1899 / 264 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Nov 1899 18:00:01 GMT) scan diff

E E s R S T

S. M. S. „Zltis“, Kommandant: Korvetten-Kapitän Lans, ist gestern in Ha"kow angekommen und beabsichtigt, am 11. November nah Shanghai zu gehen.

Der Ablösungstransport für S. M. SS. „Kaiserin Augusta“, „Hertha“ und „Gefion“, Tranéportführer: Kapitänleutnant Weniger, ist mit dem Dampfer „Prinz Heinrich“ am 5. November in Port Said eingetroffen und hat an demselben Tage die Reise über Suez nah Aden fort

geseßt.

S. M. S. „Nixe“, Kommandant: Fregatten-Kapitän von Basse, ist gestern von Porto Cabello nah Trinidad in See gegangen.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reihs- und Staats-Anzeigers“ wird eine Zusammenstellung der Berichte von deutshen Fruchtmärkten für den Monat Oktober 1899 veröffentlicht.

Sachsen.

Nachdem ih der Zustand Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrih August soweit gehoben hatte, daß die behandelnden Aerzte den Transport nah Dresden für unbe- denflih erklärten, ist Seine Königliche Hoheit am Sonnabend Nachmittag mittels Sonderzuges nah Dresden überführt und in das Taschenberg-Palais gebracht worden. Das am Sonntag früh ausgegebene Bulletin lautete, wie das „Dresdner Journal“ meldet:

Seine Königlihe Hobeit der Prinz Friedrih August bat nah der Rück-br n2ch dem Königlichen Palais am Taschenberge eine sehr rudige Nacht v-rbraht und füblt fb fehr wobl. Temperatur 36,7. Puls 60, regelmäßig. Bei weiterem guten Fortschreiten der Ge- nesuna werden von nun an Bulletins nur akle drei Tage au8gegecen.

Dresden, den 5. November 1899. Dr. Selle.

Württemberg.

Jhre Majestät die Königin is am 4. d. M. von Natiboriz nah Stuttgart zurückgekehrt. Seine Majestät der König hat si gestern von Stuttgart auf einige Tage nach Wernigerode begeben.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist, von Badea-Baden zurückehrend, gestern in Weimar eingetroffen.

Der Landtag ist gestern wieder zusammengetreten. Bei Beginn der Sißung gedachte, wie die „Weim. Ztg.“ berichtet, zunächst der Präsident von Rotenhan in warmen Worten des aus dem Großberzoglihen Staats - Ministerium aus- geschiedenen Staats - Ministers, Wirklihen Geheimen Raths Dr. Freiherrn von Groß sowie seiner Verdienste um das Großherzogihum und richtete sodann herzliche Begrüßungs- worte an den gegenwärtigen Chef des Großherzoglichen Ministerial-:Departements des Aeußern und Jnnern, Geheimen Rath von Wurmb. Hierauf nahm der Wirkliche Geheime Nath, Staats-Minister Dr. Rothe das Wort, gedachte zunächst gleihfalls der großen Verdienste seines Vorgängers und verlas sodann eine Erklärung des neuen Ministertums, be- treffend die Grundsäße, die es in seiner Amisthätigkeit zu bcfolgen gedenke. Es wolle festhalien an der bisherigen Politik und an dem Streben nach ktultureller und wirthschaft- licher Entwickelung, Rechtspflege und Nechtsgeseßgebung fêrdern, der hohen PLflihten gegen die Universität Jena ein- gedenkt sein, das friedliche Zusammenleben der Konfessionen Dur Duldsamkcit aufrecht erhalten. Den volkswirthschaft- lichen Aufgaben der Gegenwart widme es die erforderliche Aufmerksamkeit: es stehe in dicsen Fragen auf dem Stand- punkt gleihmößiger Berücksichtigung aller Stände; €s ver- kenne dabei niht, daß der Landwirth {wer geschädigt sei, boffe aber durch Zusammenwirken mit dem Reich diesen Nothstand zu lindern. Auch dem Handwerk werde seine Fürsorge gewidmet sein. Es werde aber die Sozialdemo- fratie als staats- und fkulturfeindlich mit allen zu Gebote stehenden geseßlihen Mitteln bekämpfen. Aus dieser Ge- sinnung heraus habe die Regierung auch dcm Reichsgescß- entwurf zum Schuß der Arbeitswilligen ihre Zustimmung ertheilt. Die Finanzen des Großherzogthums häiten fich günstig entwickelt, sodaß die in Aussiht genommene Erhöhung der Beamtengehälter sich ohne neue Steuern wohl verwirk- lichen lassen werde. Weise Sparsamkeit werde au weiterhin die Regierung in allen Finanzfragen leiten. Zum Swhluß wünsche cr sich noch das Vertrauen des Landtags als bestes nent zu gemeinsamer Arbeit und crhoffe zu dieser Bottcs reihen Segen.

Oesterreich-Ungarn.

j _Das österreihishe Abgeordnetenhaus sezte gestern die Debatte über die dringlichen Anträge, betreffend die Auf- ebung bezw. Revision des § 14 der Verfassung, fort. Der g. Milewski erklärte im Namen des Polenklubs, er werde gegen den Antrag Daszynski auf Streichung, aber für den Anirag von Kaijer und Pergelt auf eine möglichst weitgehende Revision des § 14 stimmen. Jm Verlauf der Debatte gab der Vorsißende im Ministerrath Graf Clary folgende Er- flärung ab: „Vie Anträge, welche in Verhandlung ftehen, betreffen cine wid- tige Frage des geltenden Staatsrechts, und ih erachte es daher als geboten, son in diesem Stadium den Standpunkt. welchen die Re- gierung diesen beiden Anträgen gegenüber einnimmt, dem hoben Hause kurz bekarnt zu geben. Die Notbwendigkeit der Befriedigung unauf- schiebliher Staatsbedürfnisse zu einer Zit, wo die Volksvertretung nicht versammelt ist, bat zur Einführung ter gesetßvertretenden Verord- nungen Veranlassung gegeben, welchWe auch das Verfassungéret anderer Staaten kennt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Noth- verordnunatre&t, weles bei uns im § 14 des Staatsgrundgeseßtzes über die Reichsvertretung niedergelegt ift, sfih während des Bestandes der Verfassung in den wiederholten Fällen, wie bei den sofort ge- währten staatlichen Unterstüßungen zazr Linderung von Nothftänden, den häufizen Staatsbeiträgen zu Gunsten dringender gemeins nüßiger Arbeiten, als * für das öffentlihe Interesse im all- gemeinen, - insvefondere aber für das wirthshaftliche Wohl der Bevölkerung äußerst förderlih erwiesen hat. Da bei diejer Act der Anwendung der gefeyliden Bestimmungen gegen den Be- stand derselben ein grundsäßlihes Bedenken niht erhoben wurde und da ein derartiges Bedenken füglih niht erhoben werden fann, that- fälhlich au zugegeben werden muß, daß sid jeder Zeit wieder der- artige Fälle ergeten können, bei welhen bei Eliminierurg des § 14 auf verfassungsrechtliGer Grundlage niht mehr mit der gebotenen Raschheit eingeariffen werden könnte, vermag die Regierung den Anträgen der Abgg. Daszynski, Verkauf und Rieger auf voll- kommens Aufhebung des § 14 des Staatsgrundgesezes üker

die Reichóvertretung nicht zuzustimmen. ür eine folhe sp? zielle Sonne in den Verfassungsurkunden -\priht in der That die Erwägung, daß gerade in der aus8nahmêwei!en Uebertragung der gesegebenden Gewalt an die Regierung bei s{harfer Begrenzung der Ausnahmefälle und bei genauer Anwendung der Vorausfegzungen ein wirksamer Shuß für die Verfassung selbst geleg-n ift. Was die Anträge der Abgg. Pergelt, Kaiser, Freißecr von S{hlegel, Dr. Lueger, Kink und Genossen betr:fft welche die An- wendung des § 14 auf wirths{aftlihze Nothfälle beschränken wollen, alaube ih darauf aufmerï!am mache zu müssen, daß sib aus der Faffung nichi mit veller Bestimmtheit ersehen läßt, in wel%em Umfange die Aenderung der bestehenden geseßlihen Be- stimmungen intendiert wird. Die Regierung bebält si daber vor, sofern das hohe Haus eine weitere Behandlung dieser Frage be- shiießen sollte, im Ausschusse den Standpunkt der Regierung zu vräzisieren. Die Reaterung fteht übrigens niht an, auch tei diesem Anlaß neuerdings zu betonen, d25 fie von dem ihr durh die Be- stimmungen der Verfassung klar vorgezeihneten Weze unter keinen Umständen jzmals abweichen trwird.“

Die Debatte wurde hierauf geschlossen und zur nament- lihen Abstimmung über die dringlichen Anträge geschritten. Die Drinalichkeit des Antrags Daszynski wurde mit 151 gegen 61 Stimmen anerkannt. Nach einer längeren, er- regten Geschäftsordnungsdcbatte wurde der Antrag Daszynski auf Streichung des § 14 bei Anwesenheit von 277 Abgeordneten abgelehnt, da nur 167 dafür und 110 dagegen stimmten, somit die erforderlihe qualifizierte Majorität niht erlangt wurde. Die Dringlichkeit des Antrags Kaiser auf Abänderung des 8 14 wurde hingegen cinstimmig angenommen und einem zu wählenden Ausschuß von 48 Mitgliedern nah dem Antrag des Abg. Kaiser der Auftrag ertheilt, binnen 14 Tagen Be- richt zu erstatten. Die Sißung wurde darauf geschlossen.

Unter den bis zum Schluß der gestrigen Sißung des Nb- geordnetenhauses eingebrahten Anträgen befinden sih ein jolcher des Abg. Schönerer, beireffend die Aufforde- rung an das Gesammt-Ministerium zur Wahrung des Geltunasgebiets der deutschen Amtssprahe, ein Antrag des Abg. Chiari - wegen Errichtung einer deutschen Universität in Mähren, ein Antrag des Abg. Verkauf, betreffend die Jnkompatibiität gewisser Stellungen und Staatëämter mit dem Reichsrathsmandat, und ein Antrag des Abg. Lecher bezügli der Einführung des Poftanweisungs- verkehrs zwish:-n Oesterreih und Rußland. Ferner ist -dem Hause ein Geseßentwurf, betreffend die Erhöhung des Kredits für die Betheiligung an der Pariser Welt- ausstellung auf 11/4 Millionen Gulden, zugegangen.

Der Preßausschuß des Abgeordnetenhauses be- \hloß, dem Hause in der nächsten Plenarsißung über die Vorlage, betreffend die Aufhebung des Zeitungs- und Kalender- stempels, scinen Bericht vorzulegen.

Die Vertreter sämmtlicher czehischen Parteien haben in einer vorgestern abgehaltenen Versammlung Kenntniß von den seitens der jungczehishen Vertreter vorgelegten Statuten des neu zu bildenden Nationalraths genommen. Die Statuten follen den Vollzugsausshüssen der einzelnen Parteien vorgelegt werden.

_ Das Stadtverordneten-Kollegium von Prag hat, wie „W. T. B.“ meldet, die Altczehen Srb und Voitl zu Stell- vertretern des Bürgermeisters gewählt. Am Weißen Berge fand am Sonntag: eine öffentlihe Versammlung statt, welche wegen tumultuarishen Verlaufs aufgelöst wurde. Die über 700 Perfonen zählende Volkêmenge versuchte hierauf, in geschlessenem Zuge nah Prag zu achen, was die Polizei ver- hinderte.

Im ungarischen Unterhause beantragte gestern der Aba. Kossuth in der Debatte über das Budget-Pro- vijorium die Ablehnung deéselben. Die Abgg. Mocsy und Ugron {losen sih dem Antrage an. Der Minister-Präsident von Szell vertheidigte die Vorlage und polemisierte gegen die pesstmistishe Auffassung des Abg. Ugron, wobei er gegen- über dem Vorwurfe der Vertagung der Valutareform hervorÿob, daß dieselbe forischreite und daß der Zufluß fremden Kapitals in demselben Maße erfolge, wie er in Ungarn entsprechende Ver- zinsung finden könne. Der Zinsfuß sei in ganz Europa un- gewöhnlih hoh und in Ungarn relativ nit höher als anderswo. Nuf den Einwurf des Abg. Ugron, daß das deulsche Kapital in Ungarn eine Vormachtstellung «cinnehme, erwiderte der Minister - Präsident von Szell, es sei natürlich, daß Ungarn in der deutihen Kultur und dem deutschen Kapital vielfah eine Stüze suche; eine vielhundert- jährige Ueberlieferung sprehe zu Gunsten Deuiscziands; es sei nur natürli, daß Ungarn auf Deutschland, aus dessen Kultur und aus dessen Wirthschaftsleben es zu seinem Vorkheil manches übernommen habe, fich mehr stüße, als auf einen anderen Staat Europas. Jno:fsen folge daraus nicht, daß der nationale Charakter des Staatswejens durch diese Be- ziehung verloren gehe.

Sroßbritaunien und Jrland,

Zu dem „Transvaalkriegs-Fonds für Wittwen und Waisen“ hat, dem „W. T. B.“ zufolge, die Königin 1000 Pfd. Sterl. und der Prinz von Wales 250 Guincen beigesteuert.

Bei der gestern in Exeter vorgenommenen Ersaßwahl zum Unterhause wurde Sir Edgar Vincent (konservativ) mit 4030 Stimmen gewähli. Der Gegenkandidat Bright erhielt 3371 Stimmen. Die konservative Mehrheit zeiat gegen- über der leßten Wohl e‘ne Zunahme von 165 Stimmen.

Spanien.

Bei dem Galadiner, welches, wie gemeldet, vorgestern Abend im Königlichen Palais stattfand, brachte, dem „W. T. B.“ zufolge, Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, in spanischer Sprache einen Toast auf Seine Majestät den König und die \spanishe Nation aus und gab dem Wunsche Ausdruck, daß Gott Jhren Majestäten der Königin-Regentin und dem König langes Leben verleihen möge. Dies sei der Wunsch aller wahren Freunde Spaniens, und er komme noch einem besonderen Auftrage Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm nach, wenn er diesen Wunsch hier aussprehe. Jhre Majestät die Königin-Regentin brachte hierauf einen Trinkspruch auf Seine Majestät den Deutschen Kaiser, die Kaiserliche O „und die Wohlfahrt Deutschlands aus. Nach den

rinksprüchen intonierte die Musik die Nationalhymnen, welche stehend angehört wurden.

Gestern besuhte Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht in Begleitung Jhrer Königlihen Hoheit dec Infantin Jsabella den Escorial. Um 8 Uhr Abends fand zu Ehren des Prinzen cin Festmahl in der deuishen Botschaft statt. Unter den Eingeladenen befanden sich der Minister- Präsident Silvela, der Kriegs-Minister Azcarraga, der Obver-

Kammerherr Herzog de Medina Sidonia und andere hervor- ragende Persönlichkeiten. Asien.

Nach einem in Paris eingetroffenen Telegramm des Admirals Courrepolles wären, wie die „Agence Havas“ meldet, die Verhandlungen bezüglih der Abgrenzung des Gebietes von Kwangtschouwan, welche seit einiger Zeit mit Aussicht auf Erfolg geführt worden seien, infolge der feindlichen Maus des Vize-Königs von Kanton abgebrochen worden. er Marine-Minister de Lanessan habe die nöthigen Maßregeln zur Verstärkung der Truppen getroffen.

Afrika.

Dem „Reuter’shen Burcau“ sind aus Kap stadt vom

4. d. M. folgende Nachrichten zugegangen: Die Regierung von Natal habe, nah ciner Meldung aus Pietermariß- burg, eine Proklamation erlassen, welhe die Prokig- mation des Oranje-Freistaals über die Einverlcibung des Gebiets Upper-Tugela für null und nichtig cr- kläre. Jn den in Natal gelegenen Städten Dur- ban, Zsipingo, Krckngkloof und Malvern seien die Schügenvereine einderufen worden; der frühere Minister Murray bilde ein irreguläres Korps. Der Zoll auf gefrorenes Fleish und Schlachtvieh sei aufgchoben worden. Jn den Städten De Aar und Orange River in der Kapkolonie sei das Kriegsrecht verkündet worden Der Premier-Minister Schrei ner habe die Behördey telegraphisch angewiesen, der Bevölkerung mitzutheilen, daß diese Verkün- digung nur zeitweilig gelte, die Rechte der Bürger nit berühre, leßtere auch niht, wie angenommen werde, zwinge, an den Feindseligkeiten theilzunehmen. Aus Maseru in Basutoland wird gemeldet, daß die Regierung die Katastrophe bei Ladysmith vor den Eingeborenen nicht ver- heimliche, vielmehr Europäern und Eirgeborenen zu verstehen gegeben habe, daß dieselbe als cin bloßer Kricgszwischenfall angeschen werde. Der Meldung wird hinzugefügt, sowohl die Europäer als auch die Basutos hätten unbedingtes Vertrauen zur Regierung. _ Der „Natal Advertiser“ meldet: Die Garnison von Colenso habe alle Vorräthe, Zelte, andwerkszeug u. \. w. gerettet. Der Feind sei etwa 5000 Mann stark ge- wesen, darunier eine neu hinzugekommene Abtheilung Frei- staatburen. Ein gepanzerter Zug habe glänzende Dienste ge- leistet, indem derselbe eine Abtucilung des Dublin-Regimcnts zum Entsaße eines von Freiwilligen gehaltenen Außenforts befördert habe. Bezüglich der Lage von Pietcrmarißburg seten beruhigende Nachrichten eingelaufen.

Jn Brüssel eingetroffenen Meldungen aus London zu- folge verlautet daselbst, wie „W. T. B.“ berihtet, daß in- folge des Bombardements von Ladysmith und Colenso am legten Donnerstag die zur Vertheidigung der Tugela- brücke aufgestellten britishen Batterien von den Buren zum Schweigen gebraht und die Truppen, welche diese Stellung vcrtheidigten, zum schleunigen Nückzug genöthigt worden seien. Da die Buren die die Rücfßzugslinie nach Ladysmith beherrshenden Punkte beseßt gehalten hätten, habe die flüchtige Truppenabth-ilung cinen Weg nah Süden ein- \chlagen müssen, welcher ebenfalls bereits in Händen der Burentruppen gewesen sei. Man zweifle in Natal nicht daran, daß die Truppenabtheilung abgeschnitten und den Buren in die Hände gefallen sei, da auch in Durban keinerlei Nachricht über dieselbe vorlicge. Auch gehe das Gerücht, daß Lebensmiitel und Munition der Garnison von Ladysmith nahezu ershöpft seien und es undenkbvar sei, die Garnison zu verproviantieren.

Den „Daily New3“ wird aus Eficourt vom 3. No- vember berichtet: Bevor die Räumung von Colenso beschlossen worden sei, habe der Feind den Versuch gemacht, einen Jnfanterie- Vorpofien abzuschneiden. Die kleine Truppenabtheilung habe aber rechtzeitig erfolgreihe Unterstüßung erhalten. Das Feuer der britishen Geschüße sei wirksam gewesen. Viele Buren seien gefallen und zwölf Todte auf dem Kampfplaß zurück- gelassen worden. Der Rückzug der britischen Streitkräfte von Coleaso sei hauptsächlich deswegen beschlossen worden, weil der Feind eine lange Reihe von Geschüßen aufgestellt habe, welche die Stellung unhaltbar gemacht hätten,

Das „Neuter'’she Bureau“ nieldet vom 4. d. M., Mittags, aus Estcourt: Es sei dort soeben ein giaubwürdiger Bote aus Ladysmith eingetroffen, welcher während der legten Nacht durch die Linien der Buren gedrungen sei; derselbe be- richte, daß am Donnerstag ein heftiges Gefecht rund um Ladysmith stattgefunden habe. Am heißesten sei der Kampf bei Tathams Farm, im Westen von Ladysmith, gewesen. Die Engländer hätten die Buren, welche schwere Verluste erlitten, in ihr Lager zurückgetrieben ; dreißig berittene Buren seien zu Gefangenen gemacht worden. Am Freitag sei das Gefecht wieder aufgenommen worden. Die Buren hätten vom Nosd- wathsana-Berg, in der Nähe von Pepworth Farm, aus gefeuert. Der Feind sei wiederum mit Verlusten nah dem Lager zurück- getrieben worden. Ein starkes Kommando mit Artillerie habe an der linken Seite des Lagers eine Stellung eingenommen, welche drei Farmen gegenüber Besters Station beherrshe. Ein kleines Kommando habe an der Südseite bei Pieters Station ein Lager bezogen, welches die Eisenbahn beherrshe. Bei Colenso scien feine Verluste erlitte worden. Eine Abtheilung Marinemannschaften mit Geschüßen kehre zum Schuße der Einwohner nah Pietermarißburg zurück. Die Verluste der Buren an Todten, Vexwundeten und Gefangenen in dem Ge- feht bei Tathams Farm betrügen 800 Mann.

Die „Morning Post“ meldet aus Pietermarißburg vom 4. November: Es gehe das Gerücht, daß die Buren am Donnerstag bei Ladysmith empfindliche Verluste erlitten hätten, und auch am Freitag hätten die britishen Truppen erfolgreich gefochten. :

Die Fabel vom Welt-Uutergang und die Sternschnuppen am 15, November 1899.

Von Professor Wilhelm Foerster, Direktor der Königlichen Sternwarte zu Berlin.

__ Nachdem an dieser Stelle bereits gerte Erläuterungen in Betreff der Entstehung der jet wieder lebhafter kursizrenden

Fabel von dem um Mitte dieses Monats durch einen Kometen

drohenden Welt-Untergange gegeben worden find*), kann ih mich heuie auf folgende Mittheilungen beshränken :

__ Der im Jahre 1866 erschienene Komet, der sich mit einer ungefähr 33 jährigen Umlaufszeit in derselben Bahn

*) S, Nr. 238 v, 6, Okt. 1896,

bewegie, in welcher die in der Nacht vom 13. zum 14. November 1866 in unsere Atmosphäre eingedrungenen Meteorscharen einher- gingen, ist bei seiner für die erste Hälfte des laufenden Jahres erwarteten Wiederkehr niht wahrgenommen worden. Es ist somit niht unwahrscheinlih, daß dieser Komet, vor dessen Be- egnung mit der Erde man si infolge der nahen Ueberein- timmung seiner Bahn mit der Bahn jener Sternschnuppen gefürchtet hatte, einer weiteren Auflösung in Scharen kleinerer Meteorkörper in ähnliher Weise verfallen ist, wie dies von dem sogenannten Biela’schen Kometen immer zweifelloser er- wiesen werden konnte.

Ganz abgesehen davon, daß selbst die Begegnung der Erde mit einem Kometen, wie früherhin bereits erläutert worden ist, zwar recht gewaltige Feuer-Erscheinungen in den oberen Schichten der Atmosphäre und das Herabkommen von zahl- reichen zersprengten Metcormassen auf die Erdoverfläche, aber doch keinen sogenannten Weltunte:gang verursachen könnte, ift also speziell für die Mitte dieses Monats, wo die Erde die Bahn: Ebene jenes Kometen und der Meteorsharen von 1866 passieren wird, keinerlei Anhaltspunkt für eine Ankündigung der Begegnung mit dem Kometen selber mehr vorhanden.

Die gegenwärtige Weituntergangsfabel ruft aber eine Er- innerung an ähnlihe Vorgänge wieder wah, welche die Menschen im Juni 1857 mit ängstliher Spannung erfüllten. Es war da cin Komet entdeckt worden, dessen Bewegung am Himmel derartig verlief, daß die astronomischen Fachblätter für den 13. Juni 1857 die größte Annäherung an die Erde vorausberechnen konnten, wobei jedoch der kleinste Abstand von der Erde noch viele, viele Millionen Kilometer betrug und somit gar keine besondere Bedeutung für die Erde haben konnte. Dieser Angabz: des Zeitpunkts der größten Erdnähe eines Kometen hatten aber damals belgische L die sensationelle Wendung gegeben, daß der Komet überhaupt außerordentli ch nahe an die Erde herankommen werde, und die nächste Stufe der Weitererzählung hatte sih natürlih zu der Ansage eines Weltunterganges ausgebildet. Auch Berlin beschäftigte sich damals, troß aller Einsprühe der Fachmänner, sehr lebhaft mit dieser Angelegenheit. Es hatte sih das Gerücht ver- breitet, daß der Uebelthäter bereits in dem großen n der Berliner Sternwarte gegen Eintrittsgeld zu sehen sei, und Sqaren von Leuten kamen damals vergeblich mit gesteigerten Anerbietungen von Eintrittsgeld (über dessen Verwendung an- gesichis des bevorstehenden Weltunterganges die Meinungen auseinandergingen) zu uns, um den schreckenverkündenden Anbl ck schon genießen zu können. i i i

Am Nachmittage dieses 13. Juni ereignete sih aber in Berlin wirklich cine Katastrophe. Der bekannte Kunstfeuer- werker Dobermont ging mit seinem ganzen Laboratorium unter ungeheurem Donnergetöse in die Luft, und viele Leute auf den Straßen und Pläßen glaubten, daß es nun mit dem Welt- untergange losgehe. Man erzählte sogar, daß auf dem Werderschen Markt Scharen von Menschen auf den Knien gelegen hätten.

Vicl bewegter sah es an manchen anderen Stellen aus, an denen während des Unglückstagcs die Kirchen von einer erwartungsvoll zitternden Menge nicht leer wurden.

Hoffentlich wird es i gelingen, entsprehende Erregungen zu verhüten und die Menschen wenigstens vor folchem Schaden zu bewahren, wie er jener Bauerngemeinde am Harz drohte, die vor einiger Zeit bei der ersten sensationellen Verkündigung der Vorgänge im November 1899 sih bei einem Astronomcn genaue Nachricht erbat, damit sie nochch rechtzeitig den aufge- sparten Schulfonds „nüßlicher““ verwenden könne. L

Was shließlich die um Mitte November möglicherweise eintretenden Sternschnupp'en - Erscheinungen betrifft, näm- li die Begegnung der Erde mit den in jener Kometenbahn wandelnden Meteorscharen, welhe im Jahre 1866 ,. 1833 u. \. w. glänzende Sternshnuppen-Feuerwerke erzeugt hatten, so ist leider die Hoffnung auf eine reihe Erscheinung diefer Art immer geringer geworden. Diejenige Wandertruppe dieser kleinen Weltförper, um deren Begegnung mit der Erde es sih diesmal handeln würde, ist in den leßten Jahren auf threm Rückwege zur Sonnen- und Erd-Nähe dem Jupiter be- sonders nahe gekommen und hat durh die Anziehung des- selben eine starke Veränderung ihrer Bahn erlitten, sodaß es schr wohl möglich, sogar überwiegend wah: scheinlich ist, da} wir diesmal und überhaupt lange Zeit hindurch fein sehr reihes Phänomen dieser Art mehr sehen werden, wie es um

Mitte November aus dem Sternbilde des Löwen, und zwar mit besonderer Fülle in Perioden von 33 Jahren, auszujtrahlen pflegte. Der größte Reichthum an solchen Leoniden-Meteoren würde diesmal eventuell in der Naht vom 15. zum 16. No- vember eintreten, und zwar würden die Sternschnuppen dicses Schwarmcs bald nah 11 Uhr am östlihen Himmel aufzu- tauchen beginnen. Leider wird der Schein des um diese Zeit nahezu vollen Mondes manche der lihtschwäheren Er- \cheinungen überglänzen. Wenn indessen das Phänomen noch einen ähnlihen Charakter hätte wie im Jahre 1866, so würde bei der großen Helligkeit, welche sehr vieie Eindringlinge jenes Schwarmes entwickelten, diese Ungunst den Anblick nicht er- heblih stören. Jch bemerke noch, daß die allerneusten Voraus- berehnungen für den Zeitpunkt des Durchganges der Erde durch die Bahnstraße dieser Meteore unsere Aussichten für eine reiche Erscheinung noch etwas vermindert haben, da es den Anschein gewinnt, als ob die Begegnung schon zu einer Zeit stattfinden würde, in welher Mittel-Europa sich noch aüf der von der Begegnungsstelle abgewandten, hinteren Seite der Erde bei ihrem Fluge um die Sonne befindet. Auf Grund dieser An- nahme hat sih eine astronomishe Expedition der Wiener Akademie der Wissenschaften nach Jndien begeben, wo man um jene Zeit dur die Drehung der Erde bereits auf die den Eindringlingen zugewandte, vordere Seite derselben verseßt ist.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Ueberwachung der Dampfkraft in Preußen 1899.

(Stat. Korr.) Wegen der Gefahien, welche die entfesselte Dampf- kraft bietet, hat man in Preußen wie in den meisten übrigen Kultur- staaten {on frübzeitig die Aufstellung und den Betrieb der Dampf- entwickler unter behördliche Aussicht gestellt. Das erste amtliche Vorgehen nach dieser Richtung erfolgte in Preußen im Jahre 1828 infofern, als der

inister des Fnnern am 12. April d. J. auf dem Berordnungswege das Königliche Polizei-Präsidium zu Berlin anwies, alle Fälle, in denen Bedenken betcefs der Genehmigung zur Aufitellung einer Dampfmaschine beständea, ihm zur Entscheidung vorzulegen; die erste geseßliche Regelung dieses Gegenstandes für die ge- fammte preußische Monarie fand sodann durch die Aller- böchste Kabinetsordre vom 1. Januar 1831 (Geseh -Samml. S. 243) statt, welche die Aufstelung von Dampfmaschinen zum

Gebrau&e überhaupt an eine besondere polizeiliße Erlaubniß knüpfte. Seitdem hat die Verwendung der Dampfkraft noch wieder- bolt zu geseßlihen Maßnahmen in Seeuln Anlaß gegeben, wenn auch mit der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 1) und den dazu vom Reichskanzler erlafsenen „Allge- meinen polizeilihea Bestimmungen über die Anlegung von Dampf- fesseln“ vom 29. Mai 1871 die oberste Gesetzgebung über diefen Zweig der öffentlichen Fürsorge in die Befuzniß des Reiches überging.

Was nun die Aufsicht über den Betrieb der Dampfkessel- und Dampffaß-Anlagen (mit Ausnahme derjenigen in der Verwaltung des Landhezeres und der Krieg8marine sowie der Lokomotiven) in Preußen anlangt, so dienen dazu gegenwärtig 248 Amtsftellen. Jhre Zahl war einstmals erheblih größer und b:lief ch zu Anfang 1887 noch auf 489; ihre bedeutende Verringerung neuecdings kam daßer, daß vom Jahre 1891 ab den Königlichen Baubeamten mit einigen wenigea Ausnahmen dieser Zweig der amtlichen Thätigkeit nah und nah abgenommen und den nen erridteten Königlihen Gewerbe-Inspektionen überwiesen wurde, welche hierbei aleidzeitig an die Stelle der Königlichen Dampf- kessel-Revisoren traten 2). Neben den staatliben U-berwachung8behörden sind auf diesem Gebiete aber vor allem noch die privaten Dampfkefsel- Ueberwahungsvereine in hervorragender Weise thätig, deren Ingenieuren nit nur auf die Ueberwachung zielende Befugnisse, sondern in beschränkter Zahl auch wichtige Vollmachten bezüglih der polizeilichen Abnahme und Prüfung der Dampfkessel- und Dampffaßanlagen eingeräumt wurden.

Nach den neuesten Ermittelungen des Königlichen Statistischen Bureaus vertheilte fh in Preußen im Etatsjahre 1898/99 die Beauf- sichtigung der Dampfkessel und Dampffäfser auf die einzelnen dafür bestehenden Amtsstellen in folgender Weise. Es wurden überwacht:

fest- bee Fluß- und x : dur stehende weglihz _ See- Aer Dampfkessel Dampfkessel Schiffskessel 103 Gewerbe-Fnspektionen 23 701 2 287 108 901 9 Kgl. Baubebörden . 99 65 159 70 Kgl. Bergbehörden . 86772 536 —— 21 Kgl. Eisenbahnbehörden 1 422 296 22 6 12 Privat-Eisenbahngesell- schaften 40 9 19 vreufß. Ueberwahungs vereint?) 29 607 14 264 16656 4763 4 außerpreuß. Dampf-

lefsel - Ueberwachung®Ÿ-

vereine4) 2573 1 026 444 231

Privatunternehmz15) 1 675 225 6 =

Beruf3aenofsenfchaf18) —- 17

im Ganzen 65 889 18 701 2404 5923.

Läßt hon ein oberflähliher Blick auf die vorstehende Zu- sammenstellung die hohe Bedeutung erkennen, welche die privaten Dampfkessel - Ueberwachungsvereine gegenwärtig für die amtliche Be- aufsichtigung der Dampfkraftanlagen in Preußen besißen, fo ergiebt H dies noch deutliher aus folgender Uebersiht, in welcher die Ueberwahungsbehörden nah der Zahl der von ihnen überwachten Dampfentwickler geordnet find. Es waren im Etatz3jahre 1898/99

unterstellt : i bén Dampfkessel und Dampffässer im Ganzen v. H. preußischen und außerpreußishen Dampf-

kessel-Ueberwahungêvereinen . . . 54 578 58,74 Gewerbe-Inspektionen 26 997 29,05 Königlichen Bergbehörden 7 308 7,86 L C E 1 906 2,05 öntglihen Gisenbahnbehörden 1 746 1,88 Königlichen Baubehörden 323 0,35 Privat-CEisenbabngesellschaften 42 0,05 Berufsgenofsenschaften 17 0,02

sämmtlichen Amtsfstellen .. 92917 100.

Weit über die Hälfte aller Dampfkessel und Dampffässer Preußens steht also gegenwärtig unter der Aufsicht der privaten Üeberwachungsvereine. In welhem Maße dic Bedeutung dieser Vereine sür den in Rede stehenden Zweck nach und nah zugc- nommen hat, ergiebt sich daraus, daß zu Anfang 1887 von fämmt- lichen 56 506 feststehenden, beweglihen und Schiffs-Dampffkesseln?) Preuß:ns erst 14599 Kessel oder 25,8 v. H. seitens der genannten Vereine überwacht werden, währeud 26 403 Kessel oder 46,7 v. H. den Königlichen Baubeamten, 11,8 y. H. den Königlichen Bergbehörden, 11,0 v. H. den Königlichen Dempfkessel-Revisoren, 2,4 v. H. den Eisenbabnbebörben, 2,2 v. H. den Privatunternehmern selbt und 0,1 v. H. fonstigen Staatöbehörden unterstellt waren. Die Be- deutung der Ueberwachungßvereine wird auf diefem Gebiet dem- nächst aber néch eine weitere Steigerung erfahren. Es liegt näm- li die Absicht vor, den genannten Vereinen, welche bereits im Fabre 1897 im staatlichen Auftrage die bisher von den Geiwerbe- aufsihtsbcamten überwahten Dampfkessel in den landwict6scaftlichen Betrieben sowie auf Schiffen übernommen hatten, thunlichst bis zum 1. April 1900 aub alle übrigen den Gewerbeaufsihtsbeamten noch unterstellten Dampfkessel und Dampffässer behufs Ueberwachung im staatlihen Auftrage zu überweisen. JInfolae dessen würden die im Etatsjabre 1898/99 feitens der Gewerbeaussichtsbeamten überrachten 26 997 Dampfkessel und Dampffäfser also noch auf die Ucberwachungs- vereine übergehen, sodaß den leßteren vom 1. April 1900 ab nicht weniger als rund 88 v. H. aller Dampfkeffel und Dawpffässer Preußens (mit den oben crwähnten Ausnahmen) unterstellt sein würden.

Die privaten Dampfkessel - Ueberwachungevereine haben biéher eine sehr segensreihe Thätigkeit in Preußen entfaltet; durch ihre Mitwirkung ist eine wesentliGe Einschränkung der Zahl der Dampf- fesselexplosionen erreicht worden. Wird die bevorstehende weitere Ausdehnung der Ueberwathungstbätigkeit dieser Vereine auch eine nit unerhebliche Vermehrung ihrer sonstigen damit zusammen- hängenden Arbeiten, namentlich auch soweit sie die Siatistik be- treffen, zur Folge baben, so läßt doch die bisher bewiesene hohe Leistuncsfähigkcit dieser Vereine erwarten, daß sie das Vertrauen, welches sie bei der Staatsregierung ebenso wie bei der Bevölkerung

1) Die Gewerbeordnung für den Nozddeutshen Bund wurde in den füdli4h vom Main gelegenen Theilen des Großherzogthums Hessen am 15. November 1870 als Bundeëgeseß eingeführt; fie trat im Königreich Württemberg und Großherzogthum Baden mit dem 1. Januar 1872 unt im Königreih Bayern wit dem 1. Januar 1873 als Reichsgeseß in Kraft, während die Deutsche Gewerbeordnung in Elsaß-Lothringen erft ani 1. Januar 1889 Gültigkeit erlangte.

2) Diese Neuregelung der in Rede stehenden Verhältnisse war am 1. April 1894 beendet, :

3) mit dem Sitze zu Königsberg i. Pr., Danzig, Berlin, Frank- furt a. O., Stettin, Posen, Breslau, Magdeburg, Halle a. S., Hannover, Siegen, Cafsel, Düsseldorf, Barmen, M.- Gladbach, Neu- wicd, Aachen, Frankfurt a. M. und Ruhrort. Die im Jahre 1899 neu begründeten Vereire zu Halberstadt und St. Iobann bei Saar- brüden n d M eie e 1898/99 an der Dampfkesselüber- wachung noh nit betheiligt. i

4) mit dem Sitze zu Bernburg, Hamburg, Kaiserslautern und Stuttgart. Der Pfälzische Verein zu Kaiserslautern hat mit dem 1. April 1899 die Ueberwahung von Lawpfkesseln in Preußen ein-

estellt.

geft 5) Königshütte, Laurahütte, Friedr. Krupp, Westfälische Union zu Hamm, Union zu Dortmund, Manësfeld'sche Kupferschieferbauende Gewerkschaft zu Eisleben, Bochumer Verein, Hörder Verein, Ver- etnigungsgefellshaft für Stetnkohienbergbau im Wurmrevier zu

Kohlscheid. : ; g die Papiermacher-Berufsgenossenshaft, Sektion VI zu Hagen

genießen, weiter rechtfertigen werden. An tüHhtigen Beamten hierzu wird es ihnen bei dem boben Standpunkte, welchen die deutsche Tewnik beute einnimmt, nicht fehlen.

Nat dem neuen Bürgerlichen Geseßbuch geht, abweihend von dem bisherigen Rechte, vom 1. Januar 1900 ab die elterlihe Gewalt über vaterlose Minderjährige auf die Mutter über, obne daß 8 einer gerihtlidhen Anordnung hierzu bedarf. Nach dem preußischen Allge- meinen Landrehte fowie nah dem gemeinen Rehte war der Mutter bisher nach dem Ableben des Vaters îm allgemeinen nur ein Antheil am Eriiehungsrehte eingeräumt. Aus der Rechtsänderung erwächst für die Berufsgenossenshaften die Verpflichtung, in allen denjenigen Fällen, in denen die Rente eines Minderjährigen bisher an einen vom Gericht bestellten Vormund zu zahlen war, nach- zuprüfen, ob auÿ künftig der bisberige Vormund noch vertretung?- berechtigt bleibt, oder ob etwa die Rente auf die Mutter des Minder- jährigen umzuschreiben ist. Diese Arbeit if zur Vermeidung von Doppelzablungen dringli und wird bei den größern Berufsgenofszn- \§aften eiue recht erhebliche sein.

Zur Arbeiterbewegung.

In Berlin is}, wie verschiedene biesige Blätter berichten, der Ausstand der Töpfer durch gegenscitige Verständigung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern unde beendet (vergl. Nr. 258 d. Bl.). Zwischen beiden Parteien is ein gemeinsamer Tarif für zwei Jahre vereinbart worden, der vor dem Einigungsamt des Gewerbegezichts bestätigt werden soll. Maßregelungen wegen des Ausstandes dürfen nicht statifinden, wogegen sih auch die Ausständigen verpflichten mußten, die Arbeitswilligen in keiner Weise zu belästigen.

Aus Kôln meldet die „Frankf. Ztg.*, daß laut Mittheilung in einer Versammlung der Rege Formsteher der Auëstand in ganz Deutschland fortdauere. Ein von dem Kölner Gewerbegeriht unternommener Einigungsversuch sei gescheitert, weil die Prinzipalität es abgelehnt babe, mit den Ausständigen in Verhandlungen einzu- treten (vergl. Nr. 255 d. Bl.).

Eine Aussperrung von Arbeitern im Baugewerbe ist, der „Germ.“ zufolge, in Frankfurt a. M. eingetreten. Der Verband baugewerkliher Unternehmer bat \ämmtliche organisierten Maurer wegen angebli von der Lohnkommission begangenen Vertragsbruhs ausgesperrt. Davon werden 1200 Maurer betroffen. Di: nicht organisterten Maurer, die in Geschäften in Arbeit stehen, in denen ibre organisierten Kollegen au8gesperrt wurden, haben, wie die „NRhein.- Wesif. Ztg.“ weiter meldet, beshlossen, ebenfalls in den Ausfiand zu treten. (Vergl. Nr. 262 d. Bl.)

Auf der Königshütte sind, laut Mittheilung der „D. Warte“, am 6. d. M. hundert Puddler in den Ausstand getreten, Aus- \{hreitungen sind niht vorgekommen.

Land- und Forstwirthschaft.

Getreideernte und Maßnahmen zur Verhütung eines Nothstandes in Finland.

Helsingfors, den 25. Oktober 1899. Es liegen {eyt für alle Läne des Landes, außer demjenigen von Uleäborg, für welches nur eine Auskunft des Landwirthschaftsamts zu Gebote fteht, amtliche Berichte der Gouverneure über den Ernteertcag dieses Jahres vor.

Danach stellt sih die Weizen - Ernte in Kuopio-Län, das aller- dings wenig Wetzen baut, überhaupt \{chle{cht, ebenso in einem Theile von St. Michels-Län, „wo sie font theils mittelgut, theils unter Mittel ist, dagegen in Âbo und Biörneborgs- Län im allgemeinen mittel- mäßiz, do in einem größeren Bezirk au gut und in einem anderen unier Miitel, in Tavastehus-Län im Ganzen mittelmäßig oder darüber, nur an etner Stelle darunter und an einer anderen \{lecht, in Nylands-Län theils gut, theils mittelmäßig, mit Ausnahme eines Bezirks, wo sie darunter bleibt, und eines einzelnen Kirhfpiels, wo sie {lecht ift. i

Der Ertcag des Roggens ecweist si als shlecht, nur stellen- weise unter Mittel, im Haupttheil von Kuopio-Län, während in dessen nördlichen Theilen vartieller oder vollständiger Mißwachs zu kon- \statieren ist, dagegen in St. Michels-Län, mit Ausnahme einer Stelle mit über mittelguter und einer anderen mit s{lechter Ernte, als theils „mittelgut, theils unter Mittel, ferner in Wiborgs - Län, wie in Abo und Björneborgs-Län als Mittel, darüber und vielfa sogar gut, nur an eier Stelle unter Mittel, in Tavastehus-Län meist als mittel oder darunter, aber au in einem großen Bezirk als über Mittel und sogar gut, in Nylands-Län als theils gut, theils mittel- mäßig, mit Ausnahme eines einzelnen Kirchspiels, wo sie {chlecht ift, in Wasa-Län, mit Ausnahme der etroas rier gestellten Küfsten- RKrihz, meist unter Mittel, aber auch stellenweise als völlig fehl- geschlagen, und in Uleäborgs-Län als \{chlecht, wo nicht vollständiger Mißwachs vorliegt. : i

Die Frühjahrssaaten, nämlich die Gerste und der Hafer, haben in Kuopio-Län fast überall einen s{chlechten Ertrag geliefert, weun nit der Hafer sogar hat grün als Futter für das Vieh gemäht werden müssen, und weisen vielfach Mißwachs auf, in St. Michels-Län baben sie überwiegend einen geringeren als mittelmäßigen, theilweise aber auch einen s{lechten „und nur an einer Stelle einen mittelguten Ertrag ergeben, in Abo und Björneborgs-Län, wo sie noch niht ge- droschen werden konnten, versprechen sie theils einen mittleren oder unter Mittel bleibenden, theils einen {chlechten Grtrag, in Tavastehus-Län ift die Ernte in diesen Getreidearten unter Mittel und |rihweife {lecht in Wiborçs-Län im Ganzen mittelgut oder etwas darunter, blo stellenweise hlecht, in Nylands-Län tbeils mittelmäßig, theils unter Mittel, und bloß an einer Stelle {lecht, in Wasa-Län unter Mittel, wo nicht, wie an maren Stellen, völliger Mißwachs zu verzeichnen ist, und in Uleäborgs-Län is die Gerstenernte, mit Ausnahme von 2 Gemeinden mit mittelgutem Ertrage, \{lecht, wo nicht vollständiger Mißwachs eingetreten ist, und der Hafer hat hier übeihaupt grün gc- \hnitten werden müssen.

Wa3 die Aussichten „für die künftige Ernte betrifft, so ftehen die Roggensaaten in Abo und O: abgeschen von einem Bezirk, wo man wegen zunächst herrshenden Mangels an Saatgetreide erst spät säen konnte, chön und dicht, ebenfo in Kuopio- Län, mit Autnabme eines Bezirks, wo sie klein und {wah sind, in St. Michels-Län sind sie wenig vorgeschritten, in Tavastehus- und Wasa-Län dagegen stehen sie vielvecspcehend, in Nylands-Län im allgen.einen gut, und in Wiborgé-Län befriedigen siz2 auch, abgesehen von der Gegend des Ladoga - Secs, wo sie {wah stehen, während aus Ul: âborgs-Län eine Gefammtangave nicht vorliegt. ;

Bei dem \{chlechten Ausfall der diesjährigen Ernte werden in vielen Gegenden Maßregeln, um einem Nothstand vorzubeugen, ers forderlih werden. 5. :

Allerdings erklärt der Gouverneur von Ao und Björneborgs- Län, daß, wenn auch in seinem Län die Gersten- und Hafer- ernte nicht ais Saaikorn brauhbar fein werde, man doch mit Hilfe der Magazine im Län, ohne Jnanspruhnahme ôffent- liher Mittel, bis zur nächsten Ernte durchkommen fênne, und ebenfo glaubt der Gouverneur von Tavastehus-Län, daß, obwohl die Preise hoh ständen, die ungewöhnlich hohen Löhne dies kompensierten, und wirklihe Noth in seinem Län nicht bevorstehe, wenn auc in zwei Bezirken Ankauf von Getreide und für viele Land- wirthe die Beschaffung von Saatgerste und -Hafer aus fremden Gegenden nöthig w&kden würde; der Gouverneur von Nylands-Län glaubt sogar, daß bei der allerdings nur mittelmäßigen Ernte und der rethlihen Gelegenheit zu Arbeitsverdienst zu hohen Löhnen Unter- ftüßungömaßregeln der Regierung überhaupt nicht erfocderlih werden würden.

Aber der Gouverneur von Wiborg meint, daß, wenn au die Bevölkerung seines Läns im allgemeinen genug Getreide bis zur nächsten Ernte habe, dech die Gutsbesißer an den überschwemmt ge- wesenen Ufern des Satmasees und der großen Flüsse eiuer Uxter-

ï) Die Dampf?äfser unterlagen damals einer amtlichen Ueber- wachung noch nicht; diese trat în Preußen erft im Jahre 1888 ein,

stüßung bedürfen würden; der Gouverncur von St. Michel erklärt

E a C E Wr Se ck e ne Le E R E S L L E E A A E Ep C