1874 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Oct 1874 18:00:01 GMT) scan diff

mit blinden Scheiben nah dem Bodenraum zu unter dem großen Glasdache liegen. Kleine Nebenräume für Kommissionszimmer 2c. find noch in dieser Etage gewonnen worden, welche zeigen, wie sehr man bestrebt gewejen, Alles auszunußen. Was die sonstigen Verbesserungen betrifft, die theils dekorativer, theils praktisher Art sind, so isst in erster Linie zu er- wähnen, daß der Bundesraths\aal gründlih renovirt und mit Wasserheizung versehen wurde. Im Sizungssaale sind die bisherigen Gipsornamente durch \olhe aus Steinpappe er- sezt; an Stelle der feuergefährlihen Füllöfen find Kachelöfen aufgestellt, nur der große Saal in der zweiten Etage und die darunter liegenden Bibliothekräume haben Luftheizung erhalten.

Nachdem gestern Vormittag die Unterzeihnung des Post-Unionsvertrages erfolgt war, fand heute Nachmittag noch eine Shlußsißung des internationalen Postkongresses in Bern ftatt, in welcher der {hweizerishe Bundesrath Borel die hohe Bedeutung des vollendeten Werkes hervorhob und allen Kongreßmitgliedern für ihre bei den Berathungen bewiesene Ausdauer dankte. Nah ihm nahmen noch der englische, der amerikanishe und der spanische Delegirte, sowie der General- Postdirektor Dr. Stephan zu kurzen Erwiderungen das Wort.

i Die Erklärung des franz en Delegirten Besnier, welcher zufolge auch die demnächstige Beistimmung Frankreihs zu dem Unionsvertrag zuerwarten steht, lautet nah der „N. Zürch. Z.“ :

„In der Sihung vom 30. September drückte der Kongreß einstimmig auf eine Motion von Hrn. Vinchent den Wunsch aus, ih möchte bei meiner Regierung um neue Instruktionen einkommen, damit ih unter besonderen Vorbehalten die Ermäch- tigung erhalte, den allgemeinen R mit unterzeichnen zu Fönnen. Diesem Wunsche bin ich nachgekon: men, und es erklärt meine Regierung, daß fie, bei voller Würdigung der \sympathi- \{hen Motion des ehrenwerthen belgischen Delegirten und des hierauf erfolgten einstimmigen Wunsches des Kongresses, heute mit Rücksicht auf die Lage der Dinge troßdem noch niht im Falle sei, den Vertrag mit unterzeihnen zu können, da sie fi in die Nothwendigkeit versezt sehe, den Vertrag und die dur die Resolutionen erhobenen Fragen der Nationalversammlung, welhe der Souverän ist, zu unterbreiten. Indessen hat mih meine Regierung ermächtigt, Ihnen folgende Erklärung abzugeben:

„Die französische Regierung anerkennt gerne die liberalen Gefühle, welche den Kongreß bei den meisten der von ihm angestrebten Re- formen bescelte. "Es glaubt auch die Regierung, dieser Stimmung am besten dadurch Ausdruck gegeben zu haben, daß sie den vom Kongresse gefaßten Beschluß, den nächsten Kongreß in Paris zu versammeln, angenommen hat, und sie hofft, daß sie bald im Falle fein werde, fich den Mächten, welche ihre Zustimmung zum Vertrage geg?ben haben, inniger anschließen zu können."

Der §. 17 des Gesezes vom 21. Mai 1861 bestimmt in Bezug auf das Strafverfahren wegen unterlassener An- meldung zur Gebäudesteuer: „Die Untersuhung und Entscheidung steht dem Gerichte zu, „wenn niht Derjenige, wel- her der Verlegung beschuldigt wird, binnen einer von dem Landrathe, bez. von dem Gemeindevorstande zu bestimmenden Frist den ihm bekannt gemachten Strafbetrag freiwillig zahlt.“ In Beziehung auf diesen Paragraphen fällte der Dber-Tri- bunals-Senat für Strafsachen in seiner Sizung vom 16. September cr. die Entscheidung, daß das in der angeführten Bestimmung angeordnete Submissionsverfahren, welches dem gerichtlihen Verfahren voranzugehen - hat, gegen die- selbe Person zu rihten sei, gegen welche sodann die gericht- liche Verfolgung gerichtet wird und es ni cht genügt wenn diese Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied einer Behörde oder des Vor- standes einer Korporation die Anmeldung zur Gebäudesteuer unterlassen daß die Submissionsverfügung an die Behörde, resp. Korporation erlassen worden. In der Stadt S. wurde im

Jahre 1864 eine städtische Gasanstalt erbaut, welhe nach der Ansicht der Steuerbehörde der Grundsteuer unterliegt. Da die vorgeschriebene Anzeige niht erfolgt war, \o wurde im Jahre 1872 vom Königlihhen Landrathsamte in S. die in der oben an- geführten Bestimmung vorgeschriebene Submissionsverfügung an den Magistrat daselbst erlassen, worauf jedoch Zahlung niht erfolgte und aus diesem Grunde die strafrehtlihe Unter- \suchung gegen den Bürgermeister N. und die übrigen Mitglieder des Magistrats eingeleitet wurde. In erster Instanz wurde aus- \chließlih Bürgermeister N. und in zweiter Instanz zugleih mit ihm der Beigeordnete I. wegen Gebäudesteuer - Vergehens verurtheilt, Auf die von beiden Angeklagten eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde vernichtete jedoh das Ober-Tribunal das Erkenntniß der zweiten Instanz und erklärte das gerichtliche Strafverfahren zur Zeit für unstatthaft. „Die Submissions- verfügung ist, wie das Ober-Tribunalserkenntniß ausführt, an den Magistrat zu S. als Vertreter der Stadtgemeinde erlassen und behändigt worden, die Strafverfolgung hingegen is nicht gegen den Magistrat oder die Stadtgemeinde, sondern gegen ein- zelne Mitglieder des Magistrats gerihtet worden. Es kann nicht anerkannt werden, daß hierdurch, wie der Appellationsrichter meint, dem Zwecke des §. 17 des Geseßes vom 21. Mai 1861 genügt sei. Der Zweck der Bestimmung is : die Möglichkeit der Abwen- dung des Strafverfahrens durch die freieUnterroerfung des Beschul- digten. Diese freie Unterwerfung auf Grund eigner Entschließung kann nit herbeigeführt werden dur die an ein Magistratskollegium gerichtete Aufforderung, in welcher dieses Kollegium selbst oder die von ihm vertretene Gemeinde, nicht aber die einzelnen Mit- glieder des Kollegiums als Beschuldigte erscheinen. Die Nicht- zahlung des geforderten Betrages durch den zur Zahlung aufgeforderten Magistrat konstatirt nur daß die Kommune die Zahlung verweigert, nicht daß dies Seitens der einzelnen Magistratsmitglied er ge\chieht, vielmehr kann der Fall eintreten, daß der Magistrat die Nichtzahlung gerade aus dem Grunde beschließt, weil er nit die Stadtgemeinde, sondern einzelne Mitglieder seines Kol- legiums für zahlungspflihtig erachtet.“

Die Sektion 168 Berlin der top ographischen Karte des preußishen Staates in 1: 100,000; Kupfer- ftich mit illuminirten Kreisgrenzen und Gewässern, welhe mit den bereits früher erschienenen Blättern Spandow, Potsdam und Köpenick eine zusammenhängende neue Karte über die Umgegend von Berlin, nah den in den Iahren 1867 bis 1874 ausgeführ- ten Aufnahmen des Generalstabes bearbeitet, bildet, ist soeben erschienen. Die genannten vier Kartenblätter umfassen einen Flächenraum von p. p. 68 Quadratmeilen. Die Sektion Berlin ist durch die Simon Schroppsche Hof-Landkartenhandlung in Ber- lin zu beziehen. Auch die Sektionen der topographischen Karte vom preußishen Staate in 1: 100,000 Nr. 151 Oranien- burg und 152 Neustadt-Eberswalde im südlichen Theile, sowie die Sektionen Nr. 200 Luckenwalde und 201 Baruth im nördlichen Theile find auf Grund der neuen Aufnahme um- gearbeitet worden und in dieser neuen Bearbeitung ebenfalls durch die Simon Schroppsche Hof-Landkartenhandlung zu be-

Der Königlih großbritannische Botschafter, Lord Odo Rusfs\ell, ift mit seiner Familie hier wieder eingetroffen.

Der Kaiserlich türkische Botschafter Aristarhi Bey is von seinem Urlaube zurückgekehrt und hat seine Funktionen wieder übernommen.

_— De Königlih \ächsishe Gesandte und Bundesbevoll- mächtigte von No stiß-Wallwiß ift am 8. d. M. von seinem Urlaube hier wieder eingetroffen.

_— Der General-Major und Commandeur der 1. Fuß- Artillerie-Brigade Weigelt hat sih zur Besichtigung der Artillerie- Depots und der Festungen im Bereiche der genannten Brigade auf Dienstreisen begeben.

__— Der bisherige Spezial-Kommissarius in Lippstadt, Re- gierungs-Affe}sor Sterneberg, is als Hülfsarbeiter in das Kollegium der General-Kommission zu Münster eingetreten.

Potsdam, 9. Oktober. Der Ober - Regierungs - Rath Braun isst in das hiesige Regierungs - Kollegium eingeführt worden und hat seine Dienstgeschäfte als Dirigent der Abthei= lung für Kirchen- und Schulwesen übernommen.

Cöln, 9. Oktober. (W. T. B.) Erzbischof Melchers is heute Mittag 1 Uhr aus der Haft entlassen worden, nachdem er 6 Monate 9 Tage der ihm zuerkannten Gefängnißstrafe verbüßt hat, der Rest der gegen ihn erkannten Strafen aber theils dur den Erlös aus dem ihm abgepfändeten Mobiliar, theils durch die innebehaltenen Raten des für ihn fällig gewordenen Gehalts als getilgt zu betrachten ift. ®

__ Neuwied, 2. Oktober. Die Beschlüsse der XV. rhei- nischen Provinzial-Synode, betreffend die Stellung der rheinischen Provinzialkirhe zu der bevorstehenden außer- E i General-Synode, lauten nah der „Köln. Ztg.“ wie folgt: | 1) Die Provinzial-Synode erkennt mit dankbarer Freude an, daß ihre oft vorgetragenen dringenden Wünsche hinsichtlich der Organisation der evangelischen Landeskirche nunmehr durch den Allerhöchsten Erlaß vom 10, September 1873, betreffend-die Einführung der Kirchengemeinden und Synodal-Ordnung für die sechs östlichen, sowie die Berufung eincx außerordentlichen General-Synode für die acht älteren Provinzen, ihrer Ersüllung entgegengeführt worden sind, und drückt noch besonders ihre hohe Besriedigung darüber aus, daß die genannten Ordnungeu auf dem in der rheinis{-westfälischen Kirche altbewährten presbyterial- synodalen Prinzip beruhen.

__2) Indem fie in die Mitarbeit an der Reorganisation der Landes- kfirhe durch Entsendung der ihr zugestandenen Anzahl von Deputirten freudig eintritt, bittet sie ein Hohes Kirchenregiment ehrerbietigst, in dem über die definitive Ordnung der General-Synede vorzulegenden Entwurf das presbytertal-synodale Prinzip der Gleichberechtigung der Provinzial-Synoden zur Geltung kommen zu lassen, nur mit einer billigen Berüdcksichtigung der größeren Provinztalkirchen, wie sie der den größeren Gemeinden resp. Kreis-Synoden in den betreffenden Ordnun- gen für die östlichen Provinzen gewährten Bevorzugung entspricht.

3) Die Provinzial-Syuode erwartet, daß dur die eingeleitete Reorganisation der Landeskirche die Selbständigkeit derselben gegen- über dem Staate zu der innerhalb der verfassungsmäßigen Grenzen möglichen Ausprägung gelange.

4) Sie hofft, daß es unter Gottes Beistand gelingen werde, eine zum Heile der Kirche gereichende Grenzbestimmung zwischen der Kom- petenz der General-Synode und derjenigen der Provinzial-Synoden zu treffen. Sie ist gern bereit, alle zur Herstellung ciner kraftvollen Einheit der Landeskirche erforderlichen Opfer zu bringen, hält aber die Wahrung einer damit wohlverträglichen provinziellen Selbständigkeit, namentlich in Békenntuiß, Kultus und Verfassung, für nothwendig.

__9) Sie beshickt die au erördentliche General-Synode nicht unter Rechtsverwahrungen oder Bedingungen, jedo in der bestimmten Vorausseßung, daß die in rechtlicher Geltung stehende rheinisch- westfälishe Kirchenordnung nicht einseitig von der General-Synodz, sondern nur unter Zustimmung der Provinzial-Synode abgeändert werden darf. Auch betrachtet sie es im Hinblick auf die Bestimmung des §. 65, 3 der Kirchengemeinde- und Synodalordnung für die sechs östlichen Provinzen als selbstverständlich, daß das der rheinish-west- fälischen Kirche in ihrer Kirchenordnung bereits zugestandene Recht, daß ueue Katechismen, Religionslehrbücher und Gesangbücher ohne Zustimmung der Provinzial-Synode nicht eingeführt werden dürfen, ihr auch bezüglih der Einführung neuer agendarischer Normen, wie dur das hohe Kirchenregiment faktisch bereits zugestanden, auch recht- lich zugesprochen wird.

6) Sie beschließt, eine Revision unserer Kirchcnordnung mit be- sonderer Rücksicht auf die für die östlichen Provinzen erlassenen Ord- nungen und auf die demnächst zu erwartende definitive Ordnung einer General-Synode vorzunehmen, mit dieser Arbeit eine Kommission, be- stehend aus, dem Moderamen und drei anderen Mitgliedern , zu beauf- tragen und nah eingeholtem Gutachten der Kreis-Synoden in nächster Provinzial-Synode darüber zu beschließen.

Bayern. Münthen, 8. Oktober. Der zum Attaché bei der hiesigen Königlich preußishen Gesandtschaft berufene Graf Herbert v. Bismarck ist, wie die „Allg. Ztg.“ meldet, gestern hier eingetroffen und hat seinen Posten bereits ange- treten. Der württembergishe Gesandte Frhr. v. Baur- Breitenfeld ist von Wien hier angekommen.

Der protestantishe Pfarrer Rodde hat sh heute nah Hohenschwangau begeben.

_ Das Nürnberger Hülfs-Comité für die Abgebrannten in Meiningen hat weitere 3000 Fl. nach Meiningen abge- \fandt. Die von dort abgegangenen Gaben überschreiten bereits den Betrag von 7500 Fl.

Sachsen. Dresden, 9. Oktober. Der feierlihe Schluß des Landtags wird durh den König morgen (Sonnabend) Mittags 1 Uhr in den Paradesälen des Königlihen Schlosses erfolgen. Nachmittags wird sodann im Königlihen Schlosse große Tafel stattfinden, zu welcher die Direktorien und sämmt- lihe Mitglieder der beiden Kammern geladen sind. Dem feier- lihen Schlusse des Landtags wird morgen Vormittags ein Got- etr in der evangelischen Hoffkirchhe vorausgehen, bei welhem Hr. Ober-Hofprediger Dr. Kohlshütter die Predigt hält.

In der Tut Mittagsfizung der Zweiten Kam- wer richtete vor Eintritt in die Tagesordnung der Abg. Dr. Biedermann die Frage an das Direktorium, ob demselben über den Termin des Landtags\s{hlusses etwas bekannt geworden sei, und deutete an, daß. eine Verlänge- rung des Landtags um einige Tage zur Erledigung der noch vorliegenden Petitionen und Beschwerden sehr wünschenswerth sein würde. Der den Vorsiy führende Vize- präsident Streit erwiderte, daß dem Direktorium als solchem bis legt keine offizielle Nachricht über den Landtags\chluß zugegangen sei. Staats-Minister v. Nostig-Wallwigz erklärte, die Regierung halte es für wünschenswerth, daß der Landtag nicht länger, als unbedingt nöthig, dauere, und hoffe fih in dieser Beziehung mit den Wünschen des Abg. Dr. - Biedermann und des Landtags zu begegnen. Was die rückständigen Beshwerden und Petitionen anlange, so hätte er es seinerseits E auch für wün-

ziehen.

dieser Petitionen und Beschwerden nihcht möglich sei, ohne den Landtag um 8 bis 14 Tage zu verlängern, so habe die Regie- rung geglaubt, daß das Interesse, den Landtag möglichst abzu- fürzen, doch ein größeres sei, uKd halte daher dafür, daß der Landtag, sobald die Geschäfte es irgend erlaubten, geschlossen werden möchte. Er hoffe, daß dies {hon morgen der Fall sein könne. In die Tagesordnung eingetreten, genehmigte die Kammer in der Shlußberathung den vom Präsidenten vorgelegten Entwurf einer Geschäftsordnung nach den wenig modifizirten Beschlüssen der Vorberathung und berieth sodann über Petitionen und Beshwerden. Hierauf gelangte ein eben eingegangenes Königliches Dekret zur Vorlesung, welches den Schluß des Landtags auf den 9. Dkto- ber 1874 und die feierlihe Verabschiedung der Stände auf den 10. Oktober 1874 festsezt. Schließlich erstattete die zweite Depu- tation mündlichen Bericht über einige eingegangene Eisenbahn- petitionen, welche, den Deputationsanträgen gemäß, theils als unzulässig verworfen, theils der Königlichen Staatsregierung zur Kenntnißnahme überwiesen wurden. Außerdem wurde auf An- trag der Deputation und nach einigen befürwortenden Bemerkur- gen der Abgeordneten Starke (Mittweida) und Querner die Staatsregierung zur Konzessionirung von zwei normalspurigen Sekundär-Eisenbahnen Wilkau-Kirhberg und Gashwiß-Plagwitz- Lindenau ermächtigt.

Heute Abend werden in beiden Kammern die Schlußfißzun- gen stattfinden.

(W. T. B.) Das neue Steuergeseyz isst zwischen beiden Kammern des Landtages heute nah den von der zweiten Kammer gefaßten Beschlüssen vereinbart worden. Ebenso haben beide Kammern ihre Zustimmung dazu ertheilt, daß die neue Bezirksordnung troy des. von dem Grafen von Schönburg dagegen erhobenen Protestes von der Regierung in Din Gräflih Sch önburgischen Besizungen eingeführt werde.

Bei der Königlich sächsischen Landes-Lotterie werden in Folge der mit dem 1. Januar nächsten Jahres in Gültigkeit tretenden Reihswährung mehrfache Aenderungen vor- gehen. Nah dem diesfallsigen Plane bleibt die Anzahl der Loose von 100,000 unverändert, ebenso das bisherige Verhält- niß der Gewinne, nämlich. die Hälfte. Hinsichtlih des Preises tritt eine Erhöhung ein; das ganze Loos kostet in bevorstehender 87. Landes-Lotterie durch alle fünf Klassen 156 Mk. und find auch dem entsprehend die Gewinne erhöht worden. Die Ge- \ammt-Bilanz beziffert sich in Einnahme und Ausgabe für die ganze Lotterie auf 14,508,000 ME.

Der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin ar es find heute Mittag nah Weimar ab- gereist. :

Hessen. Darmstadt, 8. Oktober. Von Seiten des Großherzoglichen Ministeriums der Finanzen is heute an die Stände des Großherzogthums und zunähst an die Zweite Kammer vie Proposition gerichtet worden, „die Zustimmung dazu zu ertheilen, daß die Gehalte der diesseitigen Beamten und Bediensteten bei der Main-NeXar-Eisenbahn für das Jahr 1874 und eventuell für das Iahr 1875 nach denselben Normen auf- gebessert werden, wie dies bei den sonstigen Gehalten im Civil- dienst geschehen is, also dergestalt, daß für alle Gehalte ein Sechstheil als Zulage bewilligt wird.“ i

9, Oktober. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat in ihrer heutigen Sizung beschlossen, die Mittel zum Bau des neuen Hoftheaters nah dem früheren Plane nebst den für erforderli erahteten Verbesserungen zu bewilligen, zugleich aber ausgesprohen, daß damit der Rechtsfrage wegen Bestreitung der Baukosten niht vorgegriffen werden solle.

Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 8. Oktober, Die Landesf\ynode is durch die Berathung eines allgemeinen Berichtes über die Lage der Kirche, den der Großherzogliche Kirchenrath ihr erstattet hat, in den Stand geseht worden, Fra- gen allgemeiner Art, über welche Vorlagen nicht in Ausficht standen, in den Kreis ihrer Berathungen zu ziehen. Namentlich gilt dies von der Stellung, welche den Geistlihen dur das neue Volks\hulgesez angewiesen wird. Dasselbe entzieht ihnen das bisher geübte Ret der Orts\schulaufsicht. In Folge dessen ward in der Synode die Frage an die Kirchenregierung gerichtet, ob nun auch die Pflicht zur Uebernahme der Ortsfhulaufsicht hin- fällig geworden sei, oder ob die Geiftlichen dazu gezwungen wer- den könnten. Die Antwort vom Regierungstishe ging dahin, daß ein Beshluß hierüber niht gefaßt worden \ei, weil die Kir- chenregierung überzeugt sei, daß die Geifilihen sich niht von einer Empfindlichkeit, sondern von der Erwägung ihrer Pflicht im Dienste der Kirche leiten lassen würden; kämen Weigerungen vor, \o würde dann darüber Beschluß zu fassen sein. Andere Anfragen Seitens einzelner Mitglieder der Synode und vollstän- dig formulirte Anträge betrafen das Aufsichtsreht der Kirche über den Religionsunterricht in der Volks\hule und die Stellung der Geistlihen im Schulvorstande. In ersterer Beziehung ward vom -Regierungstische die Zusicherung gegeben, daß der Kirche die bisherige Einwirkung auf den Religionsunterricht erhalten bleiben folle, da dieser die nähste Wahrnehmung dieser Inter- essen zustehe, wenn auch die oberste einheitlihe Aufsicht über die Schule allein dem Staate zustände. Die Stellung der Geist- lihen im Schulvorstande werde bei der Ausführungs- verordnung zum Volksshulgeseze nachdrücklih gewahrt werden. Andere Anträge bezogen s{ch auf die Errichtung von Diöcesansynoden, die gemeinsame Feier des Bußtags im Deutschen Reiche und die strengere Handhabung der auf die Sonntagsheiligung gerihteten Verordnungen. Ein Antrag auf Bestellung einer gemeinschaftlihen theologishen Prüfungskom- mission in Jena brachte eine \{chon in früherer Zeit angeregte Frage auf die Tagesordnung, die Frage der Vereinigung der Kirche in den thüringischen Landen, die allerdings die Voraus- sezung für- die erfolgreihe Wirksamkeit einer solchen Kommisfion ist. Seitens der Vertreter der Kirchenregierung war dem An- trage die ernsteste Erwägung zugesichert und die Möglichkeit angedeutet, daß die Synoden, die jezt wie in Weimar so auch in den anderen thüringischen Staaten in das Leben treten, eine solche Vereinignng am besten vermitteln würden.

Oldenburg. Oldenburg, 8. Oktober. Herzog Elimaxr, Commandeur des 1. Hannoverschen Ulanen - Regiments Nr. 13, ist, wie man der „Wes. Ztg.“ schreibt, am Gelenkrheumatismus erkrankt und wird zur Heilung eine längere Kur durhmachen. Gestern feierte der Stadtdirektor Wöbken sein 50jähriges Dienstjubiläum. 2

Sachsen-Coburg-Gotha. Coburg, 8. Oktober. Eine im gestrigen Regierungsblatte erschienene Verordnung be- stimmt zur Ausführung des §. 28 der Gewerbe- Ordnung, daß bei Errichtung von durch Wind bewegten Triebwerken die

\henswerth gehalten, daß gewisse Dinge noch im Schooße der Kammer zur Sprache gelangt wären, allein da eine Erledigung

Entfernung von benahbarten fremden Grundstü cken mindestens 50 Meter, von Haupt- und Kommunalstraßen mindestens 150

E werden,

rungen der Reblaus.

eter und von sonstigen Fahr- und Planwegen mindestens 100

eter in der Regel betragen muß. Dispensationen hiervon fann in bestimmten Fällen das Herzogliche Staats - Ministerium resp. das Herzogliche Landrathsamt ertheilen.

Reuß. Greiz, 8. Oktober. Der Fürst und die Fürstin find heute von Bückeburg hierher zurückgekehrt.

An die Stelle des in den Königlich sächsishen Staats- dienst wieder zurückgetretenen Regierungs- und Konsistorial- Präsidenten Meusel ist der Königlich preußische Regierungs: Na

aber zu Düsseldorf berufen worden und wird derselbe, dem Gernehmen nah, sein Amt alsbald antreten. :

Gera, 8. Oktober. Der Erbprinz is am 3. d. M. mit cinem Hofmeister Dr. Kühn nach Leipzig abgereist, um dort am gifolai - Gymnafium die weitere Ausbildung zu empfangen. Heinrich XXVIIL, Erbprinz Reuß j. L., „ist geboren am 10. No- vember 1858 i

Lübe, 7. Oktober. In heutiger Sizung des Bür ger- Aus\chusses wurde demselben vom Senate der längst er- wartete Antrag auf Korrektion des Trave-Fahrwassers vorgelegt. Nah demselben soll die stärkste Krümmung dur ¿nen Durchstih abgeschnitten und dadurh eine Insel hergestellt auf welcher das Petroleumlager, der Theerhof, Schiffs- werfte, Holz- und andere Läger Play finden würden. Der Durchstich wäre der Schiffahrt vorbehalten, der die anderen Sei- ten der Insel bildende jezige Lauf der Trave würde zu Lade- und Löschpläßen für Schiffe eingerichtet. Die Fahrt von Trave- münde bis Lübeck wird dur einen solchen Durchstih allerdings nur um etwa fünfzehn Minuten abgekürzt; allein durch die Beseitigung der Krümmungen wird auch der Uebelstand wegfallen, daß die langen Dampfschiffe so leiht auf- laufen, wie dies jeyt der Fall i, und neben dem eigenen Zeitverlust auch noch das Fahrwasser \perren. Da die Insel in einiger Entfernung von der Stadt (bei Schwartau) liegt, wird die Verbindung durch eine von der Eutin-Lübeer Bahn abzweigende , eventuell bis Travemünde zu verlängernde Eisenbahn hergestellt. Die Kosten werden auf etwa 2 Millionen K.-Mark veranschlagt. Der Bürgeraus\huß hat seine gutachtliche Erklärung über diesen Antrag auf seine nächste Sihung ausgeseßt, wird ihn aber ohne Zweifel unverändert der Bürgerschast zur Annahme empfehlen. Dasselbe hat er \{chon heute mit dem Senats-Antrage auf Aufhebung der städtischen Accise ge- than (dieselbe soll mit dem Beginn des nächsten Jahres weg- fallen), dagegen einen aus seiner Mitte gestellten Antrag auf Wegfall des Zuschlages zur Braumalzsteuer aus finanziellen Gründen mit Stimmengleichheit abgelehnt.

Hesterreich-Ungarn. Wien, 8. Oktober. Der Kaiser und die Kaiserin sind heute Vormittags von Schönbrunn nah Göódölló abgereist.

_— Die K. K. Eskadre unter der Flagge des Contre- Admirals Baron Sterneck, bestehend aus dem Kasematt\chif „Kaiser“, der Fregatte „Radetzky“, der Korvette „Dandolo“ und dem Schooner „Möve“, ist am 3. d. M., von Calamata kom- mend, im Hafen von Lissa eingelaufen. N :

Linz, 8. Oktober. Der Gesetzentwurf über die Abänderung der Paragraphe 12 und 14 der Landeswahlordnung erhielt im Landtage nicht die erforderliche Zweidrittel-Majorität; die Rechte stimmte dagegen. : 4 :

Graz, 8. Oktober. Im Landtage begründete Seidel seinen Antrag, die Regierung aufzufordern, einen Gesezentwurf zum Schutze der Weinproduktion einzubringen und die Kunst- Weinfabrikation \harf zu überwachen. Baron Washington be- gründete seinen Antrag auf Einleitung umfassender Vorkehrun- gen zum Schuße der heimischen Weingärten gegen: die MVerhee-

In der gestrigen Abendsigung des betreffend die Eintreibung

Triest, 8. Oktober. Landtaás wurde der Gesegentwurf, b : l von Verzugszinsen für Gemeindezuschläge, genehmigt und ein Memorandum an das Ministerium beschlossen, in welchem die baldige Vorlage eines Seegeseßbuch-Entwurfes urgirt Und er- sucht wird, internationale Vorkehrungen gegen Seeunglücke zu treffen. Sodann wurde die Debatte über §. 7 des Gesezent- wurfes, betreffend die theilweise Abänderung des städtishen Sta- tutes, fortgesezt. Nach lebhafter Debatte, in welher 6 Redner gegen und 83 für den Entwurf sprachen, wurde §. 7 im Sinne des Entwurfes mit 30 gegen 12 Stimmen angenommen. Hier- auf verließen die Abgeordneten des Territoriums den Saal.

%Srag, 8. Oktober. Kaiser Ferdinand isst heute Nach- mittag hier eingetroffen. ; S

Brünn, 8. Oktober. Kusy interpellirte im Landtage den Statthalter, ob ihm die in einzelnen Bezirken vorgekommene Beschlagnahme- von zur Unterschrift kursirenden Petitionen an den Landtag bekannt sei, und was er zum Schutze des dur die Grundgesege garantirten Petitionsrechtes zu veranlassen gedenke. Der Stetibalter antwortete, die Konfiskation habe eine Druck- \hrift betroffen, durch welche der Landtag um Unterstühung einer politischen Aktion auf Grund der Anerkennung des dur das Königliche Reskript vom 12. September 1871 gewährleisteten Rechtes der böhmischen Krone gebeten wurde. Nachdem nah dem Preßgeseze die Vertheilung von Druckschriften außer den hierzu bestimmten Lokalitäten verboten ist, waren die politischen Behörden zum Einschreiten verpflichtet. Die aus Brünn stam- menden fkonfiszirten Druckschriften wurden dem Staatsanwalt zur weiteren Amtshandlung übergeben. Nach entsprechender Aufklärung wurde von vielen der mit Vertheilung und Samm- lung der Unterschriften betrauten Personen die Druckschrift frei- willig im Amte deponirt und der Behörde für ihr Einschreiten mit dem Beifügen gedankt, es sei wünschenswerth, daß endlih dem agitatorischen Treiven Einzelner Einhalt gethan werde.

Lemberg, 8. Oktober. Die Regierung legte dem Land- tage einen Gesezentwurf vor über Ablösung und Regelung des Propinationsrehtes. Auf Antrag der Verwaltungs-Kommission ward die Reorganisation der Landesheilanstalten bis zur nächsten Session vertagt. i :

Am 3. d. M. um 3 Uhr Nachmittags brach in dem Städtchen Gorlice eine Feuersbrunst aus. Gegen 300 Häuser wurden ein Raub der Flammen, darunter die Bezitrks-Haupt- mannschaft, das Bezirksgericht sammt der Registratur und allen Akten, die Kirche, das Rathhaus, das Post- und Telegraph-n- gebäude. Gerettet wurden das Steueramt und dessen Kassen, die in einem gewölbten Raume untergebraht waren. Sechs Menschenleben gingen bei dem- Brande zu Grunde. 2

Pest, 8. Oktober. Die „Pester Korrespondenz" erklärt alle Gerüchte über Differenzen zwischen Mitgliedern des K a- binets für grundlos. Ueber die zahlreihen Vorlagen auf allen Gebieten, die gegenwärtig den Ministerrath passiren, seien

von Lausanne folgende Rede:

Schweiz. Bern, 5. Oktober. Die Eröffnung der auf heute einberufenen Bundesversammlung fand, wie üblich, Vormittags 10 Uhr ftatt. Da der Präsident des Na- tionalrathes, Fehr - Herzog, dur Krankheit von der Theilnahme an den Sigzungen abgehalten ist, nahm hier der Vize-Präsident, Ruchonnet von Lausanne, den Präsidentenftuhl ein. Derselbe eröffnete die Verhandlungen ohne Ansprache an die Versamm- lung; im Ständerath dagegen hielt der Präsident Köhlin

„Meine Herren! Die s{weizerishe Bundesversammlung ist auf heute zusammenberufen worden und zwar, wie es in der betreffenden Einladung heißt, hauptsächlich zur Behandlung der Militärorgani- saticn. Meine Herren! Die zweckmäßige und ausreichende Entwicke- lung des vaterländishen Wehrwesens, die Ausstattung des Bundes mit den z1 diesem Zwecke nöthigen Kompetenzen, das Jneinklang- seyen an lerer militärishen Einrichtungen und Uebungen mit dem jeßigen Stande der Wissenschast und dem Erfolge des großen hinter uns liegenden Kriegsjahres, die Organisation eitier einheitliGen Bundesarmee zur ertheidigung des natio- nalen Bodens das waren die ersten und berechtigtsten Postulate des revisionsfreundlichen Theiles des Schweizervolkes. Wenn die Neutralität der Schweiz ein für uns werthvolles Bollwerk bleiben soll, ana welchem fi die Wogen der großen Nölkerkämpfe brechen, und hinter welchem wir mit Weib und Kind vor den Schrecken des Krieges bewahrt bleiben , so gilt cs jeßt, dieses Bollwerk so causzu- rüsten und zu stärken, daß sowohl wir selbst, als die friegführenden Nachbarn die Ueberzeugung erlangen, es sei dasselbe nicht ungestraft zu durhbrehen. Als im denkwürdigen Jahre 1870 die Schweiz dur ibren Gesandten in Berlin anfragen ließ, inwieweit sie auf die Achtung der Neutralität mit Sicherheit zählen könne, gab, wie in den Neus- tralitätsakten später zu lesen stand, der jeßige Reichskanzler zur Ant- wort: „Soweit ihr die Devise des schottischen Distelordens beachtet : Nemo me impune lacessìt.* Es ist deshalh ein gut geschultes, shlachtfertiges, mit den besten Waffen ausgerüstetes Heer die beste Bürgschaft dafür, daß unserer Neutralität volle Achtung gezollt werde, ein besserer Bürge sogar, als papierene Konferenzbef lüsse. Die Bundesversammlung wird deshalb die nöthige Mühe nicht euen, um das wichtige Geseß, wel- hes zu besagtem Zwecke verhelfen und unsere Milizarmee friegstüch- tiger machen soll, in Form und Inhalt mit allem Nöthigen auszu- statten. Meine Herren! Das Traktandenverzeichniß zeigt aber noch eine Reihe von Gegenständen, die nicht alle fo interessanter Natur find und so allgemein die Aufmerksamkeit fesseln können, als die Mis- litärorganisation. Gerade diejenigen Vorlagen, welche fi auf die Haftpflicht der Transportanstalten beziehen und in dieser Meise zu- nächst zur Berathung kommen werden, behandeln eine etwas trockene Materie. Aber auch diesen Vorlagen, welche für die ökonomische Entwickelung des Landes von bedeutender Wichtigkeit sind, werden Sie Ihre dauernde Aufmerksamkeit nit versagen. Wenn auch die roßen konstitutionellen Kämpfe der leßten Zeit mit ihren Auf- und Nuregingen vorüber und zum formellen Abschluß gekommen find, wenn auch die parlamentarische Wirksamkeit bei Berathung der zum materiellen Ausbau der Konstitution nöthigen Gesetze sich wieder in ruhigeren Formen bewegt, so wäre es dennoch ein Trugsluß, zu glauben, daß die Thätigkeit dec Räthe foctan als eine weniger wichtige und bedeutungsvolle, als eine weniger anstrèengende betrachtet werden könne. Denn es handelt sih jeßt darum, die im Reyisions- fampfe prinzipiell geborgenen Errungenschaften praktis zu verwerthen und zur Geltung zu bringen. Es handelt fih darum, sorgsam einzu- heimsen, was man dort gesäet hat. Meine Herren! Es handelt fich jeßt hauptsächlich auch darum, dem Staate zu geben, was des Staates ist. Darum werden die Räthe mit nicht ermüdendem Eifer und mit Aufwendung aller ihnen zu Gebote stehenden Sachkenntniß nah dem Richtigen forschen und das, was sie als solches erkannt yaben, zum Gesetze erheben, damit der neue Bund zur Wahrheit werde. Meine Herren! Eine Klippe werden Sie zu- vermeiden haben. Man hört bereits wieder Stimmen im Schweizerlande, weld\e bei der Geseß- gebung gewisse bei der Revision aufgegebene und verlorene Posten wieder zu erobern trahten. Das find falsche Stimmen. Es wird fich im Gegentheil darum handeln, bei -der Geseßgebung diejenige Schranken inne zu halten, welche wir bei“ dêr Revision des Bundesvertrages durch die Mp rolle zwischen den verschiedenen Anschauungen uns selbst gezogen jaben, und ehrlich und - redlich der- malen von weiter gebenden Wünschen Umgang zU nehmen, die 11an wissentlih preisgegeben hat. Die Zukunft möge Alles das reifen, wenn es gut ist; jeßt aber handelt es sih für die Räthe um noch Höheres, nämlih darum, dur loyales Vorgehen in der Gesehgebung das etwa geschwundene Vertrauen unter den Bundesbrüdern wieder neu zu ketten und so die Einheit der Nation, unser höchstes Gut, wieder herzustellen. Das walte Gott!“ i

Im National- wie im Ständerath beschränkte man fh heute auf das Verlesen der Protokolle und die Vereidi- gung neueingetretener Mitglieder.

__ 7, Oktober. Der Nationalrath war heute zur Vornahme der Wahl eines neuen Präsidenten an Stelle des erkrankten Hrn. Fehr-Herzog von Aarau in hinreichen- ver Stärke vorhanden. Indessen waren von den 135 Mit- gliedern au heute erst 88 anwesend. Von diesen 88 Mitglie- dern gaben 76 ihre Stimmen dem seitherigen Vize-Präfidenten Ruchonnet von Lausanne, für welchen dann der ehemalige Bundesrath I. Stämpfli von Bern mit 51 Stimmen zum Bize- Präsidenten gewählt wurde. Beide Wahlen nahmen nur einen Wahlgang in Anspru. Im Uebrigen beschäftigte sih der Natio- nalrath heute mit der bundesräthlichen Botschaft, betreffend Zollbegünstigungen von Eisenbahnmaterialien, während der Ständerath die Berathung des Geseßentwurfes, betreffend Haft- barkeit der Eisenbahnen im Falle von Tödtungen und Ver- lezungen, begann.

Gestern Nachmittag 4 Uhr hat im Bundespalais der Empfang des neuen französischen Gesandten stattge- funden. Graf d'Harcourt hatte zur Rechten den ersten Gesandtschafts= Sekretär Labouladte, zur Linken Kommandant Frayermouth, seinen Militär-Attaché, und hinter sich noch drei andere Gef andschaftsbeamte, während der Bundesrath in corpore im Audienzzimmer vers ammelt war und Kanzler und Vize-Kanzler der Gesandtschaft bis zum Thore des Bundespalais entgegen gegangen waren. Graf d Harcourt hob bei Ueberreichung feines Beglaubigungss\creibens die mehrere Jahrhunderte alte Freundschaft beider Länder hervor, zu welcher die Natur selbs die Grundlage gelegt habe, und Bundes-Präsi- dent Schenk versicherte, daß die Schweiz die Freundschaft Frank- reihs im höchsten Grade zu shäßen wisse. Dieselbe befinde sich in der beneidenswerthen Lage, wie mit. ihren anderen Nachbar- ländern, so auch mit Frankreih nur in den Werken des Frie- dens und in den Bestrebungen zu konkurriren, welche die all- gemeine Wohlfahrt zum Ziele ben: Dieses glülichhe Ver- hältniß zu mehren und zu stärken, werde au in Zukunft ihr lebhaftes Bestreben sein. 5

Nizderlande. Haag, 6. Oktober. Nach einem gestern dem Kolonien-Ministerium zugekommenen Telegramme des Ge- neral-Gouverneurs von Niederländis\ ch-Indien war diesem von dem Obersten Peel, dem Militär- und Civil-Befehlshaber in Atchin, nahstehende telegraphische Meldung vom 2. d. M. zu- gekommen: „Am 28. September sind die Verschanzungen von Langkruk von den niederländischen Truppen genommen und be- seßt worden, wobei blos zwei Soldaten leiht verwundet wur- den, während der Feind, welcher überfallen wurde, flüchtete. Der

In Rotterdam is von der Handelsfirma Hot u. Co. ein „persisher Handelsverein“ errichtet worden, welcher aus\chließlich zum Zwecke hat, von den Niederlanden aus nah Persien Handelsgeschäfte zu betreiben.

Belgien. Brüssel, 7. Oktober. Am zweiten Dienstag des November findet kraft der Verfassung, selbft ohne vorher- gegangene Einberufung, der Wiederzusammentritt der Kammern statt. Ob der König dieses Jahr die Session er- öffnen wird, is noch unentschieden.

Großbritannien und Jrland. London, 8. Oktober. Der Herzog von Edinburgh legte gestern in Devonport unter entsprehender Feierlichkeit den Grundstein zu ‘einem neuen Flügel des dortigen Asyls für Waisenmädchen. Se. Königliche Hoheit wurde enthusiastish begrüßt und nahm bei dieser Ge- legenheit eine GlückEwunsh- und Willkfommen-Ädresse der Stadt entgegen. E

Aus Carlisle wird gemeldet, daß die Flüsse in der Umgegend genannter Stadt in Folge des jüngsten starken Regens sehr anschwollen und ihr Bett verließen. Sämmtliche niedrig gelegenen Theile von Carlisle find überschwemmt, und auf jeder Seite der Brücke in der Stadt bilden die Gewässer einen zwei Meilen langen See. Beträchtlicher Schaden if angerichtet

worden ; auf einer Farm ertranken über 100 Schafe.

Spanien. Madrid, 9. Oktober. (W. T. B.) Die Regierungstruppen haben im Laufe des gestrigen Tages la Guardia beseht, das von den Carlisten geräumt wor- den war.

Türkei. Dem „Levant Herald“ zufolge is die Regie- rung im Begriffe, Schritte für die Unterstüßung der Bevölke- rung in den von der Hungersnoth heimgesuchten Bezirken Kleinasiens zu thun.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 8. Oktober. Die Schraubenfregatte „Ss\wetlana“, unter dem Kommando des Großfürsten Alexj Alexandrowit\ch, ist am vergan- genen Sonnabend nah einer ungewöhnlich \chnellen und glüd- lihen Fahrt aus Kopenhagen, von wo dieselbe am vergangenen Mittwoh in See gegangen war, in Kronstadt eingetroffen. Gleih nah der Ankunft auf der Rhede begab sich Se. Kaiser- lihe Hoheit ans Land, um dem Ober-Hafen-Kommandanten zu rapportiren. Später begab sih der Großfürst an Bord des Dampfers „Onega“ nah St. Petersburg.

Schweden und Norwegen. Sto ckholm, 6. Oktober. Der Prinz von Wales und der Kronprinz von Däne- mark besuhten der Bestimmung gemäß mit dem König gestern die Stadt Upsala, wo sie am Bahnhofe von den Stu- denten mit ihren Fahnen empfangen wurden. Die Hohen Herrschaften fuhren direkt zur Domkirche, und nach kurzem Aufenthalt daselbst begaben fie sch nah Carolina redi- viva, wo die Studenten sich wieder eingefunden hat- ten und das God save the Queen anstimmten. Der König und die Prinzen dejeunirten beim Erzbischof und fuhren dann nach Stockholm zurück, von wo die beiden Prinzen Abends 10 Uhr abreisten. Heute Nachmittag find fie in Malmò angekommen und wurden am dortigen Bahnhof vom „Landeshauptmann Adlercreuß, dem dänischen und ênglischen Konsul, sowie von mehreren höheren Civil- und Militärpersonen empfangen. Die Prinzen mit Gefolge begaben sich sofort an Bord der im Hafen liegenden Lustyacht des Prinzen von Wales, „Osborne“, mit welcher fie nah Kopenhagen absegelten.

Dänemark. Kopenhagen, 7. Oktober. In dem Ent- wurfe zu einem Finanzgeseße für das Finanzjahr 1875 bis 76 find die Summen bereits in der neuen Kronenmünze aufgeführt. Die Einnahme für das neue Finanzjahr ist auf 45,908,657 Kronen, die Ausgabe zu 45,117,151 Kronen kalkulirt.

In der heutigen Sihung des Folkethings legten der Justiz-Minister und Kriegs-Minister verschiedene Gesezentwürfe vor. Der Abgeordnete der Linken, Berg, brachte einen Privat- gesehentwurf, betreffend die Abschaffung der Titel 2c., ein. Ver- schiedene neue Interpellationen der Linken an den Kultus-Minister und Justiz-Minister wurden angekündigt. i j

9. Oktober, (W. T. B) Die Rückreise des Prinzen von Wales mittelst der Dampfyacht „Osborne“ ist auf Sonntag, den 11. d., festgeseßt. Dem Vernehmen nah be- giebt fih der Prinz über Frankreich nach England zurück. Die Prinzessin von Wales und deren Kinder werden noch bis zum 21. d. am hiesigen Hofe verweilen.

Amerika. Washington, 8. Oktober. (W. T. B.) Gutem Vernehmen nah is die gerihtlihe Verfolgung der Mitglieder der Liga der Weißen in Lousiana angeordnet, und sollen dieselben vor die Zuhtpolizeigerihte gestellt werden. Ebenso soll auf Grund des in der legten Session des Kon- gresses votirten bezüglichen Geseyes gegen die Mormonen mit der Anklage wegen Polygamie vorgegangen werden.

Asien. Nah einem Telegramm aus Hongkong wird der bot jüngsten Orkan (Typhon) in der Nachbarschaft von Hongkong verursachte Verlu} auf 1,000,000 Lstr. ge- hät. Die Meeresküste ist auf mehrere Meilen mit Wracks bestreut. :

Afrika. Kairo, 9. Oktober. (W. T. B.) Das Wasser des Nil stand, offizieller Meldung zufolge, gestern am Pegel um 4 Centimeter niedriger und if au an allen übrigen Strecken seines Laufes verhältnißmäßig gefallen. Weiterer Schaden dur Uebershwemmung is niht zu besorgen.

Landtags - Angelegenheiten. Wie der „D. Z.“ aus Cöln geschrieben wird, hat einer der Vertreter Côlns im Abgeordnetenhause, Regierungs - Assessor a. D. Pauli aus Gesundheitvrücksichten sein Mandat niedergelegt.

Gewerbe und Handel.

Aus München wird berichtet, daß eins der bedeutendsten Getreidegeshäfte, das Haus Ernst Mayer, genöthigt war, seine Zahlungen einzustellen, und daß in Folge dessen auch das zu- meist hierbei DeiYel gte (ose Bankhaus G. C. Baur in Augs-

rg insolvent geworden ijt. È i #8 L L Ah bA 9. Oktober. (W. T. B.) In dem! heute in Birmingham abgehaltenen Meeting der Genossenschaft der Kohlengrubenarbeiter wurde beschlossen, den strikenden Arbeitern in den Kohlengruben von Wigan die Annahme einer Lohnherab- seßung von 10 % und die Wiederaufnahme der Arbeit anzu- empfehlen Anderenfalls würde ihnen die Genossenschaft eine Uater- stüßung nicht zu Theil werden lassen können. In Wakefield haben die Grubenbesißer 6000 Arbeiter, welche sih weigerten, auf die ihnen proponirte Lohnherabseßzung von 20 % einzugehen, entlassen. Weitere Entlassungen stehen bevor. Die rlédigurg der

allerdings manchmal Meinungsverschiedenheiten aufgetaucht, die aber niemals persönliher Natur waren.

Krankheitsstand bleibt stationär.'“

Differenzen dur ein Schiedsgericht ist beiderseits abgelehnt worden.