1877 / 207 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Sep 1877 18:00:01 GMT) scan diff

R E ft E

Benrath zurück, ährend Jhre Majestät die Kaiserin-Königin mit Jhrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin nah Düsseldorf fuhren. Um 5 Uhr fand im Schlosse zu Benrat ein Paradediner statt. Um 8 Uhr brachten etwa 1000 Fael- träger, Musiker und Sänger der Gemeinde Hilden, Sr. Ma- jestät dem Kaiser einen Fackelzug dar. /

Se. Kaiserliche und Königlihe Hoheit der Kronprinz ist heute in Benrath eingetroffen und hat den Abend bei dem Offiziercorps Seines Jnfanterie-Regiments Nr. 53 in Düsseldorf zugebracht. i

Heute findet bei Kaiserswerth und Calcum ein Corps- manóöver statt.

Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Oldenburg tritt heute die Rückreise an.

Die von der Reichstelegraphen - Verwaltung bezüglich des Telegraphen-Worttarifes gewonnenen Erfahrungen finden, nah einer Mittheilung der Königlich bayerischen Telegraphenverwaltung, auch durch die Ergebnisse 1m inneren Telegrammverkehr Bayerns ihre Bestätigung. Ó

Mit der Einführung des Worttarifes in Bayern hat fi nah den Ermittelungen für die leßten 10 Monate des Fahres 1876 die Zahl der Telegramme um 6 Proz. vermindert, wo0- gegen die Einnahme um 12 Proz. gestiegen ist. :

Die Einführung des Worttarifes hatte also bei pet Eo verringerten Leistungen der Verwaltung eine beträchtliche Er- höhung der Einnahme zur Folge, während die Abnahme der Telegramme nur eine geringe war, deren Ursache zum Theil

mit in den Zeitverhältnissen zu suchen is, da auch der Tele-

grammverkehr mit dem Auslande abgenommen hat.

Bei Auswechselung der Ratifikations-Urkunden zu dem Niederlassungsvertrage zwischen Deutschland und der Schweiz vom 27. April v. J. ist die Feststellung der- jenigen dur diesen Vertrag aufgehobenen Abkommen vorbe- halten worden, welche früher Seitens cinzelner deutschen Staaten des ehemaligen Norddeutshen Bundes oder des Reiches mit der Schweiz oder einzelnen Kantonen derselben getroffen worden \ind. E

Nach den gepflogenen Verhandlungen kommen für die Provinz Hessen-Nassau nah einer Amtsblatt-Bekannt- E des Ober-Präsidenten die nachfolgenden Verträge als aufgehoben in Betracht : i

I. Abkommen, betreffend die gegenseitige Verpflegung Hülfs- bedürftiger und die Beerdigung Verstorbener, zwischen dem Königreih Bayern und 13 sowie 3 halben Kantonen der Schweiz vom 28. Juli /1. September 1862. 11. Abkommen, betreffend die Befreiung vom Militärdienste und der Militär- steuer zwischen 1) dem Königreih Bayern und der Schweiz vom 26. November / 9. Dezember 1858, 2) dem Großherzogthum Hessen und der Shweiz vom 12. Oktober / 5. November 1860 resp. dem Kanton Waadt vom 8./11. April 1862, 3) dem vormaligen Herzogthum Nassau und der Schweiz vom 15./24. Januar 1864, 4) dem Norddeutschen Bunde und der Schweiz vem 16./24. September 1870, 5) dem Deutschen Reiche und der Schweiz vom 11./28. Oktober 1875, Bezüglih der Abkommen zu Il. ist zu bemerken, daß die untec 1 bis 3 aufgeführten, soweit sie von späteren Mitgliedern des Norddeutschen Bundes ge- schlossen worden, ihre Aufhebung bereits durc) das Abkommen zu 4 gefunden haben; diejenigen aber, bei denen diese Vorausseßung nicht zutrifft, sowie das Abkommen zu 4 selbst dur die Vereinbarung zu 5 außer Geltung getreten sind. IIT. Abkommen, betreffend die gegenseitige Befreiung der Handelsreisenden von der Patentsteuer, zwischen 1) dem Königreih Bayern und 18 Kantonen der Schweiz von 1854, 2) der ehemaligen Freien Stadt Frank- furt a. M. und 18 Kantonen der Shwe1z von 1855, 3) dem Königreih Preußen und 18 Kantonen der Schweiz vom 24. September /10. Oktober 1860, welhem Abkommen im Se 1861 die übrigen, dem deutschen Zollverein angehörigen

taaten beigetreten sind. insichtlih der Abkommen zu 11]. ist übrigens anzunehmen, daß dieselben durch die Bestimmung von Art. 9 des deutshen Handels- und Zollvertrages vom 13. Mai 1869 erseßt und in Folge dessen außer Kraft getre- ten sind. Jm Uebrigen werden die vorstehend aufgeführten Vereinbarungen als vom 1. Januar 1877 an außer Kraft getreten, angesehen. :

Der Kaiserliche Botschafter in Paris, Fürst von Hohenlohe, hat einen Allerhöchst ihm bewilligten Urlaub angetreten. Die Leitung der Geschäfte der Kaiserlichen Bot- schaft hat der Botschafts-Rath Graf von Wesdehlen über- nommen.

Der Kanzler bei dem Kaiserlichen Konsulat in Kairo, G. Tilling, ist am 23. v. M. gestorben.

Bayern. München, 2. September. (Allg. Ztg.) Der er Dr. von Fäustle hat einen mehrwöchigen Urlaub angetreten. Während der Dauer desselben wird der Staatsrath von Bomhard die Geschäfte führen.

Lippe. Detmold, 3. September. Der Ei ist gestern Morgen nah Düsseldorf abgereist, um der

findenden Parade und den darauf folgenden großen Herbst- übungen des VII. Armee-Corps beizuwohnen.

Oesterreich - Ungarn... Wien, 2. September. Der Kaiser wird, nah den neuesten Dispositionen, morgen in das Brucker Lager abreisen und bis übermorgen Nachmittags dort verweilen. Die Abreise zu den Manövern nach Kaschau wird am Freitag erfolgen. Die Suite Sr. Majestät wird bei diesen Manövern aus 217 Personen bestehen, darunter 27 Attachés fremder Mächte. in Kaschau wird sihch bis zum 13. September erstrecken. Kronprinz R u dolph wird am 7. d. M. in Agram erwartet. Der Erzherzog Albrecht if in Pest eingetroffen und wird sich von dort zu den Manövern nah Kaschau begeben. Der ungarische Minister-Präsident Ti sz a wird, wie ein ungarisches Blatt meldet, den Ls zu den Herbstmanövern nah Kaschau begleiten, wahrscheinlih aber vorher noch nach Wien kommen. Der frühere Kriegs-Minister, General der Kavallerie Freiherr T per von Koller, gegenwärtig bekanntlich Hauptmann der Arcieren-Leibgarde, feiert demnächst sein fünfzigjähriges mili- tärisches Dienstjubiläum. Aus diesem Anlaß hat der Kaiser ein Handschreiben an den Jubilar erlassen, in welchem Se. Majestät demselben die „volle Anerkennung“ für seine „aus- gezeichneten Leistungen“ ausspricht. /

Aus Anlaß des übermorgen stattfindenden Wi eder- gusammentritts des Reichsrathes find bereits zahlreiche

bgeordnete in Wien eingetroffen. Wie dzivöbatid werden

ort statt- |

Die Anwesenheit des Kaisers

; der ersten Plenarsißung Zusammenkünfte der verschiedenen

Klubs vorausgehen, in welhen Erörterungen allgemeiner Natur stattfinden sollen. Peieis mit den Plenarsißungen werden auch die Verhandlungen aller Ausschüsse wieder be- ginnen. Der Ausgleihsausschuß wird zunächst die Bank- vorlage in Diskussion ziehen, während die Zollfrage erst später an die Reihe kommen soll. Die Verhandlungen über die Steuerreform stehen bereits auf der Tagesordnung der ersten Sißung, doch is es ungewiß, ob die Generaldebatte wirklich {hon übermorgen beginnen wird. Jn Abgeordneten- freisen glaubt man übrigens, daß während des ganzen Monats Seounier im Plenum nichts anderes, als nur die Steuer- reformfrage wird zur Verhandlung gelangen können.

Wie das „Fremdenbl.“ berichtet, gedenkt die diesseitige Regierung die österreichishe Regnikolar - Deputation aufzufordern, dieselbe möge selbst die Jnitiative zur Wieder- aufnahme der Verhandlungen ergreifen. Am 4. d. Mts. findet diesbezüglih eine Konferenz der Deputationêmitglieder statt. Der Termin, wann die Verhandlungen wegen des Han- delsvertrages zwischen Desterreih-Ungarn und Fta- lien aufgenommen werden sollen, ist noch nit bestimmt. Die österreichish-ungarische Regierung hat dieserhalb, wie aus Rom gemeldet wird, ‘noch keinerlei Anzeige nach dort gerichtet.

Wie die „Presse“ vernimmt, wird der Finanz-Minister dem Abgeordnetenhause in Ergänzung der Steuerreformvor- lagen einen Gegen ns über die Verjährung der Steuern und Gebühren vorlegen. Die Verjährungsfrist ist darin auf fünf Jahre fixirt, während sich der Steuerreform- Ausschuß sciner Zeit für eine dreijährige Verjährungsfrist ausgesprochen gar Nah einer Meldung des Pester „Hon“ haben in den leßten Tagen zwischen dem diesseitigen und dem ungarischen Finanz-Minister neue Berhandlungen über die Revision des B e ages begonnen. Es soll sih hierbei, dem genannten Blatte zufolge, vornehmlich um gewisse Erleichterungen für die Steuerträger handeln.

Schweiz. Bern, 2. September. (Cöln. Ztg.) Eine aus Lugano eingetroffene Deputation protestirt beim Bundesrathe gegen die vom Staatsrathe angeordnete militärischc Besetzung.

Frankreih. Paris, 1. September. (Fr. C.) Offiziós wird gemeldet, daß der Ausflug des Präsiden- ten der Nepublik nah dem Lo ire- Departement auf den 3. und 4. September festgesegzt ist. Am 5., früh, wird der Matin wieder in Paris eintreffen und am 6., Abends, seine Reise nah Bordeaux antreten. Auf dem Rückwege wird derselbe Périgueaux, Riberac, Angoulême, Poitiers und Tours berühren und am 12. wieder in Paris sein. Hr. Gombetta hat gestern der Vorlatung vor den Untersuchungsrichter Folge geleistet, Wie der „Temps“ meldet, dauerte das Verhör zwanzig Minuten. Der Unte1- suhungsrichter las Hrn. Gambetta die inkriminirten Stellcn seiner Rede vor. Aus der Wahl dieser Stellen scheint hervor- zugehen, daß Hr. Gambetta der Beleidigung des Marschalls und der Shmähungen gegen seine Minister angeklagti sein wird. Der Untersuchungsrichter fragte Hrn. Gambetta, ob er seine Theilnahme an der Veröffentlihung seiner -Liller Nede zugebe. Hr. Gambetta erwiderte, daß er allerdings nach Lille gegangen wäre, um eine politische Rede zu halten, welche er unter den obwaltenden Umständen für nöthig gehalten hätte, daß er aber pe en die E Absicht, irgend Jemand zu be- eidigen oder zu s{hmähen, nahdrüdcklih protestire. Er erkenne an, fügte er hinzu, daß er seine Rede Hrn. Murat, dem Ge- ranten der „République française“, zum Druck übergeben hätte, und erklärte, die Verantwortlichkeit für diese Veröffent- lihung allein tragen zu w-llen. Nach Ernest Picard, Edmond Adam und dem Grajen Tocqueville hat der Senat soeben ein viertes seiner unabseybaren Mitglieder verloren, welches, wie die drei genannten, der Linken dieser Ver- sammlung angehörte: Hr. Alphonse Lepetit, früher Rechts- rofessor und Avvokat, dann 1874 in die Nationalver- ammlung gewählt, wo er sich an Thiers anschloß, ist gestern zu Poitiers im Alter von 60 Jahren gestorben. Das zuleßt von Jules Simon redigirte „Echo universel“ ist plöß- lih eingegangen und Jules Simon an die Spiße der „Presse“ getreten, die hon vor ihm das Programm der gemäßigt republikanishen Partei verfoht. Der Prinz von Wales ist gestern in Trouville angekommen und im „Hotel des Roches-Noires“ abgestiegen. Die Präfekten haben die Weisung erhalten, aufmerksam darüber zu wachen, daß zur Feier des 4. September nirgends ein Banket oder eine sonstige Versammlung stattfinde. : i :

2. September. Die Blätter ee die zweite republikfanisheSubskriptionsliste für die bevorstehen- den Wahlen. Jm Ganzen belaufen sih die biszerigen Zeihnungen, die auffallend langsam vorrücken, auf 236,488 Fr. 65 Ct.

3. September. (W. T. B.) Der Marschall Mac Mahon hat sich heute Abend na dem Loire-Departement nen um den dort stattfindenden Truppenübungen beizu- wohnen.

o 4. September. (W. T. B.) Gestern Abend um 6 Uhr 10 Minuten 1st Hr. Thiers in St. Germain en Laye in Folge eines Schlaganfalles gestorben.

Türkei. Konstantinopel, 3. September. (W. T. B.) Die Ernennung Aarifi Paschas zum Botschafter in Paris ist heute offiziell veröffentliht. Für den Posten eines neuen türkischen Botschafters in Wien an Stelle Al eko Paschas ist bis jeßt noch keine offizielle Ernennung erfolgt. Der vor- malige Kriegs-Minister Redif Pascha hat sih dem Kriegs- gerihte noch nicht gestellt.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 1. September. (H. N.) Der König verläßt heute Abend an Bord des Dampfers „Skölduron“ Stockholm und wird morgen früh in Brevik anlangen, um, nachdem daselbst die neuen Hafenan- lagen eingeweiht worden, von Oelesund nah Nyköping zu fahren. Die Stadt Ns giebt zu Ehren des Königs ein Mahl und wird am Abend festlih illuminiren. Am andern Morgen geit der Festzug nah Eskelstunna. Der Kronprinz traf ge tern früh von Helsingborg hier ein und wird an den Fest- ihkeiten in Upsala theilnehmen. Der Handelsvertrag zwishen Schweden und Frankreih, welher am 10. August abgelaufen war, ist bis zum 31. Dezember d. J. verlängert worden.

Der rufssisch-türkische Krieg. Europäischer Kriegsschaupla 8,

Konstantinopel, 3. September. (W. T. g Eine Depesche Sul eiman Paschas vom 1. d. berichtet über eine

in der Richtung von Gabrowa und Baltic auge fnhrle Rekognoszirung, bei der sich ergeben habe, daß die Russen sih in dem Dorfe Yechilogatch befinden. Eine zweite Depesche desselben vom 2. d. M. meldet, der Artilleriekampf im Schipkapa ß dauere fort.

Konstantinopel, 3. September. (W. T. B.) Der Kommandant von Rustschuk, Ahmed Pascha, hat die Mel- As hierher gelangen lassen, daß er mit 7 Bataillonen cinen erfolgreihen Ausfall aus der Festung gemacht habe. Suleiman Pascha soll auf den das Fort Nikolas, am Schipkapaß, dominirenden Höhen Geschüße in Position ge- bracht haben.

Wien, 3. September. Die „Polit. Korresp.“ ver- öffentliht ein aus rumänischer offizieller Quelle her- rührendes Telegramm aus Bukarest vom 2. d., nah welchem alle um Plewna stehenden russishen und rumäni- hen Truppen dem Oberbefehl des Fürsten Karl unter- stellt werden. Die gesammte rumänishe Armee, mit Jn- begriff der Reserven bewerkstelligte am Sonnabend den Ueber- gang über die Donau bei Cor abia. Fürst Karl begab \ich heute früh nach Nikopolis, von wo derselbe alsbald in das neue Hauptquartier Paradin abging. Nikopolis wird aus- \hließlich von einer rumänischen Garnison beseßt. Ein weiteres Telegramm der „Polit. Korr.“ aus Bukarest vom 2. cr. meldet: Die türkishe Garnison von Silistria hat eine Brücke bis zu der Donauinsel gebaut ; es steht noch nit fest, ob dies Vorbereitungen zum Uebergange nah Rumänien sind, oder ob es sich nur darum handelt, auf der Donauinsel Holz zu fällen. Von Seiten der Russen und der Rumänen sind alle erforderlihen Vorkehrungen getroffen, um einen eventuellen Uebergang über die Donau unmöglih zu machen.

Wien, 3. September. (W. T. B.) Nach einem Tele- gramm der „Pol. Korr.“ aus Bukarest vom 3. d. hat Fürst Karl von Rumänien aus Anlaß des von der ge- saniruien rumänischen Armee ausgeführten Ueberganges über die Donau einen Tagesbefehl * erlassen. Der Kriegs- Minister Cernat hat das Kommando eines Armee-Corps er- halten; an seiner Stelle übernimmt Bratiano die Leitung des Kriegs-Ministeriums. Die russischen . Verstärkungen treffen jeßt beshleunigter und deshalb massenhaster hier ein. Die russischen Positionen im Schipkapasse sind nunmehr derartig beseßt und befestigt, daß dieselven für uneinnehmbar gelten können.

Wien, 4. September. (W. T. B.) Telegramm der „Neuen freien Presse“ aus Sistowa vom 2. d. M. aus türkisher Quelle: Mehemed Ali seßt seinen Marsch auf Kairkidi und Osikowa fort; aus Rust schu k marschiren 15,000 Mann gegen Pyrgos. Dsman Pascha soll die russischen Verschanzungen von Zgalince und Belisad vollständig zerstört haben und nicht in seine frühere Stellung zurückgegangen sein. Aus dem Gefechte von Karahassansfköi sind 110 Wagen mit Verwundeten hier eingetroffen.

London, 4. September. (W. T. B.) Die „Daily News“ veröffentlichen eine ausführliche Depesche 1hres Korrespondenten über die Schlacht von Plewna, welcher der Korrespondent als Augenzeuge beiwohnte. Die Depesche ist aus Paradin vom 31. August datirt und konstatirt, daß der Angriff Osman Paschas auf die russischen Positionen von Zgalince und Be- lisad die furhtbarste Schlacht des Krieges war und mit dem Rückzuge der Türken auf allen Seiten endete. Die Nussen gewannen ihre sämmtlichen früheren Positionen wieder und verfolgten die Türken eine Strecke weit mit Kavallerie. Die Nussen waren etwa 20,000 Mann stark und verloren 500 Mann. Der Verlust der Türken beträgt ungefähr 2000 Todte und Verwundete. Nach einer Meldung des Korrespondenten der „Daily News“ in Gornji Studen haben die Russen zwar nicht ihre frühere Vorpostenlinie roiedergewonnen, wohl aber ihre Verschanzungen behauptet.

Aus Konstantinopel, 2. September, wird dem W. „Fremdenbl.“ gemeldet: Berichten aus Kairo zufolge, treffe die egyptishe Regierung schon die nöthigen Vor bereitungen, um, falls der russisch-türkische Krieg noch einen zweiten Feldzug nöthig machen sollte, mit Beginn des Früh- lings einen Theil ihrer Truppen aus Europa abzuberufen und dieselben durh neu angeworbene zu ersegen. Der Khedive hat auch hon der Pforte mitgetheilt, daß er bereit sei, türkischen D aus Bulgarien oder cirkassischen aus dem Kaukasus ohne jegliche Entschädigung Ländereien zur Niederlassung in Egypten zu überlassen.

Konstantinopel, 3. September. (W. T. B.) Aus Montenegro will die Regierung befriedigende Nachrichten

erhalten haben.

Wien, 4. September. (W. T. B.) Telegramm des „N. W. Tageblatt“ aus dem türkischen Hauptquartier in Ra sgurad vom 2. d.: Die egyptischen Jnfanterie-Regimenter haben gestern auf das von den Russen verschanzte Popfkioi einen Angriff genen und diese Stadt und ihre Schanzen, nachdem die Russen dieselben geräumt und die Stadt in Brand gesteckt hatten, beseßt. :

Vom montenegrinishen Kriegsschauplaztße wird der „Times“ aus ODstrog unterm 30. August telegraphirt : „Das montenegrinishe Lager wurde heute nah Gornjepage, der Ebene zwishen Niksic und dem Dugapa §, verlegt. Da ein Versuch, der Stadt von Gaczko aus Entsaß zu brin-

en, erwartet wird, sind die Truppen begierig, mit den Tür- en an der Position von Kristah zusammenzutreffen, und sind des Sieges gewiß, wenn nicht Vukotics das Kommando über- tragen wird, was jedoh wahrscheinli der Fall sein wird, in- dem der Fürst die Hauptleitung übernimmt. Das Wetter ist drückend heiß gewesen ; die Montenegriner erinnern si keiner solhen Hiße seit 30 Jahren.“

Der W. „Presse“ sind folgende Telegramme zuge- gangen : /

Cettinje, 1. September. ren s{hweres Geschüß gegen Niksic, um die Be

Die Montenegriner süh- ießkuns des Ortes zu S, Die Festung wird mehr durch die Ein-

wohnier als durh die Truppen vertheidigt und is zwar mit Proviant reichlih versehen, doch soll Mangel an. Salz und an Munition herrschen. ;

Ragusa, 1. September. Gestern sind aus Mostar über Metkovih und aus Trebinje 860 kranke und verwun- dete Türken in höchst verwahrlostem Zustande hierher gebracht und heute auf einem Lloyddampfer nah der Türkei weiter- befördert worden. Der Kaiserlih Königliche Konsul in Mostar, Vuk Vrcetich, berichtet, daß in Trebinje 1750 türkische Pferde dem Hunger erlegen sind.

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Asiatischer Kriegsschauplat.

Konstantinopel, 3. September. (W. T. B.) Die türkfis®en Truppen haber S Kaleh verlassen und 3000 faufkasishe Emigranten nah der Türkei mitübergeführt.

London, 4. September. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Daily News“ aus Erzerum vom 2. d. besagt, die tür- kische Armee treffe, wie aus Kars berichtet werde, Vorberei- tungen zum Marsch auf Alexandrapol.

Aus Erzerum wird dem Reuterschen Bureau unterm 30. v. M. telegraphirt: „Zwischen den Truppen unter Js mail Blan, Pascha und General Tergukas\soff fallen beständig Plänkeleien vor. Die Armee unter dem Befehl des Generals Loris Melikoff hat eine Vorwärtsbewegung begonnen. Die in Oghuzli sta‘ionirte Division ist durch ein Detachement aus Baldiavan verstärkt worden.“

Statistische Nachrichten.

Sterblichkeits- und GesundheitLverhältnisse. Gc- mäß den Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheits- amts sind in der vierunddreißigst:1 Jahreswoche ron je 1000 Be- wohnern, auf den Jahresdurchschnitt b'rechnet, als gestorben ge- meldet: in Berlin 34,7, in Breslau 38,0, in Königsberg 34,5, in Cöln 29,1, in Frankfurt a. M. 16,1, in Haunover 26,6, in Cassel 27,5, in Magdeburg 30,8, in Stettin 21,8, in Altona 25,, in Straß- burg 29,2, in München 30,7, in Nürnberg 27,4, in Augsburg 46,2, in Dresden 26,1, in Leipzig 29,9, in Stuttgart 31,8, in Braunschweig 23,7, in Karlsruße 24,9, in Hamburg 28,6, in Wien 26,1, in Budag- pest 42,2, in Prag 21,5, in Triest —, in Basel 20,2, ia Brüsscl 18,1, in Paris 24,9, in Amsterdam 20,0, in Kopenhagen 30,8, in Stockholm 28,2, in Chriftiania 19,7, in St. Petersburg 35,0, in Warschau 28,1, in Odessa 30,7, in Bukarest 28,6, in Rom 28,6, in Turin 22,2, in Athen 21,6, in Lissabon 29,4, in London 18,6, in Glasgow 19,8, in Liverpool 27,5, in Dublin 22,2, in Edinburgh 15,2, in Alexandria (Egypten) 38,7, in New-York 31,4, in Philadelphia 25,0, in Boston 33,8, in Chicago 24,2, in San Franzisko 17,7, in Cal- cutta 221, in Bombay 51,6, in Madras 1225. :

An den meisten Beobachtungsstationen herrs{chten beim Wochen- beginn südlihe Windrichtungen vor, die um die Mitte der Woche in ganz Deutschland in westliche und am Wochens{luß in nordöstliche und südöstliche Luftströmungen umsprangen. Die Temperatur der Luft sank im Laufe der Woche erheblih, Gewitter und Niederschläge waren felten, der Gang des Barometers \{chwankend, gegen das W-ecenende hin jedoch mit steigender Tendenz. j

Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl in den deutschen Städten stieg von 27,8 der Vorwoche auf 29» der Berichtswoche (auf 1009 Bewohner und aufs Jahr berehnet) und zeigen vorzugsweise das Säuglingealter, sowie die Altersklassen bis 20 Jahren eine Zunahme, die höheren Ultersklafssen cine Ab- nahme der Sterblichkeit. Die Säuglingssterblihkeit insbesondere hat fast in allen Städtegruppen zugcnommen, nur im mitteldeutschen Gebirgslande und in den Städten am Niederrhein ist sie e:was ge- ringer als in der Verwoche. ; i

Unter den Todesursachen zeigen die Infektionskrankheiten im Verhältniß zur vorhergegangenen Woche keine wesentliche Verände- rung. Masern und Keuchhusten erscheinen seltener, leßterer nur in M.-Gladbach wieder häufiger. Das Scharlachfieber zeigt sich in den Städten des Niederrheins etwas mehr, die Unterleibstyphen sind nur in Paris vermehrt, wo auch die Diphtherie, wie in Berlin und Danzig zahlreihere Todesfälle veranlaßte. Von Fleck- typhus is nur ein Todesfall aus Metz gemeldet. Die Poden zeigen fast in allen Orten, namentlich in London, erhebliche Nachlässe. Dagegen erscheinen die Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder wieder in den deutschen Städten ansehnlich vermehrt (Berlin, Breélau, Poscn, Königsberg, Hamburg, Hannover, Bre- men u. A.), in den außerdeutschen Großstädten meist vermindert. Aus Altona und Minden wird von je 1 Todesfall an Chclera nostras berihtet. In Jndien macht die Cholera wieder, besonders in Ma- dras und Bombay Fortschritte; in Vera Cruz herrscht das gelbe Fieber heftiger, im Monat Juli erlagen demselben 53 Personen.

Ein Nachwets über die vom 1. Mai 1876 bis 1. Mai 1877 es Schulvorsteherinnen und Lehrerinnen in der Rheinprovinz ergiebt, daß 1) Swhulvorsteherinnen geprüft wurden : 11, von tenen 3 fkatholisher und 8 evangelischer Konfession waren. Es bestanden davon: 8, und zwar 1 fkfatholisher und 7 evangelischer Konfession, 3 bestanden nicht, und zwar 2 katholischer, 1 evangelischcr Konfession. 2) Als Lehrerinnen für mittlere und Höhere Töchter- \{chulen wurden im Ganzen geprüft: 122, von welchen 62 der kfatholishen, 58 der evangelischen und 2 der israelitishen Kon- fession angehörten. Es bestanden: 107, und zwar 48 katholischer, 57 evangelischer und 2 israelitischer Konfession; niht bestandea haben demnach: 15, 14 katholisher und 1 evangelisher Konfession. Als Lehrerinnen für Volksschulen wurden geprüft: 256. Von diesen gehörten der fatholishen Kovfesfinn an: 235, der evangelischen: 20 und der israclitishen: 1. Bestanden haben 242, und zwar 222 kg- tholischer, 19 evangelischer und 1 israelitisher Konfession. Nicht bestanden haben 14, nämlich 13 katholischer und 1 evangelischer Kon- fession. In den Volks\chuldienst erklärten si bereit einzutreten : 168, von denen der katholischen Konfession angehörten: 155, der evan- gelischen: 12, der israelitishen: 1. Die Gesammtzahl der Erami- nanden betrug: 389.

Bezüglich des Hüttenwesens im Bergrevier Unter- Elsaß enthält der Verwaltungsberiht des Bezirks - Präsiden- ten des Unter-Elsaß für das Jahr 1876 über die Roheisen- E eA im Jahre 1876 folgende Angaben: Es sind im Jahre 1876 3 Hohöfen gegen 4 in den Vorjahren im Betriebe ge- roesen und hatten dieselben feigents Produktion:

j 1875, - 1874. Gießerei-Roheisen Kilgr. 1,491,300 881,600 1,531,000 Frish-Roheisen 45,150 1,716,300 2,547,250 Rohstahleisen „1,582,950

1,849,600 2,341,300 Zusammen Kilgr. 3,119,400 4,447,500 6,419,550 Es beträgt also die Roheisen-Produktion im Jahre 1876 gegen 1875 um 29,8 Prozent und gegen 1874 um 51,4 Prozent weniger. Zwei der Hohöfen werden mit Holzkohlen und einer mit gemischtem Brennmaterial betrieben. Von den 10 im Unter-Elsaß vorhan- denen Eisengießereien, deren Betrieb sich im Jahre 1876 nicht ungünstig gestaltete, wurden mit 607 Arbeitern in 13 Kupolöfen erzeugt: A 1876, 1875. Mascinentheile . Kilogr. 3,202,800 2,541,256 Sonstige Gußwaaren .. 1,482,300 2,261,500 Zum eigenen Bedarf der Werke. ,

242000 204,300 Gußwaaren erster Schmelzung . , 1,707,100 1,169,500

i „Zusammen Kilogr. 6,634,200 6,176,556 __ Es hat hiecnach eine Vermehrung der Produktion um 457,644 Kilo stattgefunden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

»München, 2. September. (Alg. Ztg.) Hr. Dr. Franz Wüllner hat in feiner Eigenschaft als Ho kfapellmeister die erbetene Gntlassung aus dem Hofdienste vom 1. Oktober d. J. an, unter wohlgefä get Königlicher Anerkennung der großen Verdienste, welche derselbe fih insbesondere als Leiter der Königlichen Vokalkapelle er- worben, bewilligt erhalten; zuglei wurde ihm in Rücksicht auf sein ausgezeihnetes Wirken als Professor und Inspektor an der König- lien Musikschule die Beibehaltung des Titels ein:8 Königlich bayerischen Feoiciors gestattet.|

In der Generalversammlung des Gesammtvereins der deutsben Geschichts- und Alterthumsvereine, die in diesem Jahre vom 13. bis 16. August in Nürnberg abgehalten wurde, gab der dermalige Direktor des Gesammtvereins, der Ober-

Appellation8gerités-Rath Draudt aus Darmstadt, ein kurzes Resumé über die Thôâtigkeit des Gesammtvereins und hob hervor, pas dem- selben cin Antheil an der Existenz der beiden nationalen Anstalten, des Römisch-germanischen Centralmuseums in Mainz und des Germanischen Museums in Nürnberg, zuzuschreiben sei. Unter den Verdiensten des Gesammtvcreins sei besonders diz Erhaltung und Rettung mancher Kunstdenkmale zu bezeichnen, die entweder dem gänzlichen Untergange geweiht oder von der Gefahr einer

| verkehrten Restaurationsmethode bedroht gewesen. Hierauf erstattete

Hofgerichtsadvokat Wörner auv Darmstadt den Geschäftsbericht des Verwaltungsaus\{usses für das letztverflossene Jahr und theilte u. A. mit, daß auf Antrag des Gesammtvereins die Reichzsubvention für das Römisch-germanische Museum durch den Bundesrath und Reichs- tag auf jährlih 15,009 ÆA erhöht, sowie daß dur die badische und die hessishe Regierung Geldmittel zum Zwecke der Untersubung der römischen Befestigungen im Odenwald unter Leitung des Obersten v. Cohausen und unter Mitwirkung des badischen Landeskonservators Geh. Ober-Staatsraths Wagner bewilligt worden seien. Hierauf hielt Dr. Beck aus Biebrich einen Vortrag über die Eisentechnik. In der Sektion _für die vorchristlihe Zeit sprah Professor Ohlen- s{läger aus München über die Teufelêmauer. Derselbe stellte durchaus in Abrede, daß die Teufelsmauer jemals den Zweck einer vertheidigungsfähigen Befestigung gehabt, sie habe vielmehr nur als Demarïtationélinie gedient. Die Frage, ob nördlich der Teufelsmauer römische Alterthümer vorkämen, wurde dahin beant- wortct: daß sich die römische Qualität der dort vorkommenden Schan- zen nicht konstatiren lasse, und daß in ganz Mittelfranken über der Erde kein römishes Mauerwerk nachweisbar sei, wie daselbst auch keine römischen Waffenfünde bekannt seien. In der zweiten allgemeinen Versammlung referirte Prof. Ohlenschläger über seine Untersuchung des sogenannten Druidensteines bei Cadolzburg. Derselbe trage zwar keine Spuren von Bearbeitung an sih, doch sei seine Erhaltung wünfchenEwerth, da sich Sagen an ihn knüpften. Die Versammlung spra sih für Erhaltung des Steines aus. Außerdem wurde noh die Mittheilung „gemacht, daß der deutsche Architekt erein, welcher eine Fürsorge für Erhaltung der Alterthümer und Baudenkmale durch das Reich herb-:izuführen wünsche, cine darauf bezügliche Ein- gabe beabsichtige.

Ueber di° von der Socié‘é royals et centrale des Sauvetecurs de Belgique in Brüffel im Jahre 1876 veranstaltete inter natio- nale Ausstellung fürGesundheitspflege und Nettungs- wesen hat im Arftrage des Ministers für Handel, Gewerbe 2c. der Sabrifken-Inspektor Reichel in der Schrift: „Die Sicerung von Leben unv Gesundheit im Fabrik- und Gewerb'- betriebe auf der Brüsseler Ausstellung vom Sommer 1876“, die vor Kurzem in Berlin bei Fr. Kortkampf erschienen, einen eingehenden Bericht erstattet. Derselbe hat die Aufgabe, einen Ueber- blick über diejenigen Gegenstände auf der Brüsseler Ausstellung zu geben, welche dazu beitragen können, die Sicherung von Leben und Ge- sundheit im Gewerbebetriebe zu fördern. Dabet folgt dieser Bericht aber nicht der Klassifikation des offiziellen Ausstellungskataloges, in welchem die Auéstellungsgegenstände nach Nationalitäten gruppirt sind, son- dern geht zw-ckmäßig einer eigenen Disposition nach. Dirselbe ift folgende: 1) Aufbewahr1ng und Behandlung ex)losiver Stoffe und tuergelhelier Dele; 2) Feuergefahr im Allgemeinen; 3) Dampf- kesselbetrieb ; 4) Heizung und Ventilation; 5) Schußmiitel gegen Staub und \{ädlihe Gase, Behandlung von Fabriken-ÄAbwäsfern und Abfällen ; 6) Schutzvorrichtungen im maschinellen Betriebe. Ein Anhang gewährt einen summarischen Ueberblick über die ausgestellten Wohlfahriseinrihtungen für Arbeiter in Fabriken und gewerolichen Anlagen und insbesondere eine Quellenangabe der bezüglichen wich- tigsten ausgestellten Druckschriften. Dem Texte sind zu besserer Er- läuterung Skizzen beigegeben.

Gewerbe und Handel.

__ Ueber das. Vermögen der Union Pinneberg ist von dem Kreisgericht Pinneberg auf Antrag der Direktion der Konkurs ver- hängt worden. :

Aeu tfgrt a. M., 3. September. (W. T. B.) In einer von den Gläubigern und Interessenten der hiesigen Firma Fuld & Co. gestern abgehaltenen Versar1mlung wurde ein aus 3 hiesigen und 2 Berliner Firmen bestchender Gläubiger-Aus\huß gewählt. Das Zu- standekommen eines außergerichtlihen Ausgleichs gilt für wahrschein- E man vermuthet, daß eine Quote von 50 bis 60% entfallen werde.

Ueber die Arbeitcrverhältnisse im Handelskam- merbezirk Essen im Jahre 1876 entnehmen wir dem Jahres- bericht der doutigen Handelskommer Folgendes: Die Arbeiterzahl in den Bergwerken des Bezirkes betrug 1871: 17,674, 1872: 18,552, 1873: 20,762, 1874: 20,597, 1875: 21,661, 1876: 21,410. Erst im Jahre 1877 hat eine größere Abnahme durch Arbeiterentla\ungen auf den Steinkohlenzechen, sowie auf den Eisen- und Stahlwerken stattgefunden. Die in der Eisenindustrie des Bezirkes beschäftigten Arbeiter vertreten ungefähr die größere Hälfte der angeführten Zahl. Die Lohnreduktionen- betrugen durschnittli) 25—35 ‘/9 gegen 1872 bis 1873, Die Löhne waren Ende 1876 auf den Saß von 1870 noch nich: ganz zurügekehrt.

__ Die Lage der Arbeiter hat sih im leßten Jahrzehnt sowohl dur die Theilnahme an den wesentlich vermehrten und verbesserten, auf Gesundheit, Lebensbedarf und -Annehmlichkeit wohlthuend einwirkenden kommunalen und öffentlichen Institutionen, als au dur die Wohl- fahrtseinrihtungen der Werksbesißer in unserem Bezirke wesentlich gebessert. Die Kruppsche Fabrik besißt nicht weniger als 3277 gute und gesunde Familienwohnungen, in welchen 16,000 Personen leben ; 1890 einzelstehende Arbeiter können daselbst Kost und Logis haben. Die Firma Sulz, Knaudt & Comp. hat 2 Häuser mit Legir- e:nrihtungen und eirer Menage für ca. 100 einzelstehende Personen. Außerdem in unmittelbarer Nähe des Werkes 9 Häuser, enthaltend 11 Familienwohnungen zu je 3, 4 und 5 Zimmern, sowie in einiger Entfernung von der Stadt in einer gesunden Gegend eine Kolonie, enthaltend 25 Wohnhäuser

mit 34 Familienwohnungen zu je 5 Zimmern, ] nebst Stallunz,

24 Earten und

" E y m" 2 " Ackerland.

Jede Familienwohnung hat ihren besonderen Eingang, die Häuser liegen E von Gärten umgeben, an Straßen und Pläßen. Sie sind besser gebaut, gesunder, angenehmer und billiger, als andere Miethêwohnungen, welche je nah den Zeiten gesteigert oder aus be- liebigen Gründen gekündigt werden fönnen. Jedes größere Etablisse- ment und jede Zeche des Bezirks hat Einrichtungen ähnlicher Art, wenn au nicht in dem Umfange.

In den ausgedehnten Konsumanstalten erhalten die Arbeiter ihre Bedürfnisse sowohl gut als billig und vermeiden das Schuldenmacen, Vortheile, welche die Arbeiter täglich mehr \{chätßen lernen. Die Konsumanstalt der Kruppschen Gußstablfabrik umfaßt: eine Konsum- bâädckerei, eine Swhlächterci mit Fleisverkauf, eine Selterswasser- anstalt, einen _Gasthof und Bierwirthschaften, Verkaufsläden für Kolonial- and Spezereiwaaren, Shuhwaaren, Manufakturwaaren mit Schneiderei, Eisenwaaren und Hausgeräthe. Die Fabrik hat ihr eigenes Krankenhaus und ein Epidemienlazareth für 100 Kranke, sowie verschiedene Bade- und Waschanstalten. Sie hat endli in ihren Kolonien 4 Volksschulen mit 21 Klassen den betreffenden Gemeinden un- entgeltlih überlafsen und in Essen 2 Industriesulen und 2 solcher in den Kolonien Cronenberg und Schederhof errichtet, in welchen den weiblichen Angehörigen der Arbeiter Unterricht in häuslichen und Hanktdarbeiten er- theilt wird, die in der Konsumanstalt verwerthet werden können. Haupt- sächlich haben diefe Schulen den Zweck, die Frauen und Mädchen der Ar- beiter ihrer Unerfahrenheit in häuslicher Arbeit zu entreißen und den Sinn für Thätigkeit und Ordnung in ihnen zu erwecken. Sie er- freuen sich einer |tcigenden Frequenz. Fortbildungs\{ulen werden sowohl in der Gemeinde Essen als Altendorf gefördert und unter- stüßt, einestheils materiell, anderentheils indirekt, indem den Lehr- lingen der Firma Fr. Krupp, Schulz, Knaudt & Comp., G. D. Baedeker u. a. der Besu dieser Anstalten vorgeschrieben bezw. an- empfohlen wird. Für die Beschäftigung der Invaliden werden auf

wp "

Krupps Fabrik mehrere Industriezweige betrieben, z. B. Stroh- flechterei, Anfertigung von Bürstenwaaren, Brief-Couv:rts, Düten für die Konsumanstalt u. a. m. Die Bergleute neigen wieder mehr der Bewirthschaftung eines mehr oder weniger ausgedehnten Garten- oder Aerterrains zu.

„Im Allgemeinen ist der hier anfässige Bergmann und Fabrik-

arbeiter von Natur auf Erwerb ausgehend, fleißig, sparsam, anhäng- li und forgsam für seine Familie. Dieser ansässige Stamm unses res Arbeiterst1ndes ist die Stütze des industriellen Fortschrittes. Ein anderer Theil unserer Arbeiterbevölkerung besteht aus Zuzüglern aus allen Gegenden. Haben sie einen ständigen Aufenthalt einma! auf längere Zeit genommen, so streben sie mit ecriteren in gleihem Range zu stehen. Auch der größte Theil der aus allen Ländern, namentlih Hessen, Schlesien, Sachsen, Holland, Belgien, Tirol, Oesterreih-Ungarn und Jtalien hierhin ang:zogenen Arbeiter führt ein geordnetes Leben, er bringt zum Theil Fcau und Kinder mit sich oder übersendet ihnen den erübrigten Verdienst na der Heimath, und nicht selten gelang es ihm au früher, ein Sparkassenbuch an- zulegen oder Eigenthum zu erwerben. Leider aber bildete auc zur Zeit des Mangels an Arbeitskräften unser hiesiger Bezirk die Zu- fluhtsftätte vieler Elemente, welhe in den Stürmen des Lebens Swiffbruch erlitten, und diese namentlich gaben zu vielen polizei- lichen und kriminellen Untersuhungen Veranlassung.“ _ Der Abscbluß der Braunschweigischen Credit-An- stalt für das erste Semester 1877 ecgiebt, den der „B. Börs. Ztg zugehenden Berichten zufolge, einen Reingewinn ven 190,514 4; das ist gegen das 1. Semester 1876 eine Zunahme um 27,583 4

Der Einlösungscours für VDesterreihishe Silber- coupons ist gestern wie in der vorigen Woche auf 177 A 50 für 100 Fl. Silber festgeseßt worden.

S tuttgart, 3. September. (W. T. B.) Die beute hier stattgehabte Versammlung von süddeutschen Baumwoll- Industriellen war von etwa vierzig Weberei- und Spinnerei- Interessenten, die mehr als 12,000 Webstühle repräsentirten, besucht und faßte folgenden Beschluß: Obwohl in den meisten süddeutschen Spinnereien und Webereien eine nicht unerhebliche Entlassung von Arbei- tern und °oine nicht unwescntlihe Einschränkung der Produktion bereits stattgefunden habe, so halte es die heutige Versammlung doch für opportun, eine weiter or” isirte Reduktion der Produktion im Sinne der Vorschläge des vteferenten eintreten zu lassen und beauftrage das Präsidium, sich mit dem Elsaß in Verbindung zu seßen und festzu- stellen, ob die dortigen Fabrikanten geneigt seien, eine ähnliche Organisation unter sich zu vereinbaren und demnächst eine neue Versammlung behufs weiterer Berathung über diesen Gegenstand resp. behufs Abschlusses eines verbindlihen Abkommens wieder einzuberufen.

Verkehrs-Anstalten.

U ber indo-europäishen Telegraphenlinie sind im Monat August 1877 an gebührenpflichtigen Depeschen befördert worden: a. aus London, dem übrigen England und Amerika nach Persien und Indien 277 Stü; b. aus Persien und Indien nach Lon- don, dem übrigen England und Amerika 265 Stü; ec. vom euro- päischen Kontinent exklusive Rußland nah Persien und Indien 33 Stück; 9. aus Persien und Indien nah dem europäischen Kontinent erklusive Rußland 33 Stück. Summa 608 Stü. _… Die Warschau-Mlawaer (Danziger) Eisenbahn ist am 29, v. M. dem Verkehr übergeben worden.

Nach dem 55. Monatsbericht des \{chweizer Bundes- rathes über den Stand der Arbeiten am großen Gotthardt- tunnel rüdckten der Richtstollen im Monat Juni um 218,1 M., die seitlihe Ausweitung um 287,6 M., der Sohlens{liß um 158,8 M., die Strosse um 218,6 M., die vollständige Ausweitung um 205 M,, das Mauergewölbe um 240 M., das östliche Widerlager um 241,9 M., das westliche Widerlager um 248,4 M. und der vollständige Tunnel nm 262 M. vor. Die Zahl der beschäftigten Arbeiter betrug im Mittel täglich 3626 und im Maximum 4022. Die Gesammtmasse des ausgehcbenen Materials entspricht dem Kubikinhalte nach einem vollständig ausgeweiteten Tunnelstücke von 104 Meter Linge. Im Laufe des Monats wurden 405 Züge ausgehobener Gesteinsmaßse.. - aus dem Tunnel entfernt, also auf den Tag 289 Rollwagen. Die zerstörten Theile der Wasserleitung des Tessin bei Fontana konnten noch nit wieder hergestellt werden, da die Lawine, welche die Zer- stôrung veranlaßt hatte, noch nit geschmolzen war.

New-York, 3. September. (W. T. B.) Der Dampfer „England“ von der National-Dampfschiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Berlin, 4. September 1877.

_ Verviers, 4. September, 10 Uhr Vormittags. Die fällige englische Post, aus London, den 3. Abends, plan- mäßig in Cöla um 11 Uhr 34 Min. Vorm., ist ausgeblieben. Grund: Sturm im Kanal.

Wiesbaden, 3. September. (W. T. B.) Der Verbands- tag der deutschen Genossenschaften ist heute von Schulze- Delißsh im großen Saale des Kasino eröffnet worden. Die Ver- fammlung ¿ählt gegen 350 Delegirte aus allen Theilen Deutschlands uns : S hei der Eröffnung vom hiesigen Ober-Bürgermeister

egrüßt.

Friedri - Wilhelmstädtishes Theater. Un dem Gaste Hrn. Girardi zur weiteren Entfaltung seines komischen Ta- lentes Gelegenheit zu geben, ‘gelangt morgen außer „Graziella“ au cine einaftige Operetten-Novität: „Die Kohlenverkäufer“, nah dem Französischen von C. Tetlaff, Musik von Costé, zur Aufführung.

Eingegangene literarishe Neuigkeiten.

Die preußische Vormundschafts8-Ordnung vom 5. Jul 1875 unter sy tematischer Darstellung des bezügliheu Familien- und Erbrechts und Erörterung der Kontroversen erläutert durch Carl Neumann, Kreisgerihts-Rath in Allenstein. Berlin, 1877. Ver- lag von Frz. Vahlen.

Das Patentge seß für das Deutsche Reih vom 25. Mai 1877, nebst Einleitung und Kommentar und mit vergleichender e der ausländischea Patentgeseße von Dr. R. K oftermann

ch. Berg-Rath und Prof. der Rechte. Berlin, 1877. Verlaz von Frz. Vahlen.

Die Kunst im Hause. Geschichtliche und kritisch - ästhetische Studien über die Dekoration und Ausj1attung der Wohnung, von Jacob von Falke. 3. Aufl. Wien, Druck und Verlag von C. Gerolds Sohn. 1877. G

Die g Oos Staats-Finanzen. Mit Rücksicht auf die österreichisch - ungarischen Ausgleichungs - Verhandlungen und die bevorstehenden ungarischen Goldrenten-Emissionen. Von Hanns Beruth. Wien, 1877. Seibstverl. des Verf.

Mittheilungen der K. und K. österreichis{ - ungarischen Kon- sulats-Behörden. Zusammengestellt vom statistischen Departe- ment im K. K. Handels-Ministerium. s. Jahrg. 8. Heft. (12. Bd. der „Nachrichten über Industrie, Handel und Verkehr“.) Wien, 1877. Druck und Verlag der K. K. Hof- und Staatsdruckerei. 4.

Deutsche Rund\chau. Herausgegeben von Julius Rodenberg. L ag E Heft 12, September 1877. Berlin. Verlag von Ge- rüder Paetel.

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