1844 / 171 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

EROLENS

P L I

Ä estellungen auf größere Wohnungen hier ein. Neben as s Se _ Badeorts selbst und seiner Anstalten, so wie auch Verschönerungen der Umgebung, welche seit voriges Jahr hier vorgenommen wurden, überrasht den diesjährigen Besucher der bereits begonnene Bau einer großen Kirche, deren Ausführung in Architektur und Decoration eine Zierde seltener Art bilden dürfte, da die Ent-= würfe Männern von bewährtem Rufe angehören, und feine Kosten gescheut werden sollen, um eine würdige Ausführung zu sichern. Die Versendung unseres Kreuzbrunnens ist auch dieses Jahr im Zu= uehmen und beträgt bis jeßt \hon über 350,000 Krüge, eine Quan- tität, die wohl nur selten bei Versendung von Mineralwässern erreicht

werden dürfte.

Frankreich.

Paris, 15. Juni. Jrriger Weise hatten mehrere Blätter, unter ihnen auch das Journal des Débats, gemeldet, der Prinz von Joinville habe Paris gestern früh verlassen, um sich nach seiner Bestimmung zu begeben. Die Abreise des Prinzen hat sich, wie leß teres Blatt heute erklärt, noch um einige Tage verzögert, Deme Anwesenheit an den Küsten von Marokko erscheint also nicht so drin=- gend, und nah den Aeußerungen des Grafen Aberdeen im britischen Parlament dürfte man sogar die Zwistigkeiten mit Marokko für so gut als ausgeglichen ansehen. :

Die Aéftcigén Verhandlungen der Deputirten-Kammer, nah der Verwerfung des Houzeau-Muironschen Amendements, bezogen si blos auf die Details der cahiers de charges, der den Eisenbahn-Gesell- schaften aufzuerlegenden Bedingungen. Es wird hinreichen, hiervon das Resultat mitzutheilen, sobald der Beschluß darüber erfolgt ist, denn die weitläufige Erörterung der einzelnen Punkte erscheint selbst den hiesigen Blättern so wenig anziehend, daß sie den Bericht dar- über dem offiziellen Moniteur allein überlassen. Um die Frage nicht zu unterbrechen, hat die Kammer ihr auch den heutigen, sonst den Bittschriften gewidmeten Tag zugeeignet. i D

Herr Villemain befindet sich, allem Anscheine nah, dem jeßt der Deputirten-Kammer vorgelegten Unterrichtsgesebe gegenüber, in eini=

er Verlegenheit. Schon mit dem ursprünglichen Entwurfe, wie der- felbe in die Pairs-Kammer gebraht wurde, konnte dieser Minister, als eifriger Anhänger der jeßigen Universitäts - Verfassung und des davon abhängigen Unterrichtswesens, unmöglich ganz einverstanden sein. Es wurde ihm damals bereits von demjenigen Theil der Presse, der die Sache der Universität gegen die Forderungen des Klerus am lebhaftesten verfiht, der Vorwurf gemacht, daß er mit sich selb| in Widerspruch trete, und anderen Ansichten nachgebend, dem Kultus - Minister sich anschließe und dessen Werk vertheidige. Noch mehr trat dieser Widerspruch während der Debatten in der Pairs-Kammer hervor, wo man Herrn Villemain innerlih mit Herrn Cousin übereinstimmen , äußerlih aber in eine Modification nach der anderen, zur Beschränkung des Universitäts - Einflusses, willigen sah. Nun sieht der Unterrichts-Minister sich vollends genöthigt, der Depu- tirten-Kammer ein Geseß anzuempsehlen, dessen Abänderungen er nicht billigt. Diese \chiefe Stellung hat si, so sehr er sle au im Ganzen zu verdecken bemüht ist, an zwei Stellen seines den Entwurf begleitenden Exposé's doch offen fundgethan. Es sind die, wo er von der Redaction und Begutachtung der Programme für das Bakkalgureats- Examen und von der disziplinarischen Jurisdiction über die Privat- Unterrichts « Anstalten spricht, zwei Punkte, in welchen bekanntlich die Pairs = Kammer vas ihr vorgelegte Gesey wesentlich modisizirt hat, indem sie die erstere Befugniß dem Unterrichts = Conseil abnahm und dem Staats=- Rath übertrug, die lehtere aber von dem akademischen Conseil an die Gerichtshöfe übergehen ließ. Herr Villemain führt zwar in seinem Bericht nicht direkt die betreffenden Amendements der Pairs - Kammer an, um dieselben zu bekämpfen, unterwirft sie aber doch indirekt der Kritik, indem er in beiden Beziehungen sagt:

„„Man begreift kaum, daß der nothwendig spezielle Charakter der ver- schiedenen Prüfungen, die der Verleihung der akademische Grade vorher- gehen, anderswo als in einem Unterrichts- und Bildungs-Conseil, dem seine gewöhnlichen Arbeiten genaue Kenntuiß von dem Zustande der Studien und von den zu hebenden und zu kräftigenden Punkten geben , bestimmt werden fönne..……. Der 24ste Artikel bezieht sich auf den Fall, wo ernste Ordnungs- widrigkeiten in der inneren Verwaltung und Disziplin einer Privat-Anstalt

für den Sekundär - Unterricht vorfallen, Hier, meine Herren, bot sih eine wichtige Frage dar. Wem sollte diese disziplinarische Zurechtweisung über- tragen werden? Das Recht, Jnspectionen zu veranstalten, seyt auch das andere Necht voraus, die Ergebnisse derselben zu beurtheilen, Wenn diese Ergebnisse in der Verwaltung einer Anstalt zur Kenntniß von That- sachen führen, welhe, ohne gerade den Charakter eines gewöhnlichen Ver- gehens zu haben, nur ein Unrecht in diesem besonderen Beruf, eine Schul- ordnungswidrigkeit sind, sollte dann nicht auch eine besondere Jurisdiction darüber zu entscheiden haben? Und soll in diesem Fall eine solhe Juris- diction eine andere sein, als eine von der Universität ausgehende, wie die der akademischen Conseils, bestehend aus oberen Beamten des öffenilihen Unterrichts, aus De prrionen und Notablen, die der Minister dazu bezeichnet? Diese Befugniß würde nur eine geseß- lihere Regelung der Verfassung dieser akademischen Conseils selbst erheishen, als sie jeßt besteht, Die in dieser Hinsicht erhobenen Schwierigkeiten haben cine Lösung gefunden, die uns zu rein gerichtlich er- cheint, Jm Fall einer ernsten Ordnungs-Widrigkeit würde der Rektor (der Akademie, in deren Bereich die Privat-Sekundär-Schule sih befindet) nur noch das Necht der Klage haben z der Vorsteher der Privat - Anstalt, an welcher die Ordnungs-Widrigkeit stattgefunden hätte, würde auf diese von dem Rektor anhängig gemachte Klage, vor das Civilgeriht des Bezirks geladen, und, wenn man Grund dazu fände, zu einem Verweis, mit Vor- behalt der Appellation an den Königlichen Gerichtshof, verurtheilt werden können. Bei Rücffällen würde der Gerichtshof befehlen können, daß dem Vorsteher dîèr betreffenden Anstalt die Ausübung seines Berufs 1 bis 5 Jahre lang untersagt bliebe. Es fragt sich nun, ob es nicht zu bedauern sei, daß selbst mit Hinsicht auf Gegenstände der Schulzucht, auf Thatsachen, bei denen eine Warnung und eín Verweis hinreichen würden, die akademische Jurisdiction ganz verschwinden solle, Gewiß dürfen die Universitäts-Anstalten in keinem Fall die Schiedsrichter über Privat-Unterrichts-Anstalten werden, Welche dur das Gesey zu einer freien Konkurrenz mit ihnen berufen sind; fann aber nicht die Central - Jnstitutiou ver Universität, als Vertreterin der Staats-Wirksamkeit, in aller Ordnung eine warnende und rügende Autori- tät über die Privat - Anstalten behalten? Und scheinen nicht besonders die afademishen Conseils dazu bestimmt, die Elemente einer eben so wachsamen als gemäßigten Disziplinar-Jurisdiction darzubi: ten ?““ Ó

Nachdem der Minister auf diese Weise den Deputirten zu er- kennen gegeben, was ihnen noch zu untersuhen und zu thun übrig bleibe, um die Unterrichtsfrage zu lösen, fügt er hinzu:

„Die Kammer, meine Herren, hat mehrmals deutlih an den Tag ge- legt, wie sehr sie dem Prinzip der Autorität und Einwirkung des Staats mit E auf den öffentlichen Unterricht günstig is, Von gerechtem Eifer für die Rechte der Civilgewalt beseelt, weiß sie, daß diese Gewalt besondere

Ausmerksamkeit auf das Unterrichts - System richten muß, durch welches der G Lf Nation a erneuert und erhält. Sie weiß auch, daß das jehige System, in der thätigsten und ausgeklärtesten Periode des Kaiserreichs be- gründet und unter dem Einfluß der constitutionellen Monarchie vervoll- tommnet, nicht ohne Nachtheil für den Staat und für die Justitutionen des Landes von seinem Zweck abgewendet werden könnte, Die wichtigste

Hage ist bie des Sekundär-Unterrichts, denn es handelt sich dabei im hohen Gräde um die Art und Weise, wie ‘eine große Anzahl von Geistern auf die wichtigen Functionen des bürgerlichen bens welche sie dereinst aus-

uüben bestimmt sind, vorbereitet werden sollen. Jn dieser Beziehung würde ebe Veränderung in der Beschaffenheit oder Leitung dieses Anterrihts ein

bedeutender Gegenstand sein, mit dem der Staat sich Ju gastgen Mle: r-Unterricht größken-

Er muß dies besonders deshalb, weil mit dem Sefünd

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theils die Erziehung der Jugend zusammenhängt, da in den Jahren, wo dieser Unterricht ertheilt zud die Seelen am empfänglichsten sind, für die fostbarsten Keime der religiösen und moralischen Bildung, Daß der in dem 69sten Artikel der Charte aufgestellte Grundsaß der Freiheit in Anwendung fommen muß, und feine bloße Erklärung bleiben darf, daran zweifelt Nie- mand. Aber die Anwendung desselben muß zwei Dinge bestehen lassen, die thätige und vollkommene Leitung des Staats über eine große Anzahl von Unterrichts-Anstalten, so wie seine Autorität und Aufsicht über alle.

Graf Montalembert scheint sich ganz der fatholishen Propa- ganda widmen zu wollen, Nachdem er fürzlih in Belgien gewesen und, wie es scheint, mit der dortigen klerifalischen Partei sich in nä- here Beziehungen geseßt, da ihm bald nah seiner Rückkehr eine Dank - Adresse von den Studenten der Universität Löwen für seine Bestrebungen zu Gunsten des freien Unterrichts zuging, hat er so eben durch seine Anwesenheit in Lyon Veranlassung zu feierlihen De- monstrationen des dortigen katholischen Instituts gegeben. Man ver=- anstaltete ihm zu Ehren Versammlungen und Festmahle und versprach si gegenseitig festes Zusammenhalten in dem Kampf gegen die Uniz= versität, deren Stüßen und Vertheidiger. j |

Vor einigen Tagen fand in der Kapelle der Pairs - Kammer die Trauung des Herzogs von Albufera, Pairs von Frankrei, mit De- moiselle Schickler statt. ; ¿ u

Die vor das Zuchtpolizeigericht gestellten aht Judividuen, welche der Mißhandlung junger Mädchen und öffentlicher Verleßung der Schamhasftigkeit angeklagt waren, ihrem Gewerbe nah Stuben -= und Decorationsmaler, Gerber und Gazeweber, im Alter von 20 bis 30 Jahren, sind sämmtlich schuldig befunden und zu ein- bis dreimonat- licher Gefäugnißstrafe verurtheilt_worden. Fünf oder sechs von ihnen werden indeß noch wegen s{ch®ererer Vergehen vor die Assisen gestellt werden.

© Paris, 15. Jui, Was der Reise des Kaisers von Ruß- land ta in Ma Augen unseres Kabinets eine hohe politische Bedeutung giebt, ist das Geheimniß, in welches der Monarch bis auf den leßten Augenblick seine Reise zu hüllen wußte, Herr Reyneval, diesseitiger Geschäftsträger am russischen Hofe, war von Herrn Gui- zot angewiesen worden, zu ergründen, inwiefern das Gerücht von der Reise des Kaiser Nikolaus nah England einen Bestand hätte. Es ist ganz natürlich, daß der Hof der Tuilerieen darüber im Klaren zu sein wünschte, da auch Ludwig Philipp einen Besuch bei der Königin Victoria vorhat. Herr Reyneval ließ nun am 20sten v. M. den Herrn Bretueil, Attaché bei der französischen Gesandtschaft in St. Pe- tersburg, von dieser Hauptstadt nah Paris abgehen, um dem franzö= sischen Kabinet zu melden, daß der Kaiser im Begriff stehe, zwar eine Reise in das Junere seines Reiches vorzunehmen, daß aber bisher fein Grund vorhanden sei, dem Gerüchte einer Reise Sr, Majestät nah England irgend einen Glauben beizumessen. : :

Wie erstaunte nicht Herr Bretueil, als er, wenige Meilen von Berlin entfernt, sich vom Reisewagen des Kaisers Nikolaus eingeholt sah, mit welhem er auf diese Art gleichzeitig in der preußischen Hauptstadt anlangte. Herr Bretueil seßte am folgenden Morgen seine Reise nah Paris fort. Sein Erstaunen wurde noch größer, als er auf der Eisenbahn nah dem Haag in demselben Wagen mit dem Kaiser Nikolaus zusammentraf, aus dessen eigenem Munde er erfuhr, daß der Kaiser sich nah London begab, Herr Bretueil eilte über Hals und Kopf nach Paris, um seiner Regierung diese Nachricht zu überbringen, welche mit den Depeschen des Herrn Reyneval im direkten Widerspruche stand. Ein solhes Geheimniß gab zu allerhand Vermuthungen Anlaß. Eine darunter findet täglih mehr Glauben, Man weiß, daß es der persönliche Einfluß der Königin Victoria ist, welcher die seit dem Abschluß des Juliz=Vertrages zwischen Frankreich und England gespannten Verhältnisse auf den freundschaftlichsten Guß wiederhergestellt hat. Das Tory = Kabinet kann, seinen Prinzipien gemäß, feine innige Allianz mit der Juli - Regierung unterhal- ten, denn seine Tendenzen neigen s{ch vorzüglich zu einer Allianz mit den nordischen Mächten. Jn der That spra auch bei dem Gast- mahl der russishen Handels-Compagnie in London Sir Robert Peel in \o \{meielhaften Ausdrücken von Rußland, wie er es noch nie in Betreff der Juli-Regierung gethan. Der Ausdruck entente cor- diale, den er nie mit Hinsicht auf das wechselseitige Verhältniß zwischen Frankreih und England gebraucht hatte, wendete er bei jenem Gastmahle gerade auf Rußland an. Unsere Regierung kennt zu gut die geheimen Sympathieen des Peelschen Ministeriums, um nicht zu befürchten, daß in dessen Benehmen gegen Frankreich eine Diversion eintreten könnte, wenn die Königin Victoria durch die per- \önlihe Gegenwart des Kaisers in London zu einer innigen Add A dung zwischen Rußland und England gestimmt würde. Die Zeil wird lehren, inwiefern \ich eine solche Besorgniß des Kabinets 14 Tuilerieen verwirklichen kann. Vor der Hand beschränke ih mi, Sie zu versichern, daß diese Besorgniß wirklich besteht. \

Jch habe gestern die vom Moniteur parisien und em Constitutionnel gemeldete Nachricht von der Abreise des A von Joinville nah Marokko niht wiederholen wollen, weil in der Kammer das Gerücht verbreitet war, der Prinz hátte mit dem Ka- binet sich nicht darüber verständigen können, welches Betragen er vor Tanger zu beobachten hätte. Das heutige Journal des Débats zeigt nun wirklich an, daß der Prinz von Joinville oh nit abgereist ist, ohne jedoch den Grund davon anzusühren, Jm Konfe- renzsaale der Kammer verlautet, der Prinz von Joinville hâtte dem Kabinet die Frage gestellt, was er zu thun habe, wenn er durch die Umstände gezwungen würde, gegen Marokko die Offensive zu ergrei- fen, Das Kabinet hätte geantwortet, man brauche mit dieser Frage sich nit zu befassen, weil allem Anscheine nach die Streitigkeiten mit Marokfo nahe daran wären, friedlih ausgeglichen zu werden, und es handle sich eigentlih nur darum, durch das Erscheinen einer franzö- sishen Escadre vor Tanger jene Unterhandlungen rascher zu betrei- ben, Der Prinz von Joinville, der schon glaubte, die Regierung würde ihn ermächtigen, Tanger zu bombardiren, erwiederte, man möchte die Rolle eines müßigen Beobachters einem anderen Contre- Admiral übertragen, er für seinen Theil verzichte auf die Ehre, die nach Marokko bestimmte Escadre zu befehligen. Die Weigerung des Prinzen is dem Kabinet um so unangenehmer, als alle nöth gen Anstalten zur Abreise der Escadre nah Tanger getroffen sind. Ja, um mehr Zeit zu gewinnen, hatte das Kabinet beschlossen, daß die Escadre unmittelbar aus Toulon auslaufen und der Prinz von (Foin- ville sich in Havre einschiffen sollte. Zu dem Ende wurde die Dampf- Korvette „Pluion‘“ aus Brest nah Havre beordert, wo sie auch wirk- lih vorgestern einlief. Der Prinz von Joinville sollte am nämlichen Abend auf der Cisenbahn von Paris nah Rouen und von leßterer Stadt mit einem Dampfboot nach Havre si begeben und sogleich nach Tanger absegeln, wo die ihm untergeordnete Escadre unterdessen an- gekommen sein würde. Alle diese Vorkehrungen, die shon getroffen waren, mochten vorgestern Abend den Moniteur parisien, das halbamtlihe Blatt des Kabinets, verleitet haben, anzuzeigen, der

rinz von M wäre wirklich abgereist, Da, wie der Nh wi ä teur parisien von gestern Abend anzuzeigen 6 R hu le “fer roffaner seit ihrem feindlichen Ueberfalle vom 30. Mai En s an Gebiets-Verlebung in Algerien sich shuldig gemacht, so wird e N s mer wahrscheinliher, daß ein eigentliher Krieg zwischen pra F und Marokko gar nicht zu befürchten steht. Unter solhen Umständen

wäre es sehr leiht möglich, daß das Kabinet nicht länger darauf bestände, den Prinzen von Joinville nah Marokko zu senden,

Hektor Berlioz hat das Lokal der Jndustrie-Ausstellung dur besondere Gunst für drei Tage abgetreten erhalten, um darin nah dem Muster der deutshen Musiffeste ein großes Konzert zu geben, wobei er mehrere Oratorien deutsher und italienischer Meister von 800 Tonkünstlern ausführen zu lassen beabsihtigt. Die Solopartieen werden aus hundert Gesangstimmen bestehen. Der Eintrittspreis wird zehn Franken betragen. Um einen zu großen Zudrang und die damit verbundene Unordnung zu vermeiden, hat der Polizei-Präfekt die Zahl der Eintritts - Karten, welche ausgegeben werden dürfen, auf 12,000 beschränkt, obgleich das Lokal der Jndustrie-Ausstellung dreimal so viel Menschen fassen könnte.

= Paris, 15. Juni, Man hatte von einer angebli der französischen Flagge zu Malta widerfahrenen Beschimpfung gesprochen. Die heute eingetroffenen Blätter von Malta vom 4. Juni melden nun, daß am 27. Mai an Bord des englischen Linienschiffes „Formi- dable‘’ auf Verlangen des Befehlshabers des „Geyser““ eine Unter- suchung über diese angebliche Beschimpfung angestellt worden ist, Dieselbe hat ergeben, daß es eine Signalfahne und nicht die franzö- sische Flagge war, welhe den Anlaß zu diesem Mißverständnisse lieferte.

Grossbritanien und Irland.

Unterhaus. Sihung vom 14. Juni, Bevor das Haus heute zu den Comité-Berathungen über die Bill wegen Herabseßung der Zucker-Zölle überging, brachte das radikale Mitglied Herr Lun Y combe eine Regierungs-Maßregel zur Sprache, welche in moralischer Beziehung unerlaubt, aber unter Umständen nothwendig und dur das Geseß ausdrücklich vorgeschrieben is die Verlebung des Brief- geheimnisses von Seiten der oberen Postbehörden. Herr Duncombe überreichte eine Petition von mehreren 11 London ansässigen Jndivi= duen, nton, Lovett, des Jtaliäners Giuseppe Mazzini uud eines Vier- ten, der uiht namhaft gemaht wurde, worin dieselben Beschwerde führen, „daß während des leßten Monats mehrere von ihnen ge- \chriebene und zur Post gegebene Briefe, welche keine politishe Zwecke gehabt und keine verrätherishen Pläne gegen die Regierung dieses Landes enthalten hätten, von der Regierung zurückgehalteu und ge- öffnet worden seien,“ „Die Petenten“ heißt es weiter, „halten ein solhes fremden Staaten entlehntes Spionir-System für unvereinbar mit den Grundsäßen der hritishen Constitution und bitten daher um Ernennung eines Comités, welches dié Sache untersuhen möchte.

Herr Duncombe fragte den Minister des Junern, ob das General- Post - Amt ín diesem Hane, s Mf S speziell instruirt und zum Frb riefe ermächtigt worden sel. : E E A E L 0b am erllärt, daß con seit der Zeit der Königin Anna den Staats -Secretairen die Befugniß zustehe, unter besonderen Um- ständen und unter persönlicher Verantwortlichkeit die zur Post ageenen Briefe anzuhalten und zu öffnen, und daß diese Befugniß durch die Parla- ments-Akte vom Jahre 1837, welche alle Postgesebe fonsolidirt habe, bestä- tigt worden sei. Was den vorliegenden Fall anbetrefse, so müsse er zuvdr- derst die Angaben der Petenten zum großen Theil für unwahr s, fr bezweifele es sehr, daß die Briefe von drei Petenten angehalten s en seien, da er hierzu feinen Befehl ertheilt habe. Ein solcher fe) n nur in Betreff des einen Petenten erlassen worden, und uar Ano außer Kraft getreten. Uebrigens diene diese Befugniß Lee, Pera gas î ) Beamten der Krone zur Erhaltung der öffentlichen Sicherve iw M at ge das Parlament sein Vertrauen auf diese Beamten geseßt ha e, je e gi gut, die besonderen Ursachen für jede Ausübung dieser Sus zu Me tern. Er erkläre deshalb den Vegenstane L iereu Bescheid, arische Dis-

i Ässi \eiagere jede?! A E Dun e will die Petition demnach zum Gegenstande einer Debatte machen und wird vom Sprecher daran erinnert, daß dies wider das Reglement sei, da nur solche persönliche Beschwerden, welche dringende Abhülfe erfordern, unter Umständen, wie die gegenwärtigen, die Debatte zulassen, Der Nedner wählt deshalb den gewöhnlichen Ausweg, und trägt auf ra des Hauses an, wobei er Gelegenheit hat, weitere Bemerkun-

i j 1a anzuknüpfen. gen her E va die Din Ministern zustehende Befugniß, die Briefe auf der Post zu eröffnen, gradezu für verwerflich, und behauptete, der betreffende Paragraph in dem Geseße von 1837 sei wider den Willen des Parlaments eingeshwärzt worden, Es sei höchst beklagenswerth, daß in einem freien Lande wie England, ein solches Spionir - System bestehe; wenigstens hätte der Minister doch, wie es zu Zeiten Pitt’s und Sidmouth?s geschah, auf den von ihm geöffneten Briefen bemerken sollen, daß sie geöffnet worden seien. Herr Duncombe häufte noch eine Menge Beschuldigungen über den Minister, die, weil sie unbegründet blieben, der Wiederholung nicht werth sind,

Herr Wallace, gleichfalls radikales Mitglied, sprach im gleichen Sinne gegen das Fortbestehen dieser ministeriellen Befugniß, und behaup- tete, daß schon seit längerer Zeit auf dem londoner Post-Amt ein eigenes geheimes Büreau zur Oeffnung der Briefe bestehe.

Herr Labo uchère, welcher unter der vorigen Whig-Verwaltung das Gesey von 1837 entworfen hat, zeigte die Nothwendigkeit der Befugniß, die Briefe zu eröffnen, und Dr. Bowring stimmte damit überein, so weit Englands eigene Angelegenheiten dabei betheiligt wären,

Nachdem sich noch mchrere andere Mitglieder der Opposition ausge- sprochen, wurde der von Herrn Duncombe gestellte Antrag ohne Abstimmung abgelehnt,

G Das Haus fkonstituirte sich hierauf zum General-Comité über die Zucker-Zölle, konnte aber in der Berathung der einzelnen Klauseln der Regierungs-Bill nicht weit vorrücken, da Herr Miles mit einem dem mi- nisteriellen Plane höch} gefährlichen Antrage hervortrat. Herr Miles ist fonservatives Mitglied für Bristol und westindischer Eigenthümer; in leß- terer Eigenschaft also mit der Bill der Regierung, welche den Zoll für das Kolonial-Produkt beibehält und die Differenz des Zolles für fremden, nit durch Sflavenarbeit erzeugten Zucker auf 10 Sh. fest- stellt, wenig zufrieden. Um nun troß der von Seiten des Hauses bereits erfolgten Annahme der ministeriellen Resolutionen doch noch eine Begünstigung des westindishen Pflanzers zu erlangen, sucht Herr Miles durch seinen heutigen Antrag sih außer der Unterstüßung sei=- ner konservativen Anhänger den Beistand der Opposition zu sichern. Er macht den Vorschlag, nicht allein den Zoll von fremdem Zucker, sondern au von britischem Kolonial-Zucker herabzuseßen. „Vom 10, November 1844, lautet der Antrag, „soll der in den britischen Be- sibungen erzeugte Zucker auf 20 Sh. pr, Ctr. reduzirt, und das Produkt niht Sklaven haltender Länder als China, Java, Manila, mit einem Zolle von 30 Sh. für braunen, Muscarado oder Puder - Zucker, und von 34 Sh, für weißen Puder=Zucker und die demselben äquivalenten Sorten mit dem gewöhnlichen Zoll - Auf- {lag von 5 pCt. belegt werden.“ Herr Miles gestand ein, daß er durch diesen Vorschlag die Stimmen derjenigen, welhe der Handels- freiheit als Prinzip huldigen, zu gewinnen hoffe, suchte aber zugleich darzuthun, daß der Regierungs-Vorschlag (resp. 24 Sh. und 34 Sh. für britishen und fremden Zucker) es unter den gegenwärtigen Um- ständen den britishen, ohnehin sehr geshwächten Kolonieen unmöglih mache, mit dem Auslande zu fonfurriren , deun da der fremde Zucker jeßt am Markte 18 Sh. koste, so würde er für 53 Sh. 8 Pce. in England zu haben sein, und dadur die Hälste der britischen Zuckerpflanzungen außer Betrieb gesebt werden. Der Antrag fand bei der Whigspartei Anklang, unter Anderen er- flärte sich Herr Labouchère für denselben, wogegen der Kanzler der Shaßkammer ihn hauptsählih aus fiskalischen Rücksichten bestritt und darauf hinwies, daß es um so unzweckmäßiger sein würde, jeßt eine bedeutende Verminderung der Einnahme zu riskiren, da be-

fanntlih im nächsten Jahre eine allgemeine Finanz-Reviston bevorstehe. Herr Gladstone {loß sich der Ansicht des Schabkanzlers an und bekämpfte den Antrag. Lord J. Russell erklärte zwar den Plan der Regierung wie den Antrag des Herrn Miles für niht genügend, aber gab dem leßteren vor dem ersteren den Vorzug, und als Lord Howick endlich das Haus zur Abstimmung über die Klausel der Regierung aufforderte, für welche Herr Miles das Amen- dement substituirt hatte, damit man alsdann über dies Amendement selbst noch weiter berathen und abstimmen könne, ergab sich eine Mehr- heit von 20 Stimmen gegen den Regierungs-Vorschlag. Die Zäh- lung ergab nämlich 221 für und 241 Stimmen gegen die Regierung. Vie weiteren Verhandlungen wurden auf den Antrag Sir Robert Peel’s bis auf Montag vertagt.

Loudou, 15. Juni, Ueber die Geschenke, welche Se. Majestät der Kaiser von Rußland während seiues kurzen Aufenthalts zu Lon- don mit höchst freigebiger Hand gespendet hat, sind irrige An-= gaben in Umlauf gekommen. Die Times giebt nachstehende authentische Aufzählung, die aber keine vollständige is, sondern nur einige von sehr vielen Aften der Kaiserlichen Munificenz begreift. Jeder der ses Lords vom „Haushalt der Königin““ erhielt ein goldene, diamantgeschmückte Dose mit des Kaisers Bildniß; den Stallmeistern wur= den ähnliche Dosen mit der Namenschiffer in Brillanten und den drei er- sten Offizianten des Marstalls einfahe goldene Dosen verliehen. Außerdem hinterließ der Kaiser eine ziemlihe Anzahl weniger werth- voller Dosen, deren Vertheilung dem „Master of the Household“, August Murray, anheimgestellt blieb. Für die Dienerschaft im All- gemeinen wurden 2000 (niht 20,000) Dukaten angewiesen. Dem Verein zur Unterstüßung in Noth gerathener Ausländer hat der Kai- ser 1000 Guineen zustellen lassenz die Anweisung auf diesen Betrag ist durh den Konsul Benkhausen an Herrn Labouchère, den Secretair des Vereins, gelangt. Zu dem Nelson = Denkmal hat der Kaiser 500 Pfd, Sterl. und zu dem Wellington-Denkmal die gleihe Summe beigetragen, Dem Ascot-Wettrennen-Fonds wurden 500 Pfd. jähr- lich zugesichert, und zwar soll dieser Betrag jedesmal zu einem Stück Silbergeschirr (a piece of plate) verwendet werden, auf der einen Seite mit einem Gegenstand aus der russishen Geschichte und auf der anderen mit dem Kaiserlihen Wappen verziert. Für die Armen des Kirchspiels St. Georg in welhem Ashburnham- haus liegt, wo der Kaiser einige Tage wohnte wurden 200 Guineen angewiesen ; das Hospital für Deutsche erhielt 100 Guineen, Im Botschafts - Hotel ließ der Kaiser sehr ansehnlihe Geschenke an Pretiosen und Geld vertheilen; die Einzelheiten sind nicht genau an- gegeben. Die Polizei-Commissaire und die Offizianten im Konsular- haus wurden mit werthvollen Ringen bedacht und die Offiziere und die Mannschaften der Dampfschiffe, welhe den Kaiser und sein Ge- folge nah England gebraht und auf den Kontinent zurückgeführt haben, reichlich beshenft.

Herr Wheaton, Gesandter der Vereinigten Staaten von Nord=- Amerika am Hofe zu Berlin, i von dem „british and foreign Insti- tute“ hierselbst zum Ehren - Mitgliede ernannt worden. Dies Jnsti- tut, eine befannte gelehrte Gesellschaft, hat den Prinzen Albrecht zum Beschüßer, und Lord Brougham, Alexander von Humboldt und an- dere gelehrte und literarische Nobilitäten zu Mitgliedern.

S Mw etz

Luzern. Der neue französische Gesandte, Graf Pontois, hat dem Bundestags - Präsidenten in Luzern sein Beglaubigungs-Schrei=- ben überreiht und is darauf nah Bern zurückgekehrt.

Die Eröffnung der außerordentlihen Tagsaßung is auf den 25. Juni festgesebt.

Mittelst Kreisschreiben vom 10, Juni zeigt der Vorort sämmt-= lichen eidgenössishen Ständen an, daß er zwar eine außerordent- lihe Tagsaßung zum 25. Juni einberufen habe, weil dies nach Art, V1]. auf das Begehren von fünf Kantonen geschehen müsse, und gegenwärtig ein solhes Begehren vorliege, daß er sich aber nit für berechtigt halte, dem im Allgemeinen ausgesprohenen Wunsche dieser Kantone zu entsprechen, die Tagsaßung möge über die Angele-= genheiten des Kanton Wallis berathen, Der Art. IV. des Bundes- Vertrages seße fest, „daß, wenn in einem Kanton Unruhen aus-= brechen, die Tagsaßung bei fortdauernder Gefahr auf An- suchen der bett eFfefdEh Regierung die weiteren Maßregeln treffen werde,“ Nun habe aber die Regierung von Wallis weder um Anordnung weiterer Maßregeln bei der Tagsaßung nachgesucht, nohch sei in Wallis „fortdauernde Gefahr“, im Gegentheile sei in allen Theilen dieses Kantons die verfassungsmäßige und geseßliche Ordnung hergestellt,

Es sei ein gefährliher Grundsaß, daß das Verlangen von fünf Ständen genügen solle, um die Angelegenheiten jedes beliebigen Kan= tons, in welchem die verfassungsmäßige Ordnung und die öffentliche Sicherheit zwar für einen Augenblick gestört, aber auf verfassungs= mäßigem Wege wiederhergestellt worden, im Schoße der Tagsaßung zur Berathung zu bringen, Die sämmtlihen Stände möchten beden- ken, daß, wenn dieser Grundsaß heut dem Kanton Wallis gegenüber aufgestellt werde, er früher oder später auch gegen andere Stände seine Anwendung finden dürfte. Dagegen beabsichtige der Vorort, der außerordentlichen Tagsaßung diejenigen staatsrechtlihen Fragen zur Ent= \cheidung vorzulegen, welche er im Kreisshreiben vom 5ten d, M. in Be= zug auf die im Kanton Wallis durch den eidgenössischen Vorort angeord= nete eidgenössische Jntervention näher entwidelt habe, Falls der eine oder der andere Stand bei diesem Anlasse Berathungen über die anderen Angelegenheiten des Kantons Wallis im Allgemeinen veranlassen wolle, so würde es Sache der obersten Bundesbehörde sein, darüber zu ent=- \cheiden, inwiefern sie in derartige Anträge eingehen wolle oder nicht, Eventuell glaube der Vorort darauf antragen zu müssen: „Die Tag- sabung möge, nachdem die verfassungsmäßige Orduung im Kanton Wallis vollkommen wiederhergestellt worden is, alle Anträge, durch welhe der Souverainetät des Kantons Wallis irgendwie zu nahe ge- treten werden wollte, als außer ihrer Kompetenz liegend, von der Hand weisen,“

Wallis. Der Große Rath hat vor dem Schlusse der Sihung vom 5. Juni das vom Staats-Rath vorgelegte Geseß über den Ele-= mentar=-Unterricht, welches dem Bischof die Befugniß ertheilt, jedes Schulbuch und jeden Lehrer auszuschließen, mit großer Bereitwillig- feit angenommen, Auf den Antrag des Herrn von Kalbermatten sind die Gelder zu geheimen Ausgaben bewilligt worden, und es sollen dieselben hauptsächlich zur Einführung einer geheimen Polizei in ver= dächtigen Gemeinden und zu geheimen Sendungen verwendet werden,

Spanien. s XX Paris, 15. Juni, Es is jeßt eine ausgemachte Sache, daß die Abwesenheit der Königlichen Familie aus Madrid wenigstens bis in den Oktober dauern wird. Der Gesundheitszustand der Kü-= Z nigin Jsabella, die bekanntlich seit ihrer frühesten Kindheit an Haut-

* frankheiten leidet, scheint sih so gestalt zu haben, daß er eine lange # fortgeseßte Behandlung durch verschiedene Arten dêr äußeren An- * wendung des Wassers erfordert. Die junge Königin hat angefangen, 4 in Barcelona selbst einfahe warme Bäder zu nehmen, um sich dur

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dieselben auf eine Seebadekur vorzubereiten und im Herbste mit der Benußung der Heilquellen von Caldas zu enden,

Inzwischen wird, wie man versichert, das ganze Kabinet nah Barcelona berufen werden, weil die Einheit der Wirksamkeit der Staatsgewalt niht ohne große Uebelstände auf so lange Zeit unter= brohen werden fönnte. Die Nothwendigkeit dieser Verlegung des Sitzes des Kabinets-Raths nah der augenblicklichen Residenz der Königin scheint sich bereits in einem besonderen Falle fühlbar gemacht zu haben, Die von dem Ministerium in Madrid beschlossene Aufhe- bung des Vertrages über Ausbeutung des Tabacks- Monopols ist nämlih dem Vernehmen nah in Barcelona auf Bedenken gestoßen, welche die Königin vermocht haben, dem ihr desfalls vorgelegten Dekrete ihre Unterschrist zu versagen. Man hâlt es nit für un= mögli, daß auch der von Madrid nah Barcelona geschickte Entwurf der Verordnung über Auflösung der Cortes und Ausschreibung neuer Wahlen auf ähnlihe Schwierigkeiten stoße.

Die in Vigo eingelaufene- spanische Brigg „Union“ hat Nach- rihten aus Cuba gebracht, die bis zum 2ten v. M. reihen, Die Ruhe war an diesem Tage auf der ganzen Jnsel wiederhergestellt, und die Untersuhung wegen der großen Sklaven-Verschwörung wurde mit großer Thätigkeit fortgesebt.

Vereinigte Staaten von Uord-Amerika.

New-York, 1. Juni. Die große Versammlung der demo- fratishen Partei zur Verständigung über den von ihr aufzustellenden Kandidaten zur Präsidentschaft ist am 27. Mai in Baltimore abge= halten worden und hat das unerwartetete Resultat geliefert, daß die Majorität sich niht für van Buren ausgesprochen hat. Zum Kan- didaten für die Präsidentur wurde vielmehr ein Herr F. R. Polk von Tenessee erwählt, während die Kändidatur zur Vice -= Präsident-= haft dem Herrn G. M. Dallas aus Pennsylvanien zugefallen ist. Durch diese Niederlage van Buren's, der noh bis zu dem Augen= blie der Versammlung der Stimmênmehrheit der demokratischen Partei völlig gewiß zu sein schien, ist eine Spaltung in diese Partei gekommen, welhe Herrn Clay, dem Kandidaten der Whig-Partei, den Sieg bei der Präsidentenwahl jeßt ganz zu sichern scheint. Jn kommerzieller Hinsicht is dies in sofern von Wichtigkeit, als Herr Clay und seine Freunde den bestehenden Zoll-Tarif aufreht erhalten zu sehen wünschen, der daher, wenn die Whigs ans Ruder kommen, auf eine wenigstens noch fünfjährige Dauer hoffen kann.

O New-York, 21. Mai. Mitten unter den Verwikelun= gen, welche die texianishe Angelegenheit herbeigeführt hat, dauern die Vorbereitungen aller Parteien zu dem großen Kampfe um die Präsidentenwahl fort, und jene Frage spielt dabei eine Hauptrolle. Die Freunde des Herrn Tyler stüßen darauf hauptsächlih ihre Hoff=- nung auf dessen Wiedererwählung, und es i} keinem Zweifel unter= worfen, daß ihm namentlich aus dem Süden viele Stimmen von Seiten der Demokraten wie der Whigs zufallen werden, welche Lebz= teren dort Miene machen, Herrn Clay wegen seines Widerstandes gegen den Anschluß von Texas im Stich zu lassen. Um diesen s{haa= ren sich dagegen um so enger alle Gegner des Anschlusses, während auch Herr van Buren troß der für ihn sehr getrübten Aussichten feinesweges von dem Kampfplaße zurückzutreten Lust bezeigt. Noch giebt es Viele, die an seine Ernennung zum demo- fratishen Kandidaten bei der in wenigen Tagen stattfinden- den Convention von Baltimore glauben, während auch General Caf} sein Banner abgesondert aufpflanzt. Jn meinem nächsten Schrei= ben fann ich Jhnen vielleicht hon. das Resultat jener demokratischen Convention mittheilen. Wird Herr van Buren ernannt, so is nichts= destoweniger seine wirklihe Erwählung durch das Volk noch sehr zweifelhaft, so wie mir auh die Hoffnungen übertrieben scheinen, welche sich Herr Clay zu machen scheint, Nach einem am 15ten im Repräsentantenhause zu Washington gefaßten Beschlusse über die betreffende Bill des Herrn Duncan, der mit großer Mehrheit gefaßt wurde, soll die Wahl des Präsidenten und des Vice-Präsidenten der Vereinigten Staaten an demselben Tage in allen Staaten der Union vorgenommen werden, und wenn der Senat, wie man erwartet, diesem Beschlusse beitritt, so wird demnach dieselbe am Dienstag nah dem ersten Montag im November vor sich gehen.

Am 16ten zeigte Herr Duncan an, daß er am 20sten die Bill wegen der gemeinschaftlichen Beseßung des Oregongebietes vor dem Hause in Anregung bringen wolle, An demselben Tage wurde im Senat ein Antrag auf Schließung der Session am 3. Juni verwor= fen. Aus Anlaß der Präsidentschafts-Frage kommt auch jene wegen der Regelung des Geldumlauss mehr und mehr wieder aufs Tapet, würde Herr Clay gewählt, so wäre die Wiedererrichtung einer Na= tionalbank so gut als siher. Die Tarif-Frage is vorläusig von bei= den Parteien ad acla gelegt,

Die Ruhe zu Philadelphia dauert glücklich fort, eben so die Un- tersuchung über die leßten Mord - und Brandscenen daselbst vor der Groß=-Jury. Eine Anzahl Personen sind in Haft; bis jeßt scheint sich herausgestellt zu haben, daß zwar die Jrländer zuerst angriffen, aber von Seiten einiger Native-Americans die ersten Schüsse gefallen waren, Die achtungswerthesten Bürger aller Quartiere haben nun die Nothwendigkeit festen Zusammenhaltens zum Schuße der böffent- lihen Ordnung, des Friedens, der Ruhe, der Sicherheit der Perso- nen und des Eigenthums endlih begriffen und sich eine militairische Organisation in Compagnieen gegeben, die von Zeit zu Zeit in den Waffen sih üben, um im Falle des Bedarfs sogleih überall mit Kraft und Entschiedenheit auftreten zu können, Welch schlimme Wirkung die leßten Unruhen auf die Gemüther hervorgebraht haben, und wie sich diese nicht blos auf die nächste Nähe beschränkt, zeigt eine in der Montreal Gazette (Kanada) vom 14ten d, gegebene Nachricht, wonach die zahlreichen bei dem Lachina-Kanal beschäftigten Jrländer den gleichfalls dort arbeitenden Amerikanern förmlich gedroht haben, daß Pul- ver u, Blei für sie bereit sei, wenn sie nicht augenblidlih ihres Weges gin- gen, Mau sieht, wie die Erbitterung gegenseitig si steigert. Die mehrere Tage hindurch geschlossen gewesenen katholischen Kirhen zu Philadelphia und dem umgebenden Distrikt sind nun alle wieder geöffnet, der Got= tesdienst wird wieder wie früher, aber unter einem weit größeren Zu= drange des Volkes gehalten. Der hiesige katholishe Bischof Hughes hat an den Morning Courier ein langes Schreiben gerichtet, worin er die politischen Ursachen ausétiaberseßt, welche die trauri= gen Scenen zu Philadelphia veranlaßten, und darthut, daß das lei- denschaftlihe Sektirerwesen, aus dem sie hervorgegangen, von gewissen Parteien für politishe Zweckte befördert worden sei. |

Die Berichte über den Stand der Baumwollen-Pflanzungen lau- ten aus Natchez und Charleston schlimm, das ungünstige Wetter ver- hinderte das Fortkommen der Vegetation, und das Wenige, was wuchs, wird von mehreren Arten von Raupen zerstört, so daß die Hoffnun- gen der Landwirthe auf eine Aerndte fast vernichtet sind, Nur ein baldiger Witterung8wechsel könnte vielleicht noch etwas nachhelfen.

Ma i: thk

chch Paris, 14. Juni. Das folgende Schreiben aus Port au Platt vom 8. Mai giebt endli eine Amme L Sfellung der Ereignisse auf Haiti, über welche so widersprechende Angaben bis= her uns zugekommen waren; es sagt: :

Die Schwarzen und Mulatten des Westens haben eilig ihre Armeen aufs neue gesammelt, um diesen Theil der Jusel wieder zu gewinnen. So

viel ich erfahren fann, bestand die Armee von Port au Prince damals aus 8000 Mann, die vom Cap aus 6500, die Kolonne des Generals Cadet mít inbegriffen, Da unter den haitishen Truppen schr wenig Disziplin herrscht, so war die Armee von Port au Prince shon auf 7000 Mann herabgekommen, als sié die Gränze erreichte ; dort stieß sie auf die Armee von St. Do- mingo und mußte Halt machen. Jndeß rückte sie doch vor und hat mit dem Feinde die Gefechte bestanden, deren leztes ihr so nachtheilig wurde, daß sie eine Zuflucht zu Azua suchen mußte, Am 9, April dort von den Dominikanern angegriffen, ward sie gezwungen, über die Gränze zurüzu- gehen, blieb aber auf einem Berge in der Nähe von Azua gelagert ; 1000 Mann wurden von den Blattern befallen, und täglih starben eine große Zahl Leute aus Mangel an Pflege. Jn der Bai von Azua kam es zu einem Seegefechte, und dic aus drei Segeln bestehende haitische Flottille wurde von ciner dominikanischen Flottille von derselben Stärke auf die Klippen geworfen und scheiterte, Eines der haîtischen Schiffe is, was man sonst zu New-York ein großes Pilotencanot für Kanäle nannte; es is von 50 Franzosen geführt, die von der französischen Flotte entlehnt wurden, welche einige Zeit vor dem Gefechte sich im Hafen befand.

Auf dieser Seite (von Port au Platt) war die Armee von Cap Haíti, als sie die Gränze erreichte, durch Desertion bereits auf 5000 Mann zu- sammengeshmolzen, Sie wurde aufgehalten durch die Truppen von Mocha und Sautiago unter den Befehlen des Generals Titus Salceda, welcher der Cincinnatus dieses Landes genannt werden kann. Obgleih nur ein- facher Pflanzer, hat er sich zuerst erhoben, um seine Mitbürger zum Auf- stande aufzurufen, und wurde von ihnen zum General ernannt. Die Ar- mee vom Cap, durch ihn aufgehalten und gezwungen, eine andere Richtung einzuschlagen, erlaubte so der Armee von Santiago, in diese Stadt zurück- zukehren und dort eine Stellung zu nehmen. Die Bevölkerung von La Sierra ist nach ihren Bergen geflüchtet und die Armee unserer Stadt hat sih in einem Passe dieser Berge postirt, welcher die Straße vom Cap und von Santiago nach Port au Platt beherrscht. Am 30, März langte díe Armee vom Cap, auf 4000 Mann zusammengeschmolzen, vor Santiago an, wurde aber hier nach mehrfachen vergeblihen Stürmen von der Artillerie des Platzes mit großem Verlust an Leuten zurückgetrieben und floh mit Zu- rücklassung von 1000 Todten oder Verwundeten der G:änze zu.

Als diese Trümmer nun, hier vom Cap aus verstärkt, den Befehl erhiel- ten, von Neuem gegen Santiago zu marschiren, weigerten sie sih einstim- míg, und der Präsident Herard \chickte alsbald dem General Pierrot den Befehl, je cinen Mann von dreien in der ganzen Armee erschießen zu lassen. Der General aber weigerte sich seinerseits, diesen gräulichen Befehl zu vollziehen und zeigte dies dem Präsidenten an , der sogleich dem Gene- ral Obas und dem Oberst Bottar, der im Cap befehligt, Weisung gab, den General Pierrot zu verhaften und nach Port au Prince zu schicken. Während dessen war die Armee des Cap auseinandergelaufen, Der Offi- zier, Ueberbringer des Verhaftbefehls, war au beauftragt, funfzehn Kano- nen von Bronze, die sich im Cap befinden, nah Port au Prince einschif- fen zu lassen, und eíne neue Armee auszuheben. Aber die Bevölkerung vom Cap glaubte, die Kanonen und die 30,000 Piaster, welche der Offizier mit sich führte, behalten zu müssen, und profklamirte den Norden als unabhän- gigen Staat; General Pierrot wurde zum Ober-Befehlshaber ernannt. Die einflußreihsten und reichsten Männer des Cap \{chlo}en sih dieser Be- wegung an und beschäftigen sich gegenwärtig mit der Organisation einer Armee, um \ie gegen Port au Prince zu shicken. Jch glaube, Haiti wird bald das Schauspiel der Flucht eines anderen Präsidenten darbieten. Der Staat des Nordens wird das ganze frühere Königreich Christophe's, Go- naives, St. Marcs u. \. w. begreifen.

Im Süden is eine Armee von Aux Caves ausgerüt, aber nach einem furzem Marsche kehrte sie wieder um und machte ohne Erbarmen Mulatten und Quarterons nieder, So weit reichen unsere lezten Nachrichten aus dem Süden. Der französische Konsul zu St. Domingo hat seinem Kollegen zu Port au Platt geschrieben, daß er Konsul der dominikanischen Republik \ei. Als die haitischen Armeen ihren Marsch gegen diesen Theil des Landes antraten, hatten sie Befehl erhalten, Alles niederzumachen, was Spanisch \spräche. Die Bevölkerung dieses Theils der Jusel, welcher der klassische Boden der neuen Welt is, zählt 300,000 Seelen, worunter 200,000 Weiße, Spanier, fast sämmtliche Abkömmlinge der ersten Ansiedler. Jm Jnnern is die Mehrheit des Volkes weiß. Der Rest besteht aus 100,000 Negern, Mulatten und Andcren, die alle Nüancen von weiß bis {warz darstellen. Die Weißen stehen an der Spiße dieser Revolution, (Der Schreiber dieses Briefes meint nun, es wäre gerathen, cinen nordamcrika- nischen Agenten an die neue dominikanische Nepublifk abzuschicken, um zu ermessen, ob sie würdig sei, anerkannt zu werden. Jhre Chefs und die Masse des Volks seien Weiße, die sih dem ernicdrigenden Joche der Schwar- zen und Mulatten des Westens entzogen hätten.) :

Außer den obigen Nachrichten erfährt man nur noch, daß die amerikfanische Goelette „Doty Chase“‘/, die von New-York am 1, Mai vor Aux Cayes eingetroffen war, am Einlaufen in den Hafen dur feindselige Drohungen gehindert wurde. Der Capitain Baker konnte nicht einmal erfahren, ob die Stadt noch in den Händen der Jnsur= rection oder wieder in der Gewalt der Regierung von Port au Prince damals war. Der General Acana (andere Berichte nennen ihn Acao, wieder andere Acas) hatte dieselbe aber nah weiteren Berichten noch in seiner Gewalt, und dem General Coyemite den Befehl in der Stadt Jeremie übertragen. Die Ruhe war einen Augenblick durch einige dem französischen Konsul zugefügte Beleidigungen zu Aux Cayes gestört worden; aber auf die energischen Remonstrationen desselben und des Kommandanten der Brigg „Euryale““ hatte General Acana aus freiem Antriebe freundshaftlihe Aufklärungen gegeben und die Schuldigen bestraft. Von den auf Jamaika angekommenen Flüchtlin- gen hatte die Mehrzahl der Männer die Flucht ergriffen, um nicht zum Eintritt in Herard’'s Armee und zum Marsh gegen St. Do= mingo gezwungen zu werden. Folgenden Zug erzählt die Zeitung von Kingston. Ein gewisser Fanfan Cadet, von Aux Cayes gebürtig, hatte si eines Schiffes vou St. Domingo auf die sonderbarste Weise bemächtigt. Er hatte sich ganz allein mit einer Flinte bewaffnet auf einem Kanot eingeschi}t, näherte sih dem erwähnten Schiffe und gab Feuer. Die erschreckte Equipage stürzte sich ins Wasser, ließ das Schiff im Stiche, von welhem der Mann ohne Weiteres Besiß nahm. Es gelang ihm, dasselbe bis nah Azua zu führen, wo er dem Prä= sidenten Herard ein Geschenk damit machte; allein bald fam -ein Schiff unter französischer Flagge herbei, bemächtigte sih dieser leich- ten Beute und gab das Schiff an seine Equipage zurück. Der Prä= sident, über diese Dazwischenkunft sehr gereizt, hrieb an den franzó- sischen Konsul, Herrn Levasseur, und verlangte Aufklärungen von ihm.

Das lebte von Port au Platt am 8. Mai abgegangene Schiff bringt Berichte, wonah zwischen dem Präsidenten Herard und den Häuptern des Aufstandes von St. Domingo Besprehungen zu dem Zwede der Unterhandlungen für eine gütliche Abfindung stattfanden. Man wußte übrigens nicht, ob die abgesonderte Unabhängigkeit des spanischen Theils von Haiti dabei zu Grunde gelegt wurde.

T e L. B

_- Paris, 14. Juni. Nachrichten aus Galveston (Texas) bis

14, Mai zeigen, daß der Verkehr der amerikanischen Kriegsschiffe mit jenem Hafen sehr lebhaft war, Das Staats-Dampfschiff der Verei- nigten Staaten, „, Poinsett “, welches Herrn Thompson, vertrauten Agenten des nordamerikanishen Staats-Secretairs des Auswärtigen, nach Veracruz bringt, berührte Galveston am 11ten, angeblih nur um Kohlen einzunehmen, und sollte am folgenden Tage seine Fahrt fortseßen. Man hatte bei dieser Gelegenheit zu Galveston die Nicht= zustimmung des Herrn Clay zu dem Anschlusse von Texas erfahren, laubte aber allgemein, diese Opposition beziehe sich nur auf die

poche des Anschlusses, Uebrigens herrschte in Texas eine ziemlich

lebhafte Unzufriedenheit über die Wendung, welche die Anschluß-An= gelegenheit zu Washington genommen hatte. Viele scheinen jeßt zu bedauern, daß man nicht lieber den Versuch zu Unterhandlungen mit England machte. Die Fregatte „Potomac““ ‘der Vereinigten Staaten, mit dem Commodore Conner an Bord, dem bekanntlich der Ober-