1844 / 101 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

( j 10ten b. M. nach Darmstadt abreisen, von wo Se Kronprinzen beit einen Absteher nach der Pfalz zum Besuche ¡ner Maxburg (Hambacher Schloß) zu machen gedenkt, darauf nah R t zu Ecbrend, von da mit seiner Durchlauhti sten Gemah-= lin A nad München begeben wird. Se. Königliche Hoheit der Prinz Luitpold verläßt Montag, den 8, April, unsere Stadt, um sich nah

Florenz zu begeben.

ürttemberg. Tübingen, 2. April. (S, M.) Auch hier L Font dio Reihe öffentliher Schluß=-Verhaudlungen mit einer vor dem K. Ober - Amtsgerichte Rottenburg gegen den Wagner Ja- fob Fried. Rall von Unterjesingen, Oberamts Herrenberg, verhandel- ten Untersuhungssache wegen Brandstiftung. Das Erkenntniß des Gerichts fiel dahin aus, daß der a dure wegen eat in Gemäßheit des Art. 378, Ziff. 3 zu 14jähriger Zuchthausstrafe verurtheilt sei. Der Angeschuldigte behielt sih in Beziehung auf das ihm zuzustehende Rekursrecht Bedenkzeit bevor. Jn allen Stän- den. gab si au hier das regste Juteresse für die neuerwachte öüf- fentliche Rechtspflege zu erkenuen, der Saal war gedrängt voll, und es machte die Mrbedolina auf die Anwesenden einen sehr befriedi- genden Eindruck.

Oesterreichische Monarchie.

Maílanud, 26. März. (A. Z) Oerktlicher Ursachen wegen wurde der Zusammentritt des 4ten wissenschaftlichen Kongresses, wel- cer am 15. September in unserer Stadt erfolgen sollte, um 3 Tage vorgerüdt, so daß der Kongreß am 12, September beginnen und am 27sten schließen wird. Die Versammlung verspricht sehr zahlreich zu werden, wie man aus der Liste jener Gelehrten {ließen darf, welche sich bereits bei dem geschäftsführenden Aus\huß anmelden ließen. Die Regierung, die Munizipalität und die Akademie der Wissenschaften werden es sih sehr angelegen sein lassen, den Mitgliedern des Kon- gresses den Aufenthalt so angenehm als möglich zu mahen. Man spricht unter Anderem von einer großen Naumachie, einem Wettlauf nah römischer Sitte, die in unserem Amphitheater um jene Zeit ge- geben werden soll. Ausflüge nah Monza, Pavia, nah der berühm- ten Certosa werden an Bälle, Gastmähler, Schauspiele, Konzerte 2c. sich reihen. Cantà arbeitet an einer historisch - artistishen Beschrei- bung unserer Hauptstadt, wovon ein Exemplar jedem Mitgliede des Kongresses auf Kosten der Munizipalität verehrt werden wird. Das Werk soll durch seine typographishe Ausstattung, im Vergleich mit den \{önsten englishen und französischen Werken, den Beweis liefern, daß das Vaterland des Bodoni den berühmtesten Typographen des Auslandes nicht nachstehe.

Frankreich.

__ Deputirten-Kammer. Sihung vom 4, April. Auf die Argumente, mit denen Herr Chapuys de Montlaville seinen Vor- {lag auf Abschaffung des Zeitungsstempels unterstützt hatte, entgeg- nete der Finanz-Minister, der si bekanntlih der Erwägung dieses Autrages widerseßte, daß er \ih von der Tristigkeit der Be- hauptungen des Autragsstellers nicht überzeugen könne.

„Der ehrenwerthe Deputirte“‘, sagte Herr Lacave-Laplagnue, „hat erflärt, es gäbe unter den gegenwärtigen Zeitungs - Geseyen viele Blätter, die sich in Folge dieser Geseße in der Nothwendigkeit befänden , zwischen ihrem Untergang und einer Abfindung mit ihrem Gewissen zu wählen, und die daher in Bezug auf gewisse Fragen ihre Unabhängigkeit nicht hätten bewahren können, Yonbern genöthigt gewesen seien, sich in den Dienst ge- wiísser“ Jnteressen zu begeben; er hat hinzugefügt, der Zeitungs - Stempel hindere sie, ausführlih und unparteiüsch über unsere Debatten zu berichten, und man müsse demselben auh die Nomane oder Feuilletons zuschreiben, denen der ehrenwerthe Deputirte entschieden abhold ist. Wenn ich glaubte, daß alle diese gerügten Uebelstände ihren Ursprung dem Stempel verdank- ten, und ae die Abschaffung des lebteren sie beseitigen würde, so gestehe ih, daß Rücfsihten anderer Art, obglei ih auf dieselben Gewicht legen müß, mír doch im Angesicht solcher Folgen nur geringfügig erscheinen wür- den, Wenn aber eín Zeitungsschreiber käuflih genug is, um mit seiner Meinung einen Handel zu treiben und sie diesem oder jenem Privat - Jn- teresse zu verkaufen, so wird ein solcher einer Aussicht auf Gewinn nie- mals widerstehen und sich mit und ohne Zeitungs - Stempel verkau- fen. Auch bin ih überzeugt, daß es nicht an der zu geringen Ausdehnung der parlamentarishen Debatten liegt, wenn sich in gewissen Blättern vielleicht Unparteilichkeit und Üngenauigkeit darin zeigt; wo einmal der Parteigeist herrscht,“ da wird er au zu Tage kom- men, wie groß oder wie gering der Umfang der parlamentarischen Berichte sein mag. Was endlich die Feuilletons betrifst, die Herr Chapuys de Montlaville bekämpft, so kann ih ihm darin weder widersprechen noch bei- pflichten, weil ih nicht die Zeit habe, sie zu lesen, Nur soviel muß ich sagen, daß, wenn die Zeitungen bei Roman - Feuilletons ihre Rechnung finden und die Zahl ihrer Abonnenten dadurh anwachsen sehen, sie nicht davon abgehen verden, wenn auch der Stempel aufgehoben würde. Sind diese Feuilletons also ein Uebel, so würde dies Uebel mit der größeren Ver- breitung der Presse nur noch mehr um si greifen. Der Antragsteller hat Ihnen gesagt, daß der Ertrag des Zeitungs-Stempels im vorigen Jahre auf 3,600,000 Fr. gestiegen sei, Dieser Ertra ist aber nicht stationair; im Jahre 1834 belief er sich auf 2,400,000 Fr, und in 10 Jahren ist er um ein Drittel gestiegen. Also ist diese Auflage kein absolutes Hinderniß für die Entwickelung der Presse; man kann folglich dem Zeitungs- stempel die Verminderung der Zahl der Zeitungen nicht zuschreiben. Ver- gleiht nan anderérseits diesen Stempel mit anderen von unserem Finanz-, odex gutgeheißenen N so wird man sehen, daß er bei weitem nicht die drückendste is, Was die Erhebungs-Kosten betrifft, so sind sie nicht schr bedeutend, Dagegen is der Ertrag dieser Abgabe beträchtlih genug, um, wenn sie aufgehoben würdé, eíne fühlbare Lide im Budget zu lassen, und ih muß in dieser Hinsicht die Kammer daran erinnern, daß eine Vermin- derung der Einnahmen zu vermeiden is, wenn die Ausgaben si. nicht ver- míndern, An die Entschädigung, welhe man uns vermöge einer vermeint- lichen Zunahme des Zeitungsporto's verspricht, kann ih nicht glauben, denn die Fein en haben den größten Theil ihrer Abonnenten in der Stadt, wo sie erscheinen, und an diese Abonnenten werden sie dur die eige- nen Agenten ihrer Redactionen abgeliefert, so daß die Post nichts davon erhebt, Jn Paris z. B. werden täglic) 90,900 Zeitungsblätter ge- stempelt, und davon befördert die Post nur 52,600, die übrigen werden in aris selb| vertheilt, Dies hat der ehrenwerthe Antragsteller zu berüsich- tigen vergessen, Jh muß no hinzufügen, daß gegenwärtig die Malleposten E Lars mit \o viel Zeitungen befrachtet ab n als sie ín ihrer jeyigen U chtung und bei der jeßigen Anzahl von Pferden transportiren können, ob eine größere Anzahl von Zeitungen ju befördern, würden daher auch here Ausgaben für die Transportmittel erforderlich sein. Auch dies muß 4 uit in tuns stellen, Die Erhebungskosten für den Zeitungsstempel a vis ahre 1843 nur 52,700 Fr, betra enz Herr Chapuys de Montlaville antraher im Irrthum, wenn er dieselben für sehr beträchtlich hält, Noch ein

ai Sue Interesse dus zur e A dieses Vorschlags mitwirken, bas Zuteresse der Provinzial-Blätter. Die Vortheile der Centralisation

Ad

innt und gewürdigt z wenn sie aber au einige Uebelstände hat, so

i Pai Vesonders der, A aus dem a fet Einflu N M " Poruisabt auf die Departements ausübt, Es is daher zu

daß t t Dep rlements eine freié und unabhängige Presse haben

u yar er Zeitungen im Algemésuen für 5 Centimes

Blätter epartements aber für Z odex 4 Centimes; die Gj0 | in en - der ihneu gestattet, ihre Blätter auf di ¿ie einig maßen das Ucberge-

gal n: egen aufwiegt, Wollte man ben eitungsstem-

Uit pariser Ze E uf Lg veat on verlieren, Cin muß ih dem Vo lage des ehrenwerthen Deputirten mi leh.

Herr von Lamartine: Meine Herren! Jch will mih nit auf hypo- thetishe Berehnungen des Gegentheils von dem, was der Finanz - Minister Ihnen über die finanzielle Frage an sich, vorgetragen hat, zu stüßen ver- suchen. England hat in neuester Zeit in dieser Beziehung eine bedeutende Erfahrung gemacht; es hat seinen Stempelsaß, der 70 Cent, betrug, auf 10 Cent. herabgeseßt, und Sie haben in furzer Zeit die Zahl der Zeitungs- Abonnenten in England sich verdoppeln sehen. Jh. will auch dem He rn Minister niht zu beweisen suchen, daß die Porto-Einnahme den Ausfall des Schatzes hinreichend decken würden. Wenn aber der Staatsschai nur cinen unbedeutenden , und mehr oder weniger problematishen Verlust zu erwarten hat, und wenn andererseits die politische Oeffentlichkcit an Ausdehnung, Un- parteilichkeit und Moralität unermeßlih gewinnen muß, so sollten eine wohl- berathene Regierung und eine wohlgesinnte Kammer do wohl feinen Augen- blick Bedenken tragen, die verlangte Erwägung des Vorschlages zu bewilli- gen. Jch habe es in den Büreaus gesagt und wiederhole es hier: Wo die Freiheit begründet werden soll, kann es feine {limmere Auflage geben, als eine Auflage auf die Verfassung. Der Zeitungsstempel aber is eine Auflage auf die Verfassung, denn das Lebens- Element der Repräsentativ- Regierung ist die politische Oeffentlichkeit, und die Organe dieser Oeffentlich- feit sind die Zeitungen, diese intelligenten und vielfachen Echos der Debatten in den Kammern, der Regierungs-Handlungen und der Ansichten der Bür- ger, Organe, die nah allen Punkten des Landes hin jene laute Bewegung und Gegenbewegung, jene Ansicht und Kenntniß, jenen Beifall und Tadel verbreiten, woraus das freie Urtheil der Nation über die öffentlicben Angelegenheiten sich bildet, Jst dies cin bloßes Gewerbe, welches man nah Ziffern zu \{häßen hat, und welhes man ohne Gefahr über- triebenen fiskalischen Geseßen unterwerfen darf? Gewiß nicht, und ich erstaune, daß ein so aufgeklärter und tiesdenkender Staatsmann , wie Herr Lacave-Laplagne, dies mit seinem ausgezeichneten Geiste nicht zuerst gefühlt hat, Die Presse is so wenig ein gewöhnliches Gewerbe, sie i so sehr eine Gewalt im Staate, wenngleich nicht in der Charte verzeihnet, daß, sollte sie jemals, diesen unmöglichen Fall geseßt, eine gegen die Verfassung gerich- tete Coalition bilden, um uns in einem Kreis des Schweigens einzuschlie- ßen und alle unsere Debatten, Handlungen und Worte zu ersticken, indem sie dieselben niht wiedergäbe und durch diese Verweigerung des Wiederhalls die Kammer gewissermaßen vermauerte, die Repräsentativ-Regierung dann plöy- lich die Hälfte ihrer Kraft und Wesenheit verloren haben und wir, um sie ihr wieder- zugeben, genöthigt sein würden, uns selbst auf Staatskosten die Zeitungen zu gründen, ohne welche die Repräsentativ - Regierung zu bestehen aufhören müßte, oder bei verschlossenen Thüren nur ein Gaukelbild der Verfassung wäre, Deshalb, meine Herren, haben Sie die Preßfreiheit dur die Charte verzeichnet, Herr Chapuys de Montlaville und ih, wir verlangen jeht von Jhnen , daß Sie die Aufrichtigkeit dieser Freiheit darin verzeichnen. Wie aber kann diese Freiheit aufrichtig sein, wenn sie nur ein Monopol und eine Lüge is, sei es in den Händen der Negierung, oder in denen der Par- teien? Wenn sie wahrhaft nüßlich sein soll, so muß sie eine allgemeine sein; sie muß nur den freien Meinungen, und nur in dem Maße zit- stehen, als diese im Lande ihre Wurzeln haben. Nun betraten Sie aber die Bedingungen, unter welchen man Kapitalien, schon cinge- \chüchtert durh die September - Geseße und durch die solidarische Ver- antwortlichkeit der Drucker, in einem Unternehmen der politischen Oeffentlichkeit anlegen kann, Ungefähr vier Jahre sind dazu nöthig, daß ein Blatt sich auh nur gegen 4000 Abonnenten zu verschaffen im Stande ist; unter vier Jahren kommt es nicht in Gang. Die Nedactions- Kosten betragen jährlih 120,000 Fr. Es sind also nach Ablauf vou 4 Jah- ren 500,000 Fr. verausgabt, Fügen Sie dazu mindestens eben so viel an Kosten für Druck, Papier, Miethe, Verwaltung und Porto. Geseßt nun, die Abonnements haben diese leßtere Ausgabe aufgewogen, so bleiben im- mer noch 50,000 Fr, zu decken, Wieviel aber verschlingt der Zeitungs- stempel in diesen vier Jahren? 18 Fr. auf den Abonnenten, also 72,000 Fr. jährlih und in vier Jahren 228,000 Fr. Diese zu den vorigen 900,000 hinzugefügt, so finden sie am Ende von 4 Jahren, sclbst bei einer Zahl von 4000 Abonnenten, 7 bis 800,000 Fr. in dem Unter- nihmen hingeopfer. So steht es um unsere Publizität. Rechnen

Sie dazu die politische Einschüchterung, und dann fragen Sie \ich, ob man sich anders als mit eîner Hingebung, welche Alles wagt, diesem Berufe widmen kann. Soll ih Jhnen noch von der enormen Höhe der Cautionen und der Geldstrafen, soll ich Jhnen endlih von jener Tiberischen Ausle- gung sprechen, welche die moralische Mitschuld unter die Zahl der políiti- schen Attentate seßen ließ, (Heftiges Murren im Centruni, Beifall auf der linken Seite.) Man hat auf die Blätter zu 40 Fr. hingewiesen; weiß aber die Kammer wohl, wie diese es angefangen haben, sich zut halten ? Indem sie vier Jahre lang die bedeutendsten Opfer brachten, wenigstens 800,000 Fr. daran seßten. Erinnern Sie sich aber, was die Julí-Nevolu- tion der Presse zu verdanken hat, erinnern Sie sich, daß die Juli-Negierung selbs aus cinem Zeitungs-Büreau hervorgegangen is, und Sie werden ohne Zweifel nicht undaukbar gegen diese Presse sein wollen. Nehmen Sie ihre Last von ihren Schultern, und Sie werden die öffentlichen Jdeen zum Heil der Jnstitutionen, und zum Besten aller redlichen und aufrichtigen Parteien sich verbreiten sehen.

Nachdem darauf noch Herr Desmoussaux de Gioré für und Herr Emil von Girardin gegen den Vorschlag gesprochen hatten, wurde zur Abstimmung geschritten und es ergaben si:

Zahl der Stimmenden..……..…... 286, Absolute Majorität 144. Weiße Kugeln 146. Arie 2, ti Ü 140, Es wurde also die Erwägung des Vorschlags gegen den Antrag der Minister mit einer Majorität von 6 Stimmen zugelassen.

Paris, 5. April. Ju den gestrigen Berathungen, welche die Büreaus der Deputirten-Kammer über den neuen Zollgeseß-=Entwurf hielten, fand das Prinzip desselben, nämlich ein mäßiges Schuß-Sy- stem, wenig Opposition. Nur in Bezug auf die Höhe des der Na- tional-Judustrie zu gewährenden Schußes wurden Eiuwendungen ge- maht, Mehrere Mitglieder sprachen sehr lebhaft zu Gunsten der Linnen- und Hanf - Fabrikate, hinsichtlich deren der Entwurf nur die im vorigen Jahre durch Königliche Verordnung verfügte Zoll-Erhö- hung aufgenommen hat. Die Herren Muret de Bort, Küchlin, Harlé und Schneider bestanden darauf, daß das Maschinenwesen in diesen Gewerbzweigen, deren Erfolg für Frankreich so wichtig sei, neue Be- dingungen erheishe. Die beiden anderen Fragen, welche die Aufmerk- samkeit der Büreaus am meisten beschäftigen, waren der Maschinen- bau und die Oelsaat, Hinsichtlih des ersteren machten die Minister bemerklich, daß die in England gestattete freie Ausfuhr von Maschi- nen größeren Schuß für die französishen Maschinenbauer erforderlich mache, und was die Velsaat betri, so waren sie ebenfalls der Mei= nung, daß die Einfuhr bedeutender Quantitäten dieses Artikels den Juteressen des französischen Oelbaus sehr nachtheilig gewesen sei, und man daher leßteren mehr {hüben müsse.

Die Gazette de Flandres meldet: „Der Bischof vou Arras hat dieser Tage von dem Kultus-Minister einen Brief erhalten, worin ihm die Unterzeichnung der Denkschrift der Provinzen Cambrai und Rheims hinsichtlich der Freiheit des Unterrichts zum Vorwurf ge- macht und desfalls strenger Tadel ausgesprochen wird.“

Das Comité, welhes von dem Kriegs-Minister den Auftrag er= halten hatte, einen Geseß-Entwurf hinsichtlich der Verhältnisse der israelitischen Bevölkerung in Algerien anzufertigen, schlägt vor, daß alle betreffenden Spezialgesehe und alle in Gesehe verwandelte her= fömmliche Gebräuche, die bis jeßt als Norme gegolten haben, abge- schaft. und die Jsraeliten dem gewöhnlichen Gesebe unterworfen wer den sollen, unter welhem die übrigen Bewohner des Landes stehen. Das Comité verlangt au, daß zu gleicher Zeit für den Unterricht

| geserat, Schulen für erwachsene israelitishe Zöglinge errichtet und 1 a

4 e Nie erbaut werden sollen. Desgleichen béántráägt dässelbe,

der israelitische Kultüs eine Lokäl= und Temiräl.- Bérwaltukg ete on-

daten solle, wie dies in Frankreich der Fall i, und daß eín storium zu Algier und zwei Unter-Konsistorien, zu Konstantine und

Oran, gegründet werden sollen, Das Konsistorium zu Algier würde dem Central-Konsistorium zu Paris untergeordnet werden.

Man schreibt unterm 15ten aus Oran: „Der General-Lieutenant Lamoricière ist am 12ten von sciner Expedition gegen die Galfas und Sumathas zurückgekehrt. . Die Handelszüge zirkuliren ohne Hinderniß auf den Straßen von Maskara und Tlemzen. Doch wäre es nicht räthlich, sih allein dahin zu wagen. Unlängst hat man die Nachricht erhalten, daß vie Hangads wieder zu Abd el Kader übergegangen sind. Jn Folge dieser Ereignisse haben alle disponiblen Truppen der Division Oran den Befehl erhalten, sich bis zum 20sten zum Aus- marsche bereit zu halten. So viel man hört, wird General Lamori cière diese Expedition gegen die abtrünnigen Stämme befehligen.“

Vom 1. Januar bis 31. Dezember 1843 sind 14,137 Personen auf Staatskosten aus Frankreich nah Algerien gebraht worden, Unter dieser Zahl sind 12,675 Franzosen und 1462 Ausländer.

Das Journal le Commerce, dessen Verkauf gemeldet worden, erhält jeßt eine ministerielle Farbe. An die Spihe der Redaction is Herr Th. Lechavelier getreten. Er hat scine Wirksamkeit gleich da=- mit begonnen, daß er die von diesem Blatte seither angenommene A CERon zu einem Ehrendegen für Dupetit - Thouars geschlossen erklärte.

Die Gafen von Montalembert und von Noailles haben diese Woche Bittschriften, welhe die Freiheit des Unterrichts verlangen, und mit mehr als 5500 Unterschriften versehen sind, auf das Büreau der Pairskammer niedergelegt.

m Paris, 5. April. An der Börse war heute das Gerücht verbreitet, als heute Jhre Königl. Hoheit die Frau Herzogin von Orleans aus ihrem Wagen stieg, um in die protestantische Kirche in der Rue Chauchat einzutreten, wo sie den Gottesdienst beiwohnen wollte, habe sih ihr ein Mann in drohender Haltung genähert, sei aber sogleih von einem Polizei- Agenten verhaftet worden, jedo nicht ohne lebhaften Widerstand entgegen zu seßen, Ja er soll den Polizei-Ageuten sogar verwundet haben. So sagen die bis jeßt ver= breiteten Gerüchte, über deren Genauigkeit jedoch sich noch nichts Bestimmtes sagen läßt. Es wurde beigefügt, der Verhaftete habe alle Zeichen der Verrücftheit gegeben, Die Abendblätter werden uns wohl darüber etwas mittheilen. Die Kammern hielten heute keine Sißungen, auch alle Theater bleiben geschlossen. Die Promenade des Longchamps war dieses Jahr besuchter als seit vielen Jahren,

m Paris, 4. April. Es kann auf den ersten Blick befrem- den, daß die Deputirten-Kammer, welche vor ein paar Jahren den Vorschlag des Herrn Gouin wegen der Renten - Konversion votirt hatte, gestern die Proposition des Herrn Garnier -Pagès, die nur eine wörtlihe Wiederholung der ersteren war, zurückwies, besonders in dem Augenbli, wo die britishe und die neapolitanische Regierung eine ähnliche Finanz-Operation vornehmen, ohne daß verhältnißmäßig die Finanzen dieser beiden Länder dafür \o günstig wären, als die unsrigen, Diejenigen aber, welche aus dem Beispiel Großbritaniens und Neapels den Schluß zogen, daß die Deputirten-Kammer die Propo- position des Herrn Garnier -= Pagès adoptiren würde, erwogen nicht hinlänglih, welcher Unterschied diesfalls zwischen Frankreich einerseits und Großbritanien und Neapel andererseits besteht. j

Abgesehen davon, daß in Neapel. die Regierung die Macht hat, eine Maßregel, die ihr zweckmäßig scheint, ungehindert durchzuführen, leidet das Land Mangel an Kapitalien. Die Grundbesißer sowohl, als der Handel und die Jndustrie, müssen daher gern sehen, daß durch die Verminderung der Juteressen der Staats-Renten, die Ka- pitalien lieber der Privat-Jndustrie als dem Staatsschaßze si zu- wenden. Während also die neueste Renten-Konversion in Neapel sowohl dem Staate eine große jährlihe Oekonomie verschafft, erhält die Privat-Judustrie einen neuen Aufshwung durch die ihr. zufließenden Kapitalien, welhe frühr wegen des hohen Zinsfußes der Stgats= Renten, lieber dem öffentlihen Schaße anvertraut wurden.

Noch mächtiger e Beweggründe begünstigen die Renten-Konver- sion in Großbritauien, wo bekanntlich die Bedienung der Jnteressen der Staatsschuld den beträchtlihsten Theil des Staats-Einkfommens ershöpft, Wie überall, so au vorzüglih in England, lasten die öffentlichen Steuern auf dem Grund-Eigenthum, dessen Cinkünste dur die lebten Getraidegesebe noch mehr eingeshränkt wurden. Die vom Tory-Ministerium projektirte Renten=Konversion erschien den Grund-Eigenthümern Englands als eine wahre Wohlthat, da sie ihnen eine Erleichterung ihrer bisherigen Lasten zu gewähren ver- spricht, Bei dem überwiegenden Einfluß, welchen die Grund-Eigen- thümer in England in den beiden Kammern ausüben, konnte das Projekt der Renten-Konversion mit Recht auf eine günstige Aufnalzme von Seiten des Parlaments zählen. Auch die Privat-Jndustrie hatte Grund, der Renten-Konversion Beifall zu zollen, weil es Momente in England giebt, wo die Kapitalien sehr selten werden, wodurch denn die Privat-Judustrie mehr oder weniger ins Stocken geräth. Wir haben vor ein paar Jahren erlebt, daß die englishe National-Bank si ges nöthigt sah, der Bank von Frankreich 80 Millionen abzuborgen, eint sprechender Beweis, wie ungeachtet des großen Reichthums des hri= tischen Handels, die Kapitalien in England zuweilen selten werden.

Anders verhält es sih mit Frankreich. Aus dem eben Gesagten ersieht man, daß hier zu Lande die Kapitalien so zahlreich sind, daß man sie leiht dem Auslande leihen kann. Unsere Sparkassen sind mit mehr als 100 Millionen angefüllt, die, um sle niht todt liegen zu lassen, die Regierung übernehmen muß. Die Bauk von Frank= reich hat s{ch neuerdings genöthigt gesehen, ihren Diskonto herabzu- seßen, weil die Banken der Herren Jacques Laffitte und Comp. und der Herren Ganneron und Comp. ihr den Diskontohaudel sonst ab- genommen hätten. Dies zeugt hinlänglich von der Menge Kapitalien, die auf unserem Geldmarkte disponibel sind, Freilih haben die vie= len betrügerischen Actien-Unternehmungen, die seit 1830 zu Tage gefördert wurden, die Kapitalisten abgeschreckt, ihre. Gelder der Pri- vat-Judustrie blindlings anzuvertrauen, Die Rückwirkung davon war nur heilsam für den redlihen Handel, welcher heute noch so viel Kapitalien findet als er will, wenn er nur die erforderlihhen morali- {hen Garantieen gewährt, die bei den gewöhnlichen Actien-Unter= nehmungen nicht zu finden sud. Es braucht nux ein Rothschild, ein Jacques Lefèvre, ein Cottier an die_Spibe eines Handels-Unter- nehmens zu treten, so is in wenigen Stunden das dazu erforderliche Kapital gedeckt, Obwohl die Eisenbahu von Paris nah Straßburg als die minder ergiebige betrachtet En so reichte doch der bloße Name des Grafen Molé hin, um der Compagnie, an deren Spiße er steht, die verlangten 40 Millionen in ein paar Tagen zuzusichern.

is nothwendige Folge davon ist, daß die Kapitalisten die von Herrn Garnier- Pagès vorgeschlagene Renten - Konversion nit zu wünschen Ursache haben, weil dieselbe noch mehr Kapitalien auf un- eren Geldmarkt ziehen und das Geld -Juteresse noch mehr herab- pla würde. Nur die Grundbesiger haben Ursache, dieselbe zu ver- langen, weil dieselbe eine Erleichterung der öffentlichen Lasten hoffen läßt, welche den Grundbesiß beschweren und niederdrücken. Ferner kann der niedrige Zinsfuß der Kapitalien nur dem Grund= besip Nußen bringen , indem bei der heut u Tage einreißenden Zer= stüelung des Grüund-Eigenthums die meisfèn Grundstücke mit s{we=

‘ren Hypotheken belegt sind, Die Grund - Eigenthümer in Frankreich

besißen bei weitem nit jenen Einfluß in unserer Kammer, wie die

Grund-Eigenthümer im britishen Parlament. Die Privat-Judustrie in Frankreich is mächtiger, als das Grund-Eigenthum. Um sich da- von zu überzeugen, brauht man nur unsere Handels - Politik zu be- trachten, welche bei jeder Gelegenheit die Erzeugnisse des Grund und Bodens der fünstlihen Production der Judustrie nachsebt.

Die Kapitálien ‘in Frankreich befinden sich in Händen der Jn- dustrie, und nicht des Grundeigenthums, welches im Gegentheil mit Schulden belastet ist, Die Judustrie, welhe mehr Kapitalien besißt als sie braucht, weist die Renten -= Konversion zurück, weil ihr dann die disponiblen Kapitalien nicht mehr so viel eintragen würden als bisher, Es is notorisch, daß der bürgerliche Stand, die kleinere JIn=- dustrie, eine besondere Vorliebe haben, statt ihre Ersparnisse zum An- fauf von Grundstücken zu verwenden, dieselben dem Staats-Schabe anzuvertrauen, weil, während der Grundeigenthümer {were Lasten zu tragen hat, die Rentenbesiber keine Steuern dafür bezahlen. Die reihere Jndustrie findet noch mehr ihre Rechnung béi der Agiotage, wozu der hohe und niedere Stand der Rente Anlaß giebt, Je mehr Kapitalien in die Renten -Juscription eingetragen werden, desto leh- hafter ist die Bewegung der Agiotage.

Man betrachte folglih die Frage, von welher Seite man will, bei dem heutigen Stande der Dinge in Frankreich haben die Kapi= talisten, welche an der Spihe aller Jndustriezweige des Landes stehen, ein großes Interesse, die Renten-Konversion zu verhindern. Dagegen müssen die Grund-Eigenthümer dieselbe wünschen, So erklärt es sich, warum in der gestrigen Sibung erst nach einer dritten Abstimmung das Resultat des Votums über die Proposition des Herrn Garnier- Pagès entschieden werden fonnte, Beide Parteien stritten dabei ge- gen einander, und da die Judustrie gegenwärtig die Oberhand be- hauptet, so konnte der Antrag der Renten =- Konversion nicht anders als zurückgewiesen werden. Und so lange die Judustrie = oder Kapi= talisten-Partei es nur vermag, kaun man darauf rechnen, daß sie eine solhe Maßregel zu vereiteln suchen wird.

Die gestrige und heutige Promenade von Longchamps ist unge=- achtet des s{önsten Wetters von der glänzenden Welt wenig besucht worden. Die Legitimisten, denen man vergeblich das Recht, den Ton anzugeben, abstreiten möchte, weil doch das Fau- bourg = Saint = Germain die Traditionen der feinen Manie= ren mitten unter den politishen Stürmen der Revolutionen aufrecht zu bewahren wußte, die Legitimisten, sage ih, enthalten sich seit der Juli - Revolution der Promenade von Long -Champs, Der Joey - Klub, die Schauspielerinnen, die Grisetten und die Commis= Boyageurs spielen jeßt die Haupt - Rollen dabei, Mit Freuden be- merkt man dagegen, daß der religiöse Sinn besonders unter der Ju= gend wieder lebendiger zu werden scheint. Die Passions-Predigt des Abbé Ravignon in der Notre-Dame-Kirche hatte heute die gebildet- sten Männer als Zuhörer. Jn allen übrigen Kirchen i der Zudrang sehr groß, Die Königin nebst der Herzogin von Nemours und der Prinzessin von Joinville wohnten der heutigen Ceremonie der Fuß- waschung in der Pfarrkirche von St, Roch bei,

Grossbritanien und Irland.

London, 5, März. Der bisherige britishe Botschafter am petersburger Hofe, Lord Stuart de Rothesay, soll, wie die Mor- ning Post aus angeblich glaubwürdiger Quelle berichtet, seine Ent= lassung eingereiht haben, welche von der Königin auch angenommen worden sei. Da Rußland in der Person des Baron von Brunnow nur einen außerordentlichen Gesandten in London hat, so soll der erste Botschafts= Secretair , Herr Bloomfield, in Petersburg in gleicher Eigenschaft für England akkreditirt werden.

Der Status der Staats-Einnahme des lebten Vierteljahres ist gestern veröffentliht worden uud zeigt das äußerst zufriedenstellende Resultat, daß in Vergleih zu dem entsprehenden Quartal-Berichte des vorigen Jahres die ganze jährlihe wie vierteljährliche Einnahme des mit dem heutigen Tage ablaufenden Zeitabschnitts fast in allen Punkten einen bedeutenden Ueberschuß liefert. Dieser Ueberschuß zeigt sich in der Vierteljahrs-Rechnung in Vergleih zu dem entsprechenden Quartal vorigen Jahres in den Zöllen mit 384,910 Pfd., in der Accise mit 85,316 Psfd.,, in den Stempeln mit 45,885 Pfd.,, den Steuern mit 1987 Pfd,, der Einkommensteuer mit 107,627 Pfd., der Post-Einnahme (zum erstenmal seit der Reform) mit 30,000 Pfd,, aus den Kron = Ländereien mit 30,000 Pfd,.; in Summa mit 685,725 Pfd. Ein Ausfall unter dem Titel „Vermischte Ein- nahmen’ von 500,264 Psd. berührt die Einnahme-Quellen, welche aus der Jndustrie des Volkes fließen, gar nicht, und kann der Zu-= friedenheit über den Zustand derselben also keinen Eintrag thun. Noch weit günstiger stellt sih aber das Resultat der ganzen Jahres - Ein= nahme, verglichen mit der Einnahme-Rechnung des am 5, April 1843 abgelaufenen Jahres. Es ergiebt si{ch hier im Ganzen eine Mehr= Einnahme von 4,318,167 Pfd., die natürlih auf Rechnung der Ein- fommensteuer fommt, deren ganzen Betrag sie uoch nicht einmal völlig erreiht; denn die Einkommensteuer betrug im ganzen Jahre 5,356,887 Pfd. Ohne diese Steuer gäbe es also noch einen Ausfall von 1,038,720 Pfd. Der Ertrag dieser Steuer hat alle Erwartungen übertroffen und giebt den klarsten Beweis von dem ungeheuren Reich- thum Englands; die obige Summe zeigt, daß der ganze Betrag des Einkommens aller derjeuigen JFndividuen, welche über 150 Pfd. des Jahres gewinnen, sih auf 200 Millionen Pfd. jährli belaufen muß!

Lord Abinger, der Präsident oder der oberste Lord-Richter des Schaßgerichts ist vorgestern vom Schlage getroffen worden und, ob- wohl noch am Leben, zweifelt man doh an seinem Auffommen, Man glaubt, daß Sir F. Pollock, der jebige General-Prokurator, die Stelle nah dem Tode Lord Abinger's erhalten und Sir W, Follett, der jeßige General-Fisfal, in die Stelle Sir F. Pollock's einrücken werde,

X Loudon, 2. April, Die Theilungen des Unterhauses und die allgemeine Diskussion über Lord Ashley's Antrag haben den ersten Aft des parlamentarischen Dramas mit einer effektvollen Scene been- det und die Erwartung des Publikums während des Zwischenakts der Osterferien auf die nächsten Erscheinungen, wenn der Vorhang wieder aufrollt, in hohem Grade gespannt, Meine Briefe von dem Augenblick dér ersten Theilung, welhe die Regierung in Nachtheil stellte, wêrden Jhnen eine klare Vorstellung von der großen Bedeu= tung der Frage gegeben haben, Jh kann noch hinzufügei, daß der jeßige Entschluß des Kabinets so bestimmt und unvorgreiflih ist, daß eine zweite Niederlage nah wiederholter Erörterung des ganzen Ge- genstandes eine Abdankung der Minister zur Folge haben würde, troh dem, daß die Debatte eines politischen Charakters ermangelt und die Theilungen des Hauses ohne die gewöhnlichen Unterscheidungen der Parteifarben sind. Wohlunterrihtete Personen sind nun der Mei- nung, daß für das Prinzip der Zehn =- Stunden - Bill sich abermals eine Majorität erklären wird, Jch will indeß niht das Ungereimte und die Nachtheile eines solhen Ereignisses, wie die Auflösung der jeßigen Verwaltung einer Frage wegen, welche keine Partei im Staate als Partei entscheiden oder gar in Ausführung bringen möchte, näher erörtern, denn ih für mein Theil glaube, daß der Versuch Lord Ash- ley's fehlshlagen wird, eine „Zehn - Stunden-Klausel““ in die neue Bill zu bringen, welche die Regierung jeßt nah Zurückziehung der alten vorgelegt hat, Geht aber eine solhe Klausel durch, so möchte ih als ein aufrichtiger Freund der Peelshen Verwaltung eher das

61 Kabinet aufgelöst als das Prinzip der Einmishung des Staats zu Gunsten einer Beschränkung der Arbeit angenommen sehen, ;

Diese Schwierigkeiten indeß verschwinden, wenn man si ihnen nähert und mit ihnen bekannter wird, denn im politischen Leben ist das Unvorhergesehene eigentlich nur das wirklich furchtbare Element,

Die Oster - Ferien kommen jeßt zu einer sehr passenden Zeitz Parlaments-Mitglieder gehen in beträhliher Anzahl nah den Fabrik- Distrikten, um von dem wahren Zustande der Dinge si selbst zu überzeugen, und bei einer Frage, die noch nicht in die eisernen Par= tei-Fesseln gezwängt is, da kann man noch auf gewissenhafte Bekeh- rung, auf Üeberzeugung durch Vernunft und Erfahrung rechnen,

Es ist nothwendig, aber es ist eine üble Nothwendigkeit, daß die Ansichten, welchen man in der Debatte Geltung verschafft, ge- wöhnlih in die äußersten Extreme verfallen, d. i. weit über die Gränzen der wahrscheinlihen Resultate ihrer praktischen Anwendung gehen. So erscheint mir das Argument der Regierung und der Gegner Lord Ashley's, daß das Bestehen des britischen Reiches von dem Zugeständniß einer zwölfstündigen anstatt einer zehustündigen Arbeitszeit für eine gewisse Anzahl von Weibern und Kindern ab= hänge, als eine arge Üebertreibung, Jch zweifle keinesweges daran, daß die Verminderung der Arbeitsstunden gerade den Personen, wel=- hen sie zu Gute fommen soll, großen Schaden bringen muß, aber sofern die allgemeine Wirkung auf die kommerzielle Wohlfahrt Eng= lands oder auf die produktiven Hülfsquellen des Volks in Betracht fommt, so glaube ih, daß dieselben niht mehr dadurh ver= ringert werden können, als ein Wehr oder ein Damm, den man in den Kanal eines Flusses baut, die Strömung des Wassers nah dem Ocean aufzuhalten vermag. Es is nicht wahr ja es is durchaus unwahr, daß die Politik Englands sich auf die selbstsüchtigen und strengen Prinzipien kommerzieller Staats-= wirthschaft gründet. Welche andere Nation hat jemals ihre eigenen Juteressen ihren vermeintlihen Pflichten in dem Maße aufgeopfert ? Es mag gut sein, wie bei der Sklaven = Arbeit, unmittelbare Juter- essen den Rechten der Menschheit und den wahren wohlverstandenen Interessen der Arbeiterklassen zu opfern, aber es is eine schädliche Täuschung, in ein solhes Opfer für immer die Junteressen der Arbeiter= flassen selbs einshließen zu wollen,

Solche Erörterungen werden gegenwärtig an allen Orten mit Lebhaftigkeit geführt, aber es liegt ihnen mehr das Streben nach Aufklärung, als Leidenschaft zum Grunde, und selbs in den Fabrik - Distrikten zeigt sih keine Spur politischer Aufregung.

Uiederlandec.

Noermond, 8. März. (Köln. Z,) Die Verwaltung unserer Stadt hat in ihrer Versammlung am sten einstimmig beschlossen : 1) gegen die Besteierung des Eigenthums zu protestiren, indem Lim- burg nicht gehalten sei, die niederländishen Schulden zu tragen z 2) sich zu weigern, die Personen zur Bildung der im Besteuerungs- geseß bezeichneten Kommission zu wählen.

In der Bittschrift, welche die Limburger an den König gerichtet haben, heißt es unter Anderem: „Das Herzogthum Limburg, als zum deutschen Bunde gehörend , kann und darf nicht als ergänzender Theil Hollands betrachtet werden, weil dem Herzogthum Lasten und Pflichten aufliegen, welhe dur die übrigen Provinzen des Reiches nicht können getragen werden, und mithin die Gleichheit von Vorthei- len und Lasten, welche in Folge des Grundgeseßes der Niederlande für alle Provinzen gleich sein müssen, für das Herzogthum Limburg nicht bestehen kann.“

«*. Aus dem Haag, 3. April. Das Ministerium hat den Sieg errungen: gestern zeigte die niederländishe Staats=Zeitung an, daß die Anleihe gedeckt sei! 126 Millionen Gulden betragen, und der König hat das noh Feh= lende hergegeben, Ehre dem Minister, der vor den unübersteiglih scheinenden Hindernissen niht zurück|chreckte! Herr van Hall hat die Angrisfe der Opposition aller Farben erfahrenz er is ihnen mit Festig= keit entgegengetreten, er hat den stürmischen Ocean der Parteien mit Unerschrockenheit beshifft und mit Recht auf den Patriotismus der Niederländer, den man für erstorben ausgab, so wie auf den guten Willen der Nation gerechnet! Der große Sturm hat \ich gelegt; die Ruhe, welche jeßt an die Ufer der Niederlande zurückfehrt, wird nicht nur dem ganzen Lande nüßen, sondern auch die benachbarten Völker werden die Wirkungen dieses wohlthätigen Zustandes empfinden.

Sobald die Deckung der Anleihe offiziell bekannt war, erließ Se. Majestät eine vom 2. April datirte Proclamation (\. Nr. 99 der Allg. Preuß, Ztg), um Allen zu danken, die an dieser gro= ßen und wichtigen Finanz - Maßregel Theil genommen haben. Se. Majestät hat dies kurze und ergreifende Dokument, das jeder Nieder- länder auswendig weiß und wie ein Siegeslied wiederholt, selbst ver- faßt! Und wel? ein Sieg, der nur das Glück der Nation, ihren Grieden und ihre Wohlfahrt befördert! Verehrung dem Monarchen, dessen weise Voraussicht die Rettung des Vaterlandes der Großmuth seiner edlen Kinder überließ! Ehre dem Minister, der das große Unternehmen, dessen glückliche Resultate sein Scharfsinn vor= hersah, troß aller Hindernisse durchführte! Um Herrn van Hall zu belohnen, hat Se. Majestät der König ihn zum Groß- kreuz vom Orden des niederländischen Löwen ernannt. Die Zukunft, diese große Richterin der Gegenwart, wird dereinst berichten, wie bei einem Volke, das in einen finanziellen Abgrund gestürzt war, ein Miz nister plößlich aus den Reihen der Beamten hervor- und an die Spibe zweier Departements, der Justiz und der Finanzen trat, als Niemand das leßtere Portefeuille übernehmen wollte, und wie eben dieser Mann den einzigen Plan entwarf, der das Land aus der Krisis, worin es die Umstände verseßt hatten, retten konnte!

Was werden die Separatisten in Limburg sagen, die aus allen Kräften gegen die Anleihe eiferten und hon im voraus die erwarte- ten Unruhen in den Niederlanden ausbeuteten? Was werden sie sagen, wenn sie hören, daß die gutgesinnten und die ruheliebenden Limburger einen ansehnlichen Theil zu der Anlêihe beigetragen haben? Die gegenwärtige Anleihe und die künftige Eisenbahn sind nunmehr zwei Quellen, von denen die eine den Wohlstand des Mutterlandes, die andere den des Herzogthums wiederherstellen werden. Die Wirk- lichkeit auf der einen, die begründete Hoffnung auf der anderen Seite, dies ist hinreichend, um die Einwohner zu beruhigen, und sie ohne Furcht einer besseren Zukunft entgegengehen zu lassen.

Belgien.

Brüssel, 5. April. Schon seit langer Zeit hatte man die Nothwendigkeit einer Revision der Geseßgebung über die Entrepots erkannt. Zu verschiedenen Zeiten erklärte das Ministerium des Jn- nern, daß es sih mit diéser Maßregel beschäftige, und die Handels- Direction hatte mehrere Entwürfe zu diesem Zweck verfaßt. Wegen anderer dringenden und rückständigen legislativen Arbeiten konnten diese Entwürfe bisher nit vorgelegt werden, jeßt aber - sheint die Regierung entschlossen, den Gegenstand vör die Kammern zu bringen. Diesmal ist im Finanz - Ministerium, 'in den Büreaus der Zoll - Ver- waltung ein Geseg - Entwurf über ein allgemeines Entrepot-System vorbereitet, und von dem Chef jenes Departements an die Gouver= neure der Provinzen, an die Handels-Kammern und Zoll-Direktoren gesandt worden, um ihre Bemerkungen darüber einzuholen, ehe der

Die Unterzeichnungen hatten

Entwurf definitiv festgestellt wird, Der Moniteur veröffentlicht die minislerielle Arbeit, um im voraus Erörterungen derselben zu veran= lassen. Es wird darin namentlich die Errichtung zweier freien Entre= pots zu Antwerpen und zu Ostende vorgeschlagen, welche vollkommen wie ausländishes Gebiet betrahtet werden sollen; diese Entrepots würden in einer ganz abgesonderten Umzirkung sich befinden, ein Be- frachtungs- und Ausladungs - Bassin und Magazine zur Niederlage eingeführter Waaren enthalten, und der Obhut des Handelsstandes anvertraut sein, indem die Regierung sich nur eine Ober-Aufsicht vor= behalten will.

Das Bulletin officiel vom 26, März enthält eíne Königl. Verordnung, wodur ein Wappen = Kollegium zur Prüfung der Ge- suche um Anerkennung des Adels und zur Bestätigung der für richtig befundenen Ansprüche und Titel errihtet wird,

Brüssel, 7. April, Seitdem die Frage über die Ernennung der Prüfungs-Kommissionen von beiden Kammern im Sinne der fatholishen Partei entschieden worden is, uud das Ministerium #o= weit nachgegeben hat, daß es zuleßt gegen seinen eigenen Geseß=- Entwurf stimmte, glaubte man eine baldige Modification in der Zu= sammensebung des Kabinets erwarten zu müssen, Wenigstens heißt es, daß der fatholishe Einfluß alles Mögliche aufbiete, um Herrn Dechamps mit dem Portefeuille des Junern, an die Spihe des Mis nisteriums zu bringen. Herr Nothomb sollte dann das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten übernehmen, und Herr Goblet, der leßteres jeßt in Händen hat, sich ganz zurücziehen, Andererseits glaubt man indeß immer noch, daß der König diesen Bestrebungen der flerifalishen Partei, wie er es bisher gethan, entshiedenen Wi= derstand entgegensehen werde, Wenn übrigens Herr Nothomb schon vor jener Universitäts-Frage fortwährend vgn der liberalen Opposi=- tion darüber Vorwürfe hören mußte, daß er unter dem Schein der Vermittlung doch eigentlich nur den Interessen der fatholishen Partei diene und ganz von derselben abhängi sei, so is er jeßt natürlich noch weit heftigeren Angriffen und Bes: uldi= gungen von dieser Seite her ausgeseßt, wogegen die katholischen Blät= ter seinem parlamentarischen Benehmen und seinen Reden reihlihes Lob spenden. Aufgefallen is es, daß die Minister Goblet, d'Anethan und Mercier, von denen namentlich der Lebtere früher zu der ent- schiedensten liberalen Partei gehörte, bei den leßten so ernsten und wichtigen Debatten gar niht das Wort genommen haben, ein Still= shweigen, welches auf Seiten der Liberalen eben solchen Unwillen erregt, wie das scheinbare Ausscheiden des Ministers Dechamps, in welchem sie nihts als einen jesuitischen Winkelzug erblicken. Herr Nothomb seinerseits hat sih in seinem Verfahren auf den Grundsaß gestübt, daß die öffentlihe Stimme in den Kammern liege, vor deren Ausspruch, als der Meinung des Landes, jedes Ministerium sih zu beugen habe. Daß er aber aus der Universitäts-Angelegenheit keine Kabinets-Frage gemacht, rechtfertigen die ihn vertheidigenden Blätter dadurch, daß sie erklären, ein Ministerium dürfe sich niht um eines Zufalls willen zurückziehen, sondern nur, wenn das Vertrauen der Kammern ihm durch ein feierlihes Votum entzogen werde,

S panien.

_ Paris, 5. April. Die auf Cuba selb erscheinenden Blät= ter bis 21. Februar thun mit keinem Worte der Aufstände Erwähnung, welche neuerlich auf dieser Jnsel stattgefunden haben, da der General- Capitain ihnen solches nicht gestattet. Nichtsdestoweniger werden die= selben durch Briefe von glaubwürdigen Männern bestätigt, und auch zu Havana selbst is es zu einem ernstlihen Auflaufe gekommen, wozu ein Befehl des General-Capitains Anlaß gab, kraft dessen alle Kaffee= häuser in der Nähe des Theaters Tacon während der Nacht geschlossen werden mußten, mit Ausnahme eines einzigen, das einem Herrn Marti gehört, und der für das ihm gewährte Monopol eíne beträchtliche Geldsumme dem General-Capitain bezahlt haben soll. Das Volk er= hob sich gegen diese Anordnung, und die gegen dasselbe geschickten Truppen scheinen wenig Lust gezeigt zu haben, auf dasselbe zu feuern, vielmehr sah man beide Theile miteinander fraternisiren. Unter den Creolen soll seitdem eine große Erbitterung gegen die Spanier sich bemerklich machen, die leiht zu noch ernstliheren Austritten führen fönnte. Man beschuldigt den General-Capitain O'Donnell der Par= teilichkeit, Habsuht und außerordentliher Willkür, Nach anderen Briefen wären die Unordnungen zwei Abende nah einander vorge= fallen. Am ersten Abende hätten die Soldaten mit Gewalt die Kaffee= häuser geleert, wobei einige Leute verwundet wurden, Am zweiten Abende (20. Februar) wären dann die Soldaten mit geladenen Ge= wehren, die Gegner mit Pistolen und Messern bewaffnet erschienen. Von den Lebteren, die abermals vertrieben wurden, wären Einige verhaftet und ins Gefängniß geführt worden, Der Gesundheitszu= stand hatte sih zu Havana gebessert, die Ausfuhren waren fortwäh= rend sehr zahlreih und die Preise der Waaren etwas gestiegen.

Portugal.

A Lissabon, 26. März. Jn wenigen Tagen wird die Periode, für welhe die Kammern die Suspension aller constitutioneller Rechte und Freiheiten votirt haben, abermals zu Ende gehen, ohne daß die Ausrüstung der Regierung mit der unumschränktesten Gewalt den gehofften Erfolg gehabt hätte. Nah Ablauf eines vollen Monats, seit ein anfänglih kaum über 400 Mann starker Rebellenhaufe untex dem Grafen Bomfim Almeida überrumpelte und sih darin einshloß, hält sih derselbe noch immer dort, ohne daß es den Belagerern ges lungen wäre, dem Plaße von Almeida nahe genug zu fommen, um wenigstens den Rebellen darin den Verkehr mit dem umliegenden Lande abzuschneiden. Der Visconde de Fonte Nova hatte neuerlich noch der Regierung die Ankunft der Brigade des Visconde de Vallongo vor dem Plate angekündigt und versichert, die Blokade sei nun so eng ge- schlossen, daß Niemand mehr aus=- und einpassiren könne, Lider ist aber die Wahrheit, daß es den Rebellen gelungen is, mit allen Lebensbedürfnissen sih so gut zu versehen, daß sie selbst einer län= geren ernstlichen Belagerung, wenn es zu einer solhen kommen sollte, - Trob bieten können, Das blanke Geld, mit welchem Graf Bomfim Alles bezahlt, lockt nicht blos die Leute aus der Umgegend, sondern selbst die waghalsigen Schmuggler aus dem nahen Spanien an, die um theure Preise, und also mit großem Gewinn, selbs Luxusartikel nah Almeida hineinzuschaffen wissen. Ueberhaupt stehen die Truppen der Königin in so respektvoller Entfernung von den Wällen der Festung, daß von einer Blokade im Grunde fast gar nicht die Rede sein kann. Wenn so die Belagerer ihrerseits vor Schaden und Verlust, den man ihnen etwa mit den wenigen brauchbaren Geschüßen von der Festung aus zufügen könnte, gesichert sind, so ist andererseits aber au klar, daß sie auf solbe Weise den Belagerten unmöglich etwas anhäben, oder ihnen auh nur Furcht einflößen können. Die Regierung is dur das zu Stande gekommene Anlehen, worüber ih Jhnen bereits berichtete, in den Stand geseßt, die Bedürfnisse der Operationsarmee in jeder Beziehung zu decken, und sorgt dafür auch nah Gebühr, desungeachtet gelingt es in Folge der Schwaächheit oder Unfähigkeit ihrer Generale nicht, der in den einzigen Plaß Almeida einges{chlo}enen Hyder der Rebellion durch aweckmäbigen Gebrauch der: ihnen zu Gebote stehenden Mittel schnell den Kopf zu zertreten. Das Ministerium wird sih, wie man? fast mit Gewißheit voraussehen kann, géüöthigt sehen, am 31. März, wo die ihm ertheilten unumschränkten Vollmachten zu Ende géhen, von *