1875 / 217 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Sep 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches. Deutsches Nei

Preußen. Berlin, 16. September. Se. Majestät der Kaiser und König begaben Sich in Begleitung der Höchsten Herrschaften und des Gefolges, w'e bereits telegraphish gemeldet, vorgestern früh um 9 Uhr wmittelst Extrazuges von Liegniß nah Haynau, um dem dort in unmittelbarer Nähe der Stadt stattfindenden Gefehtscxerciren des V. Armee-Corps mit markirtem Feind beizuwohnea. Dasselbe begann gegen 10 Uhr in dem Terrainabschnitt, welher westlich von der Schnellen Deichsel, östlih von der Haynau-Goldberger Chaussee begrenzt wird. Der allgemeine Charakter, den das Gelände hier trägt, ist der einer von Often nah Westen allmählih aus einer flachen Ebene zu leiht markirten Hügeln anfsteigenden Landschaft, die auf der Strecke zwischen Neu-Woitsdorf und Modelsdorf mit \charf hervortretender Böshung zur Schnellen Deichsel, einem

aus dem Gebirge kommenden, von Wiesen umgebenen Bache,

abfällt.

In der Mitte dieses Raumes ungefähr liegt das Dorf Woitsdorf. Eine \chluYŸtartige Vertiefung durchzieht den eben beshriebenen Abschnitt in nordöstiliher Rihtung nah dem Flusse, und theilt ihn in zwei Hälften; mehrere Wald- und Gebüschpar- zellen bedecken die zerstreut liegenden Kuppen und Abhänge.

Die strategishe Lage, welhe für das Manöver am 14. angenommen worden war, beruhte auf der Annahme, daß eine West-Armee vor einer überlegenen Ost-Armee von Liegniß auf das linke Ufer der Schnellen Deichsel zurückgewihen sei, und sh dort mit der Abficht aufgestellt habe, von Neuem die Offen- five nah Osten zu ergreifen. Der in der Stärke von 18 Ba- taillonen, 15 Escadrons, 15 Batterien gedachte Feind, wurde durch einzelne Abtheilungen und dur Flaggen markirt; er sollte den linken Flügel der Oft-Armee bezeihnen, während das V. Armee-Corps die Rolle des rehten Flügel-Corps der angreifenden West-Armee übernahm.

Der Angriff des West-Corps sfollte ein von Süden her um- fassender sein, um auf diese Weise den Gegner zum Aufgeben \einer Position und zum Zurückgehen zu nöthigen.

Die Durchführung dieser Idee bot eine Reihenfolge von Gefehtsbildern, in welcher jeder Waffe der ihrer eigenthümlichen Kampfesweise entsprehende Spielraum gelassen war.

Die Einleitung bildete der Angriff auf die Uebergänge der Schnellen Deichsel bei St. Hedwigsdorf und Modelsdorf und die Entwickelung der 9. Division, auf dem rechten Ufer zum Vorgehen in der Front gegen Woitsdorf und in der Flanke gegen Neu-Woitsdorf, um \o \{chnell als möglih die Höhen zwischen beiden Dörfern zu erfieigen. Die 10. Division rückte mit der Corps- Artillerie von Steinsdorf Heran, ihre Aufgabe bestand darin, zunächst durch Massen-Artilleriefeuer von den Höhen des linken Thalherzes, den rechts von ihr erfolgenden Vorstoß der 9. Di- vifion zu unterstüßen, um dann in der allgemeinen Angriffs- richtung Terrain zu gewinnen.

Nachdem der von Süden her unternommene flankirende Angriff Luft für das frontale Vorgehen geschaffen, und die Ab- theilungen des Ost-Corps bis in die Höhe des Dorfes Neu- Woitsdorf zurückgedrängt worden waren, pasfirte die Corps- Artillerie des West-Corps auf einer zwischWen den Mühlenüber- gängen \chnell geschlagenen Kolonnenbrücke den Bach, und ents

faltete ihre Linien zum Schnellfeuer gegen das vor- liegende Waldterrain. Die Oft-Armee räumte nunmehr auch Woitsdorf und zog ihre dort fechtenden Ab- theilungen in nördliher Richtung zurück. Dadurch

verengte sich der Gefehtsraum immer mehr, und wurde der Kampf auf die Waldhöhen östlih vonNeu-Woitsdorf beschränkt. Der Angriff des ganzen Y. Corps auf diese Position, zwang endlih die Ost-Armee zum Abzug in östliher Richtung nah Uebershär und Bandmannsdorf zu. Um denselben möglichst aufzuhalten und zu ershweren, wurde die Kavallerie zu der Verfolgung des Gegners verwendet.

Das Manöver war gegen 121/ Uhr beendet, und hatte bei dem im Ganzen überfichtlihen Terrain, und namentlih bei dem concentrischen Gange der Bewegungen \owohl bei dem An- greifer, wie bei dem Vertheidiger, ein im hohen Grade fefselndes, n in taktisher Beziehung lehrreihes Bild der Wirklichkeit ge-

oten.

Jhre Kaiserliße und Königliche Hoheit die Kronprinzessin, Höchstwelche demselben wiederum zu Pferde gefolgt war, hatte Sich bei der am Schluß erfolgten Attake des Leib-Husaren- Regiments an die Spitze desselben geseßt und dieselbe mit- geritten.

Nah Beendigung der Uebung befahlen Se. Majestät noh einen Vorbeimarsh der Kavallerie und Artillerie in Escadrons- resp. in Batteriefronten im Trabe, und begaben Sich dann, in hohem Grade von den Leistungen der Truppen befriedigt, mit Gefolge nah Liegniß zurück, woselbst um 5 Uhr ein Diner zu ca, 150 Gedecken stattfand. Zu demselben hatten Einladungen erhal- ten die Fürstlichkeiten, die Hofftaaten, der Feldmarschall v. Steinmeß, der Kriegs-Minister von Kameke, die General-Lieutenants von Wittih, von Podbielsky, von Wrangel, von Hausmann, von Biehler, General-Major von Stiehle, die Generale Graf Koßebue, von Schmidt, Hamilton, Balegno, der Herzog von Manchester, der Ober- und der Regierungs-Präsident, die Präsidenten der Gerichtsbehörden, Mitglieder der Königlihen und städtishen Be- hörden, die Bürgermeister von Liegniß, Glogau, Jauer, Haynau, einzelne der in Liegniß wohnenden höheren verabschiedeten Mi- litärs, der Schloßhauptmann von Zedliß, der Kommerzien-Rath von Ruffer u. A. Abends besuhten Se. Majestät und die Höchsten Herrschaften nebs Gefolge die Vorftellung im festlih Ah rvmais Stadttheater und verweilten dort bis gegen Schluß derselben. :

Gestern früh .um 8# Uhr begaben Sih Se. Majestät mittelst Extrazuges über Frankenftein nach Camenz zum Besuch Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Albrecht. Jn der Begleitung Sr. Majestät folgten dahin: Se. Kaiserliche Hoheit der Erzherzog Albrecht, Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Carl, der Prinz Friedrich Carl, der Prinz Georg von Sachsen, der Herzog von Connaught, der Herzog von Coimbra und der Erb-Großherzog von Sachsen-Weimar , die General-Feldmarshälle Graf v. Moltke, v. Steinmeß, der Kriegs- Minister v. Kameke, der General der Kavallerie v. Podbielski, der General Graf Kozebue, der General v. Tümpling, der Ge- neral v. Kirhbach, der General-Adjutant Graf Golß, der Hof- marshall Graf Perpongher, der Ober-Präsident Graf Arnim und die zum Ehrendienste bei den genannten Fürstlihkeiten komman- dirten Offiziere sowie die persönlichen Adjutanten.

Nah Begrüßung der bei Camenz aufgestellten Krieger- vereíne fand ein Dejeuner bei den Hohen Wirthen fiatt, an welches #ch eine Besichtigung der Terrafsen und eine Spazier- ahrt ans{chlossert.

Geqzett 84 Uhr trafen die Allerhöchsten und Höchsten Herr- \chaftea ‘wieder n m in E ein. Dm E

Ihre Kaiserlihe und ‘Königlihe Hoheit die Kronprinzessin hatte Vormittags das Offizier-Corps des 2. (Leib-) Husaren- Regiments zum Dejeuner in den Räumen des Königlichen Schlosses befohlen und verabschiedete Sih nach dem Früh- fiück in huldvollster Weise von demselben.

Auf dem Bahnhofe hatten sih bei der Abreise Ihrer Kaiser- lihen und Königlichen Hoheit, außer dem eben genannten Offi- zier-Corps, au die in Liegniß anwesenden englischen Offiziere eingefunden. Um 11 Uhr 27 Minuten verließ der Ihre Kaiser- liche und Königlihe Hoheit nah Berlin führende Zug den Bahnhof. In der Begleitung Höchstderselben befanden si die Hofdame Gräfin Bernstorff, der Hofmarschall Graf zu Eulen- burg und der Kammerherr Graf Seckendorf.

Abends 9 Uhr 32 Minuten trafen Se. Majestät der König von Sachsen, begleitet von dem General Krug von Nidda und dem Major v. Minkwit, in Liegniß ein.

Zum Empfang hatten Sih auf dem Bahnhofe Se. Maje- stät der Kaiser sowie die anwesenden Prinzen und Fürstlichkeiten eingefunden.

Die Begrüßung war eine sehr herzlihe. Se. Majestät der Kaiser und König geleiteten des Königs von Sachsen Majestät nah derselben în das für Allerhöchstdenselben hergerihtete Quartier im? Hause des Stadtraths Prager, dessen Vestibule ein weit geöffne- tes Zelt in den sähsishen Farben darstellte, und das auch \onft im reichsten Blumen- und Lichterschmudck glänzte.

Zur Feier der Ankunft vereinigte demnächst ein Souper von 30 Couverts die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften bei Sr. Majestät dem Könige von Sachsen.

Heute fand das erfte gemeinsame Feldmanöver des V. und VI. Armee-Corps bei Rothkirh statt.

Die Worte, welche Se. Majestät der Kaiser und König am 10. d. Mts. nah dem Diner in Breslau an die an- wesenden Ritter des Malteser-Ordens richteten, lauteten nah der „Poft“ ungefähr folgendermaßen :

„Ich freue Mich, Sie begrüßen zu können, Meine Herren. Sie haben in {weren Zeiten der Prüfung treu zu Mir gestanden; denn Sie wissen, daß es Mir fern liegt, Ihre Religion zu verfolgen. Ge- horsam den Geseßen aber werde Jch und muß Jch überall aufrecht erhalten. Jch wünsche, daß Sie um Jhres Auftretens willen keine Verfolgungen und Anfeindungen zu bestehen haben. Meines Dankes fönnen Sie immer sicher sein,“

Die Uebersicht der ordentlihen Ausgaben und Ein- nahmen des Deutschen Reiches für 1874 2x. giebt auch eine Berechnung der Matrikularbeiträge, welhe nach dem Ergebnisse des Reichsbudgets des gedahten Jahres zur Deckung des Bedarfs desselben aufzubringen gewesen sein würden, \owie der Antheile an dem Ueberschuß aus dem Haushalt des Jahres 1874. Danach betrug die Bevölkerung: des ehemaligen Norddeutschen Bundes 30,742,254 Einwohner und der matrikular- mäßige Antheil dieser Staatengruppe an den Ausgaben für 1874 in Summa 13,023,839 Thlr. Darauf kommen in An- rechnung: der Antheil an den Po stüberschüssen 2,095,993 Thlr., der Nachlaß an den Militärausgaßen 63,860 Thlr., ‘der Nach- laß an den Gesandtschaftskosten 1940 Thlr., ‘der Antheil an dem Uebershuß des Jahres 1872 9,949,958 Thlr., im Ganzen 12,111,751 Thlr. Mithin würde für 1874 ein Matri- kularbeitrag zu leisten gewesen sein von 912,088 Thlrn. Etats- mäßig sind erhoben 13,396,328 Thlr., es hat fih also ein Ueber- {uß für 1874 ergeben von 12,484,240 Thlr.

Nach einer Zusammenstellung der Antheils sämmtlicher Bundesstaaten an dem Uebers hu \\e des Haushaltes aus dem Jahre 1874 betrug die Summe dieser Antheile 16,200,076 Thlr. glei 48,600,228 Hiervon werden in die Rehnung des Jahres 1875 übertragen 16,527,862 M, und es bleiben in den Reichshaushaltsetat des Jahres 1876 einzustellen 32,072,366 #,

Die Reichstags-Kommission zur Vorberathung der Entwürfe eines Gerihtsverfassungs-Gesehtzes, einer Strafprozeß-Ordnung und einer Civilprozeß- Ordnung nebst Einführungsgeseßen fuhr in ihrer Sizung vom 14. September mit der Berathung über die Rehts- mittel der Berufung fort. Abg. Reichensperger beantragte, einen Paragraph des Inhalts einzuschalten, daß- die Berufung der Staatsanwaltschaft nur aus den Gründen, aus welhen nah dem Entwurfe eine Revision zuläsfig \ei, zustehen solle, außerdem aber die Anschließung, falls der Angeklagte Berufung erhebt. Nach lebhafter Erörterung beschloß die Kommission mit {wacher Mehrheit, der Staatsanwaltschaft weder die Berufung noch die Anschließung zu gewähren. Die von der Frist und der Form der Einlegung der Berufung, sowie von dex Hemmung der Rechtskraft des angefohtenen Urtheils handelnden §8. b—d des Antrags Struckmann und Genossen fanden sodann unveränderte Annahme. Längere Diskussion rief dagegen H. e hervor: „Der Beschwerdeführer hat bei Einlegung der Berufung oder \pätestens innerhalb einer“ Woche, von diesem Zeitpunkte an ge- rechnet, die Beschwerdepunkte zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder in einer Beschwerdeschrift bestimmt zu bezeihnen. Erfolgt eine solhe Bezeichnung nicht, so gilt der ganze Inhalt des Ur- theils als angefohten. Die Beschwerdeschrift des Angeklagten muß von einem Vertheidiger unterzeihnet sein.“ Schließlich wurden die beiden ersten Säße desselben unverändert bei- behalten und nur der dritte Saß gestrihen. Diè auf den wei- teren Geschäftsgang vor der Hauptverhandlung \ih beziehenden S8. f und g fanden mit einer niht wesentlihen Aenderung An- nahme. Eine lebhafte Debatte entstand über §8. h: „Behufs Vorbereitung der Haup ipe anang finden die Vorschriften der S2: 177, 179—188 Anwendung. Die Vorladung der in erster

nstanz vernommenen Zeugen und Sachverständigen kann nur dann unterbleiben, wenn deren wiederholte Vernehmung zur Aufklärung der Sache nicht erforderlih ersheint. Neue Beweis- mittel find zulässig. Bei der Auswahl der zu ladenden Zeugen und Sachverständigen haben die Staatsanwaltschaft und der Vorsitzende auf die in der Beshwerde des Angeklagten benannten Personen Rücksicht zu nehmen.“ Derselbe wurde indeß mit 14 gegen 12 Stimmen unverändert angenommen.

Die Reihs\chulkommis#ssion, in welcher die Regie- rungen von Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden und Sachsen-Weimar vertret-n waren, war für die Tage vom 13, bis 15. September zu einer -Konferenz in Weimar zu- sammengetreten. An den Berathungen nahmen Theil für Preußen die Herren Geh. Ober-Regierungs-Rath Dr, Wiese und Geh. Regierungs-Rath Dr. Boni, für Bayern Gymnafial- Direktor Dr. Heerwagen aus Nürnberg, für Sachsen Geh. Rath Dr. Gilbert aus Dresden, für Württemberg Ministerial-Direktor

Dr. Windt aus. Carlsruhe, für Sachsen-Weimar Gymnasig] Direktor Dr. Rafsow aus Weimar.

Der §. 361 des S oa Strafgesezbuchs bestimn sub Nr. 3 ganz allgemein® daß mit Haft bestraft werden fol! wer als La ndstreicher umherzieht. Welche Vorausf\ezunge und Thatsachen vorliegen müssen, um den Thatbestand des Lan fireichens zu konstatiren, if nirgends angegeben. Aus dem, dey Minister des Innern vorliegenden Material is jedoch, wie de selbe den Bezirksregierungen in einem Cirkular-Erlaß vom 7 v. M. mittheilt, zu entnehmen, daß von den in solchen Fälle erkennenden Gerihtsbehörden mehrfach angenommen worden if in allen Fällen, in denen eine Person strafrechtlich wegen Land: ftreichens verfolgt werden foll, müsse der Nachweis gefüh werden, daß der Verfolgte längere Zeit hindur geshäfts- und arbeitslos umhergezogen sei, er eine Gelegenheit zur Gewinnung des ehrlihen Erwerbes un benußt gelassen habe. Bei einer \o beschränkten Interpretation des bezeihneten Paragraphen wird es, worauf der Minister in dem erwähnten Erlaß aufmerksam mat, {chwierig und nur iy seltenen Fällen möglih sein, Personen, gegen welche ein Mehreres unmittelbar niht vorliegt, als daß sie arbeits- und erwerblos umherziehend betroffen find und durch ihr Auftreten überhaupt, namentlich dur Legitimationslosigkeit, Verdacht er: regen, als Landftreiher zur gerihtlihen Verfolgung Und Be: ftrafung zu ziehen, und es würde eine solche Wirkung um s bedauerliher erscheinen; als die sonstigen Mittel, der überhand nehmenden Vagabondage der fluktuirenden Bevölkerung entgegen zu treten, nah dem gegenwärtigen Stande der Gesehgebung sehr be: \chränkt find. Es ist nun aber, nach Ansicht des Ministers, nit anzuerkennen, daß eine weniger enge Interpretetation des 8. 361 Nr. 3 unzulässig fein sollte, vielmehr ift eine weitere Auslegung dem Wortlaute und den Absichten der Strafgeseßgebung für wohl entsprechend zu erahen. Wenn ein Unbekannter dur sein Auftreten und sein Verhalten an sich Verdacht erregt, wenn er ferner bei der Aufforderung der Behörden , diesen Verdacht durch einen Ausweis über seine Persönlichkeit, seine Unbescholten:- heit und seine ehrlihen Absichten zu beseitigen, die Führung die: #es Nachweises unterläßt oder gar verweigert, und wenn hierzu die Konftatirung der Mittel- und Erwerbslofigkeit des Betroffe- nen hinzutritt, so ift nicht abzusehen, warum diese Momente zu- sammen nicht genügen sollten, um auf Grund derselben die betreffende Person als Landstreiher strafrechtlich zu verfolgen. Jedenfalls wird der Versuch gemacht werden müssen, der fstrafrechtlihen Verfolgung der Landstreicherä von diesem Gesichtspunkte aus eine ausgedehntere Wir kung zu verschaffen. Der damit zu erzielende Erfolg würde niht allein um der Beftrafung selbst willen und der dadur leihter zu erreichenden, auf anderem Wege {wer zu erlangen- den Konstatirung der Person und ihrer Vergangenheit, sondern auch und hauptsählich wegen der daran nah §. 362 des Strafgeseßbuchs sich knüpfenden Befugniß der Landespolizeibe- hörden zur korrektiven Detention der Bestraften, resp. zur Aus- weisung der ausländishen Kondemnaten, niht gering zu veran- \chlagen sein. Die nöthige Fürsorge für die allgemeine Sicher- heit führt demnach darauf hin, daß die polizeilihen Behör- den und Beamten angewiesen werdéir, unbekannte frchmde Per- \sonen, welche durch ihr Auftreten und Verhalten den Verdacht des zwecklosen Umhertreibens erregen, dennoch aber weder ge- nügende Subsistenzmittel resp. die stattgehabte Bemühung um Erlangung. eines redlihen Erwerbs nachzuweisen vermögen, noch auch nur den im §. 3 des Paßgeseßes vom 12. Oktober 1867 vor-

auf Grund des §. 361 Nr. 3 des Strafgesezbuches der straf- gerie(ztlihen Verfolgung wegen Landstreicherei zu überweisen.

Die Regierungen sind veranlaßt worden, in diesem Sinne das Geeignete zu verfügen und die betreffenden Polizeibehörden mit entsprehender Weisung - zu versehen. Für den Fall, daß Entscheidungen oder Verfügungen der Gerichtsbehörden resp. der Anmaltschaften, welhe mit der vorbezeihneten Auffassung prin- zipiell im Widerspruche stehen, . zur Kenntniß der Regierungen gelangen sollten, sind dieselben veranlaßt worden, dem Minister Anzeige hierüber zu erstatten.

Im Ressort der Bauverwaltung besteht bis jeßt allgemein das Verfahren, daß diejenigen Beträge, welche aus den Provinzial-Hauptkassen an die Spezial-Baukafsen zur Be-

eitung der den légteren obliegenden Zahlungen für Bauzwecke Überwiesen- werden, von den Hauptkassen sofort ihrem vollen Be- trage nah bei den bezüglihen Fonds definitiv in Ausgabe ver- rechnet werden. Dies hat die Folge, daß alljährlih in den Rech- nungen der Regierungë- 2c. Hauptkassen und demgemäß auch in der Centralrechnung von der Handels-, Gewerbe- und Bau- verwaltung, sowie in der allgemeinen Rehnung über den Staats- baushalt auch diejenigen Summen als bereits definitiv ver- ausgabt nachgewiesen' werden, welche sich am Jahres\{lu}se noch unverwendet bei den Spezial-Baukassen befanden und entweder erst später verwendet werden oder für die Zwede, zu welchen sie überwiesen sind, überhaupt niht zur Verwendung gelangen, viel- mehr als im Bestande verbliebene Beträge den Hauptkafssen wieder abgeliefert und bei diesen dann zu Gunsten der allge- meinen Staatsfonds vereinnahmt werden müssen. i

Da die IJahresrechnungen hiernach einen richtigen Nachweis der zu Bauzwecken wirklich verwendeten Beträge niht geben, so haben der Finanz- und der Handels-Minister es im Einverständnisse mit der Königlihen Ober-Rechnungskammer für nothwendig gehalten, zur Beseitigung dieses Mißstandes unterm 25. Juli cr. Nachstehendes zu bestimmen :

a. Wird eine Spezial-Baukasse errichtet, so erfolgt die Ueber- weisung der erforderlihen Mittel an den Rendanten derselben nah Maßgabe / des Bedürfnisses, wie dies im §. 3 der Justruktion vom ö. Zuni 1871 Ministerialblatt für die innere Verwaltung Seite 259—258 vorgeschrieben ift. j

Die Hauptkasse erhält sonach die Anweisung, der Spezial-Bau- kasse die erforderlihen Beträge zu zahlen und bei dem bezüglichen Kapitel und Titel des Kassen- bezw. des Staatshaushalts-Etats in Ausgabe zu verrechnen. s ;

b. Der Spezial-Baukafsenrendant hat die Bren Beträge nach Maßgabe der Bestimmungen vorgenannter Instruktion bei sich in Einnahme zu ftellen und über die Einnahme und Ausgabe dem- nächst vorschriftsmäßig Bu zu führen.

Für diejenigen Kassen, 0A, gleichzeitig Einnahmen und Aus- gaben für mchrere Bauten nachzuweisen haben wird hiermit aus- drücklih bestimmt, daß für jeden einzelnen Bau genau gesondert Bu geführt werden muß und die Fonds für die einzeluen Bauten nicht vermischt werden dürfen. :

6, Sobald ein Bau beendet is, für denselben sämmtliche Aus- gaben geleistet und eigene von der Spezial-Baukasse direkt zu ver- rechnende Einnahmen uicht mehr zu erwarten sind, hat der Spezial- Baukaffenrendant den bei dem Baufonds etwa verbliebenen Bestand [ofort und jedenfalls bis zum 15. Januar des folgenden Jahres unter

cifügung eines Abschlufses an die Hauptkasse zurückzuliefern,

Dr, v, Binder aus Stuttgart, für Baden Gymnafial-Direktor

iese Rücklieferung wird in der Spezial-Baurechnung durch Ab- seßung von den aus der Hauptkasse. empfangenen und vereinnahmten

resp. daß|

gesehenen Ausweis über ihce Person führen können oder wollen,

trägen verausgabt, von der Regierungs- 2c. Hauptkasse dagegen s Absetzung von der Ausgabe b

einnahmt

ei dem bezüglichen Fonds ver-

ahmt. Bei denjenigen Bauten, welche am Schlusse des Rechnungs- Pr noch S beendigt find, hat der Spezial-Baukassenrendant eine Bücher in Einnahme und Ausgabe am 10, Januar des folgeu- den Jahres abzuschließen und den uiht zur Verwendung gekommenen Betrag bei jedem Baufonds in die Bücher des folgenden Jahres als einen von Neuem überwiesenen Betrag zu übernehmen. Er hat ferner sofort, nachdem die Revision des Finalabschlusses von dem Kafsen-Kurator erfolgt ift, der Hauptkafse für jeden einzelnen Bau einen Abschluß einzusenden. é e. Die zu es d. erwähnten. Abschlüfse a aufzustellen : i B n M lceitung der Ausgaben des näher zu bezeicbnenden Baues sind der Spezial-Baukafse aus der 2c. Hauptkasse überwiesen: - 1) e Sélusse des Vorjahres i Betrag der Ueberweisungen des Vorjahres mit 2) laut Verfügung der 2c. vom E E R 3) laut Verfügung deëgl. .

find nach folgendem

uicht verwendet gewesene M B e o zusammen A S. II. Die eigenen beim Baufonds zu verrechnenden Ein- UaSes H Spezial-Baukasse im Jahre ( ) aben betragen: jn für becáußerte alte Materialien »e. (deren Er- lôse in dem Bauanschlage vorgesehen sein müssen) . . . ® . . . . . o s. für as rag aus den Bau- fonds vorher neu beschaffte Ge- genstände Cs

PP

zusammen

für den B S

11]. An Ausgaben für den Bau im Laufe des Jahres sind bei her Spezial-Baukasse gezahlt worden . .

IV. Von den nachgewiesenen Einnahmen sind mithin

nit verwendet wördMw „M S.

f. In dem Falle zu d. sind der Regierungs- 2c. Hauptkasse von der Spezial-Baukasse mit dem Jahresabschlusse zugleich zwei Quit- tungen einzusenden: die eine über denjenigen Betrag der zuleßt er- folgten Ueberweisung, welcher in dem Jahre, auf welches der Ab|chluß fich bezieht, bereits zu den Baukosten verwendet ist, die andere über denjenigen Betrag, welcher disponibel geblieben und nun als ueue Ueberweisung in die Bücher des folgenden Jahres übertragen ift.

Die Hauptkasse hat auf Grund des Abschlufses zu d. den als nicht verwendet nachgewiesenen Betrag bei dem bezüglichen Fonds von der Ausgabe abzuseßen, diesen Betrag aber gleichzeitig als neue Ueberweisung für das folgende Jahr zu buchen. |

Die A) G1fie E S sind nebst den Quittungen

echnungsbelägen beizufügen. i / vas T ha Abfluß zu ©, und d, muß vor der Einsendung an die Hauptkasse von dem Kassenkurator dahin bescheinigt werden: _

„daß die in vorstchendem Abschlusse aufgeführten Ausgaben für den darin bezeichneten Bau in den Kassenbüchern (Manualen) der Spzzial-Baukassen gehörig nachgewiesen und die Anweisungen und Quittungen über die einzelnen Ausgabebeträge bei den stattgehabten regelmäßigen und außerordentlichen Kassenrevisionen richtig und vol- ständig vorgezeigt worden sind; ferner, daß nach den geführten Kontrolen weitere Einnahmen, als in diesem Abschlusse nachge- wiesen worden, nicht in Rechnung zu stellen gewesen find“.

Bei denjenigen a B welche _sich in den Händen von Rendanten bereits dauernd bestehender Spezial-Unterkassen be- finden (Kreisfteuer-, Steuer-, Forstkafsen und dergl.), ist der Kurator dieser Spezialkassen selbftverständlich auch Kurator der dem Ren- danten übertragenen Baukasse. Diesem Kurator ist, soweit dies bisher etwa nicht geschehen, von der Uebertragung einer Spezial- Baukasse an den Rendanten, sowie von denjenigen Beträgen, welche ihm zur Bestreitung der Ausgaben ans der Hauptkasse überwiesen werden, sowie von den sonstigen, bei der Spezial-Baukasse zu vereinnahmenden Beträgen in jedem Falle Mittheilung zu machen. Auch if diesen Kuratoren ausdrücklih zur Pfliht zu machen, die Kassen- und Buchführung der Spezial-Baukafsen, insbesondere auch durch die vorschriftsmäßigen Revisionen ebenso zu überwachen, wie ihnen dies s r auf die sonstigen von der Kasse zu ver- waltenden Fonds oblieg 4

In d Fällen, wo Spezial-Baukassen solhen Personen über- tragen werden uüssen, welhe uicht Rendanten bereits bestehender Unterkassen sind, muß von der Königlichen Regierung ein Kurator für die Spezial-Baukasse, unter Berücksichtigung mög- lihster Kostenersparniß, jedesmal besonders bestimmt werden, dieser auch wegen vorschriftsmäßiger Ausübung „feiner Funktionen, insbefon- dere auh wegen Vornahme der regelmäßigen und außerordentlichen Kafsenrevisionen mit Anweisung versehen werden.

i. Gleichzeilig bei Einreichung der Abschlüsse zu e. und d. an die Regierungs- 2c. Hauptkasse ist eine zweite, ebenfalls vom Kassen- Kurator gehörig bescheinigte Ausfertigung derselben an die den Bau leitende Behörde (Regierung 2c.) einzureichen. :

Diese hat den Abschluß zu prüfen und, im Fall fich etwa eine Differenz herausftellen sollte, deren s{leunigste Beseitigung bezw. die Berichtigung et i der Hauptkasse noch vor dem Jahresrehnungs-

[usse zu veranla}jen. Í j i0 E ist von der Augen Regierung darüber zu wachen, daß die Spezial-Baukassen in Bezug auf sämmtliche Spezial-Baufonds die vorgeschriebenen Abschlüsse rechtzeitig einreichen.

k, Hinsichtlich des Kautionswesens der Spezial - Baukasfsen- Rendanten findet die Allerhöchste Verordnung vom 8. August 1374 (G. S. S. 288) resp. die §8. 2 und 5 der Verordnung vom 10. Juli 1874 (G. S. S. 260), soweit es sich um unmittelbare, im eigent- lichen Staatsdienst siehexde Beamte handelt, Anwendung.

Hinsichtlich der nicht zu den Staatsbeamten uo Personen, auf welche das Kautionsgesez vom 25. März 1873 (G. S. S. 125) und die zu denselben ergangenen Allerhöchften Verordnungen keine Anwendung finden, find dagegen p der Kautionsbeftellung für die Spezial-Baukassen besondere Bestimmungen nothwendig, und wird die Königliche Regierung daher ermächtigt, den Betrag der desfallsigen Kaution nach Analogie des §. 2 der Allerböchsten Verordnung vom 10. Juli 1874, auf das 2 ius Bergütung, welche der Rendant voraussichtlich bezichen wird, festzuseßen. 2

¿ E O e na jedo mindestens 150 4 betragen, und höhere Beträge müssen durch 150 theilbar sein. S Z

Jede Rechnung einer pezial-Baukasse muß mit einer bei der Abnahme von der Königlichen Regierung hinsichtlich) der Richtigkeit bescheinigteu Anzeige darüber versehen werden, in welcher Art vou dem Rendanten der Spezial-Baukasse Kaution beftellt worden ist.

Der Minifter des Innern hat unterm 7, d. Mis. ver- fügt, daß die vorstehenden Bestimmungen au bei den im Be- reiche seines Ressorts vorkommenden Bauausführungen in An- wendung zu bringen sind.

Der Kreisthierarzgt Herrmann zu Nimptsh is aus dem Kreise Nimptsch in den Kreis Rybnik verseßt worden.

S. M. S. „Augusta“ ist am 16. August cr. früh in Barbados angekommen und N: am 17. dess. Mts., Mittags die Reise nah Sabanilla ortzusegen. An Bord Alles wohl.

Kiel, 15. September. (Kieler Ztg.) Der Chef der Admi- ralität, Staats-Minister General der Infanterie v. Sto s ch, ist eute Naht hier eingetroffen und im Hotel „Germania“ abge- iegen, Heute Morgen gegen 8 Uhr begab fich Se. Excellenz an Bord der Segelfregatte „Niobe“ zur Inspizirung. Nach beendigter Besichtigung ging die „Niobe“ unter Segel, ihrem

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eMusquito“ und

Beispiele folgten die Briggs „Undine* ees Mea j Führung, während

Rover“; die erste übernahm die

die beiden leßtgenannten Fahrzeuge fich der „Niobe“ anschlossen. Bei dem herrlihsten Wetter \{wellte eine leihe Brise die Segel dieses Schulschiffs - Geshwaders,

und die günstige Windrichtung, etwa aus Südost, gestattete die direkte Ausfahrt aus dem Hafen. Die Fahrt wird fich jedoch niht weiter als bis Bülk erstrecken, und steht dann die Rückkehr der Schiffe bevor. Heute wird die Korvette „Vineta“, welche zur Ueberführung in Dienst gestellt, war wieder außer Dienst gestellt. Der Stapellauf der Panzerfregatte „Großer Kur- für} * wird bestimmt am 17. d. M., Nachmittags zwischen 1— 3 Uhr, in Wilhelmshaven stattfinden. Das Kanonenboot „Drache * isst am 11. d. Mts. von Cuxhaven fort und nah Bremerhaven gegangen. Daselbst ist auch bis auf Weiteres die Postftation.

Bayern, München, 14. September. Am 20. findet zu Wien beziehungsweise Ebenthal die Vermählung Sr. König- lihen Hoheit des Herzogs Max Emanuel in Bayern mit der Prinzessin von Sahsen-Coburg-Gotha stait. Es werden dazu auch Ihre Majestäten der König und die Königin von Portugal, sowie der regierende Herzog von Sachsen-Coburg

erwartet, Se. Königliche Hoheit der Herzog Karl Theodor in Bayern hat die Oberleitung der Ver- waltung von Tegernsee und Kreuth, welhe ihm durch Erbschaft von dem verewigten Prinzen Karl zugefallen

find, dem Obersthosmeister seiner Mutter, der Frau Her- zogin Max, Frhrn. v. Wulffen übertragen. Der Kriegsminister General-Lieutenant v. Maillinger, der auch den Schlußmanövern des 11. Armee-Corps in Mittelfranken bei- wohnte, hat sich von dort nah der Pfalz begeben, um den bis 15. d. bei Dahn stattfindenden Detachements-Uebungen einer kombinirten Brigade beizuwohnen. Am 11. d. M. veranstal- teten die beiden städtishen Gemeinde-Kollegien von Bam- berg im Verein mit den beiden dortigen Gesangvereinen vor dem Palaste des Herrn Erzbischofs von Schreiber als Ovation eine große Serenade.

16, September. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser von Oesterreih wird am Sonnabend, den 18. d. M., Mit- tags, zum Besuche seiner Tochter, der Prinzessin Gisela, hier eintreffen und mehrere Tage hierselbst verweilen] i chsen, Dresden, 15. September. Die \ä]i| he Gewerbe- und Jndustrieausstellung is heute durch den Vorsizenden der Ausstellungskomumrission, Herrn Kauf- mann Walter, ges{chlo\sen worden. Der Shlußfeierlichkeit wohnte der Staats-Minister v. Nostitz-Wallwiß bei, welcher eine Ansprache an die Versammlung richtete. Das heutige „Dr, J, veröffentliht das vollständige Verzeichniß der zuerkannten

reise. :

N Relpaia, 15. September. (W. T. B.) Nah den bis jeßt hier bekannt gewordenen Resultaten der Abgeordneten- wahlen zum Landtage find 6 Kandidaten der national- liberalen, 6 der fortshrittlihen und einer der konservativen Partei gewählt worden. Die Konservativen verloren 2 ihrer bisherigen Wahlsize, die National-liberalen verloren 2 Wahlsize und gewannen 2 neue, die Fortschrittspartei verlor einen Wahlfitz und gewann 2 neue. Im 18. städtischen Wahlkreise Zschopau wurde der Fabrikbesizer Stauß- in Glauchau (national-liberal) gewählt. Im 22. städtischen Wahlkreise Lengenfeld siegte Advokat Koerner in Lengenfeld (national-liberal).

16. September. (W. T. B.) Das Resultat aus den städtishen Wahlkreisen für die Abgeordnetenwahlen zum Landtage liegt nunmehr vollständig vor. Es sind gewählt worden 7 Kandidaten der national-liberalen, 7 der Fortschritts= partei und einer der konservativen Partei. Im 6. städtischen Wahlkreis Freiberg siegte Stadtrath Blüher in Freiberg (nat.- lib); im 7. städtishen Wahlkreis Meißen wurde _ Fabrik- besißer Scheller in Dresden (nat.-lib.) gewählt; im 17. städti- {hen Wahlkreis Stollberg Advokat Pr. Minckwig in Dresden (fortschrittl.); im 8. städtischen Wahlkreis Wurzen Advokat Meischner in Penig (fortsrittl.); im 13. städtishen Wahl-

kreis Burgstädt Gewerbe - Bankdirektor Frühner in Dres- den (fortfthrittl.). Aus den ländlihéen Wahl- reisen sind weiter folgende Wahlen bekannt gewor- den: Im ländlihen Wahlkreis Oftriy siegte Ritter-

utsbesizer Dr. Pfeiffer in Burkersdorf (nat.-lib.); im 37. länd-

lichen her ltreis ‘Licutenstein Gutsbesißer Kaestner in Zwickau (nat.-lib.); im 43. ländlihen Wahlkreis Auerbach Fabrikant Kramer jun, in Kirchberg (nat.-lib.); im 34. ländlichen Wahl- kreise Marienberg Advokat Böhme in Annaberg (fortscrittl.). Die Konservativen verloren 2 ihrer bisherigen ländlichen Wahl- kreise und gewannen einen neuen.

Baden. Karlsruhe, 14. September. Die „Karlsruher Ztg.“ meldet: Se. Königliche Hoheit der Großherzog empfing am Morgen seines Geburtstages die Spißen der Staats=- und Gemeindebehörden, welche aus Constanz auf Schloß Mainau eingetroffen waren, um Se. Königliche Hoheit zu beglückwün- \{hen. Auch die Bürgermeister und Gemeinderäthe der umliegen=- den Dörfer wurden vom Großherzog zur Gratulation empfangen.

Um Mittag unternahm die ganze Großherzogliche Familie auf dem Dampfschiff „Kaiser Wilhelm“ einen Ausflug nah Bre- genz, welchem sich Se. Großherzogliche Hoheit der Markgraf Max in Unteruhldingen und Ihre Kaiserliche Hoheit die Prin- zessin Wilhelm in G anschlossen. Nach Besteigung des Gebhartsberges, dessen herrliche Fernfiht vom \{hönsten Wetter begünstigt war, kehrten die Höchsten Herrschaften mit ihren zahl- reihen Gästen nah Schloß Mainau zurü. :

Den 11., Nachmittags, reisten Se. Königliche Hoheit der Großherzog, von Sr. Königlichen Hoheit dem Erbgroßherzog bis Oos begleitet, nah Baden ab, während der Erbgroßherzog sich nach Karlsrube begab, um am 12. früh im Auftrag des Großherzogs dem General der Infanterie von Werder das Großfreuz an der Kette mit Stern in Brillanten des Zähringer Löwen - Ordens , e L gen zum 5U- ährigen Dienstjubiläum zu Uberbringen. |

9) Am 12. StAaas empfingen Se. Königliche Hoheit der Großherzog den General der Infanterie von Werder auf Schlo; Baden und beglückwünschten ihn in herzlihster Weise in Gegen- wart der zahlreich zur Tafel geladenen Offiziere des XIV, Arm.-c- Corps. An dieser Tafel von über 150 Gedecken nahmen außer dem Jubilar unter Anderm Theil, Se. König- lihe Hoheit der Erbgroßherzog , Se. Großherzoglihe Ho- heit der Prinz Wilhelm, der fommandirende General des AV. Corps, General der Jnufanterie von Fransecky, der Gouverneur von Coblenz General der Infanterie von Beyer, der General der Infanterie General-Adjutant Freiherr von Neubronn, die General-Lieutenants von Prigelwiz, von Woyna, von Gayl,

die General-Majore Wirth, von Helden, von Bonin, von Falken-

hausen und mehrere in der Armee dienende Verwandte des Ju- bilars, \ämmtlihe Regiments-Commandeure des Armee-Corps und Offiziere, Aerzte und Militärbeamte aller Grade und Ab- theilungen. Den ersten Trinkspruch brachte der Großherzog auf das Wohl des Generals von Werder; darauf folgte ein Trink- \pruch des Jubilars auf Se. Königliche Hoheit den Großherzog, und endli erhob \sich der Erbgroßherzog und forderte in war- men Worten auf, dem Deutschen Kaiser ein dreifah begeistertes Hoch zu bringen. Es war der erste Trinkspruch, den der Erb- großherzog in so großer Versammlung gesprochen, und er spra ihn sicher, fest und laut zur Freude aller Anwesenden

Nach der Tafel führte der Großherzog seine Gäste in die Gärten, wo bei den Klängen einer Militärmusik Se. Königliche Hoheit sich noch längere Zeit mit den zahlreihen Offizieren unterhielt. Abends \pät kehrte Se. Großherzoglihe Hoheit der Prinz Wilhelm nah Karlsruhe zurück, während Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog sch nach Steinbah begab, um die Nacht mit dem 1. Bataillon des 1, Badischen Leib-Grenadier- Regiments im Bivouak zuzubringen, von wo am folgenden Tag die Detachementsübuugen ihren Anfang nahmen. i:

Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat sich am 12. früh zu Jhrer Majestät der Kaiserin begeben, Allerhöchstwelche am 11. Nbends aus Coblenz in Baden eingetroffen ist, und Hat mik Ihrer Majestät das Frühstück eingenommen, ¿ :

Abends erschien Se. Königliche Hoheit zum Thee bei Ihrer Großherzoglihen Hoheit der Prinzessin Marie von Baden, Her- zogin von Hamilton, und empfing vorher den Besuch Sr. Großherzoglichen Hoheit des Prinzen Gustav von Sachsen- Weimar.

Am 13. früh begab fch Se. Königliche Hoheit der Groß=- herzog in die Gegend zwischen Steinbah und Bühl, wohnte, dort zu Pferde gestiegen, den Detachementsübungen an, und kehrte nah Beendigung derselben nah Schloß Baden zurü.

Abends 5 Uhr \peiste Se. Königliche Hoheit an der Tafel Ihrer Majeftät der Kaiserin. e i

Den 14. früh wird der Großherzog bei Achern der Fort- sezung der Detachementsübungen anwohnen, und Nachmittags die Rückreise nah Mainau antreten.

Me&lenburg. Schwerin, 15. September. Ihre König=- lihe Hoheit die Großherzogin - Mutter ist gestern von Heiligen Damm hier eingetroffen und wird heute wieder dorthin zurückehren. Heute, am Geburtstage des hochseligen Groß- herzogs Paul Friedrich, is die Ruhestätte des Verewigten in der Heiligen Bluts-Kapelle mit Blumen und Kränzen reih geshmüt. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin Alexandrine ersien früh 7 Uhr in der Domkirhe und verweilte in stiller Andacht an dem Sarge ihres Gemahls. l

Neustreliß, 14. September. Wie der „Köln. Ztg.“ aus Paris telegraphirt wird, is Se. Königlihe Hoheit der Groß- herzog gestern daselbft angekommen.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 14. September. Gestern Vormittag wurde die ordentliche Session des Bezirks- tages des Unter-Elsaß hier eröffnet. Aus der nach Er=- ledigung der einleitenden Formalitäten vorgenommenen Wahl des Bureaus ging Hr. Julius Klein als Präsident, Hr. Flurer als Vize-Präsident hervor. Mit den heutigen Morgenzügen langte bereits cine erheblihze Anzahl von Gästen zur XX. Wanderversammlung deutsher und österreichi- \her Bienenwirthe hier ein. Heute Abend 8 Uhr findet zum Zwecke der gegenseitigen Begrüßung eine Zusammenkunft in der Néunion-des-Arts statt, bei welher die Stadt Straß- burg durch den Bürgermeistereiverwalter Hrn. Back pertreten sein wird.

Metz, 13. September. Heute Mittag um 12 Uhr wurde der Bezirkstag von Lothringen durch den Bezirks - Prä- fidenten Hrn. von Puttkamer eröffnet. Anwesend warèn 25 Miît- glieder, während 4 weitere Mitglieder fich entschuldigt hatten. Nah Verlesung der Allerhöhsten Verordnung fand die Wahl der Präsidenten des Bezirkstages statt und wurde Hr. Adam zum ersten Präsidenten, Hr. Thomas zum Vize-Präsidenten ge- wählt, Es wurde darauf zur Wahl der Kommisfionen ge- schritten, welhe sofort in Berathung der von der Regierung mitgetheilten Vorlagen, deren Zahl ungefähr 65 beträgt, ein- traten.

Desterreich - Ungarn» Wien, 15. September. (W. T. B.) Ea Telegramm der „Wiener Abendpost“ aus Sassetot von gestern Abend lautet: „Das Gefühl des Wohlbefindens hat bei der Kaiserin den ganzen Tag angehalten; es war Appetit vorhanden; die Kopfschmerzen haben \ch bei fortgesezter An- wendung ron Eisumschlägen und bei völliger Ruhe im Bette tetig vermindert.“ l n 16. September. Zufolge Nachrichten, welhe der „Amts- zeitung" von gestern früh aus Sassetot zugegangen find, zeigte die Kaiserin nach erquickendem Schlafe eine sehr geringe Kopfeingenommenheit. Das Gesammtbefinden und die Stim- mung der Kaiserin find ret zufriedenstellend. Die Hautab- \{chürfungen find Ae Die Kaiserin gedachte cine kurze eit im Garten zuzubringen. e f Pest, 15. É cptember. Nach Vornahme der Wahlen in die Delegation, wobei sämmtliche von der liberalen Partei vorge- \{chlagene Abgeordnete gewählt wurden, begann im Unterhause die Adr-ßdebatte. Von dem Abgeordneten Miletics wurde ein besonderer Adreßentwuürf überreiht, der u. A. au schr um- ständlih auf \pezifisch österreichische Verhältnisse eingeht. Nach Verlesung des leßteren wies der Präsident darauf hin, daß in diesem Adreßentwurfe gegen die vom ungarischen Reichstag ver folgte Politik Verwahrung eingelegt werde, und fügte hinzu, daß er, wenn einer der Abgeordneten in einer Rede Ausdrüce ge- brauchen sollte, wie sie in dem Miletics\s{hen Adreßentwurfe ent- halten seien, demselben unfehlbar das Wort entziehen würde. Das Haus beschloß darauf, den Adreßentwurf des Abgeordneten Miletics gar niht durch den Druck vervielfältigen zu lassen. Wie dem „Pester Lloyd“ mitgetheilt wird, beabsichtigt der Finanz-Minister in keiner Weise eine Verpachtung des Tabakmonopols.

weiz. Bern, 13, September. Laut soeben in Ueber-= ea hit dem Naltionalrathe vom Ständerathe gefaßten Beschlusse, betreffend das eidgenössische Banknotengeseß, haben die {on bestehenden Emissionsbanken längstens sechs Monate nah seinem Inkrafttreten beim Bundesrathe um die vorgeshriébene Ermächtigung zur Notenausgabe nachzusuchen. Sechs Monate, nahdem eine Bank die Formulgre für die neuen Noten entgegengenommen hat, dürfen weder von ihr noh von den übrigen Emissionsbanken deren alte Noten weiter in

Cirkulation geseht werden, und es hat alsdann die betreffende Hank die in Cirkulation _hbefindlihen ohne L Verzug gurückzurufen. Diejenigen der son bestehenden