1921 / 103 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 May 1921 18:00:01 GMT) scan diff

die ohne ihr Vershulden arbeitslos werden, mit ihren Angehörigen [leiht in große Not. Es ist deshalb Pflicht der Behörden, solange Arbeitsgelegenheit niht beschafft werden kann, mit Unterstüßungen einzugreifen. Es muß aber auch zur Ehre der deutschen Arbeiters [hart esagt werden, daß sie immer und immer wiedex Arbeit ver- angt hat, und erst dann, wenn sokhe nicht zu beschaffen war, Unterstüßungen entgegengenommen hat. Deshalb ist die Be- Gaffung von Arbeit die erste und wichtigste Pfliht der Behörden. h denke da in erster Linie an die Ausführung öffentliher Bauten. Da liegen vor allen Dingen schon eine ganze Reihe Projekte für den Ausbau von Wasserstraßen in den einzelnen Ländern vor, ih exinnere nux an die Beendigung des Mittellandkanals. Die Schuld, daß manches dieser Projekte noch nicht in Angriff genommen worden ist, legt um Teil bei den dafür in Betracht kommenden Ländern; deshalb soll die Reichsregierung, wo es nottut, auf die cinzelnen Länder einwirken, damit diese Projekte schleunigst in Angriff anommen werden. Was den Anirag selbst betrifft, so sind wir er Auffassung, daß er schon mit Rücksicht auf seine finanzielle Tragweite und wegen der Frage seiner Durchführbarkeit dem volfSwirtsGaftlißhen Ausschuß überwiesen werden muß. Jm oßen ganzen kann man wohl mit dem Antrage einverstanden lein; im etngelnen werden aber Abänderungen notwendig sein. G denke da namentlich an die Forderung der Einführung der Sech8stundenarbeitszeit, Soweit N ore tehnisch über» haupt durchführbar ist, könnte ste do sehr leiht die Folge haben, daß andere Gewerbe- und Jndustriezweige infolgedessen niht mit dem nötigen Material beliefert werden können, das sie für ihren Betrieb notwendig haben. Wir beantragen also, den Antrag dem volkswirtschaftlichen AussGuß zu überweisen. (Beifall.) Abg. Hammer (D, Nat.): Auch wir sind bereit, diese Frage enau zu beraten und zum Abschluß zu bringen, Mit ainigen unkten dex Anträge können wix ohne weiteres einverstanden B. Die Frage der Kurgarbeit und des Schichtwechsels muß im

us\{chuß genau aeprüft werden, Vei der Gewährung der Tarif- Ióhne soll man sehr vorsichtig verfahren unter Berücksichtigung örflihex Verschiedenheiten. Das Vauen kann auch dadurch ge- fördert werden, daß man Steuerfreiheit der Häuser füx längere Zeit denjenigen Unternehmern zusichert, die auf Reichszuschüsse verzichten und aus eigener Tasche bauen. Die Sâve der urig für die Arbeitslosenunterstüßung sind zu hoch, Es würda ein Arbeiter, der bei cinem Verdienst von 4 K für die Stunde acht Stunden arbeitet, 82 Æ verdienen, während der Arbeitslose nach den Antxägen 38 4 Unterstühung bekäme. Wenn die Rohstoffe für Wegebauten verbilligt werden, können wir leiht eine große Zahl Arbettsloser beschäftigen. (Beifall rechts.)

Die Beratung der Arbeitslosenanträge wird hierauf unterbrochen, und es erhält das Wort

NeichLminister der auswärtigen Angelegenheiten Dr. Simon s: Meine Damen und Herren! Fm Austrag der Reichsregierung hebe i dem hohen Hause folgende Mitteilung zu machen:

Seit gestecn haben sich in dem Abstimmungsgebiete Ober- {lesien schwere und in hohem Maße gefahrdrohende Ereignisse vollzogen. (Hört, Hört!) Die einzelnen Tatsachen, soweit sie der Regierung bekanntgeworden sind, der Vertretung des Volkes be- fanntzugeben, halten wir für unsere Pflicht.

Boraus\chickten muß ih allerdings dabei, daß das Kennen- lernen des Tatbestandes dadur erschwert ist, daß sowohl Eisena bahnlinien an den Grenzen des oberschlesishen Abstimmungs83- gebiets gestört sind, als auch die Telegraphenlinien und zwar sowohl die öffentlichen als die der Eisenbahnverwaltungen viel- fach unterbrochen sind. Mit diesem Vorbehalt möchte ih zunächst schildern, wie sich die Lage în Obershlesien gegenwärtig nach unseren Mittetlungen darstellt.

Fm Kreise Kattowitz besindet sich das flache Land in der Hand polnischer Banden. Sämtliche Gruben streiken, zum größeren Teil, zum größien Teil sogar gezwungen, weil die Arbeitswilligen von den Polen mit Gewalt an dex Einfahrt gehindert werden. (Hört! hört! rets, im Zentrum und bei den D. D.)

Jm Kreise Hindenburg haben in dex Naht vom L. bis 3, Mai zwischen polnishen Banden und der Apo Kämpfe stakt- gefunden. (Hört! hört!) Die Stadt Hindenburg und die Eisens bahnen sind durch die französishen Truppen der interalliicrten Truppen beseßt worden. Sämtliche Gruben in diesem Kreise und ein Teil der Eisenhütten streilen, Die Arbeitswilligen werden von den Polen mit Gewalt von der Arbeit zurückEgehalten. (Hört! Hört!) Die um Hindenburg liegenden Ortschaften befinden \i{ in den Händen der Polen. Der Kreiskontrolleur hat erklärt, daß seine Truppen zum wirksamen Schußza des Kreises nicht aus- reihen, e hat infolgedessen Truppenverstärkung angefordert. (Hört! Hört)

Was den Kreis Beuthen anlangt, so wurde in Beuthen selbst die „Ostdeutsche Morgenpost“ von polnishen Banden beseht und ihre Einrichtung demolieri. Später ist das Gebäude wieder ge- räumt worden, und zurzeit herrscht in Beuthen Stadt Ruhe. Aber im Kreise Veuthen haben bewaffnete Zivilbandeu eine Anzahl von Ortschaften besezt, und überall auf dem Lande fängt es an zu gran,

Von Ententetruppen sind dort bishex energische Schritte, soweit wir orientiect sind, nicht unternommen worden. (Hört! hört! rechts und hei den D. D.)

In dea Kreisen Pleß, Rybnik und Groß Strehliß sind eine Anzahl vou Ortschaften in die Hände bewaffneter Hivilisienbandenv übergegangen. Jm Kreise Rybnik wird in sämtlichen, im Kreise BVleß ün größten Teil der Gruben gestreikt.

Nachrichten aus dem Kreis Gleiwiß besagen, daß die Stadt Gleiwiz ruhig ist, daß abex infolge des polnishen Terrors sâmts liche Gruben zum Feiern gezwungen sind. Auf dem Lande haben polnishe Banden eine Anzahl von Ortschaften beseßt und die Gewalt dort an sich gerissen.

Ih möhte dann noch kurz einen Blick werfen auf die von mir anfangs3 erwähnten Zerstörungen. Gestört sind die Eisenbahn- streden Breslau—Karlsmarki—Oppeln durch Sprengung der Brüce südlich Karlsmarkt, Breslau—-Brieg—Oppeln an zwei Stellen, hart westlich Oppeln, Oppeln—Neustadt—Gogolin an zwei Stellen, Neustadi—Kosel bei Rasselwiz. Außerdem haben wir eine noch unbestätigte Meldung, daß auf der Strecke Deuts Rasselwiz—Leobshüg an einex Stelle eine Sprengung vorge- nommen ist.

Weiter sind gesprengt die Brücken bei Schihowiy und Kreuz» ort im Kreise Ratibor und die Brücke bei Vossof3ka im Kreise Groß Strehlig.

Auf einigen Eisenbahnstrelen wurde das Bahnpecsonal von den Polen vertrieben. Der Zugverkehr mußte infolgedessen ein- gsostellt werden. Der Kohlenverkehr stockt infolge der Brücen- sprengungen vollständig. (Hört! hört! bei der Deutschen Volks- partei.) Die Eisenbahndirektion Kattowiy verfügt nur über einen Wagenbestand für einen bis zwei Tage, so daß nicht nur Deutshh- land, sondern auch Ftalien, Ungarn, Oesterreih und die Tschecho- Slowakei in Mitleidenschaft gezogen werden, weil auch für sie cine Unmöglichkeit besteht, in der nächsten Zeit Kohlen zu beziehen.

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Jm allgemeinen ergibt sich das Gesamtbild einer Ai Ausstandsbewegung im Jndustriegebiet, und zwar innerhalb der sogenannten Korfanty-Linie. Reguläre polnishe Truppen sind bisher nicht festgestellt worden, aber die planmäßige Zerstörung der Eisenbahnlinien und Brücken deutet auf ein wohlvorbereitetes Unternehmen von polnischer Seite. (Hört, hört! rets.)

Jh habë hier eine Karte des oberschlesishen Abstimmungs- gebiets, auf der ih die Stellen habe eintragen lassen, an denen Brückensprengungen stattgefunden haben. Sie werden sehen, daß alle diese Brücken an der westlihen Seite des Abstimmungsgebiets liegen, so daß die Täter in dieser einen Nacht durhgestoßen haben von der polnischen Grenze bis an die Grenze zwishen dem Ab- stimmungsgebiet und dem übrigen Deutschland. Jch werde dic Karte auf den Tisch des Hauses niederlegen.

Die deutsche Regierung, meine Damen und Herren, ist sèch über den Ernst der Lage in Oberschlesien vollständig klar. Sie hat sofort alle erdenklihen Schritte bei der Jnteralliierten Kom- mission getau, um ein energishes Einschreiten gegen diese unver- antwortlihen Treibereien und Gewalttaten herbeizuführen. Sie hat auch nicht versäumt, die Fnteralliierte Kommission naG- drüdlih darauf aufmerksam zu machen, daß sie für die Ruhe und Ordnung im Lande verantworilih ist und daß die deutshe Re- gierung von ihr unter allen Umständen den Schuh der friedliebenden Bevölkerung gegen alle polnishen Gewalttaten verlangen muß. (Sehr gut!) Die deutshe Regierung hat ferner den drei Mächten, denen die Obhut Oberschlesiens durch den Friedensvertrag anvér- traut ist, telegraphisch eine eingehende Darstellung der Lage zugehen lassen, und wir haben verlangt, daß sofort Maßnahmen ergriffen werden, um die geseßmäßigen Zustände in Oberschlesien wiederherzustellen und eine Wiederholung dieses polnisGen Auf- standsangriffes mit allen seinen verderblihen Folgen hint- anzuhalten.

Die Juteralliierte Kommission hat in einer Besprechung, die sie mit unserm Vertreter, dem deutschen Bevollmächtigten Grafen Prashma, in Oppeln hatte, den großen Ernst der Lage auch ihrerseits vollkommen anerkannt. Sie hat auch anerkannt, daß auf seiten der deutshen Bevölkerung keinerlei Anlaß zu irgend- welchen Gewalttätigkeiten und Unruhen gegeben worden tist. (Lebhafte Rufe: Hört! hört!) Das ist cin Leuntundszeugnis, auf das wir uns berufen twoerden,

Die Fnteralliierte Kommission hat ferner über den Willen und die Entschlossenheit keinen Zweifel gelassen, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Ruhe urcd Ordnung wiederher- zustellen, und außerdem der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, daß ihr dies auch gelingen wird, Nun haben wir gerade im aller- leßten Moment noch folgende Mitteilung bekommen: Vor wenigen Stunden hat die Fnteralliierte Kommission amtlich mitgeteilt, daß sie fest entschlossen ist, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Sie hat infolge der Vorkommnisse vom 2. Mai in der vergangenen Nacht den Belagerungas3zustand über die Kreise Beuihen Stadt und Land, Kattowiz Stadi und Land, Rybnik, Hindenburg, Pleß, Tarnowitz und Ratibor Stadt und Land verhängt. Nach Nach- richten, die bei der Interalliierten Kommission vorliegen, hat heute vormittag in Kattowiß ein Zusammenstoß zwischen polnishen Jusurgenten und französischen Besazungstruppen statt gefunden, wobei die Besaßungstruppen die Polen zersprengt haben. Die Polen streckten dabei 300 Gewehre und wurden auf die umliegenden Ortschaften zerstreut. Die Franzosen säuberten darauf die Straßen der Stadt. Zur Zeit ist in Kattowiy alles ruhig, Auch in Beuthen ist, wie ich schon vorhin bemerkte, die Ruhe gegenwärtig wiederhergestellt.

Meine Damen und Herren! Es kann kein Zweifel darüber besichen, daß, nachdem es der Anteralliierten Kommission bedauerlicherweise troß der offenkundigen terroristishen Agitation Korfantys nicht gelungen ist, diese {weren Taten zu verhindern, es ihr mit einex wohlorganisierten und wohldisziplinierten Truppe, wie sie ihr in Oppeln zur Verfügung steht, nit schwer werden kann, der polnishen Banden und Fnsurgenten Herr zu werden. Es ist ihre Pflicht und Schuldigkeit, den Schuß des ihr anver- trauten Gebietes zu gewährleisten und für die Ruhe und die Ordnung zu sorgen.

Die Gefahren cines erneuten Aufstandes in Oberschlesien sind ungeheuer, und ihre Folgen unabsehbar. Die deutsche Be- völkerung in Oberschlesien muß jede Verantwortung ablehnen. Die Verantwortung trifft nur die polnischen Heyer und ihre ver- antwortlißen Organe, die glauben, mit Gewalt das erreichen zu dig was ihnen nach Recht und Gerechtigkeit versagt bleiben muß,

Jch darf in diesem Zusammenhang auf den Protest dex ober- {hlesishen Gewerkschaften hinweisen, der heute mittag auch dur die Zeitungen veröffentliht worden ist, und dec Jhnen infolge- dessen bekanntgeworden sein wird. ZFch stelle also nochmals fest, daß die obershlesishen Vertreter des Allgemeinen deutschen Ge- werkschaftsbundes, der Hirsch - Dundkershen Gewerkvereine und der hristlihen Gewerkshaften cin Telegramm an das General- sekretariat des Fnternationalen Gewerkshaftsbundes in Amster- dam und an den Präsidenten des Fnternationalen Gewerkschafts- bundes, Thomas, gesandt haben, worin sie die Tatsachen auf- zählen, dis hier vorgekommen sind, und gegen dieses polnishe Manöver protestieren,

Vir wollen vertrauen, daß es noch einmal gelingen wird, in dem oberslesishen Abstimmungsgebiet die Ordnung wiederher- zustellen, damit dort nicht Gewalt und Terror entscheiden, sondern das Recht und die Gerechtigkeit, Sie wissen alle, daß wir eine Gerechtigkeit in der Entscheidung nur daria finden können, daß das obers{lesishe Abstimmungsgebiet auf Grund des Ergebnisses der Willenskundgebung seiner Bevölkerung bei Deutshland belassen wird. (Lebhafter Beifall.)

Vizepräsident Dietrich: den Wunsch hat u den ilber A De t, Vorgängen in Oberschlesien dem Hause empfehlen f

daß der Reichstag keit bohnsprehenden Stellung zu nehmen. Jch glaube aber, n zu sollen, daß wir diese Besprehung nicht heute vornehmen mit Rücfsiht auf den Umstand, den der Herr E E E j LAAILIO A lg E

rihien noch ni ollständi ar li u ie eine gelaufenen Nachrichten noch unsider sind. ° ô

Abg. Crispien (U. Soz.) zur Geschäftsordnung: Fm Auf- trage meiner Cs stelle ih den Antrag, daß ber ciG8tag sofort in eine Besprechung dieser Erklärung eintritt, um gs mehr, als diese Frage gar nicht zu trennen ist von der Bespre ung dex allgemeinen politishen Situation, mit der sie aufs innigsté zu- jammenhängt.

Situation ist noch vershärft worden. Jch kann nicht verstehen,

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Unsere an sich schon stark zugespißte politische .

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wie der Präsident glaubt, das hätte noch Zeit, man könne dis Besprehung noch aufschieben. Wir stehen E in einer Situation, von der wir niht wissen, ob die Regierung den Rat: lag, der in der amerifanishen Note enthalten ist, erfüllt und ein Angebot an die Alliierten machen wicd oder ob sie warten will, bis ein Ultimatum eingelaufen ist. Dann kommen wir wieder in cine Situation, daß die Regierung fich hinterher zy cinem Schritt treiben läßt, der viel wirkungsvoller jeßt erfolgt,

Reichskanzler Fehrenbach: Meine Damen und Herren! Wenn ih den Herrn Vorredner richtig verstanden habe, will ey eine abermalige Erörterung der auswärtigen Politik, namentlig nah den beiden Richtungen in bezug auf das angebli bevor: stehende Ultimatum und dann in bezug auf die Mitteilung, die der Herr Außenminister eben wegen der Vorgänge in Ober, {lesien gemacht hat.

JchG will keinen Moment unterlassen, die Auffassung der Re- gierung hierüber mitzuteilen. Was die exste Frage anlangt, s hat das Kabinett zu den Ereignissen in London eine definitive Stellung noch niht nehmen können einfah aus dem Grunde, wejl wir ja eine genaue Mitteilung über die Vorgänge in London noÿ gar niht haben. (Zuruf links: Aber die amerikanische Note ist doch eingetroffen!) Wix haben jeyt eine Mitteilung aus Amerik

erhalten, und die alsbaldige Besprechung darüber is vorhin f

son abgelehnt worden. Fch glaube also, daß darüber cin

weiteres nicht zu sagen ist.

« Im übrigen aber kann das hohe Haus dabei beruhigt sein; Die Regierung wird, sobald nah ihrer Auffassung in der Sah irgendeine fruhtbare Tätigkeit entfaltet werden kann, \tch alsbald mit den Parteiführern und auc sofort mit dem hohen Hause inz Einvernehmen seten.

Wos die Frage von Oberschlesien anlangt, so bin ih der Auf: fassung, daß eine jeßige, alsbaldige Besprehung einer ruhigen Ordnung der Angelegenheit in Oberschlesien nux Hinderlih im Wege sein wird. (Sehr rihtig!) Wir haben aus den Mitteilungen des Außenministers doch das eine gehört, daß die Fnteralliiert Kommission in Oberschlesien gewillt ist, mit den zu ihrer Ver: fügung stehenden Truppen Ruhe und Ordnung in Oberschlesien wiederherzustellen, und wir haben ebenso auch gehört, daß dic Truppenmacht an \sich durchaus genügend ist, der polnischen Fnsurgenten Herr zu werden. Fn dem Moment in eine Ye sprechung einzutreten, wo vielleihht alle möglichen neben der Sat liegenden Dinge mit în die Erörterung hineingezogen werden fönnen, scheint mir nicht zweckmäßig zu sein für die ernstlihe Absicht der Jnteralliierten Kommission, und ih glaube nit, daß wix irgendeinen Anlaß haben, hier störend einzugreifen. Warten wix ab, ob die JFnteralliierte Kommission - ihre Pfliht und Schul- digkeit tut und mit ihren Truppen eingreift. Fch glaube dann, wenn die Sache im Wege dex Ordnung aus der Welt geschafft werden kann, werden wir ja darüber ruhig sein können, anderen: falls wird dann der Moment da sein, wo das hohe Haus Stellung zu der Sache nimmt.

Abg. Schul §- Bromberg (D. nat.): Wix vermissen jede Wort, jede enen in der Erklärung darüber, was die R- serung #8 tun gedenkt, wenn die Futeralliierte Non her agt. Nichts ist darüber enthalten. Wir halien es für nobÞ Da, daß über Oberschlesien hier Klarheit geschaffen wird, einen Antrag wollen wir aber nit stellen. N

Abg. Barby (Komm.): Uns a eint dringend notwendig ein Besprechung nicht. nur der oberschlesichén Frage, fondern überhaupt aller ausroäriigen Fragen, und zwar muß diese Besprechung sofort

erfolgen. i: Abg. Dr. Stresemann (D. Vp.): AuG uns erscheint 6

notroendig, möglichst bald in eine Erörterung einzutreten. Es is M

aber mit Recht betont, daß solhe Erörterung nur im Zusammen- hang mit der auten außenpolitischen Lage erfolgen kann, die ihure besondere Kennzeihnung erfährt durch die heute bekannt ge wordene offizielle Antwort des Präsidenten von Amerika, u dex das Kabinett noch nit a Stellung genommen- hat. JG habe für morgen vormittag 10 Uhr den Aus[huß für aut wärtige Angelegenheiten oan bel ils Dort werden wir erfahren, A Stellung die Regierung einnimmt hinsihtlich der Antwot! des Prâsidenten, Wir sind auch in dexr Lage, neue Nachrichten über die Situation tin Oberschlesien entgegenzunehmen. Erst dann wird ngersehen werden können, wann eine Erörterung im Plenuw A oll, Darüber, daß sie in den nächsten Tagen statt Ben muß, sind wir einig. Abex jeßt müssen wix den Antrag ablehnen.

Abg. Mülke x - Franken (Soz.): Jh will mih nicht zu det allgemeinen Frage äußern, nachdem das Haus darüber bereits einmal entschieden hat, daß heute leine Debatte Lee werden oll. Sie kann nah meiner Auffassung auch nicht geführt werden, olange uns die Unterlagen fehlen und die Regierung nicht ge

rohen hat. Es muß daran festgehalten werden, daß gp den eußecungen des Außenministers 16 e der unterbro n Ver- bindungen der Tatbestand in Oberschlesien noch nicht klar vor Augen tritt. (Widerspruch des Abg. Dr. Helfferich.) .Die Re- ierung hat si MEON an die Entente gewendet und diese ér lud mit ihren Truppen dafür zu sorgen, daß kein weiteres Un- eil geshieht. Fm übrigen sind wir natürlih dec Auffassung, daß die Angelegenheit damit nicht erledigt sein kann, sondern R das Parlament gehört werden ui, Mit Genugtuung habe ! gehört, daß der auswärtige Aus\{huß C worden ist, wo dit nötigen Vorbereitungen getroffen werden können,

Ds Crispien (U. Po! Ducch die Erklärung des Mb- nisters Simons ist eine neue Situation gegeben, und dex Reichs tag würde seine Aufgabe nicht erfüllen, wenn er niht in der Lage wäre, zu einer neuen politishen Situation sofort Stellung É nehmen. Dex auswärtige Gu kann uns nicht genügen. tagt niht nur unter Ausshluß der Oeffentlichkeit, sondern dürfen nit mal die Abgeordneten teilnehmen, die nicht Mit glieder sind. Man meint, das Kabinett hätte noch keine Stellung nehmen fönnen, iveil es keine Klarheit über die Vorgänge it London habe. Nun ist aber doch die amerikanische Note bekannt, darüber sollte sich die Regierung klar sein, ob wir noch ein legte Angebot machen oder die Peitshenhiebe über uns ergehen lasset wollen. Zu der oberschlesischen Frage meine ih, daß etne Aué- sprache auf die Beruhigung der Gemüter keineswegs störend wirken fönnte pern vielmehr durchaus günstig wixken wird, wenn sie rüdha tslos erfolgt, umsomehr, da wic durhaus zuver- lässiges Material darüber haben, daß auch deutsche Regierung? beamte beteiligt sind an Ma en utsGunternehmun en. (Große Unruhe xechts und Pfuirufe.) Wir scheuen keine Aus sprache, und wix verlangen, daß Klarheit geschaffen wird.

Abg, Ge yers- Lei gi Komm.): Auch wix sind für g Besprehung der oberschlesishen Angelegenheit, zumal da es fest R daß die deutsche Regierang mit die Schuld an den Vorkomub nissen trägt. (Große Unruhe bei den bürgerlihen Parteien.)

Reichskanzler Fehrenbach: Meine Damen und Herren! Gegen die Ausführungen des Herrn Abg. Geyer, daß an det jeßigen Unruhen in Oberschlesien die Regierung niht ohne Ver shulden sei, muß ich den allerernstesten Widerspruch erhebet (Bravo! Rufe: Landesverrat!), und ih muß angesichts der traurigen Situation in Oberschlesien es als unerhört bezeihnen, ih hätte es in diesem Hause für uumöglih gehalten, daß solche Vorwürfe erhoben werden (lebhafte Zustimmung), ohne den

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: Deutshuattionalen, Unabhängigen un

mindesten Grund. (Erneute Zustimmung.) Wie ist benn der Tat- bestand? Gewissen polnishen Agitatoren ist die gerüchtweise ge- meldete, angebliche Aufteilung von Oberschlesien nicht weit genug gehend. Sie wollen, daß ihnen außer Pleß und Rybnik und dem östlihen Teil von Kattowiß ganz Oberschlesien zugeteilt wird. Das Gerücht über die andere Art der Zuteilung ist durch ihre Presse in Oberschlesien verbreitet worden und nun suchen sie dur diese Gewaltmaßregeln ihre Korfanty-Linie zu erreichen (sehr richtig!), die Zuweisung also von beinahe ganz Oberschlesien an Polen, Um dieses Ziel zu erreichen, werden jeßt diese Unruhen angezetetlt, Wo ist denn da irgendein Verschulden seitens der deutschen Regierung? (Sehr rihtig!)) Jch weise das mit aller Entschiedenheit und Energie zurück. (Bravo!) Ebenso weise ih es zurück, daß von irgendwelhen Regierungsbeamten irgendwelche Putschversuche in Oberschlesien unternommen worden stnd. Auch dafür as r pery AE (Lebhaftes Bravo!)

Abg. ul ÿ - Bromberg (D. Nat,): Es ist na äß, wir wissen, was ien MeSezus Der inn r wg L Entente Pa Obexschlesiens sih ablehnend verhält. Wix bex dauern, daß die Regierung einc Erklärung darüber, die wix er- warteten, nichjt abgegeben hat, Nunmehr erklären ivi, daß wir unter Ablehnung des weitergehenden Antrages von links, um die Möglichkeit einer Debatte über die Erklärung der Regierung herbei zuführen, das Haus bitten, in eine Vesprechung über Oberschlesien einzutreten.

Reichsminister der auëwärtigen Angelegenheiten Dr. Simons: Meine Damen und Herren! Die Frage des Herrn Abgeordneten Schuly (Bromberg) wax wohl in erster Linie an mi gerichtet. Es handelt sich darum, ob die Regierung zu dem, was ih tat- sählich mitgeteilt habe, auch bereits cin Programm aufstellen wollte für das, was sie zu tun gedähte in dem Falle, daß die ein- geleiteten Verhandlungen wegen der nahdrücklihen Beseitigung der Unruhen durch die Jnteralliiecte Kommission und ihre Truppen nicht zum Ziele führen.

Jh halte es nicht für richtig, hier vor dem hohen Hause in demselben Augenblick, wo die Telegramme der deutschen Regierung in den Hauptstädten der Alliierten übergeben werden, und wo noh nit feststeht, was die alliierten Regierungen daraufhin tun, jeßt schon mit cinem weiteren Programm für den Fall hervor- zutreten, daß sie das nicht tun werden, was wir von ihnen ver- langen, Wir haben bis jeßt keinen Grund, anzunehmen, daß die Jnteralliterte Kommission sich keine Mühe geben wird. (Sehy rihtig! bei den Soz. und D, D,) Sowohl die mündlihen Mit- teilungen wie auch das “tatsächlihe Vorgehen dex Juteralliterten Kommission sind dafür vorläufig anzuführen, daß sie sih diese Mühe geben wird. Wix werden abwarten, ob sie es tut und oh sie damit durchdringt. Aber jeyt {hon mit Eventualitäten zu tfommen, widerspricht dem internationalen Brauch (sehr richtig! bei den Soz.) und würde meiner Ansicht nach unserer Sach nicht nüßlich sein. (Zustimmung bei den Soz., D. D. und im Zentrum.) Wg Ge ye x - Leipzig (Komm.) bamerki, daß er in dex Be- sprechung sein Material’ vortragen werde.

Der Antrag Crispien, sofort în eine Besprechung dex Rg Sg einzutreten und damit die Aussprache über sonstige außerpolitische Dinge zu verbinden, wird gegen die Stimmen der Unabhängigen und Kommunisten abgekehnt. ___ Der Antrag Sch Ul h - Bromberg, in eine Besprechung über Oberschlesien einzutreten, wird gegen die Stimmen der Kommunisten abge= lehnt. (Feiterkeit. d,

Gegen den Vorschlag des Vizepräsidenten Dietrich, nunmehr die Sißung zu vertagen, erheben“ die Abgg. Ba Lt (Komm.) und Crispien (U. Soz.) VWiderspruch. Fn dex Abstimmung wird jedoch der As des Präsidenten gegen die Stimmen der Mehrheits\ozialisten, Unabhängigen und Kommunisteu angenommen.

Die Vizepräsident beraumt die nächste Sigung an auf Mittwoch, 2 Uhr, mit der Tagesordnung: Kleinere Borlagen und Mietsteuergeseß.

Aba. Crif pien (U. Soz.) echebt Widerspru gegen die Tagesordnung und beantragt als ersten Punkt die Be groGung der Regierungserklärung, sodann die Abstimmung über die Anträge, hetreffend den Au3nahmezustand, und Fortseßung der Beratung über C e eas,

_Abg. Keil (Soz.) beantragt, auch die Steuersache Exzbergerx auf die Tagesordnung zu seven. Es scheine hier Verschleppung getrieben zu werden, t daß der politische Skandal sih zu etnem parlamentarishen auswachse,

Abg. Dr. Kahl (D. V) eit demgegenüber klar, daß durch- aus keine Vershleppung beabsichtigt sei. Er als Berichterstatter verbitte sich diesen Vorwurf.

Vizepräsident des Reih3ministeriums und Reichsjustizminister Dr. Heinze bittet als Abgeordneter, auch die dritie Lesung des Gesetzentwurfs über die Kriegsverbreher auf die Tagesordnung

zu seßen.

Fn der Abstimmung bleibt es im wesentlihen bei dem Borsthlag des Vizepräsidenten; nur werden noG die Sache Erzberger und die Novelle zu dem Gesey über die Kriegs= verbrecher auf die Tagesordnung geseßzt. j

Schluß 5, Uhr.

sreußíscher Landtag. 15. Sizung vom 3. Mai 1921, Nahmittags 2 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger®).) M Dr. Por\ch eröffnete die Sißung nah « Uhx.

E Ci sarme! (D. Nat.) hat an das Staatsministerium die Ansrage gerichtet, wie es das Verfahren des Landwirtschafts- ministers re tserti en will, der am 18, Februar dieses Jahres die bisherige eelafung der orstakademien geändert und an Stelle der Direktoren in Eberswalde und Hannoversh-Münden Rektoren eingesegt hat. | Der Vertreter der Staatsregievung erwidert, daß die Lehrerkollegien der beiden Akademien \{chön. früher den Vunsh nach Einführung der Rektoratsverfassung habt und voriges Fahr von neuem geäußert haben, Der Minister Braun abe daraufhin an beiden Akademien durch neue Saßungen die eftoratsverfassung eingeführt. Der Forstetat sei zu iener Heit bereits abgeschlossen gewesen. Wegen der endgültigen Regelung shwebten zurzeit noch Verhandlungen. ¿ Darauf seyt das gans die Beratungder Anträge der Deutshnationalen auf Aufhebung der R R tag für Getreide, Milch, utter und Zucker fort. \

Abg. Drew ixtischaftl. Vereinig.): Die Zwangswirt- haft isl während B Bi M Ti reit ) Bana Hätte

der Reden der Herren Minister, die im

®) Mit Ausnah Worilaute wiedergegeben

man damals statt des bureaukratishen Apparats bie wirtschaft-

lichen Organisationen vont Handel und Geiverbe hinzugezogen, so wäre es naher lange nicht so shchlimm geworden, und der Ueber- gang zur normalen WVirtschaft hâtte sich ohne große Hindernisse vollzogen. Die Regierung hat jeyt erklären lossen, daß an die Aufgabe der Zwangswirt|chast für Getreide nit zu denken sei. Die Regierung hat leidec nicht gesagt, wie es mit den Er- lcihterungen gehalten werden soll, die dem Getverbe für den OILIIRY gewahrt werden sollen. Schließlich wird doch immer derjenige der Prügelknabe sein, der die Ware an die konsumierende Bevölkerung verteilt, Darum hätte insbesondere das Bäer- ewerbe sehr gern Näheres über das Umlageverfahren gehört. ie Bäker wünschen nicht, daß die Zwangswirtschaft über Nacht

aufgehoben wird; ein bestimmtes Brotquantum muß sichergestellt,

darüber Sr fla aber dem Gewerbe freier Spielraum gelassen werden. Fn kleineren Kommunen sind die Verwaltungen bereits dazu über ennen, die Fwangdwirtshast zu lockern und dem verarbeitenden Gewerbe Erleichterungen zu hafen. Das mu auch in größeren und gan roßen Kommunalverbänden mögli sein. Wa3 nüt aber der ehrliche Wille der Regierung, wenn die untergeordneten Organe ihre Maßnahmen de otieren? Es ist ein Kuchenbackverbot ergangen; überall in Deutschland steht es bloß auf dem Papier. Fn Berlin wird aber die Durchführun allen Ernstes versuht, und so hat der Schleihhandel herrli eit. Die Milchwirtshaft soll am 1. Juni g egeben werden. ie Antere enten, Landwirte, Molkereigenossen Aaften und Milch- händler haben für die Uebergangszeit Richtlinien beschlossen und den Abl luf von Lieferungsverträgen empfohlen. Dec Anreiz um Abschluß solcher Verträge soll durch eine Erhöhung des Stall- reises gegeben werden, Alle diese Vecträge sind aber geneamigengspftißtia und wix müssen jeßt erleben, daß die Reichsfeitstelle vielfah den LLsGlus solcher Verträge verbietet. Andererseits haben in Brandenburg und Sachsen vorweg Milch- Iun en durch die untergeordneten Organe stattgefunden, wodur der Anreiz gun Abschluß solcher Verträge wieder in Weg- sel gekommen ist, Aus. diesem Chaos wird nux herauszukommen ein, wenn endlich dafür gesorgt wird, daß die untergeordneten Drgane einheitlih verfahren, dah eine einheitlihe Regelung auch den Kommunalyerbänden zur Pflicht gemacht wird, Die Ziwangs- wirtschaft soll weder von heute auf morgen abgebaut, noch darf sie verewigt werden, Ein Ausweg wird sich finden, wenn man die in diesen wirtschaftlichen Fragen zuständigen Fnteressenten

hinzuzieht.

Abg. Meyer -Bökau (D.-Hann.) tritt gleichfalls für die deutshnationalen Anträge auf Aufhebung der Zwangswirtschaft ein, Unter der Zwangsbewirtshaftung ist die landwirtschaftliche Produktion erheblich zurückgegangen, “Geht sie weiter zurück, so ist eine Katastrophe unvermeidlih, Unsere vornehmste Aufgabe muß es sein, die heimische landwirtschaftliche Erzeugung zu steigern, was aber nur geschehen kann, wenn den Landwirten volle Bes wegungsfreiheit gegeben wird. Die Versorgung der Bevölkerung kann sich nur dann bessern, wenn s{hleunigst mit dem Abbau der Zwangswirt Gast begonnen wird. Ein solhex Abbau ist besonders notwendig Hinsichtlich dex Milch, denn bei Weiterbestehen derx

NARgNL et Gai sind die Molkereien dem Zusammenbruch vera allen.

__ Abg. Schulze -Stapen (D. Nat.): Der Vorwurf, wir hätten die Anträge nux aus agitatorishen Gründen gestellt, ist völlig un- begründet. Wenn große Konsumentenkreise aller politischen Richtungen mit den Landwirten einig sind in dex Verurteilung der Fwangawirischaft, so ist die Stellung solcher Anträge do ge- wA orechtigt. Derartige Fragen sollte man niemals von partei

olitishem Standpunkt aus betraŸhten, sondern nur sahlich be-

andeln. Alle Parteien müßten doch dasselbe Bestreben Haben, diese Fragen zu einer Lösung zu bringen, die eine bessere Ver- sorgung dex Bevölkerung ermöglicht, Unter dex Zwangswirtschaft ist die landwirtshaftlihe Produktion, das kann nicht bestritten werden, sehr bedeutend zurüctgegangen. (Widerspruch links. Fu- ruf: Weil die Landwirte nicht abgeliefert haben!) Fch erinnere daran, daß die Zollpolitik ebenfalls eine schwere Krisis in dex Er- nährung unseres Volkes hervorgerufen hat, und daß damals mehr ala 300 000 Volksgenossen auszuwandern gezwungen waren, und daß wir dann bis vor dem Kriege in dexr Lage waren, fast siebzig Millionen Menschen ernähren und noch - ctwa 500 000 fremde Arbeiter ins Land zichen zu können. Fn Sachsen haben Ober- präsident Hörsing und die sozialdemokratishen Landräte die shweren Nachteile der Zwangswintschaft erkannt, Wix wünschen die Aufhebung der Zwangswirtschaft auch deshalb, um den ehr- lichen Landwirt, dex die Ablieferungsvorschriften streng innehält, wiedex konkurrenzfähig zu machen gegenüber den Schiebern. Jn der Veruxteilung der Schleichhändler und Schteber lassen sich die ehrlichen Landwirte nit übertreffen; -Gegenüber der Behauptung, daß die Landwirte dem Schiebertum Anreiz gegeben hätten, hee haupte ih, daß es die reihen Städter gewesen sind, die auf das Land hinauspilgerten und die Landwirte durch gegenseitiges Ueberbieten zur Abgabe von Lebensmitteln veranlaßt hahen. Große Mengen Getreide und Kartoffeln sind untex der Zwangs- wirtschast nach dem Auslande vershoben worden, Diese großen Schieber, die man meist nit gefaßt hat, sind es, die dem Volke des Gewinnes wegen das entziehen, was es gu seinex Ernährung nötig hat, Jm übrigen wollen auch wir nicht, daß die Aufhebung der Fwangswirtshaft zu unershwinglih hohen Preisen führt. Für saút e Einwendungen in diesex Hinsicht wären wir daher [ehr ankbar. Es besteht fein Zweifel darüber, daß die Kwangswirts- schaft, der zwishen Produzent und Konsument eingeshobene be- hôrdlihe Apparat, die Lebensmittel ganz ungebührlih und un- nötig verteuert. Was sollen die Landwirte q, B, dazu sagen, wenn sie den Zentnex Kartoffeln nach Charlottenburg für 9,75 & liefern müssen, während die Stadt ihn zu einem Preise von 42,50 M verkauft? Nur durch den Abbau der Zwangswirtschaft rann der deutshe Boden wieder so ertragreih gemacht werden wie vorx dem Kriege, Niemand außer den Schleichhändlern und Schiebern hat einen Vorteil von der Zwangswirtschaft. Von der Aufhebung dex Zwangswirtschaft versprechen wir uns auc eine He ung der Moral. Die Anbaufläche der Zuckerrüben ist {on

m vorigen Fahre erheblih gestiegen und. wird in diesem Fahre noch größer werden, so daß die Sarge atung des Zuckers ohne Schaden für die Konsumenten zum Herbst aufgehoben werden fönnte. Dex Verantwortung, die wix mit dex Freigabe des Ge- treides für die Savsorguita der Bevölkerung übernehmen, sind wir uns wohl bewußt. enn nach Aufhebung der Bange all die Mengen, die jeßt vershoben werden, în den öffents lihen Handel gelangen, so wird dadurch eine bessere Ver- sorqung ermögliht, und außerdem werden die Preise erun gan, wie sich dies beim Fleisch gezeigt hat.

roß dex Verminderung der Schlachtungen ist jet quantitativ und qualitativ mehr und besseres Fleish vorhanden. Die Hülsen- früchte, besonders Erbsen und Linsen, waren während der Kriegs- zeit unglaublich teuer; heute muß ihr Preis geradezu billig genannt werden. Man sieht also, daß auch die freie Wirtschaft ihre Vor- teile hai. (Zurufe links.) er hohe Kartoffelpreis rührt daher, daß zu viel Kartoffeln zur Unzeit e worden find, daß

u viel geshoben worden ist. Die Schleichhändler und die Kceise,

ie sh im geheimen herproviantierten, sind es doch. die Preis abbau verhindern, weil sie unbedingt jeden geforderten Preis zahlen. Ueber die Notwendigkeit der Aufhebung des Zwanges sind, von einigen Fanatikern abgesehen, alle Landwirte einig; große Uneinigkeit aber herrscht über den Weg in der Uebergangs3zeit. Der von der Reichsregierung aufge’tellte Entwurf mit dem Umlage- verfahren stellt keine Da rung Ln eine Vershlechterung dar und wird von der Landwirtschaft unbedingt abgelehnt, Wir können die Regierung nur dringend warnen, diesen Entwurf Gesetz werden zu lassen.

Dex Antrag auf Aufhebun betreffend die Shrotmühlen, wird gegen die Stimmen der sozialistishen Parteien angenommen. Die E Anträge gehen, du sie noch nicht exledigt sind, an en Landwixis afisaus| ß.

der Verordnung,

Das Haus geHt über zur Be catung bezw. Wetters

| di Gg P derAntraäageundgroßen Anfragen,

die sih auf die Behebung der Arbeitslosigkeit

beziehen.

_ Die Deutschnationalen ersuhen das Staats- ministerium, die von der Verfassunggebenden Landesversamrma- lung genehmigten Staatsarbeiten im Sinne produktiver Er- werbs Lentüalorne s{chleunigsi und umfassend in Angriff zu nehmen, eventl. noch weitere Arbeitsgelegenheiten zu {chaffen.

Abg: Rüffer (D. Nat.): Die produktive Erwerbslosen- fürsorge, die die Poiuag für die nächste J sein muß, ist fa lein erst nach dem 9. November 1918 aufgetauhter Gedanke, son- dern wurde hon von einem Lahnbrecher auf dem Gebiet der inneren Mission, Pastor von Bodélschwingh, vor reihlich vierzi Fahren dur die Gründung der ersten Arbeiterkolonien praktis in die Wege geleitet. Leitender Grundsaß war: Niht Almosen, sondern Arbeit! Heute bestehen etwa 40 derartige Heim!'tätten. Jn Müncheberg ist ein Werk im Entstehen begriffen, wo das Lohn- problem in Verbindung mit industrieller und landwirtshaftlicher Arbeit in geradezu nachahmenswerter Weise gelöst ist. Heute haben wir es mit einer ganzes Anzahl von Anträgen zu tun, die auf produftive Arbeits osenfürsorge hinauslaufen. Aber mit s einzelnen Aktionen ist es nicht getan, es fehlt ein einheitliher Generalplan. Es muß ein Reichsarbeitsdienst geschofsen werden. Unmittelbar vor den oren Berlins bietet sich tm Havelluch ein ungeheures Feld dex Betätigung für die Arbeitslosen, wenn der Staat die nötigen Geldmittel hergibt. Fn Deutshland umfassen die Oedländereien ein Gebiet von der Größe des Freistaates Württemberg. Wird dies in Angriff genommen, so wird damit niht nur die Arbeitslosigkeit vermindert, sondern es werden auch große A SRe E L urn! geschaffen, Hier liegt für

„neue preußtihe Staatsministerium eine hohwichtige Aufgabe. (Beifall rechts,) R fgabe

Abg. R u \ch (Komm.) begründet den Antrag seiner Partei, der im Fnteresse der Erwerbslosen und der E S d. alle Betriebe wieder voll produktionsfähig machen, die Mit- wirkung der Betriebsräte obligatorisch vorschreiben und die Erx- werb3losenunterstüßung verdoppeln will, Die Meßhrheitssozialisten und die Unabhängigen suchten in thren Anträgen immer noch n«ch einem Mitteltve FisGen Kapital und Arbeit; damit werde aber die erfolgreiche Jekämpfung der von den Unternehmern betriebenen Sabotage illusoris{ gemacht und der „Herr im Hause“-Standpunkt der Arbeitgeber und die alte Hörigkeit: der Arbeiterschaft von neuenr statuiert, Die Zahl der Arbeitslosen wachse tagtäglih, sie be- trage nicht 350 000, sondern etwa 134 Millionen. Die Unterstüßzungs- sätze seien lächerlih niedrig. Dex Willkür der Unternehmer, die die Arbeitszeit verkürzten, auch wenn das betreffende Werk voll beshäftigt sei und genügend Aufträge habe, müsse ein Ende ge- macht werden. Durch Geseß sei der Arbeitgeber zu zwingen, den Kurzarbeitern den Lobnausfall zu ersegen. Die voffentliven Ar- beiten müßten unter Mitwirkung der Gewerkschaften vergeben und unter ihrer Kontrolle ausgeführt werden. Bei allen Staats3- arbeit8aufträgen müsse der Charaktey der Notstandsarbeiten Geltung erhalten und der Unternehmergewinn vom Staate fest- geseut werden. Die für beide Geschlehter gleih hoh zu be- messende Arbeitslosenunterstüzung müsse auch dann sofort zahlbar sein, wenn ein Streik die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

Die Kommunisten haben zu dem Gegenstand am 6. April eine große Anfrage eingereiht, die darauf Bezug nimmt, daß den 300 000 Arbeiïtssuchenden, die na dem Reichsarbeitsblatt am 4. März bei den wichtigeren Arbeiisnahweisen gemeldet waren, nur etwa 40000 offene Arbeitsstellen gegenüberstanden.

Ein Vertreter derx Staatsregierung entschuldigt zunüchst die Abwesenheit des Handelsministers, dex durch eine dringliche Staatsministerialsizung tn Anspruch genommen sei, und bemerkt in Beantwortung der großen Anfrage folgendes: Dex Behauptung, daß die gegenwärtigen Unterstüzungssäue in Preußen völlig unzureichend seien, steht die nicht ganz bedeutung3- lose Zahl gegenüber, daß in Preußen für das laufende Geschäft3- jahr an Aufwendungen füx die Erwerb3kosenfürsorge 11/2 Mils liarden ausgegeben werden. (Zurufe bei den Kommunisten,) Es ist richtig, daß der 21 jährige in Berlin pro Tag 10 M, daß ein Erwerbsloser mit Frau und vier Kindern pro Woche 180 M bekommt, und gewiß sind diese Bezüge gering. Abey einmal steht ihnen keinerlei Gegenleistung gegens über, und sodann vermag au die von morgens bis abends tätige Arbeiterschaft auf Grund der Papierzettel, die sie al3 Lohn erhält, nicht immer alles anzuschaffen, was früher al3 im Hau3halt uns entbehrlich galt. Eine gewisse Grenze muß gewahrt werden, um den Anreiz zur Arbeitsaufnahme nicht völlig zu beseitigen. (Große Aufregung, Rufe Aha! und Hört, Hört! bei den Kommunisten.) Son ‘jehi flagen die Arbeitsnahweise darüber, daß es {wer hält, für gewisse nicht Laon Ders beliebte Vexrihtungen ungelernte Arbeiter und besonders eiterinnen zu bekommen, auch ant Orten, wo außerordentlich zahlreiche Unterstüßung3empfänger vorhanden sind. Es ist leider auch nicht immer möglich, solhe Empfänger auszumerzen, die von Hause aus niht zur Arbeiter- schaft gehören. Wenn der Abg. Rusch die Erwerbslosenzahl auf 14/4 Millionen deshalb anschlägt, weil bei Streiks keine Unter- stüßung gezahlt wird, so führt doch die Praxis, die außerordentli milde gehandhabt wird, tatsählih dahin, daß, während die Karenz- geit bei der Erwerbszlosenunterstüßung eine Woche beträgt, den infolge von Streiks erwerb3los Gewordenen nah etwa vier Wochen auf Grund der allgemèinen wirtshaftlihen Notlage die Unter- stüßung in jedem Fall zuteil wird, (Unruhe und Widerspruch bei den Kommunisten.) Dur die Tätigkeit des Reich3amtes für Arbeitsvermittlung sind etwa 80 000 großstädtishe Arbeitslose für ländlihe Arbeiten herangezogen worden, Es hat sich mehr und mehr Heraus8gestellt, daß eine gewisse Auslese der städtishen Erwerbslosen auch das normale Arbeitsmaß auf dem Lande, ja noch darüber hinaus zu leisten vermag, Eine erheblihe Schwierig- keit bietet die Unterbrihgung der Arbeiter bei solhen Melio« rationen. Man hat die Abneigung der ländlihen Kreise gegen die Aufnahme großstädtishex Erwerbsloserx auch durch einen starken finanziellen Anreiz zu bekämpfen versucht. An Einheitlichs keit auf diesem Gebiete hat es auch bisher shon niht gefehlt, dafür haben überall die Lande3arbeit8ämter gesorgt. Die Frage, ob der Arbeitslosigkeit auf dem Wege des Antrags Eberlein ‘a geholfen werden kann, ist zu verneinen. Der Privatindustrie versucht diz Regierung einerseits durch die Erteilung von Aufs trägen, andererseits durch zur Verfügungstellung von Mitteln zu helfen. Die Frage, ob seitens der Unternehmer hinsihtlih der Stillegung von Betrieben Sabotage verübt worden ist, war Gegenstand eingehender Nachprüfung, Die Feststellungen haben ergeben, daß von einer Sabotage nit die Rede sein kann. Es8 fragt si, und das ist das große Problem, wie lange wir in der Lage e werden, die Kosten der Maßnahmen zur Unterstüßung der wirtschaftlih Schw@chen zu tragen. Wir müssen uns darüber flar sein, daß angesihts der schweren wirtschaftlihen Bedrohun durch die Entente auch einmal eine Grenze für diese Möglichkeit gezogen wird. (Zuruf link3: Jst das alles?)

Abg. Jürgensen (U. Soz.): Die Summe, ‘die bisher zur Behebung der Arbeitslosigkeit ausgewendet worden ist, ist gering} gig gegenüber den ungeheuren Summen, die der Krieg ver- chlungen hat. Wir sind uns wohl klar darüber, daß das

roblem dex Arbeitslosigkeit niht durch die Vornahme einzelner Notstands8arbeiten gelöst werden kann. Wir halten uns aber für verpflichtet, den Verhältnissen Rehnung tragen und nach Kräften für eine Linderung der Erwerbskosigkeit einzutreten. Au die Kommunisten werden notgedrungen mit einem solchen Vorgehen einverstanden sein müssen. Der Redner begründet dann die Anträge seiner Paxtei, die die fofortige Jnangriffnahme der Jnstandsezuung dex vollständig verschlikten fenankage in P Sloog und die \{leunige Wiederaufnahme der Vée estigungs- und Landgewinnungsarbeiten im Kreise Süderdith« marschen fordern. Es sollte alles getan werden, um mit Hilfe