1830 / 278 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Thu, 07 Oct 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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und Folgsamkeit nicht verschwunden ist, und mit der Zu- versicht eines gebornen Hanauers vertraue Jch darauf, daß Ihr auch ferner nicht die geringste Unordnung zulassen wer- det. Jn dieser Voraussezung habe Jch Mich bereits bei Sr. Königlichen Hoheit dem Kurfürsten, Meinem Herrn Vater, dafür verwendet, daß die Erhebung der indirekten Abgabe (Mauth) nicht weiter stattfinde, bis auf dem Land- tage, zu welchem Jhr Deputirte aus Eurer Mitte senden werdet , über die fortdauernde Aufhebung dieser Abgabe be- rathen seyn wird. Eben so erwarte“ Jch mit Vertrauen von den Bewohnern des Landes, namentlich von den der standes- herrlihen Bezirke, daß sie. sich als gute und treue Hessen beweisen und sih jeder Unordnung enthalten werden, die sie ihrer Verbindlichkeiten gegen ihre Standesherrschaften nicht entheben, sondern sie nur zur Vergütung alles verursach- ten Schadens verpflichten und außerdem die Schuld und die Folgen eines Vektbrechens auf sie laden würde. Ha- bet Jhr dagegen gerechte Beschwerde, so werd „Jch stets geneigt seyn, diese Sr. K. H. dem Kurfürsten vörzulegen und Mich fúr deren Abhülfe zu verwenden. Jch würde je- doch diese Verwendung nur dann eintreten lassen können, wenn fortan auch nicht die geringste Unordnung mehr statt findet, und Jch bin gewiß, daß Jhr das Vertrauen, welehes Ich in Euch seße, nicht täuschen und durch Euer gutes Be- tragen und Folgsamkeit gegen die Behörden Meinem Her- zen auch fernerhin gestattet werdet, daß Jch Mich mit Freu- den als Hanauer betrachten fann.‘/

Nächst der obigen Proclamation enthält die Hanauer Zeitung Folgendes:

,-Mit innigem Bedauern vernehmen wir, daß in den meisten Ortschaften unserer Provinz bedenkliche Unruhen aus- gebrochen sind, in Folge deren sich manche Gegenden in vôl- liger Anarchie befinden. Die Wünsche aller wahren Vater- landsfreunde vereinigen sich dahin, daß unsere {dne und volkreiche Provinz von dem verderblichen Zustande, in wel- chen sie verfallen ist, baldigst errettet werden, mdge. Die vor- trefflliche Proclamation, welche Se. Hoheit unser allverchrter Kurprinz am gestrigen Tege zu erlassen geruhten, wird, un- serer festen Ueberzeugung gemäß, hierzu wesentlich beitragen und in allen Theilen der Provinz mit gleichem Jubel aufge- nommen werden. Viele Beamten mit ihren Familien tref- fen fortwährend in hiesiger Provinzial-Hauptstadt ein, da sie genöthigt waren, ihrer persönlichen Sicherheit wégen ihren Wohnort zu verändern.“

Gestern ist hier nachstehende Kundmachung erschie- nen: „Bewohner von Hanau! Jn der Stunde der Ge- fahr haben wir die Waffen ergriffen, zum Schuße der hei- ligsten Güter, für Ordnung und Recht. Zwar ist sie fast vershwitiiden, doch ist es nöthig, sich fester an einander an- zuschließe, Ordnung in unsere Glieder zu bringen und durch unsere fräftige aber rußige Haltung den geschreckten Gemü- thern das verlorne Gefühl dér Sicherheit wieder zu geben. So sammelt Euch denn, - jeden Anarif der Stdrer unserer Ruhe entschlossen zurückzuweisen! Jhre Zahl ist nur gering, und der Ernst unserer Schritte wird ihnen zeigen, daß sie nicht ungestraft uus widerstehen. Hanau, am 28. Septem- ber 1830. C. Rößler, Oberst des bewaffneten Bürger-Corps.““

Jt lef. :

Neapel, 19. Sept. Vorgestern ertheilten Se. Maj. der König dem Grafen Anatole Montesquiou eine Privat- audienz, in welcher dieser Sr. Majestät ein eigenhändiges

Schreiber igs Ludwig Phili | Der Schreiben des Königs Ludwig Philipp überreichte. Der | Reda 19 Mit. 99

Graf wurde vom Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Fürsten von Cassaro, eingefährt.

A 84-a4:0 d,

Berlin, 5. Oft. Nachrichten aus Düsseldorf zufolge war der Herr Staats-Minister und Ober-Präsident Freiherr v. Ingersleben am 29fen v. M. dort angekommen, um sich von da zum Empfang Sr. Königl, Hoh. des Prinzen Albrecht urid Hêchstdessen Gemahlin nach Cleve zu begeben, wo Zhre Königl. Hoheiten am (ten d. erwartet wurden.

Die verstorbene Superintendentin Täge hat in ihrem Testamente der städtischen Armenkasse in Pasewalk ein Legat von 1000 Rehlr. mit der Bestimmung ausgese6t , daß die

Neueste Börsen-Nachrichten.

Zinsen dies,s Legats alljährlich - unter aht dasige Armen gleichmäßig, jedoch ohne Anrechnung auf diejenige Unter-

von der Kommune gereicht wird.

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Königliche Schauspiele.

Mittwoch, 6. Oftober. Jm Opernhause: G6 von Berlichingen, Schauspiel in 5 Abtheilungen, von Göthe.

Zu dieser Vorstellung werden Opernhaus - Billets ver- fauft, welche mit Donnerstag bezeichnet sind.

Wegen Krankheit der Mad. Schulz kann die Oper Euryanthe heute nicht E werden „es bleiben ‘aber die dazu bereits gefauften Billets bis zur Darstellung dieser Oper gúltig.

Im Schauspielhause: Paar la rentrée de Mlle. Lan- cesîre: 1) Les premières amours, vaudeville en 1 acte, par Scribe. 2) Yelva, on: l’Orpheline muetlte, pièce ean 2 parties; par Scribe.

Donnerstag, 7. Oft. Im Schauspielhause, zum ersten- male wiederholt : Philipp, Drama, in 1 Aufzug, nach deu Französishen des Scribe. Hierauf: Die Schleichhändler, Possenspiel in 4 Abtheil, von E. Raupach.

Sreitag, 8. Oft. Jm Opernhause: Die Benefiz-Vorstel- lung. Hierauf: Das Schweizer Milchmädchen , großes Bal- let in 2 Abtheilungen. (Dlle. Therese und Dlle. Fanny Els- ler, Solotänzerinnen ‘des KK. Hoftheaters am Kärnthner Thore zu Wien, werden hierin tanzen.

Im Schauspielhause: Französische Vorstellung.

___ Königstädtisches Theater. ___ Mittwoch, 6. Oktober. Der Alpenföônig und der Men- schenfeind, Zauberspiel in 2 Akten. Donnerstag, 7, Oftober. Fra Diavolo, oder: Das Wirthshaus zu Terracina, komische Oper in 3 Akten.

Rerlieuer R ree Den 5. Oktober 1830.

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Amil. Fonds- und Geld-Cours-Zettel. (Preuss. Cour.)

| Tf rief Geld] St. -Schuld-Sch.| 4 | 92# /

Pr. Engl. Anl. 18| 5 | 98E | Pr. Engl. Anl. 22! 5: | 985 | Pr. Eng! Ob]. 30 84x Kurm.Ob.ro.l.C. 91 Neum.Int Sch.d.| 4 | g91f | Berl. Stadt - Ob. 94 Königsbg. do. -— Elbinger do.

2 rief. fÜstpr. Pfandbrf. 98 Pomm. Pfandbrf. i604 Kur-u.Nenm;: do. 103x Schlesische do. 104 Rkst. C.d.K.-u.N. 68 Z.-Sch. d.K.- u N. 69

: » t dls Holl. vollwv. Dak! 18Z Danz. do. in "Vh, 35 Neue dito 4192|

VVestpr. Ptdb. 96 Friedrichsd'or : 135: 211 Gross!x.Pog, do. 97 Disconto . .., 5 66 S R ST O OONA O C T M A C R E C I T E C C S I N T I

W echsel- Cours. E Brief.| Geld.

Kurz 1387 2M. [1375 Kurz 1493 | , 2, Mt 1485 London LStl. [3 Mlt. 6 21 Paris 300 Fr. |2 Mt. 795 T S O s s ea 150 Fl. |2 Mt, 1017 Augsburg | «__ 12 Mt, 1017

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Leipzig _— Frankfurt a. N. 2 Mi. - [1013 Petersburg BN [3 Woch. | 39 Warschau i j Kurz 99

Messe

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141

Auswärtige Börsen. Amsterdam, 30. September.

«27 pi wirkl. Schuld 413. Rade D 192. Oesterr. 5proc-

; _ London. 28. Sept. s 3proc. Cons. 883. 35proc. 988. Brasi]. 70. Russ. 10185..

Hierbei Nr. 70 des Allgemeinen Anzeigers.

Paris, 29. Sept. 5proc. Rente fin cour. 95 Fr. 30 C. Zproc. lin Me,

65 Fr. 20 C. 5proc, Neap. Falc. 67 Fr. 45 C. 5proc. Span. Rente perp. 402,

Frankfurt a. M., 2. Oft.

Oesterr. Zproc. Metall.

913. 91. 4proc. 823, L25proc. 49. 1proc. 19. Bank-Actien

1300. Part.-Obl. 118. Loose zu 100 Fl. 165. Poln. Loose 514. B. _

Gedruckt bei A. W.. Hayn.

Redacteur Fohn. Mitredacteur Cottel. -

stüßung, vettheilt werden sollen, welche jenen Armen bereits.

Tf. [Brief Geld. RRCEAN ; V S PLIC E D A E B E G E E Ibs E A

Allgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

Me 278.

Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.

Se. Königl. Hoheit der Prinz Wilhelm (Sohn Sr. Majestät des Königs) ist von Magdeburg hier eingetrossen.

dobvio —_———————

Der Justiz-Kommissarius von der Leithen in Bochum ist zugleich zum Notarius im Bezirke des Ober-.Landesgerichts zu Hamm bestellt worden.

Angekommen: Se. Excellenz der General - Lieutenant und Commandeur der Iten Division, von Grolmann, von Glogau. ; : / |

Der Königl. Niederländische Kabinets - Courier Sinot, aus dem Haag. T A A y

Abgereist: Der Kaiserl. Russische Feldjäger Lange, als Courier nah St. Petersburg.

Zeitungs-Nachrichten. Ausland.

Frankreich.

Deputirten-Kammer. Bei Eröffnung der Sibung vom 28. Sept. zeigte. der Präsident an, daß Herr Öllier, Notar in Toutoufe, der Kaminer die Suräme von 11/000 Sf. als den Ertrag einer Kollekte zu Gunsten der an den dret Aulitagen Verwundeten , }0 wie der Witwen und Waisen der Gefallenen, eingesandt habe. Hierauf wurden die Be- rachungen über dic beabsichtigte Anklage der Minister, und zwar zunächst über den Grafen von Peyronnet, sortge- set. Ueber den exsten Anklagepunkt (s. d. gestrige Blatt der St. _Z.) ‘ergrif} Herr von Boisbertrand das Wort. „„Meine Herren“‘, äußerte er, „Sie haben den Worten eines meiner ehrenwehrten Freunde (Hrn. von Lamézan) zu Gun- îten eines der vorigen Minister (Montbel) einige Aufmerk- samfeit geliehen ; was er gethan, hatte i ch mir zu thun vor- genommen , denn auch mix gebot die Freund|\cast, einen Mann zu vertheidigen , den es unmögli ist nicht zu achten, wenn man ihn näher fennt. Jn dietem Augendlice ruft mich eine andere Pflicht auf diese Rednerbühne; nicht daß ih glaubte, mein Zeugniß könnte unter den gegenwärtigen Umstäñden von großem Gewichte seyn, ich weiß nur all- zugut, welche Vorurtheile gegen den leßten Minister des Jn- nern vorwalten; aber das Gewissen drängt mich, und ih wúrde es mir mein ganzes Leben hindurch zum Vorwurfe machen, wenn ich Ihnen in diesem fritischen Augen- blie nicht erflärte, daß, als Herr von Peyronnet in das Ministerium eintrat, er mir auf das bestimmteste die Absicht zu erfennen gab, den Geseßen gemäß das Land zu verwalten und alle Volksfreiheiten aufrecht zu erhalten. Jn dieser Sprache blieb er sich bis: zum 25. Juli gleich, und ich kann mir daher seinen Beitritt zu den verderblichen Verordnungen nicht anders als durch die Festigkeit einer großen Seele er- fláren, die lieber Alles über sich ergehen lassen, als den An- schein haben will, der Furcht nachzugeben. Drei Beschwerden sind es vorzüglich, die man gegen Hrn. v. Peyronnet anbringt; erlauben Sie mir, daß ih in wenigen Worten - darauf ant- worte. Erstlih will man in dem Zusammentreffen der Ein- berufung der Deputirten mit der Auflösung der Kammer einen den Erstern gelegren Fallstrick erkennen. Jch mag mich bei der Frage, ob auf Vorausseßungen überhaupt ein Werth zu legen sey, niht länger aufhalten ; ih frage aber, ob es nicht leichter gewesen wäre, sich eines Deputirten in seinem

Berlin, Donnerstag den 7 Oktober

1830.

entfernten Wehnsise, als mitten in der Hauptstadt, zu bemäch- cigen. Die zweite Beschwerde betrisst die von Hrn. v. Dey- ronnet der Kammer vorgelegten Geseß-Entwürfe. So lange

| aber ein solcher Entwurf die geseßliche Sanction noch nicht

erhalten hat, is er auch keine Thatsache, die vor den Rich- terstuhl des Geseßes gehört, sondern ein bloßer Gedanke; und hat er jene Sanction erhalcen , so is er das Werk der Kammern und kann niht mehr den Ministern zur Last ge- legt werden. -Was drittens die bei Gelegenheit der Wahlen verfügten Absezungen der Beamten betrisst, so mag man sich späterhin bas Recht zuerkennen, dergleichen Handlungen strenge za beurthèilen. Alles hängt in solchen Dingen von dem ge- \chricbenen Gesetze oder der öffentlichen Meinung ab, Die völlige Unabhängigkeit der Staatsbeamten fann dereinst zu einem politischen Dogma werden ; vor der Hand aber scheint mir wenigstens, daß dieses Dogma nicht besonders von uns geachtet wird. Auch möchte die jekige Regierung sehr unbe- dachtsam handeln, wenn sie die Absebungs-Befugniß als einen Mißbrauch und Eingriff in unsre verfassungsmäßigen Rechte be- trachten wollte.“ Als der Redúer nach seinem Plaße zurückfehrte, hôrte man guf der linfen Seite mehrere Stimmen rufen : ¡Lassen Sie uns nicht antworten.‘ Auf die Frage des Präsidenten, ob Niemand das Wort verlange, erfolgte daher auch das tiefste Schweigen, und der erste oben erwähnte Anklage-Punfkt, so, wie demndchst auch der zweite, dritte und vierte, wurden mit großer Stimmenmehrheit für begründet erklärt. Der Namens - Aufruf ergab 286 anwesende “Deputirte. Hiervon stimmten 232 für die Anflage und 54 dawider. Jeßt fax di: Reihe an Hrn. Chantelauzeè, zu dessen Gunsten sich Hr. Tar dy vom Loire-Depi. in folgender Weise vernehmen ließ: „Meine Herren! Jndem Sie beschlossen, daß über jeden der Ex - Minister besonders abgestimmt werden solle, nahmen Sie offenbar die Möglichkeit an , daß die Anfklage- Punkte nit für alle Angeklagten dieselben seyn und daß dem zufolge auch Jhre Beschlüsse Jhrer Ueberzeugung gemäß für jeden derselben verschieden ausfallen fônnten. Sie ha- ben einen Jhrer Kollegen , der seine lebhafte innere Bewe- gung nicht in seinen Busen verschließen fonnte und seine Stimme zu Gunsten eines Freundes erhob, an dessen edlen Charakter und ehrenwerthes früheres Leben er, wie ich leb- haft - wünsche, Sie nicht vergebens erinnert haben wird, nicht ohne Theilnahme angehört. Es sey daher auch mir vergönnt, füt“ denjenigen der vorigen Minister, mit dem Sie sich in diesem verhängnißvollen Augenblicke beschäftigen, eint- ge Worte zu sagen und, mit ihm von den Wählern eines und desselben Departements ernannt, die Pflicht zu erfüllen, die mir von meinem Gewissèn und von den freundschaftli- hen Verhältnissen vorgeschrieben wird, welche zwischen De- putirten besteheu müssen, die mit einander dieselben örtlichen Interessen zu vertreten haben. Erlauben Sie mir, die Ehre des Departements, das uns ernannt hat , aufreht zu erhal: - ten ünd ‘den Gedanken zurücfzuweisen, dasselbe habe in Ihre Mitte einen Verräther seines Vaterlandes schien können. Sie wissen es, m. H., die Absicht, und zwar die Absicht allein, macht das Verbrechen aus. Umsonst sucht diese Abs sicht, wenn sie eine strafbare ist, sich in der Tiefe des Her- zens zu verbergen; die Vorsehung weiß es stets so zu fügen, daß sie sich selbst verräth, und selten läßt die göttliche Ge- rechtigkeit die Gerichte dieser Erde ohne die zur Fällung des Urtheils nöthigen Beweise. Ehrgeiz is! die gewöhnliche Quelle der Staatsverbrechen. Aber der Mann, der als gu- ter Gatte und liebevoller Vater seine Wünsche auf die ge- seßzlihe und regelmäßige Beförderung beschränkte, die er, seiner Erziehung, seinen Studien und seinen Diensten nach, erwarten durfte; der Mann, dessen Neigungen stets einfach und mäßig waren, hatte dadurch seine Rilen Mi hinlänglich davon überzeugt, daß er von jenem hißígen ieber frei jey, welches die daran Leidenden antreibt, Alles daran zu jeßen,