1899 / 194 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Aug 1899 18:00:01 GMT) scan diff

das trifft nicht zu,

ebensowenig, wie, es bei der Herbsegung. der

_ Koblentarife auf den Eisenbahnen zugetroffen hat. Die Kohlenzechen erheblich auf die Preise einwirken durch

sind organisiert, sie können

den Zusammens(hluß in Syndikaten; aber sie haben doch nur einen einheitlichen Preis, und der Kohlenhandel vollzieht sih dadur, daß man kauft loco Zeche. Die Steigerung der Transportkosten fällt dem Käufer zur Last, die Herabseßung kommt ihm zu gute. Wenn ein -tinheitliher Preis immer vorhanden ist, so können die Preise nicht verschieden gestaltet werden nah den Orten, wohin die Kohlen be- stimmt sind. Man kann unzufrieden sein mit der Festseßung der Kohlenpreise dur die Syndikate; aber das hat mit dieser Frage nichts zu thun. Jeder bezahlt an si an der Zeche etnen gleihen Preis. Wenn der Erfolg also der Verbilligung der Köhlentransporte durh den Mittelland-Kanal einem großen Theile der Monarchie zu gute kommt, fkann man niGt entfernt mehr von einem aus\{ließlißen Vortheil der Zechenbesißer s\prechen. Wir würden sonst ganz gewiß nicht von Staatswegen eine olche Vorlage machen, weil wir au mit Ihnen überzeugt sind, daß diese Herren, die Zechenbesißer in Westfalen und Rheinland, staatliher Sub- vention sider niht bedürfen. Meine Herren, sollten wohl die Pro- vinzen, welche fo große Opfer hier gebracht haben, im Interesse dieser Zechenbesizer sih zu diesem Opfer ents{hlofsen haben ? Die sind doch gewiß überzeugt gewesen, daß die Gesammtheit der betreffenden Landestheile und ich werde später zeigen, noch weitere Gebiets- theile von diesem Kanale sehr erheblihe Vortheile und Förderung genießen werden. Sollte wohl das. if schon gefragt Bremen 42 Millionen hergeben lediglich im Interesse der westfälishen Gruben- besißer? Ganz gewiß nicht!

Man kann, glaube ih, \ich dabei niht beruhigen, obwohl es sehr erfreulih ift, daß sowohl in der Kommission, als auch hier im Plenum die Vertreter und Führer der Gegner des Kanals ausdrücklich anerkannt haben: Nalhtheil hat die Landwirthschaft als folhe von diesem Kanal nit man kaun sh dabet niht beruhigen, denn ich bin mit verschiedenen Rednern und mit meinen Kollegen troß der sorgfältigsten Prüfung aller vorgebrachten Gegengründe der festen Ueberzeugung, daß die Wasserstraßen gerade das günstigste Verkehrsmittel für die Landwirthschaft sind. (Sehr richtig! links.) Zugänglih überall, fast auf jedem Wasserftück, billig für die großen Massenprodukte, die auf der Eisenbahn namentlich durch ihr Volumen theuer sind, kommt die Wasserstraße nach meiner Ueber- ¡¿eugung, zumal der Verkehr in wirthshaftlichen Produkten keine be- sondere Schnelligkeit erfordert , durh eine unbedingte Pünkt- lihkeit und Regelmäßigkeit gerade den Landwirthen ganz hervorragend

du gute. (Bewegung rets.)

Aber, meine Herren, hier liegt die Sache noch anders. Hier “Hab'en wir im Osten ein Land, welches Ueberproduktion hat an land- *4wirt,"\{haftliGen Produkten, und einen anderen Theil im Westen, welhe r Mangel an landwirthschaftlichen Produkten hat, dagegen auf den Ez port, bezw. auf die weitere Versendung seiner Industriewaaren : angewie), en ist. Hier ist also gerade der Fall gegeben, wo der Aus- tausch duz ‘ch Wasserstraßen naturgemäß i}, so indiziert, daß man auh imn.'er seit länger als 100 Jahren auf die Frage

der Herstellu 'ng einer solchen zurückgekommen is. Es liegt das zu fehr in der 9, tatur der Sache: unsere ganze geographische und wirth- shaftliche Lage ' weist auf die Ausbildung der Wasserstraßen bin.

Meine He. rren, einige von den Gegnern, namentlich Herr von Jazdzewski, habe, n gesagt: ja, das mag sein; wir sind prinzipiell auch für Wasserstraßen, aber dieser Kanal kommt doch nur dem Westen, bis Berlin etwa, z, 1 gute wo bleibt der Osten? Und ih verlange

ein Programm, wz, ddurch wenigstens der Osten die Sicherheit be- kommt, an den Vori heilen, die der Kanal dem Westen gewährt, dem- nächst theilzunehmen. Meine Herren, ih frage umgekehrt Herrn von Jazdzewski: wenn diese r Kanal niht zu stande kommt welche Aus- sicht hat dann der Oste, 1, leistungsfähige Wasserstraßen zu bekommen ? (Sehr richtig? links, Zu 'rufe rehts.) Das ift die Kehrseite. Ich - \prehe von Wasferstraß, en, weil Herr von Jazdzewski ausdrüdlich ' grundsäßlih die Wasserft, :aßen als nothwendige Verkehrsmittel an- erkannt hat.

Aber weiter, meine H\?rren. Man verlangt ein Programm; i habe das au anderswo gel esen.

Meine Herren, ih hal'e in früheren Jahrzehnten an der Aufs stellung eines Programms für Landftraßen für ein ganzes Königreich theil- genommen. Was da herausgekonmen ift, will ih niht schildern. Daß es aber der Krieg Aller gegen Alle war, das kann ih bezeugen, und daß das Programm nachher über deu Haufen geworfen werden mußte, weil alle Verhältniffe in der Zeit bis zur Ausführung ih geändert hatten, das kann ih auch bezeugen.

Nun erst hier in der Frage der Wasserbauten! Die eine Pro- vinz hat Schuß gegen Ueberschwemmungen nöthig, die andere Provinz Schuß gegen Versumpfung, die drttte Provinz hat ein hauptfächlihes Interesse an der Ausbildung dex Flüsse als Beförderungsmittel für Schiffe wie wollen Sie da überhaupt ein einheitlihes Programm, das heißt: eine summenmäßige Vertheilung der Staats- [asten auf die einzelnen Provinzen, für die verfhiedenen Nichtungen | des Wasserbaues aufstellen? Nein, meine Herren, der Landtag würde | si nie über die Sache einigen; hier sind jeyt die Juterefsen und

die gegenfäßlihen Auffafsungen in wirthshaftlihen Fragen, hier ist das Bild, was der Einzelne sch macht über die Zukunft und die Wirksamkeit einer großen wirths{chaftlihen Unternehmung so vexf{hieden, daß ih überzeugt bin: verlangen Sie ein Programm über die ganze Thätigkeit des Staates in Bezug auf Wasserbauten, so werden Sie die Sache einfach todt mahen und ad Kalendas Graecas vertagen; dabei kommt niemals “etwas heraus. (Sehr rihtig! links.) Aber, meine Herren, Sie müssen vertrauen auf die Natur der Sache und das S{hwergewicht der Thatsachen. Wenn der Mittelland-Kanal bis Berlin gebaut ift, so wird nah meiner Ueberzeugung alles naturgemäß dahin drängen und daher follte Herr von Jazdzewski \ich beruhigen —, nah dem Bedürfniß und nach den vorhandenen Mitteln ich komme darauf noch später auch die Wasserstraßen in den östlichen Provinzen zu verbessern und zu erweitern. Immer betone ih wieder, daß derjenige, der keinen Anfang zuläßt und der niht eher \timmen will, bevor ibm mit Brief und Siegel seine Wasserstraße zugesichert ist, die ganze Sache unmöglich maht. Jh hoffe, daß die Herren Ver- treter der polnishen Fraktion sh die Frage noch einmal gründlih überlegen. (Heiterkeit.) Meine Herren, heute wurde mir eine Broschüre zu Gunsten des Kanals lberreiht. In diéser wird aus- geführt, daß die Schiffahrt auf, dem Kanal si am besten entwideln

(wird, wenn sie genügende Rückfrachten hat. . Nun, meine Herren, | Hinfrachten. nah dem Osten werden Kohlen sein! Je billiger sie sind, desto besser für die Landwirthschaft. Wenn das wahr i}, was die Shlesier befürchten, daß. die Kohlen im Osten billiger werden, um fo- besser für die Landwirthschaft. (Sehr richtig! links.) Wenn es wahr if, daß Kali und andere Düngemittel billiger auf dem Kanal befördert werden, um so besser für die Landwirthschaft. (Sehr richtig! links.) Die Schiffe werden aber Nückfrachten finden; sie werden um so billiger fahren können, je voller sie auf dem Hinwege beladen sind, und diese Rückfrachten werden landwirthshaftlihe Produkte sein. Meine Herren, Sie mögen jetzt bezweifeln, ob eine Konkurrenz in vielen Artikeln auf Wasserstraßen vom Osten, wenn man au nicht gerade an den äußersten Osten denkt, mit den landwirthschaftlichen Einfuhren vom Ausland am Rhein möglich ist. Aber daß diese Möglichkeit vorhanden ist, wenn “die Zollverhältnisse {h demnächst anders gestalten, das kann gar keine Frage sein.

Meine Herren, ih habe' ja im großen Ganzen gesehen, daß bei den Gegnern des Kanals Bedenken hinsihtlich des Wohlergehens der Landwirthschaft kein Hinderniß für eine bejahende Abstimmung und kein Motiv für die Ablehnung bilden; deswegen will ih auf diese Frage nit näher eingehen. Der entsheidende Grund, der hier gegen den Kanal angeführt ift, ist die allgemeine Finanzfrage, die Verringerung der Eisenbahnüberschüsse und die dadurch erwachsende Unmöglihkeit des Staats, die kulturellen Eisenbahnbauten u. st. w., namentlich im Osten, zu fördern; denn im Westen liegen meistens die Dinge so, daß, wenn wir den Eisenbahnbau freigeben würden, das Privatkapital die Eisenbahnen allein bauen würde.

Meine Herren, ih habe seit neun Jahren eine \sparsame Finänz- politik verfolgt, und ih kann nur anerkennen, daß die konservative Partei, namentlih ihr Führer, Herr Graf Limburg-Stirum, mir dabei sehr wirksam geholfen hat. Wenn ih nun in meinem zehnten Dienst- jahre, in diesem Alter, wo man doch in der Regel noh vorsichtiger wird, in diefer Frage von ihm abweihe, wenn ih sage, ih kann als Finanz-Minister die Jnangriffnahme dieses Unternehmens vollkommen verantworten, so kann man doch wohl mir zutrauen, daß ih in dieser Beziehung gute Gründe habe. Jch bin dem Herrn Abgeordneten das ganze Haus ist in dieser Beziehung ja in der Regel meinen Auf- fafsungen, wenn au vielfach widerstrebend beigetreten für die Sachkunde und für den Eifer, mit welchem sie \sih um die Finanzen Preußens gekümmert haben und sich ein Bild davon ver- hafft haben, immer sehr dankbar gewesen. Trotzdem halte ih es nit für eine Veberhebung, wenn ich meine: der einzelne Abgeordnete iff doch nicht so in der Lage, \ich ein Bild von der finanziellen Entwickelung Preußens in Gegenwart und Zukunft zu machen, wie der Finanz-Minister. Ich glaube, in dieser Beziehung do ein sichereres Urtheil zu haben, und ih glaube kaum, daß Sie mir, der im ganzen Lande 9 Jahre hindur als ein übermäßig fiskalisher und sogar kleinlich sparsamer Finanz-Minister bezeihnet worden ift, nun zutrauen, daß ih wider meine bessere, woblerwogene Ueberzeugung Ihnen über diese Fragen ein unvorsihtiges Urtheil abgebe.

Meine Herren, freilih is es rihtig, was Herr Graf Limburg- Stirum gesagt hat, daß die Eisenbahnüberschü}sse in manchen Be- ziehungen ein Rückgrat der ganzen preußischen Finanzen \ind; das ift ja garnicht zu bestreiten. Aber, meine Herren, wir haben doch dafür geforgt, daß die Abhängigkeit von den Eisenbahn-Erträgnissen sich immer mehr und mehr vermindert hat, und wenn die Eisenbahnüber- {üsse in den leßten Jahrez angefangen haben, troß der glänzenden Berkehrsentwickelung sh in ihrem Nettoertrage zu vermindern, und wir das nicht bloß ertragen können, sondern sogar in einem folhen Jahre, wo das namentlih hervortritt, sehr bedeutende sonstige Ueber- {üsse ins Feld führen können, so ift das ein Beweis, daß unfer Be- streben in dieser Beziehung keineswegs erfolglos geblieben ist.

Von vornherein, den ersten Tag, als ich Minister wurde, habe ih, mir gesagt: wir müssen unsere sonstigen Einnahmequellen pflegen, die Ausgaben möglihs| niht auf s{chwankende Eisenbahnüberschüsse basieren, soweit das noch mögli ist, und nach diesen Gesichtspunkten haben wir unsere Finanzpolitik geführt. Meine Herren, fonft reden wir ja niht, wie das andere Verwaltungen thun, vorzeitig von den Finalabshlüfsen; ih werde Ihnen aber jeßt mittheilen, daß wir einen Finalabschluß aus dem Jahre 1898/99 haben, welher dem der früheren Jahre nahezu gleihkommt, zu welchem die Eisenbahnüber- \{üfse aber nur etwa ein Neunte l beitragen. (Hört, hört!) Alle anderen Nettomehreinnahmen relevieren aus anderen Quellen. Wir haben also in dieser Beziebung {on ein sehr Bedeutendes erreiht, und ih nehme gerne die Millionen Angriffe“gegen mi als einen fkleinlihen und“ nicht einsichtigen Finanz-Minister auf mi, wenn ih bedenke, daß wir gleihzeitig um nahezu 200 Millionen die preußishea Staats- verwaltungsausgaben ih rede hier niht von den Betriebs- verwaltungs8ausgaben haben erhöhen können, erheblihe Summen für Verbesserungen in den Gehältern der Beamten, Lehrer und Geistlichen und für Landesmeltiorationen haben ausgeben können und bo folhe Vebershüsse erzielt haben (Bravo! links); in derselben Zeit, wo wir nicht leihtfertig denn es waren dringende Bedürfnisse unsere Staatsverwdaltungsausgaben um etwa 200 Millionen erhöht haben nexen dem Wachsen der Ausgaben im Reihe für die Armee und die Marine, hat Frankreich fi allein auf die leßteren Ausgaben beshränkt, kaum um 10 Millionen Francs die Staatsverwaltungsausgaben erhöht. Hieraus ergiebt \ich ja keines- wegs daran denke ih gar nicht —, daß man nicht au in Zukunft das größte Gewicht auf die Erhaltung und thunliste Vermehrung der Eisenbahnüberschüs}se legen müßte, Darin bin ih vollständig mit dem Herrn Grafen Limburg-Stirum einverstanden, und wenn ih noch Minister bleibe, so werde ih diese Politik troß aller Angriffe fort- seßen, wie ih überhaupt, obwohl der legte Herr Redner zu demselben Resultat kam wie ih, nämlich zur Befürwortung der Vorlage, doch niht zu sagen brauhe, daß ih mit der Motivierung des Herrn Wiemer in keiner Weise einverstanden bin. (Heiterkeit)

Meine Herxen, nun bitte ih einen Augenblick das Wesen der Eifenbahn-Uebershüfse zu betrahten. Der Herr Minister Thielen hat uns {on ausgeführt, daß, wenn der Kanal niht gebaut würde, für die Nothwendigkeit, den Verkehr in geordneter und siherer Weise auf- recht zu erhalten, ‘an Bauten, an Umgestaltungen der jeßt vor- handenen Anlagen mehrere hundert Millionen erforderli sein würden. Aber, meine Herren, der Schwerpunkt liegt nit einmal hierin, fondern vergegenwärtigen Sie s|ch nur

mehrung des Personals, Verminderung der Arbeitszeit, Sonntagsruhe u. st. w.; da steigen die persönlichen Ausgaben der Staatseisenbahnen und noh viel unverhältnißmäßiger wie in allen \ von Jahr zu Jahr. Meine Herren, eine solche Steigerung kann ein gewöhnlicher Unternehmer vertragen, denn die wachsenden Produktions, kosten wirft er auf den Preis, oder er stellt seine Thätigkeit etn, wenn er jenes nit kann. Worauf, frage ih, soll die Eisenbahnverwaltung ihre wachsenden Produktionskosten an persönlichen Ausgaben werfen 2 Um fo vorsihtiger nüssen wir allerdings fein bet der Herabseßung der Tarife, welche die Vergütungen darstellen für die Leistungen der Eisen, bahnen, und man kann nit beliebig sagen, jede Tarifherabsegung ist ein großer Vortheil für das Land und zuglei für die Finanzen deg Staates. Nun, meine Herren, wie steht es aber mit einem Kanal? Ja, der wird gebaut, beaufsihtigt, einigermaßen unterhalten (Zurufe rechts) mit wenig Personal. (Zurufe rechts.) Ih habe nicht sagen wollen „s{hlecht unterhalten“, sondern die Unterhaltung kostet verhältnißmäßig wentg Perfonal; während allein die Streckenarbeiten auf einer neuen Eisenbahn iehr Arbeits. kräfte auf das Kilometer erfordern als der Betrieb und die Unter- haltung eines Kanals. Also die persönlichen Ausgaben sind dg wesentli geringer. Daneben, meine Herren, bin ich auch ganz âlte frieden, daß in Gegenden mindeftens, um die es sich hier vorzugs- weise handelt, wo der Eisenbahnverkehr eine folhe Kompliziertheit und Schwierigkeit allmählich gewonnen hat, der Staat nicht allein die Verantwortlichkeit für den Verkehr in der Zukunft zu übernehmen hat, sondern daß er zum theil diese Verantwortlichkeit auf den Kanal und auf die freie Schiffahrt auf dem Kanal verweisen kann. :

Meine Herren, ih habe Ihnen {on früher die Zahlen genannt möchte es aber nochmals wiederholen, wie sich in neuerer Zeit die Eisenbahnausgaben gestaltet haben. Leider weiß das große Publikun davon nichts, weil wir nur die leidige Gewohnheit haben, die Brutto Einnahmen zu vzublizieren, und da hält sich jeder Preuße, wenn er die Vermehrung der Einnahmen lieft, für einen unendlih reihen Man und beglückwünscht sich, in einem folhen Lande zu wohnen. Mew Herren, wir haben in dem abgelaufenen Etatsjahre rund 59 Millionen Mehreinnahmen und allein rund 50 Millionen im Ordinarium Mehr ausgaben gehabt.

Wenn in der Vorlage mit großer Gewissenhaftigkeit angegeben ist, wir würden an Brutto-Einnahmen rund 67 Millionen dur den Kanalbau verlieren, so mat mir als Finanz-Minister das cinen sehr geringen Eindruck, wenn die Eisenbahn mir nit sagen kann, in welhem Maße die Ausgaben steigen würden, wenn der Kanal nit gebaut wird. Daß aber noch Hunderte von Millionen, vielleicht fogar neben dem Kanal, aber, wenn der Kanal niht kommt, erst recht und in sehr erhöhtem Maße für die Umgestaltung des Eisenbahnwesens in dem Industriebezirke erforderli find, darüber kann gar nicht der geringste Zweifel fein. (Bewegung rechts.) Wir haben das aften- mäßig, meine Herren, sehen Sie si nur die ersten Raten der Be- willigungen für Eisenbahnzwecke an! Wir wissen ja, wie viel Bahn- hôfe noch vollständig umzubauen find; wir wissen ganz genau, welche Umleitungen von Eisenbahnen in großen Städten zur Entlaftung der selbst erst neuerdings gebauten Bahnhöfe erforderli sind. Jn aller Beziehungen is für die nächste Zeit eine erheblihe Steigerung der Ausgaben noch zu erwarten. (Hört! hört! rets.) Ja, „hört! hôrt !*“ Diese Ausgaben werden si vermindern, wenn wir durch den Kanal den steigenden Verkehr von den Eifenbahnen fernhalten. (Unruhe rets.)

Meine Herren, wir haben ih möchte darauf nochmals zurück- kommen, namentlich mit Rülsiht auf das Programm des Herrn von Jaëdzewski doch wirkli in der Vergangenheit bewiesen, daß wir uns sehr wohl der allgemeinen Staatsaufgabe bewußt find, den- jenigen am meisten zu Hilfe zu kommen, die der Hilfe des Staats am meisten bedürfen. Jch habe mi thatsächlich in meinem Amt und hier im Abgeordnetenhause immer auf diesen Standpunkt gestellt, und, meine Herren, Sie können nicht leugnen, daß die Abgeordneten vom Westen in dieser Beziehung fehr bereit gewesen sind, mitzuwirken,

Run, meine Herren, haben wir gerade, was die Meliorationen

und Wasserbauten betrifft, aus dem Etat der landwirthschaftlihen Verwaltung in den lezten 9 Jahren im Ganzen etwa 4 Millionen verwendet, dagegen aus dem Etat der Bauverwaltung im Extra- ordinarium 61,3 Millionen und außerdem durch Anleihegeseße 46,7 Millionen, im Ganzen also etwa 108 Millionen nur für die östlichen Provinzen. (Hört! hört! links.) Es ist also ganz klar, daß wir nicht entfernt die östlichen Provinzen zurückgeseßt haben und auh in der Zukunft nicht daran denken, fie zurückzuseßen. Wenn ih glauben müßte, daß der Bau dieses Kanals diese Meltorations- thätigkeit des Staats in- den östlichen Provinzen, die ihrer zweifellos am meisten bedürfen und am wenigsten in der Lage sind, sich felbst zu helfen, hinderlich wäre, so würde ih nit die Kanalvorlage unter- {rieben haben. Meine Herren, unsere Stulden haben si, namentli durch die Politik, daß wir für Zwecke ter laufenden Verwaltung keine neuen Schulden gemacht haben, sondern die Ausgaben aus laufenden Mitteln gedeckt haben, zwar seit dem Jahre 1890 um etwa 800 Millionen Mark vermehrt, denno ift die Zinsausgabe im wesentlichen dieselbe geblieben, theils durch Tilgungen, theils durch Konvertierungen und dur Anrechnung auf gewährte Kredite, Wir bezahlen jeßt ungefähr denselben Zinsenbetrag, den wir für unsere Staatss{hulden im Jahre 1890/91 gezahlt haben. Damals betrugen die Zinsen, die wir auf- zubringen hatten, 223 785 487 4, und beute betragen sie 223 981 999 4 Nun sind aber do diese Schulden zu einem sehr großen Theil auh dem Osten zu gute gekommen, man kann vielleiht sagen, in hervor- ragendem Maße. Wir haben beispielsweise für den Often erheblich mehr Ausgaben gema@§t für Nebenbahnen und Kleinbahnen, als auf den Durchschnitt des ganzen Landes fällt. Ich führe das keineswegs an als eine unkerehtigte Begünstigung des. Oftens ; rein, das ist die Staatsaufgabe, die wir zu erfüllen haben, und i betone, daß nicht das geringste Hinderniß aus dem Bau dieses Kanals erwächst, dieser Staatsaufgabe au in Zukunft zu genügen.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

Folgendes: Fortshreitende Kultur e ffeigender Wohlstand,

wahsender Verkehr heißt: steigende Wertbschägung der p éefbnliden Dienstleistuug, Wachsen der Löhne, Erhöhung der Gehalte, Ver

anderen Betrieben,

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

¿ 194.

/ (Schluß aus der Ersten Beilage.)

Fch bin der Meinung, daß die Zustände an der unteren Oder, an

Spree, an der Havel, niht länger bestehen können und dürfen (ört ! hört! rechts), daß in dieser Beziehung der Staat neben den Provinzen und den einzelnen Interessierten in wirksamer Weise wird eingreifen müssen, und das wird au ceshehen. Bisher hat es auch nit am Mangel von Mitteln gelegen,! sondern wesentlih daran, daß man sh nicht einigen konnte, wie die Sache tehnish in Angriff zu nehmen ist. Ih habe {hon in der Kommission gesagt, daß die bessere Sjiffbarmahung der Oder, desjenigen Flusses, welher am längsten dur Preußen fließt und welcher die beiden größten Städte Preußens verbindet, eingeleitet und demnächst durhgeführt werden müßte, ganz abgesehen von dem Mittelland-Kanal. (Sehr richtig !)

Meine Herren, nun is es ganz richtig, daß durch solhe Maß- nahmen, die sh wahrscheinliß auch demnächst weiter nah dem Osten erstreden und einen Zusammenhang mit der Weichsel herbeiführen werden, ein Einfluß abmindernder Natur auf die Eisenbahnübershüsse herbeigeführt werden kann. Aber nun frage ih die Herren von der fonservativen Partei: haben Ste sich von diesem Gesichtspunkt aus gescheut, die Kanalisierung der oberen Oder, den Großschiffahrtsweg um Breslau, die Verbindung der Oder, mit der Spree, die Kanalisierung des Mains, die Vertiefung des Rheins, der Elbe, die Regulierung fast aller unserer Flüsse, welhe alle denselben Erfolg haben, zu bewilligen ? Ohne diesen Gesichtspunkt überhaupt nur zu berühren, haben Sie zu einer Ent- widelung unseres Wasserverkehrs in den leßten 10 Jahren in ganz hevorragendem Maße beigetragen, und plößlich soll hier nun eine Abweihung von der ganzen Verkchrspolitik des preußishen Staats

sattfinden, weil wir diesen Kanal bauen ?!

,_Za, meine Herren, au weiter, das Haus hat sogar in der großen Mehrheit zugestimmt bei der Herstellung eines neuen Einfallshiffahrts- weges von der See her, bei dem Elbe-Trave-Kanal. (Widerspruch rets.) Dass war wirkli ein Einfallsverkehr. (Zuruf?- rechts.) Sie haben dagegen gestimmt ? dann is es geschehen ledigliuz wegen der Natur desselben als einer Einfallsstraße (Zuruf) ; das muß ih denn noch mal nachsehen. (Heiterkeit.) Jedenfalls, meine Herren, die Verbesserung der märkischen Wasserstraßen haben Sie gefördert nah allen Richtungen, und die märkishen Wasserstraßen haben einen Verkehr gleih dem der gesammten Eisenbahnen, die nah Perlin führen. Würde wohl, meine Herren, der Verkehr nach Berlin mind von Berlin dur" die Eisenbahnen allein bewältigt werden können ? Ind wenn wir das versuchten, meine Herren, danach unsere ganzen Fisenbahnen umzugestalten, daß wir den Schiffsverkehr entbehren linnten, welhe immensen Milliarden-Ausgaben würde das verursachen ! Gerade so liegt es hier, wenigstens in dem Ruhrrevier. Wir haben \hatsählih, meine Herren, in vielen Gebieten als Ergänzung für din CGisenbahnverkehr den Wasserverkehr nöthig. Er is} geradezu unenibehrlih, und diese Unentbehrlihkeit hat sich nun herausgestellt für wesentlihe Strecken des Nhein-Elbe-Kanals. Der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten, meine Herren, muß es doch wohl am besten beurtheilen können, wenn er sagt: wir werden bald an der Grenze sein, wo wir für die Bewältigung des Verkehrs auf der Eisenbahn allein niht mehr einstehen können. Er rechnet heraus, daß in 10 Jahren der Kohlenverkehr“ fich sogar um 509% erhöht haben wird. Nun, meine Herren, kann die Staatsregierung niht so leit über eine solhe Erklärung eines Ministers hinweggehen, dem doch noch nie jemand im Lande Mangel an Sachkunde vorgeworfen hat. Die Staatz?regierung steht vor dieser Erklärung. Wir haben nicht von heute auf morgen zu sorgen, sondern wir müssen die zukünftige Ent- widelung im Auge haben. Wenn der Minister uns sagt, die Ent- wickelung des Verkehrs wird in diesen Bezirken so sein, daß ih der Ergänzung durch Wasserverkehr unbedingt bedarf, so kann die Staats- regierung dem nicht die Beahtung versagea. (Sehr rihtig!) Ebenso wenig, meine Herren, kann die Staatsregierung, wenn uns die Kriegs- berwaltung, Kriegs-Ministerium und Generalstab hier sagen, dieser Kanal ist höch#| werthvoll für die Landesvertheidigung, uns das ah so flar darstellen, daß ein Laie es begreifen kann, wenn wir uns daneben vergegenwärtigen, meine Herren, wie gerade Preußen durch seine Lage zwischen zwei großen Militärstaaten den Verkehr hin und her werfen muß nach Often und Westen dann fann das Staats-Ministerium nicht sagen: verehrte Herren Sach- berständige einshließlich des General - Feldmarshalls Moltke, wir glauben euch nicht! Wir maßen uns das nit an. Jh glaube diesen Herren, sie sind die Sachkundigen und zunächst Verantwortlichen. Ih kann nicht einfach sagen: das is Gaukelspiel, sondern ich muß mi auf diesen Boden stellen, wie überhaupt in den militärish- tehnischen Fragen, selbst, wie wir eben gehört haben, die freisinnige Partei (Heiterkeit) der Autorität der Militärs folgt.

Meine Herren, nun hat einer der Herren Redner sich damit ge- holfen und gesagt: entweder oder; entweder ist der Kanal ein Verkehrskanal oder ein militärischer Kanal, als solcher ist er uns hier nur nebenbei bezeihnet, darauf können wir kein Gewicht legen. Nein, weine Herren, hier heißt es nit: entweder oder, sondern der Kanal is in beiden Richtungen berechtigt und nüßlich, und daß die nilitärisGen Gesichtspunkte zusammentreffen mit den wirthschaftlichen Gesichtspunkten, das sollte doch den Entschluß, für den

anal zu \timmen, nur erleichtern. Wir erreihen da neben den wirthshaftlihen Vortheilen noch einen großen Vortheil für die

ndesvertheidigung, obwohl der Kanal an sich {hon wobl berechtigt

ganz ohne diesen Gesichtspunkt. (Zuruf rechts: Das Deutsche Reih foll beitragen!)

Meine Herren, ih glaube, Ihnen dargelegt zu haben, daß wir

die finanziellen Opfer, die hier zu bringen sind, selbs bei der vor:

tigsten Inbetrahtnahme der Zukunft unserer Finanzen sehr wohl

U bringen verantworten können, ohne die fkulturelle Thätigkeit im breußischen Staat, wie sie bisher gewaltet hat, zu beshränken.

R eine Herren, was is denn nun das eigentliche “pu Veber die Einwirkung auf die Eisenbahnüberschüsse

ae ih mih ausführliÞ geäußert. Aber was den Bau,

Berlin, Freitag, den 18. August

Betrieb, Verwaltung, Unterhaltung des Kanals betrifft, hat der Staat nur das Risilo von 5,9 Millionen jährlich. Daß das kein Hinderniß sein kann, dem Lande ein so großes neues, wohlthätiges Verkehrs mittel zuzuwenden, das bedarf doch keiner weiteren Ausführung. Niemals haben Provinzen derartige Opfer auf sich genommen, als es im vorliegenden Falle gesehen is, und wenn wir andere Kanal- projekte einmal behandeln, weiß ih noch nit, ob die dann betheiligten Provinzen ein Aehnlihes thun werden. Ih habe in einem Blatte gelesen, ich wäre besonders karg gegen Schlesien gewesen, ih hätte sogar bei der Entshädigung der durch die Hohfluthen Ver- unglückten nit einmal 10 Millionen geben wollen, und hier würden Hunderte von Millionen gegeben; meine Herren, wir haben sogar bei der Unterstüßung dec Verunglückten eine Ueberschreitung der be- willigten Fonds um 1 Million gestattet, und ich habe allgemein Stimmen aus Schlesien gehört, daß für diesen Zweck die bewilligten Millionen vollständig ausgereicht hätten. Aber noch mehr, meine Herren, nachdem die Provinz, wenigstens der Provinzialaus\{chuß geneigt war, dauernd diese Hochfluthgefahren zu bekämpfen, und zwar durch eigenes Unternehmen für Rechnung der Provinz, habe ih unbesehen 30 Mil- lionen zur Disposition gestellt, welhe der Ober-Präsident für aus- reichend erklärte. Also gegen die Provinz Schlesien ist der preußische Staat gewiß am allerwenigsten karg gewesen. Hier haben wir sogar der Provinz Schlesien zugesichert, daß die Schiffbarmahung der Oder auf alleinige Staatskosten geshehe. Also nah dieser Richtung hin kann Schlesien gewiß kein Mißtrauen gegen dieses wohlwollende Ver- halten der Staatsregierung hegen.

Meine Herren, ih will mich hierauf im allgemeinen beschränken ; alle die anderen Fragen sind so ausführlih behandelt, daß ih nicht weiter auf die Sache eingehen will.

Nun hat man, meine Herren, gestern und heute {hon von hier aus über die Maßnahmen gesprochen, die die Staatsregierung etwa ergreifen würde oder möchte oder sollte, wenn dieses ganze Unter- nehmen von der Mehrheit dieses Hauses - abgelehnt würde. Meine Herren, Sie werden es ganz begreiflich finden, daß die Staatsregierung, ehe sie nicht Beschlüsse dës Hauses vor sich hat, über die daran von ihr zu knüpfenden Folgen fkeine Beschlüsse zu fassen im stande ift. Jch bin daher garniht in der Lage, auf folhe Fragen zu antworten, aber, meine Herren, das möchte ich Ihnen doch sagen: wenn es sih hier um ein ganz außergewöhnliches, wirth- schaftlihes Unternehmen handelt, welhes im Jahre 1886 auf Initiative des Landtages beschlossen ist, ein Unternehmen, welches Jahre hindurch vorbereitet ist in voller Kenntniß des Landtages, gegen dessen Vorbereitungen niemals ein Widerspruch erhoben is, ein Unternehmen, meine Herren, welhes theils durch die Pro- vinzen, theils durch den Staat garantiert, bezw. durchgeführt werden foll, ein Unternehmen, über welhes Verträge mit anderen deut|chen Staaten, mit der Unterschrift Seiner Majestät des Kaisers und Königs, geshlossen sind, ein Unternehmen, welhes die gesammte Verkehrspolitik Preußens einigermaßen berührt daß die Staatsregierung, meine Herren, ein solches Unternehmen niht wie eine einfahe, vereinzelte Gisenbahnfrage ansieht, das muß Ihnen das ganze Verhalten des Staats-Ministeriums längst bewiesen haben. Jch wünschte eben, daß aüh dek Lanbtäg dieses ‘Unternéhiñnèn niht als ein vereinzeltes ansieht, sondern daß die verschiedenen Par- teien und die vershiedènen Vertreter großer Interessen diesen Känal auch von diesem Gesichtspunkte si ansehen, nah allen Richtungen hin fich wohl die Folgen überlegen. Die Staatsregierung sicht die Sache als eine hohwichtige, und die Entscheidung dieses Hauses als eine sehr ernste Sache an.

Ich bitte also, von diesem Standpunkte bei der {ließlihen Ab- stimmung die Frage sich noch einmal vorzulegen, auf welhe Seite sich der Vaterlandsfreund stellen muß. (Bravo! links.)

Meine Herren, ih- habe die innerfte Ueberzeugung, daß, wie die ganzen Verhältnisse ia politisher und wirthschaftlichßer Beziehung in Deutschland liegen, namenllich auch für die großen Interessen der produktiven Klassen, derjenige dem Vaterlande den größten Dienst leistet, der selbst, wenn er auch im allgemeinen kein Freund der Be- förderung der Schiffahrt gegenüber den Eisenbahnen is, im vor- liegenden Falle für die Herstellung dieses Bindegliedes der vorhandenen großen Wasserstraßen eintritt. (Lebhafter Beifall links. Zuruf des Abg. Dr. v. Jazdzewski.)

Meine Herren, Herr Dr. von Jazdzewski erinnert mi daran, daß ih eine Frage niht berührt habe, auf die er großes Gewicht legt. Meine Herren, jeder von uns erkennt den großen Nothstand an, der durch die sogenannte Leutenoth auf der Landwirthschaft lastet. Meine Herren, die Staatsregierung is vollkommen davon durchdrungen, daß alles, was man überhaupt verständigerweise zur Linderung dieses Noth- standes thun kann, geschehen muß, sie bestreitet aber, daß hier diese Frage in irgend einer Weise entscheidend sein kann, namentlich wenn dabei richtig verfahren wird.

Da möchte ich nur einen Punkt herausgreifen. Meine Herren, ih bin niht ermächtigt vom Staats - Ministerium dazu, aber ih kann meine persönlihe Meinung dahin aussprechen, daß ih in nationaler und wirthschaftliher Beziehung kein Bedenken haben

würde, denjenigen ausländishen Arbeitern, welche etwa zu den Kanal- bauten herangezogen werden und das könnte ja in großem Umfange geshehen den Aufenthalt in Deutschland während der Dauer des Kanalbaues ununterbrochen zu gestatten. Dann würde ein wesentliches Bedenken, das Herr Dr. von Jazdzewski geäußert hat, wegfallen. Wie gesagt, das ift nur meine persönlihe Meinung, ih kann eine Ansicht des Staats-Ministeriums darüber niht mittheilen. Aber, meine Herren, die Ersahrungen, die der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten in Beziehung auf die durch \oldhe Kanalbauten entstehenden Mißstände oder Nichtmißstände mitgetheilt hat, müssen au für Sie von gleiher Beweitkraft sein. An dem Nord- Osisee-Kanal is auch Jahre lang gebaut, und wir hatten sehr viele Ausländer dabei. Große Klagen, daß den Landwirthen in der Nähe die Arbeiter - entzogen würden, habe ih bei meiner Bereisung

niemals gehört; dagegen wird viel Umsaß, viel Verbrau landwirth-

ae ad

shaftliher Produkte durch einen solhen Bau herbeigeführt. Aber was will die ganze Frage überhaupt hier bedeuten? Darüber kann doch gar kein Zweifel sein, daß für die Durhführung der noth- wendigen Umbauten und Veränderungen der Eisenbahnanlagen im ganzen Westen, die zu bewilligen Sie sih bereit erklärt haben, viel. mehr Arbeiter erforderlich sind (sehr rihtig!) als für die haupt- sählich mit Maschinen durchzuführende Herstellung des Kanals.

(Zuruf rechts, Pause.) Meine Herren, ich muß nochmals das Wort nebmen, Man wünscht so viele ausdrücklihe Erklärungen, die an si garniht noth- wendig find; aber ich möchte sie doh geben zur Beruhigung der Be- theiligten. Die Weichselregulierung is bekanntlih noch nit voll- ständig fertig; namentli wird die Sicherung gegen. Ho&fluthen dur Veränderung der Deiche noch erst vollständig durchgeführt werden müssen, Jn der Beziehung kann ih nur bestätigen, daß, mag der Kanal bewilligt werden oder nicht, die Staatsregierung in allen Fällen die Absicht hat, dem nächsten Landtag wegen der Durchführung dieser Aufgabe cine Vorlage zu machen. Wir hoffen, daß - das gesehen wird auf Grund einer Verständigung mit den Deich» verbänden, mit welchen wir ja vor kurzem verhandelt haben. Sollte eine solje Verständigung niht zu tande kommen, so werden wir allerdings erwägen müffen, im Wege einer Geseß-svorlage den nöthigen Zwang anzuwenden, weil wir die Durhführung des ganzen Unter- nehmens unter allen Umständen für nothwendig halten.

Abg. Schmieding (nl) führt aus, daß eine Beeinträchtigung des Eisenbahnverkehrs durch die Wasserstraßen niht zu erwarten sei. Der Rhein, welcher Schiffe bis zu 2000 t trage, habe auf dem reten und linken Ufer Eisenbahnen, die troß ver Wasserstraße zu den rentabelsten Preußens gehörten. Redner wendet \ih dann gegen den Abg. Grafen Ballestrem, dessen Standpunkt bezüglich der Wasser- straßen ein falscher sei. Die Wasserstraßen hätten eine bedeutende Zukunft, und er sei sogar für den Ausbau des Küstenkanals, wenn erst der Mittelland-Kanal fertiggestellt sei. Der Mittelland-Kanal habe eine aroße Bedeutung für die Landwirthschaft des Ostens, der von dem Westen jetzt Lehe sci; diese Scheidung könne durh Eisenbahnen niht überwunden werden, sondern nur durch Wasser- straßen, die für den Massenverkehr besonders gecignet seien. Dadurch allein werde es möglich werden, den Osten und den Westen zu ver- binden, wie es möglich geworden sei, die Mainlinie zu überbrüdten. Die Ablehnung des Kanals würde diese wünschenswerthe Verbindung des Ostens mit dem Westen verhindern. Er biite, diesen Schritt nicht zu thun.

Die Diskussion wird hierauf geschlossen.

Jn namentlicher Abstimmung wird zunächst der Theil des L welcher sich auf den Bau des Dortmund-Nhein-

anals und die Ergänzungsbauten für den Dort- mund-Ems-Kanal bezieht, mit 212 gegen 209 Stimmen abgelehnt. Der Abg. Dr. Rintelen (Zentc.) enthält si der Abiiintni

Für den Dortmund-Rhein-Kanal stimmen von den Kon- servativen die Abgg. Conrad: Flatow, von Ditfurth, Graf zu Dohna, von der Gröben, von P von Negelein, Freiherr von Plettenberg-Mehrum, Rehling, von Veltheim und Weihe; von den Freikonservativen die Abgg. Brauer, von Bülow - Bossee, Conrad - Graudenz, Chri tophersen, Bene - Stolzenau, Kelch, Kröner, Graf Moltke, von

iedemann, von R Vorster und Weyerbusch, ferner von den \{lesischen Mitgliedern des L Mine die Abgg. Graf Ballestrem, Freiherr von Huéne, Letocha, Meßner, Mücke, Dr. Porsch, Stanke und Graf Strahwiß. Von den Nationalliberalen stimmen gegen den Dortmund-Rhein- Kanal die Abgg. Hische, Holtermann, Seer und Puttfarken; ferner der Antisemit Werner.

Darauf folgt die Abstimmung über den Mittelland- Kanal, die nah Antrag des Abg. von Eynern gleichfalls eine namentliche sein sollte. Abg. von Eynern gieht seinen Antrag zurück, derselbe wird aber von dem Abg. Grafen zu Limburg-Stirum wieder aufgenommen. Jn nament- licher Abstimmung erfolgt die Ablehnung des Mittelland- Kanals mit 228 gegen 126 Stimmen. 65 Abgeordnete ent- halten sih der Abstimmung, und zwar meistens Mitglieder des Zentrums. Von den Konservativen und Freikonservativen sind etwa dieselben Stimmen auch für diese Position.

Abg. Im Walle (Zentr.) beantragt hierauf die Vertagung der Sißung, namentlich mit Rücksicht auf die wihtige Frage, welche der Antrag des Abg. Grafen Strahwiß zu einem späteren Paragraphen

enthält. Die Abgg. Graf zu Limburg-Stirum (konf.) und weshalb jeyt eine Vertagung

Dr. Sattler (nl.) sehen nicht ein, eintreten folle, da etwas Vernünftiges do kaum noch beschlossen werden könne.

Die Vertagung wird gegen die Stimmen des Zentrums abgelehnt. L

Die S§Z 2—5, welche Ausführungsbestimmungen zu 8 1 enthalten, werden ohne Debatte abaeleant.

S 6 trifft Bestimmungen über die Aufbringung und Untervertheilung der aus den Garantieverpflichtungen den Ste Provinzen, Kreisen und Gemeinden erwachsenden

asten.

Abg. Graf von Strahwiß (Zentr.) beantragt, dabinter einen neuen § ba. einzushalten, wona E Os mit der Fertig- flelng des Mittelland-Kanals für Slesien die Möglichkeit ge- chaffen werden möge, auf dem Wasser- oder Eifenbahnwege Montane- güter von dem obershl:sishen Industrierevier nach Berlin zu

rahtsägen zu befördern, welhe die heutige Spannung zwischen bershlesien und Rheinland-Westfalen aufrehterhalten.

Abg. Dr. Rintelen (Zentr.) beantragt ferner einen Zusaß, wonah die Provinz Westfalen die Konzession zur Kanaifièrung des Lippeflusses unter ai Bedingungen erhalten soll.

Abg. Graf von Strachwiy (Zentr.) begründet seinen Antrag.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thiélen:

Meine Herren! Die Staatsregierung geht von der Voraus- seßung aus, daß der Antrag Graf Strahwitz, dem § 6 einen § 6a zuzufügen, im wesentlichen die Absicht verfolgt, die Erklärung, welche die Staatsregierung bereits abgegeben hat, in das Geseh aufzunehmen und außerdem der Staatsregierung den Betrag von 2500 000 4 zu Vorarbeiten füc die Oderkanalisierung u, \. w. zur Verfügung zu stellen. Unter dieser Vorausseßung erkläre ih mich mit dem eventuell

E

Zusay einverstanden. (Heiterkeit.)