1877 / 56 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Mar 1877 18:00:01 GMT) scan diff

der Schaßkammer, Northcote, die erste Reduktion der Zu- \hlagssteuer für den Suezkanal seï bis zum 15. April verschoben worden, da die Genehmigung der Regierungen hierzu noch ausftehe. Die Suezkanalgesellschaft habe ihren Protest gegen die Entscheidung der internationalen Tonnenkommission zurückgezogen. Die Gesellschaft habe ferner dagegen Einspruch erhoben, daß England für die von ihm erworbenen Aktien das Stimmrecht ausübe, weil die betreffenden Aktien ohne Coupons seien. Die englische Regierung habe hiergegen Verwahrung eingelegt, hoffe aber eine gütlihe Regelung der Angelegen- heit. Auf eine weitere Anfrage Duffs bezüglih der Rück- berufung des Kapitäns Burnaly aus Central- asien erwiderte der- Staatssekretär des Krieges, Hardy, Kapitän Burnaly sei nicht auf Verlangen Rußlands zurück- berufen worden, sondern aus Gründen der allgemeinen Politik, hauptsählich aber um den Verdacht nicht aufkommen zu lassen, als sei derselbe mit einer besonderen Mission betraut.

6. März. (W. T. B.) Der russishe Botschafter, Graf Schumwaloff, hat sich nah Paris begeben. Das dem Parlamente vorgelegte Marinebudget beträgt 10,979,829 Pfd. Sterling, mithin 309,043 Pfd. Sterling we- niger, als für das Vorjahr veranschlagt war. Der Kopfbe- stand der Marine ist auf 44,700 Mann beziffert.

Frankreich. Paris, 3. März. (Köln. Ztg.) Der Minist er- Präsident Simon erklärte im Aus\{chuß wegen der ge - rihtlichen Verfolgung Cassagnacs, daß das „Pays“ eben so gut, wie die „Droits de l’Homme“ in Ankiagezustand verseßt werden müsse; er habe in dieser Beziehung seine An- sicht über die Preßfreiheit nicht geändert, er verfolge nicht ein Preßvergehen, sondern ein Vergehen gegen das gemeine Recht : beleidigen, verleumden, zum Staatsstreih und zum Bürger- kÉriege heßen, sei Auflehnung gegen das Geseß, welche weder in der Presse noch sonst wo ungestraft bleiben dürfe. Daher müsse zuerst das Blatt gerichtlich verfolgt werden, welches diese Angriffe veröffentlichte; aber gegen andere Blätter sollten gleichfalls gerichtliche Verfolgungen eingeleitet und der Bona- partismus überall, wo er verschanzt sei, verfolgt werden. O die Beamtenversezungen würden mit Festigkeit, doch mit Mäßigung fortgeseßt werden. Der Aus\{huß be- fchloß, am Montag Cassagnac vernehmen zu wollen. Der Kriegs-Minister, in Kenntniß geseßt, daß eine große Anzahl fähiger junger Leute sih nicht zu dem Examen für die Offizierstellen der Territorial-Armee melden, weil sie nicht die Mittel haben, um sih zu equipiren, läßt gegen- wärtig einen Geseßentwurf ausarbeiten, um von den Kammern die für die Equipirung der unbe- mittelten Offiziere nothwendigen Gelder zu erhalten.* Der von dem Minister der öffentlihen Ange- legenheiten vorgelegte Entwurf, welcher die nöthigen Arbeiten vorzunehmen beantragt, um der Seine von Rouen bis Paris eine Tiefe von wenigstens drei Meter zu geben, und der eine Ausgabe von 24 Millionen veranlaßt, wurde von der besonders dazu ernannten Kommission geprüft. Die Mehrheit der Kommisjion spricht sih für das Projekt günstig aus, verlangt jedoch, daß die Tieferlegung der Seine auf drei Meter die ganze Strele durch Paris mit begreifen und die Arbeiten derart angefangen werden sollen, daß man eine Tieferlegung bis auf vier Meter ohne große Unkosten bewerk- stelligen könne. Der Minister des Fnneérn erhielt einen Bericht des Nhone - Präfekten, der dringlih auf einer unmittelbaren Herabseßung der Steuern int Oele und Seifen besteht, da nur eine solche, wie er glaubt, die Marseille bedrohende industrielle Krisis erleihtern könne.

5. März. Der „Köln. Ztg.“ wird gemeldet: „Fast alle Blätter sprehen sih ziemlih s{charf gegen die Jdeen aus, welche Thiers gestern in der Versammlung des mit der Berathung des Militärgeseßes beaustragten Aus\husses gehalten hat. Mit der Rückkehr zu dem Geseße von 1832 jcheint Niemand sih befreunden zu wollen.“

Spanien. Barcelona, 4. März. (Köln. Ztg.) Der König hat bei Eröffnung der hiesigen Ausstellung eine Rede gehalten, worin er den Frieden und die Arbeit pries. Darauf hielt der König eine Truppenschau ab. Gegen Mitternacht wird der König nah Rosas abreisen.

Portugal. Lissabon, 5. März. (W. T. B.) Jn dem neu gebildeten Ministerium hat der Marquis de Avila die Präsidentschaft und die Portefeuilles des Ministeriums des Fnnern und der Auswärtigen Angelegenheiten, Carlos Bento das Finanz-Ministerium, Barrosie Cunha das Mini- sterium der öffentlichen Arbeiten, Mexia Salcma das Justiz- Ministerium, General de Sousa Pinto das Kriegs-Ministerium, «Jose Mello Couvea das Marine-Ministerium übernommen.

Griechenland. Athen, 25. Februar. Der „Pol. Corr.“ wird gemeldet, daß die Kammer ernstlich ans Werk geht, das Gesetz, betreffend die allgemeine Wehrpflicht, in Griechenland einzuführen. Nachdem Komunduros in dieser Angelegenheit eine glänzende Rede C nahm die Kammer fast ohne Debatte 1) die ausnamslose allgemeine Wehrpflicht der Altersklasse von 20 bis 40 Jahren und 2) die Abschaffung des Losftaufes und der Stellvertretung im Heere mit großer Mehrheit gegen nur einige wenige opponirende Deputirte der Partei Deligeorgis an. Seither wurden 26 Artikel des Ge- setzes in friedlihster Berathung votirt. Zeigt die Kammer ferner- hin auch eine so ernste und patriotische Stimmung, so wird die Regierung alle rückständigen Geseßprojekte durhbringen. Durch provisorische Steuern, Besteuerung der Einfuhrzölle, der Stempelgebühr, der Fahrbillete und Eintrittskarten und der Jmmatrikular - Gebühren der studirenden Jugend fchlägt der Finanz-Minister Sotiropulos eine neue Steuer- auflage von jährlih 3+ Millionen vor, um dadurch das De- fizit in Budget (das in diesem Jahre über eine Million be- trägt) zu decken und der eben gegründeten Kasse des Fonds zur Nationalvertheidigung die zur Beschaffung der Zinsen und Amortisirung eines nöthigen Kapitals von etwa 50 Millionen Franken die Mittel in die Hand zu geben. Trotz des Com- muniques, welches von der türkischen Gesandtschaft am 21. d. Mts. hier veröffentlicht wurde, sieht es in Kreta gar nicht so friedlich aus. Die Verbrüderungen und persönlichen Bünd- nisse (Adelphopiiae) zu Shuß und Truß im Kampfe dauern fort. Die Landleute verweigern dié Steuern und treten trobig auf, während die Bemühungen Moukhtar Paschas, Wahlen auf Grundlage der Konstitution vorzunehmen, scheitern.

Türkei, Konstantinopel, 5. März. (W. T. B.) Heute hat die erste Konferenz Savfet Paschas mit den montenegrinishen Delegirten statt- gefunden. Leßtere überreichten schristlich Die von Mon- tenegro aufgestellten Forderungen, Savfet Pascha sagte deren Prüfung und die demnächstige Anberaumung einer

weiten Konferenz zur weiteren Verhandlung zu. Dem

ernehmen nach fordern die Montenegriner eine Grenzberich- tigung sowohl in Bezug auf einige Distrikte, die bei der leßten Grenzbestimmung in zwei Theile getheilt wurden, wie auch in Bezug aaf die Distrikte von Nikfic und Priva, weitere Forderungen derselben betreffen den Besiß des Hafens von Sp1zza, die freie Schiffahrt auf dem See von Skutari und auf dem Flusse Bocana, die freie Rückkehr der Flücht- linge aus der Herzegowina und die Herstellung eines modus vivendi für die fünftigen Beziehungen- zwishen der Pforte und Montenegro. Die serbischen Delegirten und Pertew Effendi verlassen Konstantinopel erst nächsten Freitag. Pertew Effendi überbringt nah Belgrad einen Firman, dur welchen die Beziehungen zwishen der Pforte und Ser- bien wieder Lr Rene werden. Der Fürst von Mon- tenegro hat in die Verlängerung des Waffenstillstands bis zum 21. d. gewilligt und die dem entsprehenden Befehle an seine Truppen ertheilt. Der hier zur türkishen Kammer gean Grieche hat die Annahme des Mandates abg e- ehnt.

Der Wien. „Presse“ wird aus Konstantinopel, 27. Februar geschrieben: Die hiesige Presse ist auffällig zurüchaltend gran. Man liest in ihren Spalten, so weit innere Verhältnisse in Frage kommen, kaum etwas Anderes als trockene Berichte über Ereignisse lokaler Natur. Wenn man nicht wüßte, daß den sämmtlichen Blättern von dem Preßbureau die strifte Weisung zugegangen, si - aller [eidenschastlichen Erörterung der großen s{webenden Frage zu enthalten, so ließe sih dieses Schweigen auch sehr E aus der geraume Unsicherheit erklären, welche das Verhältniß der Türkei zu Rußland beherrscht. Die kriegerishen Vorbereitungen nehmen unausgeseßt ihren Fortgang; in den leßten Tagen is wieder eine beträchtliche Anzahl von Kruppgeshüßen {weren Kalibers angekommen ; diejelben sind sofort nah dem Bosporus zur Armirung der Küstenbatterien abgeschickt worden. Admiral Hobart Pascha ist von seiner Inspektionsreife aus dem Schwarzen Meere zurückgekehrt. Die Regierung hat bekanntlih in sehr-ener- gischer Form die Nachricht in die Welt geschickt, daß sie an dem Erscheinen der Broschüre „Les Responsabilités“ durchaus keinen Theil habe. Dieser Nachricht entspriht es sehr wenig, daß die offizióse „Turquie“ mit großem Wohl- behagen meldet, die erste Auflage der Broschüre fei vergriffen und die zweite bereits i1 Vertrieb ge- seßt. És ist keine Rede mehr davon, daß das Parla- ment am 1. März a. St. eröffnet werden könnte; man hat noch nit cinmal eine Uebersicht über den Verlauf der Wahlen, deren Resultate sehr sporadish bald aus der einen, bald aus der andern Provinz hierher gemeldet werden. Aus Arabien sind noch gar keine Nachrichten eingetroffen, die Beduinen treiben ihr Gewerbe bekanntlih im Umherziehen und es dürfte einige Schwierigkeiten haben, die nöthigen Wahllokale ausfindig zu machen. 7Fm Libanon wird gar nit gewählt; Drusen wie Maro- niten erklären, sie besißen ihre verbrieften Rethte und es fiele ihnen nicht ein, si in den E türkischen Topf werfen zu lassen. In den Provinzen, in denen gewählt wurde, ist es mitunter arg genug hergegangen ; die Beamten hatten niht die mindeste Jdee von einer Parlamentswahl und die provisorishe Wahlordnung verstanden sie niht. Jm Allgemeinen kann man sagen, daß die Valis eben die paar Perfönlichkeiten hierher senden, die ihnen zu Gesichte stehen; von einer“ türkishen Volksvertretung wird keine Rede sein. Eines der ersten Geseße, die dem Par- lament vorgelegt werden sollen, wird die Justizorganisation sein, die shon durch den vorleßten Reformhat Abdul Azizs angekündigt wurde. Es sind das Alles Produktionen auf dem Papier, hinter denen kein Ernst zu suchen is. Der Sul - tan bemüht sich, gesund zu erscheinen. Er konferirt häufig mit dem Großvezier und macht Ausflüge zur See, wie letzthin nah den Prinzen-Fnseln. Sein steter Begleiter is Mahmud Damat Pascha, der den Souverän vollständig in seine Hand bekommen hat.

Ferner sind der „Presse“ folgende Telegramme zuge- gangen :

Pest, 2. März. Berichten aus der türkischen Haup t- a zufolge ist man in den_dortigen maßgebenden Buen

er Ansicht, daß es bald möglih sein werde, einen Theil der türkischen Cn von der russisch-asiatishen Grenze zurü- zuziehen, da die politishe Situation eine friedlichere G estalt anzunehmen scheine.

Agram, 2. März. Dem „Obzor“ wird aus Sissek ge- meldet, daß fich 700 bewaffnete Tatholishe Bosnjaken von BVischtshe und Ober-Jvanska in Folge türkischer G e- Fa erhoben und der Fnsurrektion angeschlossen

aben.

_London, 5. März. (W. T. B.) Der mit einer Spezial- mission für Paris und London beauftragte türkische Agent, Vahan Effendi, wurde heute von Lord Derby em- pfangen.

Der Konstantinopeler Korrespondent der „Time s“ hält seine Mittheilung, daß der durch seine Grausamkeiten in Bulgarien kompromittirte Schefket Pascha ein Kommando in der ottomanischen Donau-Armee erhalten habe, völlig auf- reht und fügt Hus daß Abdul Kerim nach seiner Rückkehr aus dem serbischen Feldzuge die Abreise Schefkets, der Ordre hatte, sih nah Philippopel zu begeben, um dort seinen Prozeß zu erwarten, verhinderte. Schefket Paschas Harem stattete dem Serdar Echrem für diese hohe Gunst seinen Dank ab. Es ist wohl bekannt, bemerkt der Korrespondent, daß Schefket in seiner Tasche einen telegraphischen Befehl von Abdul Kerim mit fich herumträgt, der ihm gebot, das Dorf Slivno nieder- zubrennen. Schefket zeigte diesen Befehl dem Bischof von Slivno, der zu ihm im Namen des Kaimakams Haidar Effendi

ekommen war, um ihn zu bitten, sein Dorf zu schonen. Saidax Effendi wurde in Folge dieser barmherzigen Ein- mischung seines. Postens entseßt.

Die „A. A. C.“ meldet aus London, 2. März: Das jüngste Gerücht, daß der ShirifvonMecca, der die höchste priesterlichhe Stellung in dem Reiche der Jslams einnimmt, dem Scheik-ul-Fslam ein Dekret gesandt, in welchem er eine Kriegserklärung gegen Rußland als eine religiöse Nothwendig- keit verlangt, wird jeßt von vérschiedenen glaubwürdigen Seiten her bestätigt. Der Scheik-ul-Jslam wird diese Frage dem großen Rathe der Pforte oder dem türkischen Parlamente vorlegen.

Aus Konstantinopel wird dem „Standard“ unterm 2. ds. telegraphirt, daß die Differenzen mit den Miriditen beigelegt worden seien.

Wie der „Standard“ aus Wien erfährt, beabsichtigt die Pforte, England æinzuladen, einer unverzüglichen Rück- kehr seines Botschafters nah Konstantinopel seine Zustimmung

zu ertheilen und so den andern Mächten in dieser Hinsicht mik gutem Beispiel voranzugehen. j

, Numänien. Bukarest, 5. März. (W. T, B.) Der sein Entlassungs Demeter Sturdza hat dem Fürsten e

in Entlassungsgesucch eingereiht. Wegen der dur en starken Schneefall herbeigeführten Verkehrsstockungen sind gestern und heute keine Posten eingetroffen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 1. März"

H. N.) Jn der gestrigen Abendsißzung der Zweiten ammer entstand eine lebhafte Diskussion wegen der für den Kronprinzen angeseßten 72,000 Kronen. Einige der Landmanna-Parthisten wollten von einem Anschlag durh- aus nihts wissen, während die gemäßigtere Partei 40,000 Kronen bewilligt E e wollte. Herr Dickson machte auf das Unpassende dieser Diskussion aufmerksam und bat Diejenigen, die sih auf der Rednerliste eingezeihnet hatten, davon abzu- Meder Seine Bitte fand jedo kein Gehör und der Minister- räsident de Geer sah sih veranlaßt, das Wort zu ergreifen, um den Posten zu vertheidigen. Eine wie starke Opposition sih dennoch geltend machte, ging aus der Schlußabstimmung hervor, indem 112 Stimmen für und 67 gegen abgegeben wurden. Die diplomatische Ausgabe 443,000 Kronen, 160,000 Kronen für das Konsulatswesen, wurden ohne Debatte bewilligt.

_ Dänemark. Kopenhagen, 2. März. (H. N.) Die dritte Berathung des militärishen Strafgeseßes kam gestern im Folkething zu Ende und zwar ohne daß bei den Abstimmungen eine völlige Einigkeit mit dem Kriegs-Minister herbeigeführt wurde. Das Geseß geht nun wieder an das Landsthing zurück und, wenn es dem Minister gelingt, dasselbe dort in einer Gestalt durchzubringen, die er annehmbar findet, so hat die Linke durch ihren Berichterstatter bereits in Aus- sicht gestellt, daß sie in Betreff der restirenden Differenzpunkte nachzugeben niht abgeneigt sei. Unterm 23. Februar hat das Finanz-Ministerium eine Kommission eingeseßt, welche geeignete Vorschläge für die Ausführung der jeßt bevorstehen- den Regulirung der Staatswälder macheu soll.

__ Amerika. Washington, 5. März. (W. T. B.) Die Jnstallirung des neuen Präsidenten er Union, Hayes, hat heute stattgefunden. Jn seiner dabei erlassenen Botschaft kündigt Hayes die Grundsäße an, von denen er sih in allen Hauptfragen leiten lassen werde und hebt insbe- sondere hervor, daß er keine unwiderruflihen Prinzipien oder Verwaltungsmaßregeln aufstellen, sondern hauptsähhlih von den Motiven sprechen wolle, welche das Land beseelen müßten. Er wolle ferner zur Erreichung gewisser wichtiger Ziele Anregung geben, die den amerikanischen Jnstitutionen entsprächen und welche für die Wohlfahrt des Landes wesentlich seien. Jeßt wolle er dasjenige wiederholen, was er bereits vor den Wahlen ausgesprochen habe, und er hoffe, daß seine Mitbürger dieses aufrihtig prüfen und „auffassen würden und sich überzeugt fühlen würden, daß die Gesinnungen, welche er bei der An- nahme der Kandidatur ausgesprochen habe, die Norm für sein zukünftiges Verhalten sein würden. Die dauernde Pazifizirung des Landes auf der Grundlage solcher Prinzipien und Maß- regeln, die geeignet seien, den vollen Schuß aller Bürger im freien Genuß der ihnen g zustehenden Rechte zu sichern, sei der eine Gegenjstand der Staatsgeschäfte der neuen Regierung, den allè besonnenen und patriotischen Bürger als von höchster E E würden. Viele unheilvolle Folgen der Revolution der Südstaaten seien noch nicht bescitigt und die unermeßlihen Segnungen, die früher oder später einer aufrihtigen und allgemeinen Annahme der legitimen Resultate jener Revolution sicher folgen würden, seien noch mcht verwirklicht, schwierige und Verlegenheiten bereitende Fragen seien in diesem Betreff noch zahl- reih zu lösen. Die Bevölkerung jener Staaten sei verarmt und genieße noch nit die unshäßbaren Segnungen einer weisen, chrlichen und friedlihen lokalen Selbstverwaltung. Es fei klar, daß im Verlaufe der Ereignisse die Zeit gekommen sei, wo eine solche Selbstverwaltung zur gebieterishen Nothwen- digkeit geworden. Die verschiedenartigen Jnteressen der be- ¿reffenden Staaten erheishten indeß nur eine lokale Verwal- tung, die die Rechte aller unverlezt anerkenne und aufrecht erhalte. Es empfehle sih deshalb eine sorgfältige und gleih- mäßige Wahrung der “Jnteressen beider Racen- und eine loyale und aufrichtige Unterwerfung unter die Konstitution und die Staatsgeseße als die sicherste Basis einer G Selbstverwaltung. Auch sei dieser Frage gegenüber jeder Parteihader zu vermeiden. Jn den Südstaaten handle es sich lediglich darum, die Herrschaft der sozialen Ordnung wieder herzustellen oder zur Barbarei zurückzukehren und Republikaner und Demokraten müßten in dieser Frage vereint Hand in Hand gehen, um die Wohlfahrt des Landes weiter zu ent- widckeln. Zur Verbesserung der moralischen Lage der Bevölke- rung erscheine die Errichtung von Freishulen das geeignetste Mittel, seine des Präsidenten Politik sei darauf ge- richtet, den Unterschied der Race und Farbe zwischen Norden und Süden für immer zu vernichten, um das ganze Land zu größerer Einheit zu führen. Ein ferneres Ziel seiner Regierung sei eine radikale Reform des bureaukratischen Systems, sowie eine Le der Staatsverfassung in der Richtung, daß der Präsident künftig auf 6 Jahre gewählt werde und nah dem Ablauf seiner Amtirungsperigde nicht wieder wählbar sei. Das Darniederliegen der Jndustrie, mit welchem das Land seit dem Jahre 1873 zu kämpfen habe, dauere noch immer fort, indeß lelbe doch einzelne Zeichen erkennbar, die ein Wiederaufleben der)elben erhoffen ließen. Durch das un- einlösbare Papiergeld sei eine Unsicherheit im Handel hervorge- O worden, als das einzige sichere Papiergeld fei das auf Hart- geld basirte anzusehen, es sei daher eine Geseßvorlage zur

iederaufnahme der Hartgeld-Zahlungen ganz unerläßlih. Jn Bezug auf die auswärtigen Angelegenheiten erwähnt die Bot= schaft des Präsidenten die internationalen Verwickelungen, durch mwelhe der europäische {Friede bedroht werde und betont, daß die Politik der nordamerikanischen Union, sich in die Angelegenheiten anderer Mächte niht einzumishen, aufrecht erhalten werden müsse. Der Präsident gedenkt dabei rühmend der Politik seines Amtsvorgängers, der ernste Streitigkeiten durh Schieds= gerichte habe zum Aust rag bringen lassen eine Politik, die; anderen Nationen als nachahmenswerthes Beispiel dienea könne und eine Politik, die er selbst zur Anwendung bringen werde, falls während seiner Verwaltung irgend welche Streikig- keiten entstehen sollten. Die Botschaft {ließt mit einex Er= mahnung zur Einigkeit, damit Religion, Frieden, Glü, Wahrheit und Gerechtigkeit für immer in der Nation zur Herrschaft gelangen möchten.

(A. A. C.) Der oberste Bundesgerichtsh of hat

in den Gran se Prozent entschieden, daß ein Staat die Be- as habe, die Es t- und Passagierbeförderungs- reise von Eisenbahnen zu regeln.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Belgrad, Dienstag, 6. März, Vormittags. Das amt- lihe Blatt veröffentlicht eine Proklamation des Fürsten Milan, in welcher der Friedens\{luß mit der Pforte verkündigt wird. Die Verhältnisse Serbiens gegenüber der Pforte bleiben, wie in der Proklamation weiter mitgetheilt wird, dieselben, wie sie vor dem Kriege waren. Der Kriegs8zustand wird aufge-

oben, die türkfi)hen Truppen werden bis zum 12. d. das erbische Gebiet räumen. Ein besonderes Dekret verlängert das Moratorium bis zum 1. Juni.

SecichStags - Angelegenheiten. Der dem Reichstage vorgelegte Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Haushalts-Etats des Deutschen Reichs für das Etatsjahr 1877/78, hat folgen-

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutsher Kaiser, König von Preußen 2e. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach - erfolgter Zu-

‘den Wortlaut:

stimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

8. 1. Der diesem Gesetze als Anlage beigefügte Haushalts-Etat des Deutschen Reichs für das Etatsjahr 1877/78 wird in Ausgabe auf 542,903,370 4, nämlich auf 414,746,930 M an fortdauernden, und auf 128,156,440 Æ. an ecinmaligen Ausgaben, und in Einnahme auf 542,903,370 M festgestellt. : S

8. 2. Der diesem Gesetze als weitere Anlage beigefügte Besol- dunasetat für das Reichsbank-Direktorium für die Zeit vom 1. April 1877 bis 31. März 1878 wird auf 132,000 M festgestellt.

8, 3. Der N LILn ee wird ermächtigt: 1) zur vorübergehenden Verstärkung des ordentlichen Betriebsfonds der Reichs-Hauptkasse nach Bedarf, jedoch niht über den Betrag von vier und zwanzig Millionen Mark hinaus, 2) behufs der Beschaffung eines Betriebs- fonds zur Durchführung der Münzreform bis zum Betrage von hun- dert und siebzig Millionen Mark Schaßanweisungen auszugeben.

8, 4. Die Bestimmung des Zinssates dieser Schaßanweisungen, ‘deren Ausfertigung der preußishen Hauptverwaltung der Staats- schulden übertragen wird, und der Dauer der Umlaufszeit, welche den 30. September 1878 nicht überschreiten darf, wird dem Reichskanzler überlassen. Innerhalb dieses Zeitraumes kann, nah Anordnung des Reichskanzlers, der Betrag der Schaßanweisungen wiederholt, jedoch nur zur Deckung der in Vertehr geseßten Schaßanweisungen aus8ge- geben werden. : ; /

8. 5, Die zur Verzinsung und Einlösung der Schaßanweisungen erforderlichen Beträge müssen der Reichsshuldenverwaltung aus den bereitesten Einkünften des Reichs zur Verfallzeit zur Verfügung ge- stellt werden. ; | : S

S. 6. Dié Ausgabe der Schaßanweisungen ist durch die Reichs- kasse zu bewirken. Die Zinsen der Schaßanweisungen, sofern leßtere verzinslih ausgefertigt sind, verjährea binnen vier Jahren, die ver- schriebenen Kapitalbeträge binnen dreißig Jahren nach Eintritt des in jeder Schaßanweisung auszudrückenden Fälligkeitstermins.

. 7. Die Deckungsmittel für die unter den einmaligen Aus- gaben nachgewiesenen Beträge 1) zur Erweiterung der Umwallung von Straßburg 1,300,000 4, 2) zur Erweiterung der Militär- Erziehungs- und Bildungsanstalten 3,026,500 4, 3) zum Bau eines Kasernements für die Artillerie - Schießschule in Berlin 400,000 #, find vorshußweise aus dem Reichs-Festungsbaufonds zu entnehmen. Die Rückerstattung dieser Vorschüsse erfolgt: zu 1 aus den von der Stadtgemeinde zu Straßburg für die entbehrlich werdenden Grund- stücke zu entrichtenden siebenzehn Millionen Mark (Geseß vom 14. Februar 1875, Reichs-Geseßbl. S. 62), zu 2 aus den Verkaufs- erlösen der Grundstücke des jeßigen Berliner Kadettenhauses und der Krieg8akademie (Gefeß vom 12. Juni 1873, Reichs-Geseßbl. S. 127), zu 3 aus dem Verkaufserlöse des alten Kasernements der Artillerie- Shchießschule. Urkundlich 2c. Gegeben 2c.

—Im8. \chleswig-holsteinschenWahlkreise (Altona 2c.) ist bei der Nahwahl Professor Karsten in Kiel mit 14,125 gegen 12,815 Stimmen, welche Georg Wilhelm Hartmann in Hamburg erhalten hat, zum Mitgliede des Reichstages gewählt worden.

Statistische Nachrichten.

Mort alitäts-Statistik und Gesundheitsverhält- nisse. Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund- heitsamts find bis zu der am 24. Februar cr. beendeten achten Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurhscnitt be- rechnet, gestorben: in Berlin 22,3, in Breslau 29,7, in Königs- berg 32,5, in Cöln 29,0, in Hannover 16,8, in Magdeburg 31,4, in Stettin 24,3, in Altona 25,3, in Straßburg 29,1, in München 35,8, in Augsburg 35,2, in Dresden 23,6, in Leipzig 22,3, in Stutt- gart 27,9, in Hrauas&rweia 29,1, in Karlsruhe 23,7, in Hamburg 26,6, in Wien 32,8, in Budapest 41,9, in Prag 52,8, in Basel 26,5, in Brüssel 21,9, in Paris 27,0, in Amsterdam 29,5, in Rotterdam 28,7, im Haag 24,1, in Kopenhagen 26,8, in Stockholm 28,1, in Christiania 26,9, in Warschau 25,1, in Neapel 41,4, in Turin 29,4, in Bukarest 33,5, in Odessa 42,5, in Lissabon 30,6, in London 22,1, in Glasgow 26,0, in Liverpool 22,6, in Dublin 27,2, in Edinburgh 20,0, in Alexandria (Aegypten) 37,2, in New-York 22,1, in Phila- delphia 14,8, in Bosten 18,5, in San Franzisko 30,0, in Calcutta 32,7, in Madras 106,8, in Bombay 36,8. N i

Wie in der vorhergehenden Woche, so herrschten auch in den ersten Tagen der Berichtswoche West- und Südwinde in Deutschland

und bedingten eine ungewöhnlich milde Temperatur der Luft. Erst |

am 20. Februar san? dieselbe unter dem Einflusse mebr östlicher und nördlicher Luftströmungen und war, namentlich in Berlin, von stär- steren Rezgen-, sowie, besonders in den östlichen Gruppen, von anfehn- lihen Schnee- und Hagelniedershlägen begleitet. Die Gesammt- Sterblichkeitsverhältnißzahl der ‘deutschen Städte sank von 26,8 der Vorwoche auf 26,5% (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet). Die Verminderung der Sterblichkeit zeigte s{ch im östlichen und nördlichen Deutschland am stärksten (in der Ostseegruppe von 31,6 auf 26,6 und im Mitteldeutshen Gebirgslande), während im Süden und Westen, am meisten in der niederrheinishen Gruppe, eine Steigerung stattfand (25,5 auf 27,8), Die Sterblichkeit der Kinder unter 1 Jahr ist im Allgemeinen fast 1 9% geringer als in der Vorwoche, zugenommen hat sie hauptsächlih im süddeutschen Hoclande (von 40,8 auf 44,4 °/9). Auch der Antheil des Greisen- alters an der Gesammtsterblichkeit war ein geringerer. Unter den Todesursachen zeigen sih Lungenshwindsucht und dic akuten Erkran- kungen der Athmungsorgane vorzugsweise am Nieder- und Oberrhein und in der \ächsish-märkishen Gruppe vermehrt. Auch die Zahl der Brechdurchfälle ist im. Ganzen größer und nur in Süddeutschland geringer. Dagegen ist eine Abnahme fast aller Jnfektionskrankheiten zu konstatiren, mit Ausnahme des Flectyphus, von dem 6 Fälle gegen 3 der Vorwoche gemeld:t wurden. Das häufigere Auftreten dieser Krankheit namentlich in Oberschlesien, hat die dortige Regierung veranlaßt, die Anzeigepfliht der Aerzte auch auf alle Typhusfälle auszudehnen. In den nordischen Städton (Christiania, Stockholm, Kopenhagen) treten Scharlach und Diphterie häufiger auf, desgleihen in Warschau und Pest, dagegen lassen die Typhen erheblich nah. Die Pocken zeigen in London wieder eine bcdeut-nde Zunahme der Sterbefälle (104), in den größeren englischen Städten lanen fi nah; auch Wien und Prag weisen erhebliche Rückgänge auf. Die

bis zum 18. Februar reibenden Nachrichten aus Mesopotamien kon- ftatiren den bereits mitgetheilten vollständigen Nachlaß der Erkran- kungen und Todesfälle der Beulenpest (seit dem 7. Februar war kein Todesfall mehr vorgekommen), doch gebe den dortigen Aerzten die jeßt dafelbft herrshende von Drüsenans{w-Uungen begleitete Diph- terie leiht Veranlassung zur Verwechselung mit dieser Krankheit.

Choraffan und namentlich in British-Indien macht die Cholera bedeutende Fortschritte.

Dás Kaiserli statistische Amt veröffentliht in dem jeßt herausgegebenen Heft 1V. Abtheilung 2 der Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs für das Jahr S u. A. eine Be- rechnung desWerthsderin den freien Verkehr des deut- \chenZollgebiets in den fünf leßten Jahren eingeführten Waaren. Na derselben hat der Einfuhrhandel von 1876 im All- gemeinen eine nit unerhebliche Steigerung erfahren, und ist der Totalwerth desselben in keinem der vier vorhergehenden Jahre erreicht worden. Der leßtere belief fih (aus\{ließlich Münzen und Edel- metalle) auf 3824,8 Million. A (1875: 3530,7 Million. M, 1874: 3604,7 Million. M, 1873: 3756,2 Vtillion. 4, 1872: 3262,0 Million. 4). Im Einzelnen beziffert sih der Werth der eingeführten Waaren in 1876 (verglichen mit N in Millionen Mark folgender- maßen: Getreide und Makhlfabrikate 577,0 (1872: 279,5); ge- gohrene Getränke 68,4 (1872: a Jueeh Kaffee, Gewürze U. 4, W, 2090. (18721: 1926): abak und Tabaksfabrikate 81,6 (1872: 88,5); Sämereien, Früchte, Gewächse 126,6 (1872: 91,6); Thiere und animalishe Nahrungsmittel 398,8 (1872: 230,7); Dünger und Abfälle 63,3 (1872: 43,0); Brennstoffe 85,5 (1872: 78,3); Erden, Erze, rohe Steine u. \. w. 82,9 (1872: N Stein-, Thon- und Gla8waaren 19,1 (1872: 17,9); rohe Metalle 101,7 (1872: 140,1); roh bearbeitete Metalle 11,7 (1872: 25,3); Metallwaaren 27,2 (1872: 33,5); Droguen, Chemikalien, E und Farbewaaren 192,6 (1872: A CLE Harze, Fette, Oele, Aether, Seifen 1894 (1872: 178,8); Filzstoffe, Haare, Häute, Federn, Leder 206,1 (1872: 193,5); Leder-, Rauch- und Filzwaaren 21,3 (1872: 14,9); Spinnstoffe 640,0 (1872: 988,9); Garne 182,0 (1872: 194,7); Seiler-, Webe-, Wirk- waaren, Kleider 165,6 (1872: 187,8); Kautshuck- und Wachs- waaren 8,2 (1872: 6,7); Papier und Pappwaaren, Tapeten 6,9 (1872: 48); Bau- und Nutholz und andere Schnibstoffe 222,6 (1872: 297,0); Holz-, Schniß- und Flechtwaaren 18,1 (1872: 10,3); Maschinen, Fahrzeuge, Apparate 46,5 (1872: 49,0); Schmudck- und Kunstgegenstände 16,1 (1872: 14,1); Manuskripte, Drucksachen, Stiche 10,6 (1872: 9,6). Betrachtet man die einzelnen Waaren- gattungen, so ergiebt si, daß insbesondere die Einfuhr von Getreide eine bisher noch uicht dagewesene Höhe erreiht hat; aber auch bei anderen bedeutenden Handels8artikeln, wie insbesondere bei Kaffee, Petroleum, Salpeter, Soda, Glaswaaren, baumwollenen Garnen, bei roher Schafwolle, bei Pferden, Schafen und Borstenvieh, erga- ben fi in 1876 ungewöhnlih hohe Einfuhrzahlen. Dagegen ist die Einfuhr von Roheisen, sowie fast sämmtlicher Eisenartikel, mit Einschluß der Dampfkes-l, Lokomotiven und Maschinen aller Art, in bemerkenswerther Weise zurückgegangen i

Nr. 3 der Zeitschrift des Königlih Bayerischen Statistishen Bureau, redigirt von dessen Vorstand Pr. Georg Mayr, (München, Kommissionsverlag von Adolf Ackermann, vor- mals E. A. Fleis{manns Buchhandlung) hat folgenden Inhalt: Das Geburts- und Sterblichkeitsverhältniß in Bayern für das Jahr 1874. Vom* statistisch-geographischen Standpunkte aus dargestellt von Dr. med. Carl Majer, Kgl. Rath. Nachweisungen über den Verkauf von Getreide auf den bayerischen Schrannen, sowie über die erzielten Durchschnittspreise für die Monate Juli bis September 1376; desgleichen für die 6 hauptsächlihsten Schrannen nach ein- zelnen Wochen. Viktualienpreise an verschiedenen Orten Bayerns während der Monate Juli bis September 1876. Die ffIX, Ver- sammlung des internationalen statistischen Kongresses zu Budapest im Jahre 1876 und die Versammlungen der permanenten Kommis- sion des Kongresses in Wien (1873), Stockholm (1874) und Buda- pest (1876). Von Dr. G. Mayr.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Berlin. Jn der Monattsißung der Geographischen Ge- sellschaft am 3. hielt Freiherr von Thielmann, Legationssekretär bei der deutschen Gesandtschaft in Washington, einen Vortrag über die Indianerterritorien in Nordamerika.

Mit dem 12. Hefte von „Brehms Thierleben“, das soeben erschienen, liegt jeßt der 1. Band dieses trefflichen Werkes in einer zweiten vollständi umgearbeiteten und vermehrten Auflage vor. Das ganze Werk umfaßt bekanntliß in vier Abthei- lungen eine allgemeine Kunde des Thierreihs, die Säugethiere, die Vögel, die Kriechthiere und Fische, sowie die wirbellosen Thiere und die Weichthiere. Der 1. Band der 2. Auflage behandelt von den Säugethieren die Affen und Halbaffen, die Flatterthiere und die Raubthiere (Kaben und Hunde), und ist mit 157 Abbildungen im Text und 19 Tafeln von Gustav Müßel, Ludwig Beckmann, Paul Meyerheim, Robert Kretschmer und Emil Schmidt ausgestattet. Wie es Brehm wvortrefflich verstanden, den Thieren ihre Art zu leben und ihre Gewohnheiten abzulauschen, fo sind auch die dem Werke beigegebenen Abbildungen die naturtreuesten Thier- bilder, die je durch Holzschnitt dargestellt wurden.

Land-:- und Forstwirthschaft.

Die preußishe Staatsforstverwaltung betrachtet ‘es als eine ihrer Aufgaben, im Interesse der Landeskultur auf den Holz- anbau in den Waldungen der Privaten, Gemeinden 2c. anregend und fördernd auch dadurch einzuwirken, daß gutes Pflanzmaterial zum Selbstkostenpreise denjenigen Waldbesitern auf Erfordern überlassen wird, welche die Gelegenheit oder die Mittel nit besißen, sich die erforderlichen Pflanzen selbst zu erzichen. Im Jahre 1876 sind auf diese Weise aus den Staatsforsten abgegeben.

Laubholz |Nadelholz[|in Summa

Hundzrte 53,982 181,343 34,266 3,642 43,841 4,138 14,758 \ 776 30,820 Schleswig-Holst. 2,184 12,840 Hannover .... 5,636 | 125,483 Westfalen . 1,792 14,169 Hessen-Nafsau . . 267 12,315 2 Rheinlaûd . .. 2,210 14,088 16,298

in Summa | 28,097 | 537,905 | 566,002

Paris, 5. März. Die Reblaus hat fich in den Weinbergen von Macon gezeigt.

Gewerbe und Handel.

. Berlin, 6. März. (Entwickelung des Geld- und Kapi- talsmarktes im Februar 1877.) Der vorige Monat hat in der abundanten Lage des Geldmarktes, wie sie seit ‘langer Zeit bereits an- dauert, keine nennenswerthe Veränderung herbeigeführt. Obwohl Aner Anforderungen am hiesigen Platé besonders durch den Verkauf bedeutender Beträge deutscher Schaßsheine gestellt wurden, zeigte der Markt kaum an einem Tage eine erheblihe Gespanntheit, und eine i Erhöhung der -Rate am offenen Markte war das einzige äußere Kennzeichen jener umfangreichen Festlegung von Baarmitteln, durch die der hiesige Play allerdings einigermaßen entlastet wurde. Inzwischen ergeben aber die Status ter großen europäischen Kredit- institute, daß auch der Geldmarkt in seinen internationalen Bezie- hungen an Fülle der Baarmittel leidet. Während der Metall- vorrath bei allen centralen Instituten wächst, oder doch nur vorübergehend und unwesentlich abnimmt, verringern sih andauernd

56,892 184/355 35,886 47/483 18,896 31/596 15,024 131/119 15/871 12/582

1) in der Provinz Preußen 2,910 2 Brandenburg A

Q: A. W-M Wi D D: V: V

die Anlagen, so daß die Metalldecku:ig der Noten einen immer höhe- ren Prozentsaß aufweist. Aehnlich lautende Berichte laufen auch aus Nordamerika ein. Die Verhältnisse des deutshen Geldmarktes und sein: Entwicelung im vorigen Monat mögen dur die folgende Zusammenstellung aus den Status der Reichsbank charafkterisirt werden, es betrug nämlich bei derselben :

31. Januar 15. Februar 28. Februar

(in Tausenden Mark). Der gefammte Kassenbeskxnd 616,852 615,710 , 614,709 Wechselbestand und die Lom- 426,373 389,710 385,795

bardforderungen . Moa 4 729,652 692,639 694,402 Kurze Verbindlichkeiten . . 150,188 159,850 148 489

Während hiernach der Kassenbestand fix Laufe des Monats um ca. 2 Millionen Mark ¡\fich verringerte, nahmen die Anlagen der Bank in Wechsel und Lombard um über 30 Millionen Mark ab, eine Veränderung, wekher ein noch höherer Rückgang des Notenumlaufs entspricht. Die Vergleichung des Ultimo-Ausweises nit dem vonx 15. Februar ergiebt feine wesentlih andere Resultate, wenn man den Ultimobedarf der Börse in Rechnung zieht. Bei dieser Entwickelung des Status blieb t& Bank natürklic bei ihrer Diskontrate von 4°%/% stehen; am offenea Markte hatte der Diskont Ultimo Januar 2§%/9 betragen, sich aber fchon in ten erster Tagen des Februar bis auf 219/ ermäßigt; weiterhin wuchs die Nate in Folge der oben erwähnten größeren Kasseanforderungen wieder bi& auf 23%/9 und verließ den Monat zu 2%.

In der entsprehenden Perioden der Vorjahre zeigen die Ver- hältnisse auf dem deutshen Geldmarkt, foweit fie {h in den Aus- weisen der Reichsbank resp. der, Preußischen Bank wiederspiegeln, eine ähnliche Entwickelung. Es betrug nämlich bei der Reichsbank in Tausenden Mark:

1876: 31. Januar. 15. Februar. 28. Februar. Gesammter Kassenbestand . . 500,682 513,158 536 711 Anlagen in Wechsel und Lombard 443,720 410,001 405,832 Notenumlauf . s 657,181 641,740 630,930

1875: 30. Januar. 15. Februar. 27. Februar. Fa Cn, eb 020/769 628,269 629,873 Anlagen in Wechsel und Lombard 386,707 366,712 374,741 Notenumlauf . Q O E 766,140 768,728

1874: 31. Januar. 14. Februar. 23. Februar. Mee e O0 (O 721,581 717,102 Anlagen in Wechsel und Lombard 535,101 511,824 491,226 Sena e 800/047 837,930 810,612

Im vorigen Jahre namentlih strömten während des Februar die Baarmittel noch umfangreicher zurück, während gleichzeitig die Ma die sehr bedeutend und dementsprehend auch der Notenumlauf abnahmen.

Die Bedeutung dieser gleichartigen Bewegung kennzeichnet sich am deutlichsten, wenn man den Prozentsatz der Notendekung dur» Baarmittel anführt. Es war ult. Februar 1874 der Notenumlauf durch Metall, Kassenscheinen 2c. gedeckt zu 88,46%, 1875 zu 81,9 96, 1876 zu 85%, 1877 zu 88,52%/0. j ;

Die oben dargefstellte Situation auf dem internationalen Geld= markt bedarf rücksichtlich des Londoner Platzes insofern eine Modi- fizirung, als sich dort gleich im Beginne des Februar eine mäßige Gespanntheit des Geldstandes zeigte. Der Privatdiskont steigerte sih schnell von 1% auf 1# °%/% und s{chwankte dann bis zum Monats=- \{chluß zwischen 15—14 9%. Ueberdies läßt sich in den Ausweise der englischen Bank gleichfalls ein wachsendes Kreditbedürfniß er=- kennen; doch bewegte fi dasselbe in so bescheidenen Grenzen, daß das Institut bei seiner niedrigen Rate von 2°/9 stehen bleiben konnte. Die Bewegungen auf dem le Geldmarkt stellen fih in dem Status der englischen Bank folgendermaßen dar: j

31. Januar 14. Februar 1. März

Notenumlauf... L 26,592,888 27,541,435 27,216,605

Staatsdepositen 4,837,165 6,632,609 7,215,293

Privatdepositen 25,146,245 22,890,468 24,039,409

Regierungssicherheiten 16,367,876 16,001,441 16,026,176

Privatsicherheiten . 17,732,917 17,818,123 19,071,302

Metallvorrath . 26,650,241 26,438,259 26,921,427 M 4 306,070 3,342,451 B

13,793,685

911,137

Notenreserve 13,265,385 13,049,110 tetallreserve . : L 791,971 847,714 Es zeigen hiernach Portefeuille und Notenumlauf ein Wachsthum während des ganzen Monats an, während der Metallvorrath und die Notenreserve bis zur Mitte des Februar eine Verringerung, dann aber wieder eine ziemlich energische gegentheilige Strömung bekundet. Der Kapitalsmarkt wies im vorigen Monat eine im Ganzen ruhige und normale Entwickelung auf; wesentlihe Störungen und Erschütterungen sind selbst an einzelnen Tagen kaum zum Durchbruch gekommen, eine Crscheinung, die mit der ruhigeren Entwickelung der früher aufregenden politischen Fragen in engem Zusammenhange stehen dürfte. Auf dem Wechselmarkt hat die Devise St. Pctersburg wieder eine kleine Abschwächung erfahrèn und notirte 31. Januar 15. Februar 28. Februar 253,00 ZOL (0D 251,50 Die Schwankungen der österreichischen Valuta gewinnen in dew Berliner Wechselkoursen auf Wien folgendermaßen Gestalt. Mau notirte (100 Fl. in M.): E 31, Januar 15. Februar 28. Februar 165,40 164,50 163,60 an denselben Fo e der Wiener Plat Wechsel auf London . Sterl. in Fl): E E 90 ia 123,90 124,40.

“j

Es ist demnach stetig aber geringfügig der Werth von Fl-rin OestectelBisber Währung, in deutschem Markwähruugs-Gold auëge=- drückt, zurückgegangen, so daß der Unterschied zwischen Ultimo Januar und Ultimo Februar \sih auf 1,80 A beziffert; gleichzeitig stieg der Preis von Londoner Goldwechsel in Wien um 1,50 Fl. pr. 10 Pfd. Sterl. Eine ähnliche Werthveränderung wird durch die Nctiz von Napoleons (20 Frs. Gold) in Wien gekennzeichnet; dieselben galten in Fl. an den vorerwähnten Tagen:

9,781 9, 9,923. i

Auf den Londoner Silbermarkt ergaben sfih während des vorigen Monats nur unbedeutende Bewegungen, die aber eine Abschwächung der Tendenz erkennen lassen. Man notirte in London die Standard=

nze in Pence: M 31, vat 15. Februar: 28. Februar: 573 561 561, :

An der Berliner Börse zeigten im Zusammenhange mit der oben gekennzeihneten Lage des Geldmarkts und gestützt auf die friedliche politische I A e O mes inländische wie

2 epapiere größere Stetigkeit; man notirke: E S N 51. Januar 15. Febr. g t eet Preußisbe 429% konsolidirte Anleiïe 104,10 10 ,10 Desieee Papier-Rente be ce 01/00 52 52 Oesterr. Silber-Rente . . „96,30 5,75 55 Oesterr. Gold-Rente. . . . . . 61,50 60,50 60,50 Russ.--ngl. Anleihe v. 182... 82,50 81,25 81 Russ. 47% Anleihe v. 18755... T 75,50 cis

Der Jahresberi{t der Königsberger Vereins-Bank pro 1876 bebt e daß das Geschäft der Bank durch die mangel» haft au8gefallene 1875er Ernte in Rußland erheblich beeinträhtigt worden ist. Nichtsdestoweniger kaun aus dem Reingewinn eine Dèvi= dende von 51 0%/q vertheilt werden. Die VereinsBank hat f im vergangenen Jahre bei der Emission von 5 °/z, Börsenbau-Partiol= Schuldverschreibungen und 4/9 Preußischer, konfolidirter Sta at8- anleihe betheiligt. Der Reingewinn beträgt 189,386 46; hierzu Ge+- winnvortrag aus 1875: 326 e; zusammen 189,712 «sé. Derselbe vertheilt sih wie folgt: Dem Reservefon%s 5 0/6 9469 46, dem Auf- sihtsrath 5 °/o Tantième 9469 46, der Direktion un den Beamten 9463 1, den Altionären 54 9/9 Dividende auf 3,020,000 „6 Aktien= Fapital 160,000 „é. und Uebertrag auf 1877 1311 „4 Der Referve- fonds erhält jeut folgende Gestalt: Vortrag von 1875 53,498 tz