1844 / 9 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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Keine Geseßgebung is zeder an Beiveisen der Wahrheit dieser An- ie französische.

gade, as es die fran Rechts sind dic Eigenthümlichkeiten, durch die der rheinische Strafprozeß sch von dem Verfahren anderer deutscher Staaten charafteristi\ch unterscheidet; zu diesen Justitutionen gehört also unbedenklich der Anklageprozeß, die Staats - Anwaltschaft, das Geschwor- nen-Gericht, Beseitigung einer positiven Beweistheorie, Ausschließung eines privilegirten Gerichtsstandes, Mündlichkeit und Oeffentlichkeit des Ver ahrens,

Alle diese Justitutionen bestehen in der Rheinprovinz, auf dem linken Ufer des Rheines schon seit dem Jahre 1798, auf dem rechten Ufer seit dem Jahre 1810, sie bestehen heute noch, Niemand hat noch über Umge- staltung des Verfahrens im Allgemeinen geklagt, und do sind seit dem Jahre 1798 bis zum Jahre 1814 zahlreihe und höchst wichtige Verände- rungen nicht nur in der Regulirung der Kompetenz, sondern sogar bei jenen Jnstitutionen selbst vorgenommen worden. 14g

Mehrmals wurden die Bestimmungen über die Bildung der Genrxral- liste der Geschwornen abgeändert. i

Früher hatte man gewöhnlihe und Spezial - Geshworne; von den leßteren weiß man seit langer Zeit nichts mehr, ;

Man hatte Anklage - Geschworne und Urtheils - Geschworne; nur die legteren bestehen nochz die ersteren sind längst verschwunden.

Obgleich das Geseh bestimmte, daß über alle Verbrechen das Geschwor- nen - Gericht entscheiden solle, is es doch nur zu bekannt, daß oft und in vielen Departements die Thätigkeit dieses Gerichts auf längere, selbst auf unbestimmte Zeit gänzlih unterbrochen wurde, Ebeu so bekannt is es, wie bedeutend die Kompetenz der Geschwornen - Gerichte geschmälert wurde durch die Spezial-Gerichtshöfe, welche theils eine exklusive, theils eine kon- furrente Jurisdiction mit den gewöhnlichen Kriminal-Gerichten hatten.

Das Verbrechen der Fälschung, über das die Geschwornen zu erklen- nen hatten, wurde durch ein Spezial - Gesey dem Kriminal - Gerichtshofe in Paris ausshließlich zur Bestrafung überwiesen, sobald sich ergab , daß das Staats - Juteresse durch das Verbrechen gefährdet sein konnte, Die dieses Verbrechens Beschuldigten wurden aus den entferntesten Orten nach Paris gebracht. j s

So wie die Kompetenz der Gerichte, so veränderte man auch den Justanzenzug. L Z e

Vor dem Jahre 1810 ging die Berufung von den Zuchilpolizei - Ge- rihten an den im Hauptorte sißzenden Kriminalhof ; dieser Gerichtshof be- steht niht mehr; ein ganz neuer Justanzenzug is durch die Strafprozeß- Ordnung von 1810 eingeführt worden.

Diese und viele andere sehr wichtige organische Veränderungen haben stattgefunden und die Rechts - Jnstitutionen, wegen deren Erhaltung der Landtag so sehr beunruhigt scheint, bestanden und bestehen immer noch troy jener vielen Abänderungen.

Wie nun diese Justitutionen gefährdet werden können, wie cine Umge- staltung’ des Verfahrens deswegen zu besorgen sein kaun, weil das preußi- Es C, nach den zahlreichen Beispielen des sranzösischen, einige Abänderungen in der Kompetenz der Gerichte beabsichtigt, läßt sich nicht errathen, und die Besorgniß des Ausschusses erscheint daher in jeder Bezie- hung gänzli ungegründet.

In diner Denkschrift hat der Landtag, offenbar in Folge der eben erwähnten Besorgniß, angedeutet, daß vorerst der Entwurf der Straf-

rozeß-Ordnung vorzulegen sei, ehe von der Prüfung des Entwurfs des

trafgeseßbuches die Rede sein könne, Ob diese oder die entgegengesehte Ansicht die allein richtige sei, darüber läßt sich vielleicht mit gleich star- ken Gründen streiten, nur is hierzu der gegenwärtige Augenblick nicht eeignet. N Das preußische materielle Strafrecht i bekanntlich älter als dic Kri- minal-Ordnung, der Beweis is also geliefert, daß das materielle Reht auch vor der Prozeß-Ordnung bearbeitet und festgeseßt werden kann. Das französische Strafgeseßbuh vom 6, Oktober 1791 war längst publizirt, als die Prozeß-Ordnung vom 25. Oktober 1795 bearbeitet wurde, Also auch hier is die in Preußen gemachte Erfahrung bestätigt. ;

Allerdings i} die spätere Strasprozeß-Ordnung {hon im Jahre 1808 und der Code pénal ers im Jahre 1809 bearbeitet worden, und es ließ sih aus der Verschicdenheit des Verfahrens mit Sicherheit schließen, daß, wie gesagt, beide Wege zum Ziele führen ; daß aber die Abweichung von dem früheren Verfahren ihren Grund in der Deren gmg habe, daß die Berathung über das Verfahren nothwendig der Berathung über das materielle Recht vorangehen müsse, kann um so weniger zugegeben werden, als die vorzugsweise beliebte Bearbeitung der Strafprozeß-Ordnung in ganz anderen Verhältnissen ihren Grund hat,

Dem sei nun wie ihm wolle, den Beweis, das man cin Strafgesehz- buch auch ohne Kriminal-Ordnung gründlich prüfen kann, hat die Erfah- rang geliefert; der Ausschuß selbst hat diesen Beweis geliefert durch die ganz spezielle Prüfung des Entwurfs, hat also dadurch die Ansicht des Lañdiags widerlegt. Was der Ausschuß wirklih gethan hat, mußte auch dem Landtage möglich sein, und die von diesem ausgegangene Ablehnung des ganzen Entwurfs kann unmöglich dadurch entschuldigt werden, daß die Strafyrozeß-Ordnung nicht vorher vorgelegt worden.

Eben so wenig fann diese Ablehnung gerechtfertigt werden durch die von dem Landtage in der shon erwähnten Denkschrift gemachte Bemerkung, daß zwar das preußische Strafrecht so wie die leges Carolinae einer Revision bedürfen mögen, daß aber ein gleiches Bedürfniß in dem Sprengel des rheinischen Appellationsgerichts hofes sih nie herausgestellt habe, daß in diesem Sprengel das jeßt bestehende Strafrecht sowohl von der Magistratur als von dem Volfe stets als ein Theil derjenigen Jnsti- tutionen betrachtet wo:den, welche mit den Gewohnheiten, Sitten und den Rechts-Verhältnissen der Provinz völlig übereinstimmen, Es würde zwar, sagt der Landtag, „einzelnen“ Artikeln des bestehenden Strafgeseßes nicht mit Unreht der Vorwurf zu großer Strenge gemacht, wo diese aber anerkannt werde, trete meistens die Milde der Königlichen Gnade, theils für den cinzelnen Fall, theils durch allgemeine Bestimmungen vermittelnd einz überhaupt würde es der Geseygebung nicht s{hwcr geworden sein, diesen Mängeln durchgreifend abzuhelfen , ohne deshalb das ganze System abzuändern.

Der Landtag spricht von einzelnen Artikeln, denen der Vorwurf übertriebener Strenge mit Necht gemacht werden könne ; dic Praxis bezeugt aber, daß diese cinzelnen Artikel sich in großer Zahl auffinden lassen, daß sie vielleicht, selbst wahrscheinlih, die Mehrzahl der Artikel des Code pénal bilden, in welchem bekanntlich eine ungemeine Strenge die Regel ist.

Nicht blos in einzelnen Artifeln , oder, was dasselbe is, in speziellen Strafbestimmungen, bemerkt man diese Strenge, sie tritt sehr erkennbar und alle Gefühle verleßend auch in dem allgemeinen Theile hervor, Möge man fih nur der allgemeinen Vermögens - Confiscation, der Brandmarkung, der Bistimmungen über den Nüfall erinnern.

Die Zahl der einzelnen Artikel, denen der Vorwurf unerhörter Strenge mit Recht gemacht wird, is zu groß, als daß man alle hier anführen könnte, es wird genügen, zu bemerken, daß cin einfacher, ohne alle Gewalt verübter Diebstahl auf einer Landstraße mit lebenswieriger Kettenstrafe und Brand- markfung, daß die Versertigung oder Veränderung eines Fünfgroschen- stücks mit dem Tode, die Verfertigung oder Veränderung eines Pfennigs mit lebenslänglicher Kettenstrafe und Brandmarkung bestraft wird.

Wenn man diese und viele andere gleich grausame Strafen ins Auge faßt, \o dürste man wohl mit Recht fragen , ob es denkbar, ob es möglich sei, daß das aufgeklärte rheinische Volk diese Grausamkeiten als einen Theil der Justitutionen betrachtet, deren Erhaltung es wünscht, weil sie mit seinen Gewohnheiten, mit seinen Sitten, völlig übcreinstimmen: man dürfte dicse Frage aufwerfen, wäre sie nicht {hon längst ocrneinend beantwortet.

Verneinend is sie aber, wie gesagt, hon beantwortet dur die Besten aus dem Volke, dur die Geschwornen, zu denen ohne allen Zweifel die

roße Mehrzahl der rheinischen Landtags-Deputirten gehört; sie haben obige

rage verneint dadurch, daß sie wegen der unverantwortlichen Strenge des

ode pénal dié Königliche Gnade ungewöhnlich oft anrufen.

, Daß sie dieses thun, ves f es srit vielen Jahren thun, is eine noto- rische Rade dieser Thatsache N bleibt es aber unerkflärbar, wie in der Denkschrift des Landtags gesagt werden konnte, cin Bedürfniß, der Abänderung der Strafbestimmungen des Code pénal habe sich nic heraus- gestellt; uzerklärbar, wie dies am Rhein gesagt werden konnte während das angie A U vi pin Enten Zeiten her stets an sehr

renge asgejeße gewöhnt, die Härten des Code pe  - sent gemilden z L pénal schon längst we

uh am cine könnten diese Härten, wie in der De

Landtags gesagt ist, durh mildernde gescgliche Déstintäriigen bescitiat je

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denz weil aber einmal feststeht, daß nur Ein Strafgescßbuch für die ganze Monarchie gegeben werdez soll, so müßten bei der Abfassung jener mildern- den Bestimmungen die Grundsäye des preußischen und deutschen Strafrechts zu Grunde gelegt werden und auf diesem Wege würde der Code pénal ganz unvermeidlih eine so wesentlihe Abänderung in den „mehrsten seiner orschriften erleiden müssen, daß von dem Urtexte nur Weniges übrig blei- ben könnte. Berücksichtigt man nun, daß das anerkannt Gute des Code pénal in den neuen Entwurf aufgenommen worden is, so muß man ein- räumen, daß durch diesen Entwurf in der Wirklichkeit das geschehen is, was auch nach den Ansichten des rheinischen Landtags geschchen mußte und ohne Gefährdung der rheinischen Justitutionen geschehen konnte. :

Zwar bemerkt der Landtag noch in seiner Denkschrift, daß durchschnitt- lih die Straf-Bestimmungen des nenen Entwurfs hinsichtlich ihrer Strenge denen des Code pénal nicht bedeutend nachstchen, Daraus würde “sich dann ergeben, daß der Entwurf Eine Achnlichkeit mehr mít dem Code pénal habe, zu dessen Ablehnung also cin Grund weniger vorliege.

Wenn der Landtag gegen die zu strenge Strafen Erinnerungen gemacht hat, so werden diese, wie die der übrigen Landtage, geprüft werden. So- bald man aber anerkennen muß, daß die mehr oder weniger hohe Strafe auf die Ausführbarkeit des Entwurfs nach rheinischen Formen nicht den geringsten Einfluß hat, kann die Zw-ckmäßigkeit hoher oder milder Strafen hier ganz übergangen werden, A

Jm Allgemeinen scheint indessen der Landtag gegen die Milderung der Strafen keine besondere Erinnerungen machen zu wollen, er glaubt nur, daß in dieser Beziehung die Abänderungen stattfinden können, ohne das ganze System abzuändern. Daß der Landtag hier von dem Systeme des Code pénal spreche, fann nicht bezweifelt werden, der Landtag will also sagen, daß er das System des Code pénal beibehalten zu sehen wünsche.

Dies führt zu der Frage, in welchen Punkten das System des Code pénal von dem Svsteme des Entwurfs sich karakteristisch unterscheide ? Die Worte: System cines Strafgeseßbuches sind schr vieldeutig.

Beí Feststellung eines Svstems wird sich sogleih die Frage heraus- stellen, welche Ausdebnung dem Geseßbuche gegeben werden soll, ob alle strafbare Handlungen in demselben aufgezählt, oder ob und welche den speziellen Straf-Bestimmungen einzelner Geseße überlassen werdeu sollen.

Der Code pénal hat sih für die leßte Alternative erklärt, wie der Artikel 484 beweist. Auch der Entwurf ist diesem Beispiele gefolgt, obgleich er in einzelnen Punkten ausführlicher ist, als der Code pénal.

Hier isst also cine Verschiedenheit der beiden Systeme kaum bemeikbar,

Zu einem Systeme des Strafgeseßbuches gehört auch die Classification der verschiedenenen Verbrechen, wobei zu bestimmen ist, ob ein gewisses Ve1- brechen als ein Staats - Verbrechen oder als cin gemeines Verbrechen zu betrachten sei.

Das Strafgeseßbuch vom 6. Oktober 1791 zählt z. B. das Verbrechen des Falshmünzens zu den Verbrechen gegen das öffentliche Eigenthum, der Code pénal zu den Verbrechen gegen den öffentlichen Fricden, der Entwurf

spriht von demselben in dem Titel von den Fälschungen.

Hier sind also drei verschiedene Begriffe über die Natur desselben Ver- brechens z offenbar ist aber die Frage, welchem Beg1iffe der Vorzug zu geben sei? ohne allen praktischen Werth.

Zu dem Systeme eines Strafgeseßbuches gehören ferner die allgemeinen Bestimmungen über das Verhältniß, in welchem die Strafen bei dem Nück- falle gesteigert werden sollen.

Jn diesem Punkte besteht cine große wesentliche Verschiedenheit zwischen den Vorschristen des Entwurss und denen des Code pénal. Der lehtere bestimmt für alle Verbrechen, in seinem Sinne, dah bei dem Nückfalle stets cine höhere Strafgattung zur Anwendung kommen solle, Wer also wegen cines Verbrechens, gleichviel zu welcher peinlichen Strafe, verurtheilt, ein zweites mit Zuchthaus strafe bedrohtes Verbrechen be- geht, muß wegen des Nückfalls zu der höheren Strafgattung zu zeitiger Zwangsarbeit oder Kettenstrafe von 5 bis 20 Jahren und zur Brandmar- kung verurtheilt werden ; wer früher wegen eines Verbrechens verurtheilt einen Diebstahl auf der Landstraße verübt, muß, da ein solcher Diebstahl lebenswierige Kettenstrafe nah sich zieht, wegen des Nücksalls zum Tode verurtheilt werden.

Bei den Vergehen im Sinne des Code péual, das heisit, bei solchen Verbrechen geringerer Bedeutung, die nur mit Gefängniß bestraft werden, ist eine solche Steigerung in der Strafgattung bei dem Nückfalle nicht gestattet, ist auch von vorn herein unmöglich, weil es für solche Vergehen nur Eine Strafgatiung, das Gefängniß, giebt, und die einzig mögliche Steigerung in der Verlängerung der Dauer der Strafe liegt, deren Mari- mum jedoch auf zehn Jahre beschränkt is. Der Code pénal gestattet nicht, daß ein Vergehen, mag dasselbe auch noch so oft wiederholt wor- den scin, mit einer peinlichen Strafe geahndet wird.

Hiernach ließ sih wohl mit allem Grunde behaupten, daß der Nückfall bei Verbrechen zu hart, bei Vergehen, wenigstens sehr oft, nicht hart genug bestraft werde. Jn der That wird wohl shwerlih irgend Jemand bestreiten wollen, daß der, welcher fünfjährige Kettenstrafe verwirkt hat, im RNücffalle mit einer zehnjährigen oder fünfjährigen Kettenstrafe hinreichend bestraft sein würde, und daß der, welcher bei einfachen Vergehen mit Ge- fängniß gestraft, im Wiederholungsfalle ganz füglich zum Zuchthause ver- urtheilt werden könnte.

Wie schon bemerkt, is der neue Entwurf hierin ganz abweichend von dem Systeme des Code pénal. Er bestimmt, wie natürlich, daß der Nück- fall härter bestraft werden soll, aber er überläßt den Grad und das Maß der Steigerung dem richterlichen Ermessen, und bezeichnet nur die Gränze, die bei der Steigerung nicht überschritten werden darf.

Es is nicht glaublicb, daß der Landtag die Beibehaltung des Systems des Code pénal wünschen sollte und die Abweichung des Entwurfs von diesem Systeme tadeln oder mißbilligen wolle. Sollte dies jedoch gegen Erwarten der Fall sein und die Beibehaltung der Grundsäße des Code pénal gewünscht werden, so wird das Gesagte schon hinreichen, um die Unmöglichkeit der Hewährung zu beweisen.

Welchem Systeme man aber auch den Vorzug zu geben gencigt sein mag, immer bleibt so viel gewiß, daß das Einc so wenig wie das Andere auf die Ausführbarkeit des Entwurfs nach den Formen des rheinischen Ver- fahrens irgend einen Einfluß haben kann.

Nach dem System des Code pénal werden alle strafbare Handlungen in drei Klassen, in Contraventionen, Vergehen und Verbrechen eingetheilt.

Die Contraventionen sind einfache Verlezungen der bestchenden Polizei- Verordnungen ; Vergehen sind Geseßes-Verlezungen, die mit nicht peinlichen Strafen (Geldbuße, Gefängniß) geahndet werden; Verbrechen werden mit entehrenden und peinlichen Strafen gerügt. Nach dieser Gliederung der strafbaren Handlungen ist auch die Kompetenz der Gerichte regulirt; dic Polizeigerichte erkennen über Contraventionen, die correctionellen oder Zucht- Polizeigerichte erkennen über die Vergehen; das Urtheil über Verbrechen stebt nah Verschiedenheit der Fälle den Assisen und den Spezialgerichten - zuz nur diese können entehrende Strafen, d. h. solhe Strafen erkennen, mit denen die Ehrlosigkeit, im Sinne des Code pénal, nothwendig und von Nechts wegen verbunden ist.

Der Entwurf hat die Terminologie des Code pénal nicht beibe- halten, er fennt nur Contraventionen und Verbrechen, obgleich er den Un- tershied zwischen s{hweren und minder {weren Verbrechen (Vergehen und Verbrechen nach dem Code pénal) stets im Auge behalten hatz er hat nur Eine Strafe, das Zuchthaus, mit der in allen Fällen der Verlust ge- wisser bürgerliher Ehrenrechte ausgesprochen werden muß z diese Strafe soll in der Regel auf strafbare Handlungen angewandt werden , bei denen cine Verleugnung des Chrgefühls von Seiten des Verbrechers bemerlbar ist ; solche Verbrechen lassen sich denken, ohne daß sie nah ihrer übrigen Be- schaffenheit für die Gesellschaft besonders gefäh1lich sind, und deswegen cinc harte Bestrafung verdienen; es war daher unerläßlih, das Minimum der Zuchthausstrafe möglichst herabzuscyen. Die Folge davon war, daß man unmöglich alle Straffälle, in denen auf Zuchthaus erkanut werden kann, den Assisen oder Spezialgerichten überweisen kounte.

Um jedoch die Organisation der rheinischen Gerichte unverändert bei- behalten zu können, is bei der Bearbeitung des Entwurfs des Strafgescy- buches Bedacht genommen , zwischen {weren und minder schweren Ver- brechen (Verbrechen und Vergehen nah der Sprache des Code pénal) eine leicht erkennbare Gränze zu ziehen, und i hiernach das Marimum der auf minder schwere Verbrechen geseßten Freiheitsstrafe auf fünf Jahre beschränkt, und die Bestrafung dieser Verbrechen den Landgerichten überwiesen worden.

Die Kompetenz der rheinischen Gerichte wurde also in folgender Art

Diíe Felurigerlihe erkennen über alle strafbare Handlungen, die nux

mit ciner Polizeistrafe geahndet werden; die Landgerichte (Zuchtpolizeige- richte) haben als Kriminalgerichte zu erkennen über alle Verbrechen, deren höchste geseßliche Strafe in thesi cine fünfjährige E nicht über- steigt; die Entscheidung über die übrigen Verbrechen bleibt den Assisen und den an die Stelle der Spezialgerichte tretenden Gerichten vorbehalten.

Gegen diese Bestimmungen hat der Ausschuß mehrfache Erinnerungen

emacht,

y Vorerst findet er es bedenklich, den Zuchtpolizeigerihten den Namen Kriminalgerichte beizulegen; durch eine solhe „Erhebung“, glaubt der Ausschuß, erleide die Organisation der Strasgerichte eine völlige Um- gestaltungz den Gerichten, welchen die summarishe Aburtheilung minder wichtiger Vergehen übertragen worden, werde die ordentlihe Gerichtsbarkeit beigelegt, und das Geschwornengericht daneben nur als eine Ausnahme bei- behalten; wäre diese Einrichtung einmal getroffen, so dürften die demnächst zu befürhtenden Folgen sich leiht voraussehen lassen.

Es is nicht shwer, den gänzlichen Ungrund dieses Bedenkens zu beweisen,

Sobald die bisher bestandene charakteristische Bezeichnung der zucht- polizeilich zu bestrafenden Handlungen, d, h, der Vergehen, aus dem Strafgeseßbuche vershwunden war, mußte schon deswegen der Namen Zuchtpolizeigericht nothwendig wegfallen, da er gar keinen bezeichnen den Sinn mehr hatte und ein Verhältniß andeutete, was gar nicht mehr bestand, Eine andere Benennung mußte also gesucht werden für die mit Strafsachen beschäftigte Kammer der Landgerichte, Strafkammer konnte man sie, wegen der Doppelsinnigkeit des Wortes, nicht nennen; man gab ihnen den Namen: Kriminalgericht, weil es überhaupt mchr auf die Sache als auf den Namen ankommt, und weil diese Abtheilung der Land- gerichte doch wirtlih cine Kriminal-Jurisdiction auszuüben haben soll,

(Ganz unrichtig ist der Schluß des Ausschusses, daß durch diese Be- nennung diesen Gerichten die ordentliche Gerichtsbarfcit in Strafsachen bei- gelegt und das Geschwornengericht in ben Hintergrund geshoben werde, da derselbe Paragraph, welcher ter Abtheilung des Landgerichts den Namen: Kiiminalgericht beilegt, unmittelbar nachher die beschränkte Kompetenz dieser Gerichte sehr deutlih beschreibt und die übrigen Bestimmungen des Kompetenz-Geseßes auf die unzweideutigste Art beweisen, daß den Geschwor- nengerichten die Entscheidung über die s{hwersten Verbrechen vorbehalten bleiben soll,

Auf den Namen: Kriminalgericht wird übrigens nicht der geiingste Werth gelegt, und er mag immer gegen einen besseren, wenn ein solcher gefunden wid, aufgegeben werden, (Ganz ungerechtfertigt ist deswegen auch der von dem Ausschusse geäußerte Verdacht, daß jener Ausdruck gewählt worden sei, um eine beabsichtige Aenderung der rheinischen Justitutionen vorzubereiten,

Ein zweiter Einwand, den der Ausschuß gegen die oben erwähnte Ne- gulirung der gerichtlichen Kompetenz vorgebracht hat, geht dahin, daß nur den Assisenhöfen das Necht zustehen lönne, entehrende Strafen zu verhän- gen, daß folglich dieses Necht den Landgerichten nicht verliehen werden durfe, die Landgerichte daher nicht befugt sein dürfen, auf Zuchthausstrafe zu er- kennen, weil dieses eine entehrende Strafe sei,

Dieses Bedenken des Ausschusses beruht auf einer ganz offenbaren Verwechselung der Begriffe von entehrenden Strafen, Der Ausschuß sp1icht unverkennbar von den entehrenden Strafen des Code pénal, er hat aber auffal- lenderweise ganz und gar überschen, daß vou diesen Steafen in dem neueun Entwurfe keine Spur zu finden is, und daß nach Publication des neuen Strafgeseßbuches weder ein Assisenhof, noch irgend cin anderes Strafgericht in die Lage kommen wird, entehrende Strafen im Sinne des Code pénal auszusprechen,

Der neue Entwurf spricht nur von dem Verluste gewisser Ch renrechte, der mit der Zuchthausstrafe allgemein verbunden is und noch in wenigen Fällen mit der Verurtheilung zur Straf- Arbeit eintritt. Diese Ehrenrechte sind in dem §, 33 des Entwurfs des Strafgeseybuches speziell angegeben. Es gehören dahin

der Verlust des Adels, auf den die Zucht - Polizeigerichte {hon seit dem Jahre 1837 erkennen konnten,

ferner der Verlust der öffentlihen Würden und Titel,

der Verlust der Standschaft und der Theilnahme an Stimm- uud Ehren- rechten in (Gemeinden und Corporationen,

Dieselben Rechte finden sih ausgezählt în dem Artikel 42 des Code pénal unter Nr, 1, 2, 3, und es ist dort den Zucht-Polizeigerichten die_ Befugniß beigelegt, auf den Verlust derselben zu erkennen. Zu den Ehrenrechten zählt der §, 33 des Entwurfs auch die Befugniß, die National Kokarde zu tragen, und der Verlust dieser Befugniß soll mit der Verurthei- lung zu Zuchthausstrafe eiitreten,

Daß die Zucht - Polizeigerichte jeßt schon befugt sind, auf den Verlust

der National-Kokarde zu erkennen, is notorisch, Daraus ergiebt sich nun ganz untwiderlegbar, daß der Entwurf des Kompetenz - Heseßes die Befugniß der Landgerichte nicht erweitert, wie der Ausschuß meint, daß er vielmehr den Landgerichten von den Befug- nissen, welche sie nach Art, 42 des Code pénal schon seit mebr als dreißig Zahren hatten, nur einen kleinen Theil belassen hat, daß aber der Aus- {uß in seiner irrigen Voraussezung den Landgerichten auch noch diesen [leinen Theil entziehen will, um die Assisenhöfe in dem Besiße des Nech- tes, entehrende Strafen im Sinne des Code pénal aussprechen zu dürfen, zu schüßen, während doch, wie gesagt, diese dem Strafgeschbuche ganz unbekannte Strafen von feinem Gerichtshofe fernerhin ausgesprochen werden dürfen, E

Von dem Verluste des Nechts zur Ausübung des Patronats, der Gc- richtsbarkeit und der Polizei - Verwaltung, dessen in dem §. 33 des Ent- wurfs Erwähnung geschicht, kann übrigens in dem Bezirke des Apvellations- hofes zu Köin gar keine Nede sein, da doit solche Rechte ganz unbekannt sind.

Es bestätigt sich hierdurh, was schon oben gesagt worden, daß der Ausschuß die Jnfamie des Code pénal mit dem Verluste gewis- ser Ehrenrehte nah dem nenen Entwurfe ganz irrigerweise für iden- tis gehalten hat und dadurch zu einem Widerspruche veranlaßt wurde, der ohne allen Grund is, Es is deswegen auch mit Zuver- sicht zu hoffen, daß die hier gegebene Aufklärung das erhobene Bcdenken beseitigen wird. Es darf übrigens auch hier wiederholt werden, daß, wenn selbst das Bedenken des Ausschusses eben so gegründet wäre, als es unge gründet ist, dies immer noch nicht beweisen kann, daß der Entwurf nach den Formen des rheinischen Verfahrens unausführbar sei.

_ Die Verfasser des Code pénal haben mit der strengsten Konsequenz das System festgehalten, daß alle Verbrechen, unter denselben Umständen began- gangen, mit derselben Strasgattung geahndet werden sollen , daß für alle Verbrechen unter denselben Umständen verübt, nur Eine Strafgattung angewandt werden darf, daß deshalb dem Strafrichter niemals eine Wahl zwischen verschicdenen S:rasgattungen möglich warz der Nichter nur in- nerhalb des Maximums und Minimums das ihm sür den konkreten Fall angemessen scheinende Maß zu bestimmen hatte. Die Folgen dieses Grund- saßes waren in der Anwendung oft sehr betrübend. Diebstahl mit Einstci- gen muß und darf nur mit Kettenstrafe geahndet werden. Hatte nun Je- mand, vom Hunger gepeinigt, mittelst Einsteigens cin Brod gestohlen, jo mußte er zur Kettenstrafe von wenigstens fünf Jahren eben so gewiß ver- urtheilt werden, als wenn er mittelst Einsteigens, inneren oder äußeren Ein- bruchs, eine große Geldsumme gestohlen hätte.

F Bei der Ausarbeitung des neuen Entwurfs wurde angenommen, daß Eine und dieselbe Handlung nach den individuellen Umständen und nah den Motiven hinsichtlich der Moralität sehr verschieden beurtheilt werden könne, und daß die un bediugte Anwendung derselben Strafe auf alle Hand- lungen derselben Beschaffenheit mit schr grofen Härten verbunden sein fönne. Um diese zu vermciden , is bei vielen Bestimmungen des Entwurfs dem Nichter die Wahl gelassen, zwischen den verschiedenen Strafgattungen, zwi- schen Gefängniß und Strafarbeit, zwischen Strafarbeit und Zuchthaus, Auch mit dieser Bestimmung is der Ausschuß nicht einverstanden; dem Nichter soll, nah seiner Ansicht, die Wahl zwischen verschiedenen Arten dec Strafe nicht gegeben werden z durch die Gestattung ciner solchen Wahl, meint der Ausschuß, werde die Gleichförmigfeit der Bestrafun durchaus zer- stört, da sich bei den einzelnen Gerichten wahrschcinlich sehr abweichende (Hrundsäge ausbilden würden und selbst bei demselben Gerichte auf eine durchgreifende Konsequenz hwerlich werde gerechnet werden fönnen. Dasf- selbe scheint auch das Plenum in seiner Denkschrift mit den Worten sagen zu wollen, daß die richterliche Willkür in dem Gesez-Entwurfe nah den rheinischen Rechtsbegriffen bei weitem zu ausgedehnt scheine. |

Was man mit den Worten: rheinische Rechtsbegriffe sagen will, ist

regulirt :

nicht ganz deutlich, oder vielmehr ganz unverständlich,

Geht man auf den Code pénal zurü, so findet man die sogenannte richterliche Willkür auf der Einen Seite sehr ausgedehnt, auf der anderen sehr beschränkt. Ausgedehnt is die richterliche Gewalt in dem Sinne, daß, ohne alle Angabe eines Grundes, von zwei Verbrechern, die dasselbe Ver- brechen verübt haben, der Eine zu fünfjähriger, der andere zu zwanzigjäh- riger Zwangsarbeit verurtheilt werden kann; daß eben so die Wahl zwischen fünfjähriger und zehnjähriger Zuchthausstrafe unbeschränkt ist und das Maximum oder das Minimum dieser Strafe ohne Angabe irgend eines Grundes zur Anwendung kommen kann, Beschränkft ist die richterlihe Gewalt darin, daß, wie Mia hemerlt woiden, niemals eíne andere, als die im Geseze vorgeschriebene Strafart angewandt werden darf; mögen auch die Fälle nah ihren individuellen Verhältnissen noch so verschieden sein,

Bedenkt man nun, daß der Code péna! das Minimum der Zucht- haus- und Kettenstrafe ohne alle Ausnahme auf fünf Jahre festsezt, so wird es schr begreiflih, daß am Nhein die Bestrafung sehr gleichförmig ist, wie der Ausschuß zu wünschen scheint, denn die Gerichte erkennen, wenige besonders schwere ¡Fälle auëgenommen, durhgängig nur auf das Minimum von fünf Jahren, weil sie unter dasselbe nicht gehen dürfen. Ob aber diese Berurtheilung den rheinishen Nechtsbegriffen entspricht, ob nicht die Ge- richte in vielen Fällen mit dem lebhaftesten Widerstreben biese Strafen, die mít der That in keinem Verhältnisse stehen, aussprechen, weil sie nicht an- bers thun können? diese Fragen beantwortet die Erfahrung und die unge- wöhnlich große Anzahl der Fälle, in denen Nichter und Geschworene die (Gnade des Königs anrufen,

Welchen Vortheil bietet nun die starre, unbiegsame Konsequenz des Code pénal? und welche Gefahr soll für die Gesellschaft daraus entstehen tönnen, daß das Geseh dem Nichter die Befugniß giebt, nah der Judivi- oualität des einzelnen Falles auf Strafarbeit statt auf Zuchihaus oder um- gekehrt zu erkennen? welhe Gefahr soll dies für die Gesellschaft haben in einer Provínz, in der seit mehr als dreißig Jahren der Richter, wie schon bemerft, ganz nach Gutdünken eine fünfjährige oder eine zwanzigjährige Kettenstrase auferlegen konnte, ohne daß sich bis jeßt nur eine Spur ciner gefahrbrohenden Willkür gezeigt hätte.

GHleichförmigfeit der Bestrafung wünscht der Ausschuß; er wünscht sic mit Recht ; er ist aber in großem Jrrthume, wenn er in der stabilen (Hleich- heit der Dauer der Straszeit eine (Hleichförmigkeit in der Bestrafung zu finden glaubt; ob eine solche vorhanden sei oder nicht, das läßt sich mit Sicherheit nur nah Vergleichung aller verschiedenen Straffälle nach ihren individuellen Umständen beurtheilen,

Gleichförmig sind die von den Assiscnhöfen erkannten Strafen, denn sie sind, wie gesagt, in der weit allgemecineren Regel auf die Dauer von funf Jahren festgeseyt; ob aber hinsichtlich der Moralität der Verbrecher die Strafe aleidctnia sei, in anderen Worten, ob jeder, der zu fünf Jah- ren Zuchthaus verurtheilt is, auch diese Strafe verdient habe, oder, was dasselbe ist, ob Alle, die zu fünf Jahren Zuchthaus verurtheilt sind, gleich strafbar seien, diese Frage wird wohl Niemand zu bejahen den Muth ha- ben, mit viel besserem Grunde würde man sagen können, daß in dieser Les GSleichsörmigfeit materiell kie größte, schreiendste Ungleich eit liegt.

Der Ausschuß selbst, obgleich er die richterlihe Willkür auf die in dem Code pénal gezogenen Gränzen beschränken, dem Nichter zwar die Befugniß cinräumen will, statt auf sünfjährige auf eine zwanzigjährige Ket- tenstrafe zu erfennen, ohne den Grund dieser Strenge anzugeben, jedoch durchaus nicht gestatten will, daß der Nichter statt einer zweijährigen Zucht- hausstrafe auf Strafarbeit von gleiher Dauer soll erfenuen dürfen, er hat sein eigenes System in dem von ihm selbst redigirten §. 106 des Ent wurfes theilweise wieder ausgegeben, in vem er in den Fällen leichterer Art dem Nichter die Wahl zwischen Gefängniß und Geldbuße nachgelassen hat. Jsst es richtig, was der Ausschuß sagt, daß das System des Entwurfs zur Herstellung persönlicher Bevorzugung führe und deshalb in der Provinz kei- nen Anklang finden könne, so hätte man erwarten sollen, daß er auch die Wahl zwischen Gefängniß und Geldbuße nicht billige, denn auch in den Fällen, in welchen nur auf diese Strafen erkannt werden kann, is eine per sónliche Bevorzugung eben so möglich, wie in anderen schwereren Fällen, und fann, nach Umständen, für das Nechtsgefühl eben so verlezend sein,

Soll diese Wahl zwischen mehreren Straf-Arten nur in weniger straf- baren Fällen dem Richter gestattet sein, so müßte doch irgend ein Grund angegeben werden, der die Ausschließung der Wahl bei s{hwereren Fällen rechtfertigen fönnte, Ein solcher Grund ist nicht angegeben; der von dem Ausschusse wirklih angegebene Grund, die Vermeidung persönlicher Bevor- zugung und daraus hervorgehender Ungleichheit ist shon dadurch paralisirt, daß der Ausschuß selbst eine durch besondere Gründe nicht gerechtfertigte Ausnahme gestatiet, So wie der gewissenhaste Nichter sich veranlaßt finden fann, aus ehrenwerthen Nücksihten auf Geldbuße statt auf Gefängniß zu erkennen, eben so kann der Richter in die Lage kommen, aus gleich ehren- werthen Rücksichten auf Straf-Arbeit statt auf Zuchthaus zu erkennen, Ver- traut man einmal dem Richter, so muß man ihm ganz vertrauen,

Die gegenwärtige Denkschrift hat, wic shon im Eingange bemerkt wor- den, die Bestimmung, zu prüfen, ob es möglich sei, den Entwurf des neuen Ztrafgeseybuches nah den in dem Entwurfe des Kompetenz-Gesezes enthal- tenen Regeln mit der rheinischen Gerichts - Verfassung in Verbindung zu bringen 7 Um diese Frage zu beantworien, sind die wesentlichsten Verschieden- heiten, welche zwischen dem Entwurfe und dem Code pénal bestehen, her- vorgehoben wordenz es is dargethan worden,

daß die entehrenden Strafen sin dem Sinne des Code pénal aus dem neuen Entwurfegänzlich verschwunden, daß sie diesem Entwurfe ganz unbe- fannt sind; daß der in dem Entwurfe angedrohte Verlust gewisser Ehren- rechte, soweit derselbe nach der rheinischen Verfassung denkbar is, schon jeßt von den Zucht Polizeigerichten ausgesprochen werden fann ;

daß folglich dadurch, daß die Landgerichte mit der Verurtheilung zur Zuchthausstrafe zugleich auch den Verlust jener Ehrenrechte erkennen dür- fen, nichts Neues cingeführt werden wird,

daß das nach dem Systeme des Entwurfs nöthige Minimum der Zuchthausstrafe nicht gestattet, alle mit Zuchthaus zu bestrafende Verbre- brechen an die Assisen zu verweisen, folglich die minder {weren Verbre- en dieser Art der Entscheidung der Landgerichte vorbehalten werden müssen z daß durch die sehr bestimmt gezogene Gränze der Kompetenz der Assisenhöfe und der Landgerichte die Terminologie des Code pénal von Verbrechen und Vergehen allen Werth verloren hat;

daß aber durch alle diese verschiedenen Abänderungen in der Kompetenz der Gerichte, die rheinishenProzeßfor- men nicht im entferntesten berührt, weit weniger noch ge- fährdet worden, diese Formen vielmehr, nach wic vor, ihre volle Kraft und Anwendbarkeit behalten,

Die entgegengeseßte Ansicht des Ausschusses und dcs Plenums larn also als gerechtfertigt niht anerkannt werden.

‘Der dem Landtage vorgelegte Entwurf eines Kompetenz-Gesezes enthält übrigens nur allgemeine Grundsäße ; diese werden in der demnächst vorzu- legenden Kriminal-Prozeß-Ordnung näher entwickelt, und es wird durch dic- selbe die Ausführbarkeit des neuen Entwurfs in den rheinishen Formen noch deutliher nachgewiesen werden.

Berlin, den 28, Dezember 1843,

(gez.) Mühler. von Savigny.

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Verlín, 8. Jan. Die heute ausgegebene Nummer (13 vom 22, Dezember) des Ministerialblattes für die gesammte innere Verwaltung enthält einen Bescheid von Seiten des Ministers des Junern, Grafen von Arnim, welcher die Bedenken eines städtischen Magistrats gegen die Wahlfähigkeit eines in Kriminal-Untersuchung befangen gewesenen und nur vorläufig freigesprochenen Kaufmanns zum Stadt-Verordneten für unbegründet erklärt, weil die Bestimmung des §. 21 der Städte-Ordnung, nach welchem jedem in ciner Krimi= nal-ÜUntersuchung nur vorläufig Freigesprochenen das Bürgerrecht versagt werden kann, auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finde, da der zum Stadt-Verordneten erwählte Kaufmann bereits früher das Bürgerrecht erlangt habe, und weil im Uebrigen bei der fraglihen Wahl alle geseblichen Vorschriften befolgt worden wären,

G G6! Ausland.

Deutsche Bundesstaaten.

Bayern. Múnchen, 3. Jan. (A. 3.) Se. Kaiserl. Hoheit der Erzherzog Albreht von Oesterreich ist diesen Vormittag 11 Uhr mit Gefolge hier eingetroffen, um, wie es heißt, etwa 3 Wochen in München zu verweilen. :

Se, Hoheit der Herzog Max in Bayern verläßt morgen unsere Stadt, um sich nah Paris zu begeben.

(N. C.) Unter deu Personen, welche gestern von Sr, Majestät dem König mit Orden begnadigt worden sind, befinden sich auch vier unserer berühmtesten Künstler, namlich Schwanthaler, Schnorr, Kaul- bah und Heinrich Heß, welche sämmtlih das Ritterkreuz des Civil Verdienst-Ordens der bayerischen Krone erhalten haben. Zum Groß- freuz des Verdienst - Ordens der bayerischen Krone is Se. Excellenz der Königl. Minister des Junern, Herr von Abel, ernannt worden,

Baden. Karlsruhe, 4. Jan. (K. Z.) Gestern fand die funfzehnte öffentlihe Sißung der zweiten Kammer statt. Staatsrath von Rüdt legte die Nachweisungen über den Eisenbahnbau in der verflossenen Budget-Periode, so wie über die Voranschläge der beiden nächsten Jahre vor.

Aus dem Herzogthum Nassau, 1. Jan. (F. J,) Auf Verordnung der Herzoglich nassauishen Landesregierung i} eiue neue Liturgie bei dem öffentlichen Gottesdienste der evangelisch=ckchrist lichen Kirche in dem Herzogthum Nassau herausgegeben und mit dem heutigen Neujahrstage in allen evangelischen Kirchen eingeführt worden,

Franunret q.

Paris, 3. Jan, Bei der gestrigen Ernennung der Kommissa rien für die Entwerfung der Adresse in den neun Bürcaus der Deputirten-Kammer hat sih die fonservative Majorität noch entschie dener herausgestellt, als bei der Organisirung der Büreaus. Unter 9 Kommissarien zählt die konservative Partei 7 und die Opposition nur 2, wie schon gestern gemeldet. Ueberdies gehört bekanntlih auch der Präsident der Kammer selbst zu der Adreß - Kommission. Die Zahl der in den Büreaus gestern anwesenden Deputirten belief sich auf 327; davon zählte die konservative Partei 203, die Opposition 123 Stimmen, Unter dieser leßteren Zahl sind auch die § Stimmen inbegriffen, welche die Opposition im Zten Büreau dem konservativen Kandidaten, Herrn Bignon, geben zu müssen glaubte, wie sie es schon bei Ernennung der Vice-Präsidenten gethan. Die 7 aus den Reihen der fonservativen Partei gewählten Kommissarien sind die Herren St, Marc Girardin, Nisard, Desmousseaux de Givré, Bignon, Baumes, Hébert und François Delessert; die beiden Kommissarien der Oppo sition die Herren Ducos und Bethmont, wonach die gestrige Ungabe blos in Betreff der Herren Baumes und Bethmont zu berichtigen

ist, Die Verhandlungen in den Büreaus bewegten sich hauptsächlich um drei Punkte: die Beziehungen Frankreichs zu England, den Ge se - Entwurf über den Sekundär =- Unterricht und die von mehreren Mitgliedern der Kammer gemachten Reisen nah Lonvou, Der Pa ragraph in Bezug auf das gute Vernehmen, welches zwischen den beiden Regierungen von Frankrcih und England besteht, wurde im 7ten Büreau von Herrn Thiers und im 9ten von Herrn Billault in Ausdrücken erörtert, welhe im Vergleich zu der Leidenschaftlichkeit, mit welcher sich Herr Duvergier de Hauranne im 2ten Büreau über denselben Gegenstand vernehmen ließ, gemäßigt und gehalten erschei nen mußten. Diese Gesinnungen fanden wenig Anklang bei der Mojorität im Schoße der Büreaus, und die ministeriellen Blät- ter erwarten zuversichtlich, daß sie in der Kammer selbs bei der öffentlichen Diskussion noch weniger Wiederhall finden we1 den. Die Debatten, welhe in mehreren Büreaus über den Gez= seß = Entwurf hinsichtlih des Sekundär - Unterrichts und über den Streit, der sich zwischen Klerus und Universität erhoben, {hon jebt sich entsponnen, liefern den Beweis, welches Fntcresse diese wichtige Frage erregt. Die Energie, mit welher Herr St, Marc (Girardin und Herr Nisard, zwei der konservativen Kommissarien, in ihreu reaus die Rechte des Staats geltend machten, und der Beifall, wo mit ihre Bemerkungen aufgenommen wurden, zeigen deutlich, wie bei weitem die Majorität der Kammer in dieser Hinsicht gesinnt ist, Was die Reise betrifft, welche einige Mitglieder der Kammer nach London gemacht, um den Herzog von Bordeaux zu bekomplimeutiren, so waren die Büreaus sämmtlich dafür gestimmt, daß ein Tadel ihres Benehmens in die Antworts - Adresse auf die Thron = Rede eingerückt werden müsse.

5m siebenten Büreau sprachen nah einander die Herren Thiers und Guizot, aus deren Reden wir zunächst einen Auszug geben. Herr Thiers sagte ungefähr Folgendes :

„Was mich betrifft, so will ih nicht alle Fragen durchgehen, welche die Thron-Rede anregt; ih werde mich darauf beschränken, einige derselben nur flüchtig zu berühren, aber ich muß sogleich eiflären, daß ich zur Zahl der Opponenten gehöre, daß ih entschiedener Opponent bin. Meine Absicht ist, den Minister der auswärtigen Angelegenheiten und den Großsiegelbe- wahrer, die ih unter uns erblicke, über einige Punkte zu befragen; ih will sie nur um eínige Ausschlüsse über die wicht'gsten Angelegenheiten des Lan des ersuchen. Jch weiß sehr wohl, daß die Minister mir nicht auf alle

meine Fragen zu antworten brauchen, aber vielleiht weiden sie, was se mir zu Gefallen nicht thun möchten, der von uns zu ernennenden Kommission niht verweigern (im 7ten Büccau wurde

der konservative Kandidat, Herr Baunes, gewählt, der 23 Stimmen erhielt, während Herr Thiers nur 16 hatte), und ih werde dann unserem Neprä- sentanten bei ihnen wenigstens die Fragen bezeichnet haben, auf welche ich zu bestehen für besonders nothwendig halte, Man weiß seit langer Zeit, daß ich fein Gegner der englischen Allianz bin; aber die Zeit zerstört manche Zllusioneuz die Erfahrung hat uns ciüíge Zurückhaltung eingeflößt z auch müssen wir, ehe wir über die Möglichkeit eines a:frichtigen Einllaugs, ciner vollfommenen Ucbercinstimmung zwischen Frankreich und England uns aussprechen, dic Frage ganz in der Nähe betrahten, Wir müssen p:üfen, ob es dem Ministerium nicht etwa unmöglich sein dürfte, für die Rechte des Landes einige, die Würde der Kammer und Frankreichs sichernde Genugthuung zu erlangen. Ehe wir uns irgendwie cntscheiden, müssen erst dic National-Erfor dernisse, die Erfordernisse, welche das gute Recht und die Ehre erheischt, volltän- A , - dige Genugthuung erhalten. Was Spanien anbelangt, so kann die Trennung Franfreichs und Englands möglicher Weise sehr ernste Folgen gehabt ha- benz aber vielleicht ist es gelungen, sich über diescn Punkt zu einigen z; dar- über muß das Ministerium der Kammer schleunige Auskunft geben, Und wie verhalten sich die beiden Länder in Bezug auf Griechenland, welches in meinen Augen die orientalische Frage unter einer neuen Gestalt daibie- tet? Auch hier wird man uns sagen müssen, ob es gelungen is, sih in Uebereinstimmung zu seßen. Wenn man über alle diese Punkte befriedigende Erklärungen zu geben vermag, wenn man uns eine günstige Lösung vorzu- legen im Stande is, dann würde ich es begreifen, nicht ctwa, daß man unwiderruflihe Verbindlichkeiten einginge, sondern daß man einen Hang, eine Neigung für die englische Allianz kundgäbez is dem aber nicht so, dann muß ich sagen, daß man, meiner Ansicht nach, schon viel zu weit gegangen, Ein Wort noch übcr die inneren Verhältnisse: die wichtigste Frage in dieser Bezichung is fär mich dic über die Streitigkeiten, welche sich zwischen dem Klerus und der Universität erhoben haben; dies is in meinen Augen, ih wiederhole es, für jeßt die bedeutendste Frage, denn sie berührt alle Jn- teressen der Revolution von 1789, Nun wohl, darf ih den Großsiegel- bewahrer fragen , ob die Frage in Betreff der kleinen Seminarien in dem neuen Geseß-Entwurf über den öffentlichen Unterricht entschieden is, und in welchem Sinne sie es ist? Am Vorabend der Adreß-Disfkussion is es un- erläßlich, daß wir erfahren, woran wir uns hinsichtlich dieses Punktes zu halten haben,

Auf diese Juterpellationen gab zuvörderst der Minister der aus- wärtigen Angelegenheiten, Herr Guizot, folgende Antwort:

„In der diesjährigen Thronrede sind nicht, wie in mehreren Jahren vor 1838, die Worte „innige Verbindung““ oder „innige Allianz“, sondern nur die Worte „herzlihes Vernehmen ““ gebraucht worden; diese Worte haben nichts Uebertriebenes und nichts Unbestimmtes in si, denn die bei- den Negierungen haben die Fragen, welche beide Länder veruneinigen könnten, geprüft und sich herzlih verständigt. Was das Schiffbesuchs-Necht betrifft, so ist eine Unterhandlung angeknüpst; das englishe Kabinet hat diese Prüfung zugestanden; das Verlangen der Kammer und des Publikums wird in Er- wägung gezogen werden. Das Ministerium kann weiter nichts sagen. Spanien anbelangend, so war die Uneinigkeit, welche in dieser Hinsicht zwischen England und Frankreich herrschte, eine der Ursachen des Erkaltens zwischen beiden Ländern, und ein großer Nachtheil für Spanien; jeßt haben die beiden Mächte sich wieder verständigt, und Spanien wid da- durch mehr Sicherheit erlangen. Was endlich Griechenland betrifft, so gehen England und Frankreich denselben Weg, und ihre Uebereinstimmung is um so bemerkenswerther, als eine andere Macht sich davon fern ge- halten hat,“ ;

Der Großsiegelbewahrer und Kultus-Minister, Herr Martin, erklärte demnächst hinsichtlih der Frage in Betreff der kleinen Semi- narien, er erfenne sehr wohl die Wichtigkeit dieses Gegenstandes und die Nothwendigkeit einer Entscheidung darüber, aber er bedauere, noch feine definitive Antwort geben zu fönnen, da ein den Kammern noch niht vorgelegter Gesez-Entwurf bis zum leßten Augenblick noch Ab- änderungen erhalten fönne; übrigens gehöre dieser Geseß-Entrourf

auch in den Bereich eines anderen Ministers (des Unter- rihts - Ministers Herrn Villemain), Durch diese Antworten war Herr Thiers nicht zufriedengestellt; man müßte sehr gut-

müthig sein, meinte er, wenn man sich damit begnügen wollte; er empfahl daher dem zu ernenneuden Kommissar des Büreaus wieder- holentlih an, die von ihm gestellten Fragen von neuem in Anregung zu bringen; aus der Antwort des Herrn Guizot hob er nur noch hervor, daß ihm der Unterschied, den der Minister zwishen Al=- lianz und Herzlichkeit gemacht, ganz neu und sehr interessant erscheine. Jm Uebrigen wollte er sih gedulden, da man später ohne Zweifel sagen werde, was man jeßt wisse.

= Paris, 3. Jan. Jch habe zu meiner gestrigen kurzen Mit- zheilung, die ich nur in aller Eile wenige Minuten vor Postshluß noch machen fonute, in Betreff des Resultates der Wahlen der Mit glieder der Adreß-Kommission eine kleine Berichtigung nachzutragen. Tch habe gestern nämlih irrthümlich Herrn Baumes als eines der beiden gewählten Oppositions-Mitglieder genaunt; Herr Baumes ift aber Konservativer, und Herr Bethmont, einer der Deputirten von Paris selbst, ist an dessen Stelle zu seben. An dem Haupt-Resul= tate macht dies indeß feine Aenderung, und dasselbe ist in der That um so glänzender für das Ministerium, als die Opposition in Folge der Mahnungen der ihr als Organe dienenden Blätter wirklih das Aeußerste aufgeboten hatte, um dem Ministerium den Sieg zu be- streiten. Wenn man dem heutigen Globe glauben darf, hatten mehrere ihrer Mitglieder sich in die Kammer begeben, um an den Verhandlungen in den Bureaus und der Abstimmung über die von denselben zu ernennenden Commissaire theilzunehmen, ungeah= tet sie frank waren. So soll Herr Havin, der seit zwei Tagen an einem heftigen Fieberanfalle bettlägerig war, und dessen Zustand eine ernstlihe Krankheit befürchten ließ, dessenungeachtet gekommen sein ; so soll Herr Beaumont (de la Somme) sich auf seinen Posten bege= ben haben, obglei er seit zwei Monaten an einer {merzlichen Krank- heit leidet, und durch sein Ausgehen befürhten mußte, vermehrte Schmerzen sich zuzuziehen ; und Herr Boissel, Deputirter des zwölften Arrondissements von Paris, soll sogar gestern früh gefallen sein und sich {wer am Kopfe verleßt haben, aber in seinem Büreau erschie- nen sein, bevor er noch selbst sih einige Pflege gönnte, die sein Zu- stand zu erheishen s{hien. Allerdings ein sehr lobenäwerther, aber auch ein vergebliher Pflichteifer, wie wenig ich au hier wie überall bem Grundsaße huldige, daß nur nah dem Erfolge das Gute zu be- messen sei.

m Paris, 3. Jan. Die gestrige Diskussion in den Büreaus der Deputirten-Kammer liefert dem denfenden Beobachter mamnigfal= tigen Stoff zu Betrachtungen. Seit langer Zeit haben die kfonser- vativen Deputirten in einer dynastishen Frage, wie die der Dotation des Herzogs von Nemours is, mit der Opposition niht so gemeine Sache gemaht. Man versicherte heute im Konferenzsaale der Depu- tirten= Kammer, daß nach einer sehr lebhaften Sißung des Minister- Raths, welche diesen Morgen in den Tuilerieen stattfand, das Dota= tions- Geseh definitiv bei Seite gelegt worden sei, Moralish be= trachtet, ist die Niederlage, welche das Ministerium dabei erleidet, nicht weniger bedeutend, als wenn der Geseß-Entwurf wirklih der Kammer vorgelegt und von ihr verworfen worden wäre.

Es wurde gestern bemerkt, daß in allen Büreaus, wo die An= hänger ‘des Kabinets saßen, die Reise der Legitimisten nah London zur Sprache kam, und daß Erstere verlangten, die Adresse möchte eine Phrase über die Heiligkeit des Eides enthalten. Unter ihnen sprach der Vicomte d'Haussonville, Schwiegersohn des Herzogs von Broglie, am eifrigsteu für die Einrückung einer solhen Phrase. Von den legitimistishen Deputirten, welche die Reise nach London unternahmen, war nur der Marquis Laroche-=Jacquelin Krankheits hal= ber bei der gestrigen Diskussion in den Büreaus abwesend. Die übrigen, nämlich Herr Berryer, Baron Larcy und Herzog von Valmy hoben den ihnen zugeworfenen Handschuh auf und erklärten sih be= reit, bei der nächstens zu beginnenden Disfussion der Adresse Rede und Antwort stehen zu wollen.

Die Linke hatte gestern Morgen eigens eine Versammlung ab= gehalten, um zu bestimmen, welche Rolle sie in dem Kampfe zwischen dem Kabinet und den Legitimisten spielen solle. Es wurde darin beinahe einstimmig beschlossen, die Legitimisten gegen das Kabinet zu unterstüßen. Und wirklich haben auch alle Mitglieder der Linken gestern in den Büreaus gegen die Absicht des Ministeriums, die be= sagte Phrase in die Adresse einzurücken, das Wort geführt. Vor ein paar Jahren war das Wort Legitimist noch ein wahres Schreckbild für die Opposition. Man erinnert sich, daß gegen das Ende des Kabinets Molé Herr Guizot mit dem Worte Carlist von der Tribüne herab den Herrn von Lamartine angriff, und die Opposition, zu welcher damals Herr Guizot gehörte, als mächtige Waffe einen solchen Aus= druck in jener Zeit zu gebrauchen pflegte. Wer hätte damals geglaubt, daß die Legitimisten an der Opposition unter Guizot's Ministerium ein Hülfs-Corps erhalten würden.

Grossbritanien und Irland.

Londou, 2. Jan. Vor einigen Tagen hatten der Globe und die Morning Chronicle auf das bestimmteste versichert, daß die Regie= rung den Lord-Lieutenant von Jrland, Grafen de Grey, von seinem Posten abrufen und an seine Stelle den Herzog von Richmond seßen werde. Man gab die Unuverträglichkeit der streng aristokratischen C des Grafen mit den liberaleren Grundsäßen seines Staats-Secretairs, Lord Eliot, als Grund an. Heute indeß widerspriht der Stan = dard mit folgender, diesem Blatte höheren Orts eingegebener Er= flärung jenen Behauptungen: „Wir sind in Stand geseht, auf das bestimmteste und entschiedenste der von Globe und Morning Chronicle aufgestellten Behauptung zu widersprechen, daß das

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