1899 / 53 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Mar 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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Wchlamllicßes. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 2.-März.

Seine Majestät der Kaiser und König statteten gestern Vormittag Seiner Königlichen 16A dem Groß- herzog von Oldenburg in Höchstdessen Residenz einen Besuch «ab und wohnten Mittags der Vereidigung der Rekruten der Marine-Station der Nordsee in Wilhelmshaven bei.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin sind, wie „W. T. B.“ meldet, wegen einer Erkrankung des Prinzen Joachim, die sih jedoch als ganz unbedeutend herausgestellt hat, bereits heute früh aus Plön nah Berlin zurügekehrt.

Der Bundesrath versammelte sich Heute zu einer Plenarsizung. Vorher beriethen die vereinigten Ausschüsse für “Vi % alias Post und Telegraphen und für Handel und

erkehr.

Der kommandierende Admiral, Admiral von Knorr und der Chef ckes Stabes des Ober - Kommandos der Marine, Kontre-Admiral Bendemann haben sich vorgestern nah Wilhelmshaven begeben.

Der Reichs - Postdampfer „Preußen“ mit der ab- elösten Besaßung von S. M. S. „Möwe“ an Bord, ransportführer: Oberleutnant zur See Kühne, ist am

28. Februar in Genua angekommen und gestern nah

Southampton in See gegangen.

Cassel, 28. Februar. Der Kommunal-Landtag des Regierunasbezirks Cassel ist nach Erledigung der vorliegenden Geschäfte von dem Königlichen Kommissarius, Ober-Präsidenten, Staats-Minister Grafen von Zedliß und Trüßschler heute geschlossen worden. Mit cinem von dem Vorsißzenden ausgebrachten, leéhaft aufgenommenen Hoh auf Seine Majestät den Kaiser und König trennte sih die Versammlung.

Deutsche Kolonien.

Die Einführung der Häuser- und Hüttensteuer in Deutsh-Ostafrika ist, wie das „Deutsche Kolonialblatt“ berichtet, im allgemeinen, dank der jeitens der Be irksämter und Stationen beobachteten Vorsiht und tläßigung, nennenswerthen Schwierigkeiten niht begegnet. Eine Heran- ziehung der einheimishen Bevölkerung zur Steuer konnte bisher allein innerhalb des nächsten Machtbereihs der Bezirksämter und Stationen erfolgen, dort aber meistens ohne Ausübung von Druck oder Anwendung von Waffengewalt. Der größte Theil der Bezirksämter und Stationen meldet die Möglichkeit einer weiteren Durch- führung der Steuerverordnung auh in den entfernteren Gebieten und stellt für das nächste Rechnungsjahr rößere Einnahmen in Aussicht. Als Bezirke, in enen die Durchführung der Steuerverordnung bisher nur geringe oder gar keine Erfolge aufzuweisen hatte, sind die Station Jringa und der Bezirk Wilhelms- thal zu nennen. Für Jringa fehlte bei dem bisherigen Kriegs- zustande bis vor kurzem die Vorbedingung zur Besteuerung: völlige Ruhe im Lande. -Das Darniederliegen des Landbaues, der Viehzuht, wie von Handel und Wandel infolge des lange Jahre andauernden Kriegszustandes wird bei dem Ergebniß der Steuer noch Jahre lang zu Tage treten und den Stationshef zwingen, besonders vorsichtig bei der Steuecrerhebung zu sein, und ihn veranlassen, erst die Steuerkraft der Eingeborenen durch geeignete Maß- nahmen zu heben. Jm Bezirk Wilhelmsthal erfuhren die Vor- arbeiten zur Einführung der Steuerverordönung dur die Nahrungsnoth, die Neueinrihtung des Bezirksamts und die erst im Laufe des vergangenen Sommers erfolgte Uebew- nahme desselben durch Bezirksamtmann Meyer Verzögerungen. Daher liegt ein Bericht über die bei der Durchführung der Steuerverordnung gemachten Erfahrungen dem Gouverne- ment noch niht vor. Durch die Zulassung von Naturalleistungen wird allenthalben das Jnteresse für die Kultur und Gewinnung von Bodenerzcugnissen mannigfaltigster Art angeregt. Der Anbau von Oelfrüchten (Sesam und Erd- nüssen) in den Küstenbezirken ist gefördert. Jm Dondebezirk, Mahenge und Bezirk Langenburg ist es namentlich der für den Handelsverfkfchr werthvolle Kautshuk, welher eine gesteigerte Ausfuhr verspricht. Auf Hebung der Palmen- ultur durch rege Nachfrage seitens der Kaufleute und Ab- nahme von Kopra wie auf die Gewinnung von Bienen- wachs wird die Aufmerksamkeit der dafür in Frage kommenden Bezirke gelenkt. Die Kommunen sind durch den ihaen gewährten Prozentsaz der Steuerbeträge in die Lage verseßt, durch Straßenbauten, Kanalisationen und Entwässerungen, Anlagen von Brunnen u. s. w. im öffentlichen und allgemeinen ereie Arbeiten vorzunehmen, für die im Etat für das

hußgebiet Summen niht mehr zur Verfügung gestellt sind.

Ueber die Arbeiten der deutsch-englishen Grenz- kommission zwischen dem Nyassa- und dem Tanga- nyika-See theilt das „Deutsche Kolonialblati“ Folgendes mit:

Behufs Festlegung der durch das deutsh-englishe Abkommen vom 1. Juli 1890 in § 2 des Art. 1 dieses Vertrags aeçebenen Grenzlinie zwischen Deutsh-Ostafrika und dem British Central Africa Pro- tektorat an Ort und Stelle, war nah vorangegangenen Verhandlungen zwishen den beziden Regierungen im Frühjahr 1898 eine gemishte Kommission zusammengetreten, der von deutscher Seite der Hauptmann Herrmann _als Chef, ferner der Astronom Dr. Kohlschbütter und Oberleutnant Glauning sowie ein Lazaretbgehilfe zugetheilt waren, von englischer Seite die Hauptleute Close und Boileau von den Royal Engineers, ersterer als Chef, und mehrere technisch vorgebildete Offiziere und Unteroffiziere, Diese Grenzexpedition, deren Hauptaufgabe in der astronomis&en Feststellung des Schnittpunktes des 32. Grad ösil. Lg. mit dem Songwefluß, ferner des 32. Grad öftl. Lz. mit der Wasser- scheide de-s Kongobeckens und der topographischen Klarstellung dieser Wasserscheide in dem traglihen Gebiet bestand, hat ihre Arbeiten, die den beiderscitigen Regierungen zur Prüfung und Bestätigung vorzu- Iegen sind, nunmehr abgeschlossen,

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Die Arbeiten der Kommission sind durch den Umstand wesentlih erleihtert worden, daß im Juli v. J. infolge der Fertigstellung der Telegraphenlinie bereits eine telegraphische Längenbestimmung zwischen Kapstadt und dem Endpunkt des Telegraphen, 2} englishe Meilen Inland von Nkata Bay am Nyassa-See, möglich war und daß von dort aus mit Hilfe des englishen Kanonenboots „Adventure“ eine Zeitübertragung auf das Kambwe - Lager bei Karonga, dem Ausgangspunkt der gesammten Triangulation, ermögliht wurde. Bei Songwe wurde von den deutschen Mitgliedern der Expedition, bei Karonga von den Engländern eine Basis gemessen und die Triangulation getrennt bis zum 33. Grad öftl. Lg. längs der Grenze geführt, wo die Expedition Anfang Sep- tember v. F. anlangte. Die von der gemishten Kommission vor- nas topographishen Aufnahmen zwishen dem 33. und 2. Grad ôstl. La. ergaben, daß die Wasserscheide niht durch den Steilabsturz bezw. aufgewulsteten Grabenrand gebildet wird, welcher sich vom 33. Grad östl. Lg. bis zum Tanganyika-See hinzieht, sondern daß die Wasserscheide infolge der sehr eigenthümlichen Boden- gestaltung theilweise mehrere Tagereisen weftlich ‘von dem Steil- absturz liegt, sodaß sie immer dit bei der Stevenson Road verläuft. Den Eingeborenen ist diese Art der Grcenzführung sehr geläufig und es weiß jeßt hon jedes Dorf, je nahdem es scin Wasser hüben vder drüben \{chöpft, zu welher Macht)phäre es gebört. Den Tanganyika-See erreihte die Kommission am 15. Oktober, während die Triangulations- arbeiten voraus\fihtlich erst um den 15. November hier ihren Abschluß finden follten. Die Kommission hat sih darauf hin geeinigt, den beiderseitigen Regierungen als Grenze zwishen dem 32. Grad öôstl. Lg. und dem Tanganyikam-See nicht die im Vertrag von 1890 vorgesehene gerade Linie, sondern einen Flußlauf vorzuschlagen, sodaß nur auf kürzere Strecken eine Grenze über Land sih nöthig machen würde.

Nah den leßten, vom 11. November datierten Nachrichten waren an jenem Tage die Protokolle der Grenzvermessungsarbeiten von den beiderseitigen Regierungskommissionen unterzeichnet und die englische Grenzexpedition hatte alsbald die Rückreise nah England angetreten, während die deutshe noch dabei beschäftigt war, so lange es die bevorstehende Regenzeit gestattete, die topographishen Auf- nahmen zu vervollständigen und eine Kontrolbasis zu messen. Das äußerst \chwierige Terrain, welches bereits die englishe Expedition verhindert hatte, die Triangulation bis an den Tanganyika-See selbst zu treiben, dürfte möglicherweise au die deutshe Expedition noch veranlaßt haben, bei der Kürze der Zeit die leßte Strecke nur mit dem Meßtish aufzunehmen. Um Neujahr beabsichtigte Hauptmann Herrmann die Grenzregulierungs - Expedition als solche auf- zulösen und die von der Königlihen Gesellshaft der Wissen- schaften in Göttingen angeregte und im Anschluß an die Grenz- expedition geplante und beshlossene Pendelexpedition neu zusammen- zustellen. Letzteres Unternehmen wird unter Führung des Astronomen Dr. Kohlschütter am Tanganyika-See und im Gebiet der großen geologishen Stromgebiete in Ost-Afrika eine Reihe von Schwere- bestimmungen und forgfältigen astronomischen Ortsbestimmungen vor- E uud im Laufe dieses Jahres über Tabora zur Küste zurück- ehren.

Nach Berichten aus Deutsh-Südwestafrika is der mit der Theilnahme an den Grenzkommissionsarbeiten britischer- seits beauftragte Major Laffan Mitte November 1898 in Rietfontein eingetroffen, wo sich der deutshe Kommissar, Leutnant Wettstein, schon befand. Die Grenzfestseßungs- arbeiten haben am 17. November begonnen und dürften jeßt

bereits 100 Meilen fortgeschritten sein.

Oesterreich-Ungarn.

Der ungarishe Reihstag nahm gestern seine Sitzungen wieder auf.

Im Abgeordnetenhause nahm, wie „W. T. B." berichtet, unter lautloser Stille der Alters-Präsident auf dem Präsideutenstuhl Plat, ließ das Protokoll der legten Sitzung verlesen und theilte mit, daß die französishe Regierung dem Hause für seine Beileidskundgebung anläßlich des Todes des Präsidenten Faure danke. Darauf betraten, vom Quästor geführt, der Minister-Präsident Szell und die Mit- glieder des Kabinets, von lebhaften Eljen - Rufen empfangen, den Saal. Szell überreihte ein Allerhöhstes Handschreiben, betreffend den Kabinetswechsel, welhes unter Eljen-Nufen auf den König und den Minister. Präsidenten zur “Kenntniß aenommen wurde. Sodann hielt der Minister-Präsident Szell s*ine Programmrede, in welcher er sagte, er halte es jeßt, da das Kabinet zum ersten Male im Hause er- scheine, für jeine Pflicht, die Grundsäße darzulegen, nach welchen die Regierung die Geschäfte führen werde. Seit Monaten habe im Hause ein heftiger Kampf gewüthet, und das Land sei in einen außergeseglihen Zustand gerathen. Jeßt sei der Kampf vorüber; Gott gebe, daß auch sein Widerhall auf ewig ver- flinge. Nah monatelangem Kampfe habe sich die Ueberzeugung all- gemein Bahn gebrochen, taß dem unhaltbaren Zustand ein Ende ge- macht und der außergeseßlihe Zustand beseitigt werden iffe: Nunmehr fei der Frieden zu stande gekommen, und auf Grund dieses Friedens stehe er vor dem Hause, eines Friedens, welcher ohne peinzipielle Opfec zu stande gekommen sei. Der Friede sei ein ehrliher, anständiger und ruhe auf fester Grundlage. Die neue Negierung fei berufen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Der Minister-Präsident zählte sodann die im Sinne des Kompromisses vorzunehmenden Arbeiten auf, wobei er ausfübrte, daß die Regi-rung das größe Gewicht auf die Ausgleitvorlagen lege. Die Regierung werde dem Hause Vorlagen unterbr.iten, welhe der wirthschaft- lien Unsickerheit ein Ende machen und das Verhältniß zu Dester- reih bis 1903 bezw. 1904 festlegen follten. Das Kompromiß sichere auch die Erledigung des defiaitiven Ausgleihs. Die NRegie- rung stehe auf dem Boden der Gesetze von 1867. Sein Szell’'s politisches Glaubensbekenntniß ruhe auf derselten Basis in ihrem wahren, unverfälshten Sinne und könne nichts Anderes be- deuten als wahren Liberaliamus. Szell ersuchte sodann die liberale Partei um ihre Unterstüßung und fügte hinzu, er werde au glücklich sein, wènn er von anderer Seite Untecstüßung erhalte. Vom Liberalismus werde er ebensowenig abweichen, wie vom Bestreben, die Einheit dcs ungarishen Staates zu erreihen. Er wolle fein großes Programm bezüglih der auêwärtigen Politik entwideln; - in diefer Beziehung sei er in der glücklihen Lage, daß die Ansichten der maß-

ebenden Faktoren mit der Richtung der autwärtigen Politik übercin- timmten. Die Politik des Landes sei eine Politik des Friedens, und ihre Grundlage bilde der Dreibund. Die finanziellen Fragen erheischten größte Sparsamkeit. Die fortwährenden Rüstungen seien zu be- dauern, do erfordere das Interesse des Vaterlandes Opferfreudigkeit ; die Wehrfähigkeit aufrechtzuerhalten, fei die Pflicht jedes Patrioten. Die Regierung werde bestrebt sein, zwishen Staat und Kirche das beste Nerbältniß aufrechtzuerhalten. Der Minister-Präsident ¿ählte sodann die bei jedem Ressort vorzunehmenden Reformen auf, kündigte eine Reform des Vizinalbabngesetes an, sprach für die Reform der Ver- waltung und die Revision des Komptabilitätsgeseßes und {loß mit den Worten: „Wir werden mit Bienenfleiß! an die Arbeit gehen ; ohne Unterschied der Nationalität, Konfession und Klafsen werden wir die Gesctze durchführen. Mein Leitstern ift Gese, Recht und Wahrheit. Möge der Kampf, der hier wüthete, beendet sein, und möge eine Epoche fruhhtbringender Thätigkeit anbrechen. Beseitigen wir alles Trennende, und wirken wir vereint zum Wohle des Vaterlandes!“ (Stürmischer Beifall im ganzen Hause.) Die Abgg. Horanszky und Kossuth sowie die übrigen Parteiführer gaben ihrer Freude darüber Autdruck, daß an der Spiße der Regierung Szell stehe, und sprachen demselben ihr Vertrauen und die Hoffnung aus, daß sich aus dem Kampfe als Lohn das Glück des Vaterlandes ergeben werde.

Im Maguatenhause gab der Minister-Präsident Szell eine gleihlautende Erklärung ab, welhe auch dort mit Beifall aufgenommen wurde. Nach der Programmrede des Minister-Präsidenten begrüßten

Graf Julius Szapary, Graf Ferdinand Zihy und {ließli

der Präsident des Hauses Graf Karolyi die neue Regierung. Der leßtere gab seiner Freude darüter Ausdruck, daß es ‘dem Minifter- äsidenten gelungen sei, den vom panzen Lande so heiß ersehnten rieden berzustellen, wodurch eine ruhige parlamentarishe Thätigkeit ermöglicht werde. x

Großbritannien und JFrland.

Das Unterhaus beschloß, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern mit 317 gegen 59 Stimmen, in die zweite Lesung des von Robson eingebrahten Heseßentwurfs einzutreten, durch den das Alter, von welchem ab alle Kinder die Schule niht mehr zu besuchen brauchèn, von 11 auf 12 Jahre erhöht wird. Der Vize-Präsident des Unterrichte-Departe- ments Gorst erklärte im Laufe der Berathung, vom Stand- punkt des Unterrichts sei gegen die Vorlage nichts ‘einzu- wenden, da dieselbe den Unterricht verbessere und daher einen nationalen Vortheil bedeute. Die einzige Frage sei die, ob das Volk gewillt sei, den Preis für diesen Vortheil zu (U, Der Preis sei indeß sehr gering, denn durch die (nnahme der Vorlage würden die jeßigen Verhältnisse nicht wesentlih störend beeinflußt werden. Die Ehre des britishen Volkes sei gewissermaßen auf der Berliner Arbeiter- {uß - Konferenz verpfändet worden, und dies gelte nun- mehr, da alle anderen europäischen Völker, mit Ausnahme der südlichen Länder, ihre Fabrikgesezgebung auf ein Niveau ge- bracht hätten, das diese Konferenz in Aussicht genommen habe. D-:r Vortheil, daß die Baumwollspinnerei mit Kinder- arbeit billiger und besser betrieben werden könne, müsse gegen- über den anderen, durch die Berliner Konferenz erlangten Vortheilen aufgegeben werden.

Frankreich.

Der Senat seßte gestern die Berathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Revisions- verfahrens, fort.

__ Der Senator Bernard vertheidigte, wie ,„W. T. B.“ berichtet, einen Antrag, in welchem er verlangte, daß die Verhandlungen über den Revisionébeschluß öffentlich und kontradiktociich fein scllen. Der Justiz- Minister Le bret erklärte, daß der Antrag überflüssig sei. Bernard zog denselben hierauf zurück. Der erste Paragraph des ersten Artikels des Geseygentwurfs wurde sodann mit 158 gegen 118 Stimmen angenommen. Nach einer langen Debatte wurden ncch zwei weitere Abänderungs- anträge verworfen und dann alle Paragraphen des ersten Artikels nach einander mit einer Majorität von einigen dreißig Stimmen angeno umen. Der Senator Demöle beantragte darauf die Ein- fügung eines Zusaßartikels, in dem er verlangte, daß die drei Nichter, welche über die Zulaffung ein:8 Revisionsantrages zu entscheiden haben würden, nicht an der Urtheilsfällung in der

betreffenden Angelegenheit theilnehmen follten. Der Berichterstatter -

Bisseuil forderte, daß der Antrag Demöôle's an die zuständige Kommission verwiesen werde. Die Sißzung wurde infolgedessen unter- brohen. Nah Wiederaufnahme derselben vertheidigte Demöle feinen Antrag. Der Berichterstatter bekämpfte ihn, weil er inopportun sei. und bemerkte, daß er als ein leßter Angriff gegen den Geseyz- eniwurf aufzufassen sei. Demöôle erwiderte, das einzige Argument, welches man ihm entgegenhalte, sei, daß man den Geseßentwourf nicht an die Kammer zurückverweisen dürfe. Der Minister-Präsident Dupuy erklärte, daß durch eine Zurückverweisung an die Kammer eine neue Verzögerung herbeigeführt werde und daß er den Antrag deshalb ab- weise. Der Antrag Demöôle wurde sodann mit 157 gegen 117 Stimmen verworfen. SchließliÞh nahm der Senat den ganzen Goa uel über die Abänderung des NRevisionsverfahrens mii 158 gegen 131 Stimmen an, worauf die Sizung geschlossen wurde.

Der Sozialist Lucipia wurde gestern zum Präsidenten des Pariser Gemeinderaths gewählt. f j

Gestern früh fanden bei den Präsidenten, Sekretären, Schaßmeistern und Mitgliedern der Liga zur Wahrung der Menschen- und Bürgerrechte, der Liga „La Patrie française“, der Liga für die Jnteressen der nationalen Vertheidigung und bei dem Baron Legoux, dem Vorsißenden des plebiscitären Comités des Scine-Departements und direkten Vertreter des Prinzen Victor Napoleon, Haussuchungen statt, bei welchen eine große Anzahl von Schriftstücken mit Beschlag belegt wurde.

Die „Agence Hayas*“ veröffentliht über diese Haussuchungen folgende Note: Dieselben sind eine Folge der Haussuhungen vom Sonntag, und zwar hat der Untersuhungsrihter Fabre, welcher mit der Durst der schon beshlagnahmten Papiere betraut ist, vorgestern Abend 16 neue Vertügungen zu Haussuchungen erlassen. Der Wort- laut dieser Verfügungen, welhe in ftühester WMorgenstunde zur Ausführung gelangten , immt mit den früheren vollständig überein. Ueberall wurden Sriststücke beschlag- nahmt. Am Siy der Liga „La Patrio française“ in der Rue de Rennes wurden Listen, Kopierpressen und Einladungen zu Versammlungen beshlaznahmt. Man legte an die Bureaux und an den Geldshrank, welher Schriften und Geld enthält, Siegei an. In der in der Rue Aumale belegenen Wohnung des Oberstleutnants Monteil, des Präsidenten der Liga für die Jateressen ber nationalen Bertheidigung, belegte der Polizci-Kommissar eine umfangreihe Korrespondenz sowie andere Schriftstücke, Verzeichnisse und Nechnungs- bücher mit Beschlag. Bei Syoetou, dem Schahmeister der Liga „La Patrie française“, wurden einige Papiere und Notizbücher von dem Polizei:-Kommissar in Beschlag genommen.

Rußland.

Der Kaiser besichtigte, nah einer Meldung des „W. T. B.“ aus St. Petersburg, in den leßten Tagen das Pagen- korps, das Nicolai-Kadettenkorp3, das Marin--Kadettenkorps und gestern die Jngenieur-Akademie und verweilte längere Zeit in diesen Anstalten.

Wie die „Russishe Telegraphen-Agentur“ erfährt, hat der Kaiser den Botschafter in London Baron von Staal zum russischen Bevollmächtigten bei der Friedens- kfonferenz im Haag designiert. Seitens der rusfischen Ministerien sollen ihm Spezialdelegirte dergrgenen. werden, darunter Professor von Martens als Spezialdelegirter für alle Völkerrehtsfragen. Durch die Wahl des leßteren beweise der Kaiser sein besonderes Jnteresse an der Durchführung des großen Werks der Konferenz. Nach Beendigung der leßteren werde der Botschafier von Staal auf seinen Posten zurück- kehren. S Bei dem Minister des Acußern Grafen Murawjew fand vorgestern eine glänzende Soirée statt, zu der - etwa 1700 Einladungen ergangen waren. Unter den Anwesenden befanden sich das diplomatische Korps, die Mitglieder des Reichsraths, die Ministc-r und HofGargen, die Spißen der Je und Militärbehörden und Vertreter der Künstler- und

elehrtenkreise. : «

Der -„Kurjer are. ist von dem in Warschau als Portepée-Fähnrih des Regimènts Garde-Husacen wohnhaften Prinzen Don Jaime von Bourbon ermächtigt, die Er- klärung des spanischen Deputirten Correo in den Cortes über einen Jnkognito - Aufenthalt des Prinzen in Gerona und Valencia als unbegründet zu bezeihnen, da der Prinz seit fünf Monaten Warschau nicht verlassen habe.

Jtalien.

Ueber das Befinden des Papstes veröffeniliht die „Voce della Verità“ vom gestrigen Tage folgende Mit- heungen. Am Dienstag Morgen wurde der Papst von einem Unwohlsein befallen, er klagte über einen starken Schmerz an der Seite. Der Leibarzt Dr. Lapponi, der gerufen wurde, um den Papst zu untersuchen, konstatierte Fieber und Ent- zündung einer schon seit längerer Zeit bestehenden Geschwulst; er riet, den Professor Mazzoni zu konsultieren, der hon früher einmal den Papst Thtedadit hatte. Nachmittags fand die Konsultation statt. Ju der Nacht von Dienstag zu Mittwoch war das Allgemeinbefinden des Papstes verhältnißmäßig be- friedigend, der Fiebergrad und die Entzündung waren nicht anormal und gaben zu keiner Beunruhigung Anlaß. Die Nacht verbrachte der Papst ziemlich ruhig. Am Mittwoch Morgen be- schlossen die Aerzte, eine Operation vorzunehmen, die völlig gelang. Ein von den Aerzten Mazzoni und Lapponi unterzeichneter Krankheitsbericht von 5 Uhr Nachmittags besagt: „Puls aus- gezeihnet. Allgemeinbefinden entschieden befriedigend. An der operierien Stelle verläuft alles regelmäßig.“ Nach einer Meldung des „W. T. B. aus Rom vom heutigen Tage ver- brahte der Papst cine gute Naht. Gegen Mitternacht trat Schlaf ein. Während der Naht war die Temperatur um Weniges erhöht. / :

In der ganzen Stadt wird, wie. das genannte Bureau weiter berichtet, das Befinden des hohen Kranken besprochen; das Aussehen der Stadt ist indessen das gewöhnliche, abgesehen von der großen Bewegung in den beim Vatikan liegenden Stadttheilen. Den ganzen gestrigen Tag hindurch, bis 7 Uhr Abends, fuhren beim Vatikan Magen mit Personen, die Erkundigungen einzogen, vor. Vor der Bronze- thür des Vatikans standen Scharen von Geistlichen und Laien. Die nah dem Petersplaß führcnden Pferdebahnlinien waren mit Fremden angefüllt, die sih die Fenster des Zimmers, in welchem der Papst auf dem Krankenlager ruht, zeigen lassen. Am späten Abend herrshte auch vor dem Vatikan völlige Ruhe.

Der König, die Königin, der Minister-Präsident Pelloux und der Minister des Auswärtigen Canevaro haben Anordnungen veranlaßt, welche eine shnelle und häufige Be- nachrihtigung über den Zustand des Papstes gewährleisten. Auch mehrere auswärtige Souveräne erkundigten sich nah dem Befinden des Papstes.

Spanien.

Der Minister-Präsident Sagasta wurde gestern von der Königin-Regentin in Audienz empfangen und erklärte Allerhöchstderselben, wie „W. T. B.“ aus Madrid berichtet, daß es dem Kabinet unmöglih sei, mit den jeßigen Kammern weiter zu arbeiten; man müsse sie auflösen. Um der Königin - Regentin die Aufgabe zu erleihtern, reihte Sagasta dann die Demission des Kabinets ein und rieth Aller- höchstderselben, die tonangebenden politishen Persönlich- keiten zu Rathe zu ziehen. Die Königin-Regentin hatte darauf eine Berathung mit den Präsidenten der Kammer und des Senats sowie mit dem ehe- maligen Kammer-Präsidenten Vidal. Heute wird die Königin- Regentin die früheren Minister-Präftdenten Campos und Azcarraga empfangen. Campos ist für die Bildung eines konservativen Kabinets.

Der Kriegs-Minister, General Correa erklärte die Nach- riht für unbegründet, daß das Washingtoner Kabinet cine Beschwerde über die Haltung des Generals, Rios in Manila erhoben habe ; leßtere sei immer korrekt gewesen.

In den Cortes wurden gestern die Sißzungen ohne Zwischenfall aufgehoben.

Belgien.

Zu den beunruhigenden Gerüchten über das Befinden der Königin meldet der „Petit Bleu“, daß Jhre Majestät an einer Erkältung leide. Der Zustand der hohen Kranken erfordere sehr sorgsame Pflege, habe indeß nihts Beun- ruhigendes.

Amerika.

Der Senat der Vereinigten Staaten von Amerika genehmigte gestern, wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, den bereits am 20. v. M. vom Repräsentantenhause angenommenen Geseßentwurf, nah welhem an Spanien gemäß dem Friedensvertrage für die Abtretung der Philippinen 20 Millionen Dollars zu zahlen sind.

Die Staatsschuld is im vorigen Monat um 5 279 641 Dollars gestiegen. Der Baarbestand des Schaßamts beträgt 908 350 971 Dollars. :

Lord Herschell, früher Lord-Kanzler von England, der als Mitglied der british-amerikanischen handelspolitischen a i gs in Washington weilte, ist gestern früh daselbst gestorben.

Aus Montevideo wird dem „Reuter’shen Bureau“ gemeldet, daß Cuestas gestern zum konstitutionellen Präsi- denten von Uruguay gewählt worden ist.

Asien.

Die „Times“ berichtet aus Peking: Vorgestern habe im Tsung-li-Yamen der italienishe Gesandte die Verpach- tung der Sanmun-Bay an Jtalien als. Kohlenstation und Flottenbasis unter denselben Oas und mit einer ähnlichen Zone verlangt wie bei der deutshen Konzession in Kiautschou. Jtalien fordere auch den Einschluß dreier vor der Küste gelegenen Jnseln in das Pachtgebjet und das Recht, von der Sanmun-Bay und nach dem Panjang-See eine Eisenbahn zu bauen, sowie Vorzugsrehte bei dem Bau der Bahn und der Ausbeutung von Minen, welche denen entsprächen, die-Deutschland in Schantung erhalten habe. Ferner habe der belgishe Gesandte sich an das Tsung-li-Yamen wegen Ueberlassung einer Konzession in Hankau gewandt, auf welcher der Bahnhof der nah Luhan füh: enden Eisen- bahn errihtet werden solle. Jn der Provinz Schantung " herrshe Beunruhigung. Dort habe die Uebershwemmung des Gelben Flusses eine Menge Menschen dem E nahe gebraht. Besonders groß sei die Un- ruhe in Ftshaufu in der Südostecke der Provinz. Die Ver- handlungen über die deutsch-englishe Eisenbahn von Tientsin nah Tschingkiang seien zum Stillstand ekommen und die Aussichten auf eine Verst Dou in die Ferne gerückt.

Die „Agenzia Stefani“ bestätigt, daß der italienische Gesandte in Peking von der cinesishen Regierung die Verpachtung der Sanmun-Bay, im Süden von Ningpo (Provinz Che-kiang), an Jtalien verlangt habe. Das enannte Bureau fügt hinzu, daß “sich bereits zwei talienishe Schiffe in den chinesishen Gewässern befänden und demnächst drei weitere Schiffe zu denselben stoßen würden.

Der Tag der Eröffnung des neuen Vertragshafens Nanningfu am Wesiflusse is, der „Times“ zufolge, noh p bestimmt. China wird die Kontrole des Hafens be- alten. :

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sißungen des Rei chs- tages und des Hauses der Abgeordneten befinden si in der Ersten und Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (46.) Sißung des Reichstages, welher der Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky und der Kriegs-Minister, Generalleutnant von Goßler beiwohnten, wurde die zweite Berathung des Reichshaushalts-Etats für 1899 bei den einmaligen Ausgaben des Reichsamts des Jnnern, und zwar bei dem Titel „Unterstüßung für die Herausgabe von Veröffentlihungen auf dem Gebiete des Erziehungs- und Bildungswesens“ (30 000 6) fortgeseßt. E

Die Budgetkommission empfiehlt einstimmig die Bewilligung der Summe.

Abg. Dr. Freiherr von Hertling (Zentr.) befürwortet die Bewilligung, weil es sch hier tarum handele, das von einem Manne bisher geförderte Werk unabhängig zu machen von der Person des bisherigen Leiters und auf eine breitere Basis zu stellen, wofür sich schon eine Gesellshaft gebildet habe.

Abga. Dr. Hieber (nl.) spriht si ebenfalls für die Bewilligung aus. Es handele sich um ein bisher durch den Idealismus eines Einzelnen getragenes Unternehmen. Die Gesellschaft, die sich zur Förde- rung des Unternehmens gebildet habe, habe im leßten Jahre 10000 Einnahmen und 69000 G Ausgaben gehabt. Die Kosten der Publikationen und threr Vorbereitung könnten durch den Verkauf derselben kaum gedeckt werden; denn solche Publikationen hätten naturgemäß nur etnen kleinen Kreis von Abnehmern. Allerdings sei es vorwiegend Sahe der Einzelstaaten, Kunst und Wissenschaft zu fördern; aber hier handele es s|ch{ch um Dinge, die über den Bereich eines Einzelstaates hinausgingen. Die englishen und amerikanischen Sachverständigen hätten die Arbeiten zum Muster genommen. Redner s{chlicßt mit der Hoffnung, daß, wenn die Position im nächsten Jahre vielleiht in erhöhter Gestalt an das Haus kommen follte, man auch dafür ein rihtiges Verständniß haben werde.

Abg. Dr. Lieber (Zerntr.) erblickt in der Bewilligung dieser Ferderungen einen Lohn für den Mann, der dieser Aufgabe sich unterzogen habe zu einer Zeit, als die verschiedenen Koxfessionen ih zeitweilig sehr feindlich gegenübergestanden hätten. In der Denkschrift fei angedeutet worden, daß die Veröffentlihungen der Gesellschaft eine die Unkosten mindernde Einschränkung zulassen würden. Redner protestiert dagegen, daß irgend welche bureaufratishe Einmischungen die Gesellshaft in der Entfaltung ihrer Thâtigkeit bindern follten, und verlangt die Ueberweisung der Monu- menta paedagogica an die Reihstags-Bikliothek, ebenso wie die der anderen Publikationen, die von Reih8wegen unterstüßt würden, auch der Monumenta Germaniae historica,

Abg. Dr. Zwick (fr. Volksp.) spricht seine und seiner Freunde Zufriedenheit darüber aus, daß die Ausgabe in den Etat eingestellt jei. Auch er verwahre sich dagegen, daß irgendwie hemmend in die Thätigkeit der Gesellschaft eingegriffen werde, die eine so um- fassende, grundlegende Arbeit unternommen und bis hierher allein durchgeführt habe. / i

Die Ausgabe wird bewilligt, ebenso die Ausgabe von 25 000 Æ als Ae zur Wiederherstellung des ehemaligen Kurfürstlihen Schlosses zu Mainz, nah- dem die Abgg. Dr. Lieber (Zentr.) und Graf von Oriola (nl.) dafür eingetreten sind.

(Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten seßte in der heutigen (33.) Sizung, welcher der Vize-Präsident des Staats-Ministe- riums, Finanz-Minister Dr. von Miquel und der Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen beiwohnten, die zweite Berathung des Etats der Eisenbahnverwaltung bei den Einnahmen aus dem Personen- und Gepäckverkehr fort.

Bis zum Schluß des Blattes nahmen der Abg. von Arnim (kons.), der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel und der Minister der offentlichen Arbeiten Thielen das Wort.

Das Mitglied des Herrenhauses Freiherr von Eckard- stein, art r l in Prögel und Deputirter des Kreises Ober-Barnim, ist gestern hierselbst gestorben.

Statiftik und Volkswirthschaft.

. Die in der Februar-Nummer dec „Amtlichen Nachrichten des NReihs-Versicherungsamts" veröffentlichte Uebersicht E Pg Kapitalanlagen der FInvaliditäts- und Altersver)iche- rungsanstalten nah dem Stande am Ende des Jahres 1898 läßt erkennen, daß \sih der Gesammtbetrag der für derartige Zwecke aufgewendeten Mittel von rund 49 Millionen Mark am Ende des Jahres 1897 im leyten Kalenderjahr auf nahezu 85 Millionen Mark, d. h. um mehr als 35 Millionen Mark, erhöht hat. Von dem Gesammtbetrage sind für den Bau von Arbeiter- wohnungen und zux Befriedigung des landwirtbschaftlihen Kredit- bedürfnisses (Hypotheken, Kleinbahnen, Land- und Wegeverbesserungen, Hebung der Viehzucht 2c.) je über 35 Millionen Mark hergegeben worden, wäkbrend nahezu 14 Millionen Mark auf den Bau von Kranken- und Genesungshäufern, Volksheilftätten, Gemeindepflegestationen, Herbergen zur Heimath, Bolksbädern, Blindenheimen, Kleinkindershulen, Schlaht- häusern, auf Straßenbauten, Spar- und Konsumvereine, sowie andere ähnliche Wohlfahrts:inrihtungen entfallen. Im Einzelnen treten auf dem Gebiete des Baues von Arbeiterwohnungen die hierbei mit je etwa 7 Millionen Mark . ketheiligten Versicherungsanftalten Hannover und Rheinprovinz, in Bezug auf die Befriedigung des landwirthschaftlichen Kreditbedürfnisses dagegen die Versicherungsanstalten Pommern (über 9 Millionen Matk) und Sachsen-Anhalt (nahezu 9 Millionen Vark) besonders hervor. Einige Versicherungsanstalten beispielsweise Posen und Schlesien haben bis jeyt verbältnißmäßig geringe ge- meinnüßige Kapitalanlagen aufzuweisen. Elsaß-Lothringen endlich ist gänzlih unbetheiligt geblieben. :

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Krefeld wird der „Köln. Ztg." zum Ausstande der Sammetweber berihtet: Was die geheime Abstimmung der Aus- ständigen (vgl. Nr. 52 d. Bl.) betrifft, so ist bis jeßt das Srgevas von vier Fabriken bekannt; in diesen ist die Lohnliste der Fabrikanten einstimmig abgelehnt worden.

Aus Rheydt schreibt man der „Rhein.-Westf. Ztg.“ unter dem 28. Februar: Eine der größten hiesigen Baumw Lo s nete, Manns u. Nacken, bewilligte heute ihren Webern die volle zehn- prozentige Lohnerhöhung forte die Einführung des Normalarbeits- tages. Am Nachmittag (ue eine Versammlung aller Baum-

wollfabrikanten stattfinden, in welher man hoffte, die Lohnverhältnisse für alle Fabriken einheitlich regeln zu können.

Hier in Berlin haben die Bäckergesellen den allgemeinen Ausstand, den sie in Auésih: genommen hatten, in einer Versamm- lung am Dienstag vertagt. Wie die Berliner „Volks-Ztg.* bes rihtet, erklärte die Lohnkommission, daß an eine Durchführung der bisherigen Forderungen wegen der ablehnenden Haltung der Innungen vorläufig niht zu denken sei. Man müsse an den Beschlüssen troßdem festhalten und habe in Ausfidht genommen, in einer bevorstebenden Versammlung der Meister diese zu ugeständnifsen zu bewegen. In diesem Sinne wurde eine Resolution angenommen Eine Versammlung der Pat hat am Montag beschlossen, sofort in eine allgemeine Lohnbewegung einzutreten. Auf allen Bauten, wo der Tagelohn von 7 A bei neunstündiger Arbeitszeit und wöôchentliher Lohnauszahlung nicht bewilligt wird, foll die Arbeit niedergelegt werden, wenn sh die Mehrheit der auf dem Bau beschäftigten Puter für den Ausstand entscheidet. : In Turin hat das Perfonal der Pferdébahn geftern die Arbeit eingestellt. Wie „W. T. B.“ meldet, ruht der Betrieb.

Bauwesen.

A. F. Ihn der leßten Sißung des Architekten-Vereins gelangte der Haushalts-Boranschlag für 1899/1900, in Einnahme und Ausgabe mit 77 000 4. balancierend, zur Vorlage. Es knüpften ih daran eînige Bemerkungen, aus denen die erfreulihe Thatfae \steigenter Einnahme aus dem Befis des Vereinshauses her- vorging, dessen Räume kaum den an ihre vielseitige Be- nußung gestellten Ansprüchen genügen. Der neue Wettbewerb behufs Umgestaltung der oberen Räume des Hauses hat 8 Entwürfe veranlaßt, wovon indessen nah dem vom Hof-Baurath Geyer erstatteten Bericht nur 6 dem vorgezeihneten Programm entsprehen und die Berlegung der Garderobe aus dem oberiten Stockwerk in ein Zwishen- geschoß behandeln. Zwei davon, als deren Verfasser die Regierungs- Bauführer Herrmann und Gerhardt und der Baurath Boeckmann ih ergaben, wurden mit Verein8andenken ausgezeichnet und dem Haus - Ausshuß zur Berücksihtigung und als Grundlage für die tg Lösung der von ungewöhnlichen Schwierigkeiten begleiteten Aufgabe überwiesen. Der Monats - Wettbewerb „Ent- wurf zu einem Hochaltar“ hat diesmal nur einen Bewerber gefunden: den Negierungs-Bauführer Dammeyer, dessen Arbeit der üblichen Auszeichnung dur den Beurtheiler, Land - Bauinspektor Schmalz für würdig erklärt wurde. Die angeseßten Vorträge der Herren Berson „Über moderne Luftshiffahrt“ und Baurath Herrnring „über den Bauunfall in Halensee“ fielen wegen Behinderung der Vortragenden aus.

Gesundheit8wesen, Thierkrankheiten und Absperrungs&- Maßregeln.

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist dem Kaiserliben Gesundheitsamt gemeldet worden vom Schlachtviehhofe zu München am 28. Februar.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

(Aus den „Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesundheitsamt3“ Nr. 9 vom 1, März.)

est.

Mauritius. Bis zum 7. Februar ist dort ein weiterer Todes- fall vorgekommen. s

Japan. Auf Formosa sind vom 4. bis 11. Januar 9 Per- [een an Pest erkrankt und 5 davon gestorben, nahdem im Laufe des

onats Dezember 2 Krankheitsfälle beobachtet waren. Gelbfieber.

In der Zeit vom 3. bis 9. Januar wurden, den „Public health reports“ zufolge, in Barranquilla 1, vom 13. bis 19. desselben Monats in Vera Cruz H Ms anna 1 Todesfall gemeldet.

ecktyphus.

Rußland. In Rostow am Don isst seit Anfang Februar p dus in größerer Verbreitung aufgetreten. Er befällt haupt- ächlih ungelernte Gelegenheitsarbeiter, welhe sch zur Zeit infolge des Schlusses der Schiffahrt in bedrängter Lage befinden. Im Hospital befanden \sih in der zweiten Februarwohe 42 Erkrankte. Um ein Weitergreifen der Seuche zu verhüten, ist besonders eine Ver- besserung der gesundheitlihen Lage der in den Nachtherbergen zu- sammengedrängten Arbeiter durch Lieferung von Wäsche, warmen Speisen, heißem Wasser, durch Bereitstellung ärztlicher Hilfe und eines Absonderungsraumes vorgesehen; außerdem sind fünf Desinfektions» apparate beschafft.

Verschiedene Krankheiten,

Pocken: Moskau 3 Todesfälle; Reg.-Bez. Marienwerder, Ant- werpen (Krankenhäuser) je 5, Budapest 3, Paris 15, St. Peters- burg 20, Warschau (Krankenhäufer) 5 Erkrankungen; Flecktyphus: St, Petersburg 2 Todesfälle; St. Petersburg 5, Warshau Krankenhäuser) 8 Erkrankungen; Genickstarre: Kopenhagen 2, tew York 6 Todesfälle; openhagen 4 Erkrankungen; Milz - brand: Breslau (Krankenhaus) 1 Erkrankung; Varicellen: Wien 108 Erkrankungen; Keuchhusten: London 38 Todesfälle ; Reg.-Bez. Schleswig 61, Nürnberg 91, Hamburg 39, Wien 76 Er- krankungen; Influenza: Berlin 15, Altona 3, Braunschweig 7, Bremen 3, Breélau 14, Darmstadt 2, Frankfurta.O. 4, Hamburg 3, Köln 7, Leipzig 4. Lübeck, Münster je 3, Posen 2, Würzburg 3, Reg.-Bez, Düsseldorf 4, Kopenhagen 7, London 74, Moskau 4, New Yoik 45, Paris 5, St. Petersburg 6, Stockholm 12, Wien 9 Todesfälle; Nürnberg 23, Hamburg 49, Kopenhagen 2827, Stockholm 254, Wien 92 Erkrankungen; Lungenentzündung: Reg.-Bez. Schleswig 157 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Masern (Durchschnitt aller deutswhen Berichtëorte 1886/95 : 1,15%): in Dessau Erkrankungen kamen vor in Berlin 42, in den NReg.-Bezirken Düsseldorf 133, Königsberg 248, Posen 228, Trier 271, in Amsterdam 23, Budapest 196, Edinburg 216, Kopenhagen 259, New York 174, St. Petersburg 65, Prag 50, Stockholm 33, Wien 354 desgl. an Diphtherie und Croup (1886/95: 4,27 g: in Dortmund Erkrankungen wurden gemeldet in Berlin 92, Breslau 23, München 29, Nürnberg 23, Hamburg, Budapest je 27, Kopenhagen 53, London (Krankenhäuser) 179, New York 212, Paris 81, St. Petersburg 83, Stockholm 92, Wien 81 desgl. an Scharlach in Berlin 54, Breslau 33, im Reg.-Bez. Düsseldorf 94, in Budapest 34, Christiania 29, Edinburg 30, Kopenhagen 57, London (Krankenhäuser), New York je 202, Paris 83, St. Petersburg 47, Wien 61 desgl. an Unterleibs- typhus in Budapest 41, London (Krankenhäuser) 30, Paris 43 St. Petersburg 133,

Belgien.

Zufolge einer im Anschluß an die Königlich belgishe Verordnung vom 15. Dezember 1898 (,Neichs-Anzeiger“ vom 12. Januar 1899 Nr. d erlassenen Verfügung des belgischen Ministeriums für Land- wirthschaft und ôffentlihe Arbeiten vom 18. Februar 1899 (,Moni- teur Belge“ vom 22. Februar 1899 Nr. 53) wird die Vorlegung von Gesundheitspässen den Schiffen, die unmittelbar aus europäischen Häfen kommen, erlassen; jedo sind die Herkünfte von den Küsten des Schwarzen Meeres und der europäishen Türket, sowobl gegen das riehishe Inselmeer als auch gegen das Marmarameer hin, von dieser rleihterung ausgeschlossen.

Der Gesundheitsstand in Niederländisch - Indien war während der trockenen Jahreszeit des Jahres 1898 und besonders gegen Ende derselben, im meines kein giusiger, Die Cholera zeigte si zwar nur auf Bali, dagegen traten die Pocken endemish in Batavia, Bandoeng, Seraug, Es und Tegal und epidemish in den Ep oualGen Bezirken auf. Viele Personen sind auf Java, tin ssttborneo, Lombok, Amboina, Sumatra, fowie auf Trinor-Koepang dem Malariafieber

und der Ruhr zum Opfer gefallen.