1891 / 1 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichs-Anzeiger

und

Königlich Preußischer Staats-Anzeiger.

Deutsches Reich, Verordnung,

Retsverhältni j ; Ost-Asrita ise in Deuts

Wir Wilhelm, i

é diu SA Se O „Gottes Gnaden Deutscher Kaiser,

vero1dnen auf Grund des Gesegyes , betr i s

verhältnisse der deutshen Schußgebiete (Reis Gesicht (5 eite 75) für P rutlS-Os-A rifa im Anschluß an die Ver-

ordnung vom 18. N ; im Namen des Vrida wes ris (Reichs-Geseßbl. Seite 527),

E „Das Geseh über die Konsular erihtsbarfkei i 1870 | Meidis-Gesedb S. 197) fommi in Sea oi e n 2 zes, effend die ältni Séhußzgebiete, in den Gebieten, _ Velde Ai diee entiÎen

3 j welche sich dies

vom 18, November 1887 bezieht, E ie die Derordn ‘des Sultans von Sansibar ab etretenen Küstengebiet sammt dessen Zubehörungen und der Insel Mafia vom 1. Januar 1891 ab

mit den in dieser Verordnung vor : Anwendung. g vorgesehenen Abänderungen zur

betreffend die

» 9 Der Gerichtsbarkeit (Z. 1 Absatz 2) unterliegen 4 , é a 3 sonen, welche in dem-S@ußgebiete M odec sih as. E oder bezügli deren, hiervon abgesehen, ein Gerichtsstand innerhalb des Schußgebiets na den zur Geltung kommenden Gesezen begründet ist, die Eingeborenen jedoch nur, insoweit

sie nah der bisherigen Uebung der Gerichtsbarkeit des Reichs- fommissars unterstellt waren.

L Fi Der Gouverneur bestimmt mit Genehmigung des Reiths- kanzlers, wer als Eingeborener im Sinne dieser Verordnung anzusehen ift und inwieweit Eingeborene der Gerichtsbarkeit über das in §, 2 bezeichnete Maß hinaus zu unterstellen sind.

8. 4, Die Sitze und Bezirke der Gerichtsbehörden erster Insta werden von dem Reichskanzler bestimmt. G rster Instanz

Als Berufungs- und Beschwerdegeriht wird an Stelle des Reichsgerichts (Gese über die Konsulargerichtsbarkeit 88. 18, 36, 43) eine Gerihtsbehörde zweiter Justanz am Siße des Gouverneurs errihtet, welhe aus dem vom Reichskanzler zur Ausübung der Geritsbarfeit zweiter Jnstanz ermäthtigten Beamten als Vorsißenden und vier Beisigern besteht,

Auf die Beisiver und den Gerichtsshreiber finden die Vorschristen in §, 6 Absay 2, 8. 7, 8 und 10 des Gesetzes über die Konsulargeri(htsbarkeit entsprehende Anwendung.

8. 6.

Die Zustellungen werden auss{lißlih durch die zur Sang der Gerichtsbarkeit ermähtigten Beamten Ties anlaft.

Dieselben haben dafür zu sorgen, daß die innerhalb des Bezirks, in welchem die Gerichtsbehörde ihren Siß hat, m bewirkenden Zustellungen mit der nach den vorhandenen

itteln möglichen Sicherheit erfolgen. Sie erlassen unter der Aussicht des Gouverneurs die hierfür erforderlihen An- ordnungen und überwachen deren Befolgung. ustellungen in dem Verfahren erster Instanz außerhalb des Bezirks, in welhem die Gerichtsbehörde ihren Siß hat, ersolgen im Wege des Ersuchens.

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8 T Jn bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sind in dem Verfahren vor den Gerihtsbehörden in dem Schußgebiet alle Ent- scheidungen, einshließlich der auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden, von Amtswegen zuzustellen, Diese Vorschrift findet auch auf die Zustellung der Zahlungs- und Vollstreckungsbefehle an den S@huldner, sowie der Pfändungs- und Ueberweisungsbes{lüsse an den Schuldner und den Drilt- \{uldner Anwendung. oder Sach-

Für Beschlüsse, welche ledigli die Prozeß: leitung, einschließli der Bestimmung oder Aenderung von Terminen, betreffen, genügt die Verkündung.

Die Da igung dax zuzustellenden Schriftstücke kann in allen Fällen dur den Gerichtss{hreiber erfolgen.

Soll dur eine Zustellung eine Frist gewahrt oder der Lauf der Verjährung oder einer Frist unterbrochen werden, so treten die Wirkungen der Zustellung bereits mit der Ein- reihung des zuzustell-nden Schriststücks bei der Gerichtsbehörde ein, sofern die Zustellung demnächst bewirkt wird.

Bei Bewilligung der öffentlichen Zusiellung einer Ladung kann die Gerihtsbehörde anordnen, daß eine Einrückung in öffentlihe Blätter nicht erforderlich sei.

Wohnt eine Partei außerhalb des Bezirks, in welchem die Gerichtsbehörde ihren Siß hat, so kann, Falls sie nit einen daselbst wohnhaften Prozeß:Bevollmächtigten bestellt hat,

Berlin. Redacteur: Dr, H, Klee, Direktor,

Verlag der Expedition (Sch0olz). Druck der Nord!

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angeordnet werden, daß sie eine daselbst wohnhafte Person zum Empfang der für sie bestimmten Schriftstücke bevoll: mächtige. Diese Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung erfoigen. Der Zustellungs-Bevollmächtigte ift bei der nächsten gerihtlichen Ver ndlung oder, wenn die Partei vorher dem Gegner einen Sthriftsaß zustellen läßt, in diesem zu benennen. Geschieht dies nit, so können alle späteren Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dur Anheftung an die Gerichts- tafel bewirkt werden.

Der Nachweis über die erfolgte Zustellung ist zu den Gerichtsakten zu bringen. Gat I a Ms 88

Jn dem Verfahren vor der Gerichtsbehörde zweiter pnslanz nehmen in bürgerlihen Rechtsstreitigkeiten, in onfkurssahen und in den zur streitigen Gerichtsbarkeit niht gehörenden Angelegenheiten die Beisiger nur an der mündlichen Verhandlung, sowie an den im Laufe oder auf Grund derselben ergehenden Entscheidungen Theil. Pes erfolgt die Entscheidung über das Rechtsmittel der eshwerde unter Mitwirkung der Beisißer, wenn die an- gesoHtene Gntscheidung unter Mitwirkung von Beisizern er- gangen ist. Jn dem Verfahren zweiter Instanz ist eine Vertretun durch Rechtsanwälte niht geboten und findet der §. 269 s Eivilprozehordun keine Anwendung.

ie Vorschriften in §8. 464 und 468 der Civilprozeß- ordnung gelten auch für t di

Verfahren zweiter Jnstanz.

8 9, Die Zwangsvollstreckung im Schußgebiete erfolgt aus- \{ließlich durch die zur Ausübung ber Geritserts erster gnsianz ermächtigten Beamten, welche unter Oberaufsicht des

ouverneurs die hierfür erforderlichen Anordnungen erlassen. Der Beibringung €iner vollstreckbaren Ausfertigung bedarf es nit, soweit dieselbe von dem Gerichtsschreiber der Gerichts8- behörde, durch welche die Zwangsvollstreckung zu erfolgen hat, zu ertheilen sein würde.

„Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Jnsianz ermächtigten Beamten können nach Anordnung der Zwangs- vollstredung mit der Ausführung andere Personen beauftragen, welche nach ihren Anweisungen zu verfahren haben.

8. 10.

Vollstreckbare Ausfertigungen dürfen von dem Gerichts- freiter nur auf Anordnung des zur Ausübung der Gericht s8- arkeit ermähtigten Beamten ertheilt werden.

R 1

n Strafsachen findet die Hauptverhandlung ohne die Zu- ziehung von Beisißern statt, wenn der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens eine Handlung zum Gegen- stande hat, wilhe zur Zuständigkeit der Schöffengerichte oder zu den in den §8. 74, 75 des Gerichtsverfassungsgeseßzes be- zeichneten Vergehen gehört.

8. 12.

Der Angeklagte kann auf seinen Antrag oder von Amts- wegen wegen großer Entfernung seines Aufenthaltsortes oder wegen fonstiger Hindernisse von der Verpflihtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden werden wenn nach dem Ermessen der Gerichtsbehörde voraussihtlich keine andere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu se{chs Monaten oder Geldstrafe oder Einziehung allein oder in Verbindung mit einander zu erwarten steht.

8:13,

Die Gerichtsbarkeit in den zur Zuständigkeit der Shwur- erichte gehörenden Sachen wird für das Schußgebiet den vom s N aRS L zu bezeihnenden Gerichtsbehörden erster Jnstanz ertragen. Für diese Sachen finden die Vorschriften Anwendung, welche für die im §. 28 des Geseßzes über die Konsular- gerihtsbarkeit bezeihneten Strafsachen gelten.

8, 14,

Jn Strafsachen findet vor der Gerichtsbehörde zweiter nstanz in Bezug auf die Zuziehung der Beisißer die orschrist des 8. 30 des Geri tenersassun sgeseßzes mit der oben in §. 7 Absay 1 bezeihneten Maßgabe Anwendung. Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht, ohne hierbei durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse ge- bunden zu fein, i Die Mitwirkung einer Staatsanwaltschaft findet nicht statt. Der nicht auf freiem Fuße befindlihe Angeklagte hat Anspru auf Aineienzei in der Hauptverhandlung, wenn er sich am Orte des Berufungsgerichts befindet. S Jn den im 8. 13 bsaß 1 bezeihneten Sachen ist die Vertheidigung auch in der Berufungsinsianz RUURES: Jn der Yauptperganiung ist die Anwesenheit des Verthei- Pigers crforderlih; der §. 145 der Strafprozeßordnung findet nwendung. i ; Jm Uebrigen verbleibt es bei den Vorschriften im 8, 40 des Geseßzes über die Konsulargerichtsbarkeit.

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8 15, Die Todesstrafe ist durch Erschießen ‘oder Erhängen zu

vollstrecken. s: h Der Gouverneur bestimmt, welhe der beiden Voll-

streckung8arten in dem einzelnen Falle stattzufinden hat. 8. 16.

In dem Verfahren vor den Gerichtsbehörden im Schuy-

gebiete finden das Gerichtskostengeseß und die Gebühren- ordnungen für Gerichtsvollzieher, für Zeugen und Sah: verständige, sowie für Rechtsanwälte keine Anwendung.

Die Vorschriften, welche an Stelle der bezeichneten Geseyze zu treten haben, werden von dem Reichskanzler erlassen.

S 17

Die nah Lt des Gesehes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen ußgebiete, für die Rehtsverhältnisse an un- beweglihen Sachen eis{ließlich des Bergwerkeigenthums maßgebenden Vorschriften finden keine Anwendung.

Der Reichskanzler und mit dessen Genehmigung der Gouverneur sind bis auf Weiteres zur Regelung dieser Ver- hältnisse befugt, die erforderlichen Bestimmungen zu treffen und insbesondere die Vorausseßungen für den Erwerb und

die dingliche Belastung von Grundstücken durch Rechtsgeschäfte mit den Eingeborenen festzustellen.

8. 18.

Das Gesetz, betreffend die Eheschließung und die Be- urkundung ried Personensiandes von Reichsangehörigen im A NMaREe vom 4. Mai 1870 (Bundes-Geseßblatt Seite 599 et n dem Schußgebiet vom 1. Januar 1891 ab

ersonen, welche niht Eingeborene (8. 3) sind, Anwendung. . “D 19,

Bis zur Ueberri@ckhme “dec Verwaktung- durch den Gou- verneur werden die dem Leßteren auf Grund dieser Verordnung zustehenden Befugnisse von dem Reichskommissar wahrgenommen.

8. 20, R Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündigung in Kraft. Urkundlich unter Unserer Nt genaigon Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Berlin, den 1. Januar 1891.

(L. 8.) Wilhelm I. R. von Caprivi.

Verfügung, betreffend die Ausübung konsularisher Bes fugnisse und den Erlaß polizeiliher und sonstiger die Verwaltung betreffender Vorschriften in Deutsch: Ost: Afrika.

Auf Grund der Y: 5 und 11 Absay 2 und 3 des Ge- seges, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schuß- gebiete (Reichs-Geseßbl. 1888 S. 75), wird für Deutsch- Ost:Afrika Folgendes bestimmt :

8 1.

Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Jnstanz er- mächtigten Beamten haben für ihre Bezirke zugleih die Be- fugnisse wahrzunehmen, welhe den deutshen Konsuln nah §. 16 des Gesezes, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe 2c., vom 25. Oktober 1867 (Bundes8- Geseybl. S. 35) und 8. 35 des Geseßes, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate 2c., vom 8. November 1867 (Bundes-Geseßbl. S. 137) zustehen. Dasselbe gilt von den Befugnissen, welche den deutschen Konsulaten als Seemann§ ämtecn nah der Seemanns-Ordnung vom 27. Dezember 1872

(Reihs-Geseßbl. S. 432) und nach sonstigen Neichsgesezen

obliegen. Die für die Konsuln geltenden Aus ngsbestimmungen zu dn vorgedachten Gesezesvorschriften “finden entsprechende nwendung. :

n den bezeihneten Angelegenheiten werden Gebühren und Auslagen nach Maßgabe der Beitimuranten des Gei, betreffend die Gebühren und Kosten bei den Konsulaten Deutschen Reichs, vom 1. Juli 1872 (Reichs-Geseßbl. S. 245) erhoben. 8. 2

ouverneur ist befugt, polizeilihe und fonstige die decn betreffende Vorschriften zu erlassen und gegen deren Nichtbefolgung Gefängniß bis zu drei Monaten, aft, Geldstrafe und Einziehung einzelner enstände anzudrohen. Bis zur Uebernahme der Verwaltung durch den Gouver- neur wird diese Befugniß durch den Reichskommissar wahr- genommen. L

S3. i Diese Verfügung tritt mit dem heutigen Tage in Kraft.

Berlin, den 1. Januar 1891. Der Reichskanzler vou Caprivi.

dentilien Duilheniirdt und Verlagsanstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße 32,

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