1922 / 148 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 28 Jun 1922 18:00:01 GMT) scan diff

Preußischer Landtag. 156. Sißung vom 26. Juni 1922, Nachmittags 1 Uhr. * {Beticht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *).)

- Gegen 110° int dem äasidi Vize- ‘vräsil ent Sr B Ch und cu D Ele folgende

Mein en! J bin noch nit in der Lage, die Sißung zu eröffnen. will nux mitteilen, daß der Aeltestenrat, der noh tagt, soeben beshlossen hat, die Sißung erst um 21/2 Uhr zu beginnen. wird dann Mlt der Minister des Innern eine Erklärung darüber abgeben, welhe Maßnahmen die preußishe Regierung im u an die Reichsmaßnahmen treffen wird, welhe anläßlih der Gr- mordung des Reichsministers Rathenau getroffen worden sind. Es sind aus bereits einige Anträge nah diefer Richtung eingebraht. Vor- aussihtlich wird nah der Erklärung des Ministers des Jnnern eine Pause von mindestens einer Stunde eintreten, um den Fraktionen enheit zu geben, über die Erklärung und über die erwähnten

Antrâge zu beraten. | * Um 4% Uhr eröffnet Präsident Leiner t die Sihung. Am

‘Regierungstisch ist das gesamte Staatsministerium erschienen.

…. Saal und Tribünen sind stark beseßt.

. Der Präsident bringt zunächst das Schreiben der Landtags- “* fraktion der Deutschnationalen an den Prasidenten 0 Verlesung, * worin gegen sein Verhalten gegenübèr dem Abg. Winckler, dem er in ‘der’ Sonnabendsißung das Wort entzogen hät, Protest erhöben wird; * dieses Verhalten Tiehe direkt mit den elementarsten Forderungen der “Gerechtigkeit in Widersprurch. (Von der äußersten Linken wird die Perle asen) De urs urufe wie „Papierkorb!“ : und ähnliche

_ úntérbrochen.)“ Der Präsident fährt fort: Auf dieses Schreiben « möchte ih erklären, daß die Erklärung der deutshnationalen Fraktion zu: dem am Sonnabend verhandelten Gegenstande in dem Protokoll D der -Sonnabendfißung erscheinen wird. Im übrigen hat sich der : Aeltestenrat mit dem Schreiben beschäftigt und anerkannt, daß in der

außergewöhnlihen Situation des Sonnabends die - Haltung des

Prasidenten erklärlich ersheint und nicht zu beanstanden gewesen wäre.

“Darauf werden die auf der Tagesordnung stehenden Gegenstände abgesest und dafür zur Beratung gestellt: ‘Ein Antxag der Koalitionsparteten, welcher besagt: „Das Staatsministerium wird ersucht, alle Maßnahmen zu er- greifen, die den Bestand des Staates sicherstellen. Der Landtág erwartet sofortige Vorlage der Ausführungsbestimmungen zu ‘den vom Reich erlassenen Verordnungen“. Verbunden damit

‘wird die Beratung über die kommunistischen Uranträge auf

‘Auflösung der Reichswehr, der konterrevolutionären Organi- __ sationen, sowie auf Ämnestierung politischer Straftaten, Verbot “aller Versammlungen von Monarchisteit, sowie Entlassung der _freigewerkschaftlich organisierten Offiziere der Schubpolizei und allet Beamten, die einer kontervevolutionären . Organisation - angehöven. Ferner wird mit der Besprechung verbunden die “große Anfrage der Unabhängigen über das Strafverfahren betr. die Ermordung von Liebknecht und Rosa Luxemburg. Des “Weiteren stehen unabhängige Anträge über die Säuberung der ““Schupo und Wehrmacht von .mo»:avchistishen Elementen und über die Angliederung von Verbänden der Mitglieder der ge- ¿wêrkschaftlichen Orgnisationen an die. Shupo für die Dauer des Ausnahmezustandes zur Besprechung. | __Ministerpräsident Bra u n : Meine Damen und Herren! Be- vor Sié in die Erörterung des ersten Punktés der Tage8ordnung , eintraten, lüssen Sie mich -dem- tiefen Abscheu und der Entrüstung “bex bie feige Mordiat Ausdruck geben, dur dié einér der “Besten unseres Volkes dem Leben entrissen wödrdew „ist, Die “Reichsregierung hat einen ihrer fähigsten Mitarbeiter, “die Republik hat ihren bisher erfolgreihsten Außenminister ver- “loren. Dieser Schlag, gegen das Reich gerichtet, trifft mit gleicher Wucht ‘die Länder und somit auch Preußen. Denn die Länder sind auf: Gedeih und Verderb mit dem Reiche verbunden. (Sehr rihtig! links.) ‘Es ist Hier nicht meine Ausgabe, die Verdienste Rathenaus eingehend zu carakterisieren; das ist bereits an - anderer Stelle aus berufenerem Munde geshehen. Nur das éine ‘gestatten Sie mix zu sagen: kaum jemals ist der Wahnwiß derer “YAarér in die Erscheinung getreten, die glaubén, mit der Waffe des politishen Meuchelmordes dem deutshen Volke ‘helfen zu - können, als. bei der feigen Mordtat an dem Außenminister Rathenau. (Lebhafte Zustimmung link3.) Kaum jemals hat sich ein Mann _so hingebend in. den Dienst seines Vaterlandes gestellt wie dieser “Mann. Untex Hintanseßung seiner persönlichen Neigungen und _ Futeressen ist ex dem Rufe der Reichsregierung gefolgt und hät ' das -noch nie so undankbar wie jeßt gewesene Amt’ des deutschen “Außenministers übernommen. Gerade seinem Kapital an per- sönlihem Vertrauen, das er im Auslande genoß, und seiner ‘außerordentlihen Fähigkeit, andere zu verstehen, objektiv und “ruhig - zu urteilen, ist es zu danken, daß die Atmosphäre des " giftigen Hasses, die im Auslande bisher bestand, mehr und mehr zurückgeht. Seiner sahkundigén Tätigkeit ist es zu ‘danken, daß ¿wix endlih auch die übrigen Völker auf den Weg bringen, dêr «¿noëwendig gegangen werden muß, um das ruinöse Versailler Friedensdiktat zu beseitigen. Gerade diesen Mann mußte die * Kugel des feigen Meuchelmörders treffen. Dieser Mann, der bis- hex hon für das deutsche Volk in seiner kurzen Dienstzeit, wenn „1: von seinen. wertvollen Diensten während der Kriegszeit- absehe, ! so viel geleistet hat, und von dem das deutsche Volk noch so viel hoffen konnte, wurde gerade jegt mitten in dieser für das deutsche ‘Völk so außerordentlich erfolgreihen Tätigkeit uns entrissen! d Meine Damen und Herren, auch dieser Fall zeigt wieder, wie "weit es mit dem deutschen Volke ‘gekommen ist, wte der Wahnsinn ‘in unsern Eingeweiden wühlt, was die verwildernde Wirkung des , Krieges inden Köpfen verblendeter Menschen angerichtet hat. (Sehr wahr!) Man muß mit Recht die Frage aufwerfen: soll das fo weitergehen? Der Mord an Rathenau ist’ ein neues Glied in “der. Kette der politishen Morde, die wir leider in den leyten Fahren bei uns in Deutschland erlebt haben. Meine Damen und «Hérren, wir haben früher au bei uns in Deutschland sehr er- | _bitterte politishe Kämpfe gehabt, aber das hat zumeist das ¿politishe Leben Deutschlands vor dem anderer Länder aàus= ' ‘* gézeichnet, daß der politishe Meuchelmord bei uns, nit zur land=- ‘läufigen politischen Waffe geworden war. (Lebhafte Zustimmung | links.) Es war den Kreisen, die politish ganz rets stehen, vor- ¿behalten benn zu. denen gehören zweifellos diese Mordbuben : (lebhafte Zustimmung links) diese s{himpfliche Waffe in den ‘politischen Kampf in einer Zeit einzuführen, wo die politische * Freiheit, die Möglichkeit freier politisher Betätigung so groß ge- “worden ist wie nie zuvor. (Sehr gut! Sehr wahr! links.) Das _+xharafkterisiert diese Kampfesweise als noch verwerflicher, |

its 1Snahme der dur Sperrdruck hervorgehobenen Reden

- muß:

Meine Damen und Herren, ih: sagte hon: wir müssen uns die Ftage vorlégen, ob es so weitergehen soll. Wir“ müssen natür- lich im Fnteresse unseres Vaterlandes, das geradezu der Katastrophe entgegengetrieben wird, went es so weitergeht, den Kampf mit den Movdbuben aufnehmen, die zweifellos Glieder einer weitverzweigten organisierten Verbreherbande sind (sehr wahr! links) und niht nur den Kampf mit diesen verwilderten und verblendeten Werkzeugen einer irreführenden Politik, sondern den Kampf auch mit allen denen, die diese Mordbuben unter- stüben. (Sehr richtig! links.) Denn nah dér ganzen Ausführung dieser Mordtat unterliegt es keinem Zweifel, daß diese Mord- buben Unterstüter und Begünstiger in weitestem Umfang be- sien. (Zurufe links.) s

Niemals hätten die Mordtaten in diesem Umfang und mit so grausigem Erfolg durhgeführt ‘werdén können, wenn die Ver- über dieser Mordtaten nicht eine so weitreihende Unterstüßung in einem engen Neb: von Organisationen erhielten, wie wir sie leider in Deutschland jezt zu verzeihnen haben. (Sehr richtig! links.) Aber niht nur gegen ' diejenigen, die ‘diese Mörder bei ihren Schandtaten begünstigen und unterstüßen, sondern auch gegen die- jenigen, die die reihlichen Mittel zur Verfügung stellen, über die diesé Leute zweifellos verfügen, muß mit aller Entschiedenheit ein- geshritten werden. (Sehr richtig! links.) Diese Kreise solltew. si einmal überlegen, ob sie. ihrem Vaterland wirklih einem guten Dienst erweisen, . wenn sie ihre reihen Mittel dazu verwendén, derartige Burshein zu unterstüßen und zu unterhalten.

“Aber nicht nur denjenigen, die diese Mordbuben so direkt unterstüßen, sondern auch vor allen Dingen muß der Kampf denen gelten, die durch ihre ganze politische Agitation, durch ihre. ganze rüdcksihtslose, gewissenlose Verhezung erst gewissermaßen die Atmosphäre ge- schaffen haben, in der sölhe Mordtaten gedeihen können. (Sehr richtig! links. und Rufe: Baecker! Wulle!) Wir haben nie eine solhe Verwilderung der politishen Sitten erlebt, wie wir sie jeßt Leider shaudernd erleben müssen. Jh habe einleitend schon bemerkt: Wir haben sehr heftige politishe Kämpfe in Deutsch- land in früheren Jahrzehnten durchgeführt, aber derartige Ver- 'wilderung, wie sie jeyt in die politishe Debatte eingeführt wurde, haben wir bisher niht erlebt, und zwar von Kreisen zum Teil, die sih auf ihre shöne' Bildung, guten Sitten und ihren Anstand etwas. ganz Besonderes zugute halten. (Sehr richtig! links.) Man mag die jehige Staatsform . bekämpfen, man mag auch ihre Repräsentanten "bekämpfen, sachlih, mit aller Schärfe, aber die Art, wie in den lehten Fahren und auch besonders in den leßten Monaten der persönlihe Kampf gegen die Vertreter der Republik, gegen die regierenden Minister geführt worden ist, läßt ‘alles im Schatten, was jemals in einem Lande auf dem politishen Kampf- boden geleistet worden ist. (Sehr richtig! links.) Jch spreche hier aus: Es muß um- die Sache derex-. und die Werbekraft ihrer Sache, ‘die mit solhen- Mitteln, mit Mitteln dex persönlichen Ver- unglimpfung der Minister der Republik arbeiten, sehr \{le{cht ‘bestellt. sein, wenn sie si dieser niedrigen Mittel bedienen müssen. (Lebhafte Zustimmung links.) Wer. Vertrauen zu der Güte seiner politishen Sache hat; hat e&nicht! nötig, die -Vertvretèr ‘eines anderen ‘poslitishen Systems: petsörilich - in“ der’ ‘niederträthtigsten Weise- heräbzitseßén, “wie “es ift“ déi: Teutén: Möttäten itber Préfse und“-tn óffentlihen Versammlüngen - gesehen ist. (Nufe links: Und abzuschießen!) A

Diese feigen Mördtaten, wie wir sie shaudernd jeßt erleben, sind das Ergébnis diéser in{cmen persönlichen Hebe, die gegen die führenden Politiker der Republik getriebewm. wird. Wir werden daher auch mit ller Schärfe den Kampf mit ‘denen aufnehmen müssen (lebhafte Rufe: Aber wirklih!), die glauben, niht anders kämpfen zu können als durch persönlihe Verleumdung und Ver- unglimpfung der Vertreter der Regierung. (Lebhafte Zurufe von ‘den U. Soz.: Die Botschaft hör’ ich wohl!)

Jch möchte insbesondere von dieser Stelle aus an diejenigen Organe der Behörden, die es angeht, auch die Worte rihten, daß sie \sich ihres Eides auf die republikanishe Verfassung - jèderzeit bewußt fein mögen in dem. Kampf, den wir gegen die politischen Gruppen führen müssen, die glauben, des Meuchelmordes als politishew Wêrlzeuges niht entbehren zu können.

Meine Damen ‘und Herren, Jhnen sind die Maßnahmen, die die Reichsregierung in Einvernehmen mit - der preußischen Regierung zur Bekämpfung: der die öffentlihze Sicherheit ge- fährdenden Zustände getroffen hat, bekannt. Déèr Herr Minister

des Jnnern, der zuständige Ressortminister, wird im einzelnen

Jhnen- noch darlegen, in welcher Weise wir, die preußishe Landes- zentralbehörde, beabsichtigen, diese Verordnung auszuführen.

‘Meine Damen und Herren, es unterliegt keinem Zweifel, daß

dieser Kampf, soll ér Erfolg haben, soll er die politishe Atmosphäre Deutschlands, die so furchtbar vergiftet ist, endlih reinigen, mit aller Rücksichtslosigkeit und mit allem Nachdruck geführt werden (Sehr richtig!) Wir- rufen daher alle Parteien und alle Stände des Volkes, die sich noch ein Gefühl für politishen An- stand und politishe Würde und ein Junteresse für unser unglüdck- liches deutshés Volk ‘und unfer deutshes Vaterland bewahrt haben, auf, die Regierung in diesem Kampfe zu unterstüßen. (Lebhafter Beifall.) Meine Damen und Herren, wix kommen in die unhaltbarsten Verhältnisse hinein, wenn dieser Kampf, der jeßt entbrannt ist, und .der mit so vergifteten Mitteln geführt wird, weitergeführt wird. Gs müssen daher, so bedauerlih es ist, auch für einige Zeit gewisse verfassungsmäßige Freiheiten außer Kraft geseßt werden, es muß mit Mitteln gekämpft werden, wie

ih sie sonst im politishen Leben niht für erwünscht halten kann.

Jch möchte darüber keinen Zweifel lassen, insbesondere den ausführenden staatlihen Organen draußen keinen Zweifel lassen, daß dieser Kampf sich lediglich gégen die rechtsgerihteten radikal-politischen Gruppen richtet (lebhafte Zustimmung links Zurufe), daß dieser Kampf

sih gegen jene rechtsgerihteten Gruppen zu richten hat, die |

einerseits die politishen Meuchelmörder begünstigen und unter- stüßen, und gégen die, die durch ihre ganze vergiftende Agitation die Atmosphäre für diese Schandtaten schaffen.

._ Meine Damen und Herren, es wird auch noch notwendig

sein, außer den Verordnungen der Reichsregierung noh “dur

geseblihe- Mäßnahmén Preußens diesen Kampf zu unterstüßen. ae rihtigl) Jh hoffe, daß Sie der Staatsregierung bei diesem rgehen im we Urnfange die Unterstühung leihen werden;

der Kampf, der jeyt geführt werden muß, unter der Parole: Kampf gegèi alle ' Feinde "ver Republit fee ‘sie, wi

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Br adaiifen di pm a hci id R A R wes S dit Manai da ani e Aen «ola bid

Minisier des Junern Sevëring: Meine Damén unÿ Herren! Ehe ih Jhnen die Ausfühurngsbestimmungen Preußens zu der Verordnung des Reichspräsidenten bekanntgebe, gestatten Sie mir zux Ergänzung der Ausführungen des Herrn Minister präsidenten noch einige Bemerkungen. Der Herr Ministerpräfident hat von dem entsehlihen undn unerseßlihen Verlust gesprochen, der der deutshen Außenpolitik und dem deutschen Wirtschaftsleben ent standen ist durch die Ermordung des Außenminifters Rathenau. Es ist aber nicht allein der Mensh Rathenau aus dem Leben geschieden, e3 ist nicht nur eine Vakanz auf einèm wichtigen Außenposten: des Reiches eingetreten, sondern es mehren sich auch heute schon die Anzeichen dafür, daß diesér Mord unser Wirtschaftsleben fast in den gleichen Umfange zu shädigen droht wie im März 1920 der Kapps Putsch. (Sehr wahr! links.) Jn diesent Augenblick tagen in Berlin die Vertreter der“ Bergarbeiterorganisation, um über Ans nahme oder Ablehnung des Lohnabkommens und des Ueberschichten« abkommens zu beraten. Jch habe die Hoffnung, daß die Beschluß fassung über das ‘Lohnabkommen zu einem positiven Ergebnis führen und uns dadurch einen großen Streik der Bergarbeiter aller Richtungen. ersparen wird. Jch habe aber leider niht mehr die Hoffnung, daß die Vertreter der Bergarbeiterorganisationen dem Uebeshichtenabkommen zustimmen werden. (Bravo! bei den. Koma munisten.) Je habe mi gestern auf Ersuchen des Neich8arbeitsa ministeriums mit verschiedenen Vertretern der Bergarbeiterverbände in Verbindung gesebt und habe in ähnlichem Sinne schon: vör “eirt paar Tagen votgefühlt, ob und in welchem Ausmaße Neigung bei den Bergarbeiterorganisätionen besteht, den Anforderungen. des Außenministers, des. Wirtshaftsministers- und des Reichsarbeits- ministers auf Leistung von “Ueberschichten zu entsprechen. Por einigen ‘Tagen noch waren die Aussichten gerade nihk ungünstig; nah der Ermordung Rathenaus besteht keine Aussiht mehr, daß das ‘Uebershihtenabkommen zustande kommt, (Hört, hört!)

Meine Danten ‘und Hérren! Wenn, wir auch nur den ètnst« hâften Versuch der Erfüllung dexr Reparationen in bezug auf. die Kohlenlteferungen machen wollen, und wenn wir außerdem unser Wirtschafts]eben in Gang halten und auch nur einigérmaßen dié Bedürfnisse des Hausbrands im nächsten Winter befriedigen wollen, dann bedürfen wir der Mehrleistungen ‘der Bergarbeiter. Wenn wir unter einer Ablehnung der Bergarbeîtervertreter im nächsten Winter in unserm Wirtschaftsleben und in der Bequemlichkeit ‘der Haushaltungen leiden müssen, dann ist das einzig und allein auf das Konto der Verbrecher zu schreiben, die jeßt wieder das Land in große Gefahr gebraht haben. (Zuruf bei den Kommunisten: Schicken Sie die Bande doch in die Bergwerke!)

Aber, meine Damen und Herren, das ist niht die einzigs Gefahr, die im Augenblick droht. Behördenvertreter haben mir heute früh berihtét und Parteienvertreter telegraphisch gemeldet, daß wir in Schlesien in diesem Augenblick nicht tur eine ober- \{chlesishe Frage, sondern eine \{lesishe Frage im allgemeinen zuw lösen haben. Versprengte Selbstshußkolonnen (hört, hört! links) untd andere rechts. gerichtete Organisationen haben die Ruhe: und Ordnung in: der Provinz Schlesien. im allgeminen devart unter- „graben: (hört, hört! links), daß selbst die Vertretèr der sozialdemo-

- kratishen Partei beim. preußischen Stäatsmirtisteriünt und bei den

zuständigen- amtlichen: Stellen. des Réichs- vorstellig gewordén find, dén Ausnahmezustand füx. Oberschlesien zu verkünden. (Zuruf bei den. Kommunisten: Warum haben Sie niht auf die Warnungen gehört?) Jch teile lediglih das Ersuchen dexr Parteiführer mit, Was zur Bekämpfung der Gefahr, die jeßt durch die Verhängung des Ausnahmezustandes beseitigt oder gemildert werden sollte, getan werden konnte, das ist, wie ich Ihnen heute {hon verraten zu können glaube, getän. JFch habe Jhnen das lediglih ausgeführt, um zu zeigen, daß wir niht nur den Tod des Menschen und Staatsmanns Rathenau zu beklagen haben, sondern daß zu befürchten steht, daß in der nächsten Zeit dem deutshen Wirtschaftsleben 'noch shwere und, wie ih fürchte, unheilbare Wunden geschlagen - werden. Der Herr. Ministerpräsident hat {on ausgeführt, daß die Preußische Staatsregierung fest entschlossen ist, der Ausführung der. Ver«4 ordnung des’ Reichspräsidenten Nachachtung zu verschaffen. Jch habe als der zustäidige Ressortminister bereits gestern abend vor der Rechtskraft der Verordnung des Reichspräsidenten mit den - zu4 ständigen Stellen die Ausführungsverocdnungen durhberaten, und wertn wir heute in dem gemeinschaftlichen Urantrag der Vertreter der Koalitionsparteien qufgefordert werden, die Ausführungs- bestimmungen vorzulegen, so kann ih Jhnen mitteilen, daß diese Ausführungsbestimmungen schon heute früh den Oberpräsidenten und! den anderen Behördenvertretern im Lande zugestellt sind. (Zuruf bei den Kommunisten: Da sind sie gut aufgehoben!) Meine Herren, ih bitte Sie, ‘mir doch einmal anzugeben, wie Sie sih sonst die Durchführung solcher Bestimmungen denken. (Zuruf. bei den Kom« muünisten: Das werden Sie. hören!) Die Ausführungsvorschriften haben folgenden Wortlaut: :

Bekanntmachung des Ministers des Innern vom 26. Juni 1922 zur Ausführung der Verordnung des |Reichspräsidenten zum Schuhe der Nepublik vom 26. Junk 1922. Die Verordnung des Reich8präsidenten ist im Sinne der in ben Verhandlungen des Reichstags vom 25. Juni 1922 vom Reichsjustizminister ‘namens der Reichsregierung - abgegebenen Cr» klärung zu handKkaöen. S E Jch bringe diese Erklärung zur Verlesung: E e Die Verordung des Reichspräsidenten ist aus einer Notlage __erwabsen, die durch Ausschreitungen und Kundgebungen rechts radikaler Kreise entstanden ist. Jrgëndwelcher Anlaß zur Besovgnis linksradikaler Aus\{hreitungen liegt nit vor, Eine Verordnung, dié sih auf ‘bisher gar nichk vorliegende linksradilale Aussckteitungen mit erstreken würde, würde mit den Geist * des Artikels 48 dey Reichsverfassung nicht im Einklang stehen, der eine bereits vorliegende erheblihe Störung dev öffent« lihen Ordnung fordert. Besorgnisse der Arbeitevschaft, daß auch diese Verordnung zwar gegen den Rechtsradikalismus gerichtet. sei, aber nachher auch nah links angewendet wérden: würde, find völlig unbegründet. Die Fassung „Gewalttaten gegen die republikanische Staatsform“ ist nah eingehender Prüfung gewählt worden, um klarzustellen, daß rechtsrdikale Ausschreitungen gemeint: sind. * ch glaube, daß nach dieser klaren Bestimmung (Abg. Schulz [Neu»

_ölln]): Die Rote Fahne nicht -beschlagnahmt werden durfte! Sehr

gut bei ben Kommunisten) die provingialen Behörden gay nicht im

Zweifel ‘sein fönnèn, in welhem Sinne die Ausführungsvorschriften

Außer ber Lmnbeszenkralbehörbe sind. zu Maßnahmen äß §8 1 7 wir bereits am Sonnabend Ausdruck ge

und 9 der Verordnung die Oberpräsidenten, für den Bezirk? der Stadtgemeinde Groß Berlin der Polizeipräsident, zuständig (vgl. § 2 Absah 1 dêr Verordnung). 2 N 2, Die Oberpräsidenten bzw. der Polizeipräsident in Berlin haben alle Vorkehrungen zu. heffen, die zu ihrer -rechtzeitigen Unterrichtung über Versammlungen, Aufgzüçe und Kundgebungen von Vereinen - und Vereinigungen der in § 1 der Verordnung bezeichneten Art sowie über gemäß § 9 der Verordnung ergehende Gerichtsbeshlüsse erforderli sind. c 3. Von jedem Verbot auf Grund des § 9 der Verordnung ift miv Anzeige zu machen; soll- von einem Verbot Abstand genommen werden, so bedarf es meiner Cimvilligung.

n (Zurufe bei den Kommunisten: Was heißt das?)

Es ist darauf hinzuwirken, daß die Beschwerde gleichzeitig in einem _zweitèn Stück dem Oberpräsidénten bzw. dem Polizeipräsidènten

* - in Berlin, gegen dessen Verbot \sih die Beschwerde richtet, einz

gereiht wird. Der Oberpräsident bzw. Polizeipräsident in Berlin hat die Beschwerde mit feiner Stellungnahme bes{leunigt an mich weiterzugeben.

: .. Das sind die Ausführungsvorschriften zu der ersten Verordnung des

Herrn Neichspräsidenten. Die andere Ausführungsvorschrift hat folgenden Wortlaut: ___ „Bekanntmahung des Ministers des Jnnern vom 26. Juni :1922 auf Grund der Verordnung des Neichspräsidenten über das Verbot bestimmter Versammlungen vom 2%. Juni 1922. Alle Regimentsfeiern und andere Versammlungen von Angehörigen ehe- maliger Truppenteile werden bis auf weiteres- verboten.

Verboten werden ferner die für den 28, Jum 1922 geplanten Veranstaltungen zur Erörterung der Annahme des Friedens- vertrags und damit zusammenhängender ‘Fragen.

(Abg. Schulz [NeuköUn]: Das war sehr nötig!) Ich freue mich, einmal auch Jhre Zustimmung gefunden zu haben (Heiterkeit. Abg... Scholem: Ja, es mußte erst ein Mord geschehen!) aber des- wegen ist die Freude um so größer. °

Ich darf zu der Bekanntgabe der Ausführungsvorschriften noch ein ganz kurzes Wort sagen. Bei der preußishen Staatsregierung und besonders bei meinem Ressort hat es nicht der Anrégung bedu?ft,

i “den rechtsgerichteten Kreisen die ganz besondere Aufmerskamkeit der

Polizeibehörden zu \{enken. Wenn heute die Blätter zu melden

“wissen, daß zwei Mitglieder der Organisation Consul verhaftet

“worden sind, dann ist diese Verhaftung auf die Tätigkeit der preußishen Polizei zurückzuführen. (Zurufe bei den Kommunisten.) Sie dürfen aber, wenn Sie uns nicht zumuten wollen, Preußen in einen Polizeistaat zu verwandeln, nicht von uns verlangen, die Polizeibehörden mit der allergrößten Willkür auszustatten. (Sehr rihtig!) Alle Maßnahmen, die wir bisher treffen konnten, und die wir bisher getroffen haben, mußten stch auf klare gesebßlihe Be-- stimmungen stüßen.

Jch habe gelegentlih der Beratung meines Etats keinen Zweifel

“darüber gelassen, daß ih aus außen- und innenpolitishen Gründen

‘Augenblick für sehr gefährlih halte.

“die Häufung der Regimentsfeiern und ähnlihe Veranstaltungen im (Sehr richtig!) Jch hätte mi mit diesem Bedauern nicht begnügt, sondern wäre. von. Polizei wegen gegen diése "Feierlichkeiten eittgeshtittten,- wen ih damals wdie geseßliche Handhabe gehabt hätte, Jch habe. vor der Ermordung

“"* Rathenaus mit dem Herrn Reichskanzler über die Notwendigkeit ähn-

licher Verordaungen, oie sie jeßt erlässen worden sind, tonferiert, und ih habe feststellen können, daß sih au in deti zuständigen Reichs stellen die Erkenntnis Bahn gebrochen hatte, daß man die Pro- vokationen der Republik und ihrer Vertreter. insbesondere . der

- Minister des Reichs und der Einzelländer niht mehr ruhig hin-

nehmen dürfe, die Provokationen, die besonders anläßlih dieser Nogimentsfeiern an der Tagesordnung waren.

Meine Herren, wenn unter Beteiligung derjenigen Einrichtungen, die zum Schuße der Republik und der demokratishen Einrichtungen der Verfassung berufen sind, Kriegervereine in Potsdam nah dem Antiken Tempel pilgern und am Grabe der Kaiserin Kränze nieder-

: Tegen, um zu demonstrieren, daß diese Angehörigen der chemaligen Regimenter nicht ablassen vom monarchistishen Gedanken, dann will

‘8 ih durchaus nichts gegen die Huldigung der Kaiserin, gegen die Pietät

sagen, die sih in diesem Akt ausdrückt. Wenn es abev soweit geht,

‘daß das geschieht unter der Beteiligung von Einrichtungen dev

"_ Nepublik, damn is es notwendig, daß die vorgeseßten Stellen sich

darauf besinnen, daß sie in diesen {weren Zeiten den Schuß der Nepubli? zu übernehmen haben. (Sehr wahr!) / Meine Herren, Sie dürfen sich darauf verlassen, daß die Ver- \ ordnung des Reichspräsidenten, soweit Preußen in Betracht kommt, * niht auf dem Papier stehen bleibt (Lachen bei den Kommunisten!), * nicht nur Ausführungsvorschriften bleiben. Sie dürfen sh darauf . verlassen, ‘daß das, was hier als Richtschnur vorgeschrieben is, was : uns ‘hier als Rechbsboden gegeben ist, benußt wird, um den rechts- gerichteten Kreisen die Erkenntnis beizubringen, daß Attentate, daß Aus\hreitungen derart, wie wir sie in den lehten Monaten zu be- .Flagen hatten, niht geeignet find, die Republik in ihren Vesten zu erschüttern, Jh spreche, wenn ih von rehtsgerihteten Kreisen spreche, “nicht von einer bestimmten politishen Partei. (Zurufe links: Nanu!) Sch \prehe von jenen Wahnsinnigen, von jenen Verbrechern, die si gelegentlich mib einer parteipolitishen Güifette zieren, um einen politischen Untershlupf zu finden, die ih aber mit keiner politischen Partei identifizieren möchte. (Zurufe links,) Diesem Verbrechertum an der Kampf der preußishen Regierung, und er wird erfolgreich eiben. Zwischenrufer, rihte ih die dringende Bitte: wenn Sie uns in diesem Kampf unterstüßen wollen, dann dürfen Sie niht mit den Zweifeln und niht mit dem Mißtrauen kommen . (Zurufe bei den Kommuttisten), die aus Ihren Ausführungen klingen, Sie haben

fein Necht, diese Erklärung anzuzweifeln. Es gibt Dinge, über die

man nit redet, sondern die man ausführt. (Erneuter Zuruf rechts.) Wenn ih Ihnen im einzelnen das klarlegen wollte, was. vor

der Verorbnung des Reichspräsidenten von meinem Ressorts alles .

getan worden ist, um die Gefahr von rechts zu bekämpfen, ih habe die leise Hoffnung, daß ich selbst einige der Verstocktesten' von Shrer Seite überzeugen würde, daß {on vorher alle Maßnahmen ge- troffen waren, die Sie auch von den- Hütern des Staats verlangen. (Wiederhclte \türmishe Zurufe bei "den Kommunisten.) Die Republik ist in ihrem Bestande geshüßt, wenn alle, die sich zur

Republik bekennen, in diesen weren Tagen zusammenstehen, (Leb-

hafter Beifall.) j Ls Abg. Heilmann (Soz.): Unserer tiefen Empörung über das Mordgesindel, dem Rathenau zum Opjer gefallen ist, haben

is ut, N L nik an aid eei ms At am ei

«Fudenheßze, die in den wüstesten gemeinstèn erflärt worden ist,

: ein neues Gericht über

“her müssen auch die Abwehrkräfte des Staates über die

(Zurufe bei den Kommunisten.) Anw Sie, meine Herren, |

Reichstage die großen Verdienste“ dieses WMenhes von berufener Seite ge]hildêrt worden, auch seine politishe Bedeutung haben der Reichskanzler und die Redner der Mehrheitsparteien im Reichs- tage in helles Licht geseßt. Das politishe Motiv und die politische Entstehungsgeschichte dieser Mordtat stehen außer allem Zweifel. Die furchtbare Lage, ‘in die“ Deutschland durch den verlorenen Krieg gebracht Me Ie eine gewissenlofe Heze jahrelang aus-

nußt worden, um diese Mordstimmung zu erzeugen. Eine Frivole h Ï ormen, ‘und selbst in ihren brutalen Auswüchsen von deutshen Gerichten für straffrei L) hat den Glauben geschaffen, daß jüdiiche Staatsmänner an der Spiße des Staates vogelfrei Fu: ie. lange ist es denn her, daß die Deutshnatioualen im Reichstag in einer on zu wissen verlangten, wieviele Juden bei der deutshen Delegation in Genua waren, von ‘denen thenau ‘einer war? Fn München forderte diese Hehe in Eisner das erste Opfer, Rathenau ist das ziveite, und wenn die Republik nicht mit äußerster Strenge vorgeht, ist er vielleiht niht ihr leßtes Opfer. Diese Pg, Uo in gie sorgfältigen Vor- bereitung au sür die Flucht der Tigen örder ward nur dadur mögli, daß hinter diesen Mördern organisierte Mörderbanden stehen. Unser Kampf hat. niht nux diesen Mordorganisationen zu gelten, sondern auch denen, die ihnen das Geld und: den Geist liefern, wenn man bei dieser gemeinen unwürdigen Heye das Wort überhaupt gebrauchen kann, jeyt klommt alles drauf an, was ivir tun wollen, um der Gefahr zu begegnen, nur klare und feste Entschlüsse mit praktishen Maßnahmen zum Schuße der Republik und gegen ihre mörderishen Feinde bringen uns vorwärts. Was getan. werden fann, das haben wir mit größter Beschleunigung, ernstester Sachlichkeit und mit unbeugsamer Energie zu erörtern und zu tun. Die Verordnungen des Reichspräsidenten sind in ihrer Bedeutung und Tragwêèite gestern vom Reichsjustizminister flargestellt worden, sie sollen die monarchistishen Geheim- organisationen, sie sollen die Presseheße treffen und sie - shaffen den völlig vexrjagenden. - preußischen Gerichten. Da hät die Verordnung unseren vollen Beifall. Die Mörderorganisationen arbeiten aber mit großen Geldmitteln, da-, zum Kampf gegen das monarchistishe Verbrechertum nötigen Geld- mittel verfügen, die Regierung muß auch hier gegen die Ueber- macht des monarcistishen Kgpitals Vorsorge treffen. . Wie Bismarck in ähnlicher Situation das Vermögen der Welfenkönige beshlagnahmte, sollte man jeßt das Hohenzollerivermögen zum Kampf gegen die Feinde der Republik verwenden. Die -Ber- ordnung muß in Preußen streng ua rg und ihre Durh- führung durch den Minister auf das jorgfältigste überwacht werden. Was soll man dazu sagen, wenn gestern der Bürger- ew und der Landrat von Torgau und der Regierungspräsident in Merseburg eine Versammlung unseres Kollegen Prof. Waentig verboten haben, weil der „Stahlhelm“ gleichzeitig in. Torgau eine Versammlung abhielt (große Bewegung und Zurufe links). Wir brauchen Exekutivorgane, welche zwishen Anhängern und inden der Republik zu unterscheiden wissen. Die Verordnungen sind ein erster guter Schritt auf dem rihtigen Wege. Aber die Zustände in der Reihhswehr erfüllen uns mit ernsterer Sorge als den gegenwärtigen Reihswehrminister. An den Regimentsfeiern hat die Reihswehr amtlih teilgenommen: Durh eine ungeschickte

Geseßgebung AnbbeeA

lichen Republikaner hinaus8gedrängt und sie ganz in die Hände rehtsgerihteter Kreise gegeben. Fn das Reichswehrministerium „gehört ein Mann, der Sicherheit gibt, daß die Säuberun der

eihwehr vorgenommen wird. In Preußen handelt es sihch vor allèm U n Pu r die Tate 8 E Diisien VFnnern hat. seine: Ausfühxungsvorschristert [chou gestern erlasjen, das Justigministettum ust hamit. A A dénn es hát ja den @ämtlihen Wortlaut der Verordnungen es ‘hêûte Nach- mittag erhalten. Daxan ‘erkètint man. det. großen” Ukitéxschied zwischen dei Geist dexr neuen Zeit und dem des alten ' búureau- kratishen: Schlendktians. ebt muß ein ganz neues Sondergericht zum EMANe der Republik eingescht / werden? Nach unserem Willen sollten die ordentlichen Gerihte dazu berufen sein, aber dazu gehört eine gründlihe Reform dieser Gerichte. (Zuruf links: Keine Mummelgreise!) Aus der Schußpolizei müssen ebenfalls alle unzuverlässigen Elemente beseitigt werden. Wir brauchen ein neues Disziplinargeseß, welches die sofortige Entfernung aller Beamten vorsieht, welche direkt oder indirekt am Kampf gegen die Republik teilnehmen, wir brauchen ein - neues Di ziplinar- verfahren, welches die Rechte des Staates gegen politis une treue Beamte energisch wahrnimmt. Eine Amnestie für politische Gefangene ist gestern im Reichstag angekündigt und dabei die Hoffnung ausgesprochen worden, daß die Länder sie wirksam er- gänzen werden. So rash wie irgend möglich muß die Amnestie auch in Preußen in weitestem Umfange Geseß werden (Zurufe von der äußersten Linken). Gemeine Verbreher haben damit nichts zu tun (stürmishe Pfui-Rufe und lang anhaltende Unter- brechung der Kommunisten). Die Autorität der Eten Geseße muß sih in dem Beamtenkörper der Republik mit aller Kraft durchsezen, auch gegen die wüste Hehe der extremsten Rechten. Die Deutshnationalen haben gestern dur Herrn Hergt eine Erklärung veröffentlichen lassen, daß auch sie nur den Kampf. mit geschlichen Waffen führen wollen. Ein Wort des Herrn Hergt ist kein Wort. Am 13. März 1920, am Tage des Kapp-Putsches, war ih mit ihm zusammen, er führte mih aus Fenster und fragte mih: Sieht das nah Generalstreik aus? Sehen Sie nicht, daß Kapp die ganze Macht in Händen hat und daß Sie nihts Besseres tun können als mit ihm gu „gehen? Seit dem Tage weiß ih, daß die Deutschnationale Partei nur auf den geglückten Anschlag wartet, aber den mißglüdckten von sich ablehnt, Und die Organisationen des Landbundes führen gegen die Republik die offene Sprache des politischen Hochverrats, sie verkünden den enen Widerstand selbst gegen den geseßlichen wang mit allen Mitteln. Gegenüber einer solchen Hebe muß der Staat sich ausreichende Machtmittel schaffen. An dem einen Tage, derx seit der Ermordung Rathenaus vergangen ist, sind uns ganze Berge von brieflichen Mitteilungen zugegangen, daß die Beamten des Staates sih über den Ermordeten in der gemeinsten Weise geäußert haben. Ein Landrat in Schlesien hat bei der Nachricht von dec Ermordung Rathenaus gesagt: Gott 6 Dank, daß der Jude verreckt ist. (Rufe dex Entrüstung links und n der Mitte.) Ein anderer Staatsbeamter, dex den Anschlag der Reden des Reichskanzlers und des Rei R Le zu vetr- anlassen hatte, hat gesagt: Diesen Wish soll ih jeßt auch noch an-. BIEE ine Sekretärin im Auswärtigen Amt, die von Rathenau selbst angestellt ist, hat geäußert: Gott sei Dank, daß ein Jude weniger ist (Stürmischer Ausbruch der Entrüstung links), und so ht es weiter bis zu jener unglaublihen Bekanntmachung des arteibüros der Nationalsozialistishen rtei in München: Rathenau ist tot, aber Wirth, Ebert und Scheidemann leben noch.. Mit Feuer und Shwert müßte man n solche Elemente vor- hen. Ein sharfes Einschreiten mit sharfen. Geseven scheint uns, bie rderung des 8, Am Sonnabend und gestern hat man gerufen: Die Republik ist in Gefahr! Jch hoffe, diese Befürch- tung ist unbegründet, die Republik ist zu fest in den Massen des- e en T Angantec. 0E O e A A muß

8 Wort itpp Ï ten: nw 1 en O. hab ich zu fürchten. aufgebört. (Lebhafter Beifall.) Rathonaw selbst hat nah seinem Abgang x Wieder-

aus dem Ministerium

aufbau zu einem Freunde geäußert, als Minister habe er ja do:

nur eine sehr beshränkte Zeit zu leben. (Hört, Sri Wir müssen den Mordatist berwinden, wir müssen. die Republik vor den a e F rstellen. Für die kratische Raps s als Einheitsfront das ganze fretheitli nte werktätige Vo

eintreten. Darum gerade bedauern wir jehr Jhre (zu den Kom- muntisten) törihten Zwischenrufe und Angriffe (großer Lärm be

(T1)

n. Seitdem sin im 7 Es ‘haben zwischen ber beißen" sozialbdemo ei Kommunisten, des ADGB. t R gemeinsames Vorgehen stattgefunden, es wäx verei or Mittwos uit sespstandig vors

i int ront sih verwirkli _solhe Verabredu Ee / i und’ aus ihrem Verhalten uns gegenüber. Kehren Sie zur Ver= “nunfst zurück und leisten Sie“ niht in dieser Stunde zur Freude ( Verteidiger der Republik untereinander Vorshub. Wir brauchen eine“ Einheitsfront, die nicht nux dasteht, sondern die marschiert und handelt. 24 zur Tat! kflatshen bei den S

über die Alleinshuld Deutschlands am Kriege gern zu um eine man Meier-

Unter andauernden Zwischenrufen der Linken sind aus den führungen des Redners nur einzelne Teile verständlih. Die ver-

sind die Farben der Reihswehr R : . das muß im Interesse der NReichswehr selbst ur sogenannte Entpolitisierurig hat man: aus déx Reich3wehr alle. ehr-

‘dex Gerechtigkeit.

| per der politishèn Leidenschäften aus “von

C Veicheien fan L GR ie die Koumiainitis

t selbständig ia A segen , sicht man aus ihren Anträgen Heute

n h wahrhaft kritisch

r Reaktion dieser durch einen Kaurÿf. der

l (Stürmischer Beifall únd, Hände- ozialdemokraten.) E Abg. Win ckle r (D. Nat.) (Die Méhrheitssozialisten verlassen

den Saal, während die äußerste Linke sich um die Rednertribüne

chart uud durh Zwishenrufe seine Ausführungen hindern ut): Wir haben dem pad i Meowety de: ozialdemokratie timmt, : ront herzustellen. (Unruhe links. Ae erlin (Unabh.): Sie sind der größte Feind Deuts@- Präsident Leinert bemüht sih, Ruhe zu schaffen.) USs

lands.

absheuungswürdige Tat an Rathenau bézeichnet Redner als éin beklagen3wertes und trauriges Zeichen unserer heutigen Verhält nisse. (Rufe: links: Heuchler!) Redner fährt fort: Jh begrüße e3, daß dux die heutige Besprechung mir die Möglichkeit gegeben ist; (Ruf links: Zur Heuchelei!), in vollster Uebereinstimmung mit allen übrigen Fraktionen den Abscheu über diese Mordtat zum Ausdruck zu bringen. (Lachen links.) Der Redner wird durch die fortgeseßten Zurufe der Linken gehindert, weiter zu sprechen. Prä- sident Leinert ersuht die Linke in eindringlicher Weise, si ruhiger zu verhalten und keine unflätigen Worte gegen den Redner ju gebrauchen. Grvg. Fürgensen (Unabh.): Und Sie lassen lese schamlose Heuchelei zu?) Ein Mann mit großen: Geistes gaben ist im Dienste des Vaterlandes gefallen. Unsere Partei hat der demokratischen Fraktion dieses Hauses die herzlihste Teilnahme ausgesprochen. (Ruf link3:. Ste verbittet sich das!) Die Ermor- dung dieses Mannes (Abg. Schul z- Neukölln (Komm.): Fällt auf Jhr Konto!) beraubt uns eines Mannes, der in diesem Augen- blick ganz besonders wertvoll für uns war. (Fortgeseßter Lärm auf der äußersten Linken, so daß immer nur wenige Säße: des Redners zu verstehen sind. Abg. Neumann (Unabh.) erhält einen N DORE E) Es wäre die Pflicht der S im diesem Augenblick eine einheitlihe Front herzustellen. (Lachen links.) Daß scharfe Maßnahmen getroffen werden mußten, er- kennen wir an. (Abg. F U rgensen (Unabh.): Wir werden Euch die Maßnahmen schon Veibringen!) Alle möglichen Maßnahmen, die zur Aufklärung des Verbrechens und zur Wiederherstellung der Ruhe nötig sind, müssen getroffen werden. Wir bedauern aber,

28 der Ministerpräsident es von vornherein als E dahin-

estellt hat, daß die Mörder auf der rechten Seite stehen. haftes Sehr rihtig! links. Abg. Kay (Komm.) erhält einen

rdnungsruf. Präsident Leinert ermahnt die Linke vergeblih ae Ruhe und weist darauf hin, daß diese do. niht beleidigt sei. achdem etwas Ruhe eintritt, ruft Abg. S chul z - Neukölln: Also heuchle weiter!) Wir müssen das tiefste Bedauern darüber L len un daß bei ‘den Maßnahmen ausdrücklih erklärt wird,

(Leb-

sie jollen nur gegen rechts gerichtet sein. a rihtig! und. Lärm

links. Ruf: Er forder§ die Mordfreiheit! räsident Leinert \{chwingt die Glockde und .versuht erneut, auf. die Abgeordneten der Linken beruhigend einzuwirken.) : Die- Versammlungs- und Presse- freiheit soll aufgehoben . werden und das l unr gegen rechts ges (Sehr gui! links.) Das widerspricht den Grm anes

(Lachen links.) Niemand weiß- es, ob die Mörder Deutsche sind. (Aha!-Rufe und Lärm links.) Noch d man nicht, daß fie einer - bestimmter Rithtung angehören. Au Grund einer solch “unbestimmten -Voraussezung_ werden Mäß- nahmen erlassen, dit Grundfäßert der Gerechtigkeit aufs Schärsste widersprechen. (Abg. S ch ü l'z + Neukölln: "Fallen Fhnen / denn nicht die Zähne raus “von soviel Lüge und Feu lei! Nach weiteren Zurufen der Linken kommt es zwishen dem Präsidenten Leinert und dem Abg. Kat zu einer erregten Auseinander- sehung, als leßterer dem Redner Daibier zuruft und einen Ord- nungS3ruf gu erhält. Minutenlang ertónen von dex Linken an-

richtet sein.

dauernde Schluß!-Rufe. Präsident Leiner t: Wahren Sie bitte die Belge it, sonst zwingen Sie mich, von den Machtmitteln der 2E äftsordnung Gebrauh zu machen. Beifall , bei den Bürgerlichen.) Von den Ausführungen des Redners werden all- mählich folgende Worte verständlih: Mit Gewalt kann Liebe zur Republik doch nicht erzeugt werden. (Lärm links und Zurufe des Ma Kat. Präsident Leinert: Jch habe gehört, daß der Redner die Republik angreift, ih habe aber noch nie gehört, Herr Kay, daß Sie die Republik verteidigt haben. Diese Worte werden mit großem Beifall von der Mehrheit aufgenommen.) Feder, dem unser Staat am Herzen liegt, muß dafür sorgen, daß die Grund- lagen unseres Staates auch diese Stürme überdauern. Es wird vor allem notwendig sein, daß wir uns in der politischen Leiden- haft mäßigen (Zurufe links), und daß wir, wenn wir einmal auf iese ernsten Tage zurücblicken, mit dèr Haltung, die wir in diejen Tagen eingenommen haben, zufrieden. sein können. (Beifall rets, Zischen firits.) j :

Abg. Dr. Heß (Zentr.): Der Mord an Rathenau hat eine vollständig neue politishe Situation geschaffen. Diese neue Situation macht auch neue politishe Mittel notwendig. Sie, Herr Winkler, haben die Frage niht ershöpfend behandelt. Ich kann nux darauf aufmerksam mächen, däß Sie gerade den Kernpunkt nit getroffen zu haben scheinen. (Zustimmung.) Es handelt sih hier niht um die Konstatierung der Tatsache des Verbrechens, en es muß die andere Frage beantwortet werden, '"wieso

ieses Verbrechen mögli gewesen ist. (Sehr wahr!) Die Kreise, die uns seit Wochen gesagt haben, daß sich um den Juni in Deutsch- land etwas ereignen werde, haben recht behalten. (Hört, Hört!) Wenn man heute nah dem sheußlihen Mord an Rathenau gewisse Vorgänge rückwärtsblikend an den Augen vorbeiziechen läßt, dann winnen bestimmte Dinge und Vorgänge einen ganz bestimmten arakter. (Ruf links: Endlich!) Vox populi! Es ist kein Zu- fall, daß nah dem Bekanntwerden des entsebulihen rdes al3- bald alle Blicke sih mit einem beige unveirrbaren Jnstinkt nah einex ganz bestimmten politischen Seite hin gerihtet haben. (Sehx richtig!) Es 4 leider zu wahr, die himmelshreiende Tat, vor der wir stehen, ist das fürchterliche Ergebnis der Stimmung, die systematish und mit den verabsheungswürdigsten Mitteln von der Presse, die zu Jhnen steht (nah rechts zeigend), und vow führenden Persönlichkeiten, die zu Jhnen gehören, e worden ist, (Stürmischer Beifall links und in der Mitte.) nn ein rechtsstehendes Blatt seinen Nahruf auf Rathenau dann mit dem Sah beginnt: Er ist auf dem Felde der Ehre gefallen, so empfinden wir darüber nihts als Ekel und Gan. (Stürmisches: Sehr wahr! links und im Zentrum.) Für den rd sind nur die haft- bar, die ihn bègangen haben. Dik Verantwortung aber tragen die, und sie werden es niht abschütteln können, die die Stimmung erzeugt haben, aus der der Mord geboren A (Ruf links: Geboren werden mußte und sollte!) Sie (nach rechts) können sih nicht damit entshuldigen, daß eine derartige Entladung niht wäre vorauszu- hen Etsen, Schon einmal wax das Resultat Fhres Wirkens, Jhver haßdurchtränkten Verhezung der politishe Mord. JFÆch* hatte eglaubt, daß der Mord auf dem Knibis für alle. ein warnendes anal für die Zukunft sein wird. Statt dessen wurde die Auf- t l ren Reihen hera! Q Tag größer, wurde dèx Ton in thren Versammlü stets aufreizender. Sie haben ‘statt dessen mit der Person Hin , burgs einen Free unerhörten - M a rieben. misher Beifall links und in der Mitto.) t Föchsté Demag , erklomm . dann Ihr gefeièerter Führer - atn 23... .im--+Reio

L A) S -- 14 B Lte 6 Lde Ae E PT * R», R! Ku Waar A A 2 F Gád N E A j

und am 24. fielen dic Schüsse im Grunewald, Jebt, C) A. Pi} ek I L} L 4 E 2 ich Ÿ [1 K) J u (] T E E Zat E A O E Did