1844 / 120 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

ändi alt wir nicht mittheilen mögen, wird der Vorschlag ge- Ain I de Schrift herauszugeben, welche die Jdee des

¡smus zu eiuer gemeinsamen mache, Polen als ein histori= Do Saa tarstelle vab alle slawishen Richtungen fonzentrire. Außerdem solle die Sthrift nah dem katholischen Prinzip redigirt werden, welches jener Reform günstig sei, doch müsse die Tendenz der Zeitschrift anfangs niht zu scharf hervortreten, damit dieselbe allmälig Vertrauen gewinne.

Auslaud.

Deutsche Bundesstaaten.

Bayern. München, 24. April. (A. Z.) Jhre Majestät die Königin wird am 10, oder 11. Mai München verlassen, um sich nah Berchtesgaden zu begeben; Jhre Königl. Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin sind gestern Abend um 7 Uhr im besten Wohl- sein hier eingetroffen. Außer Sr. Kaiserl. Hoheit dem Erzherzog Karl, der mit seinem Sohne Albrecht, dem erlauchten Bräutigam unserer Prinzessin Hildegarde, morgen Mittag hier ankommt, werden au einer heute dur Estaffette eingetroffenen Nachricht zufolge Jhre Kaiserl. Hoheiten der Erzherzog Karl Ferdinand aus Mailand, der Erzherzog Friedrich Ferdinand aus Prag, sowie der Erzherzog Wil- helm und die Erzherzogin Marie aus Wien hier eintreffen.

emem

Medcklenburg=Schwerin. Schwerin, 24. April. (Sch. Z.) Aus den nächsten Umgebungen unseres vielgeliebten Großherzogs sind uns in diesen Tagen wieder mehrfach Nachrichten zugegangen, welche aus Rom bis zum 8ten d. datirten und sich über das Befinden des hohen Reisenden überaus günstig aussprehen. Se. Königl. Hoheit waren gewilligt, nah erfolgtem Abschiedsbesuhe bei Sr. Heiligkeit sich am 9ten d. nah Neapel zurückzubegeben, um sich nah einigem Aufenthalte in Sicilien am 28sten d. von Malta aus nah Konstau- tinopel einzuschiffen. Die Ueberfahrt wird auf einem französischen Dampfschiffe geschehen und hoffte man, nah kurzem Aufenthalte in Syra und Smyrna, am 4. oder 5. Mai in Konstantinopel einzu= treffen, wo Se. Königl, Hoheit etwa drei Wochen zu verweilen, theil= weise diese Zeit jedoch auch zu Exkursionen im Bosporus, sowie nach Vrussa, Troja 2c., zu verwenden gedachten. Der Großherr war durch Vermittelung des preußischen Gesandten, Herrn Lecoq, von dem bevor= stehenden Besuche Sr. Königl. Hoheit bereits benachrichtigt worden. Svweit bis jebt bestimmt, wird der Großherzog auch die Rückreise in den ersten Tagen des Junius wieder über Malta bewerkstelligen und dort die Quarantäne abhalten, womit ein Zeitverlust von mindestens zehn Tagen verbunden sein wird. Von Malta sollte au wieder der Weg über Neapel eingeschlagen, von hier aus aber direkt auf Livorno gegangen werden, und würden Se. Königliche Loheit noch einigen

ufenthalt in Florenz, Genua und Mailand machen, sodann aber

durh die Schweiz nach Deutschland zurückkehren. Nachdem die zweite Hälfte des Monats Julius noch zur Abstattung von Besuchen an verschiedenen süddeutschen Höfen verwendet worden, dürfen wir der Rülkfkehr des geliebten Landesherrn in den ersten Tagen des Monats August eutgegenschen. So wie bisher in Jtalien werden Se, Königliche Hoheit auch auf Jhrer Reise nah Konstantinopel von dem Erbprinzen von Lippe begleitet sein, und gedachte auch der Erbprinz von Schwarzburg-Rudolstadt sich Ihnen anzuschließen.

Freie Städte. Bremen, 24. April, Der hier bestehende evangelishe Verein für deutshe Protestanten in Amerika erläßt in den Yesigen Zeitungen folgende Aufforderung: „Der hüiflose Zu=- stand vieler tausend unserer ausgewanderten Landsleute und Glau- bensgenossen rief vor einigen Jahren unseren Verein ins Leben. Sollten sie niht in den entlegenen Wäldern und Wiesen des Westens ohne Predigt des Worts und ohne Unterricht ihrer Kinder bleiben, oder aus Noth gezwungen werden, zu der römischen Kirche zu treten, so mußte Deutschland sich aufmachen, ihnen zu helfen und ihnen Pre- diger und Lehrer senden. Die wichtige Angelegenheit fand nicht allein unter uns Anklang, es bildeten sh auch in Stade, Hamburg, Dres- den, Elberfeld und Hanau ähnliche Vereine. Wir gingen indeß so- gleich ans Werk, sandten mehrere junge Leute auf unsere Kosten zu weiterer Ausbildung ins Rauhe Haus bei Hamburg, die dort so weit gebraht werden sollten, daß sie nicht allein dem Unterricht der Ju- gend vorstehen, soudern auch die Alten mit Gebet und Gesang, Vor- lesen und Erklären des Wortes Gottes erbauen könnten, Bald zeigte sich au Gelegenheit, studirte und unstudirte Männer auszurüsten und auszusenden. Seit vier Jahren haben wir aht Sendboten hinüber- geschickt, welche in geseguetem Kirchen- und Schuldienst in den Staa- ten Jndiana, Ohio, Mississipi und New-York, einer au in Buenos= Ayres, stehen. Die Unterhaltung jener Jünglinge im Rauhen Hause, o wie die Ausrüstung und theilweise Unterstüßung der Uebrigen, hat indeß unsere Einnahme überstiegen; unsere diesjährige Rehnung schließt mit einem Defizit vou 191 Rthlr, 36 Gr. Und uun müssen wir vier jener jungen Leute: Heinrich Eppens aus Hastedt, Philipp und Adolph

die Königin zwischen zwei Statuen ihres Mannes stehend, an ihren Knieen Töchter und Söhne, ebenso an den Knicen des Königs; zwischen den gro- ßen Riesen stehen Strebepfeiler, mit ungeheuren Hieroglyphen bedeckt, so wie auch. rings um die Façaden ein Kranz von schön LealttGien, riesen- haften Buchstaben sich hinzieht, Das Ganze, am Fels etwa dana Fuß über dem jeßigen Wasserstand des Flusses erhoben, macht einen großartigen und nicht erdrückenden Eindruck, : Aber fast überwältigend, obgleih durch die treffliche und lebendige Arbeit wieder nicht unerfreulich, ist die Façade des großen, von Nhamses selbst dem Götterkönige Ammon Ra und dem Sonnen-Gott Phre erbauten oder vielmehr in die Erde hineingegrabenen Tempels, Da sigen, aus dem Sandstein gehauen, vier gewaltige Statuen des Königs, über 60 Fuß hoch, von Schulter zu Schulter 21 Fuß breit, zwei davon fast ganz sichtbar, eine halb, eine bis ans Knie im Sande vergraben, Wenn ich bei den leßteren auf der Höhe der Oberlippe stehe, so reiche ih mit dem Scheitel bis etwa an die Mitte der Stirn. Und doch is die Arbeit durchaus leben- dig und fräftigz der Kopf, natürlich Portrait, hat einen freundlichen und gemiipahen Ausdruck. Ueber der engen Thür, zwischen den beiden mitt- eren Kolossen, steht eine, ebenfalls riesenhafte Statue des Gottes Phre. Die Verhälinisse sind etwas gedrückt, und lange ‘nicht so rein, wie bei den vollkommensten ägyptischen Statuen, den Memnous-Kolossen; doch machen diese hohen Gestalten in der ernsten und shweigeuden Wüste, an der steilen Felswand, über dem herrlihen Strom den wunderbarsten Eindruck, mag man sie nun, auf den bewegten Wellen heranfahrend, vor sih heran- wahsen sehen oder zwischen und an ihnen herumklettern und wie zu Felsen und Bergen an ihnen heraufblickeu! Nicht minder großartig is der Blick durch die halb offene Thür iu die erste große Pfeilerhalle, die von acht vier- ed en, vorn durch kolossale Statuen des Königs gezie:ten Pfeilern getragen iscpoar erust shquen diese etwas niedrigen, gedrücten Gestalten mit Hir- und Geißel den Beschauer au, mit ebenfalls merkwürdig gut- und a und freundlichem Ausdrudck, als lächelten sie über die Kleinheit Yränktheit derer, die da erstaunt und verwundert vor ihnen stehen,

2, Vou Ed Dahmer, den 24. Janu ; ; ar d. J. vie R "s. Unserer schlechten, mühsam ausgetriebenen Kameele H er, A r i e Wüste fommen : so gelangten wir denn auch erst am orgen des neunlen Tages in Abu Hammed am Nil an, wobei wir die Wüste recht durchgekostei haben. Wix hatten zwar früher \chon Wüste genug

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Conradi aus dem Nassauschen, Wilhelm Schünemann aus dem Han- novershen, da ihre Bildung vollendet is, nah Amerika aussenden. Die Ausrüstung an Kleidern, Wäsche und Büchern erfordert eine bedeutende Summe, und wir wenden uns daher an unsere Mitbür- ger mit der berzlihen Bitte, uns dazu durch außerordentliche Bei= träge unterstüßen zu wollen. Wir hoffen, au bei denen, die bis dahin niht Mitglieder unseres Vereins waren, und welche durch ibre Verbindung mit Amerika oder um der protestantischen Kirhe willen an S wichtigen Angelegenheiten Theil nehmen, feine Fehlbitte zu thun.

° . ° s Oesterreichische Monarchie.

Wien, 20. April. (A. Z.) Der gestrige 51e Geburtstag des Kaisers Ferdinand gab Veranlassung, daß sich die meisten Mit- glieder der Kaiserlichen Familie aus Böhmen, Mähren, Ungarn und Steyermark hier einfanden, um Se. Majestät ihre Glückwünsche dar= zubringen. Die Bürger Wiens begingen diesen Festtag, wie gewöhn= lih, durch einen feierlihen Gottesdienst in der Metropolitan =- Kirche zu St, Stephan unter Paradirung des Bürger-Militairs. Die -Gar= nison war unter dem Befehl des Feldmarschall - Lieutenants Prinzen von Wasa zu einem Feldgottesdienst auf dem Glacis der Stadt in Parade ausgerückt, welhem der Erzherzog Franz Karl und der gegen- wärtig hier befindliche s{chwedische General von Hjerta 2c. beiwohnten, und nach dessen Beendigung sämmtlihe Truppen vor Sr. Kaiserl. Hoheit und deren hohem Gefolge defilirten. :

Die Krankheit des jungen Erzherzogs Franz Joseph verläuft vollkommen regelmäßig, und i} bereits im Abnehmen.

Die Wiener Zeitung publizirt in ihrem Amtsblatt vom heu- tigen Tage nun auch den mehrbesprochenen Postvertrag mit Preußen, wodurch der Frankirungszwang gegenseitig aufgehoben, und die Porto- Beträge merklih ermäßigt werden.

Wien, 22. April. Heute früh is Se. Kaiserliche Hoheit der Erzherzog Albrecht, in Begleitung seines Vaters, des Erzherzogs Karl, von hier nah München abgereist, um daselbst seine Vermählung mit Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Hildegarde zu feiern,

Russland und Polen.

IKVarschau, 25. April, Se. Kaiserl, Hoheit der Großfürst Thronfolger und dessen Gemahlin sind heute früh aus Deutschland hier eingetroffen, und haben ihren Aufenthalt im Palast Lazienski genommen,

Era e270.

Pairs-Kammer. Sißung vom 22. April. Da man in den neueren Bewegungen unter dem hohen Klerus von Frankreich, insofern dieselben auf vollkommene Freiheit des Unterrichts gerichtet sind, das Bestreben erblicken will, die Erziehung und Bildung der Jugend wieder in die Hände der Jesuiten zu hringen, #o war auch ein großer Theil der Rede des Herrn Cousin, als Vorkämpfers der Universität und der Philosophie, gegen jenen geistlihen Orden ge- richtet, dessen Geschichte und Charakter der Redner in folgender Weise schilderte :

„Jm 16ten Jahrhundert bedurste die Kirche gegen neue Gefahren neuer Justitutionen, Der Dominikanerorden, der Franziskanerorden hatten ihre Zeit gehabt; sie bestanden noch; sie lebten nicht mehr. Die Kirche, stets unerschöpflich, brachte aus ihrem Schoße in der Mitte des 16ten und zu Anfang des 17ten Jahrhunderts (1540 und 1612) zwei neue Orden hervor, die während eines Zeitraums von 200 Jahren eine große Rolle in der Geschichte des öffentlichen Unterrichts in Frankreih gespielt haben z der eine dieser Orden, allgemein, ohne Vaterland außer der Kirche, ihrer Vertheidigung gewidmet und stets bereit, sih dahin zu begeben, wo es ihr Dienst fordert, nah Paris oder nah Peking, an den Hof oder in die Wüste, auf die Kanzel oder zum Märtyrerthumz der an- dere, ausschließlih französisch, der gallikanischen Kirche unterworfen, einge- führt zu dem bestimmten Zweck, Lehrer zu bilden für Seminarien und Gymnasienz zwei Congregationen, die bald Nebenbuhler und Feinde wur- den: die eine, geboren zum Krieg, die Flamme der Zwietracht aller Orten anschürend zur Erhaltung der sie auszeichnenden Ei- genschafteu: Beharrlichkeit und List; die andere, aufgekommen nach den großen Stürmen des sechszehnten Jahrhunderts, nur bedacht auf Herstellung der Ordnung, voll Eifer, aber auch voll Mäßigung, nicht unfähig, mit Vortheil, ja mit Glanz, in der Welt und auf der Kanzel aufzutreten, aber vor Allem die Zurückgezogenheit und das Stu- dium liebendez die eine, {on durch den Geist ihrer Justitution zu ciserner Disziplin, zu unbedingtem Gehorsam verurtheilt, allzusehr be- müht, ihre Zwecke zu erreichen, als daß sie hätte bedenklih sein fönnen bei der Wahl ihrer Mittel, entschiedene Feindin jeder Ten- denz zur Prüfung, durch Natur und Gewohnheit zu blinder Hinge- bung geneigt und zum strengsten Halten an ihrer Regel verbunden; die andere im Gegentheil eine Freundin der Auftlärung und gemäßigten Freiheit, gern Literatur und Philosophie mit theologishen Strebungen ver- mischend, ein Verein frommer Männer zur Uebung christlicher Liebe, von Bossuet treffend bezeichnet als eine Gesellschaft, wo man gehorcht, ohne ab- zuhängen, und regiert, ohne zu befehlen. Wer ertennt nicht die Väter vom Oratorium und die Väter Jesuiten? Die Jesuiten, geborene Eroberer, be- ginnen mit wunderbaren Thaten. Gleich mit dem ersten Schritt verbreitet sich der Orden über ganz Europa und bis in die fernsten Weltgegenden,

gesehen, mehr als sonst alle Reisenden, die bis zur zweiten Kataraklte gehen z

wir hatten ja bei den Pyramiden Monate lang darin gelebt, aber doch immer nach einer Seite ganz in der Nähe bewohnter, fruchtbarer Ortez hier waren wir zum erstenmale in der weiten, dem Auge ganz unendlichen Ein- samkeit, wo man nach allen Seiten Tagereisen weit zu wandern hatte, um menschlihe Spuren zu finden, Einförmig aber is sie nicht; oft von Gebir- gen durchbrochèn , is sie durch Form und Farbe vielfältig belebt und, nach den Tageszeiten wechselnd, selbst mannuigfaltig, Die beiden ersten Tage ging es durch enge Thäler eines wilden Sandstein - Gebirges, dann auf einer großen, weiten, sanft ansteigenden Ebene, wo wir nur ferne Gebirge sahen; am Mittag des vierten Tages erreichten wir die großen vulkanishen Massen des Gebirges Nostz auf diesem Boden wirken die einzeln und unregelmäßig fallenden Regen doch so viel, daß sich in den Thälern eine ärmliche und doch dem Auge erquicklihe Vegetation von dürren, dornigen Akazien, sogar hier und da von Duma- Palmen bildet, Schon am 7ten Morgen zeigte man uns in blauer Ferne das Gebirge von Abu - Hammed; wie froh ríe- fen am Sten Tage unsere Araber; Morgen am Nil! Und wie leuhteten uns am 9ten früh in hellem Sonnenschein seine Fluthen entgegen! Hier, am östlichen Ufer, tritt die Wüste bis unmittelbar an den Fluß z die wenigen Hütten des Dorfes vermehrten nur den Eindruck der De- solation aber wie erquidlih leuhtete uns gegenüber eine reihe, grüne Insel, mit üppigem Pslanzenwuchse ! wie erfrischend war ein Trunk aus den fühlen süßen Fluthen, nachdem wir eine Woche lang in jedem kärglich zu- emessenen Tropfen das Leder unserer Schläuche mitgeshmeckt hatten ! Auf dem Wege waren uns mehrere Karavanen und Heerden von Kameelen begegnet, welche Mehmed Ali hier im Süden auffgufen läßt, um sie in Aegvpten zu vertheilen; wie langsam näherte sich eine solhe Karavane, wenn wir sie fern am Horizonte geschen hatten aber war man erst bei einan- der vorbei, wie rasch entfernte man sich von einander! Geier, Adler, Ra- ben zeigten sih häufig; im Sande die Spuren von Hyänen und Füchsen, die zu den unzähligen Kameelleichen hinführten, an denen man fast hätte den Weg finden können ; einmal zählten wir vierzig solcher Gerippe in we- niger als einer halben Stunde.

n Abu Hammed früh angekommen, ruhten wir den Rest des Tages und brachen dann am 17ten Morgens wieder auf mit unseren Kameelen und Führern, Unser Hauptführer war ein Ababdeh-Neger, von dünnem aber [Ee Körperbau , mit \harfen ausdrucksvollen Zügen; das Haar hing n unzähligen kleinen Flechten, wie eine große Perücke, um seineu Kopfz

Die Jesuiten haben ihre Heiligen, ihre Gelehrten, ihre Helden, ihre Märtvrer: das ist ihr erstes Jahrhundert, ihr unvergänglicher Ruhm. Dann streben sie aus Lei- den und schwerer Erfahrung zur Herrschaft, erscheinen an den Höfen, verfügen über die Mächte, erdrücken ihre Feinde, führen den Pflug über die Trümmer von Port-Noval, säen Schrecken und Furcht; das is ihr zweites Zeitalter, nüßz- lih und s{ädlich zuglei, voll abscheulicher Doktirinen neben reincn Cha- rakteren , der edle Bourdaloue zur Seite jener verfolgungssüchtigen Beicht- väter Ludwig's X1V. Ju ihrer leßten Zeit ist ihnen von den großen Eigen- schaften der früheren Epochen nichts geblieben, als das hartnädige Beharren, nach Erhaltung einer Gewalt zu streben, von der sie keinen edlen Gebrauch mehr zu machen wußten; ihr Feuereifer stimmte sih herab zur Ränkesucht ; als sie 1764 aus Frankreich vertrieben wurden, hatten sie keinen Gelehrten mehr vom ersten Rang, keinen einzigen ausgezeihneten Schriftsteller; selbst ihr Talent zum Jugend-Unterricht, das man bis zum Lächerlichen übertrieben hat, war verschwunden, Jhr Genie für die Erzichuung bestand von jeher nur in wirklicher oder angenommener Gutmüthigkeit, mittelst welcher sie sich in die Seelen und Gemüther einshmeichelten, so wie in dem Scharfsinn, den Beruf und die Neigungen ihrer Zöglinge zu entdeckenz ihr Schulzucht- System war offenbar mangelhaft; das erste Prinzip einer Disziplin, die auf Erhebung, nicht auf Herabwürdigung der Charaktere ausgeht, besteht immer in der strengsten Nechtlichkeit aller gebrauchten Mittel, so daß aus der Anwendung der Regel jedesmal eine lcbendige Sittenlehre wird, Die jesuitishe Schulzucht stühte die Lehrkanzel auf den Beichistuhl und breitete über die ganze Unterrichts - Anstalt das Ney einer geheimnißvollen Polizei aus, die 1hre unbewußten Werkzeuge oft in den Zöglingen zu finden verstand, Traurige Lehrzeit für die Jugend cines freien Volkes! Die Studien hat- ten in den Jesuitenschulen nie einen männlihen Charakter; das gründliche Wissen wurde dem angenehmen geopfert. Wer kennt nicht die verschiedenen Glückswechsel der Gesellshaft Jesu? Bald aufgenomnten, bald verjagt, heute wicdergerufen, morgen von neuem ausgetrieben, ward sie zuleßt, vor nun 70 Jahren, von einem Schlage getroffen, der der leßte zu sein schien, aber nicht der leßte war, Heinrich IV. war es, der die Jesuiten aus Frauk- reíh verbannte und sie doch später, den Widerstand des Pa1laments nicht achtend, wieder zuließ, Warum wohl? Fragt nur Sully! Weil er fürchtete, vergiftet oder ermordet zu werden; das sind des Königs eigene Worte, Heinrich 1V., stets von Komplotten umgeben, glaubte Sicherheit zu erlangen, indem er Jean Chatel's Anstifter mit Wohlthaten überhäufte. Jst er nicht denno unter Navaillac's Dolch gefallen? Niemals jedoch hat Hein- rich 1V. den Jesuiten das Necht, die Jugend zu unterrichten, ertheilt ; erst nach seinem Tode entriß der Orden den schwachen Händen der Regentin, Maria von Medicis, was der König verweigert hatte, eine Urkunde nämlich, die den Jesuiten das volle Recht, Schulen zu halten, einräumte. Das Par- lament will das Patent nicht eintragen; die Jesuiten aber wenden sih an den Hof, und durch höchsten Beschluß vom 15, Februar 1618 wird ihr Gymnasium zu Clermont mit den Unterrichts - Anstalten der Universität von Paris auf gleichen Fuß gesezt. Aber auch dann noch unter welchen Bedingungen? Die Jesuiten sollen öffentlih austreten ge- gen die politischen und moralishen Dofktrinen, welche von ein- zelnen Gliedern des Ordens gepredigt wurden, und sich verbindlich machen, die Aussprüche der Sorbonne und die Lehre der gallikauischen Kirche in Allem, was sich auf die geheiligte Person des Königs beziche, an- zuerkennen, auch sich nach den Geseßen und Gebräuchen der Universität zu richten. Niemand dachte zu jener Zeit an ein natürlihes Recht, Unterricht zu ertheilen; Niemand sah in dem Halten von Schulen eine Privat-Jndustrie ; die Ermächtigung, Unterrichts-Anstalten zu begründen, wurde den Jesuiten zugleich als eine Gunst und als eine Last bewilligt; man stellte ihnen Be- dingungen, die sie eingingen, aber freilich gar oft unbeachtet ließen,“

Der letzte Theil der Rede des Herrn Cousin war vorzüglich der Vertheidigung der Universität gegen die ihr in der Polemik des Kle- rus gemachten Vorwürfe, daß sie die Religion in den jugendlichen Gemüthern untergrabe, und dem Lobe des in den Colléges ertheilten Unterrichts, so wie seines Einflusses auf die Jugend, gewidmet, Die Universität hat, der mit aller Entschiedenheit ausgedrücften Ueberzeu- gung des Redners zufolge, das Ziel, welches ihr gesteck war, er- reiht, nämlich: die Entwickelung der Jdeen des 19ten Jahrhunderts dur einen dem Geiste der Zeit angepaßten Unterricht. Der Redner ist der Meinung, daß der Unterricht in der Philosophie in deu Se- fundärshulen beibehalten werden müsse, und daß dieser Unterricht, obwohl voll Ehrfurht gegen alle vom Staate anerkanuten Religio= nen, nit einer derselben ein Monopol einräumen dürfe, Herr Cousin bemerkte in dieser Hinsicht:

„Man macht sich eíne selisame Vorstellung von dem Unterrichte der Universität; dort heißt es, sie unterstüße die platonische Philosophie, dort, sie vertheidige aristotelische Grundsäße; wieder Andere behaupten, daß sie die Ideen der Descartes, Bacon, Kant, Laromiguiere, Royer-Collard lehre, Nichts von allem dem is wahr, Die Universität will vor Allem den Geist ihrer Zöglinge heben durch moralische Maximen, durch Beispiele, welche zum Guten führen, durch weise Ansichten, welche die Begriffe von Necht und von Unrecht bestimmen. Strenger noch als die Nestauration, strenger als Herr Noyer - Collard, als der Bischof von Hermopolis selbst, wachen wir mit äußerster Sorgfalt darüber, daß keine irreligiöse oder unmoralishe Ansicht das Herz und den Geist der Zöglinge verführe. Und doch will man diese Wahrheiten nicht anerkennen, und doh verlangt man die Zer- störung der Universität! Jhr wollet sie stürzen? Nun, angenommen, Eurem Wunsche würde genügt, was wäre dann die Folge? Bald würden, unter dem Schirme der vollständigen Unterrichtsfreiheit, die Jhr fordert, ka- tholische, protestantische, jüdische und andere Schul - Anstalten entstehen und schon von ihrer Jugend an die Bevölkerungen trennen, die sich fliehen, sich gleichsam gegen einander abschließen würden, Dann würde jene glüliche Vermischung, welche die Universität mehr und mehr zu Stande zu bringen stets gestrebt hat, bald wieder vershwinden und mit ihr auch jene große Tugend, welche die Stärle und die Einheit der Nationen ausmacht, jene Tugend,

in Abu Hammed sah er plöglich ganz verändert, wie ein Greis aus, weil

er sich das Haar dort nun mit weißem Fett eingeschmiert hatke. „Auf die- sen Kopfpuß wenden sie unendlich viel Zeit und Mühe, Ein Mäntelchen von groben Leinen eher ein langer Shawl zu nennen lvußte er sehr geschmackvoll umzuwerfenz bewaffnet war er mit Schild und Lanze. Die anderen waren zum Theil Barabra oder Nubier, mit langen geraden Schwertern bewaffnet; zum Theil halb nate Männer aus der südlichen Provinz Berber (in der wir jeyt sind) mit fast wolligem Haar und ganz asri- fanischer Physiognomie. Die Neise von Abu Hammed weiter ging in der Nähe des Flusses, der bald ein paar hundert Schritt, bald ein pag! Stunden entfernt blieb; der Nand der Wüste war mit Akazien und Duma - Palmen in malerischen Gruppen bedeckt, Mittags und Abends waren wir fast immer am Fluß und ín der Nähe eines Dorfes, wo wir unker einem der großen Bordä-

A / orn tenz die Dörfer liegen oft cher, die sih vor vielen Häusern finden, ausruhten; l

i ' ¡e Häuser malerisch unter Bäumen zerstreut, die Leute sehen sehx HUb/ , die Häuser maar) fehr dunkelbraun, mit wenig oder

utmüthig nicht sehr intelligent aus, l j | I r pt Baar das Ganze machte immer einen sehr pa- triarchalishen Eindruck, weit mehr als in Acgypten, Am Sonntag den

M rae N. vir El Mefkkeyrif, die Hauptstadt der Provinz Abe: Morgens la Bazar hat, und cine Art Stapelplay für indische Waaren bildet, die über Savakim hierher kommen, aber sonst frei- lih nur ein Hause von Hütten ist, Am Montag Mittag reisten wir wieder mit unseren Kameelen von da ab, da wir keine Barke gefunden es waren alle nah Kartum, um Munition 2c, für eine Kricgs - Expedition nach Osten hierher zu bringen. Seit Dienstag Morgen befinden wir uns hier, und hoffen morgen zur Weiterreise (nach Assur, Schendi, Unga, Me- saunat, Kartum, Madera, Soba) eine Barke zu bekommen,

Mit dem nächsten Briefe werde ich Jhnen von den Wundern der Stadt Meroe berichten, von welcher wir nur zwei Tagereisen entfernt sind. Die wissenschaftliche Ausbeutung dieses berühmten Ortes, und die Feststellung des Alters ihrer Denkmäler, so wie ihres Verhältnisses zu Aegypten is, wie Sie wissen, von unserem Könige uns ganz besonders aufgegeben, Wir fühlen uns glücflich, jeßt hoffen zu dürfen, diesen aus den Bedürfnissen der europäischen Wissenschaft geschöpften Königlichen Gedanken nun bald der Verwirklichung näher zu bringen,

welche wir die Liebesgesiunung des Patriotismus nennen wollen, jene erha- bene Tugend der Toleranz ! ‘“

Der Redner zählte dann die Dienste auf, welhe die Universität der Gesellschaft leistet, indem sie deren moralische und soziale Erzie- hung befestigt, und erinnerte daran, sie sei es, durch welche die Söhne der unbefanntesten Familien den nämlihen Unterricht erhielten, wte die Söhne der Großen und der Könige selbst, so daß sie auf die glücklichste Weise jenen Grundsaß der Gleichheit in Anwendung bringe, welcher in die Sitten Frankreichs eingedrungen sei und jeßt in seinen Institutionen herrsche.

„Was die Organisation und die Neglements der Universität anbetrit““, fuhr der Redner fort, „so datiren sie allerdings aus der Zeit des Kaiser- reichs herz sie wurden aber auh von der Restauration beibehalten und seit 1830 nicht ges{wächt, sondern im Gegentheile noch mehr befestigt. Der Religions-Unteiricht zog stets und überall die Aufmerksamkeit der Universität auf sihz so oft man von den Bischöfen unterrichtete Lehrer für denselben crhalten fonnte, nahm man sie, waren sie auch nit graduirt, zur Unterwei- sung der Dogmen und der Morallehre der Religion in den Schul- Anstalten an. Sie hat also dem großen Gedanken, welcher sie geschaf- fen, in allen Beziehungen entsprohen. Wenn die Universität nur dazu da wäre, Griechisch, Lateinisch, Mathematik und Philosophie zu lehren, dann würden wir nicht mit solhem Nachdruck, wie wir es thun, sie, ibr Wirken und ihr Streben vertheidigen; wir unterstüßen sie aber und wollen sie aufrecht erhalten, namentlich deshalb, weil sie, indem sie denselben Un- terricht, dieselben moralischen und politischen Grundsäße allen Mitgliedern der Ges-llshaft ertheilt, dahin trachtet, jene so nübßliche, jene dem Leben eines großen Staates so nothwendige Einheit herbeizuführen und festzustellen.“

Namentlich aus Rücksihtnahme für diesen Grundsaß sprach sih Herr Cousin auf das entschiedenste gegen den Artikel 17 des Geseß- Entwurfs aus, der den kleinen Seminarien Vortheile und Privilegien einräumt, welche, wie er sagte, die Kontrole höchs ershweren und das Auge des Staats verhindern würden, in das Junere dieser geistlihen Schul- Anstalten einzudringen, Herr Cousin erklärte, wenn man diesen Arti fel fallen lasse, so wolle er für den Entwurf stimmen.

Deputirteu-Kammer. Sißung vom 23. April. Auch heute wurde die allgemeine Diskussion des Geseß-Entwurfs über die Gefängniß =Reform noch nicht geschlossen, und die Debatten haben bis jeßt fein bedeutendes Resultat ergeben. Der Marquis von La- rochefoucauld =- Liancourt und Herr Carnot sprachen gegen den mini= steriellen Entwurf, der dagegen von Herrn Gustav von Beaumont, der selbs auf einer Reise dur die Vereinigten Staaten die daselbst nah dem pennsylvanishen und nah dem auburnschen Systeme einge- rihteten Gefängnisse kennen gelernt hat, mit aller Kraft der Ueber- zeugung vertheidigt wurde, Herr Carnot berief ch{ch auf die Schil derungen, welche Boz (Dickens) in seinen Reise - Berichten über Amerika von den Folgen des pennsylvanishen Systems entworfen, wonach dasselbe eine vollständige phvysishe und in telleftuelle Schwächung der Sträflinge verursahe. Dagegen bemerkt das Journal des Débats, es ziehe die Ansichten der Herren Vemeß, von Tocqueville, von Beaumont, Crawford und Dr. Julius, welche die Frage an Ort und Stelle studirt, den Reise - Eindrücken eines englishen Roman-Shriftstellers vor, der einzigen Autorität, auf welche die Gegner des Geseß-Entwurfs sih zu berufen wüßten , und es sei überzeugt, daß in den pennsylvanishen Gefängniß- Anstalten die Sterblichkeit niht größer, die vorkommenden Fälle von Wahusinn nicht häufiger seien, als in denen des auburneshen Systems und in den gewöhnlichen französischen Gefängnissen, wie dies auch aus den von Herrn von Beaumont der Kammer vorgelegten Dokumenten her= vorgehe.

Paris, 24. April. Briefe aus Dreux vom 22sten melden, daß der König bei seiner Ankunft in dieser Stadt mit dem lebhaf testen Enthusiasmus empfangen wurde, Der König hielt Revue über die National-Garde. Am Abend war Diner im Schloß. Durch den Telegraphen hat die Regierung die Nachricht von der Ankunft des Herzogs von Montpensier zu Marseille erhalten. Der Prinz wird zwei oder drei Tage dort verweilen und sih dann nah Paris begeben, um dem Namensfeste des Königs beizuwohnen.

Der Commerce will aus guter Quelle erfahren haben, daß Herr Guizot an die verschiedenen italienischen Regierungen, mit Aus- nahme des Herzogs von Modena, eine Note folgenden Jnhalts habe richten lassen: „Die französishe Regierung is entschlossen, ein poli- tisches System zu befolgen, welhes den Aufwieglern in Jtalien jede Hoffnung nehmen muß, jemals von Frankreich die materielle oder auch nur die moralische Unterstüßung, welche ihnen vielleiht noch Täuschun- gen macht, zu erlangen. Alle Flüchtlinge, alle Häuptlinge der Be- wegungen in Jtalien müssen sh für gewarnt halten.“

Fo Paris, 24, April. Jn der Pairs-Kammer nahm heute Herr Rossi zuerst das Wort, Die Frage, um die es sich handle, sei so wichtig, sagt er, daß es Verblendung seinerseits wäre, sie auf künstlihe Weise verkleinern zu wollen, Er wolle sie prüfen, so wie die Charte sie gemacht habe, unter mehreren Gesichtspunkten, Sie sei nicht neu, sei {on bei Anlaß der Frage der Freiheit der Presse gelöst worden, dur die Entscheidung, daß es keine öffentliche Freiheit geben könne ohne Bürgschaft, Man habe Belgien als Muster ange= führt, aber man hätte damit warten sollen, bis Belgien ein Blatt in der Geschihte einnehme. Jn der moralishen Ordnung der Dinge gebe es drei analoge Arten von Freiheiten: die Freiheit der Presse, die Freiheit des Gewissens und die Freiheit des Unterrichts, Die Freiheit der Presse sei, seiner Ueberzeugung nach, die nothwendigste, sie sei in der That weit weniger gefährlich, als die Freiheit des Un terrihts, Die Presse, die sih heute verirre, fönne morgen von der öffent= lihen Meinung zurückgewiesen werden, je mehr sie sich verirre, desto mehr shwäche sie sih, Der Unterricht besibe im Gegentheil feines dieser Zurechtweisungsmittel, und deshalb könne er unbeschränkt frei gefähr licher werden, als die Preßfreiheit. Die firhlihe Partei habe sich getäuscht über das Resultat des von ihr mit der Universität unter= nommenen Kampfes. Sie habe geglaubt, Frankreich könne ein großes Seminar werden, und die unbeschränkte Freiheit des Unterrichts, die sie verlange, sei in der That nur ein ausschließliches Privilegium für die Kirche, Ohne der rechtmäßigen Autorität der Familienväter etwas zu nehmen, müsse man doch nicht ein unbegränztes Vertrauen in die väterliche Leitung haben. Man lasse die Universität mit starker Hand die Freiheit des Unterrichts leiten, und man werde die Schulen sich vervielfachen, den Unterricht sich ausbreiten sehen mehr und mehr, Dann werde ein ehrenhafter Kampf zwischen dem öffentlichen und Privat -Unterriht Plab greifen, Die Universität könne wohl einige Köpfe verlieren, aber durch ihre Bemühungen und in Folge der Aufhebung der privilegirten Schulen werde sie dieselben bald wieder gewinnen. Die Universität habe weder faktisch noch rechtlih bei der Sache etwas zu thun, der Kampf sei nicht zwischen den öffentlichen Freiheiten und der Universität, sondern zwischen den Freiheiten und dem Rechte des Staates, welches dieser wohl beschränken wolle, aber nicht aufgeben. Der Redner hält der Universität eine glänzende Lobrede, und fährt dann fort; Der Klerus wünsche Unterricht zu ertheilen, das sei ganz natürlih ; daß die Männer, welchen nah Er- füllung ihrer Pflichten als Priester noh einige Zeit übrig bleibe, solhe zu Unterricht verwenden wollen, begreife er vollfommen. Aber ein {werer Irrthum wäre es, sih einzubilden, daß die Eigenschaft als Priester heutzutage genüge, um \s\{ch aller menschlichen Dinge

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Meister zu machen, jeder Versuch dieser Art würde unfehlbar zu einer für alle Welt s{limmen Reaction führen. (Die Sibung dauert fort.)

Jn der Deputirten-Kammer sprach bei Fortseßung der Debatte über die Gefängnisse zuerst Herr Leon de Malevile ge- gen den Geseß= Entwurf, Er sagt, den von den Herren Gustave de Beaumont und Tocqueville angeführten Autoritäten zu Gunsten des Pönitentiar-Systems könne er eine Menge anderer entgegenstellen, die demselben entgegen seien; er führt in der That eine lange Reihe von deutschen, englischen und italienishen Schriftstellern an, die gegen das- selbe s{hrieben. Doch verlangt er niht die Verwerfung des Gesebes, sondern will nux seine Zweifel ausdrücken. Nachdem er geendet, nahm der Minister des Jnnern das Wort, das Geseß zu vertheidigen, Die Sizung dauert unter tiefer Stille fort.

m Paris, 23. April. Ludwig Philipp damit beschäftigt is, seine Familien - Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Bei seinem neulihen Ausfluge nah Eu, hat er an seiner leßten Willenserklärung mehrere wichtige Zusäße und Aenderungen gemacht, zu welchem Ende einer der erfahrensten Rechts- ANonusulenten damals nah Eu beschieden worden war. Jett is der König nah Dreux abgereist, um seine eigene Grabstätte dort zu be-

uchen, Nach dem unglücklichen Tode des Herzogs von Orleans hat der König dieCrweiterung der unterirdischen Gruftkapellevon Dreux angeord Met, Seit zwei Jahren wurde anhaltend daran gearbeitet und das Werk schreitet seiner Vollendung entgegen. Der König hat für sich und seine Gemahlin eine Grabstätte zwischen dem Herzoge von Orleans und der verstorbenen Prinzessin Marie sich ausgewählt, welche er gestern beslhtigte, und von wo er morgen wieder in den Tuilerieen

einzutreffen gedenkt,

__ Nah der Democratie pacifique behaupten heute auh der Constitutionnel und das Journal du Häâvre, das Kabinet wäre zu dem Entschlusse gekommen, die von Herrn Dupetit-Thouars vorgenommene Besibnahme von Otaheiti faufrecht zu erhalten. Nach der Angabe der beiden lebteren Blätter soll die Theilung der Insel Haiîti zu Gunsten Frankreichs und Großbritaniens der Preis wer- den, unter welchen England die Rehtmäßigkeit der Besißnahme der JZnsel Otaheiti anerkennen würde. Jch habe Jhnen bereits bemerkt, daß, obwohl dergleihen Gerüchte niht ohne große Vorsicht angehört werden dürfen, denselben wenigstens so viel Wahres zum Grunde liegt, daß in Betreff der Angelegenheiten von Otaheiti höchst wih- tige Unterhandlungen so eben eingeleitet worden sind, \o daß die Kammer es für rathsam findet, erst nah der Diskus sion des neuen Pöniteutiar = Geseßes die begonnenen Ju- terpellationen über die otaheitishen Ereignisse fortzuführen. Die Opposition selbst erkennt, daß wenn se dem Kabinet gestatten will, eine Diversion in der bisherigen Politik in Betreff von Otaheiti vorzu- nehmen, sie dem Herrn Guizot die Zeit gönnen muß, mit dem Kabi- net von St, James die nothwendige Rücksprahe zu nehmen. Da morgen oder übermorgen Herr Felix Real seinen Bericht über die Supplementar-Kredite einbringen wird, so werden die darüber zu be- ginuenden Debatten der Opposition eine erwünschte Gelegenheit darbieten, die auswärtige Politik des Kabinets zu bekämpfen, und die otaheitischen Angelegenheiten abermals zur Sprache zu bringen, was jedoch erst nach der Diskussion des Pönitentiar=Geseßz-Entwurfes, also in etwa 12 bis 15 Tagen stattfinden kann, Bis dahin wird es Herrn Guizot möglich sein, zu wissen, was er in London zu erwarten hat, um darnach seine Antwort auf die neuen Juterpellationen wegen Otaheiti einzurichten. J

Um zur besprochenen Theilung der Jusel Haiti zurückzukehren, ist es faktish, daß die leßten Nachrichten aus Port au Prince das Kabinet der Tuilerieen bestimmt haben, eine Escadre ausrüsten zu lassen, die nah jenen Gewässern unverzüglich absegeln wird, um in vorkommenden Fällen die Juteressen und Ansprüche, welche Frankreid) dort geltend zu machen hat, aufrecht zu erhalten. Es is kaum an- ders zu erwarten, als daß England seinerseits die britische Station vor der Jnsel St, Domingo vermehren wird, um nöthigenfalls mit grankreih gemeinschaftlih dort interveniren zu fönnen,

Man erwartet vor Ende der laufenden Woche die Herzogin von Kent in Paris, welche ein paar Wochen gu unserem Hofe zuzubrin- gen gedenkt, bevor sie nah Deutschland eine längere Reise unternel- men wird, Ludwig Philipp hat das Palais de l’Elysée Bourbon zumEmpfange der erlauchten Reisenden einrichten lassen, Man spricht von eínem glänzenden Feste, welhes Ludwig Philipp der Herzogin zu Ehren in Versailles zu geben gedenkt. N

Grossbritanien und Irland.

_ Unterhaus. Sibung vom 23, April, De. Bowring richtete heute sogleih zu Anfang der Sibung seiner gestrigen Ankün= digung zufolge die Frage an den Premier-Minister, ob die Regierung offizielle Kenntniß von einem Vertrage habe, der kürzlih zwischen den Vereinigten Staaten und dem deutschen Zoll - Vereine abgeschlossen worden sei, wonach künftig die Erzeugnisse der beiden Kontrahenten nah den Grundsäßen eines Vorzugs-Zoll-Systems gegenseitig zuge-= lassen werden sollten, Er habe namentlih gehört, daß der deutsche Zoll = Verein die amerikanishe Baumwolle und andere Artikel zollfrei, den amerifanischen Tabak statt wie bisher für 57 für 4 Rthlr, zu- lassen, amerikanische Strumpfwaaren nicht höher als mit 20 pCt. des Werthes belasten und den Zoll von mehreren Artikeln niht höher als auf 10 pCt, stellen würdez die deutschen Fabrikanten erhielten dadurch einen großen Vortheil vor den britishen, und er frage deshalb, was die Regierung zum Schuße der britischen Jnteressen zu thun gedenke.

Sir R. Peel; Die Angaben des ehrenwerthen Mitgliedes sind im Wesentlichen rihtig. Ein Vertrag is zwischen Preußen, das für den Zoll- Verein handelt, und dem Repräsentanten der Vereinigten Staaten abge- schlossen worden, welcher die Herabsezung gewisser Zölle stipulirt, Aber ich kann nicht dem Beispiele des ehrenwerthen Mitgliedes folgen und sagen, daß ein Vorzugs-Zoll-System eingerichtet worden is denn ich will nicht ein neues Wort einführenz im Gegentheil, ih muß mich einer solchen Be- zeichnung widerseßen. Jch glaube, das ehrenwerthe Mitglied hat den we- sentlichen Juhalt des Vertrags richtig angegeben, aber ih muß bemerklich machen , daß derselbe noch uicht ratifizirt is. Der Vertrag muß aber, um die Ratification zu erhalten, die Zustimmung der Regierung der Vereinig- ten Staaten und zweier Drittheile des Senats haben.

Herr Labouchere: Jch glaube, daß in Gemäßheit der zwischen den Vereinigten Staaten und England bestehenden Verträge, die ersteren nicht berechtigt sind, die Erzeugnisse des deutschen Zoll-Vereins oder irgend eines anderen Landes unter günstigeren Bedingungen zuzulassen, als welche für die Produkte und Fabrikate Englands bestehen. Jn diesem Falle müssen deshalb meiner Meinung nach alle Zoll-Neductionen der Vereinigten Staa- ten für preußische oder deutsche Fabrikate auch den unseren zu gute kommen,

Sir R, Peel: Die Regierung hat diese Frage bereits in Ueberlegung genommenz doch da der in Rede stehende Vertrag noch nicht ratifizirt ist, so will ich nit auf Einzelheiten näher eingehen, sondern nur erklären, daß dieser Gegenstand unserer Aufmerksamkeit nicht entgangen is, Es besteht ein Vertrag zwischen England und den Vereinigten Staaten, worin die Stipulation enthalten ist, daß England in Handels - Angelegenheiten auf gleichen Fuß mit der am meisten begünstigten Nation gestellt werden joll, Doch Sie werden wissen, daß es zwei Arten von Handels-Verträgen giebt; die cine Klasse solcher Verträge stellt eine Nation zu einer anderen auf gleichen Fuß mit der von dieser am meisten begünstigten Nation , ohne daß dafür ein Aequivalent gegeben wird; die zweite Klasse thut dasselbe, aber mit der Bedingung, daß von der begünstigten Nation Zugeständnisse

emacht werden, Es ist ein Vertrag der ersten Art, welcher zwishen Eng-

inb und den Vereinigten Staaten besteht,

Es verlautet seit längerer Zeit , daß !

Die weitere Erörterung ward hiermit abgebrochen. Sir R. Peel legte dem Hause die auf die neuesten Ereignisse in Griechenland be- züglichen Dokumente vor, und nahm Veranlassung, seine Freude dar- über auszudrücken, daß es den Grriehen gelungen sei, den Grunbsäbhen einer freien Repräsentativ - Regierung Geltung zu verschaffen. Nach dem Durhlesen der vorgelegten Papiere würde man Jhrer Majestät Regierung den Beifall niht versagen fönnen, welchen dieselbe in Rück- siht darauf verdiente, daß ihre Maßregeln und ihr Rath mit dazu A haben, den dortigen Ereignissen ein glücklihes Ende zu geben.

Eine merkwürdige Scene, welche das Haus in große Aufregung versebte, ereignete si hierauf in Folge der gestern abgebrochenen und heute wieder aufgenommenen Debatte über die in einer öffeutlichen Volks - Versammlung von Herrn Ferrand gegen den Minister des Innern ausgesprochenen Beleidigungen, Bekanntlich hatte Herr Roebuck gestern die Sache zur Sprache gebracht und Herrn Ferrand zur Verantwortung darüber aufgefordert. Die ehrenrührigen Be- schuldigungen des Leßteren beziehen sich auf zwei Behauptungen, welche dur den in der Times über jene Versammlung gegebenen Bericht zur Oeffentlichkeit gelangt sind, nämlich erstens, daß Sir James Graham si eines falhen, von cinem General-Armen-Kommissarius erstatteten Berichtes bedient habe, um Herrn Ferrand Lügen zu strafen und in den Augen seiner Kommittenten herabzuseßen, zweitens, daß der Mi- nister den Präsidenten eines Comités zur Entscheidung über eine streitig gewesene Parlamentswahl für Nottingham verleitet habe, die Entscheidung zu Gunsten eines dem neuen Armengeseße ergebenen Kan- didaten ausfallen zu lassen, weil der Gegenkandidat diesem Gesebe feindlih gewesen sei, Herr Ferrand sollte beide Behauptungen recht- fertigen und näher begründen, und wurde heute vom Sprecher dazu aufgefordert, nachdem er gestern den Mangel einer Vorbereitung zu dieser Erklärung vorgeshüßt hatte, ;

__ Herr Ferrand erklärt: „Jh habe heute Morgen genau alle meine Worte, welche ich in jenen Versammlungen gesprochen habe, geprüft, und ge- funden, daß ih nit eine Sylbe von jener Rede zurücknehmen kann, welche die Beschuldigungen gegen den Minister des Jnnern und Herrn Hogg, den Präsidenten des Wahl -Comité's, enthalten soll. Als ih diese Sprache führte, machte ih Gebrauch von dem heiligen Rechte jedes freigeborenen Engländers, seine Meinung ungehindert und überall über die Amtsfüh- rung zweier Staats-Beamten auszusprechen, Das Haus kann mich dieses Rechtes nicht berauben, Aber wenn ich durch die Ausdrücke, deren ih mich bediente, in irgend einer Weise die persönliche Ehre eines Mitgliedes díeses Hauses verwundet habe (der Redner wird hier durch ein lautes Geläch- ter auf den Oppositions-Bänken unterbrochen), Der Parteigeist und das ungeziemende Betragen gegen mich am gestrigen Abend, das sich jeßt wie- derholt, überzeugen mich, und sie müssen alle ehrenwerthen Herren überzeu- gen und ich weiß, diese meine Ansicht ist die des englischen Volkes über- haupt daß dies Haus das leßte Tribunal ist, an welches ich oder jeder Engländer appelliren kann.“

(Herr Ferrand wird hierauf mit so entschiedenen Aeußerungen des Un- willeus von allen Seiten überschüttet, daß er plöylih von seinem Sißc auf- springt und das Haus verläßt; eine Todienstille begleitet seine Bewegungen, bis er an die Thür gelangt is, da plöylich die ganze Versammlung, welche heute ungewöhnlich zahlreih war, in ein schallendes Gelächter ausbriht. Nachdem man sich beruhigt, steht Sir James Graham auf, geht bis an die Tafel des Hauses und schaut mit einer so ernsthaften und staunenden Miene, in ciner Stellung, welche, wie die Times sagt, die reichste Komik ofen- barte, na der Thür, daß das Haus von neuem sciner Lachlust Raum ge- ben muß.) Man fragt endlich, was zu thun sei,

Herr Hogg, der mit beleidigte Präsident jenes Wahl-Comité's, erklärt auf das bestimmteste die gegen ihn gerichteten Behauptungen des Herrn S für Ee F

h ir James Graham sagt, daß er die Sache für seine Perso

sich beruhen lasse, doch dem Pauls ages Schritte überlasse Dio tan

Sir R, Peel trägt auf Vertagung an, damit nan die Sache über-

legen könne, ob sie als etwas Lächerlihes mit Gleichgültigkeit od etwas Ernstes betrachtet werden soll. M l aiae C S e übrigens so wie der Fall mit dem Tausendkünstler, der vorher ankündigt daß er morgen n eine Quart-Bouteille kriehen werde, und wenn es dazu fommt, plößlih unsshtbar wird. Wie der sein Publifum täuscht, sind wir heute getäuscht, ‘/ : )

oro Russell und Lord Stanley sprachen ebenfalls ihren Unwillen über Herrn &Ferrand ausz endlih entschied der Sprecher, an den man sich wandte, daß wie bei einer früheren Gelegenheit, in Sachen O'Connell!s vorläufig die Behauptungen des Herrn Ferrand nebst dessen Eingeständniß derselben an der Tafel des Hauses verlesen werden uud das Haus sich das Weitere vorbehalten solle, Das geschah und die meisten Mitglieder ent- fernten sich darauf, so daß das Haus vertagt werden mußte.

Das Oberhaus beschäftigte sich heute mit mehreren Peti= tionen, worunter auch eine von 80 Fabrikanten in Staffordshire gegen die Zehn-Stunden-Bill, bei welher Gelegenheit sich au Lord Brougham, wie er es hon einmal gethan, gegen jede Beschrän= kung der Arbeitszeit durch legislative Maßnahmen erklärte.

Eine längere Debatte, auf Veranlassung des Marquis von Normanby über die Geschworenen in Jrland, wiederholte das befi einer früheren Gelegenheit bereits darüber Gesagte. Von Seiten der Minister wurde bestimmt in Abrede gestellt, daß von der Krone auf den Glauben der Geschworenen gerüdcksihtigt werde, und dieselben von der Juryliste der Religion wegen sich ausgeschlossen fänden.

London, 23. April. Die neuen Parlamentswahlen, welche durch die anderweitige Beseßung mehrerer Justizämter in Folge des Ablebens Lord Abinger's nöthig geworden waren, haben alle drei gestern stattgefun- den, und stnd zu Gunsten der Tories ausgefallen, Ju Exeter wurde Sir William Follett, der neue General-Anwait, mit großer Majorität wieder=- gewählt, Sein Gegner war General Briggs, ein von der Anti-korn= law-league aufgestellter Kandidat. Jn Huntingdon i} Herr Baring (welher îm vorigen Jahre Herrn Pattison den Parlamentssitz für Lon=- don streitig zu machen suchte), und in Woodstock der Marquis von Blandford, ältester Sohn des Herzogs von Marlborough ohne Wider= stand erwählt worden, E

Uiederlande.

«4% Aus dem §aag, 22. April. Den holländischen und belgishen Journalen zufolge geht man in Belgien damit um, die Er= zeugnisse der niederländischen Kolonicen mit höheren Zöllen zu bele- gen, als die aus den Ursprungsländern direkt bezogenen Waaren, während man dagegen, falls dies Projekt zur Ausführung kommen sollte, in Holland zu Repressalien gegen Belgien entschlossen sei. Man weiß nicht, wie weit die belgischen Kammerù einem solchen Projekt günstig sein werden; allein es is für beide Länder zu befürchten, daß die- ser Entschluß Belgiens bei den National = Repräsentanten, die den Großhandel begünstigen wollen, Anklang findet. Holland würde \ich dann in die unangenehme Nothwendigkeit verseßt sehen, seine Zölle auf diejenigen Artikel, für welhe Belgien ohnehin schon {wer Absah fin= det, zu erhöhen, Gent und Lüttich, so wie mehrere geringere Städte, würden bedeutend dadurch leiden. Man muß daher hoffen , daß die belgishe Regierung das Für und Wider in dieser wihtigen Frage reiflih erwägen werde, und daß durch die Ausführung eines unklugen Projektes die kommerzielle Harmonie zwischen zwei Wndern , die ge=- genseitig einander bedürfen, niht gestört werden wird.

Es is hierbei von beiden Seiten Mäßigung nöthig, denn diese Frage gehört zu denen, die Alles verderben, wenn man sie mit Er= bitterung behandelt; man verfällt alsdann von einem Fehler in dek anderen, von einem Unglück in das andere. Es leidet de h feinen Zweifel, daß Holiand nicht bereit sein sollte, seine Hand 3-J1 |