1830 / 234 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 24 Aug 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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um diese Krankheit zu heilen, nämlich die Gehalte der hohen Aemter herabzuseßen, und dieselben dadurch, wenn nicht zu ästigen, doch wenigstens zu nicht sonderlich gewinnreichen Stellen zu- machen. Dann werden sich unter" den Bewerbern sogleich diejenigen, welche den Staatsdienst als eine dem Ta- lent, der Liebe fürs Gemeinwohl und dem Ruhme eröffnete Laufbahn betrachten, von denen unterscheiden, welche nicht den Staat, sondern nur das Geld lieben. Leßtere werden dann bald verschwinden.‘

Die in den leßten Tagen hier unter den Handwerkern und Fabrik-Arbeitern statt gefundenen unruhigen Bewegungen haben Herrn Karl Dupin, der als Professor an der Kunst- und Gewerks-Schule sich das Vertrauen jener Leute immer zu erwerben wußte, veranlaßt, eine öffentlihe Ermahnung an dieselben bekannt zu machen. Unsere Zeitungen theilen dieselbe auszugsweise mit; es heißt darin: „Meine alten und lieben Freunde! Nicht sowohl, weil Jhr tapfer gewesen seyd, müssen wir Euch loben; Jhr waret es, wie die Fran- zösischen Handwerker es waren, welche unsere Bataillone bei Jemappes und Fleurus, bei Arcole und Marengo, bei Au- sterliß und Jena bildeten; Jhr waret tapfer, wie es nicht anders erwartet werden fonnte. Aber Jhr zeigtet Euch auch uneigennüßig, da Viele unter Euch sind, die Weib und Kinder und nichts als ihren Arm haben, um sich und ihnen- das Le-

ben zu fristen, indem Jhr alle menschènfreundlich gegen die |

waret, die auf Euch geschossen hatten; so wie Jhr sie entwaff- net hattet, war Euer Zorn auch gleich erstickt, und Euer durch und durch Französisches Herz hat ihnen fein Leids an- thun fönnen. Es ist dies etwas Erhabenes, das Euch über alle Völker stellt, die ihre Freiheit mit den Waffen in der Hand, in den Straßen, Häusern und auf den Pläten einer Stade; die den Schrecken eines Bürgerkrieges preisge- geben war, sih errungen haben. Nicht durch Euren Arm blos durch Eure Herzen ‘habt Jhr Euch Ehre und Ruhm erworben. Bewahret diese Ehre, diesen Ruhm, als den s{chdönsten Preis Eures Sieges; bewahret sie für Euch, Eure Frauen und Kinder. „Seid ferner- hin eben so tapfer ,// braucht Euch kaum gesagt zu werden;

doch was mehr sagen will: seyd eben so gut, eben so gemä-

ßigt, eben so Herren Eurer selbst, als wenn ein ganzes Ar- mee-Corps auf Euch losschießen wollte. Durch die Ge- walt hat man Euch nicht besiegen können, doch dur den Verrath will man es jeßt; wir wissen es, Eure Feinde ge- riethen in Verzweiflung, als sie Euer weises Benehmen sa- hen, das Euch Bewunderung und Liebe erwarb, während sie darauf gerechnet hattet, daß Eure Ausschweifungen Euch A und Verachtung zuziehen würden. Jebt wollen sie sich Mühe geben und thun es bercits, um Eure Gemüther durch treulose Rathschläge zu vergiften. Was predigen sie Euch

jet? Jhr. sollt die Maschinen zerbrehen! Jhr-

würdet dann mehr Arbeit haben, sagen sie. Wer aber, meine Freunde, soll Euch denn Arbeit geben, wenn Jhr den Fa- brif- Herren, die Jhr zu Grunde richtet, die Mittel nehmt, sie Euch zu schaffen? Vor hundert Jahren hatte Frank- reich fast gar keine Maschinen, und was verdiente damals wohl der Handwerker? Schenkt man den Maschinen-Feinden Glauben, so schwamm der Handwerker jener Zeit im Golde. Doch nichts, meine Freunde, war weniger als dies der Fall; der arme Französische Handwerker fonnte sich damals faum Schuhe und Strümpfe oder Wäsche anschaffen ; feine Möbeln hatte er im Hause, ja, es fehlte ihm ost der Sinn, seine alten zer- rissenen Kleider ausbessern zu lassen. So unglücklich war seine Lage, als der Gewerbfleiß noch keine Maschinen besaß. Vierzig Jahre sind es jest her, daß die Revolution begann, daß Eure Väter die Bastille einnahmen, die niht etwa von Königl. Garde - Regimentern, sondern von einem Häuflein Invaliden vertheidigt wurde; fragt nun einmal unsere Greise, ob der Handwerker damals eben so gut gekleidet und häus- lih eingerichtet war, ob er eben so gute Nahrung hatte, als jet? Man wird Euch die Frage verneinen. Und doch zählte Paris im Jahre 1789 zehnmal weniger Mechaniker und Maschinen, als im Jahre 1830. Vernichtete man jeßt diese s{chônen Justrumente eines vervollkommneten (Bewerbfleißes, durch welche Frankreich alles das erzeugt, was Euer Wohl- seyn und seinen Glanz ausmacht, so hätten wir nichts mehr, was unser Vaterland úber das Land der Neápoliraner, Spa- nier. und Portugiesen stellte. Jn der Weise ihrer Armen, ihrer Handwerker und ihrer Lazzaronis müßtet Jhr barfuß und ohne Kopfbedeckung uniberlaufeh, Doch Ihr würdet noch unglücklicher als diese alles Gewerbfleißes beraubten Merischen seyn, denn Jhr hättet nicht, gleich ihnen, eine

südliche Sonne, die Euch das Herabsinten zum Thiere und.

die Nacftheit erträglich machen könnte. Am Schlusse dieser Ermahnung fordert Herr Dupin die Leute auf, nur

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zu geseblihen Mitteln ißre Zuflucht zu nehmen und darauf zu rechnen, daß die dermalige Landes-Verwaltung, die den aï- beitenden Klassen besonders zugethan sey , Alles thun werde, um gerechten Ansprüchen und Beschwerden abzuhelfen.

Die Stadt Paris gab gestern Nachmittag um 6 Uhr dem General Lafayette im Präfektur - Gebäude ein Festmahl von 350 Couverts. Der Moniteur giebt darüber folgende Relation: „Unter den eingeladenen Gästen befanden sih die Minister, viele Pairs und Deputirte, Mitglieder der verschie- denen hohen Behörden, der vier Afademieen des Französischen Instituts, die Befehlshaber der hiesigen Truppen und der National-Garde, Zöglinge der polytechnischen , der tnedizini- schen und der Rechts\chule u. \. f. Auf der einen Seite des Saales stand die Büste des Königs, von Trophäen und drei- farbigen Fahnen umgeben, auf der anderen war cin lebens- großes Bildniß des General Lafayette, von dreifarbigen Flammen beleuchtet, auf einem Socfel aufgestellt. Während der Tafel wurden mehrere Instrumental- und Vokal-Musiken aufgeführt, und der Sänger Nourrit trug. einige Couplets auf den Veteran der National-Garde vor. Beim Dessert er- hob sich der Präfekt des Seine-Departements, Graf v. Laborde, und brachte folgenden Toast aus : „Der Französischen Nation und dem Könige der Franzosen. „Der zweite vom General Lobau ausgebrachte Toast galt dem General Lafayette. Beide Gesund- heiten wurden von der Gesells, chaft mit dem größten Enthusiasmus aufgenommen. Der Held des Festes erhob sich hierauf und hielt im Wesentlichen folgende Rede: „Meine theuren Mitbürger! Mit fréudiger Rührung danke ich Jhnen für die Weise, mit der Sie den von meinen ehrenwerthen und patriotischen Kol- legen in Jhrem Namen ausgebrahten Toast aufgenommen haben. Als die Bevölkerung von Paris sich freiwillig erhob, um ihre unverjährbaren Rechte wieder zu erobern, erinnerte sie sich eines alten Dieners der Volkssache. Indem sie mich zu ihrem Anführer ernannte und meinen Natnen ihren Sie- gen zugesellte, hat sie die wehselnden Schicksale eines gan- zen Lebens belohnt. Dieses im Kampfe so große Volk hat sich dur seine Großmuth noch größer gezeigt. Jeßt ist es seinen wahren Jnteressen gemäß, daß auf den Sieg Ordnnng eintrete. Schon haben sich die Meinungen aller Vaterlands- freunde um. den constitutionnellen und populairen Thron ver- einigt. Der Freudenruf der Hauptstadt und die, Berichte aus allen Departements beweisen, daß diese Wahl -allgemei- nen Beifall findet, Wenn über viele andere Punkte verschie- dene Ansichten herrschen, so können sich alle Meinungen frei äußern, und die Presse ist da, um die Staatsmänuer und die Bürger aufzuklären und zu benachrichtigen. Jch kann Jhnen aber eine Bemerkung; welche die Frucht vieljähriger Erfahrung ist, nicht vershweigen. Die Nation siegte: auch im Jahre 1789; die natúrlichen und gesellschaftlichen Rechte wurden organisirt, die Gewalt vermochte nichts gegen uns. Damals entstand aber das traurige System des Zwoiespalts und.

der Anarchie, dessen unselige Folgen Sie fennen. Der gesunde -

Sinn der jeßigen Generation wird uns vor einer Rúckkehr dieses Unglücks. bewahren; hr Benehmen in den großen Tagen des Ruhms und der Freiheit hat den Unterschied zwi- schen Jhnea und der früheren Generation ‘gezeigt , die einst erstaunte , als sie vernahm, daß sie Rechte und Pflichten habe. Sie siad die Kinder, die Zöglinge der Revolution. Von so vielen. angesehenen Männern umgeben, deren Anblick manche Erinnerung der Liebe, der Dankbarkeit und der Ach-

tung in mir zurürust, und unter denen ich mich freue, un-

sere Barrifkaden- Helden zu sehen, vom Magistrate der Haupt-

stadt zu diesem patriorischen Gastmahle eingeladen, fühle ich,

daß man der Pariser National-Garde einen Beweis der Zu- neigung in der ‘Person eines Anführers geben wollte, der sih stets der Civil-Behörde ehrfurchtsvoll unterordnete. Wie vermöchte ih aber, die Gefühle meinez Herzens Allen und Jedem auszudrücken? Jch beschränke mich daher, Jhnen fol- genden Toast vorzuschlagen: „„Der glorreichen Éinwohnerschaft von Paris‘/! - Die ganze Versammlung und das Orchester stimmte.in diesen Ausruf, mit dem das Fest bes{chlo}en wurde, enthusiastisch ein.“

In Angers, Laval und andern Städten haben fast sämmt- liche Mitglieder der Gerichtshöfe erster und zweiter Jnstanz

‘thren Abschied genommen.

Einer Königl. Verordnung vom vorgestrigen Datum zu- folge, soll ein Kavallerie - Regiment unter dem Namen ¡Dre leansshe Uhlanen ‘‘ errichtet -werden , das aus sechs Schwa- dronen mit 50 Offizieren und 762 Mann bestehen wird. Das Regiment wird übrigens denselben Sold erhalten, wie die andern leichten Kavallerie-Regimenter. |

General-Lieutenant Clausel ist zum Oberbefehlshaber der Armee in Afrifa ernannt worden. Der ihn dorthin beglei- tende Generalstab besteht aus den General-Lieutenants Delort,

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und Royer, den General - Majors Cassan und Froment und mehreren Obersten , Majors und Hauptleuten. “Zum Gene- ral - Polizei - Jnspeftor in Algier ist Herr Roland de Bussy,

zum General - Jnspekftor der Finanzen Herr Fougeroux und zum Secretair des Oberbefehlshabers Herr -de Caze ernannt.

Das Aviso de la Méditerrannée meldet aus Al- ier vom 31. Juli: „Am 26sten wurde der Leichnam des djutanten des Grafen Bourmont, Herrn von Trelan , der

im Gefechte bei Belida gefallen ist, feierlih zur Erde bestat- | _nersten davon ergriffen wurden, erkläre ih, daß die Grund-

tet. Die Todtenmesse wurde in der Moschee der Kassaubah gelesen. Man hat eine Verschwörung gegen die Franzosen entdeckt, die von den zurückgebliebenen Türken mit den Ara- bern und Mauren in der Stadt und in der Umgegend an- gezettelt war. Sämmtliche Türken sollen nunmehr entfernt werden. Man war hinsichtlih derselben sehr unvorsichtig zu Werke gegangen. Die Türkische Besaßung von Algier wurde stets auf 8000 Mann geschäßt, und dennoch hatte man nur 2000 derselben eingeschifft. Die Absendung derselben nach Smyrna mar. beendigt; die Gabarre „Robuste‘/, die am 25sten d. unter Segel ging, hatte die lebten am Bord. Aber bald bemerkte man Einverständnisse zwischen den Einwohnern der Stadt und den außerhalb befindlichen Beduinen ; einige unserer Soldaten wurden ermordet gefunden, und die júdische Polizei entdeckte den Plan zu einer Revolution; dieser wurde aber vereitelt. Unter die von uns getroffenen Vertheidigungs- Anstalten gehört auch die, daß man die Kassaubah isolirt hat, indem die diese Citadelle mit der Stadt verbindenden Häuser

niedergerissen wurden. Gegen die Türken sind strenge Maß- | regeln ergriffen. Die Fregatte ¡¿Proserpina“/ geht heute mit 360 von ihnen nach Smyrna ab. Es werden viele Häuser

eingerissen, um die Straßen breiter zu machen und einen Sammelplaß fúr ‘die Truppen zu haben. Wir haben hier jebt fünf Speisehäuser und mehrere Kaffechäuser und Billards. Unter den Gasthöfen sind das Hôtel des Ambassadeurs und das Hôtel de Malte die besten; im ersteren speisen täglich 60—80 Personen. an der table d’hôte.‘/

Die Regierung hat Nachrichten aus Algier bis zum A. August erhalten , welche befriedigender lauten sollen - als die von den Blättern nah Privatbriefen gegebenen. Die Anzahl der Kranken der Armee soll sih nicht über 3600 be- laufen. Der Ueberfall bei Belida hat keine \{chlimmen Folgen gehabt, und es sind Maßregeln genommen, um die Aufrührer zu bestrafen und neuen Versuchen dieser Art vokzubeugen. Die Verordnungen vom 25. Juli waren am 4ten d. M. in Algier bekannt und brachten unter dem Heere große Aufre- ‘gung hervor. Eine gestern Abend angefommene telegraphische Depesche hat Nachrichten“bis zurn 8ten d. M. gebracht; der Moniteur enthält jedoch noch nichts darüber.

Paris, 17. August. Gestern Vormittag hielt der Kö- nig einen 2zstündigen Minister - Rath, nah dessen Beendi, gung Se. Majestät mit dem Großsiegelbewahrer arbeiteten. ‘Die Professoren des Pflanzengartens, so wie Deputationen der Städte St. Germain und Versailles, hatten Audienzen beim Könige.

Der Baron Fain und Herr Oudard sind zu Kabinets- Secretairen des Königs ernannt worden.

Nachrichten aus Cherbourg zufolge, die das Ministerium gestern Abend erhalten hat, wollten Se. Majestät Karl X. Pie l6ten um 2 Uhr Nachmittags in jenem Hafen ein-

iffen. C

Jn der Pairs-Kammer hat gestern keine Sißung statt- gefunden; der nächste Sißzungstag ist noch nicht angeseßt. Die Deputirten versammelten sich gestern in ihren Büreaus, um die beiden (gestern mitgetheilten) Wahl - Gese6 : Entwürfe zu prüfen. Heute findet eine öffentliche Sißung statt, in welcher verschiedene Kommissionen ihren Bericht abstatten, und mehrere Deputirte Propositionen, die sie in den leßten Ta- gen auf das Büreau niedergelegt hatten, entwickeln werden.

Der Herzog von Montmorency-Laval, zule6t diesseitiger DBotschaftèr in London ¿ hat das nachstehende Schreiben an den Präsidetüiten der Pairs-Kammer erlassen :

Paris, 11. August 1830. Mein Herr Präsident! Als Pair von Frankreich ist es mir nicht länger erlaubt, über die Gräünde zu s{chweigen, die mi veranlassen, an den Geschäf- ten der hohen Kammer feinen Theil zu nehmen; erzeigen Sie mir die Ehre, bei ihr einen Dolmetscher fúr mich abzu- geben. Zwei große Pflichten habe ih zu erfüllen. Einmal muß ih, nach allen meinen Neigungen, und ich möchte fast sagen, nach Erinnerungen, die in meiner Familie erblich sind, das widrigste aller Geschicke theilen. Seit 16 Jahren Franzô- sischer Botschafter bei den großen Europäischen Höfen , habe ch nur eben erst zum leßtenmale die Hand des Fürsten ge-

fußt, der mich, gleich seinem erhabenen Bruder, mit jenen |-

hohen Aemtern bekleidet hatte. So lange noch ein Herz irm meinem Busen schlägt, werde ih es mir zur Ehre und zum Ruhme anrechnen, die drei Königl. Generationen, die jeßr mühsam der Verbannung entgegen ibi mit aller Hingebung und Erkenüt- lichkeit, deren ih fähig bin, zu achten und zu lieben. Aber noch eine andere nicht minder heilige Pflicht habe ih gegen das Vaterland zu úben. Gleich dem edeln Herzog (Fiß-Ja- mes), der sich gestern gegen Sie mit einem so eindringlichen Tone der Wahrheit vernehmen ließ, daß Sie in Jhrem Jn-

züge der Charte Ludwigs XVII. glorreichen Andenkens tief in meinem Herzen eingegraben sind und unbedingt fúr immer darin fortleben werden. Durch meine diplomatischen Functio- nen außerhalb Landes zurückgehalten, hat nie ein ein iges méei- ner Worte, nie eine einzige meiner Schriften die Aufrichtig;- keit dieses politischen Glaubens - Bekenntnisses Lügen gestraft. Der bewundernswerthe Wohlstand der \{chdnen Nation, mit der ich noch vor wenig Tagen freundschafcliche Verbindungen zu unterhalten beauftragt war, bietet nur durch den herrlichen Einklang der Rechte des Thrones mit denen des Volkes eine solche Fülle von Glanz und Macht dar. Gewiß hat dieses große Schauspiel meine Ueberzeugung nicht schwächen können. Wenn. ih daher auch den Grundsäßen beitrete, die gestern von meinen edeln Freunden verkündigt worden sind, so fann doch mein Verhalten dem ihrigen nicht glei seyn. Ich kann mich nicht dazu entschließen, weder mit meinen Kollegen, noch mit mir selbst, über einen neuen Eid zu berathschlagen, der meine alte Treue gänz de- jonders so lange beunruhigen muß, als die wankenden Schritte Karls X. und seiner flüchtigen Familie noch Frankreichs Bo- den berühren. Nicht der Oppositionsgeist, die Ehre schreibt mir dies Verfahren vor; sie, die dem Charakter des Fran- zojen angeboren, ven meinem Namen unzertrennlich ist und die Richtschnur meines ganzen Lebens war. Es ist hier nicht die Rede von einem ohnmächtigen Widerstande gegen ein System, das in dem Schiffbruche, welchen die Monarchie erlitten, noch als Franfreichs einziger Hoffnungs - Anker er- scheint. Mich leitet nur ein richtiges Gefühl der Ehrfurcht

für das Unglúcf und der Liebe für ein Königsgeschlecht, dem

ich bis an mein Lebeñnsende dienen zu fönnen geglaubt hatte. Jch erwarte von der Zeit und der Zurückgezogenheit, daß sie mir den Pfad, den ich künftig wandeln soll, zeigen werden. Empfangen Sie u. \. w. \ (gez.) Montmorency - Laval.‘

Gestern versuchten abermals einige Unruhestifter die Fabrik-Arbeiter gegen die Regierung aufzureizen; ses der- selben sind verhaftet und nah der Polizei - Präfektur ge- führt worden. Der Polizei - Präfekt hatte gestern früh in den verschiedenen Stadtvterteln die Ermahnung anschlagen lassen, die Herr Karl Dupin an die Fabrik - Ar- beiter - der Hauptstadt gerichtet hat. (Sièthe oben) Das Journal des Débats äußert sich über die Unruhen der leßten Tage folgendermaßen: „Es ist nicht zu verwun- dern, daß nach den großen Begebenheiten, deren Zeugen wir gewejen sind, noch zuweilen an dentlichen Orten Volks-Auf- läufe statt finden. Daß Adressen in etwas ungehörigen For- men an die Behörden gelangen, erklärt si sehr natúrlich entweder aus der Stimmung der Gemüther oder aus den Aufheßungen gewisser Leute, die das Volk gern zu Unruhen verleiten möchten. Das Volk, verlangt aber nach Arbeit, niht nach Aufruhr; seine Geschäftslosigkeit aüein ist ihm drückend; es will die Arme, die eben erst die Freiheit errun- gen haben, jeßt nicht ‘in den Schooß legen. Wenn éinige

Wünsche , einige Ausdrücke dieses Maaß überschritten haben,

so waren es die Wünsche der Feinde des Vaterlandes. Fn : jenen Volks - Aufläufen liegt daher durchaus fein ernstlicher Grund zu Besorgnissen für den Kaufmann und Eigenthü- mer der Hauptstadt. Am 15ten Abends machten die Lehr- linge des Schlächter-Gewerks bei Fackelschein und unter dem Schalle der Musik einen Umzug durch die Stadt; sie A eine dreifarbige Fahne mit sih, welche -auf der einen eite die Inschrift: „Die Charte wird hinführo eine Wahrheic

seyn‘, auf der andern die Worte: „Freiheit des Handels‘

enthielt. Dies sollte ohne Zweifel eine Reclamation gegen - die Einschränkungen des Gesebes in Bezug auf den Fleisch- handel seyn. Gut! diese Reclamation wird in Erwägung ge- zogen werden. Der König und beide Kammern haben jebt einen Wink erhalten. Die Gesellen der Sattler und Wagen- Fabrikanten hatten vorgestern ebenfalls eine Versammlung auf dem Montmartre, um von dem Staate zu verlangen, daß er alle Ausländer von ihrer Profession fortschicte, da ihre Meister denselben einen ungerechten Vorzug gäben. Eine solche Forderung scheint uns unzulässig ; sie ist dem Rechte der Gastfreiheit, so wie dem wahren Interesse. des Parifer