1921 / 214 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Sep 1921 18:00:01 GMT) scan diff

/ Danzig. Die Polnische Gesandischaft in Berlin teilt amtlih mit:

Auf Grund des zwischen der Republik Polen und der Freien Stadt Danzig geschlossenen Vertrags vom 4 Renke 1920 “tber. asten und die Konsulate der : und konfularischen Schuß der im Auslande weilenden Angehörigen der Freien Stadt Danzig in demselben

Auf E E Auslande etn Anrecht auf Schuß jede Person, welche am 10. Januar 1920 die deutshe Staatsangehörigkeit besaß, an diesem Tage zu der auf dem Gebiet der Freien Stadt Danzig ansässigen BevöFerung gehörte und bis jeßt von ihrem Optionsrecht zugunsten des Deutschen Reichs keinen Gebrauh gemacht hat. Ein Anrecht auf Schuß seitens der : M D und konfularishen Vertretungen haben ferner diejenigen Personen, welche die Staatsangehörigkeit der Freien Stadt Danzig erwerben werden auf Grund der Danziger Verordnung, betr. Sa angeherigrelh die im Einvernehmen mit der Negierung

lik demnächst veröffentlicht werden foll (Art. 34

nehmen die Gesandt ch

Polnischen Republik den diplomatischen

Maße, wie dies für polnisde Staatsangehörige geschieht. Grund dieses Vertrags hat seitens der polnischen matishen und Xonsularis{hen Vertretungen im

polnischen diplomatischen

der Polnischen Nepu des Polnish-Danziger Vertrags vom 9. November 1920).

Großbritannien und Jrland.

Die Antwort des irishen Parlaments an den

Premierminister ist gestern abgesandt worden. Nußland.

Nach einer Havasmeldung aus Riga hat die Sowjet- regierung in Bessarabien an der rumänischen Grenze

den Kriegszustand verkündet. N Ftalien.

Qu Blätter hatten behauptet, die italienishe Regierung habe beschlossen, Truppen nach Ungarn zu schicken, wenn die Zwischenfälle im Burgenland nicht rasch gemäß den inter- In R 94 Kreisen egrün-

behr wegen seines be- sonderen Verhältnisses zu Ungarn und Oesterreih das größte Interesse an dieser sehr ernsten Frage und habe aus diesem Grunde stärker als die anderen Mächte seine Stimme in der an Ungarn, die angenomnienen E U icht

u einem bewaffneten Vorgehen E otig werden sollte, nur gemeinschaftlich

ssen

nationalen Verträgen beigelegt würden. wird erklärt, daß diese Nachricht

jeder dung entbehre. Jtalien habe

Aufforderun achten, erhoben. Jtalien habe indessen niemals die gehabt, die Initiative greifen, das, wenn es mit den anderen Verkündeten stattfinden könnte.

Ts\checho-Slowakei.

Der Minifter des Aeußern Dr. Benesh hat am Monta früh an die Botschafterkonferezz- eine Note über die Erei:

nisse in Westungarn gerichtet:

__ Die Note ist, wie. „W. T. B.“ mitteilt, gleichzeitig an die Ne- gierungen der Großmächte gesandt und der rumänischen und der süd-

slavishen Negierung mitgeteilt worden. merkfamkett der

V Die Note lenkt die Auf- Konferenz auf die Ereignisse in Westungarn und

bemerkt, daß die tschecho|lowakishe Regierung, ohne fofort unter- sulhen zu wollen, wen die direkte Verantwortung trifft, mit Necht

.

eunruhigt fei und die Lage sür vollkommen unerträglih halte. Dieser Zustand sei für den europäischen Frieden r gefährlich. Die tschecho-\lowakishe Regierung ersuht die Konferenz um Maß- nahmen, welche den anarchischen Zustand endgültig beendigen würden, der dur Interventionen bewirkt fei, die die Minister für den Augen- blick nicht bei dem wahren Namen nennen wolle. Dieser Zustand würde, wenn er sich auch nur um einen einzigen Tag ver- längern sollte, die s{chwierige Friedensarbeit noß mehr erschweren. Die ts{checho-slowakishe Negierung habe fich in die westungarischen Angelegenheiten niht eingemengt und werde dies bei dem gegen- wärtigen Stande auch nicht tun, doch dürfe nicht die Ansicht auf- fommen, daß derartige Aktionen ohne Furt vor Strafe unternommen werden könnten. Die Note versichert \chließlih, daß die tsheho- \lowakishe Regierung nis ohne e tat Zustimmung der Botschafterkonferenz und der unmittelbar Beteiligten

nehmen werde. Schweiz.

In der gestrigen ‘Sißung der Völkerbundsversamm- lung hielt der Führer der französischen Delegation Léon Bourgeois eine Rede über den Stand und die gegenwärtige N des P A

ie „W. T. B.“ meldet, erklärte Redner, daß er ih der ab- fälligen Kritik an der Tätigkeit des Völkerbunbérates e À lehen „fönne; der Nat habe große Unparteilichkeit bewiesen. Die Washing- fe:ner Konferenz könne dem Völkerbund durchaus keinen Abbruch tun, vièsmehr könne dieser es nur begrüßen, daß au jenseits des Ozeans das Friedenswerk gefördert werden solle. Daß der Völkerbund an Autoxität gewinne, gehe daraus hervor, daß zahlreiche Staaten ihn zur Lösung von Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten anriefen. Das bringe eine große Verantwortung für den Völkerbund mit sich, was ganz besonders für die Lösung der oberschlesischen Frage gelte. Die moralische Bedeutung des Völkerbundes könne nur gewinnen, wenn man ihm die Löfung von Sragen Übertrage, die die größten Staaten Europas und Asiens vergeblich zu lösen si{ch bemühten. Das Pro- gramm des Völkerbundes könne man in wenigen Worten formulieren : die Errichtung einer großen juristishen Organisation, die bereits in der Schaffung des internationalen Gerichtshofs verwirkl!Yt worden sei. Ferner in der Erhaltung des Friedens und in der Ueberwachung aller nationalen Konfliktsmöglichkeiten laut Artikel 19 des Paktes. Bourgeois {loß seine Rede mit der Versicherung, daß der Völker- bund die politishe Souveränität keines Staates antasten werde, Es sei kein Veberstaat, aber es gebe nichtsdestoweniger über der politischen Souveränität eine moralische, nämlich die des Rechts, der si jeder Staat beugen müsse. 9

Der Völkerbundsrat hielt gestern nahmiitag eine arde 1 Sißung ab. Er beschloß, den O der gemischten Kommission für Rüstungsbeschränkungen der Versammlung zu überweisen. Der zweite. Bericht der Kommission für Pakt abänderungen wird an die erste Kommission (Rechts- und konsti- tutionelle Fragen) weitergegeben. Hierauf nahm der Rat von einem Bericht der internationalen Konferenz gegen Mädcen- und Kinderhandel, die vom 30. Juni bis 5. Juli in Genf getagt hatte, Kenntnis. Er war einstimmig der rie daß die Arbeiten dieser Konferenz bedeutende Ergebnisse ermöglichen. Nah Annahme der Vorschläge der Konferenz beauftragte die Kommission den Generalsekretär mit ihrer Durchführung. Das Original der Schlußakte wird der Engen Regierung zugestellt werden, Die Versammlung erhält eine Abschrift.

Borläufiger Reichswirtschasisrat. 20. Sipung vom 12. September, Vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutsher Zeitungsverleger.)

Am Regierungstish: der Reichswirtschaftsministet Schmidt.

Der Vorsißende von Braun eröffnet die Sizung um 11/, Uhr.

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Er führt aus: Wir treten in s{werer Zeit zu ernsten Beratungen pu Der Reparationsausf{chuß hat feine umfangreiche Arbeit fast erledigt, und wir fönnen diesem Ausshuß unseren Dank füx seine Tätigkeit abstatten. Die Notwendigkeit der Einberufung des

lenums ergab s\ich daraus, daß der Reichsrat {on morgen zu- ammentritt. Wir müssen unsere Ärbeit fo fördern, daß er noch unfer Gutachten zu den Steuervorlagen verwerien kann. Der Vorsißende widmet dann den verstorbenen Mitgliedern einen Nachruf, der von den Versammelten stehend angehört wird. Unter anderen geshäft- lichen Mitteilungen gibt der Vorsißende davon Kenntnis, daß nach dem Helamnen [lub des Landbundes mit dem Bund der Landwirte zum Reichslandbund die vier Arbeitgebervertreter der Landwirtschaft vom Reichslandbund geftellt werden.

Darauf erfolgt die Wahl eines zweiten stellver- tretenden Vorsizenden. Auf Vorschlag des Hauptschrift- leiters Bernhard wird unter Namensaufruf Oberbürgermeister Mißzlaff, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des deutschen und des preußischen Städtetages, als Vertreter der Verbraucher- schaft mit 197 von 204 Stimmen gewählt.

Auf der Tagesordnung stehen die Berichte des Reparations*

ausshusses über die Entwürfe einer Novelle zum Körper- schafts steuergeseß, eines Rennwettgeseßzes, eines Ge- seßes über Erhöhung einzelner Verbrauchs steuern und einer Novelle zum Kohlensteuergeseß. __ Der Präsident s{lägt vor, daß eine allgemeine Aussprache über die gesamten neuen Steuerprojekte der Reichsregierung stattfinde. Diesem Vorschlag widerspricht das Mitglicd Hilferding mit dem Hinweise darauf, daß ein hierher gehöriger Antrag der Arbeitnehmer, der die Erfassung der Goldwerte anrege, noch nicht in die Hände der Mitglieder gelangt sei; ohne diesen Antrag lafse sich eine General- diskuffion nicht zweckmäßig führen. Man solle einstweilen die Be- sprehung des Rennwettgesetzes, das mit dem großen Steuerprogramm nur lofe zufammenhänge, vorwegnehmen.

Es wird demgemäß verfahren.

Der Referent für den Entwurf eines Nennwetts geseßes, Hauptschriftleiter Bern hard, Vertreter der Presse, rekapituliert die Verhandlungen des Reparationsausschusses und des von ihm eingeseßten Unterausfhusses : Die allgemeine Konzessionierung des Glücfsspiels vorzuschlagen, hat der Reparationsausschuß ab- gelehnt, dagegen stimmte er mit allen gegen zwei Stimmen der Konzessionierung und Besteuerung der Buhmacher zu. Im einzelnen will er Totalisatoren zu anderen als zu Rennzwecken nur mit Zu- stimmung des Neichsrats und nur im Falle des Vorliegens eines überwiegenden öffentlichen Interesses zulassen. In dem ntwurf ist eine Totalisatorsteuer von 16F und eine Buchmacherabgabe. von 10 vH in Aussicht genommen; der Ausschuß s{chlägt eine Erhöhung auf 20 bezw. 14 vH vor. /

Edler von Braun begründet einen Abänderungsantrag, wonach für beide Kategorien ein Einheitssaß von 20 vH zur Erhebung gelangen foll. Der Einwand, daß die Bulmacher höhere Ausgaben und ein größeres Risiko hätten, sei nicht durchschlagend; die Buchmacher würden bei ihrer Geschästsgewandtheit auch diese Steuer in ihre Geschäfte hineinzukalkulieren verstchen. Wie das Konzesstionierungs- system durchgeführt werden solle, wisse noch niemand; es handle sich um eine gänzlih undurdhdachte Sache. Die überwiegende Zahl der Nennwetten werde sih in Zukunft bei den Buchmachern vollziehen.

Herr Habermann (Arbeitnehmervertreter des Handels) kann si von der Konzeffionierung eine Eindämmung der Spielleidenschaft und eine Beschränkung der Rennwetten nicht versprechen, befürchtet vielmehr das Gegenteil. Mit dem Gese werde eine verhängnisvolle Bahn betreten. :

Herr Nogon (Arbeitnehmervertreter des Handels) tritt dagegen für die Konzesfionierung, aber gegen den Antrag von Braun aus.

Im Schlußwort sührt der Referent aus, daß man, wenn man der Vorlage zustimme, auch der Differenzierung zustimmen müsse, da sonst das Geseß illusorisch gemacht werden: würde.

Vei der Abstimmung über die Höhe der Steuer bezw. Ab- gabe wird durch Hammelsprung der Antrag von Braun mit 107 gegen 96 Stimmen angenommen. Jm übrigen stimmt der Reichswirtschaftsrat den Ausschußanträgen zu, auch der Ab- änderung des A ait wonach von der Buchmacherabgabe 1/, an die Länder abzuführen ist.

Es folgt die allgemeine Aussprache über die Steuer- geseßgebung. Dazu liegt ein Antrag Berthold vor, nah dem der Reichswirtschaftsrat folgende Erklärungen ah- geben soll:

Die Grenzen der Belastungsfähigkeit der Wirtschaft im einzelnen sind unter Berücfsichtigung der gesamten öffentlichen Belastung zu ziehen. Ferner wird als Gesamtergebnis der Beschäftigung mit den Steuervorlagen hervorgehoben, daß die Steuergeseßz- gebung unübersichtlih. geworden und eine Vereinheitlihung des A Steuerrehts dringend notwendig geworden sei. Die chleunige Arbeit, - mit der gerade die gegenwärtigen Verhält- nisse der Geldshwankung und die Dringlichkeit der Deckung des MNeparationsbedarfs besonders rechnen müßten, sei durch die Unklarheit der Begriffsbestimmungen unmöglih gemacht. Es müsse darauf ge- achtet werden, daß die betroffenen Besteuerungsgegenstände durch die Gefamtheit der steuerlihen Belastung in ihrem Bestande nicht derart angegriffen werden, daß dadurch die Neubildung von Vermögen und damit der Wiederaufsiieg der Wirtschaft verhindert wird. Dieser Antrag ist vom ReparationsausfMuß bereits angenommen worden,

¿ Herr Dr. Berthold (Vertreter der Verbraucherschaft): Bei dem Hagel von Steuergeseßen muß verlangt werden, daß die Vor- schriften stark umrissen und fär jeden Bürger verständlich sind. Tat- sache ist, daß die Steuerbeamten sich bereits jeßt niht dur die Be- stimmungen hindurc)finden können; im ganzen muß gesagt werden, daß die Erzbergersche Steuerresorm zu einem völligen Zusammenbruch geführt hat. Im allgemeinen werden doch nur die Festbesoldeten zur Steuer herangezogen, die übrigen haben zum großen Teil noch nicht cinmal die Vorbescheide erhalten. Dementsprehend muß mit bedeutenden Ausfällen gerechnet werden. Zahlreiche Zuschriften aus den Gemeinden beweisen, daß dort mit starken Fehlbeträgen gerechnet wird. Zum Jahresf{chluß werden viele von ihnen ihre Zahlungsunfähigkeit erklären müssen. Leider sind alle ihre Hilferufe an die Finanzämter bisher ungehört verhallt. Die Gemeinden sind jeßt gezwungen, an eine scharse Anspannung der Realsteuern zu denken. Andererseits ist die Stkteuerlast für die Steuerpflichtigen so stark, daß sie zu erliegen drohen. Wodurch kann nun eine Besserung geschaffen werden? Vor allem sollte man dazu übergehen, den Grundstückswert nicht wie bisher durch vier Stellen, fondern durch eine Stelle ermitteln zu lassen. Das könnten die Katasterämter sein. Dadurh würde eine bedeutende Entlastung der Finanzämter erzielt werden. Mit Nücksicht auf die Reibe e E empfiehlt der Antrag dem Neid)gwirtschaflsrat, die ganze Ge]eßgebung im Zu

einmal zu behandeln. O A Bs ns

Der Antrag wird angenommen.

Ein Antrag Mißlaff wünscht die Nachprüfung der Organisation. der Sieuerbehèrden und will den Spo lilischen Ausschuß mit der Ausarbeitung von Vorschlägen beauftragen. Insbesondere soll geprüft werden, in welher Weise die Organi- sationen der Länder, Gemeinden und anderer Selbstverwaltungs- lörper für die Neihszwecke nußbar zu machen sind. Oberbürgermeister M i la f f (Vertreter der Verbraucherschaft) : Zweifellos ist es dringend notwendig, einen Teil der Arbeit, die jeßt der Neichsfinanzverwaltung obliegt, auf die Gemeinden und andere Verbände abzubürden. In Preußen, Sachsen und anderen Ländern haben die Gemeinden bereits auf diesem Gebiete eine große Tätigkeit entfaltet. Dementsprehend will der Antrag die Organisationen der Länder, Gemecindeu und Selbfiverwaltungskörper für die Steuer- erhebung heranziehen.

Der Antrag Migzlaff wird angenommen,

öffentlichen Körperschaften, soweit fie gewerbliche Unter-

zelmungen betrifft, gestrichen wird. : :

j Di Hen M ttcltgekervertreler der Judustrie): Die Steuer- befreiung der öffentlichen Verbände ist nicht gerechtfertigt. Diese Nerbände gewinnen von Tag zu Tag an Bedeutung. N auf die Reparationslasten kann *1hre Steuerbesreiung nicht aufrecht erhalten werden. Ueberdies ist eine scharfe Grenze für die Steuer- betreiung nit zu ziehen. Es muß darauf hingearbeitet werden, daß auch die Betriebe der öffentlichen Verbände die Steuerlasten „wie jeder andere Betrieb in ihre Rechnung einzukalkulieren haben. Von besonderer Bedeutung ist die Frage der Steuerbefreiung für die

in keiner Weise gerechtfertigten Steuerbefreiung. N

#6 1 e E R raa (Arbeitgebervertreler der städtischen Betriebe): Dur den Antrag wird lediglih eine Hin- und Herüber- weisung von Geldern erreiht. Es ist eine Täuschung, wenn man mit der Erhöhung der Steuereinnahmen für das Neich rehnet. Die neue Auflage, die den Gemeinden dadurch aufgebürdet wird, würde eine Crhöhung der Ausgaben zur Folge Haben. Das Reich müßte in demselben Maße die Steuerüberweisung, an die Gemeinden erweitern. us die Veranlagung wäre ein großer Beamten- apparat erforderli), der Steuerertrag würde, diesen Unkosten aber nit entspreden. Ueberdies is die Abwälzung auf die Kon- \umenten wohl ausges{chlossen, da auf ihnen bereits eine zu starke Last ruht. Ic erinnere nur an die beträchtlich erhöhten Gas- preise. Werden die Städte zur Körperschaftsfteuer herangezogen, fo können sie entweder ihre sozialen Aufgaben nit mehr erfüllen, oder sie überlassen ihre Betriebe der Privatindustrie. Hätten wir ein Kommunalisierungsgeseß, dann wäre die Furcht nit jo groß, wie sie im Antrag Henke zum Ausdruck kommt. Die Neigung zur Soziali- sierung, toste es, was es wolle, ist durchaus nit bei allen Ge- meinden vorhanden, sondern zumeist sind die wirtsca tlichen Gesichts punkte maßgebend. Das Handwerk hat die Konkurrenz der städtischen Monoyolbetriebe nit zu fürchten. HO beantrage die Ueber« weisung an gen S Aus\huß, mit dem Ersuchen, Sach- verständige hinzuziehen.

e Hilferdin g bittet um Verweisung des Ankrags an den Neparationsaus\chuß. Die Verschleppung des Sozialisierungsgeseßes durh die Regierung sei äußerst bedauerlich; ihre Stellungnahme Auskunft geben. :

Herr Der lim (Generalsekretär des Reichsverbandes des deuischen Handwerks) tritt dem Oberbürgermeister Voigt entgegen. Dem Sozialisierungsgedanken sei durch die teure und s{lecte Wirtschaft, die neuerdings vielfach in den Kommunen agegen habe, am meisten Abbruch getan worden. Es sei ganz verkehrt, den städtischen Betrieben die Neichssteuern zu ersparen. ;

Herr C ohen bemängelt die bisherige Führung der Erbrkerung, die fich in Einzelheiten verliere, aber nicht den Charakter einer Generaldiékussion trage. Zunächst müßten die Neferenten das

Wort haben. M Präs tdent erwidert, daß mit Vorbedacht kein General

berihterstatter bestellt sei. Das Haus möge die Debatte über dén Antrag Henke abschließen und dann die Generaldisfussion folgen lassen.

Hexr Krämer (Arbeitgebervertreter der Industrie) teilt mit, daß Geheimrat Schwarz ein einleitendes Generalreferat zu erstatten übernommen hat.

O einigt sih dahin, heute noch den Antrag Henke zu erledigen.

S o rtesterunasrat Künzer als Gegner und Dr. Dtto als Mitantragsteller befürworten Ausshußberatung.

Das Haus beschließt demgemäß. '

Inzwischen ist ein Antrag Wissel l“ eingegangen, dieser wird verlesen und soll morgen in der Generaldiskussion mit besprochen werden.

Um 2 Uhr vertagt fo das Haus auf Dienstag, Vor- mittags 10 Uhr (Generaldiskuyssion über die Gesamtheit der neuen Steuervorlagen). Schluß 2 Uhr. :

möge fie endlich über

Parlamentarische Nachrichten.

Der Reparationsaus\chuß des Neichswkrt« \chaftsrats nahm in seiner Sißung am 10. d. M, den Bericht seines Arbeitsaus|schusses für die Beratung der Besißsteuergeseßze entgegen. Der Unteraus\ch s{lägt vor, die Entwürfe eines Vermögenssteuergeseßes und eines Vermögenszuwachssteuergeseßzes zu einem einzigen Geseß pa was deswegen leicht möglich sei, weil in beiden Geseßentwürfen der gleiche Veranlagungs- termin, beginnend mit dem 31, Dezember 1922, wvor- esehen sei. Er weist außerdem darauf hin, daß die

egriffsbestimmungen in allen drei Geseßen, also auch das Geseß über eine Abgabe vom Vermögenszuwachs aus der Nachkriegszeit miteinbezogen, vereinheitliht und möglichst alle dret Geseße mit denselben Bewertungsgrund\äten ausgestattet werden müssen. Das Gutachten beschäftigt sih fodann eingehend mit diesex Frage der Wertermittlung. Die Le 16 und 17 des Vermögenssteuer- geseßes werden abgelehnt, und es wird festgestellt, daß 1. es sich nidht empfiehlt, die im § 16 E Bestimmungen ledigli aufzuheben, ohne eine feste Begriffsbestimmung des Wertes und feste Grund]äßs für dessen Feststellung an seine Stelle zu seßen, und 2.. es nicht anz gängig ist, die Aufstellung dieser Grundsätze für die Wertermittlung lediglih dem an dem Ergebnisse der Veranlagung inkeressierten Finanzminister zu überlassen, sondern daß solche Grundsäße in Uebers einstimmung mit dem zuständigen Ausschuß des Neichstags nah An- höórung des Reichswirtschaftsrals erlassen werden müssen, Mit einer eingehenden Begründung wird als Nichtlinie für die Bestimmungetß, die an Stelle der §8 16 und 17 des Vermögenssteuergeseßzes tretén sollen, folgendes vorgeschlagen: Für die erste Veranlagungsperiode wird von dem für die Zahlung des Wehrbeitrags festgestellten Wertè ausgegangen, der in der egel durch einen prozentualen Zu?

lag zu erhöhen ist. Dieser m berüdsihtigen, weldyem Umfange bei Grundstücken derselben Lage, Größe und Bodenbeschaffenheit bei ordnungsmäßiger Bewirts aftungsart diè veränderten Verhältnisse den Wert beeinflußt haben, Soweit Normalerträge feststellbar sind, ist diesen bei der Sts des Zu- \hlags Rechnung zu tragen. Eine Festseßung unter dem ehrbeitrags: wert ist zulässig, falls dur feindliche Einfälle oder besondere Unglücks- fälle eine welentlihe Entwertung eingetreten ist. Für städtishe und gewerblihe Grundstüde können diese Ermittlungsgrundsäge sinn- gemäß Anwendung finden. Liegen für einzelne Grundstüdé aus den leßten art Kauspreise vor, die über eine nach Maßgabe dieser Grundsäße vorgenommene Schäßung hinaus- gehen, so wird für dieses Grundstück der höhere Kaufpreis zu- grunde gelegt werden müssen. Für die weiteren Veranlagungßs perioden muß die Sestlegurg der Grundsäße für die Werkts- ermittlung einem besonderen Geseggebungsakt vorbehalten bleiben, &Sür die Ermittlung des Wertes gewerbliher Unternehmungen, die Aktien oder Anteile mit einem amtlich festgeseßten Börsen kurse ausgeben 17 Nr. 1), wird vorgeschlagen, den Durchschnittskurs aus den Kursen der leßten drei Monate zu errehnen , davon jedo die der Aktie usw. für den verflossenen Teil des Geschäftsjahres anhaftende Dividende und einen Prozentsaß des Kurswertes abzuziehen, der der Ra der Organisation der leitenden Kräfte, Kundschaft und sonstiger Beziehungen entspricht. Mit dem Tarif erklärt sich das Guiachten einverstanden, es \chlägk jedoch vor, die Höhe des nicht steuerbaren Vermögens 20) auf 100 000 Á festzuseßen (50 000 4 im Entwurf) und die ersten 100 000 .4 bei größeren Vermögen (§8 2) ebenfalls steuerfrei zu / lassen (Entwurf 50 000 4). Zum § 1 Abs. 2 und § 22 wird vor geschlagen, den 15 jährigen Zuschlag nicht für alle Vermbgen gleidj«

ersten 100 000 # bleiben von dem Zuschlag frei; die nächsten an-

mäßig zu gestalten, fondern zu {lasfeln, und o wie folgt: Dié u

gefangenen und vollen 100 000 .4 tragen einen (l lag von 100 vH, die nachsten angefangenen und vollen 150 000 einen Susdigg M!

Ein Antrag Henke fordert, daß die Steuerbefreiung der |

Mit Nücksicht : -mögenszuwachs aus der Nachkriegszeit.

Glektrizitäts-, Gas- und Wasserwerke. Wir beantragen die Beseitigung

3 , ble nätsten angefangenen und vollen 200 000 .# einen Quschlag von 200 vH, alle weiteren Vermögensteile tragen einen Zu- Belag von 300 vH. (Der Entwurf sicht 300 vH für natürliche Personen, 150 vH für juristische Personen vor.) Das Gutachten ibt ferner eine Reihe von Anregungen zu einzelnen Paragraphen Poider Geseke und beschäftigt fih fodann mit dem dritten, besonders behandelten Entwurf eines Gesetzes über eine Abgabe vom Ver- ; Das Gutachten zu diesem Geseg gibt der Meiñung Ausdruck, daß von cinem Vermögens- uwahs nicht gesprochen werden kann, wenn das Vermögen nur infolge der starken Entwertung unseres Geldes eine andere Be- wertungsziffer aufweist und daß folhe scheinbare Wertsteigerung nicht als voller Wertzuwachs erfaßt, sondern nur die darüber hinaus wirkli erfolgten Wertsteigerungen fräftig herangezogen werden follen. as Gutachten schlägt- vor, für die Nachkriegszuwachssteuer der inneren Geldentwertung gemäß, die an der Gntwilung der Löhne etwa zu verfolgen ist, zwet Tarife 25) in Anwendung zu bringen, und zwar fr die nur scheinbare Erhöhung des Vermögens bis zum Dreiein- halbfacen des Ursprünglichen die Hälfte der im Vermögen8zuwach8- Feuergeleß (S 15) vorgesehenen Säße, und zweitens für diejenigen Nermögensvermehrungen, die über das Dreieinhalbfache des Ursprüng- Ven hinausgehen, die doppelten Säße des im § 25 des Nahkriegs= guwachssteuergeseßes vorgeschlagenen Tarifs. i Sn der an den Bericht knüpfenden Erörterung wurde das Verhältnis dieser wihtigen Vermögenssteuern zu den Gefamtfragen der Erfüllung des Londoner Ultimatums eingehend besprochen, ins- besondere wie weit die in Papiermark eingehenden Erträge dieser Steuern zur Lieferung von Goldwerten für die Neparation dienen Éönnen. Es ergab sich Uebereinstimmung darin, daß die Belastung der Wirtschaft dur die augenblidck[iche Steuer- gesebzgebung bisher n nicht zu übersehen is, weil der Gesamtplan, in den sih die einzelnen Gescße einordnen, nicht bekannt ist und zum großen Teil die Ertragsshäßungen fehlen, Aderlih aber bis an die äußerste Grenze des Möglichen geht. Diesem Gedanken und der daraus gefolgerten Notwendigkeit, die Steuergeseße als einheitlißes Ganzes zu verabschieden, gab ein An - rag Berthold Ausdruck, der einstimmig angenommen wurde. Wicsee Antrag lautet, wie folgt : ; fu dem Gelamisaus der vor- ärung ab: 1. Der Reichswirt-

„Der Reichswirtschaftsrat gibt elegten Steuervorlagen folgende Erk sfaftörat stellt als obersten Grundsaß jeder großen Stteuergeles, » daa überhaupt und im besonderen der gegenwärtigen fest, daß die Grenzen der Belastungsfähigkeit der Wirtschaft im einzelnen unter erüdsitigung der gesamten öffentlichen Belastung zu zichen find. Der teichswirtshaftsrat war bei seinen Beratungen jedo nicht in ge, diesem Grundsaß gerecht zu werden, und feine Gutachten {chen {ih deshalb nux auf die einzelne Vorlage je für Ad, sowohl weil die verschiedenen Vorlagen einzeln und zusammen- anglos zugegangen sind, als auß weil in vielen Fällen Ertrags- s{häßungen von der Regierung nit zu FRRRes waren. Wenn der Neich8wirtschaftsrat tropdem seine Mitarbeit nit versagt hat, o is das nur im Hinblick auf seine entsprechende Zusage und auf en unmittelbaren Wang gesehen, troß der Kürze der Zeit und selbst unter Hintanstellung wichtiger Gesichtspunkte ver- suchen zu müssen, die Neparationsverpflihßtungen nach Möglichkeit it erfüllen. 2. Als Gesamtergebnis der Beschäftigung mit den ver- chiedenen Steuervorlagen ist jedoch folgendes hervorzuheben: a. Die Steuergesezgebung droht nicht nur unübersichtlich zu werden, fondern fie ist es schon geworden. Es is deshalb eine Ver- einheitlihung und Vereinfahung des gesamten Steuerrehts zur un- ausschieblihen Notwendigkeit geworden; dies um so mehx, als die UÜnübersichtlichkeit der Veranlagungsvorschriften und die Unklarheit der Begrifssbestimmung in vielen Fällen die Arbeit der Finanzämter ni@t nux erschwert, sondern die s{leunige Arbeit unmöglich macht, mit der gerade die gegenwärtigen Verhältnisse der Geldschwankung und die Dringlichkeit der DeckEung des Neparationsbedarfs sowie das Siel der Grreichung eines möglich#t hohen Steuerertrags besonders rédnen müssen, b. Die nämlichen Gegenstände werden der Besteuerung nit nur dur die Länder und die Gemeinden, sondern auch zum Teil dur) das Neich zugleich unterworfen. Die Gesamtbelastung mit den verschiedenen Steuerarten erreicht deshalb vielfa eine Höhe, daß fie ee zu einer Uebersleuerung führt und damit eine Gefährdung ür die Wirtschaftsführung geworden ist. Andererseits muß an- éitannt werden, Laß dur die leßten Steuerreformen die Skeuer- quellen der Ander und Gemeinden so sehr beshnitten worden sind, daß die letztgenannten Körper zum Teil nicht mehr in der Lage find, die dringendsten ihnen obliegenden Aufgaben zu erfüllen, und zum Teil ogar vor der Gefahr des Zusammenbruchs stehen. Deshalb belont der eihswirtshaftsrat nahdrücklich die Notwendigkeit einer baldigen Ergänzung der Neichssteuergesezgebung in der Richtung, daß nirgends die Gesamtbelastung durch Reich, Länder und Gemeinden die Grenzen des wirtschaftlih Erträglichen überschreitet. Geseyliche Höchstsäße und flare Zuständigkeiten der einzelnen Träger dex Steuer unter Festlegung ihrer selbständigen Verantwortlichkeit find zu schaffen. c) Alle dem Neichswirtschaftsrat vorgelegten Steuern sind im Hinblick

auf die Ausführungen unter 1 als einheitlihes Ganzes von der Geseß-

ebung zu verabschieden; es wird dabei besonders darauf zu achten fin, daß die jet betroffenen Besteuerungsgegenstände durch die Gesamtheit der steuerlihen Belastung in threm Bestande nicht derart angegriffen werden, daß dadur die Neubildung von Vermögen und damit der Wiederaufstieg der Wirtschaft verhindert wird.“

Ueber das Verhältnis der Be psteuergeseße zur Bereitstellung von Goldwerten für die Reparation wird eine besondere Entschließung des Reparationsausshusses vorbereitet. Unter diefer Vorausseßung wurde dem Gutachten zu den drei Gesezentwürfen einstimmig zu- gestimmt, nachdem au die Vertreter der Arbeitgeber der Landwirt- schaft ihre chweren Bedenken gegen die vorgeschlagenen Mertermitt- lung8grundsäke und die Aufgabe der Js 18 und 19 des a friegszuwadhsstenergeseßes im Hinblick® auf die Dringlichkeit der Deckung des Reparationsbedarfs vorläufig zurückgestellt hatten, Alle während der Erörterung gestellten Zusaßanträge wurden zugunsten der Kommissionsfassung teils abgelehnt, teils zurü gezogen. Der Regierung als Material überwiesen wurde allein ein Antrag Hachenburg zum § 36 des Vermögenssteuergeseßes, der den ersten Saß des Paragraphen, wie folgt, gefaßt haben will: ¿Von dein Neichsnotopfergeseß wird nur ein Drittel erhoben“.

Der Aa nage LN des Reihswirtscchafts- rats beschäftigte sich in seiner ge]trigen Sitzung mit einer größeren Anzahl von Anträgen großer wirtschaftlicher Verbände, die im Laufe der leßten. Monate eingegangen sind und die Aufhebung der Zwangswirtschaft für Nohbraunkohle, Naß- preßfteine, Grudekoks, Zechenkoks und Gas- koks verlang. Der NReichskohlenkommissarxr er- Ulärte dazu, daß das ‘- Gesey über die Zwangsbewirt- {haftung zurzeit noch nit aufgehoben werden könne, Er werde aber seine Verfügungen hinsichtlich der Zwangsbewirtshaftung der genannten Brenn- stoffe zum 1. Oktober d, J. außer Wirksamkeit seßen. Von diesem Zeitpunkt ab werden also der Zwangs- bewirtschaftung nur noch Steinkohle, Stein- fohlenbriketts und Braunkohlenbriketts unter- liegen. Der Kohlenaus\{uß stimmte dieser Negelung zu.

Statistik und Volkswirtschaft.

32. Deutscher Berufsgenossenschaftstag

Am 10. September fand in Negensburg in dem historischen Saal des NRathauses der 32. dautsébe ordentlihe Berufsgenossen- \chaftstag unter starker Beteiligung von Vertretern aller deutschen ewerbliGhen Berufsgenossenschaften statt. Neichs- und Landes- ehörden waren gleichfalls vertreten, s. das Reichsarbeits- ministerium dur den Oberregierungsrat Drt. Kron, das MNetch8- versiherungsgamt durch seinen Präsidenten Vr. Kaufmann,

Justizrat Wandel-Essen wiedergewählt.

präsidenten Meinel, die Stadt Regensburg durch den Oberbürger- meister Dr. Hipp und der Reichsverband der deutschen Industrie dur Dr. Löning. Der Geschäftsbericht des VorsizendenS pie cke r - Berlin zeigte die umfang- und erfolgreiche Tätigkeit, die der Verband im vergangenen Jahre zur Förderung der den Berufsgenossen- schaften obliegenden Unfallversicherung entfaltet hat. Die übrige Tagesordnung betraf zum Teil die inneren Angelegenheiten des Verbandes, darunter eine umfangreiche Saßungéänderung. Von allgemeiner Bedeutung war insbesondere der Bericht des Negierungsrats Dr. Westphal über die Gefährdung der berufsgenossenschaftlihen Unfallverhütung, Unter gespannter Aufmerksamkeit gab er einen Ueberblick über die erfolgreihe Tätigkeit der Berufsgenossenshaften auf dem Gebiete der Unfallverhütung, ging auf Pläne des Reichsarbeitsministeriuums ein und {lug eine Gnt- \hließung vor, in der Sicherheit für die ungeschmälerte Arbeit der Berufsgenossenschaften und ihrer Unfallverhütung gefordert wird. Die Entschließung wurde einstimmig angenommen. egierungsrat Dr.

Stoedcker- Bochum berichtete über den Stand der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen den Verufegeno Paten und den Aerzten, das insbesondere bezweckt, die Frühübernahme des Heil- verfahrens durch die Berufsgenossenschaften zu erleihtern. Zum Vor- stellvertretenden Vorsißenden

fißenden wurde Spiecker-Berlin, zum

art =—ch

Arbeitss\treitigkeiten.

Der Ausstand der in den Berliner städtischen Elektrizitäts- und Gaswerken beschäftigten Fest- angestellten ist, wie hiesige Blätter berihten, gestern abend nah 24 stündiger Dauer beendet worden, nachdem der Magistrat in einer außerordentlidjen Sigung beschlossen hatte, den ge- wünschten Tarifvertrag abzuschließen, Die Wiederaufnahme des unterbrohenen Straßenbahn- verkehrs erfolgte teilweise noch in der vergangenen Nacht.

__ Von „W. T. B.“ übermittelten Pariser Meldungen zufolge ist der ene Ausstand (vgl. Nr. 212 d. B.) in der Gegend von Lille ziemlih vollständig durhgeführt worden. Die 2 l der Streikenden wird auf 000 geschäßt. Auch die iraßenbahner haben im Laufe des gestrigen Tages die Arbeit eingestelll, Es wurden zahlreile Versammlungen ab- gehalten, die zubig verliefen. Der Arbeitsmin ister hat gestern Vertreter der industriellen Verbände empfangen, wobei die Industriellen dem Minister die wirtshaftlihe Lage aus- einandersezten, die es ihnen nicht erlaube, die Lohnherabsezung von 20 Centimes wieder rückgängig zu machen. Die Unterredung hatte also keinerlti Ergebnis. Der Minister hat für morgen Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu sich geladen, um nochmals einen Versöhnungsversuh zu unternehmen. Der Ausstandsausschuß hat im Laufe des gestrigen Tages den Arbeitern bestimmter, besonders lebens- wichtiger Bétriebe die Wiederaufnahme der Arbeit gestattet.

Kunst und Wissenschaft.

Eine thüringishe Landesanstalt fürGewässer- kunde wird vom thüringischen Staat in Gemeinschaft mit dem „Wasserwirtschaftlihen Verband für Thüringen“ errichtet werden. Die Kosten hierfür in Höhe von 200 000 .4 sind vom thüringischen Landtag bewilligt worden. Die Anstalt soll Beobachtungen der Mf crhaken, Unif Messung der ena bei Leiiébenen Wafserständen, Untersuchungen der Wasserläufe auf Gefälle und Ufer- gelände, Geschiebeführun , Versumpfungen, Ueberflutungen usw. an- {tellen und einen Hochwassernachrichtendienst einrichten.

LanDd- und Forstwirtschaft.

Stand der Feldfrüchte in Preußen zu Anfang September 1921 und vorauss\sichtlicher Ernteertrag. Die Ernte der Halmfrüchte ist in diesem Jahre im ganzen be- endet; der vom Statistischen Landesamt in der „Stat. Korr.“ ver- öffentlihte Saatenstandsberiht für Anfang September, dem die [Ee Angaben entnommen sind, enthält zum lebten Male Mit- teilungen über die Entwicklung und den Ausfall der Sommerhalm- früchte, nachdem für die Wintersaaten \{chon der Augustbericht den Abschluß gebracht hat. Infolge des ungewöhnlich warmen und fonnigen Fuli ist das Winter- und Sommergetreide fast gleichzeitig gereift und einge- erntet worden. Die Einbringung wurde deshalb im Gegensag zu früheren Fahren sehr zeitig beendet. Die Vorschäßzungen der Saaten- \tandsberichterstatter über den voraussihlichen Ernteertrag von Anfang August konnten daher {hon auf Grund von Druschproben abgegeben werden und sind somit als ziemli zuverlässig anzusehen. Nachstehend sind die für das Staatsgebiet durhschnittlich festgestellten e die erträge aufgeführt, denen zum Vergleich die der leßten Vorjahre bis 1918 zurück gegenübergestellt werden. Hektarerträge in Doppelzentnern: 1921 1920 1919 1918 194 11 168 17,7 180 170 161. 1618 199 119 191 198 155 124 148 142 11,2 105 10,9 10,0 209 10 L 182 165 162 162 15,0

i 109 1909 10, 18,6 emenge aus Getreide aller Art á 137 148 15,9 12,8.

Hiernath ergibt si bei allen Getreidearten, mit Ausnahme von Hafer und Gemenge, ein. Mehrertrag auf dem Hektar gegenüber den drei vorhergegangenen Jahren, besonders aber beim Wintergetreide gegen 1920, da Weizen um 2,3 und der für die" Brotversorgung so wichtige Roggen sogar um 3,1 dz auf den Hektar res ausgefallen ist. Auch Spelz und Wintergerste bringen gute Mehrerträge, sie fommen jedoch wegen der Geringfügigkeit des Anbaues weniger in Betracht. Die gesamten Erntemengen werden si für Brotgetreide Weizen, Spelz und Noggen infolge der höheren Hektarerträge und dex etwa3 vergrößerten Ernteflähe auf 6,35 Millionen Tonnen gegen b,20 Millionen des Vorjahres stellen, so daß sie 1,15 Million Tonnen oder 22,1 vH mehr betragen. Gerste, Hafer und Gemenge bringen jedoch nur 4,51 Millionen gegen 4,76 Millionen Tonnen des Vor- jahres, mithin 5,3 vH weniger. - Als Ursache des geringeren Ertrages ist nebén dem Nückgange der A bei diesen Getreidearten vor allem der Schaden durch den heißen und zumeist zu trockenen Sommer anzusehen, besonders in den Gebieten östlih der Weichsel und in den we tlihen Provinzen. Das Wintergetreide ist weniger von Witterungsschäden pro worden, weil die Entwicklung durch den sehr günstigen Frühling und Vorsommer gut gefördert worden war.

Die Witterung im August brachte eine Fortseßung der Welter- lage, die den ganzen Juli über geherrscht hatte. Es stellten sich zwar nas und nach die sehnlich und lange vorher {hon erwarteten Nieder- schläge ein, indem fast überall Gewitter, Regenschauer und in einigen Gebieten sogar Landregen niedergingen, doch waren sie nirgends anhaltend und ergiebig genug, um die aus8gedorrten Felder zu durch feuchten. Gg befriedigend sind nur die Küstenprovinzen und zeitweise auch Brandenburg bedaht worden; von den übrigen Gebieten haben Schlesien, Sachsen und Teile von Hannover, West- falen, Hessen-Nassau und Rheinland am wenigsten, stellenweise zu wenig erhalten. Der größte Teil des Monats brahte Sonnen- schein, der an manchen Tagen die Temperaturen bis zu 359% C. im Schatten steigerte. ¿ : / :

In welchem e e die Augustwitterung einen Einfluß auf die Feldfrüchte ausgeübt hat, ist aus den Begutachtungsziffern zu ersehen, die aus den Angaben von 3684 Berichten der landwirtschaftlichen Ver- trauensmänner errechnet worden sind. Es ergaben Lo imStaats- dur \chnitt für den Stand der Feldfrüchte, Futterpflanzen und Wiesen zu Anfang September d. J. folgende Begutachtungsziffern, wenn 1 „schr gut“, 2 „gut“, 3 „mittel (durhscnittlih)“, 4 „gering“,

Winterweizen . Sommerweizen Spelz . . Winterrogen « Sotnmerroggen Segal

ommergerste . afer

as bayverisGe Handelsministerium durch den Regierungsrat Wige, R baverishe Landesversicherungsamt durh den Senats-

5 „sehr gering“ bedeutet: Hafer 3,1 (gegen 3,2 zu Anfang August d. J. und 2,9 zu Anfang September des Vorjahres 1920), Ge -

A

menge aus Getreïde aler Art “mit Hafer 3,2 (gegen 32 bezw. 28), Buchweizen und. Hirse 3,9 (gegen 3,7

bezw. 3,0), Erbfen und Futtererbsen aller Art (Pelushken)

3,3 (gegen 3,2 bezw. 2,9), Speifebohnen (Stangen-, Busch-

bohnen) 3,7 (gegen 3,5 bezw. 2,6), Ackerbohnen (Sau-, Pferde-

bene 3,3 (gegen 3,2 bezw. 2,8), Linsen und Wicken 3,5 (gegen

3,4 bezw. 3,2), Lupinen 3,8 ‘gegen 2,7 zu’ Anfang September des

Vorjahres), Semeuge aus Hülsenfrüchten aller Art ohne

Getreide 3,4 (gegen 3,0), Gemenge aus Hülfenfrüchten aller Art mit Getreide 3,3 (gegen 2,9), Kartoffeln 3,5 (gegen 3,5 zu Anfang August d. J. und 2,9 zu Anfang September des Vor- jahres 1920), Pu errüben 3,4 (gegen 3,1 bezw. 2,8), Futt ers rüben (Nunkeln) 3,4 (gegen 3,3 bezw. 2,8), Klee, auch mit Bei- mishung von Gräsern, 4,0 (gegen 4,0 bezw. 2,7), Luzerne 37 (gegen 3,6 bezw. 2,7), Rieselwi esen 8,7 (gegen 3,7 bezw. 2,6), andere Wiesen 42 (gegen 4,1 bezw. S9), j :

Hafer, Büchweizen und Hülsenfrüchte find zumeift \{chon bis Mitte August eingescheuert worden, . fo daß hierfür die jeßigen Mans fon infolge der “piesiährigen frühen Grnte überholt waren. Immerhin hat mgn. YuMsweizen und Hülsen- früchte im Staatsdurchschnitt noch um 0,1. bis 0,2 Punkte geringer bewertet, während Gemenge mit Hafer als“ unverändert und Hater um 0,1 besser angesehen wird. Die Kartoffeln haben fich mit der Note 3,5 (mittel bis gering) gegen den Stand zu Anfang August, der allerdings gegen den Stand zu Anfang Juli einen starken Nüdgang (von 2,8 auf 3,5) zeigt, nit verschlehtert. Zyuckerrütben gingen ¡edo weiter um 0,3 und Futterrüben um 0,1 zurück. Auch Luzerne und Naturwiesen wurden um je 0,1 geringer beurteilt. Gegen die Bor- jahre 1919 und 1920 sind-die oten gal e a Betracht kommenden

ruhtarten teilweise seh? exbeblidh I|lemter. : s An tinerttes e r rüchte is mit Yusnahme von geringen

Resten überall beendet, zumei “Hon vor der Mitte des Monats. In den Berichten wird allgemein hervörgsZoben, das, die Geg TLe e völlig ungestört und daher äußerst frühzeittg-e= Co Wes en O A Sämtliche Früchte wurden in sehr guter Bes Mare Li 1E rad und waren fast durchweg fofort drushfähig. Infolge dr» en Räumung der Felder konnte shon zeitig mit den Bestellungsärv2! für die. Winterfaat begonnen werden, die jedo stellenweise die ftatt AyRTe Sus des Bodens behindert. i d

Obwohl sich im August die dringend nötigen Niederschläge mehr oder weniger genügend einstellten, haben {ih die Aussichten auf eine ausreichende Kartoffelernte niht gebessert. e und da wird allerdings auch in Gegenden mit geringen Niederschlägen noH eine Mittelernte erwartet. Auf leichiem Boden und in be- sonders dürren Lagen haben die Kartoffeln zweifellos aber der Pige nit standgehalten; sie sind vorzeitig im Kraut vertrocknet, ehr flein geblieben, notreif geworden und leiden zudem stellenweise noch an Troenfäule. Bei genügenden Niederschlägen haben fie ih allerdings über Erwarten widerstandsfähig gezeigt, find vielfach noch am Blühen und erholen sich nach den Regenfällen zusehends, sofern leßtere eini trmen tief gedrungen sind. Eine Besserung wird fast durchweg in den Berichten aus Ostpreußen, der Grenzmark, Ms Schleswig-Holstein und häufig in denen aus Brandenburg ervorgehoben, aber au oft in den Berichten aus den übrigen Pro- vinzen mitgeteilt. Allerdings rechnet man vielfah mit einem Durch- wasen der Knollen. Klagen über Kräuselkrankheit, Shwarzbcinigkeit und Schäden durch Engerlinge werden häufig laut. Von mehreren Seiten wird die Verwendung des ungeeigneten und abgebauten Saatgutes als ein wesentlicher Grund für die ungünstige Beschaffenheit vieler Kartoffel- felder angesehen. Ueber den Stand und die Entwicklung der übrigen Hackfrüchte in den einzelnen Gegenden lauten die Na ¡richten meist ähnli wie über die Kartoffeln. Allgemein betont man, daß sie unter der Hiße und Dürre sehr gelitten haben, recht klein geblieben „find und stellenweise hon gelbe Blätter haben ; andererseits ist man jedoch davon überzeugt, daß baldige ergiebige Niederschläge dicîen Früchten noG recht wirksam helfen können. Schädlinge treten nur vereinzelt auf. i : O

Von den Futterpflanzen und Wiesen bringen nur die tiefgelegenen feuchten oder genügend berieselten Pläne einen leidlihen zweiten Schnitt. Alle übrigen geben kaum nennenswerte oder überhaupt feine Erträge her, da sie zumeist von der Sonne völlig ausgebrannut wurden. Wenn auch die Beschaffenheit des Heues vom ersten und vom zweiten Schnitt ganz vorzüglich ist, so war doch die geerntele Menge im ganzen derart gering, daß eine große Knappheit an Nauh- futter für die kommende Verbrauch8zeit bevorsteht, und zwar um- fomehr, weil jeßt {hon die Wintervorräte angegriffen werden müßen, um das Vieh nit verhungern zu lassen. Bald einseßende und an- haltende Niederschläge sowie ein langer feuhtwarmer Herbst wär erwünscht, damit das Weidevieh recht spät aufgestallt werden könnte. Der junge Klee muß vielfah wegen zu starker Austrocknung um- gepflügt werden, so daß die nächstjährige Kleefläche dementsprechend Tlein ausfällt.

Theater und Musik.

Sghloßparktheater (Stegliß).

Als Vorläufer des Expressionismus kann man Herbert Eulenbergs s{chlechtweg als „Stück“ bezeihnete fünf Akte „Alles um Geld“ betraten, die im Jahre 1911 zuerst von Brahm im Lessingtheater aufgeführt, gestern in dem wegen der Ver- fehrsstörung {hrer erreichbaren Schloßvarktheater in Steglitz in Szene gingen. Man hat sich_ inzwischen an die Mischung von grotesk-phantastishem und realistishem Gesehen in zeitlosem Ge- wande auf der Bühne gewöhnt, fo daß der heftige Widerspruch, den das seit dem von Le Kaiser und anderen Exprefsionisten @n Vershwommenheit der Ümrisse längst übertrumpfte Werk bei seinem ersten Erscheinen erweckte, gestern ausblicb. Der Gedanke, der in den langen fünf Akten zuweilen recht unklaren Ausdru findet, ist der dichterisGen Gestaltung wohl würdig, nämlih das klägliche Scheitern des genialischen, dem Idealen zugewandten musishen Menschen und Träumers in einer Welt der Wirklicßkeiten, in der das Geld allein als Wertmesser Geltung hat. „Eine Kreatur Gottes“ nennt Eulenberg auf dem Theaterzettel feinen Helden Vincenz, der Hab und Gut in phantastishen Unternehmungen verspekulierte und nun in einer tahlen Mansarde mit Sohn und Tochter haust, denen \ich noch ein der Familie geistesverwandter, weltfremder Schreiber hinzugesellt hat. Beginnender Wahnsinn macht sich bei Vincenz {hon bemerkbar, der wie Ibsens Jon Gabriel Borkman einem „nah der ersten:Schlacht zusammengeshossenen und darum nicht zum Welteroberer tauglichen Napoleon“ gleiht. In seinen Träumereien sieht er die harte Wirklichkeit niht mehr, und E ihn die Gläubiger unbarmherzig bedrängen, s{welgt er immer noch in dem Gedanken eines neuen Aufstiegs. Indessen stirbt sein fränkliher Sobn ; seine Tochter, die, phantastish wie der Vater, poetische Kebesbriefe an sich selbft \chrieb, wird durch einen Dutendmenschen verführt und nimmt ih das Leben, und Vincenz selbst wandert aus nicht recht klaren Gründen wegen Betrugs ins Gefängnis, nach- dem er kurz zuvor einen Brief seines reichen Vaters, der eine Summe Geldes zu seiner Rettung enthielt, uneröffnet verbrannt und auch eine Geldheirat ausgeschlagen, die ein Vermittler ihm an- eitaen hatte. In Nacht und Wahnsinn endet er durch Selbstmord ei der gutherzigen älteren Frau, die thn hatte heiraten wollen, nur um in ihrer Einsamkeit jemand zu haben, für den sie mütterlih sorgen könnte. Volle Anerkennung verdiente bei der gestrigen Aufführung des Culenbergshen Werks die von dem Direktor es Hendckels als Spielleiter angeordnete fzenishe Wiedergabe. ie in einem uälenden Nachtgesicht zogen die Bilder in ihrer Phantastik vorüber. ls Darsteller des Vincenz glückte es dem Genannten indessen nit immer, si in den Stil des von ihm felbst geschaffenen Rahmens zu fügen; seine Leistung blieb au da Verstandsarbeit, wo tiefaufwühlende L exforderlih waren. Mehr Jnnerlichkeit zeigte Thüa rodtczinsky in der Rolle der Tocter, obwohl ihrem Spiel noch viel Schulmäßiges anhaftet. Durh Schlichtheit der Darstellung fiel Gerhard Bünte als Schreiber Cassian auf. Unter den anderen Dar- stellern sind nochG Jeanette Bethge, die Herren Névy, Klix, Forsch

besonders hervorzuheben.

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