1830 / 335 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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bung der Artikel 5 und 6 des Gesebes vom 28, Mai 1829, wodurch ein permanenter Fonds von 120,000 Fr. zur Doti- xung derjenigen geistlichen Pairs gestiftet wurde, die bei ih- rex Erhebung zum Pair fein reines Einkommen von 30,000 Fr. nachweisen konnten. „Jch mag mich nicht‘/, äußerte der Redner, „in Declamationen gegen die Geistlichkeit einlassen, die in dem gegenwärtigen Augenblicke weder schicklich noch großmüthig seyn würden; ih beschränke mich auf die einfache Bemerkung, daß mir die Bildung des gedachten Foads für die geistlihen Pairs unangemessen scheint, indem dadurch gleihsam vorweg bestimmt wird, daß stets eine gewisse An- zahl von Prälaten in der Pairs-Kammer Si6 und Stimme haben soll; dies halte ih aber für höchst nachtheilig. Seit den ältesten Zeiten der Monarchie haben die Bischdfe unaufhör- lich dahin getrachtet, sich in die ôffentlihen Angelegenheiten einzumischen und die Staats-Aemter an sich zu reißen. Da- her jene beständige Vermischung der geistlihen mit der welt- lichen Macht, wogegen die aufgeklärtesten Männer von jeher protestirt haben. Buonaparte hatte die Geistlichkeit mit star- ker Hand im Zaum zu halten gewußt; aber nah der Wie- derherstelung der Monarchie trat sie aufs neue mit ihren Forderungen hervor; alljährlih rouchs das Budget zu ihrem Besten, zahlreiche Schenkungen vergrößerten ihr Grund-Eigen- thum, viele Prälaten fanden Eingang in die Pairs-Kammer, und, treu den Ueberlieferungen der Kirche und einem Dekrete des Tridentinischen Konciliums, das ihnen gebot, den Königl. Ministern und großen Herren nie den Vorrang einzuräumen, wußten sie es durch eine Verordnung von 1817 zu erlangen, daß ihnen in der Kammer die ersten Siße zu Theil wur- den. Um ihrem Systeme die Krone aufzuseßen, fehlte ihnen nichts weiter, als daß noch ein Kardinal zum Premier - Mi- nister gewählt worden wäre. Wir leben nicht mehr in den Zeiten, wo ein Religions: Krieg zu befürchten wäre. Es läßt sich aber nicht verfennen, daß jene Usurpation der geistlichen úber die weltliche Macht der Religion eben so verderblich wie dem Lande gewesen ist. Dadurch, daß die Bischdfe sich in die weltlichen Händel mischten, gaben sie sich zugleich politischen Leidenschaften hin, und wenn sle angegriffen-wurden, so grif- fen sie auch ihrerseits wieder an. Bei einem Jeden von uns find noch jene geistlichen Verordnungen in frischem Anden- fen, die, in dem Tone von Schmäh}|chriften abgefaßt, oft ei- nem wahren Kriegs-Manifeste glichen. Nachdem die Práäla- ten einmal die politische Laufbahn betreten hatten, sollten sie “ihren neuen Stand auch durch Pracht und Aufwand behaup- ten; daher jene ungeheuren Besoldungen und Pensionen, die noch durch die unglaubliche Freigebigkéit der General-Conseils der Departements erhöht wurden. Daß die Geistlichkeit ihr gutes Auskommen habe und gemächlih leben könne , ist nicht mehr als billig; Luxus und Reichthum aber muß "sie den . Weltlicben Úberlassen; sie wird dadurch an Ansehen und Würde gewinnen, was ihr an Vermögen abgeht. Auch wünsche

ih, daß feine Geistlichen fünftig mehr zu Pairs ernannt wer--

den. Nicht, daß ih sie geseßlich von der Pairs - Kammer ausschließen mag; dies wäre eben so ungerecht, als verfas- sungswidrig , indem*die Charte alle Bürger ohne Ausnahme u den ôffentlihen Aemtern und Würden für zu- lässig erfläârt. Aber ih glaube, daß man aus höheren politi- schen und religiösen Rücksichten feine Prälaten mehr in die Pairs-Kammer berufen müsse. Schon im l14ten Jahrhundert erließ Philipp der Lange eine durch Parlaments - Beschluß bestätigte Verordnung, worin es hieß, daß hinführo fein Prälat mehr im Parlamente sißen solle, indem der König sich ein Gewissen daraus machen würde, sie an der Ausübung ihres geistlichen Amtes zu behindern. Jch wünsche, daß Lud- wig Philipp k. in dieser Beziehung die Meinungen und Be- denflihfeiten Philipps des Langen theilen möge.‘/ Der Graf v. Lameth unterstüßte den Antrag des Hrn. Dupin, erhob sich dagegen mit Macht gegen den des Hrn. Salverte, der nur einen Zwiespalt mit der Pairs - Kammer herbeiführen könnte; zwar habe Hr. v. Kermarec von einer künftigen Re- organisation der Pairs - Kammer gesprochen; ihm scheine da- gegen; daß die Deputirten-Kammer durchaus kein Recht habe, an-die Prârogativen oder die politishe Existenz der erblichen Kammer Hand anzulegen; wroollte man das Amendement des Hrn. Salverte annehmen, so würde Nichts die Pairs-Kam- mer hindern, jeden von der Deputirten-Kammer ausgegange- nen Vorschlag zu verwerfen. „Wer“, fügte der Redner hinzu,

ll alsdann zwischen beiden Körpern entscheiden? Das Land ?

so : Wie soll aber dessen Meinung eingeholt werden ? Wollen Sie.

etiva den Parteigeist aufs neue wecken und sich zu einem zweiten National-Konvente aufwerfen ?// Hr. Jollivet er- wiederte: ¿„Gläklicherweise, m. H., föônnen wir an die Verfassung der Pairs- Kammer Hand anlegen ; dieses Recht

uns desselben bedienen. Man sagt uns, die Pairs - Kammer werde dagegen unsere Vorschläge verwerfen ; desto schlimmer für die Pairs-Kammer (Lebhafte Unterbrechung). Erlauben Sie, daß ih mi deutlicher erkläre. Es war nicht meine Ab- sicht, der ‘Pairs-Kammer das Recht zu bestreiten , bis zu de- ren Reorganisation die von uns ausgegangenen Vorschläge zu verwerfen; entweder habe ih mich schlecht ausgedrüt, oder ich bin falsch verstanden worden. Jch habe nur sagen wollen, daß die Pairs-Kammer Unrecht haben würde, wenn sie eine an sich gute Maaßregel verwürfe; das Land würde alsdann über fie richten.‘/ Bei diesen Worten wurde Herr Jollivet abermals mit der Bemerkung unterbrochen, daß er ganz und gar im Jrrthume sey, indem die Pairs - Kam- mer, wie die Deputirten-Kammer, bei einer solhen Ver- werfung ein souveraines Recht úbe. Herr von Lameth wiederholte, daß man sorgfältig jede Gelegenheic ver- meiden músse, um die Kammern unter sih zu veruneinigen. „Was würde‘, bemerfte Herr Agier, „die Deputirten-

Kammer- dazu sagen, wenn ein Pair einmal ‘die Meinung.

abgâbe , daß, insofern diese Kainmer irgend einen Vorschlag verwerfen sollte, dies um" so schlimmer für sie seyn würde? Die Freiheit und Unabhängigkeit der drei Staats: Gewalten muß für eine jede derselben in gleichem Maße bestehen.“ a4 Barthe war der Meinung, daß Anträge, wie die der

erren Salverte und Dupin, keinesweges von der Art seyen,

daß sie einen Zwiespalt zwischen beiden Kammiern herbeifüh-

ren föunten. Herr Bourdeau erklärte sih zu Gunsten die- ser Anträge, glaubte aber, daß sie in einem Geseße, wie der Rechnungs-Abschluß von 1828, nicht an ihrer Stelle wären. Auch der Vicomte v. Martignac war der Meinung, daß es eines besonderen Gesebßes bedürfe, um die geseßlichen Be- stimmungen, deren Aufhebung die Herren Salverte und Du- pin verlangten, zurückzunehmen. Der Vorschlag des Herrn Salverte wurde hierauf mit großer Stimmen-Mehrheit ver- worfea, und Herr Dupin d. J. nahm den seinigên mit der Erklärung zurü, daß, da er sich Überzeugt, daß sein Antrag nicht sowohl für unzulässig, als bloß für nicht zeitgemäß ge- halten werde, er zu einer gelegenecrn Zeit damit wig- der hervortreten werde. Herr Mercier hatte einen andern Vorschlag des Junhalts gemacht, daß künftig ein jeder Minister bei der definitiven Regulirung des Bud- gets über seine Verwaltung in moralischer Beziehung Rech- nung ablege, und daß diejer Bericht den Kammern vorgelegt werde. Der Präsident des Minister -Raths bemerkte, daß er sih diesem Antrage in keinerlei Weise widerseße, ob- gleich es ihm nicht recht flar scy, was man untex einer mo- ralishen Rechnungslegung eigentli verstehe. Jm Laufe sei- ner Rede sagte Herr Laffitte unter Anderm auch, er habe 15

. Jahre lang auf den Bänken der Opposition gesessen -und

seine Grundsäße und Sprache ‘auch dann nicht geändert, ais er in das Ministerium berufen worden sey; er sey hiernach auch jeßt noch ein Freund der Oeffentlichkeit, glaube aber doch, daß der bisher alljährlich von dem Rehnungs- Hofe erstattete Bericht sich nicht zu einer Mittheilung- für das grö- ßere Publifum eigne. err Madier de Montjau sprach sih zu Sunsten der größtmöglichsten Oeffentlichkeit in allen Dingen aux ; jedoch tadelte er den Mißbrauch, der zuweilen von der Presse gemacht würde. „Hier zum Beispiel‘/, fügte er hinzu, indem er einen großen Anschlagzettel entfaltete, „sehen Sie eine Bekanntmachung, die mir so eben von einem Bataillons-Chef der National-Garde mitgetheilt wird, und die nicht bloß an allen Straßenecken, sondern sogar am Ein- gange zu diesem Sißungs-Saale angeschlagen worden ist ; sie führt die Ueberschrift: „, „Ueber die Beschwerden, oder von der Nothwendigkeit, Volks - Vereine zu stiften ;//// mic dem Motto: /, „Frankreich ist eine große Jury und durch ihre Rechte dazu berufen, alle Maaßregeln der Regierung vor seinen Richterstuhl zu ziehen.//// Als der Redner sich anschikte, die Druckschrift zu verlesen, widersebten sich dem eine große Menge von Deputirten mit dem Be- merken, daß eine solche Mittheilung reglementswidrig sey.

Nichtsdestoweniger wurde die Mittheilung von der Majori-

tät der Kammer beliebt. Hr. Madier de Montjau las also : ¿Da der Scharfsinn und die Einsicht des Volks der Gerech- tigkeit und Schnelligkeit seiner Urtheile gleih kommen, so ist fein Grund vorhanden, ihm das Recht zu bestreiten, sich zu versammeln und die Handlungen der Regierung nach. seiner Ueberzeugung zu beurtheilen, indem es dabei nichts eiter thut, als daß es sih mit seinen eigenen Angelegenheiten be- schästige. Da die Regierung nur dutch das Volk und für das Volk besteht, so müssen die Männer, die dieselbe bilden, sich zurückziehen, wenn sie nicht in dem Sinne des Volkes handeln wollen, sondern eigensinnig den Weg verfolgen , den

ist uns in der Charte, vorbehalten wordén, und wir werden | das Volk für shlecht und gefährlich erklärt hat. Bei einer

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Anwendung dieses Princips auf dasjenige, was si seit der neuen Révolution in Frankreich zuträgt, kann man also, ohne Furcht, Lügen gestraft zu werden, versichern, daß die große Majorität des Volfs mit eben so großer Verachtung als Zorn eine Hand voll zaghafter Männer sieht, die, nahdem ihnen, man weiß nicht recht auf welchen Anlaß, die Zügel der Re- gierung übergeben worden, durch eine unbegreifliche Unthä- tigkeit die große Bewegung hemmen wollen , der sie ihre Stellung verdanken, wogegen doch ihr Patriotismus sie viel- mehr veranlassen sollte, den Aufschwung zu verdoppeln. Wenn diese Männer sich vor. der Freiheit fürhten und vor der glänzenden Genugthuung zurückbeben, die wir berechtigt find für alles dasjenige zu verlangen, was wir seit 15 Jähren von dem Despotismus erlitten haben, so mögen sie ihren

„Plab denjenigen einräumen, die sich nicht scheuen, unjere

Beschwerden zu theilen und uns so frei zu machen, wie wir es bedurfen. Es is gar zu feig oder scheinheilig, sich das An- sehen zu geben, als fürchte man, daß die Freiheit in Unfug ausarten fönnte, nachdem selbst die niedrigste Klasse der Gesfell- haft sich mit so großem Heldenmuthe benommen hat.“ „Der Anschlagezettel‘/, fügte der Redner hinzu, „„chließt mit drei ete. ete. etc. Jch erkláre es laut, daß eine solche Be- kanntmachung die Aufmerksamkeit der Regierung im höchsten Grade in Anspruch nimmt, und wenn uns daher der Mi- nister des Jnnern heute einen Geseß-Entwourf über die An- schlagzettel vorlegen sollte, so würde er uns in einer guten Stimmung finden.‘ Bei diesen Worten riefen mehrere De- putircee: „Sie wissen also, daß ein solches Geseß heute vorgelegt werden soll, und waren in das Geheimniß einge- weiht 2‘/ Andre Stimmen fügten hinzu: „Jeßt haben wir den Schlüssel zu diesem ganzen Theater - Coup.“/ Herr Marchal fand sih auch durch die ungeschiéie Aeußerung des Hrn. Madier de Montjau sofort zu der Frage veranlaßt, was der obige unziemlihe Anschlag-Zettel mit der Proposition des Hrn. Mercier eigentlih gemein habe. Kaum war diese Proposition verworfen worden, als in der That der Mini- ster des Jnnern das Wort verlangte, um den von Herrn Madier de Montjau angekündigten Entwurf vorzulegen. ¿Die Regierung,“/ so begann er, „ommt heute, das Wort einzuldsen, das sie Jhnen, meine Herren, unlängst gegeben, ein Geseß úber die Zettel-Anschläger und öffentlichen Ausru- fer vorzulegen. Die Nothwendigkeit eines solchen Geseßes fann von Niemand in Zweifel gezogen werden. Der Art. 290. des Strafgeseßbuches unterwarf die Ausrufer der poli- zeilichen Behörde. Durch diese Einrichtung wurde aber der Willkúhr Thúr und Thor geöffnet, und wir wünschen daher,

daß dieselbe abgeschafft werde. Bevor wir Jhnen aber eine

andere geseßliche Maaßregel zur Steuerung des Mißbrauchs vorschlagen, haben wir die Frage untersuchen zu müssen geglaubt, ob das Recht des Zettel-Anschlagens Überhaupt Jedermann ohne Unterschied zugestanden werden dürfe. Es hat der Regierung ge- schienen, daß man einen Unterschied zwischen solhen Bekannt- machungen, die in einem Privat-, und folchen, die in einem ffentlichen Jnteresse erfolgen, machen müsse. Jn ersterer Be- ziehung halten wir das Recht für unbedingt. Anders stellt sih die Frage, wo von der Verkündigung politischer Nach- rihten oder Meinungen auf dem Wege des öffentlichen An- schlags die Rede ist. Nicht, daß wir vergessen hätten, welche wesentlichen Dienste diese Art von Publicität während der lebten Revolution geleistet hat; Hieraus darf man aber nicht fol- gern, daß dasselbe Mitcel, das dazu gedient hat, unsern reht- máßigen Widerstand zu unterstüßen, auch jeßt noch fortbeste-

hen dúrfe. Die Regierung theilt die Ansicht nicht, daß die |

Preßfreiheit das Recht des öffentlichen Anschlagens in sich schließe. Wir alle wissen, daß die Preßfreiheit nur deshalb fruchtbringend ist, weil sie sich vorzugsweise an die Jntelli- genz wendet, und daß, wenn sie von dort auf- die ganze Gesellschaft zurückwirkt, solches nur auf dem langsamen Wege der Ueberlegung geschieht. Jst dies aber wohl mit den An- schläg-Zettein der Fall? Größtentheils nur darauf berech- net, einen augenblicklichen Eindruck hervorzubringen, wet- sen _ Æ jede Ueberlegung zurück - und suchen gleichsam den Leser mit sich fortzureißen. Das dffentliche Anschlagen unbedingt zugeben, heißt die Volfks-Aufläufe billigen, und man möchte behaupten, daß zwischen der Preß- Freiheit und dem Zettel - Anschlage derselbe Unterschied® obwalte, als zwischen dem Rechte, zu sprechen und zu handeln. Diese Betrachtun- gen veranlassen die Regierung, auf das absolute Verbot jeder politishen Befanntmachung auf dem Wege des öffentlichen Anschlags anzutragen. Sie werden ohne Zweifel die Ansicht theilen, m. H., daß bei der großen Freiheit, deren die Presse bei uns genießt, Niemand sih mit Recht beklagen darf, daß es der Oeffentlichkeit an Organen fehle. Mit dieser einzigen Ausnahme, erkennt die Regierung Jedermann das Recht zu,

Zettel öfseatlih anschlagen zu lassen; nur verlangt sie eine desfallsige Anzeige von Seiten des Anschlägers und! die An- gabe seiner Wohnung. Man kann unsrem Gesebße den Vor- wurs machen, daß es die Gränze zwischen politischen und- nichtpolitischen Anschlag-Zetteln nicht gehörig feststelle; dieser Uebelstand verschwindet aber gänzlih, wenn man be- denkt, daß die Geschwornen - Gerichte allein Richter in der Sache sind und den Grad der Straffälligkeit fest- seßen. - Hinsichtlich der öffentlihen Ausrufer sind wir- der Meinung gewesen, daß ihnen noch engere Gränzen als den Zettel - Anschlägern gesteckt werden müßten. Auf die Gefah- ren eines solchen Publicationsmittels, das größtentheils nur aus Gewinnsucht gewählt wird, um ungegründete oder entstellte Nachrichten zu verbreiten und Besorgnisse zu erregen, noch besonders hinzuweisen, halte ih für überflüssig. Der Geseb- Entivurs verlangt von den Ausrufern , daß sie bloß Zeitun- gen oder amtliche Afcenstücke ausrufen, zu andern Druck- schriften aber zuvor die Genehmigung der städtischen Be- hôrde einholen. Dies, m. H., ist der Hauptinhalt des Ge- seßes, das ich die Ehre habe, Jhnen hiermit vorzulegen.“ Geseßb-r Entwür f,;

Art. 1. Keine Schrift, sie sey nun gGE odex ge- druckt, oder gestochen oder lithographirt, welche politische Nah- richten enthält oder über politische Gegenstände handelt, darf an den Straßenecken, auf den Pläßen oder an andern dfentlichen Orten angeschlagen oder angeheftet werden.

Art. 2. Wer, wenn auch nur auf kurze Zeit, das Gewerhe des Anheftens, Ausrufens, Verkaufens oder Vertheilens geschric- bener, gedruckter, lithographirter oder gestochener Schriften auf dffentlicher Straße treiben will, ist gehalten, die städtische Be- hörde zuvor davon in Kenntniß zu seßen und seine Wohnung an-

zugeben. Der Ausrufex oder Ankleber solcher Schriften muß

diese Anzcigèé bei jeder Veränderung seiner Wohnung erneuern.

Art. 3. Die Fournale, die täglich:n oder periodischen Blât- ter, die Urtheile und andèren Erlasse einer Behörde dürfen nur mit ihrem Titel auf den Straßen, Pläßen und an andern dfent- lichen Orten ausgerufen werden. Keine andere geschriebene , ge- druckte, lithograyhirte oder in Kupfer gestochene Schrift darf auf dfentlicher Straße ausgerufen wvoerden, bevornicht der Auvbrufer derx städtischen Behörde den Titel, unter welchem er jene Schrift ausrufen will, angezeigt hat.

Art. 4. Der Verkauf und die Ausgabe falscher Auszúge aus den Blättern ist ausdrücklich verboten und wird durch nachstehende

Strafen geahndet werden. : Art. 5. Die Uebertretung der Art. 1 und 4 des gegenwär-

tigen Gescßes soll mit einer Geldbuße von 25 bis 503 Fr. und einer Haft von 6 Tagen bis zu einem Monate bestraft wer- den, welche beide Strafen gleichzeitig oder einzeln zuerkannt wer- den können. Der Verfasser oder Drucker eines falschen Auszuges aus einem Journal foll zu dem doppelten Betrage der Über den Ausrufer, Verkäufer oder Ausgeber solcher falschen Auszüge ver- hängten Strafe verurtheilt werden.

Art. 6. Die Erkenntniß Über die im vorigen Artikel angege- benen Vergehen steht den Assisenhdfen zu, Diese Vergehen sollen, den Beslsimmungen des Art. 4. des Geseßes vom 8. Oftober d. F. gemäß, verfolgt werden.

Art. 7. Jede Uebertretung der Artikel 2. und 3. des vorliegen- den Geseßes soll auf dem gewöhnlichen zuchtpolizeilichen Wege mit einer Geldbuße von 25—200 Fr. und einer Haft . von 6 Tageit bis zu einem Monate bestraft werden. : :

Art. 8. Das auf die Ausrufer bezügliche Gescßh vom 5. Nivose des JFahre® V. und der Artikel 290 des Strafgeseßhuches werden hierdurch aufgehoben ‘/

Am Schlusse der Sißung brachte noch Hr. Cabanon ein Amendement zu dem Rechnungs - Abschlusse von 1828 in Vorschlag, das indessen verworfen wurde. Der Gesebß - Ent- wurf selbst ging sodann mit 261 gegen 22 Stimmen durch.

Paris, 25. Nov. Gestern, als am Vorabende des Jah- restages der am 25. Nov. T809 stattgefundenen Vermählung des Königs und der Königin, hatte eine Deputation des den Dienst im Palais-Royal versehenden Postens der National- Garde die Ehre, Jhren Majestäten einen Blumenstrauß zu überreihen. Gestern Abend um 8 Uhr präsidirte Se. Ma- jestät in einem dreistündigen Minister-Rathe.

Der heutige Moniteur ptomulgirt die Päpstliche Bulle, welche die fanonische Jnstitution des neuen Bischofs von Rodez, Monsignor Giraud, enthält.

Dasselbe Blatt theilt eine aus 24 Artifeln bestehende Königl. Verordnung vom 10. Nov. mit, wodurch die Anstel- lung, Besoldung und Pensionirung der Beamten für das Bekleidungs- und Lagerwesen des Militairs, sowohl im Ju- nern als bei den Armeen, festgestellt wird. “Ein vom Kriegs- Minister zu erlassendes Reglement wird die Functionen und Befugnisse dieser Beamten, die Polizei- und Subordinations- Vorschriften und die Uniform derselben näher bestimmen.

Aus Lyon vom 21. Nov. schreibt man: „Gestern mu- "terte der Herzog von Orleans die Truppen der hiesigen Gar- nison und besuchte mehrere große Fabriken und Waarenlager.