1901 / 23 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Jan 1901 18:00:01 GMT) scan diff

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Personal-Veränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat Dezember 1900 eingetretenen Veränderungen. Durch Verfügung des General-Stabsarztes der Armee. Die nachstebend Auf eführten sind mit Wahrnehmung offener Asfsist. Arzt- stellen Fecatttugak, und zwar: 95. Dezember. Dr. Strecker, ein- jährig-freiwilliger Arzt beim Großherzogl. Mecklenburg. Füs. Regt. Nr. 90, unter Verseßung zum Sf. Regt. Graf Bose 41. Thüring.) Nr. 31 und Ernennung zum Unterarzt des Friedens- standes, Rautenberg, Nr ages Arzt beim Groß- berzogl. Mecklenburg. Füs. Regt. Nr. 90, unter Ernennung zum Unterarzt des Friedensstaudes, Pinczakowski, ceinjährig-freiwilliger Arzt beim 3. Garde-Regt. z. F., unter Verseßung zum 3. Magdeburg. Inf. Negt. Nr. 66 und Ernennung zum Unterarzt des Friedensstandes.

11. Dezember. Dr. Schulze, Unterarzt beim 3. Oberschles. Inf. Regt. Nr. 62, Dr. Dorxie, Unterarzt beim 6. Bad. Inf. Regt. Kaijer Friedrich 111. Nr. 114, Dr. v. Haselberg, Unterarzt beim Inf. Regt. Herzog Ferdinand von Braunschweig (8. Westfäl.) Nr. 57.

Königlich Sächsische Armee.

L M x. Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. 20. Januar. Marschalck v. Bachtenbrock, Major aggreg. dem 4. Inf. Regt. Nr. 103, als Bats. Kommandeur in dieses Regt. eingereiht. v. Tschirschky u. Bögendorff, Hauptm. und Komp. Chef im Schüßen- (Füs.) Regt. Prinz Georg Nr. 108, unter Aggregierung bei dem 15. Inf. Regt. Nr. 181, zum überzähl. Major befördert. Günther, Hauptmann und Kompagnie-Chef im 9. Infanterie- Regiment Nr. 133, unter Belassung in dem Kommando zur Dienstleistung bei dem - Bekleidungsamt X11 (1. K. S.) Armee-Korps, in das 7. Jnf. Regt. Prinz Georg Nr. 106 versetzt. Heiß, Hauptm. und Komp. Chef im 7. Jnf. Regt. Prinz Georg Nr. 106, unter Stellung à la suits des genannten Negts., zum Vorstand der Arbeiter-Abtheil., v. Eschwege, Hauptm. im Schüten- (Füf.) Negt. Prinz Georg Nr. 108, zum Komp. Chef, ernannt. Kühnelt, Oberlt. im 9. Inf. Negt. Nr. 133, zum Hauptm. und Komp. Chef befördert. Bonte, Oberlt. à la suite des 14. Inf. Regts. Nr. 179, unter Enthebung von dem Kommando zum Festungsgefängniß, in das Regiment wieder eingereiht. Bleyl (Georg), Vberleutnant im 5. Infanterie - Regiment Prinz Friedrih August Nr. 104, von dem Kommando zur Dienst- cistung bei der Intend. XI1. (1. K. S.) Armee-Korps enthoben. Meinert, Oberlt. à la suits des 13. Inf. Negts. Nr. 178, unter Belassung à la suits des Regts., vom 15. Februar d. J. ab auf ein weiteres Jahr beurlaubt. Siebelis, Oberlt. im 7. Inf. Regt. Prinz Georg Nr. 106, zum Festungsgefängniß kommandiert. Hager, Lt. im 11.- Inf. Regt. Nr. 139, unter Belassung in dem Kommando zur Dienstleistung bei dem topographischen Bureau des Generalstabes, Seidler, Lt. im 11. Inf. Regt. Nr. 139, zu Oberlts. befördert. v. Hellmann, Lt. im 1. (Leib-) Gren. Regt. Nr. 100, unter Stellung à 1a suits des Regts., vom 1. März d. I. ab auf ein Jahr beurlaubt. Rüble v. Lilienstern, Lt. im 2. Gren. Regt. Nr. 101 Kaiser Wilhelm, König von Preußen, ein Patent seines Dienstgrades vom 30. Januar 1900 K 2, Dörflin ger, Lt. im 5. Inf. Regt. Prinz Friedrih August Nr. 104, ein Patent seines Dienstgrades vom 30. Januar 1900 L 1, verliehen. Flem ming, Unteroff. im 10. Jnf. Regt. Nr. 134, Löwe, Unteroff. im 14. Inf. Regt. Nr. 179, zu Fähnrichen ernannt. Menzel, Lt. im 2. Pion. Bat. Nr. 22, zum Oberlt. befördert.

Abschiedsbewilligungen. Jm aktiven Heere. 20. Ja- nuar. Graf v. der Shulenburg-Hehblen, Major und Bats. Kommandeur im 4. Jnf. Regt. Nr. 103, mit Pension und der Er- Taubniß zum Tragen der Uniform des 2. Gren. Regts. Nr. 101 Kaiser Wilhelm, König von Preußen, mit den vorgeschriebenen Ab- zeichen, Winkler, Hauptm. à la suits des 5. Inf. Regts. Prinz Friedrich August Nr. 104 und Vorstand der Arbeiter-Abtheil., mit Pension, der Abschied bewilligt. v. Bróza-Goray, Lt. im Karab. Regt., zu den Offizieren der Landw. Kav. 1. Aufgebots übergeführt.

Deutscher Reichstag. 33. Sißung vom 25. Januar 1901. 1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fortseßung der erften Berathung des Entwurfs eines Geseßes wegen Versorgung der Theilnehmer an der ostasiatischen Expedition und ihrer Hinterbliebenen.

Abg. Dr. Schädler (Zentr.): Meine Fraktion ist im Ganzen und Großen mit den Vorschlägen der Vorlage sicherlich rasch von statten gehen. Es

wird ihre Erledigung

drängt fsih aber hier der Vergleich mit den Kriegstheilnehmern, |

besonders mit den Kriegsinvaliden aus den Kriegen von 1864, 1866 und 1870/71, sofort auf: au die Angebörigen unserer Kolonialshußtruppe kommen hier in Betraht. Da springt die Disparität sehr stark in die Augen; die Scbußztruppenangehörigen und die Chinakämpfer kommen bedeutend besser weg als die Invaliden aus unferen Feldzügen. Die leßteren sind aber niht weniger ciner ausgiebigen Versorgung würdig als jene anderen. Seit Jahren schon

hat der Neichêtag sh für die Befserstellung der Kriegsinvaliden und

der Theilnehmer an unseren rubmreichen Feldzügen überbaupt bemüht: |

leider bis gestern obne jeden praftishen Erfolg. Aber beute sind wir glüdlih aus dem Zustande der Erwägungen heraus: i nit mebr untersuchen, an welcher Persönlichkeit, bei welhem Ressort die Schuld für die jabrelang fortgeseßzte Nichtbeahtung der Forde-

lage sprechen bloß von Mängeln der gegenwärtigen Gesetzgebung und

sprechen nur von der Vorbereitung von Reformen; um so erfreulicber |

war die geftrige Erklärung des Reichskanzlers, der die Aufbesserung der Bezüge der Kriegsinvaliden als dringlih und unaufsciebbar bezeichnete und eine Vorlage noch für die laufende Session ankündigte. verdient er unseren wärmsten Dank und den wärmsten ganzen Hauses, daß er dieser Forderung des Reichstages fo entschieden entgegengekommen ist. Der Kanzler bat {on \{chöne Reden ge- balten und wird folche noch balten; einen einstimmigeren,

dingungéloseren Beifall aber als gestern wird er \{werlich jemals |

erringen können.

Abg. von Vollmar (Soz): willkommen, aber nur unter Kämpfern ‘aus den früheren Feldzügen nun endlih au ibr Recht wird. Es geht absolut nicht an, daß die Theilnehmer der China- Expedition befser gestellt werden als jene, die mit ibren Hundert- tausenden von Angebörigen oder Hinterbliebenen cinen mindestens ge! hoben Anspruch auf die Fürsorge des Reiches haben. Der Reichékanzler hat schr wohl daran gethan und das bessere Theil er- wählt, indem er diesen Schwierigkeiten von vornherein die Spitze ab- brach. Denn wir waren entschlossen, diese Vorlage niht eher aus der Hand zu geben, bis wir die verbündeten Ag ee dn eventuell gezwungen hätten, den einstimmigen Wünschen des Reichstages endlich nachzukommen. Peinlich und Ayr bleibt es immerbin, daß es so langen Nötbigens und Quälens bedurft hat, bis ein solches Nothgeset versprochen ‘worden ist. Befremdend muß auch der Widerspru in dem Verhalten der Vertreter der verbündeten N iten, denn noch dor ganz wenigen Tagen hat sih der Kriegs-Minister von Goßler sehr fühl über die Frage auégesproen; die Wendung ma also erst in ten leßten Tagen eingetreten sein. Wir hoffen aber, da das gestrige Versprechen nit etwa nur ein Versprechen bleibt.

. Graf von Oriola (nl.): Die gestrige Rede des Kanzlers

veranlaßt auch mich, von längeren Ausführungen Abstand zu nehmen.

b / einverstanden; | in der Budgetkommission, der auch wir sie zu überweisen bitten, |

will alfo |

iMnele } Dafür Dank des |

Wir hatten die Absicht, auf die großen Bedenken S welche gerade diese Vorlage erwecken mußte, wenn man die Lage der Kriegs8- theilnehmer und Kriegsinvaliden aus den großen Feldzügen in

arallele stellt. Mit dem Grafen Stolberg sprehe ih meine

reude darüber aus, daß sich Männer in fo großer Zahl ge- unden baben, welche freiwillig für die Ehre der deutschen fa ge in China eintraten. Aber dieses Moment dec Freiwilligkeit konnte für die Verforgung invalide Gewordener und ihrer Hinter- bliebenen nit entscheidend ei: auch der Hinweis auf die besonderen klimatischen Verhältnisse konnte es für uns nicht sein. Was unsere deutschen Landwehrmänner an der Lisaine und Loire im Feldzuge von 1870/71 auszustehen hatten, läßt sich sehr leiht mit den s{limmen Wirkungen des inesishen Klimas messen. Unsere alten Offiziere und Mannschaften hätten es nie verstanden, wenn sie binter den chinesischen Erpeditionstruppen zurückstehen sollten. Wir stehen alfo der Vorlage sympathish gegenüber. Sehr klug hat es der Staatssekretär von Tirpiß verstanden, auh die Beamten des Schußz- gebiets von Kiautschou in den Bereich dieser Vorlage hineinzubringen, ob- wohl sie doch direkt mit der Erpedition nichts zu thun haben. Besteht denn nun aber ein fo großer Unterschied zwischen den Beamten in Kiautschou und denen in Kamerun, Togo, Ost-Afrika u. f. w.? Ich weiß es nicht, aber es will mir vorkommen, als ob der Staatssekretär der Marine fast noch mächtiger ist als der Staatssekretär des Aeußern ; denn sonst hätte doch den Beamten in Kamerun u. f. w. billig sein müssen, was denen in Kiautschou recht ist; und sollte man nicht in diesem Zufammenhang auch derer gedenken, die beim Untergang der „Gneisenau“ ums Leben gekommen find? Jedenfalls darf der Reichstag nichts ablassen von seinen alten Forderungen. Wir brauchen ein neues, modernes Milikärpensionsgeseß, wie es der Kriegs-Minister längst aus- gearbeitet hat und wie es der Neichstag wiederholt einstimmig mit größtem Nachdruck verlangt hat. Das Schaumweinsteuergesetz, das einen Theil der Mehraufwendungen für Heer und Marine mit auf- bringen helfen soll, ist wunderbarerweise auch noch immer nicht dem Reichstage zugegangen.

Direktor im RNeichs-Marineamt, Wirklicher Geheimer Admiralitäts- rath Perels: Meine Herren! Jch habe das Wort erbeten, um auf eine Aeußerung des Herrn Abgeordneten Grafen Oriola namens der Marincverwaltung eine berichtigende Erklärung abzugeben. Der Herr Abgeordnete Graf Oriola äußerte: „Der Herr Staatssekretär von Tirpitz hat Herren in die Vorlage bineingebract, die mit der China- Erpedition nichts zu thun baben.“ Die nähere Begründung der Ein- beziehung der Landesbeamten von Kiautschou in den Gesetzentwurf wird in der Budgetkommission, an die, wie ih annehme, die Vorlage überwiesen werden wird, gegeben werden. Jene Aeußerung aber möchte ih {on jeßt richtig stellen. Der Herr Abgeordnete ist nit genau in- formiert äbér die Betheiligung der Landesbeamten von Kiautschou an der Expedition. Bekanntlich bildete das Schußzgebiet von Kiautschou zunächst die Operationsbasis unserer Streitkräfte in Ost-Asien, und das Gouvernement in Tsingtau mit seinem gesammten Personal war ein integrierender Theil unserer dortigen Streitkräfte. Es sind aber au thatsählich Beamte der Verwaltung den gegen den Feind entsandten Truppen beigegeben worden, namentlidck der Chinesenkommissar und eine Anzahl Dolmetscher, die also den- selben Gefahren ausgeseßt gewesen sind wie die Truppen selbst. Ferner ist bei Ausbruh der Wirren das Schußzgebiet in Vertheidigungszustand geseßt worden. Bei den bierzu erforderlichen Arbeiten baben die dem Gouvernement zugehörigen Baubeamten mitgewirkt; sie waren den- selben Strapazen, überhaupt denselben Verhältnissen ausgesetzt wie die der Kaiferlihen Marine angehörigen Beamten im Schutzgebiete. Wir sind deshalb der Meinung, daß diese Beamten nicht anders zu behandeln seien wie die anderen beim Erveditionsforvs befindlichen Beamten des Heeres und der Marine. Eine nähere Darlegung darf ih für die Kommisfsionsberathung vorbehalten.

Abg. von Tiedemann (Rp.): Meine politischen Freunde haben schon bei der Besprechung der Interpellation des Grafen Oriola zur Versorgung der Veteranen Stellung genommen. Auch wir wünschen, daß den alten bedürftigen Invaliden der Ebrensold nit länger vor- enthalten wird. Gegen die jeßige Vorlage haben wir von vornberein sebr gewichtige Bedenken gehabt, weil durch dieselbe vorläufig drei Kategorien an Pensionären geschaffen werden: die aus den Feld- zügen von 1864, 66 und 70/71, die der Schutztruppe in Afrika und die der Chbina-Erpedition. Durch die gestrige Erklärung des Reichs- kanzlers sind aber unsere Bedenken zumeist beseitigt worden. Der Reichskanzler bat sich nicht nur zur Gleichstellung der Sens nâre bereit erklärt, sondern will sih auch über bureaukratisGe Be- denken hinwegseßen. Es würde im Lande einen lebhaften Widerhall finden, wenn nicht nur im Wege der Gesetzgebung die Pensions- verbältnisse aller Invaliden aufgebessert würden, sondern wenn auch im Verwaltungswege den alten hbilfsbedürftigen Veteranen ein Gbren- sold gewährt würde. Damit würde einem Uebelstande abgeholfen, der im ganzen Lande empfunden wird.

Staatssekretär des Reihs-Schaßamts, Dr. Freiherr von Thielmann:

Der Herr Vorredner hat soeben von den Veteranen gesprochen, von denjenigen Theilnehmern an unseren Kriegen, die zwar nit durch eine Verwundung im Kriege oder durch die Kriegsstrapazen ins Unglück gekommen sind, die aber jeßt erwerbslos dastehen und einer Hilfe bedürfen. Es ift rihtig, wie der Herr von Tiedemann an- führte, daß eine verhältnißmäßig geringe Anzahl solcher Veteranen ihre Zabl wehselt selbstverständlih von Tag zu Tag, und ih fann sie nicht genau angeben augenblicklich noch dieser Versorgung entbehren, die ihren Genossen zu theil wird. In der Budgetkommission liegt bereits cin Antrag der Abgg. Graf Oriola und Müller (Fulda) vor, welcher bezweckt, die für die Veteranen aus- geworfene Summe so weit zu erböben, daß diese anerkannten, bis

; l l ; | jest nit bedahten Veteranen daraus Befriedigung finden können rungen und Wünsche des Reichstages gelegen hat. Die Motive der Vor- |

gleih den übrigen.

Zh kann im Namen des Herrn Reichskanzlers Ihnen die Er- klärung abgeben, daß die verbündeten Regierungen diesem Antrage sympathbish gegenüberstehen und zu seiner Verwirklichung ihre Hilfe leisten werden. (Allseitiges Bravo !)

Abg. Dr. Pachaicke (fr. Vgg.): Der Reichstag verlangt eine einbeitlicbe, fibersichtlibe Pensionsgesezgebung aus einem Guß. Davon kann er nicht abgehen. Auch wir wünschen ganze Arbeit und meinen, daß dies schon in dieser Session ganz gut gesehen fann. Vorläufig wird dem Reichstag nichts übrig bleiben, als in Form

E wie R. a0 | einer Resolution seine weiteren Wünsche zum Ausdruck zu bringen. Au wir heißen die Vorlage

der Vorauéseßzung, daß den alten |

Abg. Dr. Mülle r- Sagan (fr. Volfksp.): Auch wir sind mit der Vorlage na der Erklärung des Reichskanzlers und der heutigen des Staatssekretärs des Reichs - Schatzamts einverstanden. Der Kanzler hat sehr weise gehandelt, indem er seine Erklärung abgab, denn obne diese wäre die Vorlage bestimmt nicht zu stande gekommen. Um so weniger können wir uns mit der Ausführung der Motive befreunden, wonach die in Vorbereitung befindlihen neuen großen und weit- tragenden Gesetzentwürfe für die E ERTZOONN nicht so {nell er- ledigt werden können, wie die Regelung der Veriorgung der ostasia- tishen Kriegëtheilnehmer erbeisht. Auch bier könnte der Reichskanzler sih ein großes Verdienst erwerben, wenn er etwas mebr Dampf gäbe und uns die Vorlage einer einbeitlihen, modernen, ausreichenden Ver- forgungsgesetzgebung für Heer und Marine sobald als irgend möglich zugeben ließe.

Abg. Graf von Roon (d. kons.): Ich kann mich nur dem voll und ganz anschließen, was der Sre Oriola gesagt hat; es würde sich für die Deckung des Mehrbedürfnisses aus der Schaumweinsteuer und auch aus der Saccharinsteuer, die uns ja oft genug versprochen worden ist, recht Beträchtlihes ergeben. Auf Einzelheiten brauche ih jegt niht mehr einzugehen. it der Annahme und Verabschiedung dieser Geseye wird sih der Reichstag ein würdiges Denkmal seßen und

der ruhmrei eier des 200 jährigen Fubilzuis R. Preis fes mreìi Eptogo theil werden las Wuigreichz ba. Prinz zu Sd ueE arolath (nl.): Ueber den Grad

der Verbitterung, der in den Kreisen der Kriegstheilnehmer herrs df

habèn wir uns erst neulih ausführliß ausgesprochen; wir

dem Kanzler für seine gestrige Erklärung O i bak Der Reichs-Schabsekretär giebt zu, daß eine große

berechtigt anerkannten U Ener den Ehrensfold

nicht bekommt, weil keine Mittel vorhanden sind. Daß diese Notierten endlih diesen Ehrensold erhalten, haben wir neulich dringend verlangt. Diesen Leuten will der Staatssekretär in Zukunft „sympathisch gegenüberstehen“. Das genügt mir nicht; ih gewärtige die Erklärung, daß die bereits Notierten die 120 4 sofort erbalten Ferner bitte ih ihn, dahin zu wirken, daß die Summe vom 1. Januar des Jahres ab nachgezahlt wird. Es andelt sih hier garni{t um Millionen, es handelt sich höchstens um ein paar hunderttausend Mark; daß wir diese erbärmlihe Summe ihnen nicht geben, die wir ihnen s{uldig sind, weil ihre Berechtigung anerkannt ; das begreift niemand im ganzen Deutshen Reiche.

ein Vorgehen in dieser Ri tung würden wir dem Reichs- kanzler dankbar sein. Auch muß doch der unglaubliche Wide, spruch aufhören, daß den im Reichsdienste angestellten Militärinvalide die Militärpension entzogen wird, während fie den im städtisder Dienste Angestellten belaften wird. Die Entschädigung für die Nit: benußzung des gung gens endlich muß erhöht werde. Dem angekündigten Entschlusse des Reichskanzlers muß aber bald die That folgen; Ostern steht vor der Thür; wir nsen rasch arbeiten: und das wird ja_ auch geben, denn der Entshkuß ist ‘ja das \chwerste und über diese Schwierigkeit sind wir hinweg. |

Staatssekretär des Reichs - Schaßamts , von Thielmann:

Wenn der Herr Vorredner sih die Mühe nehmen will, daz Stenogramm der wenigen Worte durhzulesen, die ih vorhin an daz hohe Haus richtete, fo wird er inne werden, daß er die Worte, die ih gesprochen habe, vollkommen in ihr Gegentheil verkehrt hat (Oh! Oh!) i sage: selbstverständlih nicht mit Absicht, sondern er hat wahr- scheinlih mehr mit seinem guten Herzen gehört als mit dem Ohr. (Heiterkeit.) Jch habe nicht gesagt, daß ih im Namen des Herrn Reichskanzlers den gegenwärtig noch niht bedahten Veteranen Sympathie entgegenbringe diese Sympathie bringt Jeder in diesem Hause den Veteranen entgegen —, sondern, daß der Herr Reichskanzler dem in der Budgetkommission gestellten Antrage der Herren Abgg. Grafen Oriola und Müller (Fulda), welher die Summe von 4 Millionen und ih glaube 80000 Æ auf 4800000 4 er- höhen will, Geneigtheit entgegenbringt. Das ist etwas ganz anderes: denn diese Sympathie bedeutet baar Geld. (Ach! ah!)

Abg. Prinz zu Schöônaich-Carolath: Jch befleißige mich stets der größten Höflichkeit und darf das auch _von jeder anderen Seite erwarten; der Staatssekretär kann also höchstens sagen, daß i seine Worte mißverstanden habe. Jch freue mi, daß er sie jetzt näher erläutert hat. |

Damit \chließt die Debatte.

Budgetkommission überwiesen.

Das Haus seßt darauf die zweite Lesung des R iRT haushalts-Etats für 1901 bei dem Etat des Reichs- amts des Jnnern, und zwar bei der Debatte über den

Titel „Gehalt des Staatssekretärs“ fort.

Bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Ministerial: Direktor, Ritter von Herrmann: Gestatten Sie mir, meine Herren, auf die jüngste Nede des Herrn Abg. von Vollmar zum Etat mit ein paar Worten zurückzukommen. Derselbe hat in der Sißung vom Dienst hier einen Artikel der „Augsburger Abend-Zeitung“ reproduziert, welchem dem Herrn Staatssekretär des Innern wegen einiger Aeuße: rungen in diesen Debatten über seine Stellung zu den verbündeten Regierungen Vorwürfe gemacht sind. Der Herr Abgeordnete hat an dieje Mittheilung eine längere Auseinandersetzung geknüpft, welce den Anschein erwecken könnte und wohl au erweden sollte, daß dieser Zeitungsartikel die Meinung der bayerischen Regierung wiedergebe, vielleicht von ihr selber veranlaßt fei. Demgegenüber kann ich auf Grund inzwischen eingeholter amtliher Informationen e, daß die bayerische Regierung in keinerlei Beziehung zu diesem Zeitungë- artikel steht. Jch glaube, für jedermann, dem die einschlägigen that- sählihen und rehtlihen Verhältnisse einigermaßen bekannt sind, stand das von vornherein außer Zweifel. Jch kann weiter feststellen: Die Erklärungen, welhe der Herr Staatssekretär in den Sißungen vom 14. und 17. d. M. über seine staatêrehtliche Stellung zu den verbündeten Regierungen hier abgegeben hat, sind durchaué forreft, sie entsprechen unserem deutschen Verfassungsreht, sowie aud den Anschauungen der verbündeten Regierungen. Jch erachte es dem- nah als meine Fd, den Herrn Staatssekretär gegenüber dem bier reproduzierten Artikel eines bayerischen Blattes entschieden zu ver: wahren, und desgleichen verwahre ih die bayerische Regierung gegen den Versuch des Herrn von Vollmar, sie mit diesem Artifel in irgend welche Verbindung zu bringen.

Abg. Gamp (Rp.): Ich habe schon im vorigen Jahre auf èè Grschütterung hingewiesen, welche die Begünstigung der ausländister Papiere hervorgerufen habe und weiter hervorrufen müsse. Bedauer- licherweise hat die Reichsregierung meiner Anregung niht Folge gegeben. In ciner Zeit, wo wir Schwierigkeiten haben, unsere eigenes Anleihen im Inlande unterzubringen, wo wir in Amerika Geld auf- nehmen müssen, sollten wir bezüglich der ausländishen Werthe ganz besonders vorsichtig sein. _Von der vom Abg. Münt- Fcrber beantragten Errihtung einer Zentral - Auskunftsstelle für Handel, Gewerbe, Industrie und Landwirtbschaft wird die letzte nur einen geringen Gebrauch machen können. Mir erscheint überhaupt der Nutzen ciner solhen Zentral-Auskunftsstelle etwas zweifelhaft. Dic neuliche Rede des Abg. Fischbeck über die Getreidezölle war ganz un- zutreffend. Herr Fishbeck kennt die Sache niht. Er kennt weder die Belastung des Grundbesites noch den großen Unterschied zwischen der amerikanischen landwirthschaftlihen Produftionsmethode und der deutschen. Kein anderes Land hat eine derartige Belastung des Grund- besißzes für humanitäre Zwecke, wie Deutschland. Bei der Fort führung der Sozialreform muß s dem Grundsatze verfahren werden: Erst wägen, dann wagen. 5 mus niht wie früher bei der Bâckereiverordnung und der Sonntagérubhe innerhalb 14 Tagen oder noch kürzerer Frist etwas gemacht werden, was sich hinterher als unhaltbar erweist. Man fann wohl ein einzelnes Geseß gegen die Arbeitgeber durhseßen, nicht aber cine große, zusammenhängende Gesetzgebung. Im Gegen)aß zum Abg. Pihe kann ich also nur ein langsames, besonnenes Tempo in der Sozialreform befürworten. W insbesondere die Wittwen- und Waisenfürsorge betrifft, E c mir nicht gerechtfertigt, auch die Arbeitgeber zu den Lasten heranzuziehen : {on weil der Arbeitgeber gar kein Interesse daran hat, ob er ber- heirathete oder unverheirathete Arbeiter deschäftigt. Kein Land der Welt hat eine solche Arbeiterversihherung wie wir, und die Herren sollten lieber ihren Einfluß geltend main dabin, daß die anderen Staaten unserm Bei- spiel folgen. Was den neuerlihen Bueck-Brief betrifft, so kann es doh feinem Zweifel unterliegen, daß der Zentralverband deutscher Industrieller, dem so viele Srofindus rielle angehören, mit Recht den Änspruh erheben kann, Einfluß auf Geseßzgebung und Verwaltung zu üben. Es gelbieht das ja auch seitens des Deutschen Handelétas® und des Landwirt scaftsraths u. st. w. Die Beamten sind nicht nur berechtigt, sondern auch veepslichtet, die Wünsche dieser groze? Interessengruppen zn hören, sobald es innerhalb der allgemeinen u essen geschieht. (Zuruf links: Aber niht auf Hintertreppen! dus: Zentralverband ist in voller Oeffentlichkeit vorgegangen; diese bat kunft, welche Herr Minister Brefeld dem rn Bueck gegeben der ist auch dem Geheimen Kommerzienrath Goldberger geworden, der a7

Dr. Freißerr

Die Vorlage wird an die

Spitze eines andern angesehenen, N Vereins steht. Man mat fo U

gern den Beamten den Vorwurf, daß sie nicht genug Fühlung mit dem praktischen Leben hätten, sie follen L informieren, sagt man; informieren sie fih aber bei Männern der Praxis, dann joll das wieder eine Verleßung des allgemeinen Interesses sein. Eine Tirettung des Herrn Bueck hat mich allerdings unangenehm berührt, das ist die, man habe alis den Minister von Berlepsh „klein gefkriegt“. Herr von epsh ijt aus ganz anderen Gründen weggegangen; er war ein Mann von vornehmer Gesinnung, und ich bedaure die e Aeußerung aufs tiefste. Zu meinem Erstaunen hat der Abg. Sachse die Ver- pältnisse bei den Arbeiter-Konsumvereinen, über die gerade in sozial- xemokratischen Kreisen so häufig geklagt worden ist, in Schuß ge- mommen. Er hat fogar gesagt, Arbeiterinnenlöhne von 600—700 M. seien auêreihend. Man hat sogar gemeint, die sozialdemokratischen Arbeitgeber müßten mit der Konkurrenz rechnen. Wir werden uns das merken und auf etwaige Beschwerden der Herren drüben (nach links) ihnen diese Auseinanderseßungen des Herrn Sachse vorführen.

Abg. Fürst von Bismarck: Der Vorredner hat mit Recht die Herren drüben aufgefordert, sie möchten hineingreifen ins volle, praktishe Leben, um zu sehen, wie es dort zugeht. Jh möchte diese Aufforderung besonders an den Herrn Abg. Silbe richten, der neulich über die Landwirthschaft Dinge behauptet hät, die er nur aus Büchern entnommen haben kann, weil sie in der Praxis nicht vorfommen. Seine Rede ähnelte den Reden, die vor etwa fünfzig Jahren _in englishen radikalen Versamm- lungen vorgetragen worden sind. Er hat ganz außer Acht ge- lassen, daß die Produktionskosten auf dem Lande ganz erheblich gestiegen sind, daß sie innerhalb der leßten 40 Jahre sich stellenweise mehr als verdoppelt baben. Dieser Steigerung der Produktions- fosten steht aber a E ein großer Ausfall der Preise der ländlichen Produkte. Herr Fischbeck hat gemeint, die ganze Absicht der Grund- besißer bei Betreibung höherer Getreidezölle wäre bloß die Erhöhung der Bodenrente. Das wäre nichts Verwerfliches; in der Hauptsache sind die Grundbesißer {hon fo bescheident geworden, daß sie nur ein weiteres Fallen der Bodenrente verhindern wollen. Daß die Erhöhung der Getreidezölle die Bodenrente hebt, ist ohnehin nicht gesagt. Wenn die Bauern ihre eigene Arbeit und die ihrer Familienmitglieder als zu be- zahlende rehnen sollen, dann bleibt ihnen überhaupt nichts übrig. Das ist do cin hartes Loos ; die Bauern müssen eben {wer arbeiten wie die Knechte. Bei 50 9/6 aller landwirthschaftlichen Betriebe wird übrigens nah der amtlichen Statistik keine Grundrente erzielt, und dabei ist no die Verschuldung außer Betracht gelassen. Nach Herrn Fisch- bed ist es Thatsache, daß Deutschland seinen Bedarf an Getreide nicht selbft produzieren kann. Wenn Herr Fishbeck es sagt, so ist es darum noch keineswegs eine Thatsache. Erst neuerdings hat ein schr angesehener Professor, Herr Delbrück, nachgewiesen, daß und wie auch unter den jeßigen Umständen Deutschland seinen Getreidebedarf selbst produzieren kann. Wenn nun heute viele Besitzer nit mehr in der Lage sind, intensiv zu wirthschaften, so würde in diejem Punkte Wandel geschaffen, wenn die Aussicht auf bessere Preise stiege. Auh vom Rübenbau, zu dem man nur des unrentablen Getreidebaues wegen in vielen Distrikten übergegangen ist, würde wieder Terrain an den Getreidebau zurückgegeben werden. Schließlich ist Herr Fischbeck auch auf die Pächter zu sprechen gekommen, und da hat er ganz besonders gezeigt, daß er noch ganz in den spanischen Stiefeln des Cobdenismus eingeschnürt ijt. Die Grundstücke von 2—100 ha sind nur zu 33 9%, die gesammte landwirthschaftliche Fläche nur zu 99% verpachtet. r Fischbeck scheint anenglise Verhältnisse gedacht zu haben, auf Deutschland passen seine Ausführungen über den Pächterstand ganz und gar niht. Von den Betrieben von 100 bis 500 ha sind 17%, von den größeren nur 39% verpachtet; bei leßteren }ind noch die Hunderte von Quadratmeilen Königlicher Domänen mit- grechnet. Gerade die kleinen und mittleren Betriebe, 75 9% der Ge- jummtflähe, muß doch eine verständige Regierungspolitik zu erhalten bestrebt fein, und sie ift es ja auch nach den Erklärungen ihrer Vertreter im preußischen Abgeordnetenhause und hier. Was die Zollfrage betrifft, so ist ja in den großen De- batten von 1579 \chon alles gesagt, was darüber zu sagen ist, und es hieße Eulen nah Athen tragen, wollte man diese Aus- führungen wiederholen. Aber cins muß allerdings immer wieder betont werden, daß nämli das Ausland einen großen Theil des Zolls trägt, denn weshalb sollte es \sih sonst gegen denselben wehren ? Frankreich hat 2 A mehr Getreidezoll als wir, troßdem sind die Preise dort ncht höher als bei uns. Diese Erscheinung geht durch die sanie Preisbewegung der leßten 50 Jahre bindurch. Herr Fish-

ck sollte auch die Ergänzungssteuertabellen studieren: dann wird er Gelegenheit haben, feine Ausführungen über die Rentabilität des _Großgrundbesißes zu fkorrigieren. Die Ver- zinsung der landwirthschaftlichen Gebäude ist eine besonders {were Belastung für den Grundbesißer; man kann wirklich sagen: die Gebäude frefssen uns auf. Die Tariffrage mit ihrer weittragenden Bedeutung hat Herr Fischbeck ganz übersehen. Die Zölle sind von minderer Be- deutung; fie sollen bloß eine kleine Garantie geben gegen cin zu tiefes allen der Bodenrente. Die 3%/ Großgrundbesißzer sprechen ja nicht pro domo; wir treten cin für den mittleren und fleinen Grundbesitz, sür den gesunden Bauernstand, den wir im Juteresse der Nation cristenzfähig erbalten wollen!

Abg. Dr. Hase (nul.) empfiehlt eine Neform des Gesetzes über den Erwerb und Verlust der deutschen Neichsangehörigkeit im Juteresse der Erleichterung der Ausgewanderten, sih das deutsche Bürgerrecht wieder zu erwerben. Der Abg. Graf Arnim und er hätten sich zu einem Antrag in dieser Sitzung vereinigt, der aber wobl kaum noch in dieser Session werde verhandelt werden. Nun höre er, daß das Reichsamt mit derartigen Vorarbeiten befaßt sei, und möchte über den Stand derselben um Auskunft bitten.

„_ Abg. Ledebour (Soz.) führt aus, wenn der Abg. Gamp die Angabe enes Parteifreundes Sachse über die sächsischen sozial- demokrati Gei Konsumvereine fkritisiere, so sei dem entgegenzuhalten, daß die Löhne der Angestellten in den Konsumvereinen den Vergleich init allen anderen Konsumvereinen aushielten und höher seien als dort: dies und nihts anderes habe auch der Abg. Sachse ausgeführt. Aus den Debatten über die Leutenoth sei doch ganz klar hervorgegangen, daß die Zu- stände in den Provinzen derartige seien, daß die Landbewohner ver- trieben würden; Wohnungs- und Grnährungsverhältnisse seien gleich- ig als treibende Gründe betheiligt. Der Staatssekretär Graf Posadowsky babe zu deduzieren versucht, daß republikanische Zustände mit dem Bestehen des Deutschen Reichs unvereinbar seien. Er habe unrichtig zitiert. Er habe den Eingang der Reichsverfassung vorge- lesen: „Die deutshen Fürsten {ließen einen ewigen Bund u. #. w.“, dort stehe aber : „Seine Majestät der König von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes u. #. w. und die Senate der drei Freien Städte schließen einen ewigen Bund.“ Daraus gehe hervor, da in den Bundesstaaten Deutschlands die republikanische Verfassung durchaus gleichberechtigt sei. m VBundesrathéti he säßen doch die Vertreter der drei Freien Städte. uf die Bueck-Briefe zurückzukommen, nöthige hn (Redner) die Grklärung des Abg. Müller-Sagan, daß seine Partei ind die Volkspartei den Antra Fischer auf Einseßung einer Ünter- an gTominiision niht annehmen wollen. In der ersten Lesung d Abg. Nichter ausgeführt, daß die Ee nicht allein die Sozialdemokratie, sondern „alle anderen Parteien, auch freifinnige, angehe; mit dieser Erklärung stehe die des abg. Müller ín shneidendem Widerspruch. Wie wenig aher von anderen bürgerlihen Parteien zu erwarten sei, beweise die Stellung- me des Zentrums und der Nationalliberalen zur Erhöhung der b reidezölle. Wo seien die alten, s{höônen, liberalen Programme ge- ieben ? Die Nationalliberalen seien von den Agrariern ins Schlepptau pjeemimen worden, die Freisinnigen gäben zaghaft den Kampf auf, der Verlauf der 12000 M- ngelegenheit beweise. Die Dee

dee g zeigten, daß in ihrem Liberalismus {on der Krank- : Fe ienero ( entr.) ele f dr dee nta des De erber auf (&rrihtung einer Zentral-Auskunftsstelle für Handel, Indu e, Gewerbe und Landwirthschaft. da einc solche Zentralstelle

von ave Wichtigkeit sei. Redner sucht dies namentlich bezügli des Handels im einzelnen nachzuweisen.

bg. Molkenbuhr (Soz.): Wenn der Abg. Gamp ein lang- sameres Tempo in der Sozialreform wünscht, fo beißt das jedenfalls: Dehnt ja die Krankenversicherun nicht auf die Landwirthschaft aus. Man weiß ja, wie eifrig sih bisher die Landwirthe gegen diefe Aus- dehnung gewehrt haben. Herr Gamp sagt: Erst wägen, dann wagen! und meint, die Bäkereiverordnung sei ohne genügende Vor- bereitung erlassen worden. Die Kommission für Arbeiterstatistik hat als erste Arbeit die Verhältnisse im Bäereigewerbe zu unter- suchen gane und sih jahrelang mit den genauesten Erhebungen unter Anhörung E Vertreter der Bäckermeister und Bäcker- gesellen abgegeben, ehe fie an den Entwurf der Verordnung selbst ging. Wenn man noch mehr Vorbereitungen verlangt, so will man damit wohl andeuten, es wäre besser, man fäme vor lauter Vor- bereitungen und Erwägungen überhaupt niht zu einem Abschluß. Herrn Hiße dürfte das Lob aus dem Munde des Herrn Gamp wohl niht ganz angenehm gewesen fein. Daß das Blatt „Gesindeordnung“ kein Ruhmesblatt in der vecitiden Geschihte ist, wird wohl fein Einsichtiger bestreiten. Die Politik des preußischen Eisenbahn- und Handels - Ministers gegen die Eisenbahn- und Bergarbeiter is auch nicht dazu angethan, auf den Nuhmesblättern der preußischen Geschichte zu prangen. Man weist immer auf die Arbeiterversicherung bin. Aber es ist heute doch sehr die Frage, ob den größeren Vortheil von derselben die Arbeiter oder die Arbeitgeber haben. Schon im Jahre 1879 war der Zentral- verband deutsher Industrieller dabei, diese Versicherung einzuleiten, und bereits im Jahre 1876 hatte Herr Baare einen * ganz spezifizierten Gesegentwurf in demselben Sinne veröffentlicht. Auch mit der Verkürzung der Arbeitszeit kann niht groß renommiert werden; die englishen Spinner sind nur 54, die deutschen 60 Stunden wöchentlich beschäftigt. England zahlt höhere Löhne und kann troßdem mit Deutschland in den Konkurrenz- kampf eintreten, weil seine Arbeiterschaft eben der höheren Löhne wegen leistungsfähiger ist. Durch die Zollreform von 1879 wurde die Lebens- haltung für jeden Arbeiter um 30 Æ vertheuert; jeßt ist der Arbeiter- schußz eingeführt, und nun soll der Arbeiter durch abermalige Zoll- erbôöhungen dafür bezahlen; das heißt, er wird zweimal für dieselben Belastungen in Anspruch genommen. Den Arbeiter wird man also für zollpolitishe Maßnahmen nicht gewinnen. ___ Abg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim (nl.): Man schiebt uns immer wieder unter, daß wir den Arbeitern das Koalitionsreht nehmen wollen; es ist nun doch noch garnicht so lange her, daß die Arbeitswilligenvorlage avgaehnt wurde. Das Tempo in der Sozial- politik hat fih nach dem Maße zu richten, in welchem offenkundige Mißstände in die Erscheinung treten. Der erste sozialdemokratische Minister, den wir in Europa haben, Herr Millerand, hat ein äußerst laues Tempo eingeschlagen; er bat noch nicht einmal ein paltpliiMtgesep vorgelegt. Das Strikegesez, welches er vorgelegt hat, macht feinen geringeren Vorschlag, als das Strikereht der Arbeiter aufzuheben; das ist von deutscher sozialdemokratischer Seite und damit jener Entwurf bekämpft worden. So seben alfo die Vorschläge aus von Sozialdemokraten, die praktish an der Ge- seßgebung mitzuwirken berufen sind. Der Zentralverband deutscher Industrieller vertritt nur Theile der deutschen Industrie; Herr Gamp vindiziert ihm größere Bedeutung, als ihm zukommt. Die Politik dieses Verbandes hat nicht nur die Folge gehabt, daß Herr Bueck vers{chwunden ist, sondern daß fich in diesem hohen Hause viel rascher eine Majorität für die fozialpolitishen Geseße gefunden hat. Ich hoffe, daß Graf Posadowsky fest sein wird gegen die fortgeseßte Aufreizung gegen seine Person außerhalb dieses Hauses. Ich finde es vollständig berechtigt, wenn die Interessentenverbände nach dem Maße ihrer Kraft Einfluß zu gewinnen suchen. Sie dürfen aber nicht den Anschein erwecken wollen, als ob sie in der Lage wären, eine Art von Nebenregierung zu führen. Der Zentralverband hat aber nicht nur den Anschein erwecken wollen, sondern er hat sogar vielfach den Versuch gemacht, eine solche Nebenregierun g zu führen. Der Vorwurf, daß der Antrag Münch-Ferber nur den Zwec verfolge, die Landwirth- schaft als Vorspann für die Industrie zu benüten, ist unbegründet. Die Aus- kunfts\telle ist für beide Erwerbszweige von großer Wichtigkeit. Verhehlen will ih nicht, daß der Rhein als natürlicher Kanal infofern nach- theilig wirft, als das argentinishe Getreide auf ibm ebenso billi gefahren wird, wie das Getreide von Worms nach Leipzig. Es ist nun von der größten Wichtigkeit, zu wissen, wie es um die argentinische Ernte steht. Es ist nur mitgetheilt worden, daß im letzten Jahre die Maisanbaufläche in Argentinien ganz außerordentlih vermehrt worden it. Ih möchte \{ließlich den Staatssekretär fragen, in welcher Nichtung der Reichskanzler und die verbündeten Regierungen thätig gewesen sind bezüglich des von mir eingebrahten und gegen eine Stimme angenommenen Antrags gegen die Verunreinigung mehreren Staaten angehörender Flüsse und Ströme. Dieser Antrag war von einer großen Anzahl ober- und niederrheinisher Städte unterstüßt worden.

Staatssekretär des Jnnern, von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Ih gehe auf eine Anzahl Punkte cin, die im Laufe der Debatte der leßten und der heutigen Sitzung berührt worden sind.

Einer der Herren Redner erwähnte die Arbeit des RNeichsamts des Innern, betreffend die Zusammenstellung der Zolltarife von 60 der wichtigsten Handelsstädte der Welt; er erklärte, diese Zusammen- stellung wäre längst veraltet, weil eine ganze Anzahl von Staäten bereits seitdem ihren Zolltarif einer Aenderung unterzogen hâtten. Die Auffassung des Herrn Vorredners ist aber in einem Punkt irrig. Jh habe bereits vor mebreren Jahren in dem hohen Hause erklärt, daß diese Zusammenstellung der Zoll- tarife, die cin sehr wichtiges Hilfsmittel auch für den Reichstag sein wird bei der Berathung des neuen deutschen Zolltarifs, kurrent ge- halten gehalten werden muß, etwa wie das Deutsche Neichs-Kursbuch, und der Herr Vorredner kann sih auch davon überzeugen, daß diefe Zusammenstellung der Zolltarife fortgeseßt ergänzt ist und daß diese Ergänzungen in der Form von Tekturen versandt werden und auch käuflich zu haben sind. Einer der vier Bände des Werks ist aber inzwischen durch zollgesetgeberishe Maßnahmen anderer Staaten so verändert, daß in nächster Zeit eine vollständig neue Ausgabe desselben ers{heinen muß. Diese Arbeiten, die ein praktisches Nachschlagebuch für den Industriellen, den Handelsmann, den Exporteur sein follen, würden völlig ihren Werth verlieren, wenn sie nicht fortgesetzt ein Bild der gegenwärtigen Zollsäße in den betheiligten Staaten güben.

Der Herr Abg. Gamp hat darüber Beschwerde geführt, daß in einer Zeit, wo in Deutschland sich Geldknappheit geltend machte, die zu wiederholten wesentlihen Erhöhungen des Diskonts geführt habe, wir troßdem in fo erheblihem Maße fremde Anleihen in Deutsch- land emittierten. Jh möchte demgegenüber zunächst bemerken, daß

Staats-Minister Dr. Graf

.noch im Jahre 1898 hier über 732 Millionen emittiert wurden,

während im Jahre 1899 unsere Emission nur noch 232 Millionen betrug. (Zuruf rechts.) Gewiß, einheimish: Emission.

Meine Herren, das Börsengeseß sagt: über die Frage, ob eine ausländische Anleihe zuzulassen ist oder nicht, entscheidet die Zulassungs- stelle, und die

„Zulassungsstelle hat die Aufgabe und die Pflicht, Emissionen nicht zuzulassen, durch welche erheblihe allgemeine Interessen geschädigt werden oder welche offenbar zu einer Uebervortheilung des Publikums führen".

Und das Börsengeseiz sagt weiter :

„Die Zulafsungsstelle darf die Emissionen ohne Angabe von Gründen ablehnen. Jm übrigen werden die Bestimmungen über die Zusammenseßung der Zulassungsstelle sowie über die Zu- lässigkeit einer Beschwerde gegen deren Entscheidungen dur die Börsenordnungen getroffen.“

Die Börsenordnungen, meine Herren, sind ja Gegenstand der Partikulargeseßgebung oder -Verordnung und, soviel ih weiß, ist in der Berliner Börsenordnung noh keine Bestimmung darüber erlassen, inwieweit der Beschwerdegang zu regeln ist gegen die Zula}fsung oder Nichtzulassung von Emissionen. In jedem Fall liegt aber die Aus- führung bei den Landeëbehörden, und ih möchte den Herrn Abg. Gamp bitten, deshalb, wenn er glaubt, seine Beshwerde weiter ver- folgen zu müssen, dieselbe im preußischen Abgeordnetenhause beim Etat des Herrn Handels-Ministers anzubringen. (Zuruf rets.) Nur wenn die Zustände so würden, daß eine geseßliche Aenderung ein- treten müßte, dann würde meines Erachtens der Reichskanzler bezw. die verbündeten Regierungen erwägen müssen, inwieweit das Börsen- geseß nach dieser Nichtung hin zu ändern sei.

Der Herr Abg. Gamp hat dann von der Ueberführung der land- wirthschaftlichen Nebenbetriebe in den Verband der landwirthschaft - lichen Berufsgenossenschaften gesprochen. Der Herr Abgeordnete hat richtig dargestellt, daß das Reichs-Versicherungsamt eine vorläufige Verordnung erlassen hat; anders war es aber auh niht möglich. Wenn sich der Herr Abgeordnete vergegenwärtigt, daß manche Berufs- genossenschaften ganz aufhören werden, daß andere Berufsgenofsen- schaften theilweise verbunden werden müssen mit dem Verbande der allgemeinen landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaften, daß ganz neue Grundsäße für Aufstellung der Kataster festzustellen sind, so wird er zugestehen, daß es \sih niht anders machen ließ, als vorläufig den status quo aufrechterhalten, bis man die neuen Aus- führungsverordnungen erlassen hat. Ich glaube, der Herr Abg. Gamp wird sih aber auch davon überzeugen, daß der jeßige Zustand ein der- artiger nicht sein kann, daß jemand aus seiner bisherigen Berufs- genossenschaft, deren Vereinigung mit der allgemeinen landwirthschaft- lichen Berufsgenossenschaft vorgesehen ist, cinfah auf Grund des Gesetzes ausschcidet und demgemäß für seinen landwirthschaft- lichen Nebenbetrieb nichts mehr zu zahlen hat, bis derselbe vereinigt ist mit der allgemeinen landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft. Ich glaube vielmehr, daß diejenigen Herren, welche landwirthschaft- liche Nebenbetriebe haben, nah wie vor für dieselben so lange bezahlen müssen, bis diese Betriebe mit der allgemeinen landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft verbunden werden. Aber ich gebe zu, daß es sich empfiehlt, daß die Aenderung mit größter Beschleunigung geschieht, und ih werde mich deshalb in dieser Beziehung alsbald mit dem Reichs-Versicherungsamt in Verbindung setzen.

Der Herr Abg. Dr. Hasse hat gefragt, wie es mit dem Staats- angehörigfkeitsgeseß stehe. Jch kann ‘dem Herrn Abgeordneten ver- sichern, daß das Gese fertiggestellt ist und seinen Wünschen in der großen Hauptsache vollkommen Rechnung trägt. Es wird in erster Linie wesentlih erleichtert werden, daß ausgewanderten Personen und ihren Kindern ihre deutsche Staatsangehörigkeit er- halten bleibt, und daß solche Deutschen, die ihre deutshe Staats- angehörigkeit verloren haben, dieselbe auf möglichst einfahe Weise wiedererlangen können. Jh glaube, damit wird den Wünschen und Zielen, die der Herr Abgeordnete seit längerer Zeit in durchaus be rechtigter Weise zum Besten der deutschen Auswanderer verfolgt, voll- kommen Genüge geschehen. Der Gesetzentwurf liegt zunächst dem Auswärtigen Amt zur Begutachtung vor, und das Auswärtige Ant hat noch über eine Reihe von Fragen des Gesetzes eine Anzahl von Konsuln gehört. Die Antwort des Auswärtigen Amts bezüglich dieser Punkte ist mir bis jeßt noch nit zugegangen.

Der Herr Abg. Molkenbuhr hat behauptet, es sei gesagt worden, die Arbeiter brauchten das Koalitionsrecht nicht, sie hätten ja die Arbeiterversicherung; ih kann natürli nicht ermessen, ob eine folche Aeußerung von cinem Abgeordneten oder in der Presse gethan ist oder im Privatverkehr vom Regierungstisch aus, glaube ih, ift eine solhe Aeußerung nie gethan. Jch möchte gegenüber den Angriffen, die fortgeseßt gegen mi gerichtet sind auf Grund einer Aeußerung, die ih vor 3 Jahren, glaube ih, gethan habe, wiederholt richtig stellen, daß ih erklärt habe so war wenigstens der Sinn meiner Worte —, daß das Koalitionsreht in einem Staatswesen, wo das allgemeine Wahlreht gilt, nicht die Bedeutung habe wie in einem Staatswesen mit einem anderen, engeren, beschränkteren Wahl- system, weil selbstverständlih in einem Staatswesen, wo die gesetz gebende Versammlung auf Grund des allgemeinen Wahlrechts gebildet ist, cine viel stärkere Möglichkeit der Vertretung der Arbeiterinteressen vorhanden ift als in einem Staatswesen mit einem beshränkteren, namentlich mit einem plutokratishen Wahlsystem. Das war der Sinn meiner Ausführungen, welhe immer nur eine relative Be- deutung hatten. Aber die Behauptung, daß das Koalitionsreht für Arbeiter ganz entbehrt werden könne, weil sie die Arbeiterversicherung hätten, ist wenigstens von mir nie aufgestellt worden.

Dem Herrn Abg. Freiherrn von Heyl möchte ih entgegnen, daß die von ihm vertretene Frage der Beaufsichtigung der Flußlfe im hygienishen Interesse mir ganz ebenso wichtig erscheint wie ibm. Nicht nur die Entwässerung der Städte, sondern auch die fort- geseßte Gründung von Fabrikanlagen längs unserer Ströme und die Abführung von Fabrikwässern in dieselben mat eine viel strengere Beaufsichtigung der Gewässer unbedingt nöthig. Es giebt allerdings hon Gegenden an unseren Flüssen, wo die Zustände anfangen für die Anwohner ziemlich unerträglih zu werden. (Sebr rihtig!) Jh kann dem verehrten Herrn Abgeordneten mittheilen, daß in Verbindung mit dem Kaiserlichen Gesundheitsamt der Reichs - Gesundheitsrath bereits gebildet ist; eine besondere Abtheilung desselben soll die Wasser- versorgung und die Beseitigung der Abfallstoffe ein- \chließlich der Reinhaltung von Gewässern zum Gegenstand seiner Berathungen machen. In diese Abtheilung sind nicht nur her- vorragende Bakteriologen und Aerzte, sondern auch hervorragende Wasserbautechniker berufen, um die eins{lägigen Fragen nach allen Richtungen hin gründlich zu studieren. Es liegt dem Bundesrath ferner zur Zeit ein Antrag auf Regelung der Kompetenzen dieser Abtheilung vor. Sie wird zunächst eine sehr wichtige technische Behörde mit gutahtlihem Charakter sein, nit nur für die Einzelstaaten, sondern auch für die Kommunen, welche derartige Ableitungen in Flüsse vor- nehmen wollen. Wenn indessen auf Grund der Ableitung von Abfallwässern in öffentlihe Flüsse ein Streit zwischen zwei Bundes- staaten entstehen sollte, so wird der Bundesratb, welcher