1920 / 262 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 Nov 1920 18:00:01 GMT) scan diff

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lassen und daneben der Jndustrie die Mittel zuzuführen, damit sie noch immer weiter unverkfäuflihe Sachen produzieren kann. Jch glaube, daß daraus doch vielleiht ähnliche Folgen entstehen können, wie sie uns vorhin Herr Dr. Kalle geschildert hat, für den Fall, daß man die Industrie künstlich zwingen will, weiter zu arbeiten, um keine Arbeiter au entlassen, um der Erwerbslosigkeit entgegenzutreten. Die Folge wird sein, daß die Waren auh weiterhin nit abgenommen werden, daß die Läger immer weiter anschwellen, daß volkêwirtschaftlich wert- volle Stoffe nußlos verbraubt werden und leßten Endes doch vielleicht die Katastrophe eintriti. Man würde so die Dinge vielleiGt ver- \{limmern, anstatt sie zu bessern.

Die Dinge liegen nun einmal so, daß vielfach in unserem wirt- schaftlichen Leben die einzelnen in unserem Volke sich noh gar nick&t Flar darüber gaworden sind, daß die Not der Gesamtheit au die Not der einzelnen ist, und daß wir niGt nur jeßt, sondern auf die Dauer einer ganzen Menge von Bedürfnissen und Ansprüchen werden entsagen müssen, von denen wir uns noch immer nit trennen können, (Sehr richtig! rechts.) Je eher dieser Prozeß eintritt, je eher solche Luruswaren, die noch produziert werden, die \{ließlich6 doch keinen Käufer mehr finden können, verschwinden, desto besser für uns. In unserem Volke hat man vielfa dafür noch kein Verständnis. Eigent- lich müßten die Aelteren, die verständig sein sollten, rühmliß voran- gehen. Das ist leider nit der Fall; man kann offenbar die Erinne- rung an dasjenige niht los werden, was man alles früher gebabt hat. Jch habe deshalb jeßt in meinem Ministerium Anweisung gegeben, daß Pläne aufgestellt werden, wie wir insbesondere in unseren Fort- kildungs-, in unseren Fah- und gewerblichen Schulen, in den Hauss Haltungsshulen an unsere Jugend herankommen können, daß Methoden aufgestellt werden, die Jugend sowohl in moralisher Beziehung auf das hinzuweisen, was sie der neuen {weren Zeit \{chuldig ist, und nach dem auch in produfktiver Beziehung die heranwachsende Jugend des Gewerbestandes unterrichtet wird, wie etwa diejenigen Artikel aus- sehen müssen und können, deren wir uns in Zukunft noch werden bedienen können. (Sehr rihtiag!)

Wir müssen, das is der allgemeine Ruf, zu einem Preisabbau kommen. Er fan aber nicht auf die Art gefördert werden, daß wir etwa in solche Industrien, die unverkäuflihe Artikel produzieren, immer noch neue Mittel mit Hilfe öffentlihen Kredits Hhineinstecken.

Aber noch eine andere Frage! Die Sparkassen sollen hier in den Dienst des Jndustriekredits gestellt werden. Vielleihßt ist es nit ohne Gefahr, wenn gerade die Sparkassen, die doch liquide sein sollen, ihre Mittel für solhe Zwecke hergeben. (Sehr rihtig!) Sie müssen ihre Werte mündelsicher anlegen. Und wenn etwa durch staatlihen Druck die Sparkassen zu einer solhen Einrihtung kommen, ist es ganz selbstverständlih, daß das Reih mit seiner Garantie vor die Sparkassen treten muß. Ob sih aber der Herr Neihsfinanz- minister dazu ents{ließen wird, eine solhe Garantie zu übernehmen, steht doH auch noch sehr dahin, So kann man doch natürli die Sache nicht einrihten, daß eine Sparkasse irgendwo an cinem Orte, wo vielleiht cine Industrie darniederliegt, wo alles dana ruft, daß

die Arbeiter beschäftigt werden, um die Industrie lohnend zu macben,

das Geld nun ohne weiteres im Vertrauen auf die Garantie des Meiches hergibt. Es ift ganz selbstyerständlih, daß der Herr Neich8« finanzminister in allen diesen Fällen genötigt sein würde, in eine

Prüfung einzutreten, ob er eine solhe Garantie übernehmen kann

oder niht. Jch fürhte, daß aus dem so erforderlißen Apparat ein Institut erwadbsen würde, das der praktisGen Lösung der Dinge kaum

entsprehen mürde.

Herr Abgeordneter Esser hat dann Klagen vorgebrabt, die si aud) in ciner Jnterpellation des Herrn Abgeordneten Loehr vorfinden, Klagen über eine Vorzugsbelieferung Süddeuts\ch- lands mit Kohle vor Norddeutshland. Jch habe mich dieser- halb mit dem Herrn Reichskohlenkommissar in Verbindung geseßt; nach dem, was er mir darüber mitteilte, kann von einer solchen angeb- lihen Bevorzugung keine Rede sein, Der Herr Neichskohlen- fommissar hat mir auscinandergeseßt, daß allerdings infolge der Schwierigkeiten des Transports in manhen Monaten die Beliefe- rungen Süddeutschlands, nicht nur Bayerns, erheblich zurückgeblieben sind; das habe dann zur Folge gehabt daß in anderen Monaten er diese süddeutishen Staaten entsprehend Höher beliefern mußte. Vielleicht ist die von Herrn Abgeordneten Esser vertretene Auffassung dadur entstanden, daß in einem bestimmten Monat eine solche Vorzugsbelieferung Süddeutshlands Plaß gegriffen hat. Sie ist nichts anderes gewesen als ein Ausgleih für das Manko, das für die betreffenden Staaten in früheren Monaten eingetreten war.

Herr Abgeordneter Hammer hat mich gebeten, mi einer Ein- gabe anzunehmen, die der Verein für Kolonialwarenhandel in Berlin hinsihtlih der Fettverteilung an mih gerichtet hat, Diese Angelegenheit ist Sache des Staatskommissars für Volksernährung; ih habe aber troßdem Erkundigungen eingezogen und erfahren, daß die Sache dadur gegenstandslos geworden ist, daß die Stadt Berlin ihre Absicht aufgegeben hat: angesichts des geringen Fettquantums, das zur Verteilung kommen soll, wird Berlin vielleiht eine behördliche Organisation überhaupt nit länger aufrech{terhalten.

Wenn der Herr Abgeordneter Esser weiter gebeten hat, dafür zu forgen, daß die Beamten der öffentlihen wirtschaft- lihen Interessenvertretungen eine ausreichende Besoldung erhalten, so möchte ih darauf erwidern, daß ih in wiederholten Erlassen insbesondere die Handelskammern auf die Not- wendigkeit hingewiesen habe, für cine ausreichende Besoldung ihrer Beamten zu sorgen; ih weiß au, daß diese Beamten \sih wiederholt bei ihren Körperschaften auf diese Ministerialerlasse berufen haben. Aber, meine Herren, wenn wir bedenken, daß wir vielfach kleine Handels- kammern haben, in deren Bezirk ein Gemerbesteuersoll von vielleicht hödstens 100 000 Æ vorhanden ist, und daß ih mich heute {on troß aller Klagen über die hohen Gewerbesteuern genötigt geschen habe, Zuschläge bis zu 40 % allein für Handelskammerzwecke zu gestatten, dann kommen wir doch erst auf eine Einnahme von 40 000 M. Es ist naëürlich nit möglich, mit einem solchen Betrage den Betrieb einer Handelskammer in gehöriger Weise aufrecht zu erhalten, Beamte zu besolden und auch noch die nötigen Räume, Materialien, Druksachen usw. zu beschaffen, Daher kommt es dann, daß man versucht, an den Gehältern zu sparen, Für mich und, so hoffe id, auch für dieses hohe Haus und die Nahfolgerin dieses hohen Hauses is das gewiß ein Anlaß mehr, sih freundlich den Plänen gegenüberzustellen, die sowohl mein Herr Amtsvorgänger wie ih verfolgt haben, daß wir nämli zu einer Ausgestaltung unserer Handelskammern in der Nich- tung kommen, daß wir möglichst überall größere leistungsfähtge Körper- schaften begründen (sehr gui! und Bravo?), die dann auch in der Lage sein werden, die Beamien auskömmlih zu besolden und mit

Hilfe tüchtiger Beamter. die wirtschaftlichen Interessen ihrer Bezirke wirkungsvell zu fördern. (Allgemeiner Beifall.)

__ Der Herr Abgeordnete Haberland und nah ihm zum Teil au der Herr Abgeordnete Christange haben dann die große Frage unserer Wirtischaftsführung, namentli die Frage der Ernährung be- handelt. An si sind ja an den Ernährunlgsfragen in erster Reihe der Herr Kommissar für die Volksernährung und der Herr Minister für Landwirtschaft beteiligt; aber zu einem gewissen Teile ist auch mein Ministerium an diesen Arbeiten interessiert. Nun habe ich mich immer bemüht, gerade diese Frage möglichst lo8gelöst von allen Schlag- worten nach rein sachlihen Gesichtspunkten zu beurteilen und zu be» Fandeln. (Bravo!) Da ergibt sich nun für uns einmal die Tatsache, daß wir nicht in einer normalen Wirtschaft stehen, daß uns nit, wie vor dem Kriege, zum Ausgleih des Fehlbetrages in unserem Nahrungsmittelbedarf das Ausland zur Verfügung steht; im Auslande selber ist Knappheit und Teuerung vorhanden, und mit Recht hat au der Herr Abgeordnete Kalle vorhin anshaulich auseinandergeseßt, daß wir ¿ufolge des Stockens der Ausfuhr nicht die Möglichkeit haben, die vom Auslande zu beziehenden Nahrungsmittel mit Exportartikeln ¿zu bezahlen. Wenn wir also vom Auslande alle Nahrungsmittel hereinholen wollten, die uns fehlen, so würden wir bares Geld Her- geben müssen; das Hätte zur Folge, daß unsere Valuta #ch immer mehr vershlechtert und das- Elend unserer Mark immer noch größer wird. Deswegen is es heute mehr als je Pflicht der Konsumtion, die Interessen der Produktion im Inlande zu berücksißtigen. (Sehr riGtig!) Die Konsumtion kann ihre Ansprüce nur dann befriedigen, wenn wir dafür sorgen, daß unsere Produktion hinreibende Mengen Waren erzeugt; nur dann kann au der Handel scine Aufgabe er- füllen, die Waren an die Verbraucher zu verteilen.

Wenn man diesen Standpunkt für richtig erklärt, darf man nit einseitig von der ungeheuren Bereicherung sprechen, die der Landwirt bei den jeßt bestehenden Preisen erzielt. Gerade in den allerleßzten Tagen ist die Denkschrift des Ministers für Landwirtschaft, des Herrn Ministers Braun, über unsere Kunstdüngerwirtshaft veröffentlicht worden. Jn ihr wird auseinandergeseßt, wie unser Produktions- ertrag in der Landwirtschaft zum großen Teil deshalb zurückgegangen ist, weil der Boden niht mehr die nötigen Kräfte in sih birgt, weil er immer mehr verarmt, und wird auf der andern Seite geschildert, wie Mittel und Wege zu finden sind, dem Boden wieder den nötigen Kunstdünger zuzuführen. Der Ausgangspunki des Herrn Landwirt- schaftsministers ist hierbei der, daß er sagt: unsere Landwirtschaft ver- fügt niht über die Betriebskapitalien, um aus eigener- Kraft diese Düngemittel bei den heutigen Preisen zu beschaffen. (Widerspruch und Zurufe links.) Meine Herren, i glaube, daß mein Herr Kollege von der Landwirtschaft doch wohl am besten aus eigener Kenninis der Dinge diese Frage beurteilen kann. Jch gebe ohne weiteres zu, daß es eine ganze Reihe von Landwirten gibt, denen es recht gut geht, die ihre Hypotheken abgezahlt haben, die große Kapitalien, wenn leider vielfah auch nit auf der Sparkasse, so zu Hause im Strumpf auf- bewahren. Aber, meine Herren, verallgemeinern in dem Sinne, wie es vielfah geschieht, darf man die Sade nicht, sonst kommt man zu falshen Ergebnissen und S{hlüssen über das, was noùûwvendig ist.

Die Produktion, sage ih, muß gefördert werden. Man kann sie selbstverständlih nit dadur zu fördern suchen, daß man fortgeseßt die Preise für die Produkte steigert. Es ist dann \{ließlich kein Mensch mehr da, der die Produkte bezahlen kann. Daher agt der Herr Landz wirtschafisminister ganz folgerihtig: wir müssen dafür sorgen, daß der Boden wieder mehr hervorbringt, daß der Ausbreitung der ertensiven Wirtschaft entgegengetreten wird, daß wir weiter zur intensiven Wirt- \chaft gelangen.

In bin für mein Teil niemals der Ansicht gewesen, daß man die Zwangswirtschaft pl ö li ch beseitigen könnte. Jch habe, wo ih Gelegenheit hatte, amilich in diesen Dingen mitzuwirken, immer den Standpunkt vertreten, daß hier allmählich und s\{rittweise vor- gegangen werden muß, und ich lasse es dahingestellt, ob man bei den Maßregeln, wie sie jeßt ergriffen sind, überall das rihtige Tempo innegechalten hat. Aber die Frage darf id mir doch wobl gestatten: War denn der Konsument bei der früheren Wirtschaft, wie wir sie im vorigen Winter noch geführt haben, zufrieden, oder Haben wir niht auch da über die damals geführte Zwangswirtschaft sehr leb- hafie Klagen gehört? Die rationierte Versorgung war vielfah die Ausnahme und der Schleichhandel war die Regel geworden, und die Aufhebung der Zwangsbewirtshaftung auf einer Reihe von Gebieten ist nichts anderes gewesen, als daß man den Strich unter die Rechnung gemadt hat. Wenn man vielleiht einwendet: ja, die Behörden haben dann ihre Schuldigkeit nicht getan, sie haben niht genügend zugegriffen, wir würden das anders und besser machen, nun, meine Herren, mir haben Männer, die reiche Erfahrungen auf diesem Ge- biete haben, die nah ihrer amtlihen Tätigkeit das höchste Interesse daran haben, daß die Zwangswirtshaft funktionicrt, daß das ab- geliefert wird, was sie verteilen sollen, gesagt: ja, alauben Sie denn, daß die neuzeitlihen Landräte etwa mehr abgeliefert haben als der frühere bürokratishe Assessor, der vielleiht doch noch glaubte, daß er an sciner vorgeseßten Behörde eine gewisse Nückendeck1ng finden würde? Nein, ganz im Gegenteil, die Dinge haben sich vielfah fo gestellt, daß man aus Furt, es mit seinem Kreise zu verderben, auch unter* den neuen Landräten zu einer, keineswegs besser zu nennenden Ablieferung gelangt ist (hört, hört! rechts); und so ist €s denn dahin gekommen, daß die Zwangswirtschaft vollständig in sich zusammengebrochen ist.

Nun sagte ih: der Konsument selber war niht zufrieden. Gerade jeßt ist das Jahrbuch des Zentralverbandes deut- ser Konsumvereine erschienen, und in diesem findet si ein cingehender Bericht über die Generalversammlung der Konsumvereine, die am 13. Juni d. J. in Harzburg stattgefunden hat. Einen breiten Naum in diesen Verhandlungen hat die Frage der Zwangswirtschaft eingenommen. Die Tagung war von etwa 1000 Vertretêérn aller Arbeiterkonsumvereine beschickt, und da wurde mit allen gegen 15 Stimmen eine Ents{ließung angenommen, die am Schluß lautete:

Der Genossenschaftstag stellt ferner fest, daß die zwangsläufige Bewirtschaftung der wichtigen Nahrungsmittel nicht mehr geeignet ist, die Not des Volkes zu lindern und daher systematisch abgebaut werden muß.

(Hört, hört! rechts.) Die Einbeziehung der Kommunalverbände in die Ernährunagswirt- saft führt nur zu gegénseitigen Preistreibereien, erhöht die Ver- teilungsfosten und legt die úotwendigen Funktionen in die Hände durhaus ungecigneter Organisationen und Personen. Die Bewirt- schaftung von Milch, Fleisch und Fettwaren ist baldigst aufzuheben. Bei der Aufhebung der Bewirtschaftung ist Vorsorge zu treffen,

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daß die Belieferung von Kranken und Kindern gewährleistet wird. Für die Bewirtishaftung von Karioffcln empfiehlt sih cin Ueber- gangsstadium in der Weise, daß cin zur Gewäzrung eines Eristenz- minimums an die minderbemiitelte industrielle Beoolterung be- nötigter Teil der Kartoffeln bewirtscaftet, der Rest frei gehandelt wird. Diese Methode dürfte bei ordnungsgemäßer Durchführung dahin führen, daß auch mit dem Abbau der Bewirishaftung von Brotgetreide begonnen werden fann. : Also meine Herren, ein Beweis dafür, daß auch die Männer, die geradezu ihre Lebensaufgabe darin erbliden, die Arbeiter mit guten, billigen Nahrungsmitteln naG Möglichkeit zu versorgen, au dieser Auffassung waren und angesichts der früheren Verhältnisse nah Auf= hebung der Zwangswirtschaft und der Freiheit der Wirtschaft ge» rufen haben. (Zuruf links: Fragen Sie sie heute mal!)

Einer der Redner, der diese Entschließung befürwortete, sagte:

Mit einer solhen Wirtschaft müssen wir Schluß machen, und ih mödte sagen, mit der Kartoffelwirtshaft kann überhaupt S{luß gemacht werden. Die zur mens{hlihen Ernährung benötigten Kar- toffeln wachsen dreifah in Deutshland. Wenn die Ernte auch \{leckcht ift, find dreimal fo viel Kartoffeln vorhanden als wir brauen. Ih möhte behaupten, daß viele Jahre hintereinander ein großer Teil der Kartoffeln verdorben ist, denn jeder einzelne hat Kartoffeln gehamstert. Teilweise konnten die Großstädte fic nicht lagern, sie mußten erfrieren usw. Jh meine, mit einer solchen Wirtschaftsweise können wir nihts mehr machen, und sie muß ver- \{chwinden. Allerdings s{chlagen wir auch in unserer Entschließung vor, daß für einige Jndustriebezirke und Großstädte, wenn dic Zwangswirtschaft verschwindet, Reserven angelegt werden müssen.

Meine Herren, genau danach ist gehandelt.

Wenn mir zugerufen worden ist: „Fragen Sie die Herren heute mal!“ so antworie ih, nein, die Herren haben in ihrer Tagung voraus-' gesehen, daß eine solhe Aufhebung vorübergehend zu einer Teuerung führen würde, und haben ausdrüdlih auêgeführt, diese Teuerung müsse hingenommen werden während eines Uebergangsstadiums. Wenn dann mehr produziert würde, kämen wir erst zu einer Gesundung der Ver- hältnisse. (Sehr richtig!)

Meine Herren, Sie ersehen daraus, daß auch in den Augen von Männern, die die Sache niht vom Standpunkt der „Gewinnsucht“ der Produzenten ansehen, die Dinge ein ganz anderes Gepräge haben, wie wir es vielfäah draußen in der Agitation finden.

Die ganze Frage, ob diese Wirtschaft, wie wir sie hatten, aufreht- erhalten bleiben könne oder nicht, hat auch eine andere sehr ernste Seite. Wir klagen darüber, daß Treu und Glauben in unserm wirt- schaftlichen Leben vielfah abhanden gekommen find. (Sehr rihtig!) Worauf beruht denn das? Seien wir doch keine Pharisäer! Den mödte ih sehen, der hier den ersten Stein aufhebt und ihn als erster auf den andern wirft! Wir waren alle Sünder. Jm ganzen Publi- fum hat sich der Glaube verbreitet daß es gewissermaßen eine be- rechtigte Notwehr gegen den Hunger sei, wenn man auf diesen Gebiete die staatlihen Geseze übertrete. Meine Herren, von hier aus ist die Sache weiter gegangen und der Schieber und Schlei&- händler, den man Unter den Linden niht grüßen mag, an der Hintertür haben ihm alle die Hand gedrückt. (Heiterkeit. Sehr rihtig) Es is aber so gekommen, daß von diesem Gebiet aus die Unmoral weitergefressen hat, daß sich auh auf vielen anderen Ge- bieten das Schieber- und Schleichhändlertum breit macht und an dem Ruin unserer Wirtshaft arbeitet, und \{ließlih sind auch die Pflichten gegen den Staat immer mehr ins Hintertreffen ge- kommen. Das sehen wir alle aus der sinkenden Steuermoral, über die sich die Herren Finanzminister zu beklagen haben. Nein, meinz Herren, wenn Geseße in dieser Weise nit mehr von der Volks- gesamtheit innegehalten werden, dann ist es höchste Zeit, daß sie aufgehoben werden.

Jch sagte, mit einem Male die gesamie Zwangsversorgung der Bevölkerung aufzuheben, würde ih für einen außerordentlih {weren Fehler halien, und nachdem uns die Getreidewirtshaft als Nüdcgrat unserer Volksernährung erhalten ist, muß mit allen Kräften dafür gesorgt werden, daß diese Wirtschaft auch wirklich durchgeführt wird. Hier erwachsen unseren Landwirten und den Organisationen der Landwirte kategorishe Pflichten gegen die Allgemeinheit,

Herr Haberland hat recht, Herr Dr. Kalle hak es au heut: unterstrichen, an einen Lohnabbau können wir bei den jeßigen Preis- verhältnissen niht denken. Aber es ist auc ridtig: Die Lohnerhöhung,

die etwa Eecute Plaß greift, ist niht etwa in voller Höhe eine Steige-

rung der wirtshaftilihen Leistungéfähigkait. Der Abg. Christange hat ja darauf hingewiesen, wie nah ciner Lohnerhöhung die Lebensmittel- preise wenige Stunden darauf erhöht wurden, wie ein großer Teil des- jenigen, was der Arbeiter mehr bekommt, sofort wieder weggeht, weil die Preise erhöht werden. Die Dee ist eben zu kurz. Es reißen an allen Eden und Enden die Konsumenten an dieser Decke, und der- jenige, der gerade der Stärkste ist, der da3 meiste Geld hat, zieht sie an sib, und wenn eine andere Kategorie eine Zulage bekommen hat und nun wieder wirtscaftlic stärker ist, reißt sie die Decte zu st{ hinüber. So entsteht dann drüben wieder die Forderung nah höheren Löhnen, und wix befinden uns in einem ewigen Kreislauf und kommen niemals zur Nuhe in unserer Wirtschaft. Wir können nur zu gesunden Ver- hältnissen kommen, wenn shließlich doch die Lhne abgebaut werden, dber erst nah vorangegangenem Abbau der Preise für die notwen- digsten Produkie. Jh hoffe, wenn wir unsre Landwirtshaft in die Lage sehen, den Boden sachgemäß zu bearbeiten, daß dænn eine solde Steigerung der Versorgung Plaß greifen wird. Aber hier tritt einz Mahnung an alle heran, die im Produktionsprozeß beteiligt sind, Maß ¿u hâlten und si in ihren Gewinnen zu bescheiden mit demjenigen, waë man der Allgemeinheit gegenüber vertreten kann, und dafür zu sorge:, daß, wenn solde großen Konjunkturgewinne erzielt sind, wie wir s heute haben, sie in erster Linie verwendet werden, um die Prei zu senken und den allgemeinen Abbau herbeizuführen. Es darf nicht dahin kommen, daß die Gewinne, die aus unserm Valutaelend erzielt sind, aus dem doch wieder am leßten Ende alle diese Kämpfe um Lohn und Gehalt fließen und aus dem das Darniederliegen unsrer Volkswirtschaft im allgemeinen folgt, daß sie dazu dienen, um einiger Wenigen ungeheure Vorteile zuzuwenden. Wir leben im Zeitalter der Organisation, des Zusammenschlusses, und wo solche gewinn- süchtigen Kreise sih zeigen, muß die Organifation sie im Zaum halten und sie dazu führen, das zu tun, was wir alle unserm ge- meinsamen Volkskörper s{huldig sind.

Verschiedene Redner haben sich dann mit der Lage deé Kleingewerbes und mit der Fürsorge für das Hand- werk beshäftigt und das Ersuchen an mi gerichtet, das Hand-

werk zu fördarn. Ich habe wiederholt in diesem hohen Hause und it

ben Aus\{üssen dargelegt, wie ih zu diesen Fragen stehe und daß i durchaus meine, daß unser Handwe-t, unser gewerblicher Mittelstand eine wihtige- Rolle in unserm Wirtschaftsprozeß erfüllt und au weiterhin erfüllen wird, vielleicht heute mehr denn je. J bin dur&- aus bemüht, die entsprechende Politik weiter von meinem Ministerium aus zu treiben. Das Fortbildungs- und Fahs{ulwesen wird ge- fördert werden, soweit mir nur die Mittel zur Verfügung stehen. (Bravo!) Wiz, haben uns beschäftigt mit der Beliefezung von Roß- stoffen für Handwerk, und wir haben auf manderlei Gebieten Erfolge gehabt. Jh habe die Preußische Landesauftragsstelle be- gründet, auch unter dem Gesichtspunkt dafür zu sorgen, daß das Hand- werk seinen Anteil an den öffentliben Lieferungen erbält. Ich werde mich weiter bemühen, dem Genossenschaftäwesen Förderung ange- deihen zu lassen. (Bravo! rets.)

Ich kann meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß es, zum Teil mit meiner Förderung, dahin gelangt ist, daß die beiden großen Verbände im Ekleingewerblihen Genossenschaftswesen, der Allgemeine Verband und der Hauptverband der Handwerkergenossenschaften, si in diesem Jahre in Nauheim zu ciner Vereinigung ¿usammenges{loffen haben. Nicht Mißgunst gegen diese oder jene Richtung bat mich geleitet, sondern der Glaube, daß in unserer heutigen {weren Zeit kein Raum für Sonderorganisationen ist. Die Zeit ist zu ernst, um diese oder jene Frage lediglich , vom parteipolitishen Gesichtspunkte aus zu beurteilen. Jch meinte vielmehr, daß dur diesen Zusammen- {luß der Gesamtheit des Handwerks Nutzen gebraht werden tönnte. Ich hoffe, daß, nachdem dieser Zusammenschluß statigefunden hat, an

feiner Stelle ein Stachel zurüdckbleibt, daß im Gegenteil jeder seine

Befriedigung darin findet, wenn dieser Zusammenschluß dem deuts{en Handwerker zum Segen dient.

Wir sind. aufeinander angewiesen. Manc@erlei Kämpfe, die die Produktionsstände früher miteinander geführt haben, ruhen Gott sei Dank in der Not der Zeit und man arbeitet Hand in Hand mit- einander. Auch innerhalb der einzelnen Stände vereinigt man sib. Während sonst auf dem Gebiete des Genossenshaftswesens bei diesem Etat manche hißigen Kämpfe in diesem Hause ausgefochten wurden, ruhen heute die Waffen, und die früher feindlichen Brüder sind einmütig in der Arbeit für das gemeinsame Ganze, Dieses Zu- sammenstehen wollen wir erhalten.

Das gilt nicht ehwa nur für die Unternehmer, sondern ebenfo gut für die Arbeiter. Herr Abgeordneter Haberland hat auf die Haltung der Bergarbeiter in dieser {weren Zeit hingewiefen. Ich schließe mih seinen Worten ausdrü@cklich an und halte es für meine Pflicht, den Bergarkeitern dafür zu danken, daß sie die Not der Zeit erkannt haben und daß sie si bereit finden, nah dem Ab- kommen von SGpaa UVeberschihten zu leisten und so dafür zu sorgen, daß der volle Zusammenbruch mögli{st verhindert wird. Gewiß, es gibt dunkle Mächte draußen, denen es nit toll genug hergeben Tann. Aber sie haben Gott sei Dank in unserer Arbeiterschaft noch lange nicht die Majorität, und der gesunde Sinn der Mehrheit wird hoffent- lich siegen. (Sehr rihtig!) Ich hoffe, daß si weiter alle in gemein- samer Arbeit zusammenfinden, dann wird cs uns doch schließlich A unsere Wirtschaft wieder zu besseren Tagen emporzuführen,

Tao!

176. Sißung vom 16. November, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ®).)

_ Präsident Leinert eröffnet die Sizung um 1 Uhr 5 Minuten. |

Auf der Tagesordnung stehen zunächst kleine An- fragen.

Eine vom 6. Mai datierte Anfrage des Abg. Menßel - Stettin D. Nat.) beschäftigt sih mit der Schußhaftverhängung über die echsjährige Tochter des Majors Bischoff aus An- der damals gegen den Major Bischoff \{webenden Untersuchung. Cin Negierungsvertreter erklärt, daß diese Angelegenheit längst durch die Aufhebung der Schußhaft erledigt sei, und entshuldizt die Verzögerung der Antwort.

_Auf Anfrage deutschnationaler Abgeordneter wegen der Ver- weisung des Majors a. D. von Herßbberg, der sh im Felde große Verdienste erworben hat, von der Forstakademie Hern. Muünden, weil er durch Anschlag am \{warzen Brett sich politish für die Wahl zum Reichstag betätigt habe, erwidert ein egierungs- vertreter, daß innerhalb der Akademie politisce Agitation nicht betrieben werden dürfe, daß Major Herbberg eine Warnung nit e have und deshalb seine Verweisung von der Akademie gerecht-

gt sei.

Auf Anfragen von deutshnationaler Seite wegen Hilfsmaßnahmen für Ortschaften im Negzedistrikt, die durch Unwetter am 18. Juli verheert sind, von unabhängiger sozialdemokratisder Seite ivogen einer Sedanfeier im Merseburger Seminar und von deutsch-hannove:sher Seite wegen Anstellung von Beamten in Hannover, die der plattdeutslen Sprache mächtig sind, bleibea die Antworten der Regierung8vertreter unverständlich.

Eine Anfrage der sozialdemokratishen Fraktion wird dahin be- antwortet, daß Bie Regierung nicht beabsichtigt, die Novelle zum Feuerbestattungs8geseß in nädbster Zeit einzubringen, da diese Vorlage nit als eine keinen Aufschub duldende betrachtet wird.

“Die Deutsche Volkspartei fragt an, welde Schritte die Re- gierung getan hat, um gegen die Beschlagnahme der Staats- domaàne Armade im Bezirk Wiesbaden durh die französische

inarmee vorzugehen. Vom Regierungstisch wird erwidert, daß gegen diese Beschlagnahme, die weder im Friedensvertrag noch im

eßungsabkommen irgendeine_ O arun dlage findet, Cin- \prudch erhoben worden sei, Ein Ergebnis dieses Einspruchs liege noch nicht vor, i 5

Die sozialdemokratishe Fraktion verlangt in einer Anfrage, da die bei la Bildung der neuen Gemeinde Berlin überflüssig werdenden Hilfspolizeibeamten einzelner Vororte nicht ent- lassen, sondern anderweitig im Staatsdienst beschäftigt werden. Die

egierung sagt dies zu. M

Eine s\ozialdemokratishe Anfrage verlangt Aufklärung über die Gerüchte, at der neue Staat Groß-Thüringen beab- sihtige, preußische Landesteile ohne Befragung dex Bevölke-

rung sih anzugliedern. / Staatssekretär Göhre: An die preußishe Staatsregierung

ind, von thüringischer Seite seit Bildung eines Groß-Thüringens M i fn iederung preußischer Gebietsteile an Thüringen nicht gelangt. Solltén derartige Bestrebungen erneut auftreten, dann würde ih die Mente Staatsregierung entsprehend dem Beschlusse der Landesversammlung vom 4. Februar und dem unzweideutig ge- äußerten Willen der Bevölkerung aller Parteirihtungen nah wie vor ablehnend verhalten. Sie würde nie die. Hand: dazu bieten, gegen den Willen der Bevölkerung eine Ano aag ver staatóretli en Verhältnisse anzuerkennen. Die preußishe Staatsregierung beab- sihtigt nit, auf die weitere Gestaltung Thüringens Einfluß zu üben. Sie begrüßt die Bildung Groß-Thüringens und hat ihr im Reichsrat ihre Zustimmung gegeben. Sie sucht die Entwiklung Groß-Thüringens nit zu ersckaweren, Sollten Wünsche nah wirkt-

®) Mit Ausnahme der Reden der Herren Minister, die im

schafilicher oder pelitiser Armähezung an sie herantreten, so würden threr Gle einerlei C ten 0 den Weg gelegt werden.

Die Vorlage wegen Durchführung des Staatsvertrages über die Uebertragung der preußischen Staatseisenbahnen an das Reich wird in zweiter und dritier Lesung, der Geseßent-

wurf, betr. die Dienststrafgewalt über die in den !

Reichsdienst nicht übernommenen Beamten der früheren preu- | werden. ht we | Entsädiaung eines Prüfungstommissars mat einen Stundenlohn

ßishen Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern, in driiter Lésung durch unveränderte Annahme ohne Erörterung erledigt.

Es folgt die zweite BeratungdDdes Gesezent- wurfs, welcher die in den Geseßen vom 13. Februar 1851 und vom 1. August 1909 áugelassene Erhebung von Konflikten dei gerihtlihen Verfolgungen

wegen Amts- und Diensthandlungen der Be- | amten und bei Klagen gegen den Staat wegen | 7 ei Ausübung der | 4+ -

Amtspflichtverlezungen von Beamten offentlichen Gewalt zu beseitigen tezweckt.

_ _ Der Rechisaus\huß hat die Vorlage mit 10 gegen | anr i Stimmen unverändert angenommen. Von den Deutsch- | Tite nationalen ist beantragt, lediglih die Erhebung | ri von Konflikten auf Grund des Geseßes von 1909 (Klagen | L :

gegen den Staat) zu beseitigen.

Abg. Dr. Seelmann (D. Nat.): bereits vorgebrachten großen Bedenken durb die Auss{ußberatungen nit beseitigt worden. zur Begründung der Notwendigkeit durch die Regierung gebracht worden ift, ist ungenügend. Dur die- Beibehalturu der Konfliktêerbebung wird eine ordnungêmäßige L mcht aufgehalten, dafür bürgt das Oberverwaltungsgerit,

L : in iegter Zn!tanz über die E

Unsere in erster Lesung } ruf gegen diese Vorlage sind | bal

Konfliktiserhebung zu enticeiden hat. |

Zeitungsberichten erhält man allerdings Fein Urteil über einen Strafprozeß. Wenn einzelne Ausnahmefälle vorgekommen sind, so sind die Nichter und die Staatsanwälte auch Menschen. An Un- abbängigkeit und Unparteilichkeit sind die preußishen Gerichte nit zu übertreffen. (Abg. Adolf Hoffmann: Siehe Prozeß Eulenburg!)

er Prozeß Culenburg steht im wesentlihen auf dem Gutachten der Sachverständigen. Die Gerichtskosten und die Gebührenordnung der Rechtéamrälte und Notare müssen auch den Zeitverhältnissen angepaßt

den. Ebenso müssen die Prüfungsgebühren erhöht werden. Die

aué, mit dem ein ungelernter Handarbeiter nicht zufrieden ist. Für die Arébildung der Studenten und Referendare ift erfreulih, daß der den jungen Juristen glei nach dem Examen Ein- blick in den Dienstbetrieb geben will. Auch auf der Universität stehen Theorie und Praxis in Verbindung. Das soziale Verständnis könnte jungen Juristen durch Teilnahme an Gewerbegerihten und auch andlungen vermittelt werden. Die auf drei Jahre ver- sdungszeit der Referendare muß voll ausgenußt «werden. bängende Amtésgerichtsstation von 15 Monaten ist im iat worden; aber ob es fich bewährt, mit dem Land- luß an die Universität zu beginnen, wird erft die ergeben. Die große wirtschafilihe Notlage der Neferendare die üble Wirkung haben, daß nur ne Sohne woblhabender ¡um Rechtéstudium übergehen. Der Dispositionsfonds e: ileidender Meserendare muß erhöht werden. Es bat

2 Flu&t der Assessoren aus der Justiz eingeseßt, weil sie in De Nerwaltuncen bessere Anstellungsbedinguncen finden. Fch bte eine Warnung vor dem juristis%en Studium ins Land binaus« Der Bedarf an Juristen ift überreichlich gedeckt, wir werden F clausus tfommen 11 Der Antrag

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Man soll dem Beamten den Scbuß, den er noch hat, nit lediglich | 2

deswegen nebmen, um einer populäaren Strömung nachzukommen. é ut Temn Fail éfar, wo cinem Rechbsuchenden der Rebtssckchutz fell man nit obne äußeren Anlaß, obne

ert diefe einzelne Materie aus dem gesamte Ire ibre Regelung vorwegnehmen. Eventue Men wir, tem von urs gestellten Abänderunasanirag zur Än

): Au wir sind Gegner der Vorlaae. Nit | l g 3

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hoben werden soll oder nit, sondern das Oberverwaltungsg eine unabhängige rihterlidbe Behörde. Es handelt si i

ein Sonderrecht oder Privilegium der Beamtenschaft; vielme Beamte durch die Möglich L

fahren gedeckt, die ibm aus Handlungen entstehen tonnten, di seinem Beruf in Zusammenhang stehen. Wenn, wie im Au angeführt wurde, im Reiche die Absicht, eine entsprechend mung zu treffen, sich {on zu einer Vorlage verdi E man so lange warten, bis die Reichsgeseßgebung ergangen if weilen steht noch dahin, wie der Reichsiag enticheid Andere

ist erst vor kurzem in der Reicbsabgabenordnung eine Gin geschaffen worden, welbe der Konflkiserhebung

ahnlih sicht. Die Arbeitsfreudigkeit und die Energie de

wird zweifellos gelähmt, wenn er sib bei jeder Amtshandlung erst immer vorher noch mehr als bisher überlegen muß, ob er si damit nicht einer Verfolgung agusseßt. Auch wir werden eventuell für den deutscnationalen Antrag stimmen.

Abg. Dr. Berndt (Dem.): Meine Fraktion ist einstimmig der Ansicht, daß diese veraltete Bestimmung zu fallen hat. Der Konflikt stellt ledigli eine Maßnahme dar, um einen Teil der Bevölkerung, nämlich die Beamtenschaft, dem ordentlihen Richter zu entziehen, wenn die Behörde irgentdeine Veranlassung hat, es nit zu einer gerichtliden Verhandlung kommen zu lassen. Wir verlangen au hier gleihes Recht für alle: Den Unbequemlichkeiten, die sih daraus für die Beamten ergeben, ist jeder Staatsbürger aus- geseßt. Die Beamten wollen kein Vorredbt, sondern nur gleiches

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Abg. Freymuth (Soz. ): Der Gesichtspunkt bei dem Gesehe von 1854 ist der gewesen, die Verwaltung von der Justiz unabhängig zu machen. Diese Auffassung ist jeßt als falsch erfannt worden. Wir stummen durhaus der Stellungnahme zu, welche die Demokraten zu der Vorlage genommen baben. Es bandelt si hier tatsählid um, ein veraltetes Gese, welhes den Beamten einen Scbuß gewährt, Hen sie gar nit brauchen und auf den sie keinen Anspruch haben.

Der Antrag der Deutschnationalen wird abgelehnt, die Vorlage unverändert und sofort in dritter Lesung angenommen.

Dann wird die zweite Beratung des Staatshaus- haltsplanesfür1920 bei dem Haushalt der Justiz - verwaltung fortgeseßt. Der Hauptaus\shuß beantragt Entschließungen betreffs zeitgemäßer Erhöhungen der Prü- fungsgebühren für die Mitglieder der Prüfungslommissionen und besserer Ausgestaltung des Güteverfahrens in Rechts- streitigkeiten.

._ Abg. Dr. Seelmann (D. Nat.) beantragt die Einseßung einer Ministerialkommission- zur Ausarbeztung eines Geseßzentw über die Neuordnung des Strafvollzugs und des Anstaltswesens \ einer einheitlihen Dienst- und Verwaltungsordnung für die Gefäng nisse und Strafanstalten.

Abg. Hauschildt (Soz.) und Genossen beantragen die Zu- lassung der Frauéën zum juristisben Vorbereitungsdienst und zur Stellung als Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte.

Abg. Hauscchildt und Genossen beantragen ferner die tatsäh- lihe Durchführung der Ablösung der Familienfideikommisse, Crbs-, Stammgüter und Leben unter voller Berücksichtigung der Agnaten- ansprüche; bei der Auflösung der Thronlehen soll der Staat voll entschädigt werden.

Abg. Bubert (Soz.) und Genossen wünschen die Fortführung des Verfahrens in der ÜUntersuchungssache gegen die Schuldigen an den mit einer {weren Körperverleßzung eines Osnabrücker Bürgers verbundenen Erzessen gelegentlich einer Versammlung der Deutschen FriedensgesellsGaft am 8. März in Osnabrück. i

Abg. Schu lte (Zentr.): Die unparteiishe Nechtsprehung ist ein Fundament des Staates, und der Justizverwaltung muß troß des großen ungedeckten Defizits gegeben werden, was sie braucht. ¿Wir hätten gewünscht, daß noch eine größere Zahl planmäßiger Beamtenstellen in den Etat eingestellt wäre. Die Einnahmen des Etats aus der Bescäftigung der Gefangenen müßten erheblich höher angeseßt werden, denn die leider gesteigerte Kriminalität muß mehr Geldstrafen einbringen. Die Geldstrafen müssen dem jeßigen Geldwert angepaßt werden. Eine Geldstrafe von 20 M fir eine Körperverleßung M geradezu lächerlich und wird nit als Strafe empfunden. Bei Betrug Wucher und Lebensmittelverschic- bungen darf der Richter 18 niht scheuen, auch Geldstrafen von 100 000 M4 zu verhängen, joweit es das Geseß nur zuläßt. In bielen Geseßen ist der Strafrahmen nicht weit genug gezogen. Ein Leder- \chieber bekam cine Geldstrafe von ganzen tausend Mark neben einer Gefängnisstrafe von einem Monat. Er bot nicht nur 100 000 M für die Entlaf}sung aus der Haft, sondern auch für jeden Tag der Volksempfinter 5000 A für die Umwandlung in eta Im

- Ao tor L

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Volksempfinden ist die Staatsanwaltschaft die bestgehaßte Ve- hörde, völlig zu Unrecht. Als früherer Staatsanwalt mit zwanFg- jähriger Praxis darf. ih sagen, die Staatsanwaltschaft ist, von wenigen Uusnahmefä en abgeschen, eine durhaus objelbive Behörde (Wider- spruch und Ruf links: Wer's glaubt, zahlt einen Taler!) Nur bei einer verschwindend kleinen Zahl der einlaufenden A ndtigen wird An» flage aen, Standesvorurteile und „pouLiSe esichtspunkte haben nach meiner Exfahrung niemals eine Rolle gespielt. Aus

ist darüber die Entscheidung, ob der Konflikt er- j

chteit der Konfliktserbebung gegen die Ge- j

werden, und zwar so

Wunsch hier gar nit vorgetragen wäre.

Die Erhöhung der Geri

Folge haben, daß die Leute mehr auf g

gehen. Sie werden dann sehen, daß ein magerer Verg

als ein fetter Prozeß, bei dem die Kosten von dem einen ode

Teil getragen werden und {ließli so groß werden, daf

Objekt dagegen völlig versGwindet. Jch nehme an, daß di schließung, die im Aus\{huß vorgeschlagen worden ist, eigentilih dur die Ereignisse überholt worden ist; denn der Herr Reichsjustizministe hat bereits unter Zuziehung aller beteiligten Stellen eine Prüfun der Frage veranlaßt, wie ein Sühneverfahren eingerichtet werden kann. Es haben {on Verhandlungen stattgefunden; ste haben aber noch zu keinem festen Resultat geführt und werden fortgeseßt werden, fo daß damit die Entsd{ießung wohl in Wegfall kommen kann.

Dann ist von dem Herrn Vorredner die Entsbließung vor- getragen worden, die im Aus\{chuß gefaßt worden ist, die S regierung zu ersuhen, naß Möglichkeit für eine sahgemäße und zeit- gemäße Erhöhung der nihtruhegehaltsfäbigen Ge- bühren für Prüfungen und für Beaufsichtigung vonPrüfungsarbeiten für die hauptamtliben und die neben- amtlich beschäftigten Mitglieder der Prüfungskommisstonen im Staatóéhaushaltsplan für 1921 Sorge zu tragen. Die Lage de Gxaminatoren ist im Auss{uß cingehend besprochen wordea, und, so- weit ih feststellen konnte, waren alle Mitglieder der Auffassung, daß die Vezüge der Herren zu gering sind. Das, was vorges{lagen worden ist, findet wobl den Beifall aller Mitglieder des Hauses, wie es auch den Beifall der Regierung findet. Nicht gesagt ist aber, woher das Geld genommen werden soll. Da gehen die Auffassungen sehr aus- einander. Jch habe die Befürchtung, daß die beiden Kategorien, die da in Beirat kommen könnten, sih ablehnend verhalten werden, näm- lich auf der cinen Seite der Herr Finanzminister, und auf der anderen Seite die Herren Refcrendare. Was die lehteren anlangt, \o stübße ih meine Befürchtung, daß sie nicht gewillt sind, eine Erhöhung der Ge- bühren hinzunehmen, darauf, daß sie mit Petitionen an mich heran=- getreten sind, ihnen die Gebühren überhaupt zu erlassen. Die Ent- \{ließung ist also ganz gut, aber ich möchte wissen, woher das Geld genommen werden soll. Das \teht nicht drin. (Heiterkeit)

Der Herr Vorredner hat dann wiederum von der Aus- bildung der Nechtsstudenten gesprohen. Das ist ein Thema, was {on im Ausschuß ausgicbig behandelt worden ist. Jch meinerßeits bin für möglihste Vereinigung von Theorie und Praxis. Deshalb habe ih angeordnet, daß den Rechtskandidaten Gelegenheit gegeben werden soll, einen Einblick in das Nechtswesen zu bekommen. Sie sollen niht mit schwierigen Nechtsfragen befaßt werden davon kann keine Rede scin —, sondern sic sollen schen, wie sich cin Vrozeß: ab- spielt. Sie sollen in das Amtsgericht geführt werden, damit sie sehen, was. ein Grundbuch ist; sie sollen in ein Schwurgeriht fommen, damit sie die Stellung des Vorsißenden, des Staat8anwalts und des Verteidigers kennenlernen und auf diese Weise die Vorlesung besser verstehen. Haber die jungen Leute erst einmal ein Aktenbe# in der Hand gehabt und gesehen, wie sich ein Prozeß entwi&elt dann fallen ihnen die Schuppen von den Augen, dann können se ohne weites dem Vortrag des Professors folgen. Jch babe 08 zx mir Feb erfahren, daß man ohne diese Kenntnis der Praris diz VorfeFung über Zivilprozeß nicht in sich aufnehmen kann. Auf der andearn Seite darf aber auch des Guten nit zu viel getan werden, Dex Herr Vorredner bezeichnete es als erwüns&t, dek die Sttndrrätin zu den Mieteinigungsämtern usw. gingen. Das ballte t mät fir richtig; denn über allzu reiblider Beschäftigung mit der Puegts pergißt der Student, daß die Jurisprudenz cène Wisscathaft Yt, und