1875 / 81 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Apr 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Sm Rer mente G Er L H E E S er RET R s M M

Böhme unter gleichzeitiger Erneunung zum 3, Offiz. beim Landw. Bez. Kommdo. Dresden.

: Im HZanuitäts-Corps.

März. Brode, Assist. Arzt 1. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 104, zum 2. Reiter-Regt., und Oelzner, Assist. Arzt 2. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 102, zum Inf. Regt. Nr. 104 verseßt. Dr. Beenen, Unterarzt vom Füs. Regt. Nr. 108, zum Assist. Arzt 2. Kl. befördert.

XILEL. (Königlich Württembergisches) Armee-Corps,

m Sanitäts-Corps. j

Stuttgart, 22. März. Dr. Sperling, Assist. Arzt 1. Kl. im Inf. Regt. Nr. 122, kommand. zur Dienstl. bei der Milit. Mediz. Abtheilung des Kriegs-Minift., dem Infant. Regt. Nr. 125 zur Dienst- leist. zugetheilt.

Yeamte der Wilitär-Verwaltuug.

Den 29. März. Kretschmer, Zahlmeister - Aspirant des P e, Nr. 13, zum Zahlm. des Füs. Bats. Inf. Regts. Nr. 125 ernannt.

Bekanntmachung

Bereits vor längerer Zeit hat das Königliche Ministerium für Handel 2c. mittelst Cirkularerlaß die Königlichen Eisenbahn- Direktionen veranlaßt, sämmtliche Aenderungen ihrer Tarife wie des Fahrplanes im Deutschen Reichs - Anzeiger zu publiziren. Ebenso haben sih die Verwaltungen der hervorragendsten Privat- bahnen bereit erklärt, ihre einshlägigen Bekanntmachungen in der- selben Weise zu veröffentlihen. In Folge dessen werden wir fortan wöhentlih ein bis zwei Mal eine übersihtliche Zusammen- stellung der uns zugegangenen Tarifveränderungen und von Zeit zu Zeit die Uebersiht der Fahrplan- änderungen zur Kenntniß des betheiligten Publikums bringen. Wenn somit hierdurch dem immer mehr sih bemerklih mahenden Bedürfniß einer centralen Publikation der Tarif- und Fahrpian- veränderungen deutscher Eisenbahnen zum Theil genügt ist, \o dürfen wir uns der Hoffnung hingeben, daß auch die übrigen Eisenbahnen diesen gemeinnügßigen Bestrebungen sih anschließen werden. Gleichzeitig ersuhen wir die verehrlihen Verwaltungen, ihre Expeditionen auf diese Bekanntmachung aufmerksam machen zu wollen.

Berlin, den 5. April 1875. Die Redaktion des Deutschen Reihs-Anzeigers und z Königlih Preußischen Staats-Anzeigers.

Der „Oeffentlihe Anzeiger“ der heutigen Num- mer des „Reihs- und Staats-Anzeigers“ enthält:

Nr. 1 der Tarif-Veränderungen der deutschen Eisenbahnen. ;

NAichtamfliches.

Deutsches Ne ich.

Preußen. Berlin, 7. April. Se. Majestät der Kaiser und König nahnen heute den Vortrag des Civil- Kabinets entgegen.

Ihre Majestät die Kaiserin-Königin war gestern mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden in der Delegirtenkonferenz aus dem Verbande des Vaterländischen Frauenvereins anwesend. Beide Majestäten dinirten mit Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Großherzogin von Baden bei Ihren Kaiserlihen und Königlihen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin.

Se. gKaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittags militärische Meldungen entgegen. Nachmittags 5 Uhr nahmen Ihre Kaiserlihen Ma- je’ äten und Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Baden das Diner bei den Kronprinz- li hen Herrschaften ein. Abends 7 Uhr besuchte Se. Kaiser- lihe und Königliche Hoheit die Vorstellung im Opernhause.

Die nächste Sizung des Herrenhauses is auf Dienstag, den 13. d. M., Vormittags 11 Uhr, anberaumt. Gegenstand der Tagesordnung wird insbesondere die Berathung und Beschlußfassung über die geshäftlißze Behandlung des Gesetzentwurfs, betreffend die Einftellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch-katholishen Bisthümer und Geist- lihen sein. Für den Fall, daß das Herrenhaus erste und zweite Berathung im Plenum über diesen Gesezentwurf beschließen sollte, würde dessen erste Berathung bereits am 14. April auf die Tagesordnung geseht werden.

Im ferneren Verlaufe der gestrigen Sizung des Hauses der Abgeodneten welher auch noch die Staats-Minister Graf zu Eulenburg und Dr. Friedenthal beiwohnten, ergriff in der Generaldiskussion über das Gesetz, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die rômisch - katholishen Bis- thümer und Geistlihen, nah dem Abg. von Heereman der Staats-Minister Dr. Falk das Wort, um seine frühere Aeußerung über den Bischof Rüdiger von Linz gegen die Angriffe, die die- selbe als irrthümlich bezeihneten, aufrecht zu erhalten. (S. unter Landtagsangelegenheiten.) Der Abg. Dr. Gneist referirte dann als Vorsitzender der Petitionskommisfion über eine Anzahl von Petitionen der Domkapitel, die die Ablehnung des Gesezes er- bitten, und empfahl dann, unter dem lebhaftesten Beifall des Hauses die Angriffe und Vorwürfe der ultramontanen Redner zurückweisend, den vorliegenden Gesezentwurf zur Annahme. Aus der Spezialdebatte is nur hervorzuheben, daß der Abg. Dr. Virhow nohmals eingehend den Standpunkt der Fortschritts- partei in dem Kulturkampfe darlegte, und daß der Staats- Minister Dr. Falk den vom Abg. Windthorst (Meppen) ge- brauhten Ausdruck „saubere Schulinspektoren“ durch Vérlesung eines Berichts zurückwies, der die segensreihe Thätigkeit von fünf zur definitiven Anftellung empfohlenen Schulinspektoren \childerte. (S. unter Landtagsangelegenheiten.) Die einzelnen Paragraphen des Geseßentwurfs wurden im Uebrigen ohne er- heblihe Debatten genehmigt; nur im §. 10 wurde auf Antrag der Abgg. Iung und Dr. Wehrenpfennig folgender Zusaß an- genommen :

„Den Staats- und Gemeindesteuer-Erhebern is während der Dauer der Einstellung nicht gestattet, -die vorstehead bezeichneten Abgaben zu erheber und an die Empfangsberehtigten abzuführen.“

___ Außerdem wurde im &; 11 eine unerheblihe, mehr redak- tionelle Aenderung beshlofsen, so daß derselbe nunmehr lautet:

„Sind die Leiftungen aus Staatsmitteln an einen Empfangs- berechtigten wieder aufgenommen, so ist in Betreff der von die- sem Zeitpunkte ab fällig werdenden (statt: der an ihn zu entrihténden) Abgaben und Leistungen die Verwaltungs-Erxeku- tion wieder zu gewähren. Ein Gleiches gilt in Betreff der Ab- gaben und Leistungen für diejenigen Geistlichen, welche keine Lei- itungen aus Staatsmitteln zu beziehen haben, wenn fi dieselben

durch ausdrückliche oder Kills&weigende Willensäußerung verpflich- ten, die Geseße des Staates zu befolgen, so lange sie dieser Ver- pflichtung nachkommen.* i In definitiver Abstimmung wurde dann das Gesez im Ganzen gegen die Stimmen des Centrums und der Polen an- genommen. Schluß 41/, Uhr.

In der heutigen (38.) Sihung des Abgeordneten- hauses, welher am Ministertishe mehrere Regierungs- Kommissare beiwohnten, war vom “Abg. Sachse ein Antrag auf Abänderung der Geschäftsordnung dahin ein- gegangen, daß die Verlesung von Sthriftstüken nur mit Erlaubniß des Präsidenten gestattet ift. Der Gesehentwurf, betr. die Ausführung des Reichs - Impfgeseßes vom 8. April 1874 wurde in dritter Berathung, nahdem ein Antrag des Abg. Dr. Virhow auf Wiederherstellung der vom Herrenhause beshlossenen Fassung des §. 2 angenommen war, definitiv genéhmigt. Hierauf erstattete Abg. Dr. Weber (Erfurt) Namens der Budgetkommission Bericht über den Antrag des Abg. Dr. Eberty, betreffend die Reorganisation des Nachtwacht- dienstes in Berlin und empfahl den Antrag der Kommission: den Antrag des Abg. Dr. Eberty in folgender Fassung anzu- nehmen:

f Königliche Staatêregierung aufzufordern, die Reorganisation des Nachtwachtdienstes in Berlin durch Verhandlung mit den \tädti- schen Behörden in der Art herbeizuführen, daß das Nachtwacht- wesen mit der Shußmannschaft vereinigt wird.“

Das Haus trat diesem- Antrage bei, nachdem auch Regie- rungs-Kommissar Geheimer Ober-Regierungs-Rath von Kehler das Einverständuiß der Regierung mit demselben erklärt hatte. Ferner wurde von dem Referenten Dr. Weber über den Antrag der Abgg. Graf von Wingzingerode und Genossen, betreffend die Erhöhung der Gehälter der Inspektoren 2c. bei den Strafanstalten, referirt.

Die Kommission beantragte die Ablehnung, das Haus aber beshloß die Annahme des Antrages der Abgg. Graf v. Wingzin- gerode und Genossen, welcher lautet:

i Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, bei Aufstellung des Etats pro 1876 für die Direktoren, Inspektoren und Unter- beamten der Strafänstalten eine den Anforderungen des Dienstes entsprechende Gehaltserhsöhung eintreten zu lassen.

Der Antrag der Kommission :

1) den Antrag der Abgg. Dr. Tehow und Moschner, be- treffend die Erhöhung der Gehälter der Strafanstaltsgeistlichen nah den von den Herren Regicrunçskommissarien und den Herren An- tragstellern abgegebenen Erklärungen für erledigt zu erklären ; ;

2) über die iges mit Rücksicht auf die bei Berathung des Antrages Dr. Tehow und Moschner abgegebenen Erklärungen der Vertreter der Staatsregierung zur Tagesordnung überzugehen,

wurde angenommen.

Bei Schluß des Blattes berieth das Haus eine Reihe von Petitionen.

Der General-Feldmarschall und Chef des Generalstabes der Armee, Graf von Moltke, hat fich in Begleitung des Oberst-Lieutenants - de Claer, à la suite des Generalstabes der Armee und Adjutant des Chefs des Generalstabes der Armee, in dienstlihen Angelegenheiten nah Schlefien begeben.

Der General der Infanterie von Fransecky, kom- mandirender General des XV. Armee-Corps, feiert am 8. April d. I. sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum.

Bayern, München, 5. April. Die Kammer der A: . hat “heute einen1Theil: det Rehnungsnachweise aus den Jahren 1870 bis 1872 anerkannt und ohne Diskussion den vom anderen Hause {hon angenommenen Geseßentwürfen wegen Interpretation des Wassergeseßes, wegen Bestreitung der Impfkosten in der Pfalz und wegen Aufnahme eines Kreis- anlehens zur Deckung der Kosten für Erweiterung 2c. der Jrren- anstalt in München zugestimmt. Reichsrath von Neuffer moti- virte seinen Antrag, die bayerishen Bevollmächtigten im Bundes- rath anzuweisen, dahin zu wirken, daß eine Aenderung der bisherigen deutshen Handelspolitik und eine Revifion der be- fiehenden Zollverträge vorgenommen werde. Der Antrag wurde an den zweiten und dritten Aus\{huß zur gemeinschaftlihen Vor- berathung und Berichterstattung verwiesen. Der Gesehentwurf bezüglih der bayerischen Hypotheken- und Wechsel- bank ift heut im Finanzaus\{chuß der Kammer der Abge- ordneten berathen worden. Einige beabsichtigte Modifikationen beziehungsweise Zusäße, unterblieben in Folge der vom Staats- Minister der Finanzen gegebenen Erläuterungen, und wurde der Gesetentwurf unverändert und mit Einstimmigkeit angenommen. Der Aus\{chuß wird über denselben der Kammer am Mittwoch nur mündlichen Bericht erstatten.

—- 6. April. (W. T. B.) Die Verhaftung des Redacteurs

Sigl in Salzburg if auf Requisition der hiesigen Stantsan-

waltischaft geshehen und wird derselbe dem Vernehmen ' nah hierher ausgeliefert werden.

Württemberg. Stuttgart, 5. April. Ihre Kaiserliche Hoheit die Großfürstin Constantin von Rußland ist gestern Abend zum Besuche der Königlihen Familie hier an- gekommen.

Baden. Die von den drei Staaten Baden, Elsaß-Lothringen und der Schweiz zum Schuß des Rhein-Fischereiwesens, besonders des Lacbses, gebildete Kommission hat, dem „Fr. J.“ zufolge, am 25. v. M. ihre in Basel gepflogenen Berathungen beendet, und dieselben werden den betreffenden Regierungen zur Genehmigung vorgelegt werden. Hierbei find die Fischzucht- Anstalten Hüningen und Selzerhof bei Freiburg zur künstlichen Ausbrütung von Lachseiern bestimmt worden.

Hessen. Darmstadt, 5. April. Se. Königliche Hoheit der Großherzog empfing heute Vormittag Uhr Ihre Kö- niglihen Hoheiten die Prinzen Friedrich Wilhelm und Heinrich, Söhne Sr. Kaiserlihen Hoheit des Kronprinzen des Deutschen Reiches und von Preußen, Höchstwelhe in Begleitung des General-Majors von Gottberg, von Cassel zum Besuche bei Sr. Großherzoglihen Hoheit dem Prinzen Ludwig hier an- wesend find.

Der Entwurf des von der Zweiten Kammer {hon vor längerer Zeit durchberathenen Berggeseßes ist im Schooße des

berihtenden Aus\{chu}es der Ersten Kammer auf so bedeutende,

zum Theil tiefeinshneidende Differenzen gestoßen, daß ein Zustandekommen des Geseßes auf dem gegenwärtigen Landtag kaum mehr möglih sein wird. Da der gegenwärtige Land- tag die L vorliegenden Aufgaben erledigt hat, so wird, wie das „Fr. J.“ vernimmt, sobald die Erste Kammer über die ihrer Entscheidung unterbreiteten Vorlagen Beschluß gefaßt hat, der Schluß des Landtags erfolgen.

- Mecklenburg. Schwerin, 6. April. Se. Hoheit der Herzog Johann Albrecht if geftern Morgen von hier nah resden abgereist. Die heute ausgegebene: Nr. 8 des Regie-

rungsblattes enthält das Neben-Kontributions-Edikt wegen Er- legung der Prinzessinsteuer und die Verordnung wegen Aufbringung der Domanialquote zu der ausgeschriebenen Prin-

zessinsteuer.

__ Lippe. Detmold, 6. April. Durch Verfügung des Fürsten ist bis zur Berufung eines Kabinets-Ministers die Fortführung der laufenden Geschäfte im Kabinets-Ministe- rium der Regierung aufgetragen worden. :

Lübeck, 5. April. Der in heutiger Versammlung der Bürgerschaft zur Verhandlung P Entwurf einer revidirten Verfassungsurkunde wurde nah kaum zwei- stündiger Debatte erledigt und zwar wesentlih im Sinne der Senatsvorlage. Von den gegen die bisherige Verfassung abge- änderten Vorschlägen, betreffend Beshlußfähigkeit und größere Kompetenz des Bürgeraus\{chu}ses bei Geldbewilligungen, stimmte die Bürgerschaft nur leßterem zu, entschied ih dagegen dahin, daß zur Beschlußfähigkeit nah wie vor 2/5 von den 30 Mit- gliedern erford-:rlich sei, ftatt der Hälfte, wie der Senat pro- ponirte. Der Senat will die neue Verfassung ersst nach Be- endigung der Neuwahlen in Kraft treten lassen, weil es an Zeit mangle, um- für diesmal die Wählerlisten hon nach dem neuen Modus aufzustellen. Dagegen hat die Bürgerschaft den Wunsch ausgedrückt, daß die revidirte Verfassung \{chon mit dem 1. Mai d. I. in Kraft trete. Nachdem die revidirte Verfgssungsurkunde angenommen war, seßte die Bürgerschaft sofort eine Kommission ein, um auch ihre Geshäfts- ordnung nunmehr zu revidiren.

Elfaß - Lothringen. Colmar, 2. April. Zur Feier des 60. Geburtstages des Fürsten von Bismarck hat- ten ih gestern Abend zahlreihe Mitglieder der Gesellshaft „Er- holung“ in den Räumen derselben zu einem Abendessen ver- fammelt. Den Toast auf den Reichskanzler brate Appellations- Gerihtsrath Keller aus. Mit warmen und beredten Worten toastirte dann noch Seminar-Direktor Dr. Berger auf Elsaß- Lothringen, Referendar Mumm auf das gesammte deutsche Vaterland. Die Stimmung war bis zur \päten Stunde eine

festlih gehobene.

Desterreih-Ungarn. Wien, 6. April. Die Session der Landtage ift heute eröffnek worden. In dem böhmischen Land- tage find 9 czehishe, in dem tiroler Landtage sämmtliche Ab- geordnete von Südtirol erschienen.

Im Gemeinderath wird heute der dringlihe Antrag eingebraht werden, der Gemeinderath von Wien möge der Munizipalität und der Bevölkerung von Venedig für den dem Kaiser von Oesterreich bereiteten großartigen und herzlihen Em- pfang telegraphish seinen lebhaftesten Dank aussprechen.

Pest, 5. April. In der heutigen Sizung des Abgeord- netenhauses wurden die Geseze über die Gerichtsexekutoren und die Zustellungsorgane promulgirt. Die Geseßentwürfe über die Transportsteuer, desgleihen über Stempelgebühren und Taxen wurden mit geringfügiger Modifikation angenommen.

Schweiz. Die Vorbehalte, welche die französische Re - gierung an ihren Beitritt zur Postunion knüpfte, find laut einem Telegramm des „Genfer Journals“ die folgenden: 1) Die französishe Regierung will den Vertrag für fich erft am 1. Ja- nuar 1876 in Kraft treten lassen. 2) Sie verlangt, daß eine Aenderung der im Verträge festgeseßten Taxen nur mit Zustim- mung sämmtlicher kontrahirender Theile solle erfolgen können. Diese Vorbehalte werden den Vertragsstaaten mitgetheilt und bei Gelegenheit des Austaushes der Ratifikationen, der am

* 3. Mai in Bern stattfinden wird, diskutirt werden. An deren

Annahme isst niht zu zweifeln, da diese Vorbehalte entweder überhaupt keine große Tragweite, oder eine \solhe nur für Frank- reich haben. Der zweite Vorbehalt is ganz dem Vertrage kon- form und was den ersten anbelangt, so hätte er ledigli die Wirkung, während 6 Monaten den Transit vom französishen Territorium abzulenken.

Großbritannien und Jrland. London, 5. April. (A. A. C.) Der Aufenthalt des Prinzen von Wales in Indien wird \ih, wie der Londoner Korrespondent des „Manchester Guardian“ erfährt, vom November bis zum April nächsten Jahres ausdehnen, und es i die Absicht Sr. König- lihen Hol eit, das Land und seine Herrscher \o viel als möglih kennen zu lernen. Der Herzog von Connaught (Prinz Arthur) i zu seinem Regiment in Norwih zurückgekehrt. Der Prinz von Wales läßt im Garten des Marlbo- roughhouse einen Turnapparat nach deutshem Muster für seine Kinder errichten. Ein Erxerziermeister der Armee wird ihnen als Turnlehrer beigegeben werden. Am Sonnabend waren die Sehenswürdigkeiten des Towers zuni ersten Viale unentgeltlich geöffnet. Dieselben wurden zwishen 10 Uhr Vormittags und 4 Uhr Nachmittags von nahezu 4000 Personen in Augenschein genommen. Die Gésammtausgaben am Schlusse des mit dem 31. v. M. zu Ende gegangenen Finanzjahres beliefen sich auf 74,328,040 Pfd. Sterl., sind ‘also um 635,960 Pfd. Sterl. hinter dem Vor- anshlage zurückgeblieben. Der Gesammtübershuß des Rech- nungsjahres beträgt demnach, da die Staatseinnahmen den Voranschlag um 496,873 Pfd. Sterl. überstiegen, 1,132,833 Pfd. Sterl.

7. April. (W. T. B.) Graf Derby hat heute eine Deputation der evangelischen Allianz empfangen. Er er- flärte derselben, daß die Regierung fih niht für befugt halten fönne, auf den Sultan eine Einwirkung dahin auszuüben, daß derselbe eine Deputation der Allianz empfange.

Frankreih. Paris, 7. April. (W. T. B.) Das „Journal officiel! publizirt eine amtlihe Verordnung, durch welche die Wähler der Insel Guadeloupe auf den 6. Iuni d. I. einberufen werden, um an Stelle Melvil Blon- courts , der sein Mandat verloren hat, eine Ersaßwahl zur Nationalversammlung vorzunehmen.

(Telegramm der „Agence Havas''.) Die Nachricht, daß der französishe Gesandte in St. Petersburg, General Leflô, von seinem, Posten abberufen werden solle, entbehrt der Begründung. Ebenso sind die Gerüchte über die angebli be- vorstehende Abdankung des Kaisers von Brasilien ohne thatsählichen Anhalt.

Der Kriegs-Minister hat die Errihtung von 100 neuen Gens'darmerie-Brigaden (jede Brigade zählt 12 Mann) befohlen. Die Gesuhe der Departementalbehörden be- trefffs der Vermehrung dieser Waffengattung gingen weit über die Ziffer von 1200 hinaus; aus finanziellen Rücksichten konnten aber niht mehr bewilligt werden.

Ftalien. Uebex die Festlihkeiten zu Ehren des

Besuchs des Kaisers Franz Ioseph liegen heute folgende

Telegramme des „W. T. B.“ vor:

Venedig, 6. April. Der Kaiser Franz Iosef und der König Victor Emanuel find heute Vormittag um 1/310 Uhr in Begleitung der Königlihen Prinzen, der Kronprinzesfin Margherita und des beiderseitigen Gefolges zur Militärrevue nach Vigonza abgereist. Die Rückehr der Majestäten wird Nahmittags 1/,3 Uhr erfolgen. Um 1/7 Uhr findet Hofdiner und nach demselben eine Festvorstellung im Theater Fenice statt. i

6. April, Abends. Die Majestäten find heute Nach- mittags gegen 3 Uhr von der Revue bei Vigonza zurück- gekehrt. An derselben nahmen 2 Divisionen Infanterie, 2 Com- pagnien Genietruppen, 1 Regiment Bersaglieri, 4 Batterien Und eine Kavallerie-Brigade Theil. Die Monarchen ritten die Fronten der Truppen ab, worauf der Vorbeimarsh derselben erfolgte. Der Kaiser gab wiederholt seine Befriedigung über die Haltung der Truppen zu erkennen und \prach dem fommandirenden General Pianelli seine Anerkennung aus. Nach der Rückehr von Vigonza machte der Kaiser mit sêinem nächsten Gefolge einen Ausflug nah dem Lido. Derselbe wurde überall von der Bevölkerung mit den lebhaftesten Kundgebungen begrüßt.

Der König Victor Emanuel hat gestern Nachmittag dem Grafen Andra\\y eine längere Audienz ertheilt.

6. April, Abends. An dem Galadiner zu Ehren des Kaisers Franz Iosef nahmen gegen 80 Per- sonen Theil. Der König saß an der rechten Seite des Kaisers, zur Linken des Kaisers hatte die Kronprinzessin Margheritg Play genommen. Beim dritten Gange brate der König folgen- den Toast aus: „Ich trinke auf das Wohl Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreih und Königs von Ungarn, meines Er- lauchten Gastes, Bruders und Freundes und auf das Glück und die immerwährende Eintracht (Union) beider Staaten“, den der Kaiser Franz Iosef mit den Worten erwiderte: „Mit den Ge- fühlen meiner lebhaftesten Dankbarkeit für den herzlihen Empfang, welchen ih hier gefunden, trinke ih auf das Wohl des Königs von Italien, meines Bruders und theuren Freundes und der Königlichen Familie und- auf die Wohlfahrt und das Gedeihen Italiens.“ «

7. April. (W. T. B.) Die Majestäten erschienen ¡in der gestrigen Festvorstellung im Theater Fenice um 10 Uhr und blieben dort bis 114 Uhr. Das zahlreich anwesende Publi- fum brate ihnen die lebhaftesten Ovationen dar. An dem gestrigen Ausflug der Monarchen nach dem Lido nahmen die Kronprinzessin, die Königlihen Prinzen und das beiderseitige nächste Gefolge Theil. Auf dem Lido wur- den die Allerhöchsten Herrschaften von dem Sindaco und dem Verwaltungsrath der Lidogesellshaft empfangen und verweilten dort eine Stunde. Die Abreise von Venedig wird heute Vor- mittag um 10 Uhr erfolgen. Der Graf Andraf}sy hat gestern über den fterreihishch-italienischen Handelsvertrag mit Luzzati eine Konferenz gehabt. Den Königlichen Prinzen ist vom Kaiser das Großkreuz des Stephans-Ordens, dem Grafen Cantelli das Großkreuz des Leopold-Ordens, dem Grafen Panisera das Großkreuz des Franz-Iosef-Ordens verliehen.

Mailand, 7. April. (W. T. B.) Bei dem Empfange des italienishen Ministers des Aeußern sprach fih Kaiser Franz Iosef, wie die „Perseveranza“ meldet, etwa in fol- gender Weise aus: „Ih bin im hohen Grade befriedigt, daß ih meinem Wunsche, den vom König Victor Emanuel mir in Wien gemachten Besuch zu erwidern, nachkommen und so einen Beweis meiner aufrihtigen Freundschaft für meinen Königlichen Bruder und Freund \owie meiner warmen Sympathie für dieses \chône Land und sein Volk geben konnte. Ich beglück- wünshe mih zu den zwishen beiden Ländern bestehenden freundschaftlihen Beziehungen. Ich bin von der Dauer dieser auf gegenseitiger Ahtung und Gemeinsamkeit der Interessen begründeten Freundschaft überzeugt und hoffe, daß die bestehen- den glücklichen Beziehungen fh noch enger gestalten werden. Ich hege die lebhaftesten Wünsche für das Wohl Italiens.“

Rußland und Polen. St. Petersburg, 6. April. (W. T. B.) Die Gemahlin des Großfürsten-Thron- folgers ist heute früh von einer Tochter glücklich entbunden worden.

Wie der „Moskauer Zeitung! aus St. Petersburg tele- graphirt wird, hat die russische Regierung Befehl gegeben, fofort eine große Heerstraße von Krasnowodsk am Caspischen See nah der Residenzstadt des Khanats Khiwa anzulegen und eine weitere nah Bokhara in Angriff zu nehmen. Zugleih wurde auch der Auftrag gegeben, die russi\sche Flottenstation in Aschur-Ade (Asterabad am Südende des Caspishen Sees) nah Krasnowodsk zu- verlegen.

Dänemark. Kopenhagen, 5. April. (H. N.) Der Reichstag trat heute wieder zusammen. Das Folkething wählte Krabbe zum Präsidenten, Högsbro und I. A. Hansen zu Vize-Präsidenten.

Amerika. New-York, 6. April. (W. T. B.) In Konnektikut is der Kandidat der demokratischen Partei zum Gouverneur gewählt. Die demokratische Partei hat außer- dem die Majorität in der geseßgebenden Versammlung etlangt und zwei Sihe im Kongreß der Vereinigten Staaten gewonnen, indem drei demokratishe Deputirte in denselben gewählt find.

Asien. Aus Delhi wird vom 4. ds. telegraphirt, daß der dortigen „Gazette“ zufolge der König von Birma krie- gerische Vorbereitungen treffe. Oberst Browne, der Füh- rer der birmanisch-chinesischen Forshungs-Expedition, ist den Berichten der neuesten indischen Ueberlandpost zufolge, nah Bhamo zurückgekehrt. Er berichtet, daß die Chinesen seine Leute anfänglich wüthend angriffen, aber fich dann, eingeshüchtert dur das rashe Feuern der Snidergewehre, in die Gebüshe zurückzogen. Der Kampf dauerte aht Stunden. Der Häuptling der Kachen steckte die Gebüsche in Brand, was der Expedition den Rückzug erleihterte. Die birmanishe Eskorte foht tapfer. Die Expedition verlor fast ihre gesammte Bagage. Kapitän Cook, ein anderes Mitglied der Expedition, if ebenfalls nah Bhamo zurütgekehrt, Jn Minemow ließ er Mr. Ney Elias, den Reisenden, zurüd, da der chinesishe General sich weigerte, ihn weiter ziehen zu lassen.

Landtags- Angelegenheiten.

Berlin, 7. April. In der Sizung des Hauses der Abgeordneten am 5. d. M. beantwortete der Minister des Innern Graf zu Eulenburg die Interpellation des Abg. Dr. Virchow in Betreff der Provinzialordnung wie folgt:

Die, wie der Herr Interpellant sich ausdrückt, politische und kommunale Nothwendigkeit, die Organisation auch auf die westlichen Provinzen - auszudehnen, ist auch der Regierung klar, und jedes Wort, das hier am Ministertische in dieser Beziehung gefallen is, deutet darauf hin, daß die Regierung sih dieser Nothwerdigkeit nicht nur be-

wußt ist, sondern daß fie auch den bestimmten Willen hat, derselben Rechnung zu tragen. Etwas ganz anderes ist es ja aber mit der Frage der Ausführung. Ob die Umstände, der Ge\häftsdrang, ob die Unterscheidung zwischen dem absolut Nothwendigen des Augen- blicks oder dem auf kurze Zeit Aufschiebbaren zwingen, nur nach und nach vorzugehen, oder ob es besser ift, die ganze Masse des zu Bes zu Verarbeitenden auf einmal vorzulegen auf die Gefahr hin, daß das Zustandekommen auch des Einzelnen ge- fährdet wird, dies zu entscheiden, liegt auf - einem anderen Felde. Die Staatsregkzxung stebt auf dem Standpunkte, auf welchem sie stand, als ich am 11. Februar die Ehre hatte, hier im Hause davor zu warnen und zu bitten, man möge die Resolution nicht annehmen. Wenn in Bezug auf die Ausführung der Resolution jeßt interpellirt wird, so möchte ich bemerken, daß der Herr Interpellant in der In- terpellation die Staatsregierung interpellirt, heute interpellirt er mi. Ich werde wohl das Recht haben, im Namen der Staatsregierung zu antworten. L

Auf die erste Frage, ob noch in dieser Session die Gesetzentwürfe werden vorgelegt werden, muß ih mit Nein antworten, wir find nicht im Stande, es zu thun; ob die Königliche Staatsregierung die Vor- lage in der nächsten Session einzubringen beabsichtigt, muß ih dahin beantworten, daß ein Entschluß der Regierung darüber nit gefaßt worden ist bisher, und nicht gefaßt werden konnte, sondern exst dann gefaßt werden wird, wenn sich übersehen läßt, wie viele von den auf diesem Gebiete vorgelegten Geseßentwürfen im Laufe dieser Session werden erledigt weiden.

In der Diskussion über den Geseßentwurf, betreffend das Kostenwesen in Auseinandersezungssahen nahm der Staats-Minister Dr, Friedenthal das Wort:

_ Meine Herren! Jch halte mich für verbunden, mich im Allge- meinen über die Stellung der Königlichen Staatsregierung zu den Amendements, welche zu dem vorliegenden Geseß, beziehungsweise zu dem gegenwärtig verhandelten Paragraphen eingebracht find, zu er- klären, Die Anträge des Hrn. Abg. Mühlenbeck verfolgen an si nicht die Tendenz ciner absoluten Erleichterung der Betheiligten, son- dern sie wollen im Wesentlichen das System, welches die Staatsregie- rung bei den Nummern 1 und 2 des §. 2 für zweckinäßig anerkannt hat im Gegensaß zu der früheren Vorlage, welche die Methode der Abstufung nicht hatte des Weiteren zur Anwendung bringen, namentli bei Konsolidationen und Spezialseparationen und sie beabsichtigen ferner, die Befugniß, welche in dem Entwurf den Auseinanderseßungsbehörden bezüglih der Herabseßung und Erhöhung in §. 3 eingeräumt ist, zu beseitigen. Ih werde es den Herren Kommissarien überlassen, im Einzelnen dea Ausführungen des Hrn. Abg. Mühlenbeck zu folgen und darzuthun, was mir von Seiten der Sachverständigen versichert wird, daß die gedachten Amendements zunächst außerordentlich große Schwierigkeiten in der Ausführung mit si bringen, daß sie die Vereinfachung der Liquidation, welche ein Haupt- zweck dieses Geseßes ist, in vielen Punkten trüben würden, möchte aber selbst betonen, daß sie in ihrem en Effekt nicht erreichen, was auch von dem Hrn. Abg. Schellwiß hervorgehoben wurde, den Interessenten zu helfen und eine gerehtere Vertheilung der Kosten herbeizuführen. Dieselben werden im Gegentheil in vielen Fällen eine shwere Last auflegen und namentlich Ungleichheiten her- beiführen, welche oft s{chlimmer wirken als absolute Erhöhungen, wenn Parteien, welhe in gleicher Lage sih befinden, ungleiche Kostenbeträge zu zahlen und umgekehrt Parteien, die in ver- schiedener Lage sind, gleihe Leistungeu für ungleichartige Ge- genleistungen auf sich zu nehmen Eben Ih muß deshalb rathen, meine Herren, diese Amendements abzulehnen, weil sie, nah meinem Dafürhalten, dem System des Geseßes, wenn auch in formeller Beziehung entsprehend, doch in ihrer materiellen Bedeutung und nach ihrem leßten Erfolge widersprehen würden. Namentlich halte ich dea Antrag, durch welchen der Herr Abgeordnete die Be- fugniß der Auseinandersczungsbehörde, je nach der Eigenthümlichkeit des Falles, zu eihöhen oder zu erniedrigen, beseitigen will, für den allerbedenklihsten. Gewiß werden die Auseinander- schungsbehörden wie alle Staätsbehörden ihre Pflicht erfüllen, die Interessen der Gesammtheit, die gewöhnlich mit dem

etwas odiösen Namen „fiskalische Interessen“ bezeichnet werden, nicht.

zu vernachlässigen. Ebenso stark aber wird ihnen ihre fans gegen- wärtig sein, das Werk zu fördern, dem sie berufsmäßig und fraft ihrer Einseßung gewidmet sind. Sind doch diese Behörden nicht berufen Steuern einzuheben oder die Intraden des Staates zu erhöhen. sondern die Landeskultur zu steigern, und sie werden nach der Natur der Sache ihre Ehre darin suchen, so umfangreich und intensiv ais msglich das Werk der Konsfolidation zu fördern. Wenn das richtig ist, meine Herren, dann glaube ih, liegt gerade darin, daß die Auseinanderseßungsbehörde diese fraglihe Be- fugniß ausüben sollte, die beste Garantie dafür, daß dieselbe in der Mehrzahl der Fälle den Betheiligten zu Gute kommen und nicht zur Last fallen wird. : /

Bei den Konsolidationen, kei den Spezialseparationen, die der Herr Abgeordnete scinem Amendement zu Nr. 3 des §. 2 ins Auge gefaßt hat, ist es n \chwer, einen allgemeinen Werth- messer fôr die Abstufung zu finden, viel s{werer, wie bei den Ab- lässen. Bei den leßteren ih beziehe mi in dieser Beziehung auf das Beispiel des Hrn. Abg. Schellwiß bietet sich einfa in gegebenen Zahlen der Werth des Objektes für die Betheiligten. Ganz anders verhält es fich bei den Konsolidationen; das Interesse, das die Betheiligten an ihnen haben, drückt sich nicht aus im Werthe der jeparirten Obs jeïte, sondern es drückt sih aus in dem Schaden, welcher bei der Lage vor durchgeführter Separation in Folge der Zerstückelung oder des Gemeinsißes solcher Grundstücke, die besser im Einzelbesiße wären, für die Kultur und Nußung erwächst. Es führt also der Weg, den der Herr Abg. Mühleneck cinschlagen will, der Abstufung nah dem Werthe beziehungsweise Katastralertrage doch nicht dazu, das zu er- reichen, was er erreichen will. ;

Einem Amendement, welches nach einem zu treffenden Werth-

messer abstufte, würde ih mich nicht widerseßen. Einen solchen zu- treffenden Werthmesser vermisse ich aber, und so lange bleibt nichts übrig, als, wie vielfach anderwärts zu individualifiren, wo man aber zu individnalisiren hat, muß man irgend einer Behörde vertrauen, die dies in feiner Weise vorzunehmen hat. Sie haben bei den Ver-

waltungsgeseßen vielsah den Selbstverwaltungsbehörden solche Latitüden, solche weit gefaßten Befugnisse eingeräumt. Sie haben den Kreisaus\{chüssen für die E olen vor denselben ebenfalls die Befugniß zugestanden, Paushquante für Kosten festzu- seßen und diese Befugniß, meine Herren, können Sie nach meinem Dafürhalten den Auseinandersezungsbehörden für den vorliegenden Zweck ohne jede Befugniß cinräumen, weil deren natürliches Interesse dahin geht, vor Allem die Auseinandersezungen zu fördern.

Wenn der Hr. Abg, Prinz Hohenlohe ih komme später auf das prinzipielle seines Amendements zurück si{ch mißfällig darüber ausgesprochen hat, daß hier A niht immer

«mit der nöthigen Schnelligkeit arbeiten, daß überhaupt in ihrem Ge- \chäftsgange Manches vorkommt, was zu Beschwerden Anlaß giebt, so ist hier wohl nicht die Stelle, auf die Einzelnheiten einzu-

ehen. Ich habe, was die Angelegenheit betrifft, welche der Herr A acorbagio die Güte hatte zu erwähnen, in Folge eines Zeitungs- Inserates hon früher Gelegenheit genommen, mir Bericht erstatten zu lassen, und hat sih dabei herausgestellt, daß nicht eine, sondern zwölf verschiedene Avlösungssachen wvorlg- gen, welhe in der That von ganz besonders fompli- zirtem Charakter waren. Ich will übrigens dahin gestellt sein lassen, ob in jener langen Zeit immer mit der nöthigen Energie gearbeitet worden ist, ob es nicht vielleicht möglich gewesen wäre, in kürzerer Zeit die Angelegenheit zu erledigen. Näheres bört nicht hierher. Das aber möchte - ih dem Herrn Prinzen er- widern, daß, wenn alles Angeführte rihtig und namentlih, wenn man berechtigt wäre, den Auseinanderseßungsbehörden Vorwürfe zu machen, nichts mehr geeignet sein würde, um solhe Unzuträglichkeiten abzu- cchneiden, als die \hleunige und unveränderte Annahme d'eses Ge- eßes. Denn wenn statt der Einzelliquidation Pauschquanta zur An-

wendung gelangen, dann s{chwindet das, was der Herr Ab- geordnete nicht direkt ausgesprochen hat, was aber doch zwischen den Zeilen zu lesen war, ih ziehe es vor, solche Uebelstände mit dem rechten Namen zu nennen dann s{chwindet jedes Interesse, alle Neigung durch Termine, durch Geschäfte, die an fich nicht nôthig find, sondern nur .dazu dienen, die Sache hinzu- ziehen für die betreffenden Beamten, die solche Geschäfte zu verwalten haben, höhere Sporteln, höhere Intraden herbeizuführen. Für alles Das, was der Herr Prinz in dieser Beziehung ausgesprochen hat, kann ih nur dankbar sein, weil es besonders dazu angethan ist, Jhnen auf das Wärmste die Annahme dieses Geseßes unter allen Umständen ans Herz zu lezen. Was die Anträge des Herrn Abgeordneten und seiner Herren Genossen betrifft, so haben sie abweihend von dem System des Abg. Mühlenbeck den Zweck einer absoluten Erleichterung für die Betbeiligten. Die Anträge richten si dahin, erstens die Pauschsäße für die Konsolidation von 12 auf 9 4, also um 25% herabzuseßen und zweitens den Auseinanderseßungsbehörden wohl die Befugniß zur Ermäßigung, nicht aber die Befugniß zur Erhöhung zu geben. Für das Amendement zu §. 2, Nr. 3, spricht alles, was man in jedem Falle für Erleichterungen von Kategorien von Staatsangehörigen anführen -kann, für Erleichterungen, welche von der Gesammtheit getragen werden müssen, die Folge der Annahme des Amendements wäre nah aller Sachverständigen Urtheilen die, daß die erwachsenden weit das Maaß der eingehenden Kosten übersteigen würden uad daß die entstehende Differenz von der Gesammtheit der Steuerzahler zu tragen wäre. Die Staatsregierung muß sich deshalb entschieden gegen die An- nahme des Antrags aussprechen.

Was das zweite Amendement betrifft, so führt es ein Prinzip durch, welches ebenfall3 die Staatsregierung als gefährlih ablehnt, daß näâmlich in Fällen, wo es sich um die JIndividualifirung handelt, nur zu Gunsten der Betheiligten, niemals aber zu Gunsten der Ge- sammtkbeit diese Jndividualisirung eintreten soll. Auch der Abg. Mühlenbeck hat das herausgefühlt und niht umhin gekonnt, diesen Grundsaß als einen von allgemeinen staatlichen Gesichtspunkten aus zweifelhaften hinzustellen.

Zum Schluß, meine Herren, möchte ih Sie, wie dies ichon bei der ersten Lesung von anderer Seite geschehen ist, an die Genesis des vorliegenden Gesebes erinnern. Deshalb ist im vorigen Jahre ein- gebraht worden, auf den lebhaften Wunsch der Mehrheit dieses Bun welche eine dahin gehende Resolution gefaßt hatte. Das Heseß ist von Ihrer Kommission durchberathen und im Wesentlichen nach dem Regierungsentwurf auf Antrag des von der Kommission gestellten Referenten von Ihnen angenommen worden, obwohl auch damals schon theils in der Kommission, theils im Plenum Anträge vorlagen, wie fie gegenwärtig wiederholt find. Der Herr Referent hat bei der vorjährigen Verhandlung ausdrückich hervor- gehoben, daß dasjenige, was die Kommission Jhnen vorlege, auf einem Abkommen zwischen den finanziellen Junteressen des Staates und den Spezialinterefsen der Auseinanderseßungs-Kommission beruhe, daß beide Seiten in der Kommission mit einander verhandelt hätten, daß man von den Vertretern der staatsfinanziellen Jnteressen erheb- liche Zugeständnisse, wenn auch niht Alles, erlangt habe, und daß er dem Hause nur vorschlagen könne, bei den großen Vortheilen, welche das Geseß biete, an diesem Abkommen nicht wieder zu rütteln, son- dern es so wie es gebracht würde, anzunehmen, dies geshah. Später sah sich dennoch die Staatsregierung veranlaßt, soweit sie es konnte, Wünsche, die in sahgemäßer Weise motivirt waren und ausführbar erschienen, Rechnung zu tragen; fie that dies, indem sie die Abstufungen zu Nr. 1 und 2 in das Geseß brachte, welche namentlich mit Rückfiht auf die holftei- nischen Ablösungen eine erheblihe Verbesserung dortiger Interessenten herbeiführen. Sie glaubte ferner, um der Individualifirung weiteren Spielraum zu verschaffen, die einschränkenden Bestimmungen für die Latitüde der Auseinanderseßungsbehörden im§. 3 wegfallen lassen zu follen, um auch hier wieder namentlich den von Holstein aus geäußerten Wünschen entgegen zu kommen, denn gerade hierdurch wind es mög- li, wo bei großen Objekten durch die Paushsummen schr hohe Kostenbeträge herauskommen, erheblich unter die leßtere herabzugehen. Bei dieser Sachlage, meine Herren, scheint es mir nit angezeigt, nit in der Konsequenz liegend, wenn Sie heute die Grundlage, auf der das Geseß ruht, durch Annahme der entgegenstehenden Amende- ments ershüttern und dadurch das ganze Geseß gefährden wollen, das allseitig als ein nüßliches anerkannt worden ist, ih halte mich des- halb verpflihtet, auf das Bestimmteste abzurathen.

Jn der gestrigen Sißung des Hauses der Abgeord- neten nahm in der Generaldiskussion über den Geseh- Entwurf, betreffend die Ginstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römish-katholishen Bisthü- mer und Geistlihen der Minister der geistlichen 2c. Ange- legenheiten Dr. Falk nah dem Abg. Freiherrn v. Heereman

das Wort: 8 Meine Herren! Wollen Sie nicht besorgen, daß ih abermals zu ciner Begründung des Standpunktes der Staatsregierung schreiten werde. Ih habe vollkommen in dieser Beziehung die Ueberzeugung von der Richtigkeit der Bemerkung des Hrn. Abg. Gneist, daß es wirklich die höchste Zeit sei, mit dem Reden in diesen Dingen aufzu- bôren, und daß ih den Standpunkt des Hrn. Abg. v. Kardorff theile, daß etwas Neues in diesen Fragen nicht mehr vorgebracht werden fann, das, glaube ih, habe ih wiederholt Gelegenheit gehabt, vor Shnen darzulegen. Am Allerwenigsten wird die Wiederholung von Ausführungen Jemandem gelüsten, der, wie ich, genöthigt gewesen ist, dasselbe Thema unter allen Variationen der Entwicklung immer und immer wieder zu behandeln. n E : : i Weshalb ich das Wort ergriffen habe, ist eine Einzelheit, die eigentlich auch nicht, streng genommen, zu diesem Geseßentwurf ge- hôrt; indessen, wean ih daran denke, was die bisher gehörten Reden enthalten haben, so werden Sie mir vielleicht keinen Vorwurf daraus machen, wenn ich auch etwas erwähne, was eigentlich zur Sache nicht gehört. i : E : j Der Herr Bischof von Linz, Rüdiger, ist in Folge einer Aeuße- rung, die ih am 16. März dieses Jahres hier gethan habe, der Meinung, daß ih mi in Bezug «auf sein Verhalten gegenüber der österreichischen Kirchengeseßzgebung in einem Jrrthum befunden habe, und ex richtet an mich dic Bitte, diesen Irrthum und damit zugleich die Stellung, die er eigentlih den Kirchengeseßen in Oesterreich gegenüber einnähme, klar zu legen. Ich sehe nicht ein, warum ich diesem Wunsche nicht nachkommen sollte, und ich glaube, es wird das Angemessenste nach jeder Richtung hin sein, wenn ich einfa dasjenige hervorhebe, was ih gesagt habe, und wenn ih dann das Schreiben des Bischofs an mich vorlese und eine diesem Schreiben zugegebene Beilage. Ich scchicke nur die eine Bemerkung voraus, daß aus dem Dezember vorigen Jahres an mich die amtliche Notiz gelangt ist, daß der genannte Herr Bischof der einzige der österreichishen Bischöfe gewesen ist ih weiß nicht, ob es sich inzwischen geändert hat gegen welchen oder um welches willen der Regierung Veranlassung gegeben war, wegen Nichtbefol- gung der Geseße vom Mai des Jahres 1874, nämlich der öôsterrei- ischen Maiuetete, strafend eipzuschreiten. Ich habe in der Sißung geäußert : : N „Und doch erlaubte der Papst vor nit allzulanger Zeit einem der auflehnendsten Bischöfe, dem Bischof Rüdiger von Linz, dem Geseze Gehorsam zu leisten.“ S Das Schreiben des Hrn. Bischofs vom 17. März dieses Jahres

lautet: 9 i

Ih lese soeben in öffentlichen Blättern, daß Eure Excellenz bei Vertheidigung der neuen konfessionellen Geseßtesvorlage im Ab- geordnetenhause behauptet haben, ih sei vom Papste ermächtigt, jenen österreihischenGeseßen, die den preußischen Maige)eßen ganz ähnlih seien, mich zu unterwerfen, Eine solche Behaup- tung, wenn fie wirklih aufgestellt wurde, ist vollkommen unrichtig : ih habe eine derartige Ermächtigung nit erhalten, aber auch nit angesuht; wie denn ein Bischof in der That sie ebenso wenig au- uben; als der Papst sie ertheilen könnte, da viele Bestimmungen derselben mit den unveräußerlichen Rechten der Kirche ganz un-

vereinbar sind.