1899 / 198 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 23 Aug 1899 18:00:01 GMT) scan diff

gering .

gut Verkaufte

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

Menge

niedrigster

hödhster M

niedrigster Doppelzentner

Ca

höMster M

niedrigster d.

höchster M

Außerdem w L Matth h i nach übershlägli Schäguny vectaue Doppelzentner (Preis unbekannt)

Am vorigen

DUs Markttage

pre 4 Durch- \chnitts-

preis M

für 1 Doppel- zentner

M.

dem

F r-

E

Bemerkungen.

Großhandels - Durchschnittspreise von Getreide

nebft entsprehenden Angaben für die Vorwoche.

Allenstein Marggrabowa . O av g Krotoschin . Ostrowo. . ilehne . chneidemühl . . Breslau, alter H. . neuer ,„

reiburg i. Sl, a . s . . . Neustadt, O-S. . annover M o oe 0

Pagen i, W. a L U Me 6a U a s

Waldsee i. Writbg. .

Mülhausen i. E. . Saargemünd i Boer E A reslau, alter H. ú neuer ,

Lüben . . Eilenburg

Die verkaufte Ven Ein liegender Strich (—) in den Spa

wird auf voll

an aufßerdeutschen Börsen-Plätzen für die Woche vom 14, bis 19, August 1899

Zusammengestellt im Kaiserlihen Statiftishen Amt. 1900 kg in Mark.

(Preise für prompte [Loco-] Waare, soweit nit etwas Anderes bemerkt.)

MNAMER A arer Pa r tro ——

Roggen, Weizen,

ester Boden

heifß-

Yaset- ungarischer, prima erfte, slovakische â

Roggen, Weizen,

dap Mittelqualität

Hafer, erste, Malz-

Roggen

Da zen, Saxonka

T, oggen

zen, Ulka, 75 bis n fg per hl

1 bis 72 kg per hl

j ga. Roggen, 71 bis 72 kg per 11 Weizen, 75 bis 76 kg per hl

Roggen Weizen

Roggen |

Paris.

| lieferbare Waare des laufenden Monats

Antwerp Donau, mittel

Azima 74 bis 76 kg per bl

Red Winter Nr. 2 Kansas

Walla Walla

La Plata, mittel

Bombay, Club white Amsterdam.

Asow- St. Petersburger

Weizen, amerikan. Winter-

Weizen {

fer

Weizen | erste

Hafer

|

London. a. Produktenbörse (Mark Lange). L R rei s

v TOI b. Gazette av

englisches G

Mittelpreis aus 196 Marktorten

Liverpo

Western Winter Oregon

Northern Duluth Chicago Spring N

gar Kansas a Plata . . .,

Kurrachee, weiß, ordinär

engl. weißer

« gelber . Californier

ü Brau- Schwarze Meer- ,

Chicago.

Weizen, Lieferungs-Waare {

Weizen |

1 Tschetwert Weizen is = 163,80, Roggen = 147,42, Hajer = ür die Weizennotiz gerechnet ;

98,28 k an der Gazette

treide Ÿ 1 = fd engl. = 453,6 g; 1 La

Bei der Umrechnung der

New Lieferungs-Waare ( Be

York. Ned Winter Nr. 2

en.

ergges. etreide,

ol.

2

per September , per Dezember . „,

per September „, . j

Woche 14./19. August 1899 122,87 161,01 99,15 144,06

111,86 146,94

97,45 129,48

100,15 138,17 93,21

9803 117,55

103,95 118,43

110,44 159,47

134,74 129,65 131,03 132,72 131,03 132,72 130,38

119,70 116,39

115,50 125,30 151,76

127,80 137,20 130,62 138/61 137,45 129,21 131,56 127,58 127,33 129,47 121,12 156,06 147,88 102/58

110,28 113,82

120,25 118,52

per Dezember , „.

merkungen.

angenommen; 1 Imperial Quarter ist

ondoner Produktenbörse = 504

h, d

averages, D.

erial Quarter

ie aus den

eizen = 480,

fd. eal aa an 19 des reis ermittelten Durchschnittspreise für einheimisches Ge- m afer = 312, Gerste engl. angeseßt. 1 Bushel Weizen = 60 Pfd. engl. ; 1 Pfd. Roggen = 2100, Weizen, = 2400 kg. reise in Reichswährung sind die aus Den einzelnen Tages-Notierungen im „Deutschen Neichs- und Staats-

122,35

12,40 10,40

11,00 10/80

12,00 11,70 11,40 16,90 10,90 11,00

11,40 14,00 12,50

14,20 13,00 16/50 14,00 11/50 11,70 11;40 10,95 14/25

e e Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Uen für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ift, ein Punkt

Dagegen

Vor- woche

123,82 163,68 103,47 148,42

111,78 147,91

96,89 117,38

104,32 138,27 92,18

99,20 117,42

104,69 118,52

109,12 158,93

133,81 129,12 131,14 131,95 129,12 132,60 129,92

115,70 118,51 131,82

119,82 116,46

116,01 128,43 126,98

127,93 136,87 126,99 137,58 134,76 126,99 126,99 124,64 125,11 126,46 121,24

147,39 102.68

107,57 111,14

117,41 115,86 119,73

für die Marktorten

12,40 10,80

11,00 11,00

12,00 12,00 11,50 11,40 11,40 11,20

11,40 14/50 12/50

14,60 13,00 16,50 14,00 11,80 12,00 11,50 11,20 14,25

H 13,20 11/20 12,40 11/20 11,10 12/50 13,00 12/50 11,80 11,90 11/90 11/80 15,00

15,50 12,75 13,60 16,40 13,36 17,50 15,00 12,40 12,50 11,80 11,70 14,75

afer.

14,00 11,20 12,60 11,40 11,20 12,75 13,50 12,70 12,00 12,00 11,90 12 20 15,30 13,00 16 00 13,00 14,60 16 80 13,60

14,00 12,00 12,80 11,40 11,30 14,00 13.50 12,90 12,20 12,90 12,40 12.40 16,00 13,20 16,50 13,00 14,60 17,20 13,60

13,20 10,80 12,20 11,20 11,00 11,20 13,00 12,20 11,60 11,50 11,40 11,60 14,00

15,00 12,75 13,60 14.80 13,36 17,50 14,50 12,00 12,20 11,60 11,45 14,75

983 94 300 10

12 50 12,70 12,00 11,95 15,25

12,80 12,90 12 20 12,20 15,29

Anzeiger“ ermittelten wöchentlihen Dur{hschnitts -Wechselkurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, E Chicago und New York die Kurse auf New York, für Stk. Peters- urg, Odessa und Riga die Kurse auf St. Petersburg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze.

Preußischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 94, Sißung vom 22. August 1899.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Be- rathung des Geseßentwurfs, betreffend die Gerichts- organisation für Berlin und A

Die im ersten Theil der Sißung, über welchen gestern berichtet wurde, mit Bezug auf einen Antrag des Abg. Träger, den Gegenstand an die Kommission zurückzuverweisen resp. von der Tagesordnung abzuseßen, von dem Justiz-Minister Schönstedt gehaltene Rede hatte folgenden Wortlaut :

Meine Herren! Der Antrag de3 Herrn Abg. Traeger is \{chon in der heutigen Morgennummer der „Vossischen Zeitung“ angekündigt ; ich war insoweit darauf vorbereitet. Jch glaube, daß er, soweit er in der „Vossischen Zeitung“ seine Vertretung gefunden hat selbst- verständlih niht, was den Herrn Abg. Traeger angeht —, lediglih den Zweck verfolgt, die Sache zu verschleppen. (Oho! links. Sehr richtig! rechts.) Ich kann mich dieses Eindrucks niht erwehren und mache aus meinem Herzen keine Mördergrube, meine Herren ; der ‘vor- liegende Gesetzentwurf hat absolut keinen politischen Hintergrund, er hängt auch garniht zusammen mit der sogenannten Krise, garniht zu- sammen mit der Kanalvorlage. (Lachen links.) Der Gesetzentwurf ist eingehend durhberathen, der Beschluß der Kommission ist seit länger als vier Wochen sämmtlichen Mitgliedern des Hauses bekannt. Der Bericht selbst ist keineswegs so weitläufig, daß nicht jeder, der fi überhaupt für die Sache interessiert, vollkommen Zeit und Muße ge- habt hätte, fih seine Argumente anzueignen.

Nun, meine Herren, hat die Sache noch einen materiellen Hinter- grund. Die Vertagung, wie sie hier in Anregung gebracht worden ift, würde alle im Hinblick auf die Ausführung des Gesetzes geschlofsenen Verträge mit einer Reihe von Gemeinden sind Verträge geshlossen mit zeitliher Begrenzung ins Schwanken bringen; es würde also überall wieder von vorn angefangen werden müssen. Es ift keineswegs mit Sicherheit zu ersehen, ob alsdann dieselben Ergebnisse erzielt werden, die bei der Einbringung der Vorlage für die Staatsregierung die Grundlage gebildet haben. Ich glaube, daß auch die gegenwärtige Geschäftslage dem Hause gestattet, diesen Entwurf in aller Muße und Gründlichkeit durchzuberathen. Das hohe Haus wird ja voraus\fichtlich in den nächsten Tagen durch andere Dinge niht erheblich in Anspruch ge- nommen sein, muß aber troß alledem noch einige Tage hier bleiben. Die Möglichkeit ist gegeben, daß diefer auf langen, forgfältigen, gründlihen Vorarbeiten beruhende Geseßentwurf in dieser Session zum Abschluß gebracht wird, und für die Durchführung des ganzen Planes, die noch eine Reihe von Jahren in Anspruch nehmen wird, ist das von so wesentlichem Vortheil, daß ich nur meine dringende Bitte wiederholen darf, dem Antrage des Abg. Traeger nicht statt- zugeben, sondern heute in die Berathung einzutreten.

Nach § 1 der Kommissionsbeschlüsse ist den zu errichtenden Amtsgerichten ein Amtsgericht in Pankow «tadelt

Abg. Busch (konf.) weist darauf hin, daß der Gesehentwurf keine politishe Bedeutung habe. Die vorgeschlagene Organisation sei durch den wachsenden Verkehr vollkommen gerechtfertigt. Wenn die Justizverwaltung glaube, mit der bisherigen Zahl der Gerichte nicht auskommen zu können, so könne das Haus ihr seine Mitwirkung nicht versagen. Redner beleuchtet dann die gegen die Vorlage erhobenen Einwendungen und glaubt, a auh die Nechtsanwälte Berlins sich mit der Zeit in die neuen Verhältnisse finden werden. Unbequemlich- keiten seien mit allen gien Organisationsänderungen verbunden. Wer die Ee der Berliner Gerichte für nothwendig halte, müsse diese e LAON eiten mit in den Kauf nehmen.

Abg. Träger (fr. Volksp.) erwidert zunächst dem Minister, daß er ‘und Tei Freunde wohldurhdachte und wichtige Gründe gegen die Vorlage hätten. Die Konsequenzen dieser Einwendungen hätten in der Kommission niht geltend gemaht werden können. Bei anderen Gelegenheiten seien versteckte Angriffe auf die Selbständigkeit Berlins unternommen ; es set also wohl begreiflih, daß man au hier Ver- dacht ges{chöpft habe. An ehe allerdings die Vorlage hoh über dem Niveau einer gewöhnlihen Parteifrage. Redner geht sodann auf

die Vertheilung der Gerichte ein und unterzieht sie einer Kritik, a 3

11,20 12,50 11,13

13,10 12,50

11,73 12,57 11,00

13,40 12,90

11,80 11,80 15, 8. 13,00 12,80 18. 8.

12,75 12,00 16,8: 14,10 14,13 21.8.

13,45 13,80 14. 8. 17,06 18,00 14. 8. 14,43 14,90 16. 8. 12,24 12,50 21.8,

Der Dur(hschnittspreis wird aus den unabgerundeten Malen berechnet. (.) in den legten sechs Spalten, daß entsprechénder 4

eriht fehlt,

Journalistentriblüne fehr die von der Negterung

der für

auf könne

bleibt aber im Einzelnen {wer verständlih. Man \ vorgeshlagene Aenderung keine Verantwortung übernehmen, Es würde politisch die bedenklichsten Konsequenzen haben, Berlin in seiner historischen Gemeinsamkeit so zu vertheilen und zu zerreißen, Bisher sei es immer Grundsaß gewesen, daß Angehörige derselben Gemeinde bei demselben Geriht Recht suchen. Das Aufgeben dieses Grundsaßes mü} die größten Unzuträglichkeiten mit ih bringen, z. B. bei dem Einklagen von Wechseln. Jun vielen Fällen würden Irrthümer in der Wahl des Gerichts entstehen und der Einwand der Unzuständigkeit erhoben werden, Darunter müsse unbedingt die Nechtssicherheit leiden. Die Abgrenzung sei eine durhaus willkürlihe und die Zweitheilung Berlins dur den Lauf der Spree dur nichts gerechtfertigt. Sehr hervorragende Korporationen, wie die Aeltesten der Kaufmannschaft und der Verein für Handel und Industrie, hätten gegen diese Theilung petitioniert, und die Anwälte seien niht bloß dagegen, weil fie ihnen Unbegquemlichkeiten bereiten würde. Die Anwälte erachteten es als ihre erste Aufgabe und Pflicht, das rechtsuchende Publikum zu s{hüßen, und diese Pflicht sei durch die Vorlage in Frage geftellt. Nicht bloß in Berlin, auch in Charlottenburg würden erheklliche juristische Bedenken erhoben. Auch der Magistrat von Berlin habe \sih entschieden gege

die Vorlage erklärt. Man möge entweder den Entwurf ablehnen er

eine gerechtere Vertheilung vornehmen, wie es feine Freunde in einem

besonderen Antrage! wünschten.

Abg. Sh mit - Düsseldorf (Zentr.) weist darauf hin, daß derselbe Magistrat von Berlin in einer anderen Eingabe an den Jufstij Minister gesagt habe, daß er gegen die Vorlage nichts einzuwenden habe. Der Kommissionsentwurf stelle durchaus kein Ideal vor, aber er biete etwas Brauchbares. Auch der Abg. Windthorst tei seiner Zeit für die Dezentralisation der Gerichte in Berlin eingetreten, und das Abgeordnetenhaus habe seiner Zeit zugestanden, daß Berlin mindestens drei Landgerichte haben müsse. Die Abgrenzung der einzelnen Bezirke sei dem Gutdünken der Justizverwaltung überlassen worden; leider sei der damalige Entwurf nicht zu stande gekommen. Riesengerichte, wie sie Berlin aufwei}e, entsprähen nicht dem Geiste der Reichsver- fassung. Die Kongruenz von Orts- und Gerichtsangehörigkeit set nit immer durchzuführen. Die Rechtspflege erfordere es, bisweilen über die Grenze der Gemeinde hinauszugehen. Entscheidend sei der Wohnsiß innerhalb des Geriht8bezirks. Davon sei man au bei der Schaffung des Bürgerlichen Geseßbuhs ausgegangen. Man habe nichts darin gefunden, daß in einer politishen Gemeinde mehrere Gerichte vor- handen seien. Dasselbe sei auch in anderen Ländern üblich. Er er- innere nur an Wien, das 22 Bezirksgerihte aufweise, an Rouen u. \. w. Die praktishen Schwierigkeiten würden sich dur Verzeichnisse über die züständigen Gerichte in den einzelnen Gerichten sehr leiht beheben lassen. Die Hauptsache sei das Interesse der Dezentralisation. Der Richter müsse mit den Gerichtseingesessenen in Fühblung sein. Insofern bilde die Vorlage einen großen Fortschritt. Daß einzelne Interessentengruppen dur eine Neuorganisation betroffen würden, sei unvermeidlich. _Einzel- interefsen müßten gegen tas Interesse der Gesammtheit zurücktreten. Für die Anwälte könnten ja Milderungen eintreten, die thren Beo \chwerden die Spitze abbrechen. Die Justizverwaltung verfolge mit dieser Vorlage keinen anderen Zweck, als die Interessen des recht- suhenden Publikums zu wahren. Die Richter würden ja na ihren Fähigkeiten auf den richtigen Posten gestellt werden können, Das sei von höchster praktisher Bedeutung. Er bitte, die Vorlage, die das Werk einer mehr als ahtjährigen Arbeit sei, im allgemeinen Interesse der Bevölkerung, nicht des Richter- und Rehtsanwaltsstandes, möglich! eiristimmig anzunehmen.

Abg. Dr. Langerhans (fr. Volksp. Verhandlungen der Kommission ein und ace daß dort L Gegengründe garniht gewürdigt worden seien. Wie wenig die Sade vorbereitet gewesen sei, gehe auch daraus hervor, daß der Dire meister von Berlin in der Stadtverordneten-Versammlung und im Magistrat interpelliert worden sei, was er über die Sache wisse- Der Bürgermeister habe geantwortet, der Minister habe ihn ad dings sondiert, ihm aber über die Vorlage Stillshweigen auferlegl. Die Repräsentanten Berlins seien also über den Inhalt der Vorlage im Unklaren gewesen und hätten {sch nur eins Petition angeschlossen, die publici juris gewesen sei. Es le ganz unrichtig, daß die Berliner Vertretung sih für die Boe erklärt habe. Der Abg. Schmiß habe die Sache vollständig m verstanden. Für Berlin und die Vororte würde die Derr he 5 politishen Einheitsgemeinde in der That eine große Rethe ls Unzuträglichkeiten im Gejolge haben, die die shon vorhandenen s unnüß vermehren würde. "Es würde ungerecht sein, der S Berlin, die gegen eine Theilung an si gar nihts einzuwenden L niht insoweit entgegenzukommen, daß diese ÜUnzuträglikeiten 4 mieden würden. Die Gemeinden seten doch die rundlage ihre Staats, und es liege auch im Interesse der Staatsregierung,

Wünsche möglichst zu berücksichtigen. : Fngwis en ist der Antrag der freisinnigen Abgg. T räg F

Dr. on und Kreitling gedruckt eingegangen. eilt bezweckt, daß der Berliner Gerichtsbezirk wie bisher ung Vi ichter

geht nochmals auf die

bleiben, daß in Charlottenburg ein neues Landgericht err! werden soll und daß in Reinickendorf, Schöneberg, Gr.-L lte felde, Lichtenberg, Weißensee und Pankow eigene Amtsgerl@ errichtet werden jollen. ]

Justiz-Minister Schönstedt: '

Meine Herren! Jch gebe dem Herrn Abg. Langerhans vollkommen Recht, wenn er sagt, daß niht ohne Noth das Zusammenfallen der Grenzen der Gerihtsbezirfe mit den kommunalen Grenzen angetastet werden folle. Auf demselben Standpunkt steht au die Königliche Staatsregierung, und wenn sie niht von der Nothwendigkeit einer solhen Trennung im vorliegenden Falle überzeugt gewesen wäre, \o würde sie die Vorlage nicht eingebracht haben.

Nun, meine Herren, is im Beginn der heutigen Debatte gesagt worden, daß diese Vorlage eine große Erregung in der Bevölkerung hervorgerufen habe. Meine Herren, ih glaube kaum, daß diese That- sache als rihtig anerkannt werden muß. (Sehr richtig! rechts.) Jch glaube wohl, daß Versuche gemaht worden \ind, eine solhe Erregung hervorzurufen, daß aber diese Versuche nicht den gewünschten Erfolg gehabt haben, weil die Vorlage in der That nach ihrem mate- riellen Jnhalt gar nicht dazu angethan is , eine solhe Er- regung herbeizuführen. (Sehr rihtig) Wenn sie objektiv, rein sahlich, ruhig betrachtet wird, dann wird man zu der Ueberzeugung kommen, daß alle die Schreckbilder, die hier von den Folgen etner solchen Zerreißung der bestehenden Bezirke des Land- gerihts und Amtsgerichts 1 in Berlin vorgeführt worden sind, auf sehr starken Uebertreibungen beruhen, und daß die Vortheile, die mit der Durchführung der Vorlage verbunden sind, die damit verbundenen Unzuträglichkeiten ganz bedeutend überwtegen. (Sehr richtig ! rets.)

Meine Herren, die Kommissionsberathung is ih brauche ja nicht dafür einzutreten an und für sch nach meiner Erinnerung eine durchaus sahlihe und gründliche gewesen; ih glaube, daß die Erinnerung des Herrn Abg. Dr. Langerhans bezüglih der Vorgänge im einzelnen niht überall eine vollständig treue und genaue war. (Sehr wahr! rechts.) Wenn er z. B. erwähnt hat, daß ich in der ersten Sihung eine Erklärung abgegeben hätte, die ihm gegenüber in der zweiten Lesung niht mehr aufrecht erhalten worden sei, \o muß ih erstens bemérken, daß ich der ersten Sißzung nicht beigewohnt habe, und zweitens, daß der Abg. Dr. Langerhans erst zur vierten Sizung in die Kommission als Mitglied eingetreten ist, wo dfe Verhandlungen in der Hauptsahe {hon ihre Erledigung gefunden hatten. (Heiterkeit.)

Es ist dem Kommissionsberiht der Vorwurf gemacht worden, daß darin die in den Petitionen vorgetragenen rehtlihen Bedenken gar keine Würdigung gefunden haben; darauf war der Antrag gestüßt, die ganze Sache nohmals an die Kommission zurückzuverweisen. Nun, meine Herren, die rehtlihen Bedenken, die in den Petitionen enthalten sind, sind ja absolut nichts Neues, diese Petitionen haben hier fast alle son bei der ersten Lesung vorgelegen. Sie sind jeßt, wie ih heute höre zu einer roth eingebundenen Broschüre vereinigt worden; daß sie da- durch einen größeren Gehalt bekommen hätten, glaube ih, wird man nit sagen können. (Heiterkeit.) Die rechtlichen Gesichtspunkte dieser Frage sind in der ersten Lesung au eingehend erörtert worden, und es ist ganz eigenthümlich, daß von den sämmtlichen juristishen Mit- gliedern, die der Kommission angehört haben, kein einziges sich auch nur eines diefer rechtlichen Bedenken angeeignet hat. (Sehr richtig !) Das ift der thatsähliche Grund, daß die Kommission darüber mit Siillshweigen hinwegging. Ih habe mir bisher im Stillen ein- gebildet, es sei das eine Folge der Erörterungen im Plenum gewesen : 8 habe niemand unter den Juristen den Muth gehabt, diese recht- lhen- Bedenken dort vorzubringen ; heute sehe ih, daß ih mich darin getäuscht habe, daß, wenn auch mit einer gewissen Zaghaftigkeit, diese rechtlihen Bedenken aufreht erhalten werden. Sie existieren meiner Meinung nach in der That nicht. ;

Es ist gesagt worden, es sei unzulässig, eine Gemeinde in mehrere Gerihtsbezirke zu theilen, ohne daß daraus sich die rechtlihe Folge ergebe, daß jeder Einwohner eines dieser verschiedenen Gerichts- bezirke Reht zu nehmen habe bei sämmtlichen Gerichten des Ortes als feinem ordentlichen persönlihen Gerichtsftande,. Nun, meine Herren, ih habe {hon bei der ersten Lesung darauf hingewiesen, daß eine solhe Rechtsansiht niemals bei der Berathung unserer Geseße irgend welhe Vertretung gefunden hat, und daß niemals ein Zweifel darüber gewesen is, daß, wenn ein Ort in mehrere Gerichtsbezirke zerfällt, daun der ordentliche Gerichtsstand eines Bewohners lediglich bei demjenigen Gerichte ist, in dessen Bezirk er wohnt, und daß dies der Sinn der Bestimmungen der Zivilprozeßordnung ist. Dieser Gesichtspunkt ift in der Begründüng des Geseßes über die Dienstaufsiht, wie ih {hon bei der ersten Lesung vorgetragen habe, als zweifellos hingestellt und is von niemandem beanstandet wotden, Jh kaun hiuzufügen, daß auch in der Begründung der Zivilprozeßordnungs&»Novelle in der Reichstags- session 1897/98 ausdrücklih folgender Saß sich findet:

Andererseits is an Stelle des bisherigen § 14 ‘eine neue Vorschrift eingefügt, welhe den Wohnsiy der Militär- personen für die Fälle der Theilung des Garnisonortes in mehrere Gerichtsbezirke regelt. Nach dem geltenden Gesetz entscheidet hierbei der zufällige und mitunter niht einmal zu siherem Ergebniß führende Umftand, in welchem der mehreren Gerichts- bezirke sich die Kaserne des betreffenden Truppen- theils oder das Bureau der Kommandobehörde be- findet. Behufs Beseitigung der hieraus s\ich ergebenden Schwierigkeiten soll nunmehr der als Wohnsit geltende Bezirk durch allgemeine Anordnung der Landes-Justizverwaltung bestimmt werden.

Damit ist also ganz klar und deutli ausgesprochen, daß nah dem geltenden Recht Militärpersonen, deren Kaserne in einer Stadt liegt, die in mehrere Gerichtsbezirke getheilt ist, bei demjenigen Gericht Ret zu nehmen haben, dem der Stadttheil angehört, in dem die Kaserne liegt.

Eine ähnlie Bemerkung findet sch in der Begründung des § 20a des Entwurfs, und ein rechtliher Zweifel hierüber hat überhaupt garnicht bestanden.

Die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung, auf die Bezug genommen wird, enthalten garnihts dem deutschen Prozeßreht Eigenthümliches ; sie stimmen thatsählich überein mit der Gesey- gebung aller mir- bekannten zivilisierten Länder; in allen Staaten heißt es, daß jeder seinen ordentlihen Gerichtsstand dort hat, wo er den Wohnsiy hat. Das hat aber nicht gehindert, daß die Hauptstädte aller großen Staaten in mehrere Gerichtsbezirke getheilt worden sind, N nie und nirgendwo hat darüber Zweifel bestanden, daß jeder Bes-

ohner der Stadt nur bei demjenigen Gerichte sein Recht zu nehmen © u dem sein Bezirk, seine Straße, sein Haus gehört, Das ist

L der Sinn dieser Bestimmung.

Ich darf ganz kurz noch einmal darauf hinweisen , daß die Verhältnisse bei dem hiesigen Landgeriht und Amts- geriht T ganz besondere und eigenthümlihe sind. Der Herr Abg. Schmiß hat diese Gerichte als Monstra bezeichnet, und ih glaube in der That, daß eine solhe Bezeihnung niht jeder Berechtigung ent- behrt; es sind Gerichtsbehörden, bei denen eine sachgêmäße Leitung, Beaufsichtigung, Geschäftshaltung dur einen einzigen Präsidenten gar- nicht mehr möglih ist. Jh will nicht so weit gehen, auf die vielen anderen Hauptstädte zu verweisen, damit ih nicht wieder dem einen oder anderen Zuhörer türkisch oder spanisch .vorkomme ; aber wenn ih auf die Stadt Wien hinweise, die Herr Abga. Schmiß schon vorhin erwähnt hat, so glaube ih, wir können wohl sagen, daß die Verhältnisse in Wien von den unsrigen keineswegs so verschieden sind, daß darauf niht exemplifiziert werden dürfte. In Wien ist die Seelenzahl viel geringer, und doch if die Stadt in 22 Bezirksgerichte eingetheilt. Das sind allerdings niht Kollegial- gerichte; aber die Zuständigkeit dieser Bezirksgerichte erstreckt sih auf 500 Gulden, also 850 #, und ich glaube, daß vielleicht 9% aller Prozesse sich innerhalb dieser Werthgrenze be- wegen. Wenn s\ich in Wien keine Unzuträglihkeiten aus der Theilung der Stadt in so zahlreihe Bezirke ergeben haben, so vermag ih nit einzusehen, weshalb bei uns die Befürchtung begründet sein soll, daß ganz unzuträglihe Verhältnisse entstehen würden in Bezug auf die Verfolgung bôswilliger Schuldner, die es doch auch wohl in anderen Hauptstädten giebt, nit weniger und niht mehr als bei uns, und in Bezug auf die Ermittelung der Zuständigkeit des einzelnen Gerichts.

Dann, meine Herren, hat man versucht, mich in Widerspruch mit meinem Herrn Amtsvorgänger zu seyen. Ih habe mich gefreut über die Anerkennung, die der Herr Abg. Dr. Langer- hans meinem Herrn Amtsvorgänger hier gespendet hat; sie ist eine durchaus berehtigte, Mein Herr Amtsvorgänger hat allerdings 1892 bei Einbringung des Gesetzes über die Dienstaufsicht auf einem anderen Zweckmäßigkeitsstandpunkte gestanden wie die gegenwärtige Justizverwallung. Der Herr Abg. Traeger, glaube i, ist es gewesen, der vorhin die Frage aufgeworfen hat, ob die über- zeugenden Ausführungen der damaligen Gesetzesbegründung dem gegen- wärtigen Justiz-Minister garniht bekannt gewesen seien. Meine Herren, die Frage ist einigermaßen naiv. Selbstverständlih habe ih diese Vorlage sehr genau gekannt, und ih bin überrascht gewesen, daß man nicht {hon in der ersten Lesung auf jene Vorlage zurückgekommen ist und mich damit zu shlagen versuht hat. J war darauf gefaßt; es hätte sehr nabe gelegen. Es hat wiederum eines Artikels in® der „Vossishen Zeitung“ bedurft, die ja die Führung in dieser ganzen Bewegung hat. Ein Artikel: „Justiz-Minister contra Justiz-Minister“ {loß in sehr s{chlagender Weise damit, daß der gegenwärtige, mit den Berliner Verhältnissen garniht bekannte Justiz- Minister dur seinen Vorgänger, der hier den größten Theil seines Lebens verbraht habe, ganz gründlih widerlegt worden sei.

Nun, meine Herren, kann ih dem gegenüber die Thatsache kon- statieren, daß mein Herr Amtsvorgänger {hon im Jahre 1893, ein Jahr, nahdem das Geseß über die veränderte Dienstaufsiht bei dem Land- und Amtsgericht T verkündet worden war, an die Aus- arbeitung eines. neuen Entwurfs herangegangen is, der voll- ständig auf der Grundlage des heutigen beruht ich habe ihn hier und kann ihn vorlegen —, weil mein Herr Amts- vorgänger sich s{chon damals überzeugt hatte, daß auf die Dauer mit den zunächst vorgeshlagenen Palliativmitteln nicht zu helfen sein werde, und wenn, wie ih hoffe, das hohe Haus dem Herrenhause Gelegenheit giebt, sich auch noch mit dieser Vorlage zu beschäftigen, dann wird sich auch mein Herr Amtsvorgänger darüber erklären können, ob er meinen Standpunkt theilt oder nicht. Jch bitte, es darauf ankommen zu lassen.

Meine Herren, daß die Bevölkerung in der That dur die Dur- führung der Vorlage eine Schädigung erleiden werde, muß die Zustiz- verwaltung auf das allerbestimmteste bestreiten. Ih gebe zu, daß für unsere Nehtsanwälte gewisse Unbequemlichkeiten aus der Sache entstehen können, die nach meiner Meinung aber nicht aus\laggebend fein dürfen für die Frage, ob das Geseß anzunehmen oder zu verwerfen sein wird. Jh will mich ofen aussprechen : die großen Unzuträglichkeiten, welhe die Rehtépflege hier in Berlin nit die Nehtsprehung, aber die Rechtspflege mit sich führt, be- sonders die große Unzuträglichkeit, daß die Prozesse ins Unendliche hinaus8gezogen werden, daß zahllose Vertagungen in jeder Sitzung die Regel bilden, hat ihren wesentliGen Grund darin, daß ih habe schon früher einmal diesen Gedanken an- gedeutet in einer vielleiht über das Maß des Nothwendigen und Gerechtfertigten hinausgehenden Weise die Rechts- anwälte nah der neuen geltenden Prozeßordnung die Herrea des Pro- zesses sind; die Gerichte sind vollständig abhängig in der Frage, ob eine Sache verhandelt oder zu Ende geführt werden soll, von dem guten Willen und der Mitwirkung der Rehtsanwälte, und diese Mit- wirkung versagt hier in Berlin häufiger als wo anders. Es ist die ständige Klage aller Vorsißenden, sowohl des Kammergerichts wie der Landgerichte, daß sie ganz hilflos und wehrlos sind gegenüber diesen Vertagungen, die lange, mühevolle Vorbereitungen der Richter vereiteln, die einen rasen Abschluß der Prozesse, auch in eiligen Sachen, in sehr zahl- reihen Fällen absolut üunmöglih machen. (Hört, hört!) Es ist nicht mögli, hier die Anwälte über gewisse Tagesstunden hinaus festzu- halten, dann versagen sie; sie erklären, sie hätten andere Geschäfte, sie könnten niht mehr.

Meine Herren, daß diefer Uebelstand sich hier in Berlin stärker ausgebildet hat als bei anderen Gerichten, das liegt nach meiner Ueberzeugung wesentlich daran, daß der Wirkungskreis, das Zu- lafsungsgebiet der Berliner Rechtsanwälte bei dem Land- geriht I ein zu großes geworden ist, Die Herren können ihre eigene Praxis nicht mehr übersehen, sie werden, nament- lih die gesuhten, mit Mandaten derartig überhäuft, daß sie zur Vertretung derselben in zahlreihen Kammern und Senaten gleih- zeitig thätig sein müßten, und daß daran die sahgemäße Ausführung ihrer Aufträge vielfa sceitert. Jch mache daraus den Anwälten keinen Vorwurf, es liegt in der Natur der Dinge, wenn die Anwälte dergestalt mit Aufträgen überbürdet sind. Theilen können ste sich nicht, sie können nit in vershiedenen Senaten und Orten gleichzeitig fungieren. Dann ist die Folge unausbleiblih, daß darnnter die prompte Rechts- pflege leiden muß, und von meinem Standpunkt aus halte ih es nun für dringend wünschenswerth, daß gerade auf diesem Gebiete eine Besserung eintritt und daß der Wirkungskreis der Anwälte beim

Landgericht 1 verkleinert wird durch eine Verkleinerung des Gerichts

felbst, Dabei gebe ich aber zu, daß für die bisher zugelassenen An- wälte Uebergangsvorschriften nöthig sein werden, und ih würde meinerseits auf das Bereitwilligste die Hand dazu bieten, daß diese niht in ihrem bisherigen Besißstande beschränkt werden, Wenn also, wie ich shon früher erklärt habe, beim Kammergericht die Absicht besteht, den jeyt zugelassenen Anwälten bei der Bildung eines neuen Landgerichts die Simultanpraxis bei den künftigen drei Landgerichten zu gewähren, so würde ih ‘in keiner Weise einem solhen Beschluß, der ja auch außerhalb meiner Dienstsphäre liegt, entgegentreten; im Gegentheil, ih werde ihn befürworten. Aber ih betrahte das nur als ein Uebergangsstadium, und ih würde mi freuen, wenn ih es erlebte, daß der Uebergangszustand ein Ende nehme und jeder Rechtsanwalt nur bei einem räumlich und, was die Seelenzahl anbetrifft, beshränkteren ‘Gericht zugelassen wird; E dann können wir zu einer gesunden, befriedigenden Rechtspflege gelangen.

Die Vertreter der Interessen der Rechtsanwaltschaft haben es mit Recht für richtig befunden, ihre Interessen mit denen der Be- völkerung für identisch zu erklären; sie sagen: sie treten nit für \ich auf, sondern für das Gesammtinteresse der Bevölkerung. So liegt die Sache aber niht. Mir ist kein einziger shlagender, überzeugender Grund vorgebracht worden, aus dem si eine erheblihe Schädigung der Inter- essen der Bevölkerung ergäbe; denn die geringe Schwierigkeit, si über die Grenze der Gerichtsbarkeit bei Anstellung einer Klage zu informieren, kann umfoweniger ins Gewicht fallen, als die gegen- wärtig bestehenden Grenzen viel komplizierter {nd als die künftigen. Es ist eine Messung der Grenzen angestellt worden, wie sie jetzt be- stehen und wie sie in Zukunft sein werden, und daraus ergiebt sid, daß ungefähr um 1/5 die künftigen Grenzen kürzer sein werden als die bisherigen, Daß dadur eine Vereinfahung des Rechtszustandes ge- geben ift, daß dadur die Rechtsverfolgung für alle Betheiligten ent- ia vereinfaht wird, darüber wird ein Zweifel niht entstehen

nnen.

Ich habe in der Kommission gesagt und kann es heute nur wiederholen: für die Königlihe Staatsregierung liegt der Schwer- punkt der Sache gerade in der Verkleinerung des Amtsgerichts und Landgerichts 1; deren Zustände sind es, die sh in der bisherigen Richtung nicht weiter entwickeln dürfen, ohne daß sich daraus uner- träglihe Verhältnisse ergeben. Uns aber darauf zu verweisen: wir möchten doch abwarten, bis dieser Fall eingetreten sein werde, das halte ih nit für den Rath eines weisen Politikers. Ich meine: man beuge vor, ehe folhe Zustände eingetreten sind. Jett ist es noch Zeit. Wir vermeiden dann, daß sie ins Ungeheure ausarten.

Es wird freilich gesagt: wenn hier etwa die Rechtspflege nicht allen Anforderungen entspreche, dann möge man die Zahl der Richter ver- mehren; man möchte 50 neue Richter anstellen, dann würde die Sache gehen. Die Neigung, unseren großen Gerihtskörper noch. weiter zu vergrößern, findet vielfah eine Vertretung. Die Sache liegt ähnlich beim Reichégeriht, wo man den dort bestehenden Unzuträglichkeiten gleihfalls durch Vermehrung der Senate abhelfen will. Es if aber {hon im Reichstage ausgeführt worden , daß ein fol{er Ausweg keineswegs als Heilmittel zu betrahten wäre, sondern nur zu \{limmeren Uebelständen führen würde. Vermehren Sie die Zahl der Kammern und Senate an den großen Gerichten, dann verstärken Sie nur die Schwierigkeiten in Ansehung der Verfügbarkeit über die An- wälte. Je mehr Kammern, je mehr Senate, desto zahlreicher die Kollifionen. Es sind Monstra, wie der Herr Abg. Schmitz mit Necht gesagt hat, mit denen wir bei unseren großen Gerichtskörpern zu renen haben. Jch habe, theilweise aus anderem Anlaß, mich zu informierxen gesucht, wie stark denn die Gerichte in anderen Hauptstädten beseßt sind, und da habe ih festgestellt, daß das stärkt beseßte Gericht, das außer Preußen, außer Berlin existiert, das Tribunal de première instance in Paris ift. Dieses Gericht hat im Ganzen 109 Richter einschließli seiner Präsidenten und Vize-Präsidenten. Wir haben hier 153, mit den Hilfsarbeitern, die unentbehrlich sind und bleiben werden, 161. Wenn wir dann weiter zurückgehen, dann finden wir, daß der nächste große Gerichtshof 65 Richter in si \{ließt, das ist das Tribunale civile e penale in Rom, also erheblich weniger als die Hälfte, wie hier. Nirgendwo, in keinem anderen Lande rehnet man mit solhen Gerihtskörpern. Und wenn nun gefagt wird: andere Verwaltungen haben noch viel größeres Personal und werden doh auch fertig: die Post, das Polizei-Präsidium man hat sogar auf Krupp verwiesen, der beshäftige noch mehr Leute als die Berliner Gerichte dann hinkten doch diese Vergleiche in ganz erheblihem Maße, und ich glaube, es liegt dabei eine wesentliche Verkennung der Geschäfte zu Grunde, die von den Ge- rihten zu betreiben und zu vertreten sind, und der Ver- aniwortlihkeit, die die Gerichte für ihren Geschäftsgang haben. Ich will nur, soweit das Polizei-Präsidium mit in Betracht gezogen ist, darauf hinweisen, daß die Thätigkeit der Polizei, soweit wenigstens die Exekutivpolizei in Frage kommt, auf ganz anderem Gebiete liegt; die liegt außerhalb des Hauses, die verlangt nicht eine einheitliche derartige Konzentration in dem Sinne, wie sie für die Gerichte nah meiner Meinung erforderlich ift.

Es ist s{chon von dem Herrn Abg. Schmitz darauf hingewiesen worden, daß für eine gute Rechtspflege es von wesentlicher Bedeutung sei, daß der Präsident eines Gerichts die Mitglieder seiner Behörde

kenne, um sie an den rihtigen Play stellen zu können. Ich kann das nur in jedem Sinne bestätigen.

Meine Herren, es liegt mir hier der dritte Theil der Allgemeinen preußishen Gerihtsordnung vor, die von dem Abg. Schmidt (War- burg) fehr lebhaft angefohten ist, die zber troß ihrer veralteten Form außerordentlih viele gesunde Gedanken enthält. Sie spricht sih über die Obliegenheiten eines Präsidenten dahin aus:

Db also wohl die Präsidenten, bei Vertheilung der Arbeit, im Ganzen genommen, die möglichste Gleichheit beobachten, und alle Prägravationen des einen für den anderen sorgfältig vermeiden müssen; fo sind sie do s{uldig und befugt, bei der Anweisung der verschiedenen Arten von Geschäften, auf die persönlichen Umstände und Talente der Arbeiter selb#st Rücksicht zu nehmen; und also den einen bei den Instruktionen der Prozesse, einen anderen bei Ab- fassung der Dekrete, Relationen und Urtel, und einen dritten bei den zur Bearbeitung des Kollegii gehörenden außergeriht lichen Ge-

shäften u. st. w. mehr oder weniger, ohne Rüöcksicht auf die Länge der Dienstjahre, oder sonstigen Vorrang im Mwollegio, zuzuziehen.

Hieraus folgt, daß eine Hauptobliegenheit der P l : die Mitglieder ihres Kollegii, nah ihren verschiedenen natürlichen