1874 / 115 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 May 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Meine Herren! Auch diese Bestimmung ist etwas Bebert ner: denn wenn das Geseß nicht etwas bestimmt über die betreffenden Punkte, fo bleiben sie eo ipso vorbehalten und können -nur später geregelt werden. Wollen Sie sich aber einmal den historischen Gang vorstellen, durch welchen das Haus der Abgeordneten zu dieser Bestimmung gelangt ist! Jch“ muß leider bekennen, daß in diesem Punkte wohl am Ende die Staatsregierung niht so korrekt gewesen ift, wie Herr von Kleist die Güte hatte anzueckennen, denn es finden fih in der Regierungsvorlage am S&luß des Artikels 6, nahdem einzelne Befugnisse der Kreis- und Provinzialsynoden und ihrer Vor- stände erwähnt find, die Worte:

„Wegen der übrigen, den Kreis- und Provinzialsynoden und deren Vorständen zugewiesenen Rechte bleibt die staatsgeseßliche Regelung, jo weit es deren bedarf, vorbehalten.

Nun hat das Abgeordnetenhaus diese einzelnen Paragraphen der Kreis- und Provinzial-Synodalordnung nicht mit staatlicher Sanktion verschen, sondern hat auch dies der Zukunft vorbehalten, und in Folge dessen ist das Abgeordnetenhaus zu der allgemeinen Formuli- rung gelangt: : R

Wegen der den Kreis- und Proviazialsynoden und deren Vor- ständen in der evangelischen Kirchengemeinde- und Synodalordnung vom 10. September !873 zugewiejenen Rechte bleibt die staatsgeseß- lihe Regelung, soweit es deren bedarf, vorbehalten. :

Ich fürchte, meine Herren, die Staatsregierung hat das angeblich böse Beispiel gegeben, und es ist nicht recht, aus diesem Umstande Ss die Stellung des anderen Hauses sehr crnste Vorwürfe zu erheben.

Meine Herren! Es ist gesagt, daß Derjenige, der von Staats- wegen Rechte giebt, auch die Bedingungen unter Umstän- ständen zu stellen hat, unter denen sie geübt werden dürfen. Meine Herren! Jch bin nicht der Meinung, wie das in großen und im anderen Häuse recht stark vertretenen Parteien lange Zeit als etwas Nothwendiges hingestellt war, daß die staatlichen Faktoren eingreifen könnten in die Gemeinde- und Synodalordnung und selbst Abänderungen mir nichts, dir nihts dekretiren. Da- von kann keine Rede sein. Die Sache ist so, daß die Kirche ihr Statut bringt und sagt: zu dieser Bestimmung brauche ih, Staat, deine Genehmigung. Der Staat kann die Genehmigung ertheilen, aber auch versagen, und für diese Genehmigung gewisse Bedingungen stellen. Jn einem kleinen Punkte, meine Herren, haben wir in der jeßigen Vorlage recht ‘das Beispiel, das ift der Artikel 8 wegen des Patronats. Der Scchlußsaß, dex die allgemeinen Bestimmungen der Kirchengemeinde- und Synodalordnung beschränkt, steht nit inder Kirchengemeinde- und Synodalordnung; das Recht, das dort für die Verhältnisse zwischen Gemeinde und Patron gegeben wird, wird vom Staat nur in bedingter Weise anerkannt. So ist das auch für die Zukunft nicht anders aufzufassen. :

Meine Herren! Wende ich mich nun zu der Frage und das ift die bedeutendste, die nach meiner Meinung hier verhandelt wird —: welche Stellung dieses Hohe Haus den Beschlüssen des anderen Hauses gegenüber einneßmen möchte nah den Wünschen der Staats- regierung, so bitte ih Sie doch den Ausgangspunkt zu nehmen, daß ebensowenig, wie die Kirchengemeinde- und Synodalordnung vom 10. September v. J. eine vollständige Kirchenverfassung enthält, fondern nur diejenigeu Schritte zu einer solchen, die unter den gegebe- nen Verhältnissen möglich waren, eine Reihe sehr wichtiger, aber immerhin noch erster und nicht abscließender Schritte, daß eben- fowenig sage ich der Geseßentwurf, den die Staatsregierung vorgelegt hat, den gesammten Bestimmungen der Kirchengemeinde- und Sy- nodalordnung, infoweit sie auf stoatliches Gebiet hinübergreifen, die Zustim- mung der geseßgebendenFaktoren verschaffen wollte. Sondern, meine Herren, daß es sih_ in der ganzen Angelegenheit nur darum handelt, ein ge- wisses Maß dieser Bestimmungen mit einer derartigen geseßlichen, auf bürgerliche und staatlihe Gebi:te wirkenden Kraft zu versehen, und man dabei ausgegangen is von im Wescntlichen rein prakiischen Ge- sichtspunkten. Das ist ein Punkt, den ih speziell berühren mußte. Zunächst ist es ür durhaus nothwendig erachtet worden, die Trennung zwischen den rein kirhlihen Angelegenheiten der Gemeinde und den äußeren aufhören zu lassen, diese verschiedenen Faktoren zu einer Ein- heit zusammenzufassen, damit sie endlich in dieser Einheit gedeihlich und wahrhaft lebensfähig zu wirken vermöhten. Die Auffassung der Staatsregierung geht auch im Wesentlichen dahin, nur diese Kirchen- gemeindeorgane nach allen Richtungen hin wirksam zu machen. Es ist Ihnen dies in den Motiven der Ge}eßesvorlage mit. ganz dürren Worten ausgesprochen worden :

Es heißt dort:

„Diese Artikel beschränken * die staatliche Anerkennung der Kreis- und Provinzialsynoden resp. ihrer Vorstände auf den Bereich des zur Ausführung der Gemeindeordnung unerläßlichen Befugnisse.“

Nun, meine Herren, es ist also jedenfalls die Meinung, der ih jeßt so vielfältig in der Presse und in anderen Kreisen begegne, als ob die Staatsregierung die Sanktionirung der Kreis- und Previnzial- Sytodalordnung ohne Uniersch ied gefordert habe, eine durchaus irrige. Die Staatsregierung wünschte nur sanktionirt zu sehen diejenigen Be- stimmungen der Kreis- und Provinzial-Synodalordnung, welche einen Bezug haben zu den Bestimmungen der Gemeindeordnung, aber lediglich aus dem Gesichtspunkt der Vollendung der Gemeinde- ordnung heraus, nicht aus dem Gesichtspunkte heraus, den die Förde- rung der Kreissynoden oder Provinzialsynoden als solcher an die Hand gegeben haben würde. Meine Herren! Es ist vielleicht einzelnen der Bestimmungen gegenüber jener Saß der Motive nicht ganz korrekt oder ershôpfend. Jh möchte glauben, daß ih das Recht hätte, zu voemidhis daß die Bestimmungen in §. 53 Nr. 8 der Kreis-Synodal-

ordnung : die Prüfung statutarisher Ordnungen der Gemeinden, sowie-die Errichtung solher Ordnungen in dem den Kreissynoden angewiese- nen Geschäftsgebiete. Auch die leßteren bedürfen dcr Billigung. a Li und der abschließenden Bestätigung des Kon- istoriums, u einem Theil über das gesteckte Ziel hinausgehen, nämli insofern fie Organisationen betreffen, die nur innerhalb des Kreis-Synodalbe- zirkes, abgesehen von der Gemeinde, ihre Lebensfähigkeit beweisen: kön- nen. Solche Punkte sind vielleiht noch weiter vorhanden, es gilt das

Gesagte wohl fert von den Bestimmungen des §. 65 Nr. 5 und 6,

wenigstens theilwcise, die der Provinzial-Synodalordnung angehören.

R meine Herren, der Grund, weshalb die Bestimmungen über die reis-Synodalkosten in die Vorlage aufgenommen waren, wird von

der Motivirung auch nit getroffen ; es muß Je Ergänzung der Mo-

tive der praktische Gesichtspunkt nach allen Seiten hin ins Auge ge- faßt werden, um ein derartiges Bedürfniß zu konstatiren, was Herr von Kleist vorhin. beiläufig ‘erwähnt hat, und was ih in einer aus- führlihen Auseinanderseßung im andern Hause darzulegen mich be- müht habe. Also insoweit geht vielleicht \elb#t die Vorlage der Staats- regierung über dasjenige hinaus, \vas die Staatsregierung damals als das nothwendige und was sie als das eigentliche Wesen ihres Stre- bens bei der Vorlage bezeichnete.

Es‘ ist auh feineswegs richtig, daß nach dem Vorschlage der Staatsregierung auch nur alle diejenigen Bestimmungen der Kreis- Synodalordnung die geseglihe Sanktion hätten erhalten sollen, die ‘eine solche haben müssen, um möglicher Weise wirksam zu werden. Meine Herren, i{ch erinnere Sie - daran, zah während in Bezug auf die Gemeindeordnung über das Stimmverhältniß bei gültigen Be- Gen eine Bestimmung in diesem Gesehentwurf getroffen ist, die auch von Ihrer Kommission zur Annahme empfohlen wird, dieselbe Bestim- mung für die Kreissynode fehlt. Jch erinnere ferner daran, daß nah dem Landreht gegenwärtig niht die Kreis-Synodalvorstände darüber zu unterscheiden haben, ob Einsprüche gegen die Wahl von Geistlichen gerehtfertigt seien, sondern nur die Kirchenbehörde und daß, wenn man den Kreis - Synodalvorständen dieses Recht beilegen will, erst ee Ee taatsgeseßlihe Bestimmung, die frei- lih ins kirchliche Gebiet hineingreift, beseitigt werden muß, so gut wie wir durch diese Vorlage eine Menge andere ähnliche Be- ftimmungen be Bilen wollen. Ferner handelt cs sich noch um eine viel wichtigere Bestimmung, die an großen Orten wie Berlin ein dringendes Bedürfniß berührt, nämlich, daß die Kreissynoden fih zu-

sammen thun können zu cinem einheitlihen Körper, der als solcher juristische perp haben würde. Alle diese Bestimmungen beispielswei)e, die auch in jenem Abschnitt über die Kreis-Sonydal- ordnung stehen, haben in der Vorlage keine Erwähnung gefunden, Damit ist doch klar, daß au die Staatsregierung keineswegs davon ausgegangen ist, der Kreissynode, insoweit [f zu ihrer Wirksamkeit auf staatlichhem Bebiete eines Gesezes bedarf, die betreffenden Rechte überall {on jeßt beizulegen, und das i1i es, was ih festzuhalten biite. Jst es nun nicht richtig, daß die Staatsregierung das Über- haupt wollte, so bin ih, meine Herren, auch der Meinung, daß ih, wie mir vorgeworfen ist, keiné#wegs in einen Widerspruch E rathen bin, wenn ich mich anscheinend den Beschlüssen des Hauses

der Abgeordneten gefügt habe und insbesondere, wenn ih erklärt habe, -

das Prinzip der Auffassung des Hauses der Abgeordneten und feiner Kommission sei in Bezug auf diese Angelegenheit dasselbe, wie das der Staatsregierung, es handele ih nur um die Ausführungs- Modalitäten. Meine Herren! “Das Prinzip, wenn ich mi so ausdrücken soll welches die Staatsregierung verfolgte, war, die Kirchengemeinde-Ordnung festzustellen, das ist dasfelbe Prinzip, welches auch das Abgeordnetenhaus geleitet. Die Staatsregierung glaubte noch einige Beftimmungen zu diesem Zwecke-aus den Vorschriften über die höheren Stufen herübernehmen zu müssen und fie anerkennen lassen zu sollen. Das Abgeordnetenhaus hielt das nicht für nöthig; das ist nur, wie vorher sehr mit Recht gesagt wurde, ein Unterschied zwischen majus und minus, aber gar keine grundsäßlihe Differenz. Wenn also das von mir erwähnte, geshäßte Blatt an dieses Hohe Haus die Auf- forderung richtet, mich in meiner Eigenschast als Jurist, in welcher ich

« bei der Vorlage reh: korrekt gehandelt habe, hier hübsch festzuhalten,

und meine Eigenschaft als Politiker, welche ih im Abgeordnetenhause zur Geltung gebracht hätte, niht.zu berücksichtigen, so, denke ih, fehlt dieser Aufforderung die thatsächlihe Grundlage und damit auch, wie ih hoffe, der. Effekt auf diejes Hohe Haus. L E

Meine Herren! Jch muß doch auch den Beschluß des Abgeord- netenhauses in Bezug auf die Kreis-Synodalordnung- feinem wahren Sinne gemäß g etwas anders darstellen, als es bisher geschehen ist. Es sieht so aus und ich räume gern ein, daß die in dem an- deren Hause gehörten Ausführungen-zu solch einer Meinung mit An- laß geben als ob nun die Kreissynoden in ganz. und gar keiner Weise von dem Hause der“ Abgeordneten als zu respektirende Gestal- tung von irgend welcher rechtlichen Bedeutung angeschen würden. Daß das in Bezug auf die kirhlihe Seite, die bei den Kreissynoden vielleiht gegenüber der anderen Seite vorwiegt, nicht der Fall ift, habe ih bereits hervorgehoben. Jh darf auch weiter darauf hin- weisen, daß das Haus der Abgeordneten Mittel für die Provinzial- und für die allgemeine Synode in nicht unerheblichem Betrag gleich Ihnen -— bewilligt hat, welhe Provinzial- und allgemeine Sy- node die Vorausseßung baben, aus den in der Verordnung vom 10. September gekennzeihneten Organen herauszuwachsen. Aber, meine Herren, die Sache geht noch viel weiter. Jn dem Berichte Jhrer Kommission find mit Recht eine ganze Reihe von Bestimmun- gen herangezogen worden, in welchen die Kreissynode „sih dar- stellt als ein mitbegründender Faktor -für- die Gemeinderäthe und für die Gemeindevertretungen. Jh_bitte Sie, nur ins Auge zn fassen, daß das auf shärfste gilt von dem Alinea 3 des §. 2 der Kirchengemeinde-Ordnung, das in einem Artikel der Vorlage ausdrück- lich angezogen und sanktionirt ist. Jch erinnere Sie an den im Ent- wurfe ebenfalls in Bezug genommenen ®. 46, wonach die Kreis\synoden bei der Errichtung von Statuten mitwirken jollen. Jch erinnere Sie weit r, daß, wenn irgend ein Einspruch entsteht gegen die Wahl eines Aeltesten oder Gemeindevertreters, oder wenn fich Unordnungen zu- tragen, wegèn deren eine solche Wahl nicht zu Stande kommt, die Aeltesten und Vertreter ganz unmöglich sind, ohne Mitwirkung ? der Kreissynode. Das stcht Alles in der Synodalordnung im ersten Theile, und dieser ist rundum anerkannt worden. Also so radifal, wie er bezeichnet worden, ist der Standpunkt des anderen Hauses in keiner Weise. j

Aber, meine Herren, nichtsdestoweniger würde es der Staats- regierung erwünscht gewesen sein, wenn die Aenderungen, die das Ab- geordnetenhaus vorgenommen hat, in Betreff der Frage, wie weit sind die Bestimmungen der Kreis- und Synodalordnung mit staatlicher Anerkennung zu versehen, wenn diese Abändecungen eben nicht erfolgt wären, und die Staatsregierung würde, wie ja sehr erklärlih, unter folhen Verhältnissen. fih bemühen, mit der Hülfe dieses Hohen Hauscs eine Abänderung der Bestimmungen zu erzielen; jedo, meine Herren, untèr einer Vorausseßung, wenn sie die Hoffnung hegen dürfte, in diesér Beziehung auf ein änderes Votum des Hauses der Abgeordneten zu rechnen. Aber, meine Herren, ich muß das hier näher begründen, diese Hoffnung kann nicht gegeben werden. Wenn Sie blos den Kommissionsberiht lesen oder gar nur die Verhand- lungen des anderen Hauses, dann werden Sie einen Grund haben, an der Richtigkeit dieser meiner Auffassung zu zweifeln. Da würde sogar vielleicht der mir auch gemahie Vorwurf, als ob ih nicht mit ausreichender Lebendigkeit für die Vorlage der Staatsregierung ein- getreten, einigen Schein für sih haben. :

Aber, meine Herren, Sie wissen ja, daß es nothwendig ist, bei unserer Verfassung eine Einigung zwischen den verschiedenen Faktoren der Gescßgebung herbeizuführen, daß nicht der Wille des einen -Fak- tors entscheidet, sondern daß Jeder darauf Bezug zu nehmen hat, si mit den anderen Faktoren zu vereinigen. Die Form der Vereinbarung ist, unter so parlamentaris{ch gewiegten Männern, wie die dor mir sißenden sind, brauche ih das niht auszuführen, nicht immer die offizielle Min der Behandlung diejenige, in welcker am sichersten be- stimmte Resultate erreiht werden. Es ist oft außerordentli geboten, mit denjenigen Faktoren, welche in einem Hause die Mehrheit bilden oder bilden können, sih über die betreffenden Fragen in ein enges und erläuterndes, abflätendes Einvernehmen zu seßen, che diese Faktoren ? fih auh nur durch in Kommissionsberathungen abgegebene Vota ge- bunden haben. Wenn das von irgend einer Materie gilt, so gilt es id glaube nicht auf Widerspruch zu stoßen, von der hier vor- iegenden. , i;

Zur Begründung des Saßes ‘einige Worte. Meine Herren! Es handelt fih um einen Anlouf, zu ‘einem wirklich praktischen Resultat zu kommen auf einem Gebiet, von dem ich Jhnent bereits vorhin her- vorhob, daß auf demselben seit nahezu sechszig Jahre alle Anläufe keinen oder nur einen geringen “Erfolg hatten. Es handelt fi, meine Herren, um eine Angelegenheit, die - bei ihrem Erscheinen oder ihrem Hinaustreten ins Leben einen Sturm erregte, wie er eigentli wohl selten erhoben worden ist gegen einen Geseßentwurf.“ Es E nicht sieben Monate her, und wenn Sie die Zeitungen aus dieser Zeit, die Zeitungen aller Richtungen nachsehen, so werden Sie finden, daß kaum ein einziges zustimmendes Wort zu die- ser Vorlage geschrieben wurde, und wo es geschah, nur mit den ver- \hränkendsten Klauseln, daß diejenigen, die dabei mitwirkten, ziemlich von allen Seiten mit den härtesten und bittersten Worten behandelt worden sind. Meine Herren! Diese Stimmung hatte noch keineswegs ein Ende, als der Landtag zusammentrat; ihm gingen zu: Petitionen auf Verwerfung der Synodalvorlage, diktirt von dem Standpunkt, als ob die Landesvertretung in die Synodalordnung mit hineinzu- reden hätte. Es war absolut nothwendig, die vielen Jrrthümer, die vielen Mißwürdigungen des kirchlichen Werkes bei den Faktoren, welhe mitzureden haben, wie ich vorhin sagte, abzuklären. Es ist nicht so, daß die Staatsregierung sich dem andern Hause gegenüber in so günstiger Lage in dieser L Pun befinde, wie diesem Hause gege, in Bezug auf die Stellung zur Kirche finde ich hier bei Peitem nicht so shwer wiegende, bisher jeder Entwickelung unförder- liche. Differenzen zwischen den einzelnen Mitgliedern, wie in dem an- deren Hause. Und, meine Herren, es wog das um so \{hwerer, als ie gegenwärtige Majorität es anderen Hauses wes eine lange Ver- gangenheît, ihre N bienes Mitglieder durch manches Wort, das sie auf der Tribüne gesprochen hatten, moralisch an sich selbst gebunden waren, und daß man ihnen zumuthete, troßdem zu einer freien, ‘in objektive Richtung gehenden, felbst über- windenden Auffassung zu gelangen gegenüber der Vorlage. Meine Herren! Es hat mir eine fast sech8monatliche Arbeit gekostet, um dur eingehende Erörterungen zu einer solchen Abklärung

zu gelangen, und mancher der Männer, der zu dieser orlage sein uftimmendes Votum gegeben hat, Hat einen Aft der Selbstüberwin- ung geübt, der in vollstem Maße anzuerkenne« is ; sie sind so weit, bis zu. der bekannten Grenze, mit ihrer Zustimmung der Staatsregie- rung entgegengekommen. Und wenn, meine Herren, die Verhältnisse so liegen, ift da die Behauptung wohl gerechtfertigt, daß die Staats- regierung \sich zum Diener der Majorität des andern Hauses mache? die nur zu winken habe, wenn sie ihren Willen durchseßen wolle? Meine Herren! J denke, die Motivirung von meiner Seite \hlägt dieses Wort als ein sehr schwach b-:gründetes, als ein unbegründetes nieder. MeineHerren ! Es ist meinerseits noch in den leßten Tagen derVersuch gemacht worden, eine Aenderung zu erlangen ohne Erfolg ; felbst durch ein vermittelndes Amendement oder mit einem solchen Amendement, wozu ih «einen sehr deutlihen Appell noch in der Verhandlung gegeben habe, ist von feiner Seite der Staatsregierung entgegengekommen worden, wohl ‘aber wurde der hier interressirende Theil ihrer Vorlage mit. etner fast erdrückenden Majorität verworfen, und nahd-m das geschehen“ war, dann erlangte die geänderte Vorlage die Zustimmung des Hauses der Abgeordneten, so weit ih geschen* habe, mit Aus- nahme eines einzigen Mannes, eine Zustimmung, die sämmtliche

stimmenden Mitglicder umfaßte, Männer der verschiedensten poli-

tischen und kirhlichen Richtungen. Wir haben diese Thatsache auf diesem Gebiete noch niemals erlebt, und, meine Herren, um so. s{werwiegedder mußte diese Thatsahe demnächst - der Staatsregierung bei ihren weiteren Entschließungen sein bezüglich der von mir hervorgehobeneu Frage, welche Stellung hat sie einzu- nehmen- gegenüber der Vorlage des Hauses der Abgeordneten, wie fie hierher gelangt ift. :

Meine Herren! Die Staatsregierung ist nach dieser Sachlage davon durchdrungen, daß ein Beharren auf ihrem Standpunkt nicht nur cine Gefährdung, sondern, foweit menschliche Berechuung vor- aussehen kann, eine Verhinderung des gegenwärtig «in Angriff - ge- nommenen geseßgeberischen Werkes zur Folge haben würde. Nun mußte sih die Staatsregierung die Frage stellen: liegt -die Sache so, daß fie dafür die Verantwortlichkeit übernehmen dürfe, die Verant- wortung-dafür, daß dieses seit mehreren Menschenaltern ne jeßt in scinem crsten Stadium bis auf einen gewissen Punkt der Vollendung entgegengeführte Werk abermals in den Brunnen falle? Meine Herren! Die*+ Staatsregierung hat diefe Verantwortung nicht übernehmen können. Jch habe Ihnen folgende Erwägungen entgegenzuhalten : L :

Sehr. wesentliche Förderung der Selbständigkeit der Kirche liegt in dem, was auch von dem anderen Hause geboten wird; wesentliche Rechte werden der Kirche überwiesen; eine entshiedene Schädigung muß eintreten inder Entwickelung der Kirche, wenn jeßt wiederum ein Stillstand eintritt. Meine are Es handelt sich nicht blos darum, die Elemente zusammenzufas}en, die gegenwärtig hon warm an der Kirche hängen, nein, meine A es handelt sich auch darum und dies wurde in anderer Weise auch von dem Vorredner, Herrn Dr. Elwanger, angedeutet, Elemente, die Ver der Kirche gleich- gültig gegenüberstanden, ihr wieder zu gewinnen. lauben Sie mir nur, meine Herren, in diesen® gleihgültigen Elementen sind sehr viele gute und vortreffliche, die fih herausbilden werden in dem Augenblicke, daß sie mit kirchlihen Angelegenheiten zu thun haben. ® i

Und eine solche lohnende Aufgabe sollte ihnen hier’ gestellt werden. Es muß nothwendig wiederum eine Lähmung kommen, wenn die Sache abermals auf die lange Bank geschoben wird. Es muß der jeßige Zustand noch unerträgliher werden. Denn, meine Herren, w ährend ich Jhnen vorher hervorhob, daß nach der bisherigen Ein- ritung der Regel nah die Gemeindevorsteher Mitglieder waren der Gemeinde-Kirchenräthe, sfind- sie es gebt vielfältig niht; es ist jeßt durch die neue Ordnung ein viel stärker zwiespältig Wesen geschaffen, als durch die alte. ¿ : ;

Meine Herren! Hexr von Kleist sagt, es sei sogar“ leicht, die Sache noch zu verschieben, das sei kein Unglück. Jch habe mir er- laubt, Jhnen über die Entwickelung dieser Angelegenheit pflichtmäßige - Mittheilung zu machen; ih habe mir exlaubt, Sie darauf hinzu- wesen, daß auf diesem Gebiete, wo die Persönlichkeit, die individuellste Persönlichkeit, auch wenn sie sich àuf das Energischste bemüht, so nicht zu thun, auvch wenn fie es nicht will, immer mitreden wird, auch um die Einwirkung des subjektiven Elements, der Stimmung. Ich weiß nicht, wie die Meinung der Häuser des Landtags sein wird, gegenüber der Kirchengemeinde-Ordnung, wenn bestimmte Entwitcke- lungen- vor sich gehen, deren Ergebnisse ih selbst nicht kenne. Wir Haben . gar keine Garantie dafür zu sagen: wir kommen heute übers Jahr mit der Vorlage wieder, dann -geht sie. dur, - und alles ist gut. s j

Dann tritt auch noch ein anderer großer Schade ein. Jn meh- reren der neuen Provinzen is das lebhafteste - Bedürfniß vorhanden nah der Regelung der kirhlihen, der Synodal- und Gemeinde- Angelegenheiten ih erinnere allein. an Schleswig-Holstein und an die von dort kêmmenden so warmen und bewegenden Worte in dieser Richtung aus den kirchlichen Kreisen. Aber, meine Herren, es ist ja ganz natürlich, daß das Resultat dieses Versuches, weil er ein prin- zipieller ist, für die Entwickelung auch jener Verhältnisse ein ganz räjudizirendes ist, und wenn das Resultat ein Nichts ist, nun, so ftchen alle die Bestrebungen, die dort eingeleitet waren, wiederun1 till, und alle Wünsche, die in dieser Richtung“ aus den anteren Pro» vinzen gekommen sind, harren auf unbestimmte Zeit hinaus abermals der Erfüllung. 5

Das, meine Herren, sind Gesichtspunkte, die der Staatsregierung die Sache doch gar zu ernst erscheinen lassen, als daß sie sih in dieser Weise zu trôsten vermöchte und ‘niht ein gewisses Zurücktreten von ihrem Standpunkie für gerechtfertigt hielte. Nun, meine Herren, ih kann mir nicht denken, daß, wenn zu lden Verzicht die Staatsregierung gelangt, dieses Hohe Haus die nah meiner Aa e \chwere Ver- antwortung ‘ür das Scheitern übernehmen wolle. eine-Herren, ih glaube Jhnen glei darzuthun, daß der zweite Saß des Herrn von Kleist, als muthe die Staatsregierung diesem Hohen Hause zu, den- selben Dièner, den angeblich die Staatsregierung vor der Majorität des - anderen Hohen Hauses gemacht hat, ebenfalls mitzumachen. Meine M ch will mich im Anschluß an das von dem leßten Herrn Redner Gehörte bemühen, Jhnen Momente vorzuführen, welche geeignet sein können, nah meiner Ueberzeugung, die freie Ueberzeugung dieses Hohen Hauses auf den von mir bezeihnéten Weg zu lenken; ih meine, Sinn und Einsicht, die auf diesem Gebiete im Hohen qule herrschen, werden gleichzeitig mir rathend, lg zur Seite ehen. Wenn ich von dem Sinn dieses Hohen Hauses spreche, fo habe ih dabei lebhaft denken müssen an eine Stelle Jhres Kommissions- berichts auf Seite 4, wo es heißt: / :

Schließlih wurde noch auf die eigenthümlichen Rücksichten hinge- wiesen, welche im vorliegenden Falle die Landesvertretung der Krone gegenüber als '‘Trägerin des landesherrlichen Kirchenregiments zu nehmen und zufolge deren zu verhüten habe, daß nicht durch eine Amendirung und Beschränkung des Geseßentwurfs eine Verstümme- lung und Benachtheiligung des von dem landesherrlichen Kirchen- regiment bereits ‘definitiv approbirten und verkündeten kirchlichen Geseßgebungswerks verursacht werde.

Ich sollte meinen, dieser Gesichtspunkt muß ganz besonderes Gewicht aben, Wenn man vor der Frage steht: soll gar nihts zu Stande ommen? Und dann, meine Herren, folgende kühle Bemerkungen: es

wäre eine schr andere Sache, wenn Ihnen die Staatsregierung zu-

muthen wollte, von einem maßgebenden Grundsaße zu Gunsten des

Votums des anderen Hauses abzugehen, ohne daß sie uiht nach jeder

Richtung hin den warmen Versuch gemacht hätte, von der Richtigkeit

dieses Grundsaßes das andere Haus zu Aragemen Meine Herren!

So liegt ja aber die Sache niht. Jch habe mir erlaubt,

Ihnen darzulegen, daß die Vorlage der Staatsregierung grund-

gn denselben Boden hat, wie das Elaborat des anderen Hauses. s handelt sich und ih wiederhole es, es ist ein vollständig richti-

ges Wort vorher gewesen ganz allein um ein majus und um ein minus, J habe einen Zeugen, den Sie nicht zu ckweisen werden, das ift Jhre eigene Kommission, die einen Theil bereits von den Be-

C Ai die sich in der Ne der Staatsregierung gefunden aben, als solche gekennzeichnet hat, die jeßt niht mit der staatlichen

- die Synodalorgane höherer

Sanktion zu versehen seien. Man kann doch nicht deutlichere Be- weise dafür haben, als diesen, daß es sich hier nicht um ein Prinzip handelt. Meine Herren! Die Sache läge auch anders, wenn die Frage so stände: ist das Gebotene, wie es nach der Vorlage des Hauses der Abgeordneten bleibt, so ganz ohne Werth? Jch berufe mich nur auf das, was. ih beute gehört habe, um von vorn- herein das allgemeine Wort aussprechen zu dürfen: nein, es handelt fich im Gegentheil um eine werthvolle Gabe. Dann aber weiter: wird diese werthvolle Gabe s{chlecht oder ganz ungenießbar, wenn die- jenigen Bestimmungen nicht staatlihe Anerkennung bekommen, die von der Staatsregierung vorgeschlagen waren? Jch m freilih in der umgekehrten Weise, eine Ausführung Jhres Kommissionsberichtes u meinen Guristen in dieser Beziehung nüßen. Jene Bestimmungen bestehen zum weitaus größten Theile, insoweit es sih um die kirchliche Sanktion handelt, bereits gegenwärtig. Der §. 53 Nr. 5, der von der Mitaufsicht über gewisse kirchliche Jnstitnte spricht, ist nahezu wört- lich entnommen dem Allerhöchsten Erlaß vom 5. Juni 1861 über die älteren zunächst preußischen Kreissynoden. Es ist die Ve- stimmung überhaupt überwiegend kirchlicher Natur; und insoweit fie auf das Staatsgebiet übergreift, ist ausdrücklich hingewiesen, daß ord- nende statutarische Bestimmungen ihre Gültigkeit in erster Linie behal- ten; die werden aber auf dem bekannten Wege geschaffen, daß eine Allerhöchste Anerkennung eintritt unter Kontrasignatur der Minister. Was also hier noch der staatlichen Sanktion überwiesen ist, das ist

ein sehr Geringes; und wenn man bvbisher mit der Bestimmung hat

auskommen können, so denke ih, wird man für einen vorübergehenden Zeitraum und darum A, es Ÿ nur auch noch wetter aus- kommen können, Die Königliche Staatsregierung hat die betreff-n- den Bestimmungen alle durchgehen und- sich vergegenwärtigen müssen, ob in der That die Ünerläßlichkeit, die anfänglich angenommen war, vorlicg". Sie ist dabei dann zu dem L gekommen über die Aufsicht, die nstanz über das Vermögen der Gemein- den ausüben sollen. Meine Herren! Wenn der auch nit staatlich anerkannt wird, wenn Fa der Zustand, daß die Gemeinden die Kreissynoden Einsicht nehmen lassen, sih niht eiñfach durch Einsicht und Konnivenz der Gemeinden von selbst machen möchte, so kann_ich doch nicht meinen, daß diese Aufsicht nothwendig ist. Jch bitte Sie, sih zu vergegenwärtigen, was noch “an Aufsicht bestehen bleibt und was durch die Synodalordnung an Aufsicht neu eingeführt ift : erstens der Gemeinde-Kirchenrath, zweitens ‘das kontrolirende neue Organ der Gemeindevertretung; daneben behält der Patron seine Aufsicht und endlih die ganze Gemeinde, der jährzich der Etat und die Rechnung offen gelegt wird. Jh sollte doch meinen, daß so viele Anfsichts- faktoren hier {hon fkumulirt scien, daß sich die Meinung nicht rechtfertigen läßt, die unbedingte Nothwendigkeit, noch eine neue Auf- ficht staatlih zu sanktioniren,- walte hier vor. Die Bestimmung über die Kreis-Synodalkassen hat denselben Charakter, wie die Be- stimmung über die Aufsicht über gewisse Institute. Sie ist ebenfalls beinahe wörtlih entnommen aus dem Erlaß vom 5. Juni 1861 und steht thatsählichG fkirhlich wenigstens in -Anwendung. Jch meine, daß es auch hier nicht absolut nothwendig ist, in dieser Be- ziehung eine staatliche Sanktion auszusprehen. Es ist von mir äller- dings ausgeführt worden, daß es praktische Unbequemlichkeiten und andere Bedenken h.ben kann in Bezug auf die Herbeischaffung der Kreis-Synodalkosten für die Provinzial- und Generalsynoden find die Kosten ja aus Staatsmitteln bewilligt und ih möchte, wenn i mir die Opferwilligkeit der Gemeinden _ da- bei ansehe, wie * ich das früher {hon ausgesprochen habe, Hierbei fast mehr _ auf die Seite des Hrn. v. Kleist treten; als auf die des Herrn Dr. Elwanger. Jch habe eine besondere Meinung von der Idealität \o habe ih mich wohl ausgedrückt der ländlichen Gemeinden, sobald der Geldpunkt in Frage kommt, gerade nicht. Aber ih trôste mih ebenso wie Herr von Kleist; es ist, sagte er, ‘bisher auch gegangen, und, meine Herren, wenn vicl- leicht nicht ohne allen Nachtheil, so wird es inder DMergnggae auch weiter gehen. Und nun endlich die Bestimmung in Nr. 8 des erwähnten §. 53, der vou den Statuten handelt. Davon habe 4h bereits hervorgehoben, daß ein Theil niht mit Nothwendigkeit zur Gemeinde-Kirchenverfafsung gehört, der andere Theil“ aber durch eine besondere Bestimmung und durch eine besondere Verweisung auf 8. 46 auch von dem Abgeordnetenhause bereits Anerkennung fand. Wenn nun in der That die Sache so liegt, daß diese Be- stimmung ohne Schaden entbehrt werden kann, so kann ih mir nicht anders denken als daß es Pflicht ist, niht um folcheë allenfalls æentbehrliher Bestimmungen willen die Gewißheit über sstch zu nehmen, gar nichts zu haben. 5 j

Ich komme nun auf ein s{{weres Gravamen zurück, dem ih auch feine Berechtigung bis zu einem gewissen Grade nicht versagen kann, das Gravamen, welches gegen die Motive des anderen Hauses erhoben worden ist. Ich kann mir im Ganzen das zu eigen machen, was in dieser Beziehung Herr Elwanger ausgeführt hat. Jch bedauere, daß die Selbstüberwindung, welche sih in seinex heutigen Rede wenig- stens Herr von Kleist anlegte, seinen kirchlichen Standpunkt zurück- zudrängen, bei so vielen Mitgliedern des Abgeordnetenhauses -\ih niht mit gleihem Resultate geltend gemaht hat. Aber, meine Herren, seien Sie in dieser Beziehung nicht zu unbillig in Jhrem Ur- theil. Daß man auf diesem Gebiete bisher nihts zu Stande brachte, liegt ja im Wesentlichen mit darin, daß es so undenkbar {wer ist ich darf mich wohl des Ausdrucks bedienen seinen kirchlichen Menschen bei einem die Kirche so nahe berührenden Staatsgeseße draußen zu lassen, ihn auszuziehen. Es ist ganz“ erklärlich, daß man seinen kirhlihen Standpunkt sehr leiht mitreden läßt in dieser An- gelegenheit. Wir haben ja geschen, daß dieselben Männer und ich meine auch. hier Mitglieder des Hauses der Abgeordneten, die auf Ren Gebiete dasjenige nicht durhzuseßen vermochten, was ihrem firhlihen Standpunkte entsprach, und hinterher in dèr Macht der po- litishen Verhältnisse im Hause des Landtages diese Macht benußten, um für ihre kirhlichen Anshauungen Propaganda zu machen. Das ist eine Thatsache, die fih an das von mir angedeutete psychologische Moméênt anschließt, und die Reminiscenzen dieses Standpunktes, die noch so sta:k und fo wenig ecrfreulich für Viele in den Motiven des Hauses und vielleicht in einzelnen Reden vibriren, von diesem Stand- ‘punkte aus muß man fie betrahten. Man ui auch festhalten, daß es sih dabei nur um Motive handelt, die erst Thatsachen werden sollen in der Zukunft, wo sie wie Herr Elwanger ausführte erst noch mancher Kontrole unterliegen. Jh bin der Meinung, daß, wenn es s{on im Laufe weniger Monate gelungen ist, auf diesem Gebiete größere Abklärung zu schaffen, die Gegensäße fih einander nähern werden, wenn die Synodalordnung ins Leben getreten ist.

Ich hoffe dies, meine Herren, nicht blos auf die angedeuteten Erfahrungen hin, ich hoffe es auch im Hinblick auf Anderes, -auf das Moment einmal, das mir bereits von den Geistlichen wieder- holentlich mitgetheilt ist, daß, nachdem sie diese liberalen Gemeinde- ältesten gesehen und mit ihnen gemeinsam arbeiten, sie ihr strenges und besorglihes Urtheil, das fie vor der Wahl hatten, wesentlih modifiziren müßten, daß es sich mit diesen Leuten ganz gut arbeiten ließe. Und das ist ja so erklärlih, wie irgend Etwas. Wer einen Beruf bekommt, wird in diesem Beruf positiv, und am allermeisten ‘in dem Beruf der Kirche. “Das is eine Wahrheit, die wir bis zu ‘dieser Stunde -immer wieder zu erleben Gelegenheit gchabt haben. Eins muß ih weiter noch erwähnen, das ist ein persönlihes Moment, nicht indem es meine Person betrifft, sondern die eines Anderen. Es giebt wenige Männer im Hause der Abgeordneten, die ein so warmes Herz für die Interessen der evangelishen Kirhe an den Tag gelegt haben; wie der Herr Abgeordnete Miquel, und - aus seinem Mundé find die Worte geflossen, die bei Jhneni so \{chweren Anstoß erregt ‘haben. Jch denke, das ist eine neue Bürgschaft, daß bei weiterer

ntwickelung die Sorgen {winden werden, die Sie gegenwärtig an jene Motive knüpfen. 7 :

._ Meine Herren! Wenn nun auch - die Bestimmungen angenommen würden, die die Staatsregierung ursprünglich dem Hause der Abge-- ‘ordneten vorgelegt hat, würden Sie damit das Abgeordnetenhaus in- eine andere Lage O Würden Sie dem Abgeordnetenhause die ‘Möglichkeit entziehen können, niht doch so zu handeln, wie Sie in Íenen Motiven angedroht finden, wie dort geiagt vorden ist? Nein,

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meine Herren, auch wenn angenommen wird, was proponiri war, muß eine weitere geseßliche Vorlage mit absoluter Nothwendigkeit Ffommen. Einmal zur Sanktionirung derjenigen Bestimmungen, die auch die Vorlage der Regierung zur landesgeseblichen Sanktion noch nit gestellt hatte und stellen konnte, und dann behufs des End- zieles unserer Entwickelung, des Zieles der Auseinanderseßung über die Vermögensverhältnisse. Dazu brauen wir das Haus der Abgeocd- neten unter allen Umständen, und dänn wird dieses Hohe Haus, mögen Sie das Eine oder das Andere beschließen, weiter in der Lage sein, zu prüfen, ob es dem ganzen Organismus der evangelischen Kirche, wenn cer sih dana entwickelt hat, diese Vermögensmasse zu überweisen sich verpflichtet halten wird. Meine Herren! Der Prüfung entgehen Sie*nicht. . Bleibt das Abgeordnetenhaus auf denjenigen Gesichts- punkten ets was ih nicht meine, so kommen dieselben zur Anwen- dung, Ihr Votum falle auf die eine oder die andere Seite.

kann, mi resumirend, Sie nur dringend bitten, in Jhüen selbst den Verzicht reif zu machen, den die Staatsregierung sih auf- gem hat, und zwar im Interesse der Kirche, die wir Alle fo lieb )aben, der evangelischen Kirche. Jch bitte Sie dringend, nehmen Sie die Verantwortung nicht auf sich,- die Jhnen auf den Schultern lasten würde, wenn Sie durch ein Votum, welches das Zustande- kommen dieses Geseßes unmöglich machen würde, die evangelische Kirche so shädigten, wie ih meine, daß sie ges{chädigt werden würde.

L der Diskussion über §. 3 erklärte der Staats-Minister Dr. Falf:

Meine Herren! Der Sinn des Paragraphen, wie er vom Ab- gnordnetenhause geändert worden, ist etwa der: die Gemeinden haben eine Reihe von Zwecken durch ihre Leistungen zu erfüllen, staatliche, kommunale und firchliche Zwecke. Es ist durchaus - gegen das JInter- esse berechtigter Faktoren, daß etwa unberechtigte kirhlihe Lasten die Leistungsfähigkeit der Gemeinden vernichten oder so beschränken, daß andere Zwecke darunter leiden können. Es ist der Wunsch, daß eine Behörde vorhanden ist, die das Sachverhältniß übersieht und beurthei- len kann, ob die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird; das ist die Verwaltungsinstanz, die Regierung im gegenwärtigen Augen- bli, die übersicht Alles. Der gewöhnlihe Weg wird der sein, daß ein Beschluß gefaßt und die Regierung auf- gefordert wird, zu gestaiten, daß er vollstreckbar werde. Ist dieser Weg vorhanden, dann wird Niemand noch an einen weitläufigen Prozeß denken. Aber wenn- die Regterung, die das ganze Verhältniß übersieht, gegen die o der Auferlegung ernste Bedenken im allgemeinen öffentlichen Interesse hat und die Vollstreckbarkeit versagt, dann würde der Rechtsweg beschritten werden können, und wenn ein obsiegendes Erkenntniß erlangt würde, durch dessen unbedingte Vollstreckung die Erwägungen der Regierung, die aus den allgemeinen Gesichtspunkten hervorgegangen waren, in den Brunnen geworfen sein. Deshalb, meint das Abgeordnetenhaus, wenn der Rechtsweg eingeschlagen wird, muß dennoch eine besondere Voll- streckbarkeitserklärung eingeholt werden. Das ift die Bedeutung der Streichung der Worte. Jch glaube, die Argumentation, die dafür ge- macht ist, hat Manches für sih und kann daher wohl empfehlen, den Paragraphen anzunehmen, wie das Abgeordnetenhaus ihn angenommen hat mit Weglassung der drei Worte.

Ferner :

Es scheint eine gewisse Unklarheit zu bestehen über das Wort „Umlage“. Alle diejenigen Gründe, aus welchen (abgesehen von einem, auf den ich noch kommen werde) gegenwärtig bestimmte Per- sonen verpflichtet sind zu Kirchenlasten, L Abgaben, Leistungen laufender Art oder einmalige zu gewähren, fallen nicht unter „Um- lagen“, sondern das sind besondere Rechtstitel, die alle durch die Sy- nodalordnung aufrecht erhalten find, Bei Umlagen in deren Sinne

handelt es sich um etwas ganz Neues, was 18 den östlichen Pro-

vinzen noch nicht vorhanden ist oder doch nur so sporadisch, daß es niht in Betracht kommt, nämlich um die Aufbringung besonderer Steuern, die mit einem Erekutivtitel. versehen werden sollen; die haben wir allenfalls in Bezug auf die Lasten, die aus dem Ever e fließen, “aber - keineswegs in dem weiteren

inne der Vorlage. Wenn man der Kirche ihren Mitgliedern gegenüber das Bestenerungsrecht unter Bedingungen. einräume, so meint Be von Kleist, cs verstoße dies gegen die Verfassung. Aber, meine

erren, in der Verfassung steht auch: die Kirche bleibt den Staats- geseßen unterworfen, und welche Geseße zu geben find, das muß dem Staate überlassen bleiben zu erwägen; ih habe vorhin die Momente hervorgehoben, die den Staat hierbei leiten können, nämlich die all- seitige und gerechte Erwägung der Frage, - ob die betreffenden Ge- meinden auch im Stande sind, diejenigen Verpflichtungen zu leisten, die der Staat und die Kommunen, die das kirhlihe Leben an sie richten. Derartige Rücksichken werden bei der Vollstreckbarkeits-Er- klärung auftreten, und ihnen kann, wenn jede mögliche Umgehung aus- geschlossen werden soll, nur die Regierung entsprechen. Deswegen O zu dem Schluß, den ih Ihnen vorhin als den richtigen empfahl. :

Ich habe hierauf doch zu erwidern, daß meine vorhinnigen Be- merkungen wesentlich darauf hinausgingen, den nah LericMedenca Seiten in Zweifel gezogenen Sinn des Beschlusses des Abgeordneten- hauses zu entwickeln, und nachGdem ih ihn entwickelt habe, habe ih dem Hohen Hause empfohlen, sich ihm anzuschließen, weil mir aller- dings gute Gründe dafür vorzuliegen schienen. :

In der Sizung des Hauses der Abgeordneten am 16. d. M. nahm in der Generaldiskussion über den Gesehz entwurf, die Eisenbahnanleihe betreffend, der Regierungs-Kom- missar Ministerial-Direktor Weishaupt nah dem Abg. Seelig

das Wort: : : O

Meine Herren! . Nur wenige Worte, um die Diskussion nicht zu lange währen- zu lassen. Zunächst will ich mich zu dem wenden, was der Herr Abgeordnete Hundt von Hafften angeführt hat. Derselbe er- klärt, wenn ih ihn richtig verstanden habe, es für eine Nothwendigkeit und für einen berechtigten Anspruh der Provinz Posen, daß dieselbe resp. deren Hauptstadt direkt mit der Hauptstadt des Landes in Verbindung geseßt werde, und s{chlägt zu diejem Zwecke die Aus- Pruns einer Bahn von Posen nah Cüstrin vor, indem er hervor- hebt, daß die Märkisch - Posener Bahn sehr mangelhaft verwaltet sei und den berechtigten Unsprüchen des Publikums nicht genüge.

Meine Herren! Der gedachte Anspruch kann als solcher von der Staatsregierung für begründet nit anerkannt werden. Es ist mögli, daßdie Märkisch-Posener Bahn in diesem Augenblicke noch nicht in der Lage ist, alle die Ansprüche und Wünsche zu befriedigen, die an fie gerichtet werden.

Wollte aber die Staatsregierung in Folge dessen Le jeßt dazu schreiten, ihr eine Konkurrenzbahn zu bauen, so würde dies. natürlich der Ruin des kaum in das Leben getretenen Unternehmens sein. Im Uebrigen dürfte sich Posen über eine Vernachlässigung in Beziehung auf den Eisenbahnbau niht beklagen können. Von Pofen gehen- be- reits fast nah allen Richtungen der Windrose Bahnen, und es ist ja nah der Vorlage die Absicht, eine weitere Verbindung Aesuidufügen. Wenn nun der Herr Abgeordnete sich noch insbesondere darüber beklagt, daß die Staats- regierung nichts van thue, um Schienenstraßen nah dem Nachbarlande nah Polen resp. Rußland zur Ausführung zu bringen, wenn er meint, es würde sehr wahrscheinlich sein,. daß von russischer Seite die Brin von Warschau aus nah Slupce eher fertig werden würde, als die Bahn von Posen nach Slupce, so muß Ersteres entshieden in Abredè ge- stellt, Leßteres bezweifelt werden. Zunäc-stt wird darauf aufmerk- fam gemacht werden dürfen, daß die Staatsregierung eine Bahn

enehmigt hat, welche auch zur Ausführung gebracht worden st: von Oels über Wartenberg nach ( fürs andere ist eine Bahn konzessionirt und imckBau von Mare nach derselben Grenze bei Mlava, und die Staatsregierung würde si ein Vergnügen daraus machen, au eine Bahn zu konzessioniren von Posen nah Slupce an T De Grenze, sobald die Fortführung derjelben auf russishem Gebiete in Aussicht steht. i :

Dann meiïinte der É Abg. Hundt von Hafften, es seien von mir in meiner gestrigen Erwiderung absichtlich, -mit wissentliher oder nicht wissentlicher Kenntniß, wie er sih ausgedrückt hat, die Wünsche

der polnishen Grenze,

und Anträge von Korporationen, Kreisen, Städten, selbst von Be- hörden bezüglich d-r Führung der Bahnlinie unberücksichtigt geblieben. Meine Herren, es ist dies nicht der Fall, im Gegentheil find diese Wünsche, soweit sie zur diesseitigen Kenntniß gelangten, -bis dahin bereits reifliher Erörterung unterworfen worden und werden es au bei den weiteren Untersuchungen sein. Wenn nun uar. darauf hin- en ist, daß die Jutentionen des Herrn Kriegs-Ministers für die Wahl der Linie bei Posen nicht berücksihtigt wordea wären, so möchte ih darauf aufmerksam machen, daß die Geseßvorlage keineswegs nur von dem Handels-Ministerium oder Finanz - Ministerium ausgeht fondern ly ag von dem ganzen Staats-Ministerium; daß demnach der Antrag auf Allerhöchste Ermächtigung zur Vorlage au den Namen des Kriegs - Ministers trägt; es Linie also nicht gegen die Intentionen desselben verstoßen, wenn in der Vorlage als End- oder. Ausgangspunkt Rokietnice bezeichnet worden ist. Allerdings hat E Ee den Wunsch und das Verlangen, daß die Züge von- Pofen abgehen, also niht etwa Rokietnice als Knotenpunkt anzu- sehen ist. Aber schon gestern habe ich angeführt, daß die Staats- regierung gar nicht daran denkt, das Zwischenstück einer Privatbalin mit maßgebendem Einfluß in den Verkehr einzuschalten, sondern daß die Absicht dahin geht, die Züge von Posen ausgehen zu lassen, resp. dahin zu führen. Der Behauptung gegenüber, daß, sofern die Akten vorgelegt we1d:n würden, in Bezug auf diesen Punkt noch manches hier Unerörterte zu Tage gebracht werden dürfte, so möchte ih den Herrn Abgeordneten bitten, die Akten einzusehen, er wird daraus ent- nehmen, daß die Staatsregierung nach allen Richtungen hin bona fide gehandelt und n[\cht die Neigung hat, irgend etwas zu unterdrücken oder zu verdunkeln.

u demjenigen, was der Hr. Abg. von Mallinckrodt gesagt hat, glaube ich nur bemerken zu dürfen, daß ich gestern nit erklärt habe, es sei nothwendig, die Häfen an der pommerschen Küste dem- nächst noch mit größeren Moolenbauten 2c. zu versehen, sondern ih habe nur hervorgehoben, daß die Häfen in gleiher Weise wie an- dere, welche der Versandung ausgeseßt seien, z, B. an der französischen und englischen Küste, einer bezüglichen laufenden Unterhaltung be- dürfen, womit natürlich von Zeit zu Zeit auch eine Verlängerung der Moolen verknüpft sei. Es ist das eine technische Thatsache, die aller- dings dahin führt, daß derartige Hafenanlagen zur guten Instand- haltung gewisse Kosten verursachen, indessen ist dies Etwas, was mit in den Kauf genommen werden muß. Im Uebrigen glaube ih mich enthalten zu haben, die Zukunft der Eisenbahnen in Pommern etwa als rosig zu schildern. Jch habe mich darauf beshränkt, hervorzu- heben an der Hand der Thatsachen, daß voraussichtlich die Provinz Pommern in gleicher Weise wie alle übrigen Provinzen in der Lage wäre, im Laufe der Zeit ein Eisenbahnneß einigermaßen rentabel zu machen, wobei allerdings nicht verhehlt worden ist, wie da auch die Vorlage andeulet, daß ‘für den Anfang auf eine große Rente wan kaum Rechnung gemacht werden darf. - Wenn der Herr Ahb- geordnete hervorhebt, es sei nicht zu verwundern, daß die alte Hinterpommersche Bahn nach Eröffnung von Cöslin-Danzig, das gene nah dem Uebergang aus einer Sackbahn in eine durchgehende

inie eine steigende Einnahme gehabt habe, die sich jeßt so weit er- streckie, daß sie das Dreifache der ursprünglichen betrüge, so möchte ih darauf hinweisen, daß allerdings nah der Eröffnung der Bahn von Cöslin nah Danzig eine starke Steigerung der Ein- nahmen hervorgetreten ist, daß “aber, wie ih auch gestern betont habe, sich schon vorher, ja von Anfang an eine - stetige Entwickelung gezeigt hat, daß kein Jahr einen Rückschritt dokumentirte, viemehr korstatirt werden konnte, daß die Provinz unter dem Einfluß der Eisenbahn sich einer merklihen inneren Verkehrs- entwicklung, eines bedeutenden Aufs{ch{wungs zu erfreuen gehabt hat.

Es liegt nun nicht in der Absicht, die projektirten Bahnen über- stürzend und stoßweise zur Ausführung zu bringen. Im Gegentheil, wie es auch in den Motiven auégedrückt ist, glauben wir durch die bisherige und bevorstehende Bewilligung auf längere Zeit in den Stand geseßt zu sein, in Ruhe die Mittel zum Ausbau des Staats- cijenbahnneßes zu verwenden, indem ich annehme, daß die 50 Millionen von Ihnen zugestanden werden. Wir werden Dispositionen treffen, die dahin abzielen, ‘daß einer Vertheuerung der Preise und Löhne dur unser Vorgehen vorgebeugt wird. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß ein solches ruhig und besonnen vorschreitendes Arbeiten ganz be- fonders dazu - dient, daß die zum Bahnbau verausgabten Gelder der einheimischen Bevölkerung zu Gute kommen. Jch wende mich in diesem Punkte gegen die Vorwürfe, die von dem Herrn Abgeordneten Wehr gestern erhoben sind: daß die Bauten an der Ostbahn Schneidemühl, Dirschau und Thorn- Insterburg viel zu langsam vor sich gegangen seien. Der Herr Ab- geordnete hat gemeint, daß. die Art und Weise, wie die Ingenieure dort besoldet und mit Zulagen bedacht wären, eine Verzögerung in der Ausführung der Arbeiten hervorbringe, die- Verzögerung gewif- sermaßzen prämiire. ; /

Wir haben bei diesen Bahnstrecken niht mehr und nicht weniger Zeit gebraucht, als in den Motiven der Vorlage festgestellt worden war, wir haben nicht einwal die festgeseßten - ganzen sechs- Jahre nöthig gehabt; troßdem, daß dabei eine große Weichselbrücke zur Aus- führung gebracht ist und große Schwierigkeiten in Folge des. Krieges dazwischen traten, is es gelungen, die Zeitfristen einzuhalten und zwar mit einem so niedrigen Anlagekapital, wie es in der leßten Zeit nicht dagewesen ift, nämlih mit einer Summe von ca. 330,000 Thlrn. pro Meile. Jn Folge eben der vorsichtigen Art und Weije der Aus- führung ist es gelungen, eine Bahn von 60 Meilen Länge so billig zur Herstellung zu bringen. ; |

Was den Schmerzensschrei betrifft, der in Betreff der s{leswig- holsteinshen Eisenbahnen ausgestoßen ist, so muß allerdings einge- räumt \werden, das die genannte Provinz in Beziehung auf die Aus- bildung des Eisenbahnwesens idigermatión \{limm daran ist. Es wird von Seiten der Staatsregierung in hohem Maße beklagt, daß die Benilihungen, auch dieser Provinz ein ausgedehntes Neß zu ver- schaffen, bisher leidec niht den Erfolg gehabt haben, wie es die Re- gierung gewünscht hätte. Es tragen die ungünstigen Zeitverhältnisse vorzugsweise die Schuld, daß die Verhandlungen, welhe mit dem Anschein nach potenten Unternehmern angeknüpft wa- ren, niht zu befriedigenden Abschlüssen gebraht werden konnten, und daß im Augenblicke kaum eine. Ausficht vorhanden zu sein s{cheint, 2 diesem Wege zum Ziele zu gelangen. Von Hemmnissen, von denen der Hr. Abg. Seelig spra, daß sie Seitens der Staatsregie- rung der Provinz in den Weg gelegt wären, kann wohl nieht die Rede sein; ein solches Verhalten ist der Staatsregierung durchaus fern gewesen, im Gegentheil, fie wird fih freuen, wenn sie shon im Laufe der nächsten Zeit den Interessen der Provinz in der einen oder anderen Weise auch auf diesem Gebiete förderlih sein könnte.

In der Spezialdiskussion über §. 1 sprach der Abg. Stengel die Erwartung aus, daß die Staatsregierung shon im nächsten Jahre einen Gesezentwurf, betreffend die Bewilligung von Prämien für den Privateisenbahnbau, einbringen werde. Der Handels-Minister Dr. A chenbach entgegnete hierauf:

Ob' die Königliche Staatsregierung in der Lage ist, im nächsten Jahre ein Geseß über das Prämienwesen bei Eisenbahnen einzubringen steht dahin. Jch habe mir gestattet, in der gestrigen Sißung darau aufmerksam zu machen, wie dieses. System, wenn es in Wahrheit Früchte tragen soll, eine Reihe von Vorausseßungen haben muß, die gegenwärtig nicht vorliegen, daß es mir unerwünscht sein würde, wenn dieses Haus sich mit Geseßentwürfen befaßte, die in der That gar keine praktische Folgen haben können. Im Uebrigen glaube ih durch meine ganze Vergangenheit wenigstens die-Bürgschaft dem Herrn Vorredner geben zu können, daß mir nichts [une liegt, -als die Selbst- thätigkeit auf irgend einem gewerblichen Gebiete zu hemmen. Nichts ist mir mehr erwünscht, als wenn die Kräfte sih frei entfalten und niht überall Berufung auf den Staat erfolge, day er

elfen müsse. ch theile ganz das Gefühl, welchem der err Vorredner Ausdruck gegeben hat, daß es eine mißlihe ache die Königliche Staatsregierung ist, fortgeseßt aus dem ge- fammten Lande von Deputationen und bgesandten bestürmt zu wer- den, die für ihre Landestheile fih Eisenbahnen erbitten. Jch bin der