1874 / 143 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 Jun 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Der Reihe nah wurden nun die einzelnen Pferde vorgeführt, j die Namen laut ausgerufen und jedes ‘einzelne mit einem Tus von der Musik des 19. (oldenburgischen) Dragoner-Regiments begleitet. Besonders hervorragende Exemplare wurden mit Aus- rufen der Anerkennung von Seiten des Publikums begrüßt, Der Kronprinz ließ Sich einzelne Züchter vorstellen und sprach den- selben Seine Anerkennung aus. Das Pferd war nah jeder Richtung und Leistung hin vertreten, Vollblut und Halbblut, Pferde zum landwirthschaftlihen Gebrauch und Lastpferde, Zuchtexemplare, Ponnies, Wagenpferde, Reitpferde unter dem Reiter, das Soldatenpferd in der Hand kleiner Züchter und unter diesen wieder die {weren und leichten Kavalleriepferde, die Artilleriepferde. Zuletzt kamen die Staatsgestüte in ihren ver- schiedenen Abzweigungen an die Reihe, im Ganzen eine Anzahl der auserlesensten Thiere, wie man sie in diefer Mannigfaltig- keit wohl selten \{chöner und vollkommener schen möchte. Die ganze Vorführung währte an zwei Stunden, durch ein Früh- stück unterbrochen, welhes dem Kronprinzen und dem Prinzen Albrecht im Pavillon von dem Comité angeboten wurde.

Kurz nah ein Uhr verließ Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit, niht weniger enthusiastish begrüßt wie beim Empfange, den Ausftellungsplaß, und begab Sih nach der Wohnung des Konsuls Meier. Von da fuhr der Kronprinz gegen 4 Uhr des Nachmittags nah dem Bahnhofe, um die Ankunft Sr. Ma- jestät des Königs von Sachsen zu erwarten, Allerhôöchst- welchem der Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen des Abends Seinen Besuch machte. Das Diner nahm Se. Kaiser- lihe und Königliche Hoheit bei dem Konsul Meier ein. An dem- selben nahmen außerdem Theil : Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht, die Generale von Blumenthal und von Treskow, Graf Stolberg, der Gesandte Frhr. v. Rosenberg, der General-Konsul Delius, das Präsidium des Comités der internationalen Ausstel- lung, im Ganzen 20 Personen. Abends 8 Uhr fand bei dem

Konsul Meier durh Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Empfang der achtzehn Mitglieder des Senats der freien Hanse- stadt Bremen sowie der Mitglieder der internationalen Ausstel- lung und der ausländi\hen Kommission statt.

Die vereinigten Aus\hüsse des Bundesraths für Elsaß-Lothringen und für Rechnungswesen, sowie der Aus\{huß , für Elsaß-Lothringen hielten heute Sißungen.

Der Aus\chuß des Bundesraths für das JIustizwesen hat in seiner Sißzung vom 15. d. M. den von der Subkommission für Strafprozesse aufgestellten, den Re- gierungen der Bundesstaaten zur Prüfung mitgetheilten Gut- wurf eines Gesegzes zur Einführung der Straf- prozeßordnung berathen. Der Aus\{huß hat einstimmig beshlo}sen, bei dem Bundesrath zu beantragen, dem von der Subkommission für Strafprozesse vorgelegten Gesehentwurf seine Zustimmung zu ertheilen.

Die Statistische Central-Kommission für das Deutsche Reich trat heute unter dem Vorsiß des Wirklichen Geheimen Raths Bitter im Gebäude der Seehandlung zu einer Sißung zusammen. Gegenstand der Berathung bildete die von uns bereits in Nr. 21 der „Besonderen Beilage“ zum „Deutschen Reihs- und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger“ vom 23. Mai 1874 besprochene Denkschrift des Direktors des Königlich Preußischen Statistishen Bureaus, Geh. Ober-Regierungs- Rath Dr. Engel: „Der Einfluß des Geseßes über die Beur- kundung des Personenstandcs und die Form der Gheschließung auf die Statistik des Standes und die Bewegung der Bevölke- rung im preußischen Staate; zugleih ein Gutachten über die Frage: Wie muß die Stalistik der Bevölkerung beschaffen sein, damit sie der Gesezggebung und Verwaltung, der Wissenschaft und dem Leben jederzeit die größtmöglichsten Dienste leiste ?“ Das Referat hatte der Direktor des Statistishen Amtes des Deutschen Reiches, Dr. Becker, das Correferat der Regierungs- Rath B öckh übernommen,

Die Frage, ob ein Geisteskranker, welher vorübergehend öffentlihe Unterftüßung empfangen hat, wegen der Unheilbarkeit seines Leidens ohne Weiteres als dauernd hülfsbedürftig anzu- sehen und von dem Heimathlihen Armenverbande zu Üüberneh- men sei, ist vom Bundesamte für das Heimathwesen in Sachen Plagwiß wid:r Untershönau durch Erkenntniß vom 18. Mai 1874 verneint worden.

In der Woche vom 31. Mai bis 6. Juni 1874 sind geprägt worden an Goldmünzen: 2,723,300 Mark 20-Mark- ftüte; an Silbermünzen: 535,455 Mark 1-Markstüe;- 140,489 Mark 20 Pf. 20-Pfennigstücke; an Nidckelmünzen: 104,616 Mark 60 Pf. 10-Pfennigstücke; 29,343 Mark 10 Pf. 5-Pfennigstüke; an Kupfermünzen: 22,443 Mar? 92 Pf, 2-Pfennigstücke; 12,160 Mark 82 Pf. 1-Pfennigstücke. Vory°r wa- ren geprägt: an Goldmünzen: 821,416,500 Mark 20-Markjtücke, 202,800,640 Mark 10-Markstücke; an Silbermünzen : 18,434,596 Mark 1-Markstücke, 5,572,986 Mark 40 Pf. 20-Pfennigstüdcke; an Nicktelmünzen: 2,209,432 Mark 10 Pf. 10-Pfennigstüe, 199,926 Mark Pf. 5-Pfennigstüke; an Kupfermünzen: 374,956 Mark 66 Pf. 2-Pfennigstücke, 115,743 Mark 13 Pf. 1-Pfennig- stüce. Mithin sind im Ganzen geprägt: an Goldmünzen: 1,026,940,440 Mark; an Silbermünzen: 24,683,526 Mark 60 Pf.; an Nickelmünzen: 2,543,317 Mark 80 Pf.; an Kupfer- münzen: 525,304 Mark 53 Pf.

Das Reihs-Eisenbahn-Amt beabsihhtigt, sich über die auf den Eisenbahnen - Deutschlands vorkommenden Unfälle zu unterrichten und sih zu diesem Behufe von den Bahnverwaltun- gen monatlihe Nachweisungen einreichen zu lasen. Um den Verwaltungen der preußishen Eisenbahnen hierbei eine Mehrarbeit gegen das bisher üblihe Verfahren zu ersparen, ist zwishen dem Reichs-Eisenbahn-Amte und dem preußischen Handels-Ministerium Abrede dahin getroffen, daß für die beider- seitigen Zwecke eine übereinstimmende Berichterstattung stattfinden soll. Da nun das Reichs-Eisenbahn-Amt eine monatliche Bericht- erstattung unvermeidlih erachtet, so sind an Stelle der bisherigen vierteljährlihen in Preußen wonatliche Anzeigen vorge- \crieben worden und zwar nach dem vom Reichs-Eisenbahn-Amte aufgestellten Formulare.

Der Minister des Innern hat nach vorherigem Einver- nehmen mit dem Handels-Minifter durch Cirkularerlaß vom 8. d. M., unter Abänderung der Vorschrift unter Nr. 34 der An- weisung vom 4. September 1869 zur Ausführung der Gewerbe- Ordnung vom 21. Iuni desselben Jahres, beziehungsweise in 3: 17 Nr. 4 des Geschäftsregulativs für die Kreisaus\hüsse vom 20. November 1873 bestimmt, daß die Bekanntmachung der- jenigen gewerblihen Unternehmungen, deren Geneh- migung nah §. 135 V. 1 der Kreisordnung vom 183. Dezember

welche zur Zeit eigene Kreisblätter noch nicht befizen, durch die. für diese Kreise bestehenden anderweiten amtlichen Publikations- organe der Kreisbehörden zu bewirken ift.

Diejenigen gewerblihen Unternehmungen, deren Geneh- migung nch der Kreisordnung den Regierungen verblieben ist, find wie bisher, so auch ferner dur die Amtsblätter bekannt zu

machen.

Von mehreren Bezirks-Regierungen if bei dem Finanz- Minister auf die Unzuträglichkeiten hingewiesen worden, welche daraus entstehen, daß nah der bestchenden Vorschrift bei den nah Artikel 4 der Zusaßbestimmungen vom 16. August 1872 zu den Fortscchreibungsanweisungen 1. und 111. vom 17. Jañuar 1865 zunächst nur in ein vorläufiges Fortishreibungs- protokoll einzutragenden Fortshreibungsvermessungen vorerst auch nur éine vorläufige Numerirung der Supplement- parzellen bewirkt, in den im §. 58 der Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 bezeichneten Auszug nebs Karte eingetragen und erst später dur die definitive Numerirung erseßt wird. Unter Berücksichtigung der hieran geknüpften dringenden Anträge hat der Finanz - Minister unter Aufhebung des bezüg- lihen, Theiles der Cirkular - Verfügung yom 21. Januar 1873 für den Geltungsbereih der Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 durch Cirkularerlaß vom 11. Juni d. I. bestimmt, daß die fraglihe vorläufige Numerirung der Supplement- parzellen hinfort nicht mehr stattfindet, die Leßteren vielmehr nah den bestehenden allgemeinen Vorschriften von vornherein mit definitiver Parzellennummer versehen werden. ;

Durch diese definitive Numerirung darf indeß die Vor- \chrift im Artikel 1 der Zusaßbestimmungen vom 16. August 1872 wonach in allen Fällen, in denen das Eigenthum nur dur die Eintragung im Grundbuche erworben werden känn, Ber- änderungen in der Person des Eigenthümers nur auf Grund der erfolgten Umschreibung im Grundbuche in die Grund- und Gebäudesteuer - Fortshhreibungsprotokolle und darnach in die Grund- und Gebäudesteuerbüher eingeschrieben werden dürfen nicht berührt werden. Es sind daher bei Fortschreibungsvermessungen die Namen der neuen Eigenthümer, d. h. derjenigen Personen, welche als die neuen Erwerber bezeichnet sind, zwar in die vor- läufigen Fortshreibungsprotokolle (Artikel 4 a. a. D.) sofort einzutragen. Auch sind die entstandenen Supplementparzellen als solche in die definitiven Fortshreibungsprotokolle und darnach in die Grundsteuerbücher zu übernehmen. Jedoch nur diejenigen Supplementparzellen, in Betreff, deren bis zu der jährlichen Fortschreibung der Grundsteuerbücher der Eigenthumsübergang vor dem Grundbuchamte vollzogen und, daß dies geschehen, nachgewiesen ist, sind in den definitiven Fortshreibungsprotokollen uud den Grundfteuerbüchern auf den Namen des neuen Eigen- thümers einzutragen, während alle Supplementparzellen, für welche bis zu der jährlihen Fortschreibung der fragliche Eigen- thuméübergang niht vorschristsmäßig konstatirt ist, in den de- finitiven Fortschreibungsprotofkollen und den Grundsteuerbüchern dem bisherigen Eigenthümer wieder zugeschrieben werden müssen. Vrianat in Betreff der lehteren Supplementparzellen der Eigenthumsübergang dann im folgenden Fortshreibungsjahre zur Anzeige bei dem Katasteramte, so wird es sich nunmehr um eine Jewöbnlithe Fortshreibung o hne Formveränderung handelu, bei welcher die Vorschriften des Artikels 4 nicht mehr in Betracht kommen.

Bei dem vorstehenden Verfahren kann zwar der Fall ein- treten, daß ein zum Gegenstande der Fortshreibungsvermessungen gewordener beabsichtigter Eigenthumsübergang demnächst nicht perfekt wird, und dann eine unnöthige Vermehrung der Parzellen auf den Namen des bisherigen Eigenthümers stattgefunden hät. Dieser Fall wird jedoch voraucsichtlih nur selten eintreten, und werden die Unzutiräglichkeiten, welche dann möglicherweise hier- mit verbunden sein werden, immerhin noch erheblih geringer sein, als die vielfachen Weiterungen, welche die bisherige vor- läufige Nummerirung der Supplementparzellen zur Folge hatte.

Die den Provinzial-Steuer-Direktoren, sowie den Regie- rungen in Potsdam und Frankfurt a. D. unter Nr. 1 des Er- lasses vom 18. März d. I. beigelegte Befugniß zur Annahme junger Leute als Supernumerare bei - der Verwaltung der in- direkten Steuern isst Seitens des Finanz-Ministers vorläufig dahin erweitert worden, daß fortan auch solhe junge Leute als Steuer-Supernumerare zugelassen werden dürfen, welche, bei Erfüllung der übrigen dieserhalb vorgeshriebenen Bedingun- gen, das Zeugniß der Reife aus der Prima eines Progymnasiums oder einer anerkannten höheren Bürgerschule besißen.

Breslau, 20. Juni. (W. T. B;) Nach einem hier ein- getroffenen Telegramm Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen hat Höchstderselbe die Einladung des Ober-Bürgermeisters und des Vorstandes der Stadtverordneten au einem Ihm zu Ehren Seitens der Stadt Breslau veranstal- teten Feste, welhes am Sonntag den 28. d. Abends statt- finden soll, angenommen.

Der Erste Präsident des Kammergerihts, Wirkliche Ge- heime Rath, Dr. von Strampff is von seinen Inspektions- reisen zurückgekehrt.

Der Legations-Rath v. Jasmund, Kaiserlih deutscher General-Konsul in Alexandrien, und der Kaiserlih deuishe Ge- neral-Konsul für Serbien, Dr. Georg Rosen, find mit Urlaub hier eingetroffen.

DBayera. München, 18. Juni. Das Kriegs-M i- nisterium hat heute die Vorschriften zum Vollzuge des Reichs- gesches vom 4. April d. I., betreffend einige Abänderungen und Ergänzungen des Geseßes vom 27. Juni 1871 über die Pen- sionirung und Versorgung der Militärpersonen, zur Darnachachtung bekannt gegeben.

Die Abgeordnetenkammer genehmigte in ihrer heu- tigen Sißung die Gesetzentwürfe über die Vizinaleisen- bahnen Neustadt-Windsheim, Dombbichl-Feuhtwangen, Biesen- hofen-Oberdorf, Aibling: Au, Sünzig-Mittelalling. Die Petitionen wegen - der Vizinalbahnen Fürth-Zirndorf und Altdorf-Feucht wurden der Staatsregierung zur Berücksichtigung übergeben.

Der dem Landtag vorgelegte Gesehentwurf über die Wahl der Landtags-Abgeordneten besteht aus 36 Artikeln.

Ueber die Zahl der Abgeordneten bestimmt Art. 1: Die Wahl der Landtags-Abgeordneten geschieht im Verhältnisse von je einem Abgeordneten auf 31,500 Einwohuer der Bevölkerung der cinzelnen Regierungsbezirke nah dem Stande der Volkszählung vom 1. De- zember 1871, Von den hiernach zu wählenden 156 Abgeordneten treffen auf Oler-Bayern 27, auf die Pfalz 20, auf die Ober-Pfalz

entrichtet.

Eine Anlage zu Art. 2 enthält die Eintheilung der Regierungs- bezirke in Wahlkreise. Ueber. Wahlreht und Wählbarkeit bestimmen die drei folgenden Artikel : : i

Art. 3. Wähler ist jeder Bayer, welcher das fünfundzwanzigste Lebentjahr zurückgelegt hat und dem Staate eine direkte Steuer

Art. 4. Von der Berechtigung zum Wählen find, außer den durch die Strafgesetze für unfähig erklärten Perjonen, ausgeschlossen : 1) Per- sonen, welche unter Kuratel stehen, oder welhen nach Art. 513 und 515 des zur Zeit in der Pfalz geltenden Civilgeseßbuches ein Beistand gerichtlih beigegeben ist ; 2) Personen, über deren Vermögen die Gant anhängig ist, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Gantverfahrens ; 3) Personen, welche- eine öffentliche Armenunterstüßung beziehen oder im leßten der Wahl vorhergegangenen Jahre bezogen haben.

Art. 5. Wählbar zum Abgeordneten ist jeder Bayer, welcher das fünfundzwanzigste (bisher das 30.) Lebenéjahr zurückgelegt hat, dem bayerischen Staat seit mindestens Einem Jahre angehört und demselben eine direkte Steuer entrichtet, sofern er nit durch die Bestimmungen im Artikel 4 von der Berechtigung zum Wählen ausgeschlossen ift.

Der folgende vierte Abschnitt (Art. 6—30) handelt von „Vorhe- reitung und Bollzug der allgemeinen Wahlen.“ i

Art. 7. Nach Festseßzung des Wakhltermins sind die Wahlkreise zum Zwecke der Stimmabgabe in räumlih zusammenhängende Wahl- bezirke zu theilen. Jeder Wahlbezirk soll in dec R.gel mindestens 2000 Einwohner nach der leßten allgemeinen Volkszählung enthalten. Kleinere Gemeinden werden mit benachbarten, wenn auch größeren Gemeinden zu cinem Wahlbezirke vereinigt. Kein Wahlbezirk darf mehr als 3500 Einwohner zählen. In Gemeinden von mehr als 3500 Einwohnern find Unterabtheilungen zu bilden.

Art. 8. Wer das Wahlrecht in einem Wahlbezirke ausüben will, muß in demselben seinen Wohnsiß haben.

Art. 9. Für jeden Gemeindebezirk sind durch die Gemeindebe- börden zum Zwecke der Wahlen Listen “anzulegen, in welche die zum Wählen Bereehtigten nach Vor- und Zunamen, Alter, Stand oder Ges werbe und Wohnort eingetragen werden. Die Königlichen Behörden, Pfarrämter und Civilstandsbeamten sind verpflichtet, alle zur Richtig- stellung. der Wählerlisten erforderlichen Aufschlüsse sofort und unent- geltlich zu ertheilen,

Art. 10. Die Wahllisten sind im Jahre 1874 nach Anordnung des Staats-Ministeriums des Junern aufzustellen und 14 Tage lang zur öffentlichen Einsicht auszulegen. Später werden dieselben alljährlih im Monat Oktober revidirt und berichtigt und sodann vom 1. bis 15. November leßteren Tag mit cingerechnet öffentlich ausgelegt. Gegen die Listen steht innerhalb der Frist, während welcher die Auslegung stattfindet, jedem Betheiligten das Recht der Einsprache zu. Die Einsprachen sind bei Vermeidung des Ausschlusses innerhalb der vorbezeichneten Frist bei der Gemeindebchörde anzubringen und, falls von dieser nicht Abhülfe verfügt wird, innerhalb 14 Tagen nah Beendigung der Auslegung von der betreffenden Aufsichtsbehörde, vor- behaltlißh der Prüfung der Wahlen durch die Kammer der Abgeord- neten, endgiltig zu bescheiden. Nur Diejenigen sind wahlstimnberechtigt, welche rechtzeitig in die Wahllisten aufgenommen wurden. i

Art. 15. Die Wahlhandlung beginnt um 10 Uhr Vormittags und ist ohne Unterbrechung durhzuführen. . .. i

Art. 16. Die Wahlen erfolgen durch unmittelbare und geheime Stimmabgabe der Wahlberechtigten. Jeder Wähler hat in eigener Person den in ein amtlich gestempeltes Couvert verschlossenen Wahl- zettel unter Angabe seines Namens und nöthigen Falles seiner Woh- nung dem Wahlvorsteher zu Überreichen, welcher das Couvert erft dann annehmen darf, wenn der Name des betreffenden Wählers in der Wählèrliste aufgefunden is und über seine Persönlichkeit kein Zweifel besteht. Die Wahlzettel sind außerhalb des Wahllokales hand\chriftlih oder mittelst Vervielfältigung mit dem Namen der zu Wäkhlenden zu versehen und in amtlich gestempelte Couverts zu ver- schließen. Couverts, welche nicht amtlich gestempelt, oder nicht ver- schlossen oder außer dem amtlichen Stempel mit einem äußeren Kenn- zeichen versehen sind, hat der Wahlvorsteher zurückzuweisen.

Art. 17. Die zur Annahme geeigneten Couverts werden von dem Wahlvorsteher in ein Gefäß gelegt und dürfen erft nah Schluß des Abstimmungsakt:s eröffnet werden. Von der Stinmabgabe jedes Waählers ist neben dem Namen desselben in der Wählerliste Vormerk zu machen.

Art. 18. Um 6 Uhr Nachmittags erklärt der Wahlvorsteher die Abstimmungfür geschlossen. ... :

Ungiltig find nah Art. 20 insbesondere noch Waßhlzettel, welche mit der Unterschrift des Wählers versehen find, sowie solche, denen ein Protést oder Vorbehalt beigefügt l :

Art. 21. Die Wahlzettel, über deren Giltigkeit eine Beschluß- fassung noth w-ndig- erscheint, werden mit fortlaufenden Nummern ver- sehen, nebst den hierzu gehörigen Couverts dem Wahlprotokolle beige- hestet, in welchem die Gründe kurz angegeben sind, aus denen die Ungiltigkeitserklärun,z erfolgt odex niht erfolgt ist. Alle übrigen Wahlzettel und Couverts hat der Wahlvorsteher in Papier einzu- schlagen, zu versiegeln und so lange aufzubewahren, bis die Kammer der Abgeordneten die Wahl für giltig erklärt hat. Nach diesem Zeit- punkte sind die versiegelten Nackete der betreffenden Distriksverwaltungs-

behörde vorzulegen und von derselben zu vernichten.

Art. 22. Für jeden Wahlkreis ernennt die Kreisregierung, Kammer des Innern, einen Wahlkommissär. |

Art. 24. Behufs Ermittlung des Wahlergebnisses beruft der Wahl= fommissär auf den vierten Tag nach dem Wahltermine in ein von ihm e Leslimmendes Lokal mindestens sechs und höchstens zwölf Wähler, welche ein unmittelbares Staatsamt nizht bekleiden dürfen, aus dem Wahl- kreise zusammen und E bom dieselben als Beisitzer mittels Hands {lag an Eidesstatt. Außerdem ist ein Protokollführer, welcher eben- falls Wähler sein muß, aber Beamter sein darf, zuzuziehen und in Ae ee zu verpflichten, Der Zutritt zu dem Lokal steht jedem Wähler offen. 7

Art. 25. In dieser Versammlung werden die Wahlprotokolle durchgeschen, die Ergebuisse der Wahlen zusammengestellt, verkündet und durh die zu amtlichen Veröffentlichungen dienenden Blätter be- kannt gemacht. E - /

Art. 26 handelt über die absolute Mehrheit als Bedingung einex gültigen Wahl und engere Wahl. i

Art. 28. Bei der engeren Wahl I diejenigen Kandidaten als gewählt zu erachten, welche die meisten Stimmen erhielten; tritt Stimmengleichheit ein, so entscheidet das Loos, welches von dem Wahlkommissär gezogen wird.

des Gewählten ab; wird dieselbe fedoch von ihm binnen aht Tagen nach erhaltener Aufforderung des Wahlkommissärs nicht bestimmt und unbedingt erklärt, so gilt die Wahl für abgelehnt. Mit der Annahmee- Erklärung hat der Gewählte den Nachweis der Wählbarkeit dem Wahlkommissär zu übersenden, Jn den Fällen der Ablehnung ist als- bald eine Neuwahl zu veranlassen. i

Art. 33. Den gewählten Staatsbeamten und öffentlichen Dies nern darf der zur Theilnahme an den Sißungen der Kammer der Abgeordneten erforderlihe Urlaub niht verweigert werden, ebenjo- wenig den Offizieren und Militärbeamten, sofern nicht außerordeut=- liche Verhältnisse ihrer Entfernung vom Dienste entgegenstehen.

Art. 34, - Die Abgeordneten find jederzeit zum Austritte aus der Kammer berechtigt

Art. 35. Den Mitgliedern der Kammer der Abgeordneten wird als Entschädigung für die Neisekosten eine Gebühr vou 2 Mark Reichêmünze für die Wegstunde verabfolgt. Außer- dem erhält jeder Abgeordnete für die Theilnahme 1) an einer ordentlichen Candtagssession eine Aversalenishädigung von 1000 Mark Reichèmünze, 2) für dié Theilnahme an einer außer- ordentlichen Session oder an den Sißungen eines in Abwesenheit des Landtages tagenden Ausschusses der Kammer der Abge- ordneten - ein Taggeld von 12 Mark Reichsmünze. Als eine ordent- liche Lardtagssession im Sinne der vorstehenden Bestimmung ist cs zu betrachten, wean der Landtag zur Vêrathung des Budgets oder einer

1872 den Kreisaus\{hüssen zusteht, an Stelle der Amtsblätter fortan durch die Kreisblätter und in denjenigen Kreisen,

U Ober-Franken 17, auf die übrigen vier Regierungsbezirke je 19,

größercu Anzahl von Regierungsvorlagen einberufen ist. Der Kammer

“von Frankfurt zum Besuch

Art. 29, Die Annahme der Wahl hängt von dem freien Willen |

der Abg-ordneten- bleibt vorbehalten, über die Auszahlung der Aver- salentshädigungen und Taggelder, fowie insbesondere} darüber, ob und untér welchen Vorausseßungen die Einziehung oder Kürzung der- selben zu erfolgen hat, im Wege der Geschäftsordnung das Nähere festzuseßen. Schlußbestimmung. „_ Art. 36. Vorstehende Bestimmungen treten bei der ersten, nah ihrer Verkündigung stattfindenden Neuwahl des Landtags in Kraft und können nur in der unter Titel X. §. 7 der Verfafsungsurkunde vorgeschriebenen Form abgeändert werden.

Sachsen. Dresden, 19. Juni. Der König ist heute Morgen zum Besuche der internationalen landwirthf\caftlihen Ausstellung nah Bremen abgereist und wird Montag (22. Juni) Mittags von dort zurückerwartet. In der Begleitung Sr. Majestät befinden fich der General-Adjutant, Geueral-Lieu- Visa Krug von Nidda und der Ober-Stallmeister Senfft von

ilfach.

Die evangelishe Landessynode wählte heute in An- wesenheit der Regierungs-Kommissare, Geh. Kirchen- und Schul- rath Dr. Gilbert und Geh. Kirchenrath Dr. Feller, den Verfas- sungs- und den Petitionsaus\{huß. Beide Aus\hü}se konftituir- ten sich sofort und wählten zu Vorsigenden der Verfassungsaus- \chuß den Bürgermcister Haberkorn, der Petitionsaus\huß den Kam- merherrn v. Erdmannsdorff. Der Legitimationsaus\{chuß, der sh bereits gestern konstituirte, hat den Ober-Bürgermeister Pfoten- hauer zum Vorsißenden ernannt. Bei dem hierauf folgenden Registrandenvortrag beshloß die Synode, die Erlasse, betreffend die Aufsihtführung des Landeskonsistoriums über den Religions- unterriht und die Frage der Einführung eines Bibelauszugs in die Volksschulen, ohne vorherige Begutachtung dur einen Aus- \{uß, im Plenum zu berathen, wogegen der Erlaß, betreffend die Einführung des Kirchengeseßes über die Besezung der geist- lihen Stellen in der Oberlausiß, gegen 15 Stimmen, welche auh hier Plenarberathung verlangten, dem Verfassungsaus\{chusse überwiesen wurde. Schließlih wurden auf Vortrag des Legiti- O sämmtliche stattgehabte Nahwahlen für gültig erklärt.

Württemberg. Stuttgart, 20. Juni, (W. T. B.) Der Landtag ist heute Vormittag um 11 Uhr durch eine Thronrede des Königs geschlossen worden. Unter Hinweisung, daß der Landtag in einex denkwürdigen, von weltgeschichtlihen Ereignissen bewegten Zeit feine Thätigkeit begonnen habe, dankt die Thronrede dem- selben für die patriotishe Zustimmung zu den, zur Her- stellung eines durch Kaiser und Reih neu geeinigten Deut\ch- lands abges&{lossenen Verträgen und erwähnt demnächst der durch die Errichtung des Deutschen Reichs veranlaßten Aus- dehnung der bereits begonnenen Verfassungsreform und der da- dur hervorgerufenen Modifikationen i der Staatsverwaltung und dem bestehenden Rechte. Bei Berührung der militärischen Verhältnisse wird darauf die dur die Neuorganisation gewon- nene Kriegstüchtigkeit des württembergischen Armee-Corps befon- ders hervorgehoben. Die Thronrede \priht sodann dem Land- tage die Anerkennung des Königs für die Bereitwilligkeit aus, mit welcher derselbe die Mittel zur Förderung des Unterrichts und der Bildung, sowie zur Aufbesserung des Gehalts der Staatsbeamten bewilligt habe, erwähnt ferner der Ausdehnung des württembergiihen Eisenbahnnegzes und der eingeführten Re- formen im System der direkten Steuern sowie mehrerer vom Landtage erledigter Gesezentwürfe und dankt demselben endlich m die von M bewiesene A Die Thronrede {ließt

it einem Segenswunsche sür Württember deutsche Volk. Y A O

Baden, Karlsruhe, 18. Iuni.

j Die Gräfin von Flandern, Prinzessin von Hohenzollern, |

traf heute Mittag l uh der. Großherzoglihen Familie hier ein und kehrte Abends wieder nach Frankfurt zurü.

Die Zweite Kammer nahm heute die Berichte der Kommission für Eisenbahn- und Straßenbau - Sachen entgegen. die Petition der Saline und Gemeinde Dürrheim, sowie die mehrerer anderer Gemeinden um Erbauung einer Eisenbahn von Shwen- ningen über Dürrheim nah Donaueschingen, wurde der Regie- rung zur Kenntnißnahme überwiesen, ebenso die Petitionen zur Kenntnißnahme an Großherzoglihe Regierung angenommen, den Fortbau der Murgthal-Eisenbahn in der Richtung von Gernsbach nah Freudenstadt auf Staatskosten betreffend, nach- dem ein weiterer Antrag des Abg. Stigler, es möchten die Vor- arbeiten zu leßterer Bahn sofort begotinen und dem nächsten Landtage eine Vorlage gemacht werden, im Laufe der Debatte wieder zurückgezogen worden war. Auch die Bitten ciner großen Zahl von Gemeinden um Erbauung einer Eisenbahn Leopolds- höhe-Lörrach und Schopfheim-:Wehr-SäWingen, sowie von Schlin- gen über- Kandern, Wiesleth nah Schopfheim und von da über Wehr nah Brennet und um Führung der Linie Schopfheim- Wehr nah Säckingen mit Umgehung von Brennet gehen an die Regierung zur Kenntnißnahme.

Hessen. Darmstadt, 18. Juni. Die Zweite Kam- mer der Stände begann in ihrer heutigen (68.) Sigzung die Fortsezung der Berathung des Gesezgentwurfs über die Pensionirung der Civilstaatsbeamten. Zunächst wurde Art. 2 des Entwurfs, bei dessen Berathung die leßte Verhand- lung über diesen Gegenstand aufgehört hatte, und der das Mi- nimum der Pensionen auf die Hälfte der Besoldungen nebst Steigerung von 2 Prozent für das 6. bis 10. Dienftjahr und einer solchen von 1 Prozent für jedes weitere Dienstjahr nor- mirte, zur Diskussion gezogen. Abg. Möllinger beantragte da- gegen, die jährlihe Steigerung der Pensionen von vornherein auf 1 Prozent zu beshränken und - nur bis zu 85 Prozent der Besoldungen eintreten zu lassen. Die Abgg. Greim und Edinger hatten beantragt, die Pensionssteigerung mit 9/19 der Besoldung bei Zurücklegung des 40. Dienstjahres aufhören zu lassen und die volle Besoldung als Pension bei Vollendung des 50. Dienst- jahres zu gewähren.

Nach längerer Diskussion wurde sowohl die von dem Aus- \chuß der Kammer gebilligte Regierungsproposition als au der Antrag Greim-Edinger mit 24 gegen 18 Stimmen abgelehnt; der Antrag Möllinger erhielt nur 26 gegenüber 18 diffentiren- den Stimmen und galt sona in Ermangelung eincr zu Ver- fassungsänderungen erforderlichen Zweidrittelmajorität ebenfalls als abgelehnt. Die Regierung zog hierauf den Entwurf eines Pensionsgeseßes zu rüdck, fih die Vorlage eines veränderten Entwurfs vorbechaltend. Sodann wurde für das Jahr 1874 eine Erhöhung“ “der Minimalgehalte der evangelischen und katholishen Geistlihen auf 1000 Fl. beschlossen, ferner die Regierung zur Herrichtung des seitherigen Kriegs-Ministerial- Gebäudes behufs Aufnahme des Stadt- und Landgerichts dahier ermächtigt und endlih der Ankauf eines Gebäudes in Worms für das dasige Kreisamt zum Preise -von 30,000 Fl.

Geseßes vom 10. Oktober 1871 (Haftung der Eltern für Forst- und Feldfrevel ihrer geseglih nicht strafbaren Kinder), wurde ebenfalls genehmigt. Die Kammer vertagte sh hierauf auf unbestimmte Zeit. _ 20. Juni. (W. T. B.) Der Kaiser von Rußland ist gestern Abend în Iugenheim eingetroffen und auf dem Bahn- hofe von der Kaiserin Maria, dem Großherzog Lud- wig, fowie sämmtlihen Mitgliedern der Großherzoglichen Familie einpfangen worden.

MeckElenburg. Schwerin, 19. Juni. Zu dem am Johannistage in Sonnenburg stattfindenden Ordenstage der Johanniter wird sih, wie die „Meckb. Anz.“ vernehmen, auch der Erbgroßherzog begeben, um den Rittershlag zu empfangen.

__ Sachsen - Weimar - Eitenah. Weimar, 18. Juni. Die Großherzogin ist heute Abend von ihrer Reise nah dem Haag wieder hierher zurückzekehrt.

Sachsen - Altenburg. Altenburg, 18. Juni. Der Herzogliche Hof ist heute nah Hummelshain übergesiedelt.

Defterreih-Ungaru. Wien, 19. Juni. Der Kronprinz Rudolf ist gestern aus Krems, wo derselbe den Uebungen des Genie-Corps beiwohnte, nah Schönbrunn zurückgekehrt. ; __ Pest, 18. Juni. Der Centralaus\{huß beendigte die Bera- thungen über die Wahlgeseßzvorlage. Dieselbe wird nicht in Form einer Novelle als Ergänzung des 48er Gesetzes, sondern als vollständiges Wahlgeseß vorgelegt und im Hause \{chwerlih vor Ende nächster Woche vorgenommen werden. Sn den Inkompatibilitäts-Entwurf wurde die Be- stimmung aufgenommen, daß Abgeordnete, deren Diäten mit Beschlag belegt werden, binnen drei Monaten die Aufhebung der Beschlagnahme erwirken und widrigenfalls abdanken müssen. Wenn der Verlust des aktiven Wahlrechtes eintritt, muß der ge- wählte Abgecrdneie ebenfalls abdanken. Abgeordnete, die als Staatsbeamte Quartiergelder beziehen, erhalten kein Wohnungs- pauschale S E 7

Der Tod des FML. Piret bestätigt sich nit: derselbe lebte gestern Abends noch, jedo ied i E Auf kommen gezweifelt.

Schweiz. Bern, 17. Iuni. National- und Stände- rath haben heute beschlossen, vor der ordentlichen Wintersession wie im vorigen Jahre zu einer außerordentlichen Herb - session zusammenzutreten. Der Nationalrath wird dieselbe am 1. Oktober cxöffnen, der Ständerath erst am 5. Oktober. Die gegenwärtige Session wird voraussihtlich noch bis Ende der nächsten Woche dauern.

_— Aus der heutigen Sißung des Ständeraths ist noch zu er- wähnen, daß er, dem Beispiele des Nationalrathes folgend, die Konzession für die Eisenbahn von Rapperswyl über Rothkreuz nah Brunnen, welche den Zürihsee mit der Gotthardbahn ver- binden L E ier a E ertheilt hat.

Jn St. Gallen gehen die Arbeiten für das eid genöf\{i\che Schüßzenfest, das am 19. Juli beginnen wird, heer Bollendute entgegen. An der Festhütte ist das Giebelwerk vollendet, so daß in den nächsten Tagen der Ausbau und die Dekoration begonnen werden kann. Der Gabentempel wurde am leßten Sonnabend in seinen äußeren Umrissen vollendet. Die Festthaler sind ge- prägt und bereits in St. Gallen eingetroffen. Die Ehrengaben betragen bis jeßt einen Werth von ca. 100,000 Fres.

Niederlande. Haag, 16. Juni. Zur Vollendung des

großartigen Secemannsasyles in Brielle, dessen Gründung vor einigen Jahren bei der nationalen Jubiläumsfeier zur Er- innerung an den Unabhängigkeitskampf der Niederlande gegen Spanien beschlossen wurde, stellte sich cine Vermehrung der für dieses Unternehmen noch vorhandenen Geldmittel als nothwen- dig heraus. Hr. A. Ver Huell in Arnheim hat nun zu diesem Zwecke eine Summe von 50,000 Gulden zur Verfügung gestellt. Wie der „Staats-Courant“ mittheilt, hat ein gestern Abend dem Departèment der Kolonien zugekommenes Tele- gramm des General-Gouverneurs von Niederlän- dish-Indien die nachstehenden WVeldungen gemacht, die einem am 14. d. M. in Penang aufgegebenen telegraphishen Berichte des Obersten Pel, des Militär- und Civil-Gouver- neurs in Atchin, entnommen sind: „Der Feind, stets zahlreich in der Umgegend, unternahm gestern (alfo, wie im „Staats- Courant“ hier eingeschaltet ist, vermuthlih am 10. oder 11. d.) cinen Angriff auf alle Befestigungen (etablissementen), beion- ders Blangu; zog ab mit Verlust, nah heftigem Gefechte ; keiner der Unscrigen verwundet. Gesundheitszustand ungünstig; auch unter der Bevölkerung viele Erkrankungen an Fieber. Simgang Olim bedroht Edin (mit den Niederländern vervündet). Krieg Seitens Edis mit Perlak, welches seine Unterwerfung anbietet eingestellt.“ i | _ Aus der Capstadt ‘sind Berichte bis zum 15, Mai eingetroffen. Aus den Diamantbezirken war die Mittheilung ein- gegangen, - daß daselbst“der Waarenhandel wieder lebhafter zu werden und ein nicht unansehnlihes Steigen im Preise der Dia- mnanten einzutreten begann. Aus den Goldbezirken an der Grenze des Dranje-Freistaates hatte man die gerüchtweise Mel- dung, daß in nit weiter Entfernung von Pelgximsrüst eine reiche Quarzmine entdeckt worden sei. __— 19. Juni. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat mit 39 gegen 32 Stimmen den ersten Artikel des Ges eßent- N die Herabseßung des Wahl-Census ah- gelehnt.

__ Velgien. Brüssel, 18. Juni. Der Wirkl. Geh. Rath Graf v. Perponcher-Sedlnigky hat heute in feierlicher Audienz dem Könige sein Beglaubigungsscreiben als außer:

schen Republik entstandenen Differenzen fei weder von der brasilianishen, noch von der argentinishen Regierung eine Vermittelung Seitens Englands nachgesucht worden. England sei bereit, eine solhe Vermittelung eintreten zu lassen, sobald nur seine guten Dienste in Anspru genommen werden sollten.

___ Frankreich. Versailles, 19. Juni. (W. T. B.) Dic Ma- jorität der Decentralisations-Kommission erklärte in der heutigen Sißzung der Nationalversammlung, daß sie die Vor- lage über die Ocganisation der Munizipalbehörden nach dem gestern angenommenen Antrage Chabrols- zurückziehe. Die Minorität der Kommission nahm die Vorlage wieder auf, deren Berathung alsbald fortgesezt wurde. Im Laufe derselben wurde mit 979 gegen nur 33 Stimmen ein Antrag Berthaulds auf Streichung von drei Artikeln angenommen, durh welche mittel kumulativer Voten auch eine Vertretung der Minoritäten bei den Munizipalbehörden erzielt werden sollte. Morgen findet die Be=- rathung über den Artikel 14 statt, der die Ernennung der Maires betrifft. Der Minister des Innern wird den dringen- den Antrag stellen, daß die Ernennung der Maires auch ferner der Regierung überlassen werde.

Die Kommission für die konstitutionellen Ge- seßentwürfe will sh am Montage über den Antrag Périer auf definitive Konstituirung der Republik entscheiden; in Depu= tirtenkreisen hält man es fortdauernd für wahrscheinlich, daß dem Périerschen Antrage der Antrag Lamberts vorgezogen wird, nah welchem zunächst nur für die Dauer des Septennats die republikanishe Regierungsform festgeseßt werden soll. In der heutigen Sißung der Kommission wurde Seitens der Legiti misten die Erflärung abgegeben, daß sie keiner Vorlage zu- stimmen würden, dur. die, sei es direkt oder auch nur indi- és gen das monarcishe Prinzip irgendwie verstoßen werden onnte. ;

Spanien. Die Nachricht, daß die Herzogin von Madrid in Paris angekommen sei, wird von der „Agence Havas“ mit dem Sinzufügen als unrichtig bezeichnet, daß ih die Herzogin fortdauernd bei ihrem Gemahl Don Carlos in Navarra befind.

Portugal. Lissabon, Ende Mai. Die Finanzen des Landes haben \ich #s gebessert, daß das Deficit stetig abnimmt. In allen Zweigen der Verwaltung sind die Einnahmen gestie gen, so zwar, daß in den drei ersten Vierteljahren des Jahres 1873 bis 1874 die Einnahmen um 1639 Contos (¿1556 pr: Thlr.) mehr betrugen, als in der gleihen Zeit des Vorjahres. Die neuen Bahnlinien durtziehen die. reisten und fruhtbarsten Gegenden Portugals. Die Bahn berührt Braga (das alte Bra- cara der Römer, welches später die Hauptstadt der Sueven War, und mit Toledo um den Primat tritt) mit seinem reihen Land bau ringsum, und Porto (Oporto) mit seinem Weinhandel aus der Umgegend. In Anerkennung ihrer Verdienste um die Besse=- rung der Lage des Landes wurden in den leßten Tagen einige 20 Männer in den Pairsstand erhoben, worunter der Kammer-Präsident S. Vargas. Einer der Gründer des konstitutionellen Regiments in Portugal, Hr. A guiar, ist kürz= lich beerdigt worden. Der König und sein Vater waren bei dem Leichenbegängniß vertreten, und der Infant August, der" Konseils-Präsident, der Präsident der Pairs, der Herzog von Loulé und die Minister hielten die Zipfel des Leichentuches.

/ Italien. Rom, 16. Juni. (It. N.) Die „Italie“ be- richtet, daß die Deputirten der Opposition im Hinblick auf die bevorstehenden Neuwahlen ein Comité niedergeseßt haben. Dieser Tage fand eine Versammlung zur Berathung des Pro= gramms statt, das den Wählern vorgelegt werden \oll.. In dem betreffenden Entwurfe wird vor Allem auf die Nothwendigkeit Der Reform des Steuersystems hingewiesen und der Senats- beschluß kritisirt, wodur die Hafenarbeiten in Genua, Florenz und Venedig genehmigt, die für Neapel, Caft lamare, Salerno, Girgenti und Palermo aber abgelehnt worden sind.

__— Der Kardinal Primas von Ungarn Giovanni Simor ist in Rom angekommen und hat in Santa Maria dell’ Anima Absteigequartier genommen. / __— 19. Juni. (W. T. B.) Dek carlifti\he Truppen- führer Tristany ist in einer Spezialmission des Prätendenten Don Carlos bei der päpstlihen Kurie hier eingetroffen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 18. Iuni. Ueber die Gutachten hinsihtlih der Reform de Zti d en Gerichtsbarkeit, welche bisher auf Verlangen des Synods eingelaufen sind, bringt die „Ruf. 3.“ die Nachrihht, daß beide Synodalverwaltungen, gegen 50. Erzbishöfe und 15 Konsistorien sih gegen das vorliegende Projekt der Reform ausgesprochen haben. Gegen 40 Erzbishöfe und 40 Konsistorien haben ihr Gutachten zu Gunsten der Reform abgegeben. In Erwägung, daß nur die Synodalverwaltungen und die Erzbischöfe eine ents \heidende Stimme, die Konsistorien aber nur eine berathende Stimme haben, is anzunehmen, daß das Projekt völlig durh- gefallen sei.

: Schweden und’ Norwegen. Stockholm, 16. Zuni. Die \chwedi\che Königsfamilie is gestern von Stockholm auf Schloß Sophiero bei Helsingborg angekommen. Der Em-= pfang in Helsingborg war sehr festlich. Die Spiyen der Be- hörden und die verschiedenen Korporationen hatten sh beim Bahnhofe versammelt, wo der Bürgermeister eine Rede hielt, welche in herzlihster Weise vom König erwidert wurde, wonahch der Gesangverein für Helfingborg ein Lied vortrug. Unter leb= haftem Hurrahrufen fuhr die Königliche Familie darauf durch die mit Flaggen geschmüdckten, von einer zahlreihen Menschen=2 menge angefüllten Straßen, um s{ch nach Sophiero zu begeben. Während die Juristenversammlung in Stockholm wegen des weniger guten Gesundheitszustandes, welcher sih erst jezt

ordentlicher Gesandter und bevollmähtigter Minister des Deutschen Kaisers überreiht, Da der Minister des Aeußern be- hindert war, so wurde Graf v. Perponcher dem Könige durch den Finang-Minister vorgestellt.

__ Großbritannien und Jriand. London, 18. Juni Die Königin wird neueren Dispositionen zufolge erst am 29. d, Wits. Balmoral verlassen, um nah Windfor zurück- zukehren. i

Jn Birmingham wurde gestern vom Bürgermeister der Stadt der Grundstein zu einer neuen im italienischen Style zu erbauenden Stadthalle gelegt, deren Herstellungskosten auf über 80,000 Lstr. veranschlagt sind. Wenn das Gebäude fertig ist, sollen die neuen Assisengerihtshöfe in Angriff genom- men werden, deren Kosten auf 150,000 Lstr. geschäßt find.

19. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sihung des Unterhaus es erklärte der Unter-Staatssekretär im Departement des Auswärtigen, Sir R. Bourke, auf eine Anfrage Sir P.

genehmigt. Der Gesezentwurf, betreffend Ergänzung des

D'Briens, bei den zwischen Brasilien und der argentini-

bessern zu wollen \{cheint, abbestellt worden ist, wird der archàäo- logische Kongreß, obglei derselbe vor jener Versammlung anberaumt war, Anfang August abgehalten werden.

Amerika. Washington, 17. Juni. (per Kabel.) Im Senat passirte heute die Vill für die Ernennung einer inter= nationalen Kommission, welche die Mittel zur Herbeifüh= rung etner gefahrlosen Seereise berathen sol. Das Repräsentantenhaus nahm eine Resolution an, welche Schiedsgerichte als ein Substitut für Krieg in der Beilegung internationaler Differenzen begünstigt.

19. Juni. (W. T. B.). Der Präsident der Vereinigten Staaten hat für das neu errichtete General-Konsulat in Berlin den bisherigen Konsul Kreißmann daselbst zum General-Konsul ernannt und hat der Senat gestern diese Ernennung bestätigt.

Afien. China. (A. A. C.) Der „North China Herald“ meldet, daß der Kaiser am 19. April Peking verließ, um die

westlichen Gräber, wo feine Vorgänger begraben sind, zu be-

suchen. Er gedachte dort eine Woche in ÄAndachtsühungen und