1877 / 51 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 28 Feb 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches. Deutsches Neiéh.

Preußen. Berlin, W. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König hörten heute Vormittag die Vor- träge des Chefs des Civil-Kabinets, Geheimen Kabinets-Raths von Wilmowski, und des Direktors im Auswärtigen Amte, Wirklichen Geheimen Raths von Philipsborn.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm im Laufe des gestrigen Vormittags die Meldungen des Ger e:al-Lieutenants von der Armee und Gou- verneurs von Ulm, Grafen Neidthard von Gneisenau, und einiger anderer Offiziere entgegen.

Der Bundesrath, die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen und der Ausschuß für Handel und Verkehr hielten heute Sißungen.

Jn der heutigen (12.) Sißung des Herrenhauses, welcher der Minister des JFnnern Graf zu Eulenburg und mehrere Regierungs-Kommissarien beiwohnten, wurde zunächst vom Hause der Beschluß gefaßt, das vom anderen Hause er- wartete Etatszesep und das Gese bezüglich der Eisenbahn Berlin - Dresden am Freitag auf die Tages- ordnung zu seßen. Hierauf nahm der Graf zur Lippe das Wort, um, gegenüber den Auslassungen des Abg. Windt- horst (Bielefeld) im Abgeordnetenhause zu konstatiren, daß es ihm durchaus fern gelegen, durch seine Aeußerungen bei der Debatte über das Geseß, betreffend die Umzugskosten 2c. der Staatsbeamten, den preußischen Richterstand zu beleidigen oder ihm auch nur zu nahe zu treten. Das Haus trat sodann in die Tagesordnung, deren erster Gegenstand der mündliche Bericht der Kommission für Handels- und Gewerbe-Angelegen- heiten über den Gesetzentwurf, betreffend die Revision be- ziehentlih Abänderung der Reglements der öffentli- chen Feuersozietäten, war. Nach kurzer Debatte, an welcher sich der Berichterstatter Herr Theune und die Herren von We- dell, Dr. Elwanger und der Regierungs-Kommissar, Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Forch, betheiligten, wurde dem Gesebentwurfe die Zustimmung ertheilt.

Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war der münd- lite Bericht der Kommission für Handel- und Gewerbe- Angelegenheiten über die Uebersicht über die Verwaltung der fisfalishen Bergwerke, Hütten und Salinen im preußischen Staate E des Jahres 1875. Der Berichterstatter Herr Geysmer -beantragte Namens der Kommission, zu erklären, da5 das Herrenhaus mit Befriedigung von der Seitens der Königlichen Staatsregierung mitgetheilten Uebersicht Kenntniß gcnommen habe. Das Haus trat diesem Antrage bei.

Es folgte als dritter Gegenstand der Tagesordnung die einmalige Schlußberathung über den Geseßentwurf, betreffend die Theilung der Provinz Preußen. Der Referent Dr. Baumstark stellte den Antrag: 1) dem SGesecßentwurfe in der von dem Hause der Abgeordneten angenommenen Fassung die Ung zu ertheilen; 2) die Petition des Kreistages des reises Osterode auf anderweite Feststellung der Grenzen zwischen den neu zu bildenden Provinzen Ost- und West- preußen durh die Beschlußfassung über den vorangeführten Geseßentwurf für erledigt zu erklären.

Bei der Diskussion erklärten fih bis zum Schlusse des Blattes Graf Schlieben-Sanditten, Graf zu Eulenburg und Herr von Winter für die Theilung und Graf Lehndorff- Steinort und Herr von Wizßleben gegen die Theilung der Provinz.

Fn der heutigen (34.) Sißzung des Hauscs der Abgeordneten, welher der Vize - Präsident des Staats - Ministeriums, Staats- und Finanz-Minister Camp- hausen, die Staats-Minister Dr. Falk, Dr. Achenbach und mehrere Regierungs - Kommissarien beiwohnten, wurde zunächst die dritte Berathung des Staatshaus- halts-Etats ur 12/7/78 Torlgcatt. m Gut Des Ministeriums der geistlihen 2c. Angelegenheiten beschwerte sich bei Kap. 124 der Abg. Schaffer über die Verzögerung der nothwendigen Erweiterung des Gymnasiums in Ratibor. Decr Ministerial-Direktor Greiff erwiderte, daß die Ver- handlungen sich verzögert hätten, weil die Errichtung eines zweiten Gymnasiums in Natibor beabsichtigt sei. Bei Kapitel 127 entspann sich eine längere Debatte über die Folgen der Maigeseße und eine etwaige Revision derselben, an welcher sich die Abgg. Cremer, Dr. Lasker, Frhr. von Schorlemer- Alst, Dr. ‘Virhow, Schröder - Lippstadt und der Staats-Minister Dr. Falk betheiligten, welcher leßtere ausführte, daß Seitens der Regierung eine Reviston der Maigesete nicht vor- agcnrommen werden tönne, weil dies sofort als ein Rückzug ge- deutet werden würde. Eine Aenderung könne nur eintreten, wenn man vollgültige Beweise der friedlichen Gesinnung der katholischen Kirche erlangt haben würde. Zu demselben Ka- pitel brachte der Abg. Franssen wieder einzelne Spezial- beshwerden vor, worauf der Geheime Regierungs- Rath Dr. Stauder erwiderte, daß die Spezialfälle nit zur Kenntniß der Regierung gekcmmen seien.

Nach einer kurzen Auseinanderseßung zwischen dem Abg. von Ludwig und dem Staats-Minister Dr. Falk hinsichtlich des Seminarbaues in Habelschwerdt (Titel 22 Kap. 13 des Extraordinariums), wurde zu Kap. 11 Titel 10 der allge- meinen Finanzverwaltung folgender Antrag des Abg. Pr. Frhrn. von der Golz, troß des Widerspruchs des Regierungs- tommissars, der Budgetkommission überwiejen:

„Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, deniim S. 18 des Do- tation8gesetes vom 8. Juli 1875 ausgeführten \Provinzialverbänden bezichungéweise Kommunalverbänden nnd Stadtkreisen diejenigen Beträge zu überweisen, welhe aus den nah dem Erlaß des Dota- tionsgeseges vom 8. Juli 1875 vorgenommenen Veräußerungen von Ghausseewärter- und Einnehmerhäusern, sofern folhe Zu- bchérungen der im Alinea 1, §. 18 leg. cit. den Provinzial- be- ziehungêweise Kommunalrerbänden überwiesenen Staatëchaufseen und caussirten Straßen bildeten, der Staatskasse zugeflossen find, oder nach den abgeschlofsenen Veräußerungsverträgen noch zufließen werden und die dazu erforderliden Summen durch den Staats- baushalt#-Etat für das Jahr 1878/79 flüssig zu machen.“

Damit war die Etatsberathung erledigt. Das Etatsgeseß wurde in folgender Fassung genehmigt:

&. 1. Der diesem Gesetze als Anlage beigefügte Staatshaus- bats - Etat für das Jahr vom 1. April 1877/78 wird in Ein- nahme auf 651,638,414 Æ und in Ausgabe auf 651,638,414 M, nämli auf 631,020,267 Æ angfortdauernden und auf 20,558,147 4 an cinmaligen und außerordentlichen Ausgaben festgestellt.

& 2, Im Jahre vem 1. April 1877/78 können nach Anord- nung des Finanz-Ministers verzinsliche Schaßanweisungen bis auf

Höbe von 30,000,000 Æ, welche vor dem 1. Januar 1879 ver- fallen müssen, wiederholt ausgegeben werden. Auf dieselben finden dice Bestimmungen der 88. 4 und 6 des Gesetzes vom 28. Sep- tember 1866 (Geseß-Samml. S. 607) Anwendung.

8. 3. Der Finanz-Minister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Ohne Debatte erledigte das Haus die erste und zweite Be- rathung des Entwurfs eines Gefeßes, betreffend den Rechts- zustand des von der Freien und Hansestadt Hamburg an Preußen abgetretenen Gebietstheils, sowie die Abtretung eines preußischen Gebietstheils an die Freie und Hansestadt Hamburg. (Schluß des Blattes.)

Nah dem kürzlich veröffentlihten Berichte über die Ver- handlungen der 5. Versammlung des deutschen Landwirth- shastsraths Seite 182 hat der Rittergutsbesißer Seiler auf Neuensalz bei Plauen i./V., Mitglied der Ersten Königlich sälhsishen Ständekammer und des Landeskulturraths, gelegentlich der Erörterung der Eisenbahntariffrage u. A. geäußert, „es sei eine wunderbare Erscheinung , daß allen auf Sans eines annehmbaren deutshen Eisenbahngeseßes gerich- teten Bemühungen der Regierungen der Mittelstaaten gegenüber das Reichs-Eisenbahn-Amt abwehrend auftrete. Es sei das eine Erscheinung, durch welche die öffentliche Meinung berechtigt werde, anzunehmen, daß man absihtlich dem Publikum die Privat- und Staats-Eisenbahn-Verwaltungen so zu verleiden beabsichtige, daß allmählich die öffentlihe Meinung wohl oder übel das Reichs-Eisenbahnsystem acceptire.“

E zur Steuer der Wahrheit und um Mißverständ- nissen vorzubeugen, wollen wir hiermit konstatiren, daß jene Andeutung, der wir auch anderswo schon begegnet sind, der Wahrheit nit entspriht und daß derartige Bemühungen der Regierungen der Mittelstaaten, denen gegenüber das Reich s- Eisenbahn-Amt hätte abwehrend auftreten können, bei den Reichsbehörden und insbesondere bei dem Reichs-Eisenbahn- Amte niemals stattgefunden haben.

Der Vorwurf des Redners war um so weniger angebracht, als die Regierung. des Bundesstaates, dem er angehört, und für die er Partei nimmt, sich auf eine im Wesentlichen negative und abfällige Kritik der beiden vor drei resp. zwei Fahren vom Reichs-Eisenbahn-Amte ausgearbeiteten Entwürfe eines Reichs-Eisenbahngesetzes beshränkt hat, obwohl auch ihr reichs-

verfassungsmäßig das volle Necht selbständiger Geseßesinitiative

zusteht. Gie Geistlicher, welchem die Stellung eines bischöf-

lihen Kommissars bis zum Widerruf übertragen worden, ist, nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 23. Ja- nuar 1877, als ein persönlicher Vertreter des Bischofs zu be- trahten und demzufolge strafbar, wenn er nach Erledigung des bischöflichen Stuhles ohne staatliche Genehmigung fort- E bischöfliche Rechte oder Verrichtungen auszuüben. Dies gilt felbst für den Fall, daß in der betreffenden Diözese bei früheren Sedisvakanzen die Observanz bestanden hat, daß die Funktionen der bischöflichen Kommissare ohne Weiteres fort- gedauert hatten.

Die Bundesraths-Bevollmächtigten, Groß- herzoglich oldenburgischer Staatsrath Selkmann und Her- zoglih sachsen-meiningisher Staats-Minister Giseke, sind hier eingetroffen.

Baden. Heidelberg, 25. Februar. Eine Versamm- lung protestantischex Geistlihen besprah am 21. Februar hier- selbst die bevorstehende Feier des 25 jährigen Regierun g s- jubiläums des Landesfürsten. Es wurde, dem „Schwäb. M.“ zufolge, beschlossen, folgende Anträge der evangelischen Landesgeistlihkeit zur weiteren Beschlußfassung zu unterbreiten. 1) Am 29. April soll im Gottesdienst der Feier gedacht werden, sofern der Ober-Kirchenrath nicht eine bestimmte Festgottesdienstfeier anordnet. 2) Auf einer dem- nächstigen Versammlung von Delegirten der 24 Diözesen in Karlsruhe soll eine Deputation von 5 Geistlichen gewählt werden, welche die Glückwünsche der Gesammtzgeistlichkeit ihrer Bischöfe darzubringen und eine Adresse zu überreichen hätte.

C E O

Sachsen-Coburg-Gotha. Coburg, 25. Februar. Vit

dem gestrigen Regierungsblatt ist ein ferneres Nachtrags-

geseß zur Strafprozeßordnung publizirt worden, wo-

durch die Kompetenz der Geshwornengerichte und der Kreis- gerichte anderweitig festgestellt wird.

Lippe. Detmold, 27. Februar. Jn der Berathung der Vropositionen wegen Bildung eines allgemeinen Kirchen- vermögens 2. und wegen der Kosten der ersten Landessynode nahm der Landtag heut s{hließlich den Ausschußvorschlag an, die gesammten Geldbewilligungen einshließlich der Ein- räumung des Besteuerungsrechtes davon abhängig zu machen, daß die Landessynode folgende Zusammenseßung erhält: 1) drei Superintendenten, 2) zwei vom Landesherrn zu ernennende weltliche Mitglieder, 3) sechs durch die Klassenversammlungen zu wählende Prediger, 4) N durch die Klafsenversammlungen zu wählende Laien, wovon fünf den zeitigen Kirchenvorstehern oder deren Stellvertretern in der wählenden Klasse angehören müssen, die übrigen fünf ohne diese Beshränkung aus den kfirhlih wählbaren Mitgliedern der ganzen evangelischen Landes- kirche N werden können. Der Regierungs-Präsident Eschenburg hatte erklärt, daß diese Bedingung unannehmbar sei und die ganze Vorlage in Frage stelle.

Hesterreih-Ungarn. Wien, 27. Februar. Gestern Mittag hat unter dem Vorsiße des Kaisers ein gemein- samer Ministerrath stattgefunden, in welhem das Pro- tofoll über die vereinbarten Stipulationen in der Banksrage festgestellt und unterschrieben wurde. Am Abend sollten die ungarischen Minister nach Pest zurückreisen, wo heute beide Häuser des Reichstages Sißung abhalten. Sobald der Finanz- Minister Szell wieder nah Wien kommt, was in den nächsten Tagen geschehen soll, werden die Verhandlungen mit den Ver- tretern der Nationalbank über die Textirung des Ban fk- statuts beginnen. Jm Ministerium des Aeußern hat vor- gestern die Schlußsißung der zur Ausarbeitung der Fnstruk- tionen für den deutsh-österreichishen Handelsver- trag entféndeten österreihish-ungarishen Zollkonferenz statt- gefunden. Die Jnstruktionen sind nunmehr vorbehaltlich der Zustimmung der beiderseitigen Ministerräthe endgültig fest- gestellt. Die Verhandlungen init Deutschland beginnen jedoch erst in zwei bis drei Wochen.

Der Prinz Peter von Oldenburg ist gestern von Berlin hier angekommen.

Pest, 27. Februar. (W. T. B.) Das wieder ernannte Kabinet Tisza hat sih heute im Unterhause und Ober-

hause vorgestellt. Der Minister-Präsident gab Aufklärungen über den Verlauf der Ministerkrisis und erklärte, daß er die Verantwortung für die mit der österreichischen Rcgierung ge- troffenen Vereinbarungen übernehme. Jm Unterhause legte Sennyey und im Oberhause Majlath die Motive dar, weshalb sie, vom Kaiser zur Bildung eines neuen Ministe- riums berufen, dieselbe abgelehnt hätten. Die Ausgleichs- elaborate sollen den beiden Häusern demnächst vorgelegt werden.

_— (W. T. B.) Jn der heutigen Konferenz der Mit- glieder der liberalen Partei wurde auf den Antrag des Minister-Präsidenten Tisza beschlossen, die Diskussion über die Ausgleichs frage bis zur Vorlage der bezüglichen Ge- seßentwürfe zu vertagen.

Niederlande. Haag, 22. Februar. (Allg. Ztg.) Am 19. d. M. feierte der Dns seinen 60. Geburtstag. u gleicher Zeit wurde Prinz Alexander, der jüngste Sohn des Königs, zunt General-Major des Generalstabs und Contre- Admiral der Marine ernannt. Der Telegraph hat bereits berichtet, daß die Zweite Kammer die am 12. Oftober v. J. abgeschlossene Uebereinkunft zur Anlegung von Verbindungs- kanälen zwischen den preußischen und den nieder- ländishen Wasserstraßen mit 55 gegen 3 Stimmen ge- nehmigt hat. Bei der Berathung brachte der Abg. Grataina, der bei den internationalen Verhandlungen betheiligt war, seine Dankbarkeit der Regierung und den preußischen Be- Es aegenüber zum Ausdruck. n derselben Sibßung vildete die kürzlih dem Statthalter der Kolonie Curag?ao verliehene ehrenvolle Entlassung den Gegenstand einer Interpellation. Der konservative Abg. Fabius meinte nämli, daß, wenn die kürzlih von einem Blatte Venezuelas verbrei- teten Gerüchte: der Statthalter habe die Abfahrt zweier mit Kriegsmaterial geladenen Schiffe nah einem Laken Venezuelas gestattet, begründet seien, eine „ehrenvolle“ Entlassung wenig am Plate sei. Aus den Erwiderungen der Regierung ging aber hervor, daß jene Gerüchte theilweise der Wirklichkeit nicht entsprechen, und der Statthalter übrigens nur seinen Befug- nissen gemäß gehandelt hatte. Jm Laufe seiner Rede theilte der Minister des Auswärtigen noch mit, daß die Ne- gierung Venezuelas seit kurzer Zeit wiederholt Vorschläge zur fäuflichen Erwerbung Curaçaos an die diesseitige Negierung gerichtet habe. Diese Anträge seien jedoch abgewiesen worden.

Großbritannien und Jrland. London, 26. Februar. (E. e Die Königin beendet in dieser Woche ihren Auf- enthalt auf der Jnsel Wight und begiebt sich dann mit der Prinzessin Beatrice und dem Prinzen Leopold nah Windsor. Am Sonnabend war der Minister des Fnnern Mr. Croß auf Osborne und speiste mit der Königlichen Familie. Bei dem am Sonnabend gehaltenen Ministerrathe waren sämmtliche Minister anwesend. Nach der „Army and Navy Gazette“ ist es wahrscheinlih, daß der Prinz von Wales seine Söhne auf das Kadettenschiff „Britannia“ zur E nahme an einem Unterrichtskursus schicken wird. Der ältere Sohn, Albert, ist jeßt 13 Jahre, der jüngere, George, 12 Fahre alt; jener wird schließlich in die Armee eintreten, dieser wahr- scheinlich im Seedienste verbleiben. An Stelle des wegen Krankheit zurüctretenden Commandeurs Bridge von dem in China stationirten Flaggen\chiff „Audacious“ ist der durch feine Betheiligung an der Nordpolfahrt bekannt ge- wordene Commandeur Parr ernannt worden. Die Stelle eines Gouverneurs und Oberbefehlshabers der westindishen Bermudas-Fnseln ist erledigt, da der Generalmajor John Lefroy sich zurücßziehen wird. An seine Stelle ist der Dheri Laffan vom Genie-Corps erwählt worden. Von den etwa 300 Jnseln sind nur 16 bewohnt. Jhve Einkünfte im Jahre 1875 haben 25,721 Pfd. Sterl., ihre Ausgaben 28,269 Pfd. Sterl. betragen. Der seit längerer Zeit nicht beseßt gewesene Platz eines Verwalters gebildeten „Admi- miístrator“) der von 14,190 Menschen (unter denen nur 55 Weiße) Gambia-Ansiedelung ist mit Dr. Gouldsbury besetzt worden. Die Leiche des Obersten D'Mahoney, des ehemaligen Hauptes der Fen ier, ist in Cork angekommen. Die Stim- mung des Volkes soll nah allen Berichten eine ziemlich kühle gewesen sein. Die Geistlichkeit hatte eine offizielle Betheili- gung an der Bestattungsfeier abgelehnt.

(Köln. Ztg.) Die Regierung hat neben dem Ein- schäßungsgeseß für England auch ein Einschäßungsgeseß für JFrland angekündigt. Jn England bestehen zwei Ein- shäßungsnormen, eine für Staatssteuern , die andere für Ge- meinde- und Grafschastssteuern. Jn Jrland giebt es für beide Zwecke nur eine Norm. Die Einschäßung richtet sich nah den Preisen einer ganzen Anzahl landwirthschastliher Produkte, welche heute noch dem Tarif vom Jahre 1841 entnommen sind. Seitdem ist Alles im Preise gestiegen und der Unter- schied beträgt im großen Ganzen wohl 50 Prozent oder dar- über. Es läßt sich nahrechnen, daß ein Vermögen, welches in Jrland z. B. 12 Pfd. Sterl. Einkommensteuer zahlt, in Eng- land mit 18 Pfd. Sterl. eingeschäßt ist. Gleichwohl is das Leben in Jrland ganz wesentlih wohlfeiler als hier. Es ist also nicht zu verwundern, daß die Regierung auf Umbildung der Steuerskala drängt.

(A. A. C.) Aus Gibraltar wird unterm 25. d. M. gemeldet: Das britische Kanalgeschader, bestchend aus 4 Panzerschiffen und dem Avisoboot „Salamis“, kam gestern hier an. Prinz Arnulf von Bayern hat hier drei Tage geweilt. Er hat sich an Bord des Kanonenbootes „Erx-= preß“ nah Tangier begeben, um von dort aus Ceuta und Texan zu besuchen. Der Prinz wird darauf hierher zurück- fehren und sih dann nach Ronda, Malaga und Madrid bez geben. Ein s\panisches Kanonenboot ist in der Bay gestrandet.

Der „Times“ wird aus Calcutta unterm 25. d. M.

telegraphirt : „Der gestrige „Regierungs-Anzeiger“ enthält die

Mittheilung, daß, nachdem die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der britishen Regierung und dem Khan von Khelat, die im Jahre 1873 suspendirt wurden, nunmehr er- neuert worden find, der Vizekönig in Willfahrung der Wünsche des Khans die Wiederherste Ung der Khelat-Agentur angeordnet und Major Sandeman zum Agenten bei dem Ge- neral-Gouverneur für Beluchistan ernannt habe. Major Sandeman verließ Calcutta am Freitag, um sih auf seinen neuen Posten zu begeben. Eine aus Fnfanterie, Kavallerie und Artillerie bestehende, ca. 800 Mann starïe Eskorte wird in begleiten; eine Hälfte der Eskorte wird in Khelat, die an: dere in Quetta stationirt werden.“

Frankreich. Paris, 26. Februar. Fn der polytech- nischen Schule sind Unruhen vorgekommen, über die jedo sehr übertriebene Gerichte in das Publikum gedrungen sind. Die Schüler empörten ih, wie man der „Köln. Ztg.“ schreibt,

allerdings gegen ihren Obersten, weil dieser ihre Beshwerden an den General hatte abfangen lassen. Die Sache hat aber weiter keine Folgen nah sich gezogen. Die Schüßen- vereine (societés de tir) breiten si, der „Köln. Ztg.“ zu- folge, nah dem s{weizer Vorbilde, in Frankreih mit jedem Jahre mehr aus. Eine Pariser Gesellschaft will den Geshmack am Scheibenschießen in den Dörfern verbreiten ; sie nennt sich „National-Schüßenverein der Gemeinden Frankreihs“. Diese Gesellschaft rühmt s\ich, daß sie in den Departements 1511 Schüßenstände aufgethan und 2138 Wettschießen stattgefun- den haben, an denen 160,359 Schützen Theil genommen, die 3,207,180 Patronen verschossen. Der Aus\{huß der Gesellschaft fordert die Zeitungspresse auf, die Aufmerksamkeit auf diese Ergebnisse hinzulenken und im Auge zu behalten, daß der Wahlspruch dieser Vereine lautet: „Fürs Vaterland !“

Versailles, 26. Februar. Die Deputirtenkammer nahm ge wie schon telegraphish gemeldet, in erster Bera- thung das Gesey über Herstellung der Vertretung der französischen Kolonien amSenegal und inGuyana an. Sodann wurde ein Geseßentwurf der Regierung vertheiit, der dahin geht, daß, um den CTouer Seidenarbeitern zu Hülfe zu kommen, eine Bestellung von Seidenstoffen im Werthe von einer halben Million gemacht werden solle, um mit diesen Stoffen das Mobiliar in den Ministerien und im Nationalpalaste zu erneuern.

Türkei. Konstantinopel, 24. Februar. Die Four-

S ole melden, der persische Gesandte habe dom Sultan cine

Depesche des Schah mitgetheilt, in welcher er über die An- sammlung persisher Truppen an der türkishen Grenze Auf- klärungen giebt und als Zweck derselben die Verhinderung der von den Nomadenstämmen vorgenommenen Verwüstungen be- zeihnet. Gegenwärtig sei Befehl gegeben, diese Truppen- kfonzentrirungen einzustellen. . 265. Februar. Der serbische Friedensunterhändler Christic hat den Wunsch ausgesprochen, daß die Unter- eihnung des Friedensvertrages bis nah dem Zu- sammentritt der Skupschtina verschoben werde.

27. Februar. (W. T. B.) Jn der heutigen Kon- ferenz der serbishen Delegirten mit Safvet ala wurde das Uebereinkommen der Pforte mit der serbischen Re- gierung endgültig festgestellt. Das Protokoll soll nunmehr mor- gen unterzeichnet werden. Dasselbe wird, wie bereits gemeldet, drei Vereinbarungen enthalten : Die Herstellung des status quo, den Erlaß einer Amnestie und die Bestimmung, daß die Türken das serbische Gebiet innerhalb 12 Tagen nah Abschluß des Friedensvertrages räumen. Die serbische Regierung wird jodann der Pforte eine Note überreichen, welche die Garantien für die bekannten von der türkischen Regie- rung aufgestellten vier Forderungen enthält. Diese Forde- rungen sind: Die Verpflichtung der serbishen Regie- rung, keine neuen Befestigungen zu errichten, die Auf- ziehung der türkishen Flagge neben der serbischen, die Gleichstellung der Juden mit den Angehörigen der anderen Konfessionen, die Verhinderung der Bildung bewaffneter Banden. Von der Bestellung eines türkishen Kommissars in Belgrad wird in dem Protokoll nichts erwähnt. Auch die Frage wegen der Abtretung der Festung Zwornik ist bei Seite gelassen. Fürst Milan wird, wie bereits erwähnt, demnächst ein Telegramm an den Großvezier richten, in welchem er seine Zustimmung zu den Friedensbedingungen ertheilt. Die Pforte wird hiervon Akt nehmen und der Sultan einen neuen Fer- man erlassen, welcher die Stellung tes Fürsten Milan zur Pforte regelt.

Pera, 25. Februar. Aus verschiedenen Theilen des Reiches treffen Berichte üker massenhafte Angen der türkishen Banknoten ein. Die Regierung hat Spezial-Kommissionen in die einzelnen Provinzen zur Unter- suhung der Angelegenheit entsendet.

Wien, 27. Februar. (W. T. B.) Die „Politische Korrespondenz“ hält, nah den ihr aus St. Petersburg zu- gehenden Meldungen, die Nachricht von einer unmittel- bar bevorstehenden militärishen Aktion ihrerseits ebenfalls für verfrüht. Die Entscheidung ‘hänge von dem Eintressen der Antwort der Mächte auf die ru&ische Cirkular- depeshe ab. Das Eintreffen der Antwort des englischen ra sei nah obigen Meldungen für Ende dieser Woche avisirt.

%8. Februar. (W. T. B.) Die hierher telegraphirte

Meldung eines Pariser Blattes aus Konstantinopel, wo- nah der G roßvezier und der Scheik ul Fslam gestürzt lin sollten, findet durchaus feinen Glauben. Es liegen ier in der leßten Nacht und heute Morgen aus Konstantino- pel eingegangene telegraphishe Nachrihten vor, welche den Friedensabschluß mit Serbien melden, solhen mit Montenegro in Aussicht stellen, und keinerlei Vorganges erwähnen, der solhen Gerüchten au nur die leiseste Unter- lage geben könnte.

London, 27. Februar. (W. T. B.) Im Unterhaufe erklärte der Unter - Staatssekretär des Aeußeren, Bourke, auf eine bezüglihe Anfrage des Deputirten Wolff, die Regierung habe keine Bestätigung des in der heutigen zweiten Ausgabe der „Times“ veröffentlichten Telegrammes aus St. Petersburg erhalten, nach welhem in der gestrigen außer- ordentlihen Sitzung des Ministerrathes unter dem Vorsiß des Kaisers beschlossen worden sein solle, die Armee zu demobilisiren, sobald der Friede zwischen der Türkei, Serbien und Montenegro unterzeihnet sei. Auch der Botschafter, Graf Shuwaloff, hatte bis heute Nahmittag noch keine derartige Mittheilung erhalten.

28. Februar. (W. T. B.) Hier vorliegende Privat- meldungen aus Wien wollen wissen, die Pforte habe sih mit der Erklärung an die Mächte gewandt, daß sie zur Ausführung des Reformwerks eine dreijährige Fr ist beanspruche, dieselbe hätte sich gleichzeitig verpflichtet, în dem Falle, wo das Reformwerk nah Ablauf dieser Frist als mißlungen angeschen werde, die von der Konferenz propo- nirten Garantien anzunehmen.

Paris, 28. Februar. (W. T. D Die Nachricht von dew Großvezierwechsel und dem Abgange des Scheik ul Jslam in Konstantinopel, welche das hiesige Journal „LFelegraphe“ sensationell verbreitete, wird Seitens der türki- schen Vertretung als unwahr bezeichnet.

Der „zttihad“ zeigt an, daß bereits vier „ungarische Militärs“ in der türkischen Armee zu dienen verlangt haben. Jhrem Verlangen wurde entsprohen und die vier Magyaren wurden in das zweite Bataillon des zweiten Garde- Regiments eingereiht. Die „Turquie“ vom 22. d. M. ent- hält nachstehendes offizielle Communiqué: „Beharrlich wieder- kehrende Gerüchte von nahe E Veränderungen in den hohen Regierungskreisen sind während der leßten Tae

in dem Publikum umgelaufen. Diese Gerüchte entbehren jeder Begründung und sind nur zu dem böswilligen Zweck erfunden, Verwirrung in die Gemüther zu werfen und der guten Leitung der öffentlichen Angelegenheiten Hindernisse zu bereiten.“

Von „kompetenter Seite“ wird dem W. „Fremdenbl.“ aus der türkischen Hauptstadt geschrieben: „Sie erwerben \ich wahrhaftig ein Verdienst, wenn Sie allen Leuten, die etwa daran denken sollten, sich hierher zu verfügen, um in türkische Dienste zu treten, davon aufs Entschiedenste abrathen. Es haben sich eine ganze Menge von ungarischen und politischen Aventuriers, zum Theil sehr zweideutigen Charakters, hier eingefunden, die Pforte aber weist die Anträge aller Ausländer zurück. Die Bewerber sind zumeist in sehr miß- lichen Verhältnissen hier und fallen der Wohlthätigkeit ihrer Landsleute zur Last. Für Europäer i} jeßt hier nichts zu holen, mehr als je beherrshen Alttürken und Phanarioten in holdem Bunde das Terrain.“ Weiter {reibt man demselben Blatte: „Unter dem Vorsiße des neuen türkischen Ministers des Jnnern, Djevdet Pascha, finden jeßt im Staatsrathe zu Konstantinopel täglihe Berathungen über das neue Drganisationsstatut der Provinzen des Reiches statt, und ist man bei diesen Berathungen diesen Freitag schon bis zum 71. Paragraphen gekommen. Jn diesem neuen Statut wird die größtmöglichste Decentralisation des Reiches an- gestrebt werden. Der Khedive von Aegypten hat dem Sul- tan abermals eine bedeutende Quantität Kriegsmuni- tion zum Geschenke gemaht. Bei der im Kriegs-Ministe- rium zu Konstantinopel tagenden Kommission für die Landes- vertheidigung haben sich schon fo viele Personen als Frei- willige gemeldet, daß die Regierung aus ihnen zehn neue Bataillone zu bilden gedenkt.“

Die telegraphish gemeldete Abfahrt der Panzerfregatte „Salamander“ nah Smyrna wurde, wie die „A. A. Z.“ meldet, durch alarmirende Berichte über die Stimmung der muselmanischen Bevölkerung in Smyrna selbst sowohl, wie an andern Orten der Levante, veranlaßt. Es wurde in diesen in Wien eingetroffenen Berichten die Gegenwart Kaiser- licher Kriegsschiffe zum Schuße der österreichischen Shußbefoh- lenen dringendst gefordert. Da nun die Panzerfregatte „Custozza“ das Flaggenschiff des Contre-Admirals Barry sich noch in Pola befindet, wo sie gedockt werden mußte, und L in einigen Tagen wird in See gehen können, fo wurde der „Salamander“ dahin beordert.

__= Aus Skutari, 15. Februar, wird der „Pol. Korr.“ geschrieben : i;

„Die Verhältnisse zwischen der Pforte und den Miriditen haben fich im Laufe der leßten vier Wochen so verschlimmert, daß man, wenn es auch noch zu keiner Gewaltsamkeit gekommen ift, doch von einem förmlichen Kriegszustande mit aller Berechtigung sprechen kann. Die tiefe Verstimmung zwischen Türken und Miriditen datirt aus der Zeit der montenegrinischen Kriegsbegebenheiten. Bekanntlich haben die Miriditen bis zum leßten Momente die türkischen Ansprüche auf ihre Heeresfolge gegen Montenegro unberüctsichtigt gelassen. In der Unge- wißheit, wie sich die Dinge weiter bezüglich Montenegros gestalten werden, Haben die Türken neue Anstrengungen gemacht, um die Miri- diten für die Zukunft zu bindenden Abmachungen zu vermögen. Da alle gütlichen Einflüsse erfolglos blieben, nahm man türkischer- seits zu anderen, niht immer loyalen Mitteln seine Znflucht, um zu feinem Ziele zu gelangen. So wurde jüngst Sali Pascha nach Tirana entsendet, um die mahomedanischen Bergstämme von Dibra und Mattia gegen die Miriditen aufzuheßen. Derwish Bey aus Prizren wurde zum Kaimakam der Miriditen ernannt. Der mit den türkischen Autoritäten eng liirte Miriditenkapitän Dod Ghega wurde mit türkischen Truppen nah Puka entsendet, um die Miriditen {arf zu observiren. Zum gleichen Zweck wurden nach Miet, Alessio, Tirana und Durazzo starke türkische Garnisonen gelegt. Unter Einem bemühten sich die türkischen Lokalbehörden, den Fanatismus der mahomedanischen Alba- nefen gegen die Chriften anzufachen und einen Religionskrieg zu pro- voziren. Die Dinge sind so weit gediehen, daß cine Kollision ftünd- lich zu gewärtigen i}. Die Katholiken des Bezirkes Puka haben sih mit den Miriditen über ein gemeinsames Vorgehen wverstän- Oiat; Chen Vat M0 der Di vom Kreira gegen einen von Derwisch Pascha vorbereiteten Züchtigungs-Ueberfall vorgesehen, inder sich der Landsturm des Miriditen - Bezirks Dibri nach Kresira begab, um dem bedrohten Nachbarstamm beizustehen. Die Miriditen selbst haben. sich in vollständigen Defen- sivstand gegen die Türken geseßt und wenn Letztere wirklich die leijeste drohende Bewegung vornehmen sollten, so müßte es unfehl- bar zu einem Zusammenstoße kommen, welcher weitere {were Kon- flikte nah sih ziehen würde. Wenn irgend etwas die Hoffnung auf eine Beilegung des drohenden Konfliktes noch erhält, so ist es der Umstand, daß die Miriditen weder Munition noch Lebensmittel be- fißen, um längere Zeit das Feld halten zu können. Einjtweilen ha- ben fie Tjafa-Malit stark beseßt, um dem ihnen oktroyrten Kaima- fam Derwish Bey das Vorrücken zu erschweren. Ebenso halten sie Malischeint und Skala Filu bei Skanja beseßt, um den Zuzug der Türken aus Dibra und Mattia, sowie aus Sêkutari abzuschneiden.“

Das Londoner Auswärtige Amt hat abermals einen Theil der auf den Orient bezüglichen diplomatischen Korre- spondenz herausgegeben. Darunter den Bericht des stellver- tretenden General-Konsuls in Bosna-Serai, Mr. Free- man, dd. 17. März v. J. Mr. Freeman schreibt u. a. an den Grafen Derby:

„Am 8. März wurden in dem Orte Buscheviza zwei ungefähr 12 Jahr alte Mädchen, Töchter eines Landmannes, Namens Nikola Slojanovics, von einer Abtheilung Türken ergriffen und zu Tode miß- handelt. Am 9. März packten 10 Soldaten ein christlihes Weib . .. und führten sie auf das Wachthaus in Novi, wo sie unter den brutalen Mißhandlungen ihren Geist aufgab. Am 10. März wurde ein ge- wisser Rado Bujics bei Novi gespießt und durch vier Tage zur Schau ausgestellt. Noch vier andere Landleute wurden ebenfalls in leßter Zeit bei Novi getödtet uud ihre Köpfe auf Pfählen ausgestellt. Vor ungefähr einer Woche wurde der Schullehrer der orthodoxren Schule in Priedor getödtet und sein Kopf unter dem Klange von Trom- meln und Pfeifen auf einer Stange in den Straßen der Stadt berumgetragen. Im Orte Ruica führten die Türken ungefähr 250 T\chetwert Korn mit sich, welche einem gewissen Stojan Tovovics gehörten und verbrannten dann sein Aa und die orthodore Kirche. Die Stadt Krupa wurde gleicherweise zum Theile verbrannt und ein muselmännischer Einwohner, Fahim Effendi, von feinen Reli- gionsgenossen mit Schlägen mißhandelt, weil er die Christen in Schuß nehmen wollte. Die Panik in Priedor ist so groß, daß am 11. März 27 der ersten christlihen Kaufleute na Oesterreich entflohen. Vor ungefähr fünf Monaten wurden sechs angesehene Kaufleute aus Priedor verhaftet und unter der Anklage der. Mitshuld an der Insurrektion nah Bihac geschleppt. Die dor- tigen Behörden bemühten sich, Geld von ihnen zu erpressen, allein umsonst; in der Hoffnung nun, Andere durch Schrecken zur Nach- giebigkeit gegen ihre Forderung zu bewegen, ließen sie einen derselben einen gewaltsamen Tod im Kerker erleiden. Die andern fünf wurs- den no%) Bosua-Seraîi geschitt, wo sie seitdem EIebaLgR werden. F) madhte Ibrahim Pascha eindringlihe Vorstellungen, daß es notwendig sei, dieselben zu entlassen, aber er erwiderte w.ir, daß er die Sache an Server Pascha berichtet habe, daß es aber ‘dieser Lektere abgelehnt habe, sich in die Angelegenheit einzumischen, mit dem Bedeuten, er solle von Konstantinopel Instruktionen ein- holen. Bis zum Einlangen ciner Autwort gestattete Jbrahim Pascha auf mein und des russischen Kollegen Betreiben, daß diese Männer

ihr Gefängniß verlassen könnten, ohne sich jedcch aus der Stadk entfernen zu dürfen. Haidar Cffendi hat ihnen nun vollständige preven gewährt, aber fie wagen es kaum, nah Priedor zurückzu- ehren und find als Hantelsleute zu Grunde gerichtet.“

Numäniez. Bukarest, 25. Februar. Wie den W. „Fremdenbl.“ gemeldet wird, find die finanziellen Schwierigkeiten, mit denen die rumänische Regierung in Folge der außerordentlichen Situation zu kämpfen hatte, in Folge der Jntervention der „Banque de Roumanie“ beigelegt.

Aus dem Wolff\schen Telegraphen-Bureau.

Belg rad, Mittwoch, 28. Februar. Die Skupsehtina ist heute Vormittag durch den Fürsten in Perfon in geheimer Sibung eröffnet worden. Zum Präsidenten wurde Georg it aan zum Vize-Präsidenten Theodor Tuczakovits ge- wählt.

Landtags- Angelegenheiten.

Die Kommission des Haufes der Abgeordneten für die Wahlprüfungen hat bei Prüfung der Wahl des Landraths Grafen voæ Königsmarck den wichtigen Grundfaß aufgestellt, daß vei Berech=- nung der Bevölkerung die zum aktiven Heere gchörigemn Militärpersonen der Civilbevölkerung der Art hin u=- zurechnen sind, daß auf jede Vollzahl von 250 Seelen ein Wablmann zu wählen ist. Nah Artikel 71 der Ver- fassungsurkunde und §. 4 des Wahlgeseßes vom 30. Mat 1849 soll auf jede Voeollzahl von 250 Seelen der Bevöl- kerung ein Wahlmann gewählt werden. Durch §. 49 des Reichs-Militärgeseßes vom 2. Mai 1874 is bestimmt, daß die Wahlberehtigung der aktiven Militärpersonen sowohl in Betreff der Reich8vertretung als der einzelnen Landesvertretungen ruhen soll. Der Magistrat der zum 6. Potsdamer Wahlbezirke gehörigen Stadt Spandau hat nun die Stadt, welche eine Civilbevölkerung von 23,177, eine Militärbevölkerung von 3711 Einwohnern hat, ledigli in 16 Urwahlbezirke mit 92 Wahlmännern getheilt, während bei Mitzählung der Militärbevölkerung 107 Wahlmänner, mithin 15 mehr gewählt werden mußten. Dieses Verfahren ift durch einen Protest angefohten. Die Wahlprüfungskommission hat sich, wie bemerkt, dahin entschieden, daß die Außerachilassung der Militäx- bevölkerung der Verfassung und dem Wahlgeseße nicht entspreche. Sie is dabei von dem Gesichtspunkte ausgegangen, daß die Militärbevölkerung, wenngleich das Wahlrecht der aktiven Militärs ruhen solle, durch die zu wählenden Abgeordneten in derselben Weise vertreten werde, wie die Civilbevölkerung, daß ferner na der klaren und unzweideutigen Bestimmung der Verfassung lediglich die Bevölkerungszahl zu Grunde gelegt werden soll, ohne daß eine Untersuchung der Frage, ob einem Theil dieser Bevölkerung das Wahlrecht zustche, zugelassen sei; daß dabei auc Frauen, Kinder, die Bewohner von Zucht- und Irrenhäusern 2c., welche alle unzweifelhaft nicht wahlberechtigt seien, mitgezählt würden; daß endlih auch das Reichsmilitärgeseß den aktiven Militärpersonen das Wahlrecht auch nit einmal im Prinzip abgesprochen, sondern nur ein „Ruhen“ desselben bestimmt sei. Demgemäß beantragt die Kom- mission, sämmtliche in der Stadt Spandau vorgenommenen Wahl=- männerwahlen zu kassiren, da bei einem gesetzmäßigen Verfahren des Magistrats eine ganz andere Bildung der Urwahlbezirke hätte ftatt- finden müssen, mithin auch das Resultat der Urwahlen anders hätte ausfallcn können. Infolge dessen wird auch die Ungültigkeit der Wahl des gewählten Abgeordneten, Grafen Königsmark, beantragt.

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Statistische Nachrichten.

Mort alität3-Statistik und Gesundheitsverhält- nisse. E den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund=- hetitsamts sind bis zu der am 17. Februar cr. beendeten siebenten Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt be=- rechnet, gestorben: in Berlin 24,1, in Königsberg 29,9, in Cöln 24,4, in Hannover 21,4, in Magdeburg 30,9, in Stettin 27,4, in Altona 21,2, in Straßburg 26,4, in München 31,3, in Augsburg 41 4, in Dresden 24,4, in Leipzig 21,5, in Stuttgart 20,9, in Braun=- schweig 34,4, in Karlsruhe 24,8, in Hamburg 27,1, in Wien 28,9, in Budapest 42,3, in Prag 53,7, in Basel 27,6, in Brüssel 24,3, in: Paris 27,1, in Amsterdam 30,9, in Rotterdam 30,3, im Haag 26,6, in Kopenhagen 28,0, in Stocktholm 24,3, in Christiania 26,9, in Warschau 28,1, in Odessa 26,9, in Turin 23,3, in London 21,6, in Glasgow 26,9, in Liverpool 27,9, in Dublin 26,0, in Edinburgh 20,6, in Alexandria (Aegypten) 44,, in San Franzisko 25,8, im Calcutta 35,1, in Madras 94,8, in Bombay 37,3.

Während in Weit- und Süddeutschland bei hauptsächlih vor= waltenden Süd- und Westwinden die Lufttemperatur eine wesentliche Steigerung erfuhr und besonders in der oberrheinishen Niederung von reichlichen Regen-Niederschlägen begleitet war, sank dieselbe inx ganzen Nord- und öftlichen Deutschland bei vorherrschend nordwest- lichen und nördlihen Windrichtungen sehr erheblich (in Breslau und Conitz bis zu 10 und 10,7 Grad R.) und stieg erst wieder in den leßten Tagen in dex Berichtswoche. Die durchscnittliche Jahres- sterblichkeit (auf 1000 Bewohner gerechnet) sank im Ganzen von 26,5 auf 26s; sie erfuhr somit eine nur geringe Minderung. Merklicher war die Sterblichkeitabnahme in den nordwestlicheren Regionen. (am Niederrhein und an den Nordseeküsten), die Zunahme dagegen am stärksten im mitteldeutshen Gebirgslande und im Ostieeküstenlande; sie stieg daselbst von 24,9 und 27, auf 27 s resp. 31,7. Die Betheiligung der Aktersklasse der Kinder unter 1 Jahre an der Gesammtsterblichkeit war um 2°%/ größer als in der Vorwoche, besonders in der Ober- und Warthe-Region und im füd- deutschen Hochlande (in München 42,8%); das Greisenalter zeigte genau dieselben Verhältnisse wie in der Vorwoche. Von den Todes- ursachen haben vorzug8weise die Entzündungen der Athmungsorgane eine merkliche Abnahme erfahren (von 452 der Vorwoche auf 384). Nur im süddeutshen Hochlande und an der Nordseeküste treten fie in vermehrter Zahl auf. Auch die Darmfkatarrhe ersceinen seltener mit tödtlichem Verlaufe, die Brechdurhfälle der Kinder dagegen hâun= figer, namentli in den Städten der Mark. Von den Infektionsbrank= heiten verlaufen die Masern besonders in den oberrheinischen Städten. häufiger tödtlih. Scharlachfieber und Diphtherie zeigen sich im Osten Danzig, Stettin), die Typhen in Ober-Schlesien (Königshütte, Beuthen)

äufiger. Aus Metz werden 2 Todcsfälle an FleckXtyphus gemeldet. Fn Berlin ist die Wochensterblichkeit um fast 2°/a geringer geworden ck Masern, Scharlach, Diphtherie waren seltener. Die Todesfälle au Blattern nehmen in London (72) allmählich ab, auc in den größeren englishen Städten mit Ausnahme von Liverpook, lassen die Todes fälle nah. In Wien hat ihre Zahl gleichfalls ab-, in Pzag erheblich zugenommen. In einigen Städten Amerikas (namentlich in New= Orleans) grassiren die Pocken heftig Die Cholera macht in Indien (Madras) bedeutende Fortschritte, au in Afghanistan kommen Cho= lerafälle häufig vor. Dagegen wird aus Mejopotamien berichtet, ap die Beulenpest, zumal nach heftigen Regengüssen im Januar, } nicht weiter gezeigt habe. L E

Im Hafen zu Leer (fiskalischer DoChafen sowie städtischer Hafen an der Leda) kamen im Jahre 1876 an 324 Seeschiffe mit einer gesammten Ladungs fähigkeit von 39,801,12 Brit. Register-Ton8®x von diesen Sciffen war 1 unbeladen; Deutschland gehörten von ter Gesammtzahl 237 darunter 17 Secdampfschiffe von 5,882,8 Register-Tons an. Aus dem Hafen gingen ab 241 beladene und 113 unbeladene Seeschiffe mit einer Lodungsfähigkeit von in8gctammt 44,058,77 Register-Tons; deutsche Schiffe befanden sich hierunter 192 beladene und 83 unbeladeue. Im Hafen zu Leer kamen auß dem an 4277 beladene und 782 unbeladene Flußscbiffe mit “einer Gesammtladungsfähigkeit von 42,294 Register-Ton8; ed "erließen den Hafen 1829 beladenx und 3230 unbeladene Flußscife mit ciner Ladungsfähigkeit von \n8gesammt 42,310 Register-Tond,