1875 / 179 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 02 Aug 1875 18:00:01 GMT) scan diff

anhaltishes Gebiet und wegen Anlage einer Zweigbahn näch

Staßfurt bezw. Leopoldshall, vom 11. Juni 1875, ist ratifizirt worden, und die Auswewselung der Ratifikations-Urkunden hat ftattgefunden.

Das Königlihe medizinisch - chirurgische Friedrih-Wilhelms-Infstitut beging heute die Feier seines Stiftungstages, welcher der kommandirende General des Ill. Armee-Corps, v. Groß- gen. v. Schwarzhoff, sowie eine große Anzahl von Professoren und Aerzten beiwohnte. Der General-Arzt Dr. Böger begrüßte die Anwesenden zum erften Male in der neu erbauten Aula und erstattete einen kurzen JIahresberiht, aus dem vorläufig zu erwähnen ift, daß das Institut zur Zeit 170 Elevén zählt. Nachdem der Cand. med. Stenzel einen Vortrag über die Frage gehalten : „Wie äußert fich die Wirkung der neuen Geschosse auf den menshlichen Körper?“ erfolgte die übliche Preisvertheilung. Es erhielten Prämien die Eleven Stenzel, Renvers, Plagge und Lagus. Eine Rede des Professors Dr. Gurlt über die Ge- mrd der Kriegschirurgie in Preußen bildete den Schluß der

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Nach dem §. 49 des Reichs-Strafgesezbudes wird der- jenige als Gehü!fe bestraft, welcher der betreffenden Straf- that durch Rath oder That wissentlih Hülfe geleiftet hat. Im Anf@chluß an diese Bestimmung führt das Ob er-Tribunal in einem Erkenntniß vom 14. Juli d. I. aus: „Es tritt stets die- selbe Strafe ein, mag die Hülfsleiftung dur Rath oder durch That erfolgt \cin; das Gesey hat somit beide Alternativen als gleihbedeutend hinsihtlih der Art und der Abmefsung der zu verhängenden Strafe angesehen.“

Die Vorspiegelung des Behextseins, welche die Erlangung eines rechtswidrigen Vermögensvortheils zum Zwecke hat, wird, nah einem Erkenntniß des Dber-Tribun als vom 16. Juli d. I., als Betrug bestraft. In einem Falle wurde den Eltern eines jungen Mannes vorgespiegelt, ihr Sohn leide an der Liebeskrankheit und sei behext. Dieselben glaubten dies und ließen ihren Sohn von dem Rathgeber ärztlih. behandeln, wofür fie demselben 50 Thlr. zahlten. Der Sohn blieb jedoch nah der Kur ebenso leidend wie früher, und wurde der Arzt in Folge dessen wegen Betruges angeklagt und in den ersten In- ftanzen verurtheilt. Die Nichtigkeitsbeshwerde wurde vom Ober- Tribunal zurückgewiesen, indem dasselbe ausführte: „daß Krankheitszustände Thatsahen im Sinne des 8. 263 des Str. Ges. B. („Vorspiegelung falscher Thatsachen“) find, ist niht in Zweifel zu ziehen. Aber auch das vorgespiegelte Behextsein konnte von dem Appellationsricter ohne Rechts- irrthum als eine Thatsache in diesem Sinne angesehen werden. Indem der Angeklagte den betreffenden Personen vorspiegelte, der Kranke fei behext, \spiegelte er denselben einen realen Krank- heitszustand vor. Wenn auh dieser Zuftand nicht vorkommt und es cinen f\olhén überhaupt nit giebt, so verlor er dadur nicht den Charakter der Thatsache in den Augen Derjenigen, die sih dur die Vorspiegelungen täuschen ließen.“

Der Geheime Legations-Rath Bu cher hat einen mehr- wöhentlihen Urlaub zu seiner Erholung angetreten.

Der Königlich dänishe Gesandte von Quaade hat eine Urlaubsreise angetreten. Die Geschäftsführung der Ge- sandtschaft ist dem Legations-Sekretär Freiherrn v. Gylden- crone übertragen.

Der Kaiserlich russishe Hofmeister Fürs Wiasemsky traf gestern aus Homburg v. d. H. hier ein, stieg im Hotel Royal ab und reiste heute früh nah St. Petersburg weiter.

Der General-Major von Morozowicz, Chef der Landesaufnahme, ist nach beendigtem Urlaub hierher zurückge- kehrt, ebenso der General-Major Maentell, Abtheilungs-Chef im Ingenieur-Comité, der General-Arzt / und Corps: Arzt des 11, Armee-Corps Dr. Wegner, der Wirkliche Geheime Kriegs- Rath und Militär-Intendant des I[l. Armee-Corps Engelhard und der General-Arzt Dr. Mehlhausen, à la suite des Sanitäts - Corps und Direktor des hiesigen Charité-Kranken- hauses.

Posen, 2. August. (W. T. B.) Der Bischof von Culm hat, wie die „Ostdeutsche Zeitung“ meldet, dem hiesigen Ober-Präsidenten nunmehr ebenfalls die Anzeige zugehen lasen, daß er für den Theil seiner Diözese, welcher zur Provinz Posen gehört, bei der Ausführung des Gesezes Über die Verwaltung des Vermögens der römisch-katholischen Kirchengemeinden mit- wirken werde.

Breslau, 1. August. (W. T. B.) Die von der „Bres- lauer Morgenzéitung“ aus Neisse gemeldete Nachricht, daß der Fürstbishof Dr. Foerster die beabsihtigte Berufung eines Priesters zum Regens einer geistlihen Anstalt dem Ober-Präsi- denten angezeigt habe, wird von der „Schlefishen Volkszeitung“ auf Grund eingezogener Erkundigung für grundlos erklärt.

Frankfurt a. M., 2. August. (W. T. B.) Heute wur- den die Redacteure der „Frankfurter Zeitung“ Stern, Sewigh und Curti wegen verweigerter Zeugenaussage verhaftet.

Bayern. München, 1. August. (W. T. B.) Zur Ein- berufung und Eröffnung des neuen Landtages ist, gutem Vernehmen, nah der 27. September d. I. in Ausficht genommen. Der Fabrikdirektor Kester hat das ihm von der Stadt München

ewordene Abgeordnetenmandat abgelehnt, an seiner Statt wird Professor Haushofer eintreten.

Württemberg. Stuttgart, 31. Juli, Se. Majestät der König hat unter dem 26. Juli des Erbprinzen Leopold von Hohenzollern Hoheit unter die Großkreuze des Ordens der Württembergischen Krone aufgenommen. Der Erbprinz und die Erbprinzessin von Hohenzollern find am 28. von Friedrichs- hafen wieder abgereist, Vorgestern ist Se. Kaiserliche Hoheit der Erzherzog Albrecht von Oesterreich zum Besuche der Königlichen Familie daselbst eingetroffen und im Königlichen Schlosse abgestiegen.

Baden. Karlsruhe, s1. Juli. (W. T. B.) Se. Kaiserl. Hoheit der Erzherzog Albrecht von Desterreih ist heute Vormittag zum Besuch der Großherzoglichen Familie auf der Insel Mainau eingetroffen. Der Erzherzog begiebt sih von dort heute Abend über Konstanz in die Schweiz.

Hessen- Darmstadt, 31, Juli. Der Minister-Präsident Wirklihe Geheime Rath Hofmann Hat heute zum Ziveck des Besuchs eines Seebades eine Urlaubsreise angetreten. Am 29. verstarb nach langem s{chwerem Leiden der erst kürzlich in den Ruhestand getretene Direktor der Haupt-Staatskafse Hanf #\ e. Es bestätigt fh, daß der Finanz-Aus\{chuß der evangelischen Landes-Synode ganz in der Kürze zusammentreten wird, indem Seitens der Kirhenbehörde eine Reihe von finanziellen

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Vorlagen in Ausficht gestellt find. Zunächst wird. es fich nur Ban da Besprehungen und Ernennung der Referenten andeln. |

Die Kreis\{chulkommissionen sind dur Ministerialerlaß angewiesen worden, die zur Einführung der Fortbildungs- \hulen erforderlichen Verhandlungen nunmehr einzuleiten, -da- mit mit Beginn des Winterhalbjahrs diese Schulen überall er- öffnet werden können. Der Erlaß spezieller Bestimmungen über deren Einrichtung, sowie die Festseßung des Lehrplans if mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der örtlihen Bedürfnisse den Kreis\hulkommissionen anheimgegeben. Aus den zur Instruk- tion gegebenen allgemeinen Gesichtspunkten ift ersihtlih, daß der Unterricht in den Monaten Oktober bis März in der Regel Sonn- abend, Sonntag und Montag Abend stattfinden wird und nicht mehr als 40 Schüler gemeinsam unterrihtet werden sollen. Der Unter- richt hat sich auf Lesen, Schreiben und Rehnen, namentlich für das landwirthschaftlihe und gewerblihe Gebiet zu erstrecken. Nach dem neuen Sculgeseze haben die Lehrer der BVolks\chulen auf Verlangen der Kreisshulkommisfion bis zu 6 Stunden die Woche Unterricht in den Fortbildungs\{hulen gegen Vergütung zu ertheilen. Leßtere bestimmt die Kreis\hulkommission und ent- scheidet bei vorliegendem Widerspruche der Kreisaus\{chuß, in der Rekursinstanz der Provinzialaus\{huß über den Betrag. Bezüg- lich der zulässigen Disziplinarmittel wird ein besonderer Ministerials erlaß erwartet.

Qübeeck, 31. Iuli. Gestern kam mit der Eisenbahn der regierende Für} zu Waldeck und Pyrmont Georg Victor mit feiner Gemahlin, einer Schwester der Königin Sophie von Schweden, hier an und sezte Nachmittags mittelst Dampf- \hiffs die Reise nah Schweden weiter fort. Der Senat erläßt. heute folgende Bekanntmachung, die Feier des 2. September betreffend:

Nachdem der 2. September als Tag der Erinnerung an die großen nationalen Erfolge der Kämpfe von 1870—71 mehr und mehr zu einem ganz Deutschland umfassenden Nati-»nalfesttage gewor- den ist, hat der Senat zur feierlichen Begehung desselben für dieses Jahr Nachstehendes anzuordnen beschlossen: Ï :

Am Vormittage des 2. September findet in den Kirchen des lübeckischen Freistaates, und zwar für die Stadt Lübeck in der St. Marienkirbe um 9 Uhr, ein Festgottesdienst, verbunden mit einer für die Kaiser-Wilhelm-Stistung bestimmten Kirchenkollekte, statt.

Auf die Zeit während des Gottesdienstes finden die Bestim- mungen in den Art. 2 und 3 der Verordnung vom 4. Januar 1865, die Heilighaltung der Sonntage und ehriftlihen Festtage betreffend, Anwendung. u l

Nah dem Gottesdienste wird mit den Glocken sämmtlicher H TIOS in der Stadt geläutet, auch von den Thürmen der St.

arien- und St. Jakobi-Kirche der Choral; „Nun danket alle Gott“ geblasen werden.

Sitzungen der öffentlichen Behörden werden nicht gehalten ; au bleiben die Bureaus derselben sowie die Börse geschlossen. In den Schulen wird der Unterriht ausgeseßt; dem Dber-Schulkollegium bleibt es jedoch anheimgestellt, angemessene, der Bedeutung des Ge- q denktages entsprechende Schulfeierlichkeiten zu veranstalten.

Glauben Lübeck, in der Versammlung des Senates, am 28. Juli 1875. Ed. Hach, Dr.,

Sekretarius,

Elsaß-Lothringen» Met, 1. August. (W. T. B.) Heute fand die Fahnenweihe des hiesigen Krieger- vereins statt. Bei derselben waren die Spizen. der Militär- und Civilbehörden, sowie gegen 1500 Mitglieder der Krieger- vereine der Rheinprovinz und der Pfalz anwesend.

Desterreich-Ungarn. Wien, 31. Juli. Se. Majestät der Kaiser is gestern früh von Is{chl in Wien angekommen. Ihre Majestät die Kaiserin und die Erzherzogin Marie Va- lerie find, wie die „Salzb. Ztg.“ berihtet, am 29. d. M., Abends 74 Uhr, mit Separathofzug vort Lambah am Bahnhofe in Salz-

burg angelangt. Ihre Majestät wurde daselbst von Ihren Königlichen Hoheiten dem Grafen und der Gräfin von Trani, die von Berchtesgaden gekommen waren, empfangen, dinirte im Hofsalon und is um 9 Uhr nah Sassetot in Frankrei weiter- gereift. Ihre Königlichen Hoheiten Graf und Gräfin Trani be- gaben sich nach Abgang des Hofzuges nah Berchtesgaden zurü. Der Erzherzog Ferdinand, Großherzog von Toscana ist am 29. d. M. von Gmunden nah Salzburg zurükgekommen. Se. Hoheit der Herzog von Braunschweig ist mit dem gestrigen Eilzuge der Südbahn nah Italien gereist.

1. August. (W. T. B.) Graf Andrassy iff| von seinem Landsiße Terebes in Ungarn heute hier eingetroffen. In Ausführung der von der internationalen Telegraphen- Konferenz gefaßten Beschlüsse find von heute ab im österrei- chisch-ungarishen Telegraphenverkchr und zwar sowohl im in- ternen, wie im internationalen Verkehr chiffrirte Privattelegramme zugelassen.

Pet, 31. Juli. (W. T. B.) Die aus hiesigen Blättern in deutshe übergegangene Nachricht, daß Koloman Tisza zum ungarischen Minister-Präsidenten ernannt worden sei und sein Amt beim Beginn der Sißzungen des Reichsraths antreten werde, wird von zuverlässiger Seite als vollkommen unbe- gründet bezeichnet.

Großbritannien und Jrland. London, 31. Juli. Ihre Majestät -die Königin empfing am 29. d. M. auf Ds- borne den britishen Gesandten in Athen, Mr. W. Stuart, Der deutsche Botschafter, Graf Münster, hat sich auf Urlaub nach Deutschland begeben. Während seiner Abwesenheit steht Baron von Brincken den Geschäften der Botschaft vor. Die Königin hat Hrn. John Mathews als Vize-Konsul des Deutschen Reiches in Penzance bestätigt. Die „London Gazette“ notifizirt die Ernennung des Herzogs von Bucking- eta und Chandos zum Gouverneur der Präfidentschaft von

ort St. George in Madras, Ostindien. Aus einer ganzen Reihe Provinzfiädten, darunter Liverpool, Birmingham, Ports- mouth, Manchester, Nothingham, Leeds, Sheffield u. \. w., wird von Volksversammlungen berichtet, die zu Gunsten Plim- \solls und seiner Forderungen stattgefunden haben.

31. Juli. (W. T. B.) Der deutsche Botschafter, Graf Mün fter, hat gestern seinen Urlaub angetreten.

92, August. (W. T. B.) Gestern fand im Hydépark cin Meeting zu Gunsten der noch in Gefangenschaft befind- lihen Fenier. statt.

Frankreich. Paris, 1. Augusi, (W. T. B.) Das „Journal officiel“ enthält eine amtlihe Note, in welcher die Angriffe gewisser kl erikaler Blätter gegen die von der 6 zösischen Regierung der \panischen Regierung gegenüber beob- achtete Politik energisch zurückgewiesen werden und die Haltung der französfishen Regierung mit der Rücksiht auf die voraus- gegangenen Ereignisse und mit der Würdigung der Frankrei

obliegenden internationalen. Pflichten gerechtfertigt wird. Gleich-

Versailles, 31. Iuli. (W. T. B.) Die Nationa[. versammlung nahm in ihrer heutigen Sihung mit 391 gegen 267 Stimmen den Geseßentwurf an, welher den Staatsrath mit der Prüfung - der angefochtenen Generalrathswahlen

betraut. Sodann bewilligte die Versammlung dem Kriegg.

Ministerium einen Kredit von 18 Millionen Frcs. Nähften

Montag wird die Berathung über den Gesezentwurf, betreffend

den Bau des Tunnels durch den Kanal, stattfinden,

(Monatsübersicht für Juni.) Das „Journal officiel* vom 2. Juni veröffentlihte die Ernennung des big: herigen Staatsanwalts Ribot zum Direktor der- Abtheilung für Kriminal- und Begnadigungssachen im IJustizministerium. Ein Dekret des Ministers Wallon berief folgende Herren in den neu gegründeten Ober-Kunstrath (Conseil Supérieur des Beaux. Arts): die Maler Lehmann, Müller, Cabanel, Bonnat, Jule Dupré und Comte, die Bildhauer Cavelier und Paul Dubois, die Arhitekten Lefuel und Beuswillwald, den Kupferstecher Henri quel, den Musiker Bazin, die Kunstgelehrten Ravaisson, de Longvérier und Duc, Herrn Chevreul von der Akademi der Wissenschäften, die Abgeordneten Aclocque, Costa de Beauregard, Jules Buisson, Clapier, Lambert de Saint: Croix und de Vinols, endli die Herren d'Armaillé und May- rice Cottier. Durch ein weiteres Dekret des Unterrichis Ministers, welches das amilihe Blatt vom 7. veröffentlichte, wurde eine von den Ministern des Krieges, der Marine, der Finanzen und des Unterrichts zu beshickende Kommission einge

geseßt, welche die Zulassungsprogramme der verschiedenen staat:

lihen Spezialshulen zu prüfen hat. Unter dem 19. wurde die zwischen Frankreih und Italien abgeschlossene Konvention, bezüglih der Abfteckung der Grenze zwischen den beiden Ländern in dem neuen Mont-Cenis-Tunnel, sowie die zwishen Frankreiß und dem Großherzogthum Luxemburg ausgetauschte Deklaration publizirt, durch welche sich die beiderseitigen Regierungen verpflid: ten, einander alle über Unterthanen des einen Landes in dem andern E Civilstandsaïte von Halbjahr zu Halbjahr mitzw theilen.

Mac Mahon die jährliche Revue der Pariser Truppen, die in einer Stärke von 25,000 Mann. aufzogen, ftatt. Diplomatische und militärische Vertreter der ausländishen Mächte wohnten derselben bei. Unter dem 15. Juni richtete darauf der Generalgouverneur von Paris, General Ladmiragult, einen Tagesbefehl an di Truppen, um ihnen im Namen des Marschall-Präsidenten für ihr gutes Aussehen und ihre trefflihe Haltung Glück zu wünschen.

Dur Erlasse des Kriegs-Ministers de Cissey wurde alla Soldaten, deren aktive Dienstzeit am 10. August d. I. abläuft, \{chon vom 20. resp. 25. Juni ab Urlaub ertheilt und verfügi, daß die zweite Portion des Kontingents von 1873, die an 15. Juli eine sechsmonatlihe Dienstzeit zurückgelegt haben werden, in Disponibilitätsstand verseßt und ebenfalls in ihre Heimat entlassen werden soll.

Die Nationalversammlung widmete die Sihung am 1. Jui der Wiederwahl ihres Bureaus. Es wurden wiedergewählt zun Präsidenten der Herzog v. Audiffret-Pasquier mit 431 Stimme (508 Stimmzettel wurden abgegeben, davon 77 unbeschrieben zu Vize-Präsidenten die Herren Martel, Duclerc, de Kerdrel und Ricard, zu Sekretären die Herren Cazenove de Pradine, Voi Ségur, Blin de Bourdon, Graf Duchatel und Lamy. In de Sikung vom 2. Juni genehmigte die Kammer den Geseßentwur betreffend die Zuschlagsdezime zu verschiedenen Abgaben, darunit die auf Salz Dann trat die Versammlung ‘in die Berathun] der Vorlage über nahm den Gesezentwuxf, welher s|{ch für das Zellew haftisystem auss\priht, am 5. in Schlußabstimmung an. derselben Sißung erstattete der Deputirte Laboulay als Referent der zur Berathung des Gesezentwurfs Über det höheren Unterricht niedergesezten Kommisfion mündlichen Berit. Derselbe \prach fich für vollständige Freiheit des höheren Unie richts und dafür aus, daß der Unterricht nicht nur Einzelne sondern Allen zugänglih sei. Laboulaye hob ferner hervor, da namentli der Kirche Freiheit zu gewähren sei, damit ein Theil d& Staatsbürger bezügli seiner Glaubensansihten beruhigt und fichert werde. Ein Amendement Cheé nelongs zu Art. 2, welches d? Tü)zesen berechtigt, ebenso wie die Departements und die Gemein den, höhere Unterrichtsftätten zu gründen, und den israelitisha Konsistorien dieselbe Befugniß ertheilt, wurde, nahdem Dupanlow lebhaft für die Geseßesvorlage gesprochen, am 7. mit 339 geg 300 Stimmen genehmigt. Der Unterrihts-Minister Wallon klärte, er werde bei der dritten Lesung - der Vorlage auf An derung des Art. 2 antragen, er könne den - Dept tements, Gemeinden und Diözesen nicht das Recht j Grrichtung von höheren Unterrichtsanstalten belassen. W boulaye legte in der Sißung vom 7, den Bericht * über doi Gesetz, betreffend die Beziehungen der öffentlihen Gewalten v!

In der Sitzung vom 11. verlas der Marine-Minister, ‘A miral de Montaignac, einen Bericht des Gouverneurs der B fizungen am Senegal über die vom Deputirten Lafon (von M Linken) zur Sprache gebrachten Vorgänge, bei denen mehrt Offiziere und Beamten sih angeblich eines Mißbrauchs der ® walt \{uldig gemacht haben sollten. Die in Folge dessen til geleitete amtlihe UntersuGung habe ergeben, daß die Offizi nur ihre Schuldigkeit gethan, als fie den Aufstand der Einf bornen mit Strenge unterdrückten. Später legte Savary Bericht über die Wahl Bourgoings (der, vor Jahresfrist gewäh am 4. die endlihe Vornahme der Prüfung verlangt hatte) 3 Departement Nièvre vor, in welchem dieselbe für ungültig erfi wird. Die Nationalversammlung vertagte die Berathung b zum erfolgten Druck der bezüglichen Schriftstücke. "A

Der Art. 13 des Unterrichtsgeseßes, welcher die Berleihun wissenschaftliher Grade betrifft, gab zu einer längeren Debats Veranlaffung. Der Deputirte Ferry brachte unter Angri gegen den Klerus, die vom Bischof Dupanloup und Chesnelo!

erwidert wúrden, ein Amendement ein, welches dahin ging, "5

Staate das ausscließlihe Recht auf Zuerkennung akademis? Grade zu erhalten, wogegen der Deputirte Paris dasselbe e! gemischten Jury übertragen wissen wollte. Ersteres Améndeu® wurde in der Sihung" vom 15. Juni mit 369 gegen Stimmen abgelehnt, leßteres, für das sh auch der Unterris! Minister aus\prah, am 16. mit 385 gegen 312 Stimmen 0 genommen. Am 17. wurde die Berathung beendet und die des näcstige dritte Lesung beschlossen, welche auf Antrag Ch longs (in der Sihung vom 24.) nah der zweiten Berath! des Gesetzes über die öffentlihen Gewalten stattfinden soll. Am 21. Zuni begann die Nationalversammlung, nah? die Gesezvorlage in Betreff verschiedener Gißitragungsgebü}? genehmigt worden, die erste Berathung des Gesezentwurfs, * treffend die Beziehungen der öffentlichen Gewalten, welcher * den Deputirten Louis Blanc und Madier de Montjau (von

zeitig wird die Presse zur Mäßigung aufgefordert.

äußersten Linken) unter Angriffen gegen das Ministerium [ebyd

Am 13. fand im Bois de Boulogne vor dem Präsident

die Reform des Gefängnißwesens ein u

bekämpft wurde, weil derselbe dem Präsidenten der Republik Ge- walten übertrage, die die Souveränetät der Nation beeinträchtigen. Der Vize-Präfident des Ministeriums Buffet erklärte dagegen in der darauf folgenden stürmishen Sizung, die Verfafsungsgeseßze seien in der That die Verneinung der von den genannten De- putirten aufgestellten E aber fie seien dem Programm des Ministeriums entsprechend, gegen welches, als es dar- gelegt wurde, Niemand Einsprahe erhoben habe. Das Ministerium werde sein Programm aufrecht - erhalten und fordere für den Präsidenten der Republif das Minimum der unerläßlihen Machtvollflommenheiten. Laboulaye beschwor seinerseits alle guten Bürger, sih um die republikanische Regie- rung als die einzig möglihe zu haaren, und vertheidigte die Haltung der Republikaner gegen die Angriffe der Radikalen. Unter großer Erregung der Versammlung wandte fich darauf der Deputirte du Temple (von der äußersten Rechten) gegen den Gesetzentwurf, indem er den Marshall Mac Mahon wiederholt angriff, / bis ihm vom Präsidenten das Wort entzogen wurde. Auf Antrag Laboulaye's wurde am darauf folgenden Tage be- \{lossen, in die zweite Berathung des Geseßentwurfs ers nah Der Debatte des Gesezentwurfs, betreffend den Vertrag mit der Eisenbahngesellschaft Paris-Lyon-Mittelmeer, einzutreten.

Die Berathung dieses Geschentwurfs begann am 23. Für den am 24. der Kammer von dem Minister Buffet vorgelegten Entwurf, in welchem die Bewilligung eines Kredits von 100,000 Francs zur Untersiüßung der durch die Uebershwemmung in den südlichen Departements Beschädigten beantragt wird, wurde die Dringlichkeit beschlossen und die Vorlage genehmigt. Der Bericht Pelletans Über die Wahl des Admirals Kerjégu im De- partement Côtes du Nord, welcher sich für die Gültigkeit der- selben aus\sprach, aber das von der Regierung bei dieser Wahl- angelegenheit beobahtete Verfahren mißbilligte, war der Gegen- ftand der Debatte in den Sißungen vom 24. und 25. Juni. Nachdem der frühere Justiz-Minister Tailhaud sein im Bericht

angegriffenes Verhalten gegen die Angriffe der Linken gerechts,

fertigt hatte, wurde darauf die Wahl mit 459 gegen 141 Stim- men für gültig erklärt.

In der Sißung vom 28. wurden auf Antrag Depeyre, (Departement Haute-Garonne) 2 Millionen Fres. für die Unter- ftüßung der dur die Uebershwemmung Heimgesuhten mit Ein- ftimmigkeit bewilligt. Ein Amendement Pascals Duprat zu Gunsten der kleineren Eisenbahn:Gesellshaften wurde bei Fort- seßung der Berathung des Eisenbahngeseßes, nahchdem fih der Minister der öffentlihen Arbeiten gegen dasselbe aus- gesprochen, von der Versammlung am 30. verworfen.

Der Dreißiger-Aus\{chuß, welcher das Wahlgeseß zu berathen hatte, erklärte fich mit großer Majorität für das Listenskrutinium. Am 29. wurde die Berathung zu Ende gebracht und ein Amendement Delfols angenommen, welches bestimmt, daß Ersaßz- wahlen nur dann stattfinden, wenn in Departements zu \echs Deputirten zwei Sige und in Departements von mehr als ses Deputirten drei Sißé frei sind. Wenn zehn Siße in der Deputirtenkammer im Ganzen frei find, \o sollen drei Monate nach der leßten Erledigung die Ersaßwahlen vorgenommen werden. Schließlih ernannte der Aus\s{chuß Ricard (linkes Centrum) zum Berichterstatter über das Wahlgeseß. Lavergne, auf den zuerst die Wahl gefallen, {lug fie aus.

Unter Betheiligung des Erzbischofs von Paris, zahlreicher Offiziere und Deputirten, so wie einer großen Menschenmenge wurde am 16. der Grundftein zu der Kirche zum Heiligen Her- gen Jesu auf dem Montmartre gelegt. Weder der Präfident, noch seine Gemahlin (welche nach Paray le Monial gereist war), noch die Spiyen der Behörden, dagegen über 200 Mitglieder der Nationalversammlung waren zugegen; der Präsident Her- zog von Audiffret-Pasquier war jedoch nicht erschienen. Der Erzbischof, welcher {hon vorher in einem Hirtenbrief gegen die Auslegungen, nach denen die Festlichkeit einen politischen Charak- ter haben sollte, protestirt hatte, weihte Paris und Frankreich dem heiligen Herzen, hielt eine Rede und theilte ein Telegramm des Papstes mit, in welchem dem Unternehmen und allen, die daran Theil nehmen, der Segen gespendet wurde.

In Paray le Monial waren zur zweihundertjährigen Feier der Offenbarung der Marie Alacoque am 4. außer dem Erz- bischof von Paris noch \sechs Prälaten, unter ihnen der Erz- bischof von New-Orleans, ferner an 20,000 Pilger aus allen Theilen Franfkreichs und Italiens anwesend, unter ihnen au auch die Präfekten der Departements Saone et Loire und Allier, der General-Gouverneur von Lyon, der Maire von Macon und andere Personen in aintlihen Stellungen.

Am 23. Juni trafen die ersten Nachrichten von den großen verheérenden Uebershwemmungen der Garonne und des Adour aus den südlichen Departements in Paris ein, welhe besonders die Stadt Toulouse und Umgegend, ferner Montauban, Moifsac, Agen, Castelsarassin, Tarbes u. \. w. heimsuhten. Am 25. be- gab si der Präsident der Republik, begleitet von den Ministern Buffet und de Cissey, nah den überschwemmten Gegenden, um die erforderlichen Anordnungen zur Unterstüßung der Hülfs- bedürftigen zu treffen. Alle Steuerempfänger wurden ermächtigt, Beiträge für die* Beschädigten anzunehmen. Die Subskriptions- liste des „JIournaal officiel“ wies am 29. Juni 99,793 Frcs. auf, wovon der Engländer Sir Rihard Wallace 25,000 Frcs, ge- zeichnet hatte. :

Am 24. Juni wurde in Versailles zu Ehren des Generals Hoche ein Banket abgehalten, bei welchem Gambetta eine Rede hielt, in der er betonte, daß die Eintracht, welher die Republik ihre Entstehung verdanke, fortbestehe; die durch die Erfahrung lug gewordenen Republikaner seien jeßt gemäßigte Leute, welche von der Zeit die Verwirklihung ihrer Prinzipien erwarteten. Die allgemeinen Wahlen würden die fortschrittlihe Republik ergeben, indem sie eine bürgerlihe Regierung herstellen würden, welche in einem demokratishen Staate demokratisch zu regieren verstehe. Die Rede wurde sehr beifällig. aufgenommen.

Im Monat Juni waren folgende Todesfälle zu verzeihnen. Am 6. starb im Alter von 78 Jahren Graf Charles de Rému- sat, Mitglied der Akademie und ehemaliger Ministeë der aus- wärtigen Angelegenheiten unter der Präfidentshast des Herrn Thiers, am 8. Prinz Charles, jüngster Sohn des Grafen von Paris und in den leßten Tagen des Monats die Deputirten Carion (radikal) und Crespin (linkes Centrum).

Nach dem Bericht der Budgetkommission über die Ausgaben des Finanz-Ministeriums füc 1876 erreichen dieselben die Summe von 1,468,262,674 Fr. und theilen fich in vier große Abthei lungen: öôffentlihe Shuld und Dotationen 1,181,858,281 Fres. ; allgemeiner Dienst des Ministeriums 19,768,150 Frcs. ; Unkosten der Regie, der Einnahmen und der Verwaltung der Steuern und öôffentlihen Einnahmen 248,854,243 Frcs.; Rüczghlungen und Wiedererstattungen 17,782,000 Frcs.

_ Wie der Finanz-Minifter in der Budgetkommisfion mit- theilte, haben die Einnahmen ‘aus den indirekten Steuern in den ersten 5 Monaten 1875 den Voranshlag um 34 Millio-

nen überstiegen, es sei somit zu hoffen, daß er bei einem 7

gleihen Fortgange der Einnalmen nicht genöthigt \ein werde, die von der Bank bereitgehaltenen 80 Millionen in Anspruch zu nehmen.

Das Budget des Pariser Gemeinderaths für 1876, welches demselben am 2. Juni vorgelegt wurde, enthält folgende Positionen: Ausgaben des ordentlihen Budgets 202,999 988 Fres. ; Einnahmen die nämlihe Summe; Ertrag des Oktrois für 1876 113 Millionenz Zinsen für die Pariser Stadtshuld über 100 Millionen; Ausgaben für das außerordent.ihe Budget 103,998,976 Frcs. (dieselben find durch 99 Millionen, die von der legten Anleihe herrühren, und einige andere Einnahmen ge- deckt). Die Gesammtausgabe der Stadt Paris für 1876 beträgt dana ca. 307 Millionen.

In Lyon wurden ungefähr 20 Personen verhaftet, welche der Theilnahme an einer geheimen Gesellschaft verdächtig waren ; in Marseille fanden aus demselben Grunde Haussuchungen ftatt. Ein Gleiches geschah in Boulogne-sur-mer bei mehreren Bonapartisten wegen der Assekurarzgesells(aft „Etoile Français“. __ Die Wahlen auf der Insel Guadeloupe haben kein defini- tives Ergebniß geliefert. Von 30,020 eingeshriebenen Wählern stimmten 4027. Davon erhielt Hr. Lacascade 391, Hr. Lauriol aus Nantes 716 Stimmen. Da keiner der beiden Kandidaten die erforderlihe Mehrheit erlangt hat, \#o sollte am 4. Juli zu einer zweiten Abstimmung geschritten werden.

Nach einem Dekret, welches das amtlihe Organ vom 6. Juni veröffentlichte, sollen die Inhaber von Obligationen der Anleihe Morgan, welche auf die Konvertirung eingehen wollen, bei dem Umtausch für ihre Obligationen Zprozentige Rente mit dem Zinsgenuß seit dem 1. April c. empfangen, und zwar in dem Verhältnisse, daß auf jede Obligation Morgan 30 Fres. Rente entfallen. Bei dem Umtausche sind für jede Obligation Morgan je 124 Fres. zur Ausgleichung zu entrihten. Ein Erlaß des Finanz- Ministers verfügte, daß die Deponirung der Obligationen zum Zwette der Konvertirung am 12., 13. und 14. Juni zu geschehen habe. Die Einzahlung der Ausgleihssumme von 124 Fres. per Obligation hat in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August c. zu erfolgen, kann jedoch auch gleichzeitig bei der Deponirung der Obligationen geschehen.

Nach den fstatistishen Angaben der Marseiller Handels- kammer über den Handel von Marseille seit 1860 waren in jenem Jahre 4474 Schiffe in den Hafen eingelaufen. Die Ein- fuhr hatte einen Werth von 508,615,228 Frcs. und die Ausfuhr 494,401,961. Jm Jahre 1873 dagegen betrug die Zahl der ein- gelaufenen Schiffe 6074; der Werth der Einfuhr 869,524,608, der Ausfuhr 887,127,723 Fres.

Spanien. Der „Agence Havas“ vom 1. August wird aus Santander gemeldet, die Carlisten seien auf das linke Ufer des Ebro zurückgeworfen, die Stadt Viana sei nah heftigem Kampfe von den Regierungstruppen beseßt worden. Leßtere hätten ferner bei Logrono gegen 150 Gefangene gemaht. Auch Puycerda sei entsezt und General Martinez Campos habe gestern früh das Bombardement des Forts von Seu d'Urgel begonnen.

/ Portugal. Wie der „Agence Havas“ vom 31. Juli aus Lissabon gemeldet wird, bestätigt sich die Nachricht, daß der roi Hirtenbrief des Bischofs von Oporto auf Erfindung beruhe.

Griecheuland. Athen, 28. Juli. (W. Zig.) Der Universitätsrektor Hofpfarrer Rompotis is gestorben. Ueber- morgen beginnen die Neuwahlen für die Kammer; die Theil- nahme if eine rege.

Dänemark. Kopenhagen, 1. August. Se. Majestät der König und Se. Königliche Hoheit der Kronprinz, ersterer in Admiralsuniform und leßterer in Generalsuniform, machten gestern Mittag einen Besuch an Bord des auf der Rhedé liegenden amerikanischen Geshwaäders. Sowohl bei der Ankunft, wie beim Verlassen der Schiffe wurde von den Schiffen und der Batterie Sixtus Salut gegeben, indem zuglei die Schiffe die Raaen bemannten. Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin von Waldeck-Pyrmont mit Familie und Gefolge find gestern Vormittag hier angekommen. Die Herrschaften werden heute Mittag Ihren Majestäten dem König und der Königin auf Schloß Fredensborg einen Besuch abstatten und an der Königlihen Tafel theilnehmen. /

Æmerika. New-York, 31. Juli, In den Thälern des Ohio und Missouri haben in der vorigen Woche heftige Regen - güsse dem Weizen und Roggen ernstlihen Schaden zugefügt. In Kentucky, Süd-Ohio, Indiana, Illinois und Missouri fteigen die Strôme und einige derselben sind aus ihren Betten getreten.

Der Regen hält an.

1. August. (W. T. B.) Der vormalige Präsident der Vereinigten Staaten, Andrew Johnson (inaugurirt 15, April 1865) ist gestorben.

Die „Anglo-Brasilian Times“ meldet aus Brasilien Folgendes :

Das Ministerium Rio Branco gab am 22, Juni seine Demission, und am 25. organisirte der Herzog de Caxias ein Kabinet aus beiden Sektionen der fonservativen Partei. Das neue Kabinet besteht aus dem Herzog de Caxias, Kriegs-Minister und Präsident des Konseils ; dem Baron de Cotegipe, Minister für auswärtige Augelegenheiten und ad interim der Finanzen; Senator José Bento da Cunha Figuciredo , Minister des Reichs; dem Deputirten Luiz “Antonio Le Franco , Marine-Minister; dem Deputirten Diego Valho Savalcanti de Albuquerque, Justiz - Minifter, und dem Depu- tirten Thomas José Coelho de Al Minister für Land- wirthschaft. Señor Tejedor hat ein langes Exposé über die paraguitische Grenzunterhandlung veröffentliht. Er erklärt, daß seine von der argentinishen Regierung acceptirte Politik darauf binauslief, die Entscheidung über den Besiß von Villa Occidental

Almeida ,

einem Schiedsspruche zu unterbreiten, vorausgeseßt, daß die brasilia-

nische Regierung Paraguay sofort verlassen und die Insel Cerrito der argentinishen Regierung übergeben würde. Wenn Brasilien diescm vorläufigen Schritte zugestimmt hätte, würde die Konföderation seinem Dafürhalten nach Herr der Situation geworden sein, und selbst wenn der Schiedsspruch gegen Brafilien ausgefallen wäre, konnte es noch immer auf die Frage betreffs einer Schadloshaltung für die Ausgaben guf Villa Occidental zurückgekommen sein, Señor Tejedor forderte in Rio, daß Brasilien Paraguay sofort verlassen sollte, ohne auf die argentinishe Ratifikation zu warten; die brasilianischen Unter- händler lehnten es ab, dies vor der Ratifikatior zu thun, guitishe Regierung hat sih geweigert, den Grenzvertrag zu ratifiziren, und hat Señor Couza entlassen. Das Handelstribunal von Rio hat der deuts-brasilianishen Bank das dreijährige Moratorium bewilligt.

Ueber die jüngsten Unruhen in San Miguel, in der Republik San Salvador, wobei die Offiziere der Gar- nison ermordet wurden und Eigenthum im Werthe von einer Million Dollars der Vernichtung anheimfiel, bringt die neueste

westindishe Post nah der „A. A. C.“ folgende ausführlichere Berichte:

Die paras- -

___ Centralamerikanishe Berichterstatter geben zwei Gründe für die in San Miguel . vorherrschende Unzufriedenheit an: Die Regierung hatte den Versammlungsort der Marktleute dieser Stadt von dem üblichen Plaße nach einer neuen Markthalle, die foeben fertiggestellt worden war, verlegt. Der Bischof von Salvador hatte einen Hirtenbrief erlassen, der, wie er den Priestern anbefahl, in den Kapellen an drei hintereinander folgenden Fasttagen verlesen werden sollte. Die Regierung erachtete den Hirtenbrief als eine Ermunte- rung der Rebellion gegen die Civilregierung und dekretirte, daß dessen Veröffentlichung beanstandet werden sollte. Die Agenten der Regie- rungsdepartements waren angewiesen worden, die Pfarrer geaen die Verlesung des Hirtenbriefes zu warnen. Der Verlegung des Marktes wurde vom Pöbel Widerstand geleistet, und es entspann sih ein Kampf, in welchem die wenigen Truppen, die vor- handen waren, überwältigt wurden. Espinosa, der kommandi- rende General, wurde getödtet und barbarisch verstümmelt, und der Pöbel seßte sich in den Besiß des Cabildo und bégann die Handels- speicher zu plündern und die Häuser in Brand zu stecken, wozu Pe- troleum angewendet wurde. Das Cabildo und 18 große Häuser brannten nieder, und mehrere Bürger, deren einziges Vergehen, wie man glaubt, war, eine höhere soziale Stellung eingenommen zu haben, wurden kalten Blutes getödtet. Ein anderer Bericht basirt den Ausbruch der Unruhen auf den Kirchenstreit am Sonntag, 20. Juni. Ein Priester, Namens Palarios, hielt eine heftige Predigt, deren Veröffentlichung verboten wurde, und am Abend dieses Tages erhob sich der Pöbel, griff die Kommandantur an, er- mordete den kommandirenden General, befreite die Gefangenen * und steckte das Cabildo in Brand. Die. Kommandantur fowie acht an- dere der hauptsächlihften Häuser wurden auch geplündert und ver- brannt, Eigenthum im Werthe von einer Million Dollars zerstört. In das Haus von Sefior Quiros, einem der reichsten Bürger, drangen während des Tages maskirte Personen, die 40,000 Dollars auf Maulesel luden und mit ihrer Beute in das Jnxere entkamen. Es heißt, daß der Priester Palacios in den Straßen ge- sehen wurde, bemüht, den Exzefsen des Pöbels Einhalt zu thun, aber ohne Erfolg. Die Unruhestifter erwiderten: „Sie haben uns dazu aufgeheßt und nun vollenden wir es." Die Ankunft des britischen Schiffes „Fantôme* in La Union wurde als höchst gelegen erachtet. Der Gouverneur von La Union brach sofort mit allen Trup- pen, die er aufbringen konnte, nah San Miguel auf. Einhundert der Unruhestifter wurden verhaftet und eingekerkert und die öffentliche Ordnung wurde wieder hergestellt. Als der Gouverneur La Union verließ, wurde all das daselbst vorhandene . baare Geld (100,000 Dollars) der Sicherheit wegen an Bord des „Fantôme“ gebracht. Eine Abtheilung Marinesoldaten „lañdete auf Ersuchen des Gouver- neurs und des britischen Konsuls zum Schutze des Konsulats.

Afrika. Den neueften Berihten vom Cap der guten Hoffnung zufolge billigt die öffentlihe Meinung in der Kolonie fast einstimmig die in Lord Carnarvons Depesche enthaltenen Vorschläge. In Port Clizabeth fand am s. v. M. eine große Volksversammlung ftatt, in welcher Resolutionen zu Gunsten einer Konföderation sowie ein Dankesvotum an Lord Carnarvon einstimmig angenommen wurden. Der Bürgermeister der Cap- stadt wird aufgefordert werden, ein Meeting anzuberaumen, in welchem die Regierung gebeten werden \oll, das Parlament auf- galösen und an das Land wegen Lord Carnarvons Depesche zu appelliren. V

Australien. Aus Melbourne wird vom 30. Juli gemeldet, daß die -Regierung das Budget durch die ersten Stadien der Debatte gefördert hat. Sie erhielt indeß nur eine Majorität von einer Stimme, in Folge dessen der Rüctritt des Ministeriums wahrscheinlich ift.

Nr. 62 des „Amts -Blatts der Deutschen Reichs- Postverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen vom 30. Juli 1875: Ecrichtung einer Postanstalt auf dem Festplaße des 5. Deutschen Bundesschießens in Stuttgart; vom 29. Juli 1875: Er- ffnung der Eisenbahnstrecke Dülmen-Coesfeld. Anlage zu Nr. 62 des Amtsblatts der Deutschen Reichs-Postverwaltung vom 1. August 1875, enthaltend Post-Dampfschiffvecbindungen nah außereuropäischen Ländern, ¿zusammengestellt Ende Juli 1875.

Statistische Nachrichten.

Der Gesundheitsftand der ärmeren Bevölkerung Berlins war, der „Voss. Ztg. zuf: lze, während der abgelaufenen vier leßten Quartale, Dank der verbesserten Fürsorge, sowie Vergrößerung der Kranken- und PflegeAnstalten, ein günstiger. Von den 63 Armenärzten wurden 29,668 Mänrer, Frauen und Kinder an inneren Krank- heiten behandelt. Der Armenwundarzt behandelte 147, die sechs Augenärzte 1291, der für Frauenkrankheiten 134 und der für Gehör- fraufe 13 Patienten. Somit umfaßt die ganze armenärztliche Kranken- pflege 31,253 Personen. Von diesen Erkrankten konnten 22,048 (71 %) als geheilt entlassen werden, was insofern günstig ist, als von diesen Kranken über 14,000 in Hofgebäuden u. zwar in Kellern zu 21, in Parterregeschossen, 1, 2 und 3 Treppen hoch zu 24, 4, 9 Treppen, ja noch höher zu 595 %; 8000 in Vorderhäusern, in Kellern zu 31, 3, 4 und mehr Treppen zu 69 % ihre Kranken- lager halten mußten. _Diese Art des Wohnens if in insofern in dieser Klasse der Bevölkerung von besonderem Einflusse, als das enge Zusammenwohnen, der öftere Mangel an Reinlichkeit 2c., die Luft noch mehr verschlechtert, und auf die Genesung der. hier vornehmlih auftretenden Krankheiten, als: Nervenfieber (mit 16), Jufektions- Krankheiten (mit 24), Krankheiten der Respirations-Organe, Ent- zündung der Lungen, Bronchien u. st. w. mit 27, der Verdauungs- apparate mit 33%, im hôhsten Grade nachtheilig wirkt und sie um so mehr ershwert, als zu den genannten Mängeln in den meisten Fällen die der Pflege und Ernährung treten. Der höchste Prozentsaß der Erkrankungen fällt auf den Bezirk des 7. Standesamtes (Stralauer Revier 102. bis 123. Stadtbezirk), dann folgt das 5. (Louisenstadt, äußere 61. bis 76. Stadtbezirk), dann das 13. (der Wedding), hierauf das 10, (Stadtbezirke 169. bis 179.) zwischen Brunnenstraße, Schönhauser Allee und ehemaligen Kommunikation, und endlich die Oranienburger Vorstadt. Jn diesen fünf Standes- amtsbezirken wohnen nahezu fünf Achtel aller Stadtarmenkranken, ohs wohl dieselben nur 306,759 Seelen zählen. Die wenigsten Behan- delten fallen anf den 3. und 12. Standesamtsbezirk. (In ersterem kamen pro Januar 1, pro Februar 2, März 1— in leßterem im Ja- nyar 14, Februar 6, März 7 Erkrankungsfälle zur Behandlung. Vie. Standesämter 1., 2, 4., 8, 9. bleiben somit nur mit drei Achtel Stadt-Armenkranken belastet. Dem Stande und Berufe nach ge- höôren beinahe die Hälfte dem Arbeiterstande an, ein Viertel der Fabrik-, ein Achtel der Bekleidungs-Industrie und das leßte Achtel allen Gewerben, insbesondere aber der Hausindustrie an. Die Er- Erkrankung der Kinder im Bereich der Armenpflege istwie 3 : 5, die der Frauen wie 3 : 2. Von allen Eckrankungen im Bereiche der Armen-Krankenpflege blieben 812 (2,8 %) aus der Behandlung fort, 3248 (10,6 %) mußten größtentheils wegen Mangels an gänzlicher Pflege 20 die Spitäler untergebraht werden, 1478 (5%) erlöfte er Tod.

Nah einer vom städtishen statistishen Bureau in München aufgestellten Ueberfiht betrug die Gesawmtschülerzahl an den Mün- chener Volksschulen am E des Schuljahres 1873/74 14,823, darunter 13,184 Katholiken, 1341 Proteftanten, 276 Israeli- tea und 22 anderer Konfession. Von den protestantischen Kindern besuchten 1058 die Protestantenshule (78,9% der Gefammtzahl), 202 die beiden Simultanschulen (= 15,1%), 81 die katholischen Konfes- fions\hulen (= 6%). An beiden Simultanshulen waren überhaupt 1309 Kinder, davon 951 Katholiken, 202 Protestanten, 145 Israeli-

ten (die Zahl der israelitishen Schulkinder überhaupt beträgt 276).