffen, daß die jebige frei- sinnige Regierung von Spanien sich freiwillig jene Anschauung zu eigen macht. Das vor mehr als zwei Jahren angenommene Geseß wegen Abschaffung der Sklaverci ish weil es an den nöthigen Voll- zugsbestimmungen dazu fehlte, unvollstreckt geblieben. :

Es war cin {waer Schritt zur Emanzipirung, allein es war die Anerkennung eines Rechtes, wurde als solche begrüßt und zeigte daß Spanien in Harmonie war mit den Gefühlen der Menschlichkeit und Gerechtigkeit und zugleich in Sympathie mit den anderen hrist- lichen Mächten der civilisirten Welt. Jnnerhalb der leßten Wochen indessen sind die Vollzugsbestimmungen zu dem Emanzipationsgescße verkündigt und ist dadur bewiesen worden , das die gegenwärtige Regierung von Spanien die aufrichtige Absicht hat, das Gefeß von 1870 zu vollstirecken.

Asien. Ein Telegramm aus Hongkong meldet, daß der Kaiser von China im Begriff ist, eine Rundreise durch sein Land zu machen.

Landtags - Angelegenheiten.

Berlin, 20. Dezember. Jn der gestrigen Sihung des Herrenhauses erklärte in der General-Diskussion über den Geseßentwurf, betreffend den Rechts8zustand des Jadegebiets der Regierungs-Kommissar Landrath von Brauchitsch nach dem Grafen Münster : /

Auf die Auslassungen des gechrten Herrn Vorredners bin ih in der Lage, Namens- der Königlichen Sta@tsregierung die Erklärung abzugeben, daß durch diesen der Versammlung vorliegenden Geseß- entwurf in keiner Weise beabsichtigt wird, darüber zu bestimmen, ob und in wie weit das Jadegebiet an den Provinzialfonds der jeßigen Provinz Hannover Theil nehmen soll oder nicht. Es wird diese Frage anderweiter Festseßung auf Grund der stattgchabten und weiterer Verhandlungen mit den Provinzialständen wvorzube- falten lein. Wünschenswerth erscheint es aber der König- lichen Staatsregierung, daß ein Modus gefunden werde, nach welchem das Jadegebiet an allen Wohlthaten des Provinzialfonds namentlich auch der Wegefonds theilnehme. Jndessen cine Belastung der Provinz nach dieser leßteren Seite entsteht durch den vorliegenden Geseßentwurf nicht, wie denn in dem leßten Absaß des § 1 ausdrück- lich das Weitere vorbehalten if.

Was die demnächstige Stellung des Jadegebiets in Bezug auf den Straßenbau anbetrifft, fo sind die Verhandlungen darüber eingeleitet worden, und ich glaube, son jeßt sagen zu können, daß es zweck- mäßig sein wird, aus dem Jadegebiet einen bcsonderen Wegeverband zu bilden. Darüber werden indessen noch weitere Maßnahmen zu treffen sein. L

In der Spezialdiskussion nahm der Regierungs-Kommissar Geh. Justiz-Rath Rindfleisch über das von dem Herrn Dr. Elwanger zu §. 2 gestellte Amendement, die Einführung der preußischen Verfassung betreffend, nah dem Herrn v. Bernuth das Wort:

Da mich der geehrte Herr Vorredner aufgefordert hat, eine Fassung zu bezeichnen, welche dem von mir ausgesprochenen Gedanken einen passenden Ausdruck gäbe, so erlaube ih mir eine solche Fassung etwa dahin vorzuschlagen:

F. 2 Absaß 1: / E

»Mit dem 1. Januar 1873 tritt in dem 1864 erworbenen Theile des Jadegebiets die preußische Staatsverfassung und treten in dem g:sammten Jadegebiete zugleich alle übrigen Geseße, Verordnungen U. \. w. in Krast.« i 1

Nach dem Herrn Dr. Elwanger erklärte der Justiz-Minister Dr. Leonhardt: j

Tch glaube den erhobenen Widerspruch nit aufrecht erhalten zu sollen. Ich bin der Meinung, daß der Vorschlag der Königlichen Regierung durchaus richtig gefaßt ist: denn darüber, daß die Ver- fassung ein Geseß is, kann wohl kein Zweifel bestehen. Nun kann man es, ih will nicht sagen für technis{ besser, wohl aber in anderer Beziehung für geshmackvoller halten, neben den Gesehen überhaupt noch die Verfajsung besonders hervorzuheben. Dieses wird wahr- scheinlich auch die Intentionck des Herrn Antragstellers gewesen sein. Daß praktische Bedenken in Folge des Amendements hervortreten, möchte ich nicht annehmen, und deshalb glaube ih den Widerspruch nicht länger aufrecht erhalten zu sollen.

In der gestrigen S Des Hauses der Abgeord- neten leitete der Handels-Minister Graf von Jhenplißg die Vorlegung des Geseßentwurfs über die neuen Eisenbahn- Anlagen wie folgt:

Meine Herren! Ungeachtet der geänderten Geschäft8ordnung wollte ich mir gestatten; Jhnen heute einen Gesehentwurf über neue große Staats-Eisenbahnen zu überbringen.

Die Prioatgesellschaften entwickeln im Eisenbahnbau eine überaus große Thätigkeit wie Jhnen das bekannt ist. Da darf denn der Staat nicht säumen, auch seinerseits thätig einzugreifen, um si{ch die Bahnen zu erhalten und zu verschaffen, deren man nothwendig bedarf, um das ganze gemischte System als möglich zu erhalten. Es handelt sich zu- nächst um eine Verbindung der östlichen Staatsbahnen mit den west- lichenewo eine große Lücke ist. Es handelt sich zunächst darum, eine große Staatsbahn von Eydtkuhnen und Memel, von der russischen Grenze also bis nah Meß herzustellen. Dazu haben wir bereits ein bedeut(ndes Stück von Memel und Eydtkuhnen bis nach Berlin vorhanden. Hier aber tritt eine Lücke cin, und da ist nun der erste Vorschlag, von Berlin nah Weßlar zu bauen und zwar: durch die Ebene über Beliß nach Barby oder Calbe und dort über die Elbe dann in's Selkethal in die Gegend von Stolberg, von Stolberg nach Nord- hausen, von Nordhausen nach Eschwege, von Eshwege nach Treysa, wenn Ihnen der Ort «befannt sein sollte, und von Treysa nach Weßlar. Die Kosten für dieses erste Stück werden veranschlagt auf circa 50 Millionen

In Weßlar trifft man nun auf die bereits vorhandene Staats- bahn bis nach Lahnstein. Hier ist nun die Absicht, mit einer Brlicke über den Rhein zu gehen zwischen der Carthaus und Coblenz

durch an die Mosel, dann die Mosel hinauf bis nah Trier und an die preußische Grenze und dann wiederum von der preußischen Grenze bis nach Diedenhofen; von Diedenhofen bis nach Mey ift be- reits cine Eisenbahn vorhanden; die Mittel zum Bau einer Bahn im Reichsland, von der preußischen Grenze bis nach Dicdenhofen hat der Reichstag bereits bewilligt. Das wäre die zweite Bahn, die Kosten dersclben beziffern sich auf 20,750,000 Thlr. s :

Nun kommen einzelne Bahnen, die zur Vervollständigung eines Menn Neypes mit den schon vorhandenen durchaus nothwendig sind. Da is zunächst die Bahn von Hanau nah Friedberg, ver- anshlagt zu 2,900,000 Thlr y sie ist wiederholt von allen Jnteressenten, naîinentlih von der Stadt Hanau dringend gewünscht und befürwortet, Sodann die Bahn von Welwer nah Dortmund, mit der Summe von 3,300,000 Thlr. : a

Es is hierbei zu bemerken, daß die westfälishe Staatsbahn durh- aus bis in die Kohlenreviere fortzuführen is, und daß wir dies also äanzustreben haben. s

Ferner die Bahn von Harburg über Soltau nach Hannover direkt, weil die vorhandene Bahn den Verkehr nicht mehr zu bewäl- tigen vermag, mit 11,120,000 Thlr. ; dann von Saarbrücken durch das Fischbachthal nach Neuenkirchen, E oes der Bergwerke dort nöthig ist, sie ist veranschlagt auf 2; 000 Tblr. Dann für das S{hlußslück der Verbindungsbahn, Schöneberg-Charlottenburg, von Schöneberg hinter Charlottenburg herum nah Moabit, so daß die ganze Cirfularbahn um Berlin vollendet wird, mit 4,400,000 Thlr, ann für die Anlage eines zweiten Geleises zwischen Ruhbank und Dittersbach die Bahn is ers vor ein paar Jahren gebaut, des ungeheuren Verkchrs wegen genügt aber ein Geleise nicht mehr, mit 195,000 Thaler. Dann für die westfälische Bahn von Warburg nach Haueda, mit 55,000 Thaler. Weiter: Auf der Saarbrückener Bahn von Dillingen nach Völklingen und von St. Johann nach Brebesch; mit 278,000 Thaler.

Ferner auf der Hannoverschen Bahn von Nordheim bis zu der vormals Hannoverschen Landesgrenze in der Richtung auf Nordhausen, fostet 671,000 Thaler. Dann auf der Bebra-Hanauer Bahn muß auch cin Theil nachgeholt werden; von Hühnfeld nah Neuenkirchen und von Saalmünster nah Gelnhausen mit 402,000 Thaler. Weiter auf der Nafsauisen Bahn von Wiesbaden bis zur Kurve bei Bi- brih und von Lorh nah St. Goarshausen und von Aumenau na Weilburg und von Ems nach Eshhofen mit 947,000 Thaler, Weiter für Anlage des dritten Geleises auf der Saarbrückener Bahn von St. Johann nach den Gruben Duttweiler, von dieser Bahn Friedrihs- Thal'nah Altenwald und vonDuttweiler nahSulzbach mit 297,000 Thlr. sind bergmännische Nothwendigkeit, denn die bisherige Bahn kann die Kohlen nicht mehr alle fahren, welche gefördert worden und be- gehrt worden. Auf der nassaguischen Bahn von der Station Curwe is nah Kastell mit 155,000 Thlrn. Dann für Erweiterung des Bahnhofes in Hannover, woelche durchaus nothwendig ist, weil der Verkehr jeßt so groß ist, daß der Bahnhof durchaus nicht mehr genügt 4,380,000 Thlr. Dann zur Vergrößerung der Bahnhöfe auf der Berliner Verbindungsbahn, die auch schon unzureichend sind bei dem steigenden Verkehr mit 1,700,000 Thlr. und endlich als höchst wid tiger Artikel für die Vermehrung der Betriébsmittel: 9 Millionen. Deren bedürfen wir schr dringend und sobald als möglich; denn es hat si herausgestellt, daß; wenn man sie auch bestellt: man do 14 Jahre warten muß, bis man Lokomotiven und Wagen beïommt. “Äh fann Jhnen z. B. anfühven, daß die Bergisch - Märkische Bahn 25 Lokomotiven aus England hat kaufen müssen. Jn derselben Lage befinden sih auch die Staatsbahnen, fie können ihren Verpflich- Mies nicht genügen, wenn nicht die gehörigen Betriebsmittel a sind.

T beehre mich, die Allerhöchste Ermächtigung und das Gescß nebs Motiven hiermit zu überreichen. Jch weiß sehr wohl, daß meine vorbemerkten unmaßgeblichen Worte nichts weiter waren als der Ersaß ktincs Sendungsschreibens, da das Geseß erst noch die erste, zweite und dritte Lesung passiren muß. Jch werde mi weiterer Worte enthalten; aber nah dem, was neulich hier geävßert wurde, glaube ich, daß die Vorlage wohl am besten auch an die Kommission für das Eisenbahnwesen verwiesen wird.

In der Berathung über den Etat der Preußischen Bank nahm der ange Demitax Bank-Präsident von Dechend nach dem Referenten Abg. v. Benda das Wort:

Tch kann dem Herrn Referenten nur dankbar sein, daß er mir durch seine Anfrage Gelegenheit verschafft hat, über cine Angelegen- heit, die nit nur die Banf, sondern auch die Presse jeßt vorzugs- weise beschäftigt, mich hier öffentlich vor dem ganzen Lande auszu- sprechen. Jch hoffe, daß meine Erwiderung beruhigen wird, wiewohl ih nicht ohne Sorge dieserhalb bin, da man in leßter Zeit die Frage tit objektiv, sondern größtentheils von dem Partheistandpunkte aus cit" i hat und dadurch das Publikum vielfach mißgeleitet wor en ist.

_Tch habe zunächst zu fonsiatiren; daß die preußische Bank Re- striftionen d. h, Kredit - Beschränkungen bis jeßt nicht beschlossen und angeordnet hat. Es ist noch bis heute fein einziger Wesel ¡ der sich zur Disfontirung bei der Bank überhaupt eignet, abgelehnt wor den, auch noch fein Lombard-Darlehn verweigert, wenn dafür die er- forderliche Sicherheit gewährt werden konnte. Alle hiermit nicht über einstimmenden Zeitungsnachrichten beruhen entweder auf Mißver- ständniß oder auf absihtlicher Entstellung. Dazu rene ich na mentlich die Nachricht, daß wir au gute Geschäftswechsel zurügewiesen hätten, wenn auf denselben Firmen figuriren die zu den Gründern gehören; daß wir irgend einen Unterschied gema! hätten zwischen diesen und anderen Firmen, natürlich noch mehr die Nachricht, daß bei uns ein sogenanntes 1chwarzes Register geführt würde, worauf alle Gründer figuriren und wie die Sensationsnac- richten sons lauten, die jeßt die Zeitungen massenhaft durcchlaufen, Zurücgewiesen sind nur sol@e Wechsel, welche entweder nicht dit erforderliche Sicherheit gewährten oder den Stempel der Geldmachere! offen an der Stirn trugen und deshalb nach den Regelu der Bank überhaupt sich nicht zur Disfontirung eignen. Meine Herren! Die Bank is na ihren Statuten und Instruftionen gar nicht be rechtigt, Wechsel, die nicht auf reellen Geschäften, sondern auf bloßer Geldmacherei beruhen, zu disfontiren, sie würde, wenn sie dergleichen Wechsel in größeren Massen nehmen wollte, nicht nur ibren Rus sondern auch die Geldcirfulation des Landes gefährden.

Meine Herren! Bis jezt ift der Bank daraus, daß sie nur reelle Geschäftswechsel disfkontirte, noch von Niemandem ein Vorwurf gt macht, im Gegentheil, man hat sie deshalb gerühmt und zwar mil vollem Recht. Man würde auch jeßt ihr daraus sicher keinen Vor wurf machen, wenn sich nicht Unter den von ihr jeßt masse haft zurüc{gewiesenen Wechseln die sogenannten Kredit wechsel, wie sie der Herr Neferent nannte oder wit sie sonst heißen, die sogenannten Bankenwech{ßsel befänden das sind Wechsel, welche inländische und ausländische Banken seit Jahr und Tag in Masscn in Cirkulation seten, um sich das ihnen fehlende Geld vorübergehend oder auf längere Zeit zu ver schaffen. Dergleichen Wechsel kamen auch früher ausnahmsweise vor in kleinen unbedeutenden Summen; in leßter Zeit sind sie in kolof- salen Summen aufgetreten, namentlich von einem fremden Börsen plaße aus, der sich in noch viel größerer Verlegenheit befindet als unser Plaß. Man rechnet die Summe der Wechscl, die allein an diesem Plaße fortdauernd in Umlauf sind; auf mindestens 30 bis 50 Millionen. Die betreffende Landesbank diskontirt diese Wechsel unker feinen Umständen. Was is da natürlicher, als daß man diestt Wechsel bei uns \ich entledigen möchte. Die Versuche sind in Massen gemacht. Wir haben Provinzialbankanstalten , bei denen eine Mil- lion an einem Tage angeboten worden is. Auch hier würdt man zu diesem schr bequemen und einfachen Ausfunftsmittel sofort schreiten und der Bank Wechsel der Art in Unmasst sofort aufbürden, wenn wir die Hand dazu gäben; wenn wir nid von vornherein eincn festen Riegel gegen alie derartigen Versuche vor geschoben hätten. :

Meine Herren! Sie sehen daraus, daß wir einmal durch unset! Instruktion, sodann durch die Rücksicht auf die Geldcirkulation deb Landes und endlih durch die Unmöglikeit, solchen Ansprüchen z1 an gezroungen gewesen sind, fest- Position diesen Wechseln gegen

ber zu nehmen. Daß wir das mit Maß gethan haben, beweist der Umstand, daß wir dergleichen Wechsel in kurzer Sicht, wo sie gewisser“ maßen nur als Jnkassowechsel figuriren, diskontiren; ferner dann

- überzugehen.

wenn sie an Industrielle oder Geschäftsleute übergegangen sind. Diese leßte Aus8nabme if nit immer gehörig beachtet. Das i der Grund, warum eine benachbarte Handelskammer sich gestern hier beschwert hat, die im Uebrigen durchaus mit der T ege einverstanden is} und nur diese Ausnahme verlangte. Das ist sofort, noch gestern, ge- {chen und der Jrrihum redressirt.

Nun frage ih Sie, meine Herrcn, kann die Bank noch weiter gehen, als sie gegangen ist? Darf sie, ohne si selbs und ihrer Be- stimmung untreu zu werden; diese Sorte von Wechseln annehmen, die doch im Grunde genommen nichts sind als Rittwechsel und sich von der gewöhnlichen Sorte von Rittwvechseln nur darin unterscheiden, daß \sich auf ihnen Namen befinden, die einen guten Namen haben und vielleict für erste Firmen gelten

Sie kennen ; meine Herren , Alle den Status der leßten Wochey worauf auch der Herr Referent mit Recht großen Werth legt; man hat diesen Status und die der vorangehenden Wochen dazu benußt; um uns aus der genommenen Position zu verdrängen. Man hat unsere Lage , die Lage unseres Geldmarktes mit überaus düsteren Farben geschildert und gemeint, daß das Schlimmste zu erwarten wäre, wenn wir die Finanzwecsel nt diskontirten. Meine Herren, T glaube gerade das Grgentheil. Jh sche die Lage unserer Bank, wie die unscr.s8 Geldmarktes mit so düsteren Farben gar nicht an. Ih bin der Meinung, daß der Status ein sehr guter ist, obgleich die Anlage der Natur der Sache nah am Schlusse des Jahres hoc, viel höher war wie sons. Unsere Noten sind heute noch mit mehr als 58 Prozent durch Metall gedeckt, und wenn Sie die Staats- und Girogelder den Noten gleich seßen, noch mit mehr als 55 pCt ; ja, wenn Sie die Staats- und Girogelder sämmt- lid von dem Metallbestande abrechnen, noch mit 52pCt. Nach einer Ermittelung, die ih in den leßten Wochen für cinen andern Qwek habe anstellen lassen, verfiel von den am 23. November d. J. im Bestande der Bank befindlich gewesenen Wechseln im Gesammt- betrage von 170 Millionen die größere Hälfte, nämlich 89 Millionen, in weniger als 4 Wochen. Jn diesem Verhältniß wird sich inzwischen nichts Wesentliches geändert haben. Das is eine Lage, ein Porte- fcuille, so gut, wie es nur irgend zu wünschen ist. Freilich haben wir in diesem Jahre nah den regulären Geschäften noch cine erheb- rie Mehranlage zu erwarten; das bringt der Jahres\chluß mit sich. Auch die Mchranlage der leßten Woche is zum Theil auf dem Be- dürfniß des Jahresshlusses mitzurechnen. Man hat vielfach son vorher das Geld entnommen, weil man nicht sicher war, ob nicht die Bank später den Diskonto erhöhen könnte.

Angesichts dieser großen Bedürfnisse, die wir glauben troßdem befriedigen zu können, würde es nah meiner Auffassung unverant- wortlich sein, und ih hoffe, das Haus wird nicht cine andere Ansicht haben, wenn wir uns Sachen auf den Hals laden wollten, die uns nichts angehen, wenn wir für fremde Börsen größtenthcils handelt es sich um solche unser Geld ausgeben wollten gewissen Personen und Häusern zu Liebe, denen ih im Uebrigen gar nicht zu nahe treten will, die aber sicher kein besonderes Anrecht haben auf besondere Berücksichtigung. Wenn wir das nicht thun, so glaube ih noch heute, daß wir cine Krisis nicht haben werden, daß sich die Ver- hältnisse auch dieêmal wieder, wenn auch schwer, besser gestalten und abwickeln werden. Wir haben schon andere und schwerere Zeiten glücklich überstanden, die vom Jahre 1857 will ih dazu nicht rechnen, da die Bank damals noch nicht so organisirt und stark war wie jeßt; aber die Krisen und S@{hwierigkeiten der Jahre 1864, 1866 und 1870 waren viel s{chwerer wie jeßt. Wir wer- den auch die jeßigen Schwierigkeiten mit Gottes Hülfe überwinden, namentlich dann; wenn die Herren, die jeßt wo anders ihr Glück suden, von den maßlosen Gründungen endlich absehen möchten und wenn sie es serner unterlassen wollten, troß der schwierigen Geld» verhältnisse fort und fort mit neuen Ausshreibungen an den Geld- markt zu treten. Diese fortdauernden massenhaften Geldansprüche sind es, welche die bestehenden Schwierigkeiten bereitet haben, nicht wir und unsere Maßnahmen.

Meine Herren! JTch babe noch einen Vorwurf zu widerlegen, der uns vielfah in der Presse gemacht und auch von dem Herrn Referenten berührt worden is, nämlich den, daß wir mit unserer Maßregel, der Zurückweisung der Banken-Wecsel , nicht bei Zeiten hervorgetreten sind. Meine Herren! Das ist eine vollkommene Ent- stellung. Jedermann im Lande weiß, daß wir Rittwechsel nicht dis- fontiren; es ist feinem Geschäftêmann hier unbekannt, daß man bei der Bank Wechsel, au wenn sie noch so gute Namen tragen; nicht disfontint, falls man weiß, daß sie Nittwecsel sind. Als zum ersten Mal in diesem Frühjahr dergleichen Wechsel bei uns in größeren Summen vorkamen und zwar in Frankfurt, da wurde eine Verfügung nicht blos nah Frankfurt, son- dern auch an alle übrigen Bankanstalten erlassen, daß wir uns die Oisfontirung von dergleichen Wechseln ernsilih verbitten müßten. Als ich von ciner Geschäftsreise im Juli wiéder zurükam, war die Masse solher Wechsel, die angeboten wurden, noch größer geworden. Es erging darauf Anfangs August cine zweite Verfügung an alle Bankansialten, durch welche die Anordnung noch mehr verschärft wurde. Als die Verhältnisse sich dann noch etwas fkomplizirten, wurde im September d. I. die Erhöhung des Disconts um ein volles Prozent verfügt.

Auch diese Maßregel konnte als eine Mahnung an

nicht anders aufgefaßt wer- __das Publikum, sich vor übertriebenen Ansprüchen an die Bank zu hüten und bei Zeiten einzurichten. Die Maßregel hatte auch zuerst einen sehr guten Erfolg, aber bald überwog wiederum die große Neigung, durch Gründungen recht viel Geld zu gewinnen, und die Ansprüche in dieser Form wucsen noch mchr. Es wurde wieder Und dies- mal nicht blos an die Bankanstalten , sondern auch dur die Presse befannt gemacht; die Bank habe zwar keine Restriktoren verfügt, aber angeordnet, daß Wechsel der Art wir haben sie gerade so bezeicnet; wie ih sie heute im Eingang meines Vortrags bezeich- nete: » Wesel, die den Stempel der Geldmacherci an der Stirn tragen«, unbedingt abgelehnt werden würden. Wie kann man Angesichts dieser Verfügungen und öffentlichen Bekanntmachungen, Angesichts der großen Zahl von Verfügungen, die in Spezialfällen an alle Anstalten ergangen find, behaupten, daß wir unsrerseits das Publikum nicht rechtzeitig informirt hätten? Jch glaube umgekehrt, das Publikum bat \ih den größten Vorwurf zu machen ih will lieber sagen, nicht das Publikum, sondern Dicjenigen, die das Inter- esse haben, dergleichen Wechsel in Cirkulation und an die Vank zu bringen, sie haben sich den Vorrwourf zu machen, daß sie sih troßdem immer noch mit dem Gedanken befaßt haben, es würde ihnen ge- lingen, die Bank für diese Wechsel willig zu machen.

Meine Herren! Es is der Bank auch der Vorwurf gemacht worden, warum wir nicht lieber den Diskont noch weiter erhöht hätten, statt zu diesen sogenannten nicht wirklichen Restriktionen Meine Herren! Wir haben, wie Sie ja alle wissen, zu der Maßregel der Diskonterhöhung unsere

uflucht genominen, namentlich dann, wenn ein Abfluß des Metalls zu besorgen war, oder wenn die Ansprüche o folossal wurden, daß wir ihnen absolut nicht begegnen konnten. Jn der Lage muß man zur Diskonterhöhung schreiten, und dann würde ich jede Restriftion für tadelnswerth halten, da jenes andere Mittel unendlich viel wirksamer is. Ja der Lage befinden wir uns aber gegenwärtig nicht; wir leiden nicht unter dem Metallabfluß; sondern es fließt uns soviel Metall zu, wie noch nie zuvor. Wir leiden fast mehr an dem U e Wir haben nach unsrer Auffassung auch noch bis zu diesem Augenblick keine Ursache, anzunehmen, daß wir die Bedürfnisse, die uns das Jaÿr noch bringen wird, nicht befriedigen können, der Zeit- raum i} nur noch ein sehr kurzer und was uns bis dahin noch ab- genommen werden sollte, ehr bald auch wieder zurück in

deny

zu nicht selten

wird f unsere Kassen siröuten mit dem Eintritt des neuen Jahres, wo n a Unte Summen wieder dem Verkehr ugelüdrt werden. Jh erinnere namentlich an die Bundesanleihe, die dann voll zurückgezahlt wird. Nach meiner ; allerdings nicht offiziellen Kenniniß werden das ungefähr 383—40 Millionen sein. Man {äßt die Gelder, die im Laufe der ersen Wochen des nächsten Jahres wie- der zurückkommen , durch Dividenden und Coupons aller Art auf mindestens 30 Millionen. Es sind außerdem noch große Massen von Geldern in den Reichs- und Staatskassen dispon1bel - die doch auc werden nah und nach angelegt werden müssen, so daß ich nicht glaube,

daß das nächste Jahr uns so geldarm finden wird, wie wir jeßt

zu sein scheinen. i

Meine Herren! Den Diskont über 5 Prozent ohne die allerdringendste Veranlassung zu erhöhen Ln wir für schr bedenflih, Es - 1 für die Industrie und den legitimen Handel ein Diskont von 5 Prduent zwar hoch, er stôrt aber nicht alle Verhältnisse; das tritt aber ein; wenn der Diskont über diesen Betrag hinausgeht. Und was würden wir dadur erreichen? Den Herren, die sich jeßt durch die sogenannten Kredit- oder Bankenwechsel zu helfen suchên, helfen wir durch die Er- höhung des Diskonts doch nit, wir müßten dann etwa die Absicht haben, die Wesel doch anzunehmen; wovon selbstverständlich nicht die Rede sein fann. Wenn wir den Diskont erhöhten, und gleich- s die Maßregel zurücknähmen, so würde da den Herren allei dings ehr gedient sein, denn wir würden ihnen das Geld unendlich viel billiger geben, wie sie es auf andern Wegen jeßt bezahlcn müsscn, aber wir würden der Jndustrie und dem Handel einen enormen Schaden zufügen, und dazu finde ich mich nicht veranlaßt, ih bin auch überzeugt, daß das Haus das nicht will.

Für den 7. Schleëwig- Holsteinshen Wahlbezirk (Eckernförde) ist der Kreisgeri,ts - Rath Bong-Schchmidt in Flens- burg zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Die Ausstellung religiöser Tran8parentgemälde im Akademiegebäude.

Durch die in diesem Herbst wieder stattgehabte, große Kunstausstellung in den sonst von den Bildern der National- Gallerie eingenommenen Sälen ist, wie immer bei gleichem Anlaß, deren Entfernung und provisorische Unterbringung in den- Näumen des oberen Stockwerks des Akademiegebäudes nothwendig geworden. N

Dadurch is in den beiden, auf den Uhrsaal folgenden Sälen der nöthige freie Raum gewonnen für die Ausstellung von religiösen Transparentgemälden, wie fie der »Verein Berliner Künstler zur Unterstüßung seiner hülf8bedürftigen Mitglieder und ihrer Wittwen und Waisen« dort seit bald 27 Jahren während der Weih- nacht8zeit zu veranstalten pflegîi. In dem Jahrgang 1870 der »Besondern Beilage« is die Geschichte dieser Transparent - Ausstellungen und des Unterstühung8vereins selbst erzählt worden. Wie dort P e wurde, wechselten bei diesen Ausstellungen in den verschiedenen Jahren die Trans“parentgemälde, welche nur in dieser Technik ausgeführte Reproduktionen berühmter Werke älterer Meister waren, mit solchen, die in der Komposition, eben so wie in ihrer malerischen Ausführung, durchaus als selbständige Schöpfung der darin thätigen Vereinsmitglieder gelten konnten. Gegenwärtig hat man sich wieder für das erstere Verfahren entschieden. Sämmtliche zur Ausstellung gebrachte Gemälde sind nach den Stichen älterer Originale ausgeführt. :

Die äußere Einrichtung des langen Saales, an dessen pee Schmalwand hinter dem si öffnenden dunkeln Vorhange jedes der Gemälde erscheint und fichtbar bleibt, so lange der Gesang des dem Beschauer verborgen bleibenden, hinter den Bildern im Nebensaal aufgestellten Königlichen Domchors währt, ist auch diesmal die gleiche geblieben.

Das erste der gewählten Gemälde ist die Verkün digung der Maria nach Barcocco. E

Das Original befindet sih als Altarbild in Loretto und ilt als eins der besten Werke seines Urhebers , eines Nach- solgers Rafaels8, der unter starkem Einfluß dieses Meisters {uf (1528—1612). Es zeigt die Madonna auf einem Schemel vor dem Betpult kniecend; vor ihr den himmlischen Boten in Ge- stalt eines s{önen, mit großen weißen Fittigen geflügelten Jünglings, welcher ihr knieend die Verkündigung des ihr wider- fahrenen Heils bringt. i

Die Trans8parentkopie ist von C. Arnold ausgeführt. Die musikalische Begleitung giebt ein von Arcadel t komponirter vierstimmiger Gesang: »Ave Maria! gratia plena! etc.«

Als zweites Bild erscheint eine von Bub liß ausgeführte Transparentkopie des berühmten Meisterwerkes des Antonio Allegri de Correggio, die Anbetung der Hirten, bekannt unter dem Namen »Die Nacht« in der Galerie zu Dresden, eines durch die Art scines Lichteffektes zum Transparent ganz besonders geeigneten Gemäldes. Es wird durch den Gesang cincs »Adoramus .te Christe et benedicimus tibi, quia per sanctam crucem tuam redemisti mundam« von Réeissiger begllit : i

Das dritte Bild ist mit manchen Abweichungen nach einer Komposition des 1854 in Berlin verstorbenen Professors Carl Begas von dessen Sohn Adalbert Begas ausgeführt. Es zeigt den »Traum der heiligen drei Königc«. Diese haben auf dem Zuge nach Ren vor ciner Herberge Halt gemacht, vor welcher sie, an die Wand gelehnt, auf der Bank entshlummert sind. Jn der dicht dahinter liegenden offenen Halle fieht man die Diener mit den daselbst untergebrachten Packthieren beschäftigt. In den Wolken des nächtlichen Himmels zeigt sich die Traumerscheinung: ein schöner ge- flügelter Engel, welcher eine Schaar kleiner Kinder dorthin weist, wo ihnen und aller Welt das Heil geboren is. Bon dieser himm- lishen Erscheinung aus ergießt fich das Licht nah vorn hin allmählih abgestuft über die nächtliche Landschaft und über die edlen Gestalten der Schlafenden. Als begleitender Gesang erklingt dazu die Komposition von Grell: _»Lasset uns froh- locken, es nahet der Heiland, den Gott verheißen 2c.«

Als viertes is das berühmte Bild von Correggio ge- wählt, welches die »Reise auf der Flucht nah Aegypten« dar- stellt, und unter der Bezeihnung: Madonna della Sco* della (mit der Schale) bekannt, die Gallerie zu Parma schmücckt. Es ift die lieblihste Jdylle. Die Madonna sißt in heiterer, sonniger Landschaft neben einem Palmenbaum, im Begriff, mit einer Schale in ihrer linken Hand aus der neben ihr Been Quelle zu [Wopiene und damit entweder den dort nienden Engel oder den Christusknaben zu tränken, welcher, vom Rücken sichtbar, sich an ihren Schoß in lebhafter Bewegun shmiegt, nah jener Schale die Handauss\treckend. Der h. Joseph bieg Aeste des Palmbaunis nieder, um Früchte für den Knaben zu pflücken. Liebliche Genien {weben leuchtend, nahe überder Gruppe in _ der Krone des Baumes. i E. Hanke ausgeführt. Der Chor singt dazu einen Choral von J. W. Franck »Sei nur still und harre auf Gott, er weiß Alles wohl zu machen 2. i :

Es folgt als fünftes Bild: die gewöhnlich als »die Perle« bezeichnete »héilige Familie« von Rafael Sanzio in der Gallerie zu Madrid, als Transparentbild gemalt von C. Breit- bach. Die Madonna \sigt in freu Landschaft neben der am Boden stehenden Wiege des Christusknaben , welcher sich auf den Schooß der Mutter geshwungen hat. Der kleine h. Jo- hannes tritt von links her zu ihr heran. Auf ihrer rechten Seite kniet die h. Elisabeth. Mendelsohns8: »Herr, nun lässest Du Deinen Diener in Frieden fahren, wie Du gesagt hast« ertönt während der Erscheinung dieses Bildes von den Sängern.

Den Schluß der Ausstellung macht eine von G.-Feckert ausgeführte Transparentkopie der herrlichen Zierde der Briti-

en 1 aaa zu London: die heilige Dreinigkeit von

urillo,

Die Trans8parentkopie if von.

Der Christusknabe steht, aufblikend in andächtigem Enk- zücken, am Boden. An seiner rechten Seite kniet die heilige ungfrau, an seiner Linken der heilige Joseph. Ueber der Sruppe {webt im himmlischen Glanz die Taube des Geistes und aus den geöffneten leuchtenden Wolken der Höhe neigt fich Gott Vaters Gestalt, von Engelsknaben umshwebt, segnend nieder. Die musikalishe Begleitung bildet eine Kom- position von Otto Nicolai: »Heilig ist“ der Herr Zebaoth! Alle Lande sind seiner Ehre voll! Gelobet sei, der da kommt ®im Namen des Herrn! Hosiannah in der Höh’

Zur Charakteristik der Jndustrie Beriins. L

Vor fünf Jahren brachte der Königlich Preußische Staats- Aretges einen längeren und ausführlicheren Artikel Über »das Fabrikwesen Berlins in den Jahren 1805 bis 1861.« Der- selbe unterscheidet 4 Perioden der Berliner Jndustrie, vom Anfang des Jahrhunderts bis zum zweiten Pariser Frieden, von da bis zur Bildung des Zollvereins, dann ungefähr bis zum Jahre 1850, zu welcher Zeit auch die außerdeutschen Staaten sich einer freieren HandelSpolitik zuwandten, endlich bis zum Jahre 1861, welche leßtere Periode nunmehr bis zur Gegen- wart auszudehnen ist. Im Jahre 1805 hatte Berlin 155,706 Ein- wohner, im Jahre 1831: 243,563, im Jahre 1850: 404,437, die legte Zählung vom 1. Dezember 1871 konstatirte 826,341 Einwohner. Nur die erste Periode läßt in Folge der ununter- brochenen O und der Kontiuüentalsperre einen all- gemeinen Rückschritï des Berliner Fabrikwesens erkennen, in allen ferneren Perioden sieht man zwar einzelne Fabrik- zweige in Folge veränderter ZJeitverhältnisse und veränderter Lebens8bedürfnisse verkümmern und theilweise ganz eingehen, dafür aber auch ganz neue entstehen und aufblühen und die bereits vorhandenen einen Umfang annehmen, der weit über das Verhältniß zu der, doch in sehr starker Progression ver- mehrten Bevölkerung noch hinausgeht und nur durch die Bedeutung Berlins als einer der ersten Handelspläße zu. er- klären ist.

Heben wir zuerst diejenigen Fabrikzweige hervor, welche ganz oder theilweise eingegangen sind, so war der bedeutendste unter denselben die Textil-Jndustrie, die Leinen- und Wollenweberei, leßtere ein recht eigentlihes deut- hes Nationalgewerbe. Berlin war durch dasselbe bereits im 15. Jahrhundert berühmt, im Jahre 1782 waren an bei- nahe 4000 Stühlen 13,000 Arbeiter beschäftigt, im Jahre 1805 sollen an 10,000 Stühlen für Wolle, Leinen, Seide und Baum- ‘wolle an 40,000 Menschen Arbeit und Verdienst gehabt haben. Seitdem läßt \ih ein stetiger Rückschritt dieser Industrie für Berlin nachweisen. Die Maschinen vervollkommneten fich und nahmen weniger Menschenkräfte in Anspruch, die meisten grö- ßeren Tuchmacher verzogen von Berlin in die kleinen märkischen Städte, die siegreice Konkurrenz ausländischer Fabrikate vollendete - den Untergang dieses Berliner Fabrikzweiges. Im Jahre 1816 gingen nur noch 68 Stühle für Leinen und 7422 für Wolle, die zusammen wenig über 4000 Arbeiter beschäftigten. Auch neuerdings steht die Leinen- und Wollenweberei Berlins in gar keinem Verhältniß zu der Ausdehnung der einheimishen Jndustrie in allen übrigen Branchen. Von den kleiferen Fabrikations8zweigen seien hier noch genannt die Anfertigung von sogenannten Tressenwaaren;, echten Gold-- und Silbergespinnsten , die seit der Zeit des Kur- fürsten Fricdrich Wilhelm durch umfangreiche Privilegien vor jeder Konkurrenz in Berlin geschüßt, noch 1782 über 800 Per- sonen Beschäftigung gewährte, von da ab aber theils durch die Erfindung unccht plattirter Gespinnste an innerem Werth ver- lor, theils durch das Aufhören der Mode reich gestick- ter ‘Kleider die äußerlichen Bedingungen ihrer Existenz einbüßte und heutzutage nur noch so weit be- trieben wird, als der Bedarf für Militär- und Civil- uniformen erfordert, und nur noch in der Methode der Plattirung unehter Waaren mit ganz feinen Plättchen echten Metalls. Ferner die Manufakturen für einzelne Stoffe, 3. B. des »Herrnhuter Zeuges«, für welches 1816 noch über 50 Stühle im Betriebe waren, des »Petinets8«, eines spizen- artigen Gewebes , das in den ersten Jahrzehnten dieses Jahr- hunderts sehr beliebt war und in Bezug auf dessen Herstellung Berlin eben so berühmt war, wie in- Bezug auf die Weberei ganz feiner Strümpfe, von denen ein Paar höchstens ein Loth wiegen durfte, 28 Thlr. kostete und deren Hauptabsaßort Paris und der Hof der Kaiserin Josephine war.“ Ferner »Feder- posen-Fabriken«, derenes 18051n Berlin 3, 1826 noch 1 gab, deren spurloses Verschwinden durch die Erfindung der Stahl-

edern, auf deren Berliner Fabrikation später zurückzukommen fix wird, unshwer erklärt wird. Endlich, um diese Liste niht zu weit auszudehnen , die Fabrikation von Wach 8lichten, für welche 1805 sechs Fabriken existirten und gegenwärtig nur etwa eben so viel, statt daß, wenn nicht die bekannte großartige Umwälzung der ganzen Beleuhtung8- methode eingetreten wäre, deren jeßt mindestens dreißig exißiren müßten. Auffallend dagegen ist die noch heutzutage in Berlin schr bedeutende Fabrikation von Talglichte n, die indessen, im e ronenen Jahre im Gewichte von 2000 Centnern, nur für den Export gearbeitet wurden , vorzug8weise nach Polen und nach einigen altpreußischen Provinzen. Die vieUeicht ein- zige Fabrik, welche sowohl 1805 wie gegenwärtig nur in der Einzahl vorhanden war und ist, ist die von Landkarten.

Von einzelnen andern berliner Fabrikations8branchen, die später, im Laufe dieses Jahrhunderts, entstanden, schnell zu einem ungemein großartigen Umfange erblüht waren und gegenwär- tig kaum noch dem Namen nach bekannt geblieben sind, mögen beispielsweise die folgenden erwähnt werden. Kleine Eisen- gußwaaren waren einst, zumal in den dreißiger Jahren, ein äußerst gesuchter Artikel, der nur hier in Berlin fabrizirt wurde und seinen Absaß“ nicht allein in allen Provinzen, son- dern auch in fremden Ländern reichlich fand. Der Einführung derartiger stumpfs{warzer Schmucckgegenstände als passendster Surrogate für die aus anes Metallen in England, bei Gelegenheit der allgemeinen Landestrauer nach dem Tode des Königs 1837, brachte die betreffende berliner Fabrikation plôß- li in hohen Schwung. Heutzutage wird diese, fast ganz aus der Mode gekommene Spezialität in Berlin nur noch bei Albert Meves Nachfolger in der Chausseestraße in gg i Umfange fabrizirt, die Produktion anderer Artikel dieser Art, soweit sie noch begehrt werden, ist nach den Gräflich Stolberg- schen Hüttenwerken am far übergesiedelt. Ziemlich um dieselbe Zeit war Berlin im Rufe, die feinsten un geschmackvollsten Filigrain-Arbeiten zu liefern, heutzutage existirt nur noch eine Fabrik dieser ea im bescheidenst-en Umfange. In den dreißiger, vierziger, theilweise noch in den fünfziger ah- ren herrschte ein sehr erheblicher Umsaß von elatine- Oblaten, die gewöhnlich auf dunkelfarbigem Grunde weiß: ees Buchstaben, Blumen, Wappen, Devisen u. dgl. trugen.

ie ane Fabrikation dieses Artikels befand sich in den

den der hiesigen Firma J. F. Heyl & Co., die Stempel dazu f {nitt W. La aus in afen fietfern und Sprachen. den