1878 / 278 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 25 Nov 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Se. Majestät den Kaiser und König, in welches die Versammlung begeistert einstimmte.

Bayern. München, 22. November. (Alg. Ztg.) Se. Majestät der König hat eine Reihe neuer eiuenuiten über Beförderung der Unteroffiziere im Friedens- verhältniß, unter Aufhebung aller entgegenstehenden Be- stimmungen, genehmigt und das Kriegs - Ministerium zum Erlaß der Vollzugsvorschriften , sowie etwa er- forderlih werdender Ergänzungen und Abänderungen nicht orinzipieller Natur ermächtigt. Se. Majestät der König hat ferner den drei Bataillonen des neuerrihteten Jnfan- terie-Regiments Nr. 16 die Fahnen verliehen, zu deren feierlichen Weihe sich der kommandirende General des 1. Armee- Corps, General Freiherr von der Tann, begleitet von den Commandeuren der 1. Jnfanterie-Division, General-Lieutenant von Diehl, und der 2. Jnfanterie-Brigade, General-Major von Heckel, am kommenden Montag früh von hier nach Passau und dann nach Burghausen, den Garnisonen des Re- giments, begeben wird.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 23. November. (W.T. B.) Die- „Polit. Korr.“..läßt -sih- aus. Konstantinopel vom 22. d. M. melden, in Folge von aus Nedsched (Arabien) eingegangenen ungünstigen Nachrichten habe die Pforte be- schlossen, das 7. Armee-Corps in Yemen zu verstärken und mehrere Bataillone dorthin zu entsenden. Aus Athen meldet dasselbe Blatt: Zwischen dem Minister-Präsidenten Komunduros und dem Oberst Grivas shweben Unterhand- lungen wegen der Uebernahme des Kriegs-Ministe- riums Seitens des Leßteren. i :

26. Novembcr. (W. T. B.) Nach hier vorliegenden Berichten aus Pest wird es für möglich gehalten, daß die Re- gierung in Folge des gestrigen Beschlusses des Budgetaus- schusses der österreihishen Delegation bezüglih der Na ch- tragskredite für die Offupation, die Delegationen vertagt und zur Beschlußfassung über den Berliner Ver- trag den Reichsrath einberuft. Sollte dieser Modus nicht angewendet werden und das Plenum der Delegation den Be- {luß des Budgetausshusses verwerfen, so würden die Abge- ordneten Herbst und Genossen ihre Mandate niederlegen.

Pest, 23. November. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der ungarischen Delegation erklärte Graf Andrassy in Beantwortung der Fnterpellation über das Durchzugsrecht der russishen Truppen dur die Dobrud scha, daß die Dobrudscha im Sinne des Berliner Vertrages rumäni- {hes Gebiet sei. Die von Rumänien übernommenen Ver- pflihtungen erstreckten sih daher auch auf die Dobrudscha und andererseits bezögen sih die Bestimmungen über die Räumung Rumäniens ebenfalls auf die Dobrudscha. Die Regierung könne dié Umgehung irgend eines Punktes des Berliner Vertrages nicht zugeben und habe auch Grund zu glauben, daß auf keiner anderen Seite eine solhe Absicht bestehe. Der österreichische Gesandte in Bukarest habe heute gemeldet, es sei gegründete Hoffnung vorhanden, daß rine Vereinbarung zwischen Ru- mänien uud Rußland zu Stande komme. och habe er

ate, andererseits eine L 0 niht ganz übereinstim-

mende Mittheilung erhalten, so “daß er gegenwärtig eine be- stimmte Erklärung nicht abgeben könne. Jm Unterhause wandte sich bei der fortgeseßten Adreßdebatte der Minister- präsident Tisza in längerer Rede gegen die Ausführungen der Redner der Opposition und vertheidigte unter großem Beifall der Rechten die Erin äußere Politik der Monarchie.

25. November. (W. T. B.) Der Budgetaus\{chuß der österreichischen Delegation hat gestern die Vorlage, betreffend die Nachtragskredite für die Okkupation, berathen. Nach längerer Debatte, an welcher sich auch Graf Andrassy betheiligte, wurde der Antrag des Abg. Herbst: Die Delegation möge mit Rücksicht auf den unvollständigen Nach: weis der verausgabten Summen und, in Erwägung, daß die verfassungsmäßige Zustimmung des Reichsrathes zu dem Ber- liner Vertrage, auf Grund défien die Verausgabung geschehen, noch nicht ertheilt worden sei, über die Vorlage zur Tages- ordnung übergehen, mit 14 gegen 6 Stimmen angenommen.

Schweiz. Bern, 23. November. (Bund.) Auf Grund der bezüglichen Vorlage der Gotthardbahndirektion hat der Bundesrath Programm und Voranschlag für das 7. Baujahr des großen Tunnels (1. Oktober 1878 bis 30. Sep- tember 1879) festgestellt. Das erstere sieht auf den 30. Sep- tember 1879 als Länge des Richtstollens 14 116,7 m, als Länge des vollendeten Tunnéls 9895,0 m, der letztere einen Aufwand von Fr. 12 304 367 vor.

Niederlande. Haag, 21. November. (Lpz. Ztg.) Der König ist von Arolsen gestern Abend in seinem Sommer- palaste Het Loo wieder eingetroffen.

Großbritannien und Jrland. -London, 23. No- vember. (W. T. B.) Nach einem hier eingegangenen Telegramm des Vizekönigs von Jndien, vom 22. d. M., ist die Brigade Roberts gestern in dem Koorumthale vorgerückt, ohne daselbst auf Widerstand zu stoßen. Die Brigade beseßte zwei kleinere Forts, welche be- reits vor dem Eintreffen der englishen Truppen geräumt worden waren. Die Haltung der Bevölkerung ist eine freundliche. Ein Telegramm aus Lahore, von heute, veröffentlicht den Bericht des Kommandirenden der britishen Truppen Browne, über die Ei nnahme von Alimusjid. Darna wurden E Kanonen genommen und viele Gefängene ge- máht, au eine N Lastthiere erbeutét; zwei englische Offiziere wurden getödtet, einer verwundet; außerdem sind 30 bis 40 Mann theils todt, theils verwundet. Die Abtheilung Browne's rückt heute in der Richtung nah Khane vor.

25. November. (W. T. B.) Nach “Meldung der Morgenblätter hat die Regierung TrUppenverstärkungen nach dem Kap abgesendet.

Lahore, 23. November. (W. T. B.) Die englischen Streitkräfte unter dem General - Major Biddulph sind mit dèr unter Major Sandéman'n stehenden Abtheilung bis in die Nähe von Pishin vorgerückt.

24. November. (W.“ T. ' B.)

afghanishen Heeres abgeshnitten und ihnen Waffen und Ausrüstungsgegenstände abgenommen. 9 î

Frankreich. Paris, 22, November. Das „Journal

; emoI Major Cavagnare | meldet : die Afridis-Truppen hätten 500 Mann des.

durfte man hoffen, daß er dem Ackerbau Gelegenheit geben würde, sich das ige Geld zu veriGanen, sei es, um Grund und Boden von den kurzer Frist fälligen und nur allzu oft wucheri)hen Schulden, die auf ihm lasteten, zu befreien, oder um die von der Wissenschaft oder einer kundigen Praxis als nügßlich anerkannten Verbesserungen zu bewerkstelligen. Allein diese Anstalt konnte nah ihren Statuten nur den Grundbesißern und den E welche zugleih Grund- besißer sind, zur Verfügung stehen, so zwar, - daß der ge- wöhnliche Landwirth, Pächter oder Meier, der kein anderes Pfand zu bieten hat, als seine persönliche Ehrenhaftigkeit und sein Arbeitsgeräth, bei dem Credit foncier weder die Mittel zur Verbesserung seiner Wirthschaft noch eine Lite in s{chwierigen Zeiten finden konnte, Es blieb aljo S ein Credit agricole zu gründen. Jn der großen landwirthschaftlihen Enquete von 1868 wurde die dringende Nothwendigkeit, diese Lücke auszufüllen, von allen Sachverständigen betont, und beinahe in jedem Berichte fand man Vorschläge, Wünsche und Anträge in diesem Sinne. Nun bestand allerdings neben dem Credit foncier und unter feinem Schuße eine Art von Bank, welche den Namen Credit agricole führte. Diese Anstalt war aber bald von ihrem eigentlichen Zwede abgewihen, um sich auf gewagte Spe- fulationen einzulassen, die ihren Ruin herbeiführten. Sie hatte vom Landwirthschaftlihen nur den Namen, und man kann sagen, daß nos bis auf den heutigen Tag der Versuh eines folchen Fnstitutes niht gemacht wor- den ist. Gleihwohl is es von Wichtigkeit für die Jn- teressen des Landes, die Darlehne für den Alerbau zu erleihtern und den Landwirthen, mögen sie nun Grund- besißer oder nur Pächter sein, die nöthigen Hülfsquellen zu einer rationellen Verbesserung ihrer Wirthschast an die Hand zu geben. Von dieser Nothwendigkeit durchdrungen, hat der Minister für Ackerbau eine Kommission eingeseßt, welche die Frage des landwirthschaftlihen Kredits nohmals zu prüfen und die geeigneten Mittel aufzusuchen hat, wie der Vortheil der Baarvorschüsse auf den Ackerbau auszudehnen wäre. Diese Kommission besteht aus den Senatoren Léonce de La-

.vergne, Labiche und Garnier, den Abgeordneten Foigneaux,

Drumel und Antonin Proust, den Gouverneuren der Bank von Frankreih und des Crédit foncier, dem Staatsrath Du- frayer und dem Abtheilungsdirektor im Ministerium für Acker-

bau Porlier.

Versailles, 23. November. (W. T. B.) Die De- putirtenkammer hat in ihrer aae Sißung das Budget des Kultus-Ministeriums und des landwirthschaftlihen Ministe-

riums angenommen.

Spanien. Madrid, 24. November. (W. T. B.) Der Prozeß wegen des Attentats auf den König kommt morgen vor dem hiesigen Appellhofe zur Verhandlung. Nach Meldungen hiesiger Blätter haben in Saragossa einige Verhaftungen stattgefunden.

Italien. Rom, 23. November. (W. T. B.) Heute wurde hier anläßlih der Errettung des Königs Hum- bert ein Tedeum abgehalten. Ebenso fand in Florenz ein solches statt. Der „Avvenire“ warnt vor den Nach- richten, die in den ungen über die Vernehmung des Meuhelmörders umlaufen. Die Nachricht eines Journals, wonach in Pisa ¡mif ên FJnternationalisten und Studenten eite blutige Schlägerei stättgésunden haben sollte, ist nah aus Pisa eingegangener Meldung unbegründet. j

24. November. (W. T. B.) Heute Nachmittag um 3 Uhr verkündeten 100 Kanonenschüsse und das Läuten der Glocken vom Kapitol und vom Monte Citorio die Ankunft des Königs und der Königin. Jhre Majestäten, der Prinz von Neapel und der Herzog von Aosta trafen, von dem Minister-Präsidenten Cairoli, mehreren Ministern und den Präsidien des Senats und der Kammer begleitet, auf dem fest- lich geshmüdckten Bahnhofe ein und wurden zunähst im Bahnhofs- saale von den hier zurückgebliebenen Ministern, den Mitgliedern des Parlaments und dem Sindaco mit der Gemecindejunta begrüßt. Vor dem Bahnhofe hatten sich sämmtliche Civil- und Militärbehörden aufgestellt. Die Vereine, Arbeitergewerke und Gésellschasten, etwa 60 an der pahl, hatten mit Fahnen und Musikcorps auf dem Terminiplage Aufstellung gefunden und dié zu der Einzugsfeier besonders eingeladenen Personen auf den für dieselben erbauten Tribünen Plaß genommen. Auf dem ganzen Wege vom Bahnhofe bis zum Quirinal bil- deten die Truppen Spalier.

Als der König und die Königin aus dem Bahnhofe heraus- traten, wurden dieselben von der Bevölkerung mit endlosem «Jubel begrüßt ; die aufgestellten Musikcorps intonirten die Königshymne. Der Königliche Wagen, in welchem sich der König, die Königin, der Prinz von Neapel, der Herzog von Aosta und der Minister-Präsident Cairoli befanden, bewegte sich über den Terminiplaß, dur die National- und Quirinal- straße, überall von einer Kopf an Kopf gedrängten Menge umgeben, welche unter Blumenwerfeu und Tüchershwenken unablässige und enthusiastishe Hochs auf den König und die Königin erschallen ließ. Die Vereine und Ge- sellschaften folgten in geordnetem Zuge dem Königlichen Wagen bis zum Quixinal, wo die übrigen Vertretungen von Körperschasten dem Königspaare hre Huldigungen darbrachten. Nach. der Ankunst im Königlichen Palaste erschienen der König und die Königin wiederholt auf dem Balfon, um der die enthusiastishen Kundgebungen unausgeseßt wiederholenden C ArA A zu danken. Hierauf fand ein feierlicher Evidana der Mitglieder. der Behörden und der. Deputationen statt. Die Stadt ist überall reich gema und beflaggt, in den Straßen herrscht reges Leben. Am Abend wird eine glänzende Be- leuhtung jiattsinden, und auf den öffentlihen Pläßen spielt die Musik.

24. November, Abends. (W. T. B.) Die Deputir- via ist auf den 26. d. M. zu einer Sißung ein-

erufen.

Neapel, 23. November. (W. T. B.) Der König und die Königin haben heute dem. Tedeum in der Kathedrale

| beigewohnt.

Griechenland. Athen, 23. November. (W. T. B.) Die Kammer hat heute anläßlih einer unrichtigen Mit- theilung des „Journal des Debats“, nach welcher der frühere

inisterpräsident Tricoupis eine feindselige Sprache gegen

rankreich geführt haben sollte, ihrer Entrüstung hierüber

usdruck gegeben und ihren Präsidenten beauftragt, die be- züglihe Mittheilung zu dementiren.

Türkei. Konstantinopel, 23. November. (W. T. B.)

der Pforte bezüglih der Repatriirung der Emigrirten angenommen. :

Numäánien. Bukarest, 24, November. E T. B.) Die vom Journal „Orient“ gebrahte Mittheilung, daß Rußland: mehrere wichtige Oertlichkeiten der Dobrudscha, welche die europäishe Kommission für die Regulirung der Grenzen zwischen der Dobrudsha und Bulgarien- Rumänien ugesprochen hatte, für Bulgarien behalten wolle und daß Nugland deshalb bei den Signatarmächten des Berliner Ver- trages vorstellig geworden sei, wird von dem amtlichen Blatte für vollständig unbegründet erklärt.

Amerika. New-York, 23. November. (W. T. B.) Der Marquis si Lorne ist mit seiner Gemahlin, der rinzessin Luise, heute in T eingetroffen. er Shaßsekretär Sherman hat gelegentlih einer Un- terredung sch dahin ausgesprochen, daß nah dem 1. Januar 1879 das Papiergeld mit dem gemünzten Gelde al pari erhalten werden solle, und zwar vermittelst der Amortisirung und dadur, daß das Papiergeld bei der Entrichtung von D und ‘für Staatsshuldbonds in Zahlung genommen werde.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Wiesbaden, Montag, 25. November. Se. Majestät der Kaiser und König unternahmen gestern eine Spazierfahrt nah Sonnenberg und wohnten Abends der Vorstellung im Hoftheater bis zum Schlusse bei.

Nr. 67 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs- Post- und Telegraphenverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: Vom 14. November 1878: Verwechselung der Orts- namemen Bartenstein in Ostpreußen und Bartenstein in Württem- berg, Oberamt Gerabronn. Vom 19, November 1878: Abschriften aus den Ueberweisungskarten auf Postagenturen. Vom 15. No- vember 1878 Abänderung der Anlage 12 Abschnitts V. Abtbeilung 5 der Allgemeinen Dienstanweisung für Post und Telegraphie.

Statistische Nachrichten.

Bei der Magdeburger Allgemeinen Versicherungs- Aktien-Gesellschaft Abtheilung für Unfallversiherung— kamen im Monat Oktober 1878- zur Anzeige: 12 Unfälle, welche den Tod der Betroffenen zur Folge gehabt haben, 7 Unfälle, in Folge deren die Beschädigten noch in Lebensgefahr \{weben, 40 Unfälle, welche für die Verletten voraussfich:lih lebenslängliche, theils totale, theils partielle Invalidität zur Folge haben werden, 476 Unfälle mit vorausfichtlich nur vorübergchender Erwerbsunfähigkeit; Summa 535 Unfälle.

Der in Aachen bestehende Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit veröffentliht die Resultate seiner Wirksam- keit im Jahre 1877. Seine Aktiva betrugen am Schlusse dieses Jahres 50 841399 #Æ, seine Passiva 47 746 44ò , \o daß sein Vermögen 3 094 954 #. beträgt, wovon 2515 534 4 zum Kapital- fonds und 579 420 M. zum Reservefonds gehören, Die Einnahmen des Jahres 1877 beliefen sich an Zinsen 2c. auf 2434761 Æ, die Ausgaben auf 2385039 f, so daß sih als» ein Ueberschuß von 49 722 M ergiebt, welcher mit Zuziehung der früheren Reserve von 529 698 6 die vorerwähnte jeßige Reserve von 579 420 A bildet. Die Wirksamkeit des Vereins durch seine verschiedenen Institute lassen die nachfolgenden Angaben näher erkennen :

Der Betrag der bei den Prämienkassen im Jahre 1877 cein- gelegten Ersparnisse war 3 535 096 4. gegen 3 893 015 M. im Vor- jahre, während die vorgekommenen Nückzahlungen 4 360 146 A gegen 4595139 in 1876 betragen haben. Die Zahl der Sparer bei den Prämienkassen war am Schlusse des Jahres 1877 49 459 mit einem Guthaben von 18 849 667 A Es hatten 3315 Sparer ein Guthaben bis zu 6 f, 2777 ein solches über 6 4 bis 15 (A, 2547 ein solches über 15 4 bis 30 X, 3268 ein solches über 30 M bis 60 M, 7632 ein solches über 60 46 bis 150 M, 7578 ein folches über 150 M bis 300 46. 5074 ein folches über 300 M bis 450 A und 17 268 ein solches über 450 X Nach Stand und Gewerbe vertheilen fich die Sparer folgendermaßen : Arbeiter in Wolenfabriken 3829, Nadelfabriken 729, Maschinenfabriken 463, Eisenfabriken 1363, \onftigen Fabriken 2014, Bergwerksarbeiter 2197, Eisenbahnarbeiter 653, Näherinnen 4288, Hand- werker ohne Gesellen 4301, nicht selbständige Handwerksarbeiter 5424, Tagelöhner 6587, sonstige Arbeiter 2519, Dienstboten ein- \{ließlich der Akersknechte 14 663, Bei den Sparkassen des Vereins sind im Jahre 1877: 12782455 # neue Einlagen (1876: 13 012793 M) gemacht worden, während der Betrag der vorgekom- menen Rückzahlungen fih auf 13 449 982 A (1876: 14108 111 M4) belief. Die Zahl der Einleger bei den Sparkassen betrug am S(lusse des Jahres 1877; 23 684 mit einem Gesammtguthaben von 28 512083 A Von den Einlegern haîiten 5519 ein Guthaben bis zu 60 M, 2650 ein solches über 60 bis 150 4, 2408 ein solches über 150 bis 300 4, 3024 ein solhes über 300. bis 600 Æ und 10083 ein folches von mehr als 600 G Bei der Arbeiter- Pensions-Kasse sind von ihrer Errichtung (Juli 1852) an bis zum S({lusse des Monats Juni d. J. 107 Ein- zahler aufgenommen worden, von denen Ende Juni d. J. 89 noch lebten. Der Betrag der Einzahlungen in dieser Zeit belief fi auf 68 716 M, der erworbenen Pensionen auf 14817 Æ, der

ezahlten Pensionen auf 65 653 4 In den vom Vereine unter- L alidin BVerwahranstalten betrug die Zahl der Kinder Ende 1877: 1877 gegen 1874 im Vorjahre; die Beiträge des Vereins zu den Kosten dieser Anstalten beliefen fich in 1877 auf 30734 M Mit Rüctsicht auf die günstige finanzielle Lage des Vereins ist übri- gens: beschlofsen worden: 1) dem Vorstande des Krankenhaus-Vereins für Aachen und Burtscheid alljährlih die Zinsen eines Kapitals von 120000 ÆA mit der Bestimmung zu überweisen, daß davon ein Drittel dazu dienen foll, die Kosten der unentgeltlihen Be- handlung der dem Arbeiterstande angehörigen Kranken aus dem Regierungsbezirke Aachen, ohne Unterschied des Alters, Geshlechtes und der Konfession, in der Polyklinik der Anstalt zu dedken, mit den übrigen zwei Dritteln aber eine Anzahl Freibetten-für- die- arbeitende Bevölkerung des gedachten Bezirks in dem Luisen-Hospitale zu gründen und 2) zur Errihtung einer Augen- klinik in der Stadt Aachen, welhe vorzugsweise die Bestimmung

bezirks Aachen Kur und Heilung, und soweit dies erforderlih ift, auch Aufnahme und Verpflegung zu gewähren, die Summe von 90 000 M zu bewilligen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die uns vorliegenden neuesten zwei Nummern der trefflichen Musterblättersammlung „Gewerbehalle, Organ für den Fort- \chritt_ in allen Zweigen der Kunstindustrie“ FEUgari, I. Engel- horn), sind besonders reich an geschmackvollen , vorzüglich xylo- raphirten resp. Farbendruck-Tafeln. Namentlih hat die Pariser

eltausftellung mehrere ausgezeihnete Muster geliefert. Da ift zunächst in der 10. Lieferung eine prachtvolle Vase in parischem Porzellan, pâte sur pâte gemalt von Solon, ausgeführt in der Fabrik von Minton u. Co., Fabrikanten in Stoke-upon-Trent.

officiel“ shreibt; Als der Crédit foncier gegründet wurde,

Wie verlautet, hat die internationale Kommission den Antrag

Dann folgen dekorative Details vom Ausstellungspalaste auf denr

haben soll, Augenleidenden aus dem Arbeiterstande des Regierungs- .

ocadero in Paris, entworfen von dessen Architekten Hardy, und ren sehr originelle, humoristisch Lagelanne und geistvoll charafterisirte Köpfe von Meerdämone: ; ferner Pariser Ebenholz-Yiöbel mit Elfenbein- Einlagen und ein sehr hübscher Srein für ein Miniaturbild, im cäctigsten Renaifsancestyl, ausgeführt in der Fabrik von A. Bemké n Mainz. Ein {wer übertrefflihes Meisterwerk feinsten Geshmacks und Formgefühls und eine wahre Augenweide ift die ungemein grazióse Jardinière in Silber, entworfen von Otto Girard, Arctitekten in Wien, ausgeführt vom Fabrikanten Czokaliy daselbst unstreitig eines der s{chönsten unter den vielen s{chönen Blättern, welhe die Gewerbehalle bisher gebracht hat. Dem Herausgeber, Arcitektean Adolf Schill in Stuttgart, muß man für die Mittheilung ¿weier ftyl- und phantasievoller Holz- ornamente aus Perugia dankbar sein. Sehr interessant ist au das in wohlgelungenem Farbendruck reproduzirte persishe Teppichmuster auf der leßten Tafel, welches in der Fabrik von Schüß und Juel in Wurzen (Sachsen) praktisch verwerthet worden ist. : Das 11. Heft zeigt zuerst einen Majolica-Wandbrunnen in \{chwungvollem Renaissance-Styl, entworfen und modellirt von G. Lacher, Bildhauer in Graz, ausgeführt vom Töpfermeister Franz ‘Wudia daselbst, ferner sehr ges{mackvolle Parquetböden von Tafson und Washer in Brüssel (von der iee Weltausstellung), einen EGhrendegen französisher, aber mehr prunkvoller und technisch vollendeter als \{chöner Arbeit. Das prachtvolle EXstück eines Buch- beschlags in der Königlichen Hof- und Staatsbibliothek zu München, aus dem Jahre 1506, welches Hr. Professor Dr. Stokbauer in ‘Nürnberg mittheilt, ist wohl geeignet, uns hohe Achtung vor der damaligen Goldschmiedekunst einzuflößen. Der Redacteur felbst theilt vier reizende in Holz geschnißte Ornamente (Anfang des 16. Jahr- hunderts) aus dem Dom in Mainz mit. Auch die gepreßte Leder- tapete aus dem 16. Jahrhundert, welche Hr. Maler G. Gaupp in München in Farbendruck publizirt, ist ein vortreffliches, nahahmens- werthes Musterblatt. | E Die zweite der, wie bereits kurz mitgetheilt, im Verlage der Königlichen Hof-Buchhandlung von Ernst Siegfried Mittler und Sohn hierselbst jüngst erschienenen Regiments-Geschichten, „die Ge- {chichte des 3. Hannoverischen Infanterie-Regiments Nr. 79“, welche im Auftrage des Reaiments von dein Oberst-Lieute- nant H. Schmidt v. Knobel sdorf verfaßt ist, hatte sich mit einem verhältnißmäßig kurzem Zeitcaum zu beschäftigen, denn das Regiment datirt sein Bestehen erst von 5. November 1866. Lrog dieser kurzen Spanne Zeit von 12 Jahren hat auch dieses junge Regiment eine an Siegen und Ehren reiche Geschichte. Das vorliegende Buch, dessen Inhalt, diese Geschichte bildet, schildert dieselbe in drei Ab- \chnitten, von denen der zweite Abschnitt, welcher über den Antheil, den das Regiment an dem Kriege von 1870/71 genommen, be- richtet, sachgemäß den bei weitem größten Theil des Buches ein- nimmt. Der erste Abschnitt hat die ersten Friedensjahre, die For- mation und die Erlebnisse in den Garnisonen zum Gegenstande. Der zweite (Haupt-) Abschnitt beschäftigt #sich_ mit dem leßten großen Kriege in folgender chronologi1cher Entwickelung. Nach der Schilderung der obilmachung und des Ausmarsches, wird soweit das Regiment betheiligt ift, eine Darstellung der Schlachten bei Vionville-Mars la Tour und bei St. Privat-Graves lotte gegeben. Daran reiht sih der Bericht über die Cernirung und die Kapitulation von Meß. Nach der Kapitulation von Metz finden wir das Regiment auf dem Marsche nach der Loire und betheiligt bei folgenden Schlachten und Gefechten gegen die französise Loire- Armee bis zu Anfang des Monat Dezember, nämlich den Gefechte bei Ladon und Maizières am 24. November, bei Lorcy 26. Novem- ber, und bei Maizières am 30. November, und der S{hlacht bei Beaune la Rolande 28. November. Lie Ereignisse vom 3. bis 9. Dezember, während welcher Zeit das Regiment in der 39. In- fanterie-Brigade bei der 1. Kavallerie-Division operirte, den Vor- marsch von Orleans bis Vendôme und die Ereignisse vom 9. bis 16, Dezember, die Schlacht bei Beaugency am 10. Dezember, die Ver- folgungs8gefechte bei Château Serqueu und bei Mer, 11. und 12. Dezewber, die Gefechte bei Vendôme und bei St. Amand am 15., und das zweite Ge- echt bei Vendôme am 16. Dezember, sowie die Verfolgung des Feindes is Epuisay am 17., 18. und 19, Dezember schildern die nähften beiden Kapitel. Das 11. Kapitel dieses Abschnittes beschäftigt sich mit den Ereignissen vom 20. Dezember 1870 bis zum 5. Januar 1871 mit den Gefechten bei Montoire am 27. Dezember, bei Villiers und Vendôme am 31. Dezember. Dann finden wir weiter im fol- genden Kapitel das Regiment auf dem Vormarsch von Vendôme bis Le Mans Theil- nehmend an “den Ereignissen vom 6. bis 14. Fg- nuar, den Gefechten bei Les Rcches 6. Januar, bei Chahaignes Brives und dem Ueberfall von St. Vincent am 9. Januar, und an der S{hlacht bei Le Mans am 11. und 12. Januar. Den Inhalt der noch folgenden 6 Kapitel dieses Abschnittes bildet die Thätigkeit des Regiments bei der Verfolgung des Feindes bis Laval; und weiter die Swilberüng der Rückkehr nach Le Mans, der Kantonnements während des Waffenstillstande8; des Rückmarsches bis hinter die Seine; der Veränderung der Dislokationen und Märsche bis zur Rückkehr in die Heimath und {ließli der Bericht über die Rückkehr und die Cinzüge in die vaterländischen Garnisonen des Regiments, Hannover und Hildesheim. Dec dritte kurze Abschuitt des Juches berichtet über die Friedentjahre nah dem Feldzuge, über die Jahre von 1871 bis 1877. Fünf Karten und Pläne, nämlich eine Marschkarte des Regiments in Frankreich, eine Uebersichtskarte der Umgegend von Meß, sowie die Pläne zur Schlacht dei Beaune la Nolande, der Umgegend von Vendôme, sowie zum Gefecht bei Montoire erläutern die bedeutendsten Operationen de3 Regimentes während des Krieges. Als Titelshmuck ist dem Buche beigegeben ein in Lichtdruck vortrefflich ausgeführtes Bildniß des verstorbenen Generals der Infanterie von Voigts Rheß, des einstigen Chefs des Regiments und kommandirenden Generals des X, Armee-Eorps, der auch im Kriege an der Spiße dieses Corps stand. Der Preis des Buches beträgt 6 4.

Gewerbe und Handel.

Nah dem Recnungsabshluß der Berliner Bo- brauerei für das mit dem 30. September abgelaufene Geschästs- jahr tellt sih der Bruttogewinn auf 341 202 Æ, der Reingewinn auf 1086 #4 Der Ertrag des Bieres belicf sih auf 331 120 4, die Malz1abrik in Aussig a. E. erbrachte 9578 A Dagegen war die Unterbilanz des Vorjahres mit 3899 4 zu deckden. Es absorbirten die Steuern 55 038 #4, die Feuerung 24561 s, die Löhne 97 7109 M, die Fourage 17 623 M, die Reparaturen und Unkosten 41180 M, Diskont- und Zinsenkonto 50452 A, die Handlungsunkosten 37556 Æ, eine Abschreibung auf zwei- elhafte Außenstände 5270 A. Außerdem wurden ins- gesammt zu Abschreibungen 34 197 /( verwendet. Aus der Bilanz entnehmen wir, daß das Grundstückskonto mit 1081 974 & zu Buch steht, das Gebäudekonto mit 1069 712 4, das städtis{e Ausschank- konto mit 75 000 #4, das Depositenkonto mit 73 452 4, das Sffektenkonto mit 65 985 4 Der Bestand an Bier beträgt 177 858 4, Fer, an Hopfen 15 452 4, an Malz 76 219 4 2c., das Kassakonto LelRus d q auf 11 953 4, das Wechselkonto auf 176 A Unter A Passiven figu:irt außer dem Aktienkapital von 2475 000 4, Tue Hypothekenshuld von 900000 L, ein Kautionskonto von

452 Æ, das Kontokorrentkonto mit 15 209 (6 Der Ueberschuß vou 1086 #4 wird auf neue Rechnung vorgetragen. , Nach dem Geschäftsbericht der Aktienbrauerei Schult- hel hat im verflossenen Geschäftsjahre der Umsa 1 428 000 M ot 62 000 Æ mehr als im Vorjahre betragen. bgeschrieben sind A R iy a D R So aa I OLO UERITI 30 000 A ] ih dadurch au 8 Dividende werden 162 000 A (99%) vertheilt. Aktie. Dem Geschäftsberiht der Coburger Bierbrauerei- ï tiengesellschaft für das mit dem 30. September cr. abge- e vgs Betriebsjahr entnehmen wir Folgendes: Die Produktion er- ¿e hte die Höhe von 32600 bl und ergab einen Gewinn von 317 #, welcher es zuläßt, die Dividende auf 16 % festzuseßen.

dem

Der dem Reservefonds statutenmäßig zufließende Betrag von 11013 M wurde mit 2513 Æ für Umwandlung und Verbesserung der beiden Malzdarren und mit 999 # zur Vervollständigung des im Jahre 1876 erbauten Eishauses verwendet; der verbleibende Restbetrag von 7500 (A aber wird zur außerordentlichen Heimzah- lung ven Prioritäts-Obligationen bei der nächsten ordentlichen Aus- loosung ftatutengemäß E _Die Fabrikeinrihtung ist in der Bilanz mit 670460 . au geführt; die Vorräthe sind bewerthet mit 118 920 4; die Außenstände, von welchen 2200 abgeschrie- ben worden sind, bezifferten sich am 30. September c. auf 47 571 M4; diverse Debitoren waren vorhanden 169 013 4; das Kassakonto be- trug 27 549 e und das Kautionskonto 9500 A Das Kapitalkonto beträgt 747 000 M, das Reservekonto 51429 46, welchem noch eine Spezialreserve von 157 027 Æ zur Seite steht. Die Einnahmen erreihten die Höhe von 586759 Æ, die Ausgaben beliefen ih auf 498 441 MÆ, so daß also ein Uebershuß von 88 317 46. verblieb.

Glasgow, 23. November. (W. T. B.) Die Vecrräthe von Noheisen in den Stores belaufen sih auf 199 600 Tons’ gegen 166 200 Tons im vorigen Jahre. Zahl derim Betrieb befindlichen Hoch- öfen 88 gegen 89 im vorigen Jahre.

Verkehrs-Anstalten.

Triest, 25. November. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Aurora“ ist mit der ostindischen Ueberlandpost gestern, Nachts 11 Uhr, aus Alexandrien hier eingetroffen.

New-York, 22. Novembèr. Das Postdampfschiff „Donau“, Kapt. R. Bussius, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 10. November von Bremen und am 12. November von Southampton abgegangen war, ist heute, 4 Uhr Nachmittags, wohl- behalten hier angekommen.

New-Orleans, 22. November. Das Postdampfschif Han- nover“, Kapt. R. Hoffmann, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 23. Oktober von Bremen und am 28. Oktober n Havre abgegangen war, ist gestern wohlbehalten hier an- gekommen.

Berlin, 25. November 1878,

Morgen Dienstag, den 2., findet eine Königliche Parforcejagd statt. Rendezvous: Mittags 1 Uhr zu Jagdschloß Grunewald.

In dem Verein für die Geschichte Berlins zeigte am Sonvabend Hr. Stadtrath Friedel eine interessante Zusammen- tellung vor, aus* der sich ein UVebcrblick über die Entwickelung unserer Heizapparate gewinnen läßt. Aus den betreffenden Erläute- rungen des Hrn. Friedel, denen sich die des Hrn. Alfieri an- \{lossen, Heben wir Folgendes hervor: Das Klima Deutschlands be- wirkte frühzeitig den Uebergang des Kamins in einen festen Ofen. Zur Herstellung der leßteren brannte man Kacheln, die die Form von quadratisch zusammengedrückten Schmelztiegeln hatten, deren Oeff- nungen nach den Stuben gingen. Es sind solher Kachelu noch viele vorhanden, die die allmählihe Vervollkommnung der- selben deutlich verfolgen lassen bis zur figurreichen, bunt emaillirten Kachel des 15. Jahrhunderts. Vom 16. Fahr- hundert ab werden die Oefen anders konstruirt, es tritt eine zwedck- mäßige Verbindung des eisernen und des Kachelofens cin. Auf meist \chön gestalteten Füßen ist zunächsi aus eisernen Platten ein Kasten konstruirt, über welhem si dann, reich verziert und dem jedesmaligen Standpunkte des Kunstgewerbes entsprechend, ein Oberbau von Kacheln erhebt, der ein Ganzes herstellte, vor welchem sich unsere Ofen- maschinen verstecken müssen. Auf die Herstellung der eisernen Platten ward der größte Fleiß verwendet; man findet. in ihnen, z. B. in den noch vorhandenen Thurneysen hen, von denen Hr. Alfieri mehrere entdeckt hat, und deren auch noch im Lagerhause vorhanden sind, vor- trefflihe Zeichnungen und Darstellungen aus der biblishen Ge- \cichte 2c. Später scheinen dieselben besonders in Lüneburg und Braunschweig angefertigt worden zu sein, obwohl der Große Kurfürst au hierï\wieder Platten machen ließ. Das jüngste Datum einer alten Platte ist 1706; das Haus Poststraße 12 war besonders ergiebig an derartigen Alterthümern.

An 2. Stelle zeigte Hr. F. Meyer sodann cin seltenes Me- d'aillon vor, das, in der Königlichen Eisengießerei angefertigt, die Zeiten der französischen Invasion darstellt. Zuleßt gab Hr. Budczies den Swluß seines Vortrages über die Templer und Iohanniter in der Mark.

„Die Waffensammlung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Carl von Preußen.“ Mit Tert, herausgegeben von G. Hiltl, Direktor der Prinzlichen Waffensammlung. Durcb un- veränderlichen Lichtdruck ausgeführt von A. Frisch in Berlin, Nürn- berg, Verlag von S. Soldan, Hof-Buch- und Kunsthandlung. Groß- Folio. 2. Lief.

Kurz nabdem diese zweite Lieferung der stattlihen, hocinter- essanten Publikation zur V rsendung gelangt war, ist der Herausgeber leider unerwartet und plößlich verstorben. Indessen hat er ih in diesem Werke ein bleibendes Denkmal gesezt Als langjähriger Direktor der reichhaltigen und berühmten Waffensammlung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Carl, als einer der vorzüglichsten Kenner auf dem Gebiete der Waffenkunde, war kein Anderer geeigneter für das so verheißungsvoll begonnene Unternehmen. Der kurze kunstgeshichtliche, in seiner Klarheit leiht orientire.de und belehrende Kommentar, mit dem er dasselbe begleitete, macht die Publikation zu einer ungemein instruktivea und interessanten Lektüre, die in der unmittelbarsten Weise dur die meisterhaft ausgeführten, roße, die {öusten Nummern der Sammlung in frappanter Wahr-

eit vorführenden, Lichtdruckblätter ergänzt wird.

__ Die erste Tafel ‘der zweiten Lieferung, die 22.,, führt zunächst ein Prachtexemplar eines ganzen litten Feldharnishs, Mann und Roß, in gotbis{em Styl (2. Hälfte des 15. Jahrhunderts) vor. Der Panzer ist in der carakteristishen Weise dieses Styls kannellirt und an den Rändern gezacktt. Die Schuhe und der Helm (hinten) find mit mähtigen Spitzen versehen, der elegante leichte Pferdepanzer besteht zum Theil aus Kettengeflecht. Originelle Zeug- nisse der erfindungs- und fkombinationsreihen, unermüdlich weiter- strebenden Waffens{hmiedekunst des 16. Jahrhunderts sind die drei komplizirten, mit Feuerrohren versehenen Schwerter auf dem folgen- den Blatt. Man wird zugestehen müssen, daß das s{chwierige Problem unter mißlichen Umständen in der geschicktesten Weise gelöst ist. Tafel 24 zeigt eine Armbrust nebst Winde (Maschine zum Spannen) aus dem 16. Jahrhundert, sowie einen Köcher mit Bolzen aus dem 15. Jahrhundert, Tafel 25 5 elegante, reichverzierte Dolche aus dem 16. Jahrhundert. Das nächste Blatt reproduzirt einen prächtigen sogenannten Mari- miliansharnisch in lihtem Eisen aus dem Anfange des 16. Jahr- hunderts, der freilich {on mehr turniermäßig prunkendes als tru iges an sih hat; Lafel 27: 4 Prachteremplare aus der rei{hhal igen Sektion der Feuergewehre, lange Ls und Faustrohre mit Rad- \{löfsern aus dem 16. resp. 17. Jahrhundert, sämmtlich auf das reichste verziert. Das eine Feuerrohr kann vermittelst der sinnreichen Vorrichtung eines ablegbaren Kolbens als Schultergewehr oder als Pistol gebraucht werden. Sehr interessant sind die weiteren Blätter, welche 3 jener originellen Dolche für die linke Hand mit zum Theil reich ornamentirten Handshußen und auffällig langen Parirstangen (16. und 17. Jahrhundert), fowie 2 Hellebarden und eine Schwein- feder (16. Jahrhundert), mit Feuerrohren verbunden, vorführen.

Eine technisch sehr verdienstvolle Arbeit ist die Rondache (runber Schild) aus dem 16. Jahrhundert, eine in der Zeichnung etwas gteife, aber außerordentlih feine Eisentreibung. Sie zeigt in der Mitte einen Fürsten oder vornehmen Kriegsmann auf sich bäumendem Roÿje, vermuthlih einen hohen Standesherrn, ter von der Stadt zur Linken nah seiner Burg, die zur Rechten auf hohem Felsen thront, hinauf- zureiten im Begriff scheint, während Hellebardiere das bherandrängende

Volk zurückhalten, Die folgenden beiden Tafeln zeigen zierliche \pa-

nische Rappiere und 2 prachtvoll mit in Eisen geshnittenen Reliefs verzierte Degenknäufe mit s förmig verschlungenen: HandsHuß. Die nächste Tafel führt die Seiten-ODetails des prachtvollen eifornen Bolzenkastens, dessen Deckel im ersten Hefte mitgetheilt wurde, vor. Dieselben sind mit Reliefs und taushirten Ornamenten auf das Reichste ausgestattet.

Der dann folgende herzförmige eiserne Schild (Mitte des 16, Jahrh.) ist ein Kunstwerk allerersten Ranges. Hier sehen wir, von einem s{wungvollen Rahmenwerk, das auf \{chwarzem Grunde effektvoll in Gold taushirt ist und dessen Lücken mit Armaturén, Fruchtstücken und Gefangenengestalten ausgefüllt sind, während oben ein Medusenhaupt und unten ein martialisch dreinshauender Teufelskopf den Feind angrinsen die Darstellung eiaer Feldshlacht und im Hintergrunde das bewegte Bild des Sturmes auf eine befestigte Stadt. Die getriebene Arbeit ist von bewundernswerther Feinheit.

Die weiteren Abbildungen zeigen 2 Partisanen und eine mit phantastishen Reliefs geschmüdckte italienishe Prunkhellebarde aus dem Ende des 17. Jahrh., 5 Dolche mit gerieften Klingen sowie einen Schild mit \chönem Medusenhaupt (italienische Renaissance). Die eleganten Körbe einigec der oben erwähnten spanishen Rappiere werden dann in vergrößertem Maßstabe vorgeführt.

Es folgen dann wieder 4 prachtvolle Radshloßmusketen (17. Jahrb.) mit der wundervollsten eingelegten Arbeit auf Kolben und Schaft und mit reichen Aeßungen auf den Metalltheilen vershwen- derisch bedeckt. Den Beshluß machen drei Dolche, davon der {önste mit einem Bastardmesser versehen, ein anderer mit ges{chmack- voller Niello-Arbeit in Eisen verziert.

Im Victoria - Theater fand am Sonnabend das erste Gastspiel der amerikanishen Neger-Gesell schaft der Messrs. Jarrett und Palmer statt. Die Gesellschaft hatte zum Gegenstande ihrer Darstellung ein Schauspiel: „Onkel Tom's Hütte“ gewäblt, das ein Amerikaner, Mr. George Rove, aus der bekannt.n, einst viel- gelesenen Erzählung der Mrs. Harriet Beecher-Stowe gearbeitet und ein ungenannter Schriftsteller ins Deutsche übertragen hat. Der auf diesem weiten Uniwege in ein deutshes Schauspiel metamorpho- sirte Stoff ist nun kein Drama im eigentliten Sinne des Wortes geworden; es sind eine Reihe lose aneinander ge- fügter Szenen und Bilder, die sich da auf der Bühne abspielen. Im Großen und Ganzen hat {ih der amerikanische Bear- beiter an den Inhalt der Originalerzählung gehalten und ckurch das ausdrucksvolle Spiel der Negergesell schaft bekommt man ein in fri- schen Farben gehaltenes Bild von dem Negerleben auf den Plantagen in den früheren Sklavenstaaten der Vereinigten Staaten, Wenn auch manche von den verschiedenen Produktionen in Musik und Tanz, welche man zu sehen bekommt, einen zu stark exotischen und tropischen Charakter tragen, um europäishem Geshmacke wohlgefällig zu sein, so ist doch vieles recht Charakteristische und Interessante in dem Dargestellten. Vor Allem die a capella Chorgesänge sind nicht allcin musterhaft ausgeführt, sondern au in ihrer eigenartigen Me- [odik von gewinnendem Reiz. Als Solo- und Koloratursängerin von Talent und Schule zeigte sih durch den Vortraz eines Liedes eine Dame der Gesellshaft. Zu bedeutenderen \causpielerishen Leistun- Ven bietet das Stück keine Gelegenheit; unter den von Mitgliedern der gastirenden Gesellschaft gespielten Rollen treten nur vier mehr hervor. Die Titelrolle des Onkel Tom gab Mr. Morton in etwas gebrochenem, aber fließendem Deutsch, mit natürlicher Einfachheit und Herzlichkeit, und die beiden weiblichen Rollen der „Chloe“ und der „Topsy“ wurden von Mrs. Rouse und Miß Marie Bates in origineller drastisher Weise verkörpert. Den lebhaftesten Beifall erwarb si die kleine Darstellerin der „Eva“ Tiny Withe, welche eine niht gewöhnliche mimishe und musikalische D Ged an den Tag legte. Die Kleine wurde wiederholt gerufen. Die Gâste wurden von den heimichen Mitgliedern des Victoria- Theaters, wirksam unterstüßt. In der Ausstattung bewährte sich das scenishe Geschick und der gute Geschmack der Direktion wiederum aufs Glänzendste; einige Dekorationen waren von überraschender Wirkung und fanden bei dem zahlreichen Publikum, das die weiten Räume des Theaters vollständig gefüllt hatte, die beifälligste Aufnahme.

Am Sonnabend ist der lange erwartete Stern der Kroll schen Dpernstagione endlih aufgegangen: Madame A delina Patti feierte ihr Debüt als Violetta in „La Traviata“ im wahren Sinne des Wortes, denn der enthusiastischen Ovationen war während des ganzen Abends kein Ende. Und diese Beifallsbezeugungen wogen um jo s{werer, als sie von einem auserlesenen Auditorium gespendet wurden. Kurz, der Erfolg war ein so großartiger, wie ihn hier seit Etelka Gerster keine Sängerin gehabt hat, aber au ein niht minder berechtigter, denn an phänomenalem Umfange, von den höchsten Lagen bis zu einem altartigén Brustregister hinab, an Glockenreinheit der Intonation, an souveräner Beherrshung aller tehnishen Schwierig- keiten dürfte Adelina Patti von keiner lebenden Sängerin übertroffen werden.

Schon das Trinklied wurde ftürmisch da capo verlangt, aber frei- lich ‘von der an derartige Auszeichnungen längst gewöhnten Diva nicht gewährt; noch hinreißender wirkte das Duett mit Alfredo und der wundervolle, lang ausgehaltene Triller, mit dem sie am Schluß des ersten kts die Scene verließ. Von geradezu entzückender Schönheit war das hingehauhte Pianissimo in dem Ductt mit Giorgio im zweiten Akt. Hier und in den weiterhin folgenden bewegten Auf- tritten trat ferner eine bei Vertreterinnen des bel canto nicht gewöhnliche dramatische Accentuirung des Spiels leuhtend hervor, die in der schr realistishen Sterbescene ihren Kumulationspunkt fand. Alles Gesangliche E das sih Madame Patti selbt nochH mit den außerordentlihsten Schwierigkeiten an brillanten Fiori- turen, Cadenzen und Arabesken ausgestattet hat, bewäl- tigte fie mit einer bewunderungswürdigen Meisterschaft, welche die häufig mitten in den s hineinstürmenden begeisterten Bei- fallsbezeugungen wohl entschuldbax erscheinen ließ, Neben der Ge- feierten fand ihr Gatte, Signor Nicolini (Alfredo), namentlich in den Duetts mit Violetta, die ausgiebigste Anerkennung. Der Lettere, ein Tenorist von {önen und Frästigen, aber leider durch ein un- mäßiges Tremolo verbildeten Stimmmitteln, detonirte zu Anfang ret unangenehm, wirkte aber durch den im Gegensaß zu anderen italienishen Tenoren männlich imponirenden dramatischen Charakter seines Organs wie feiner Erscheinung sehr \ympathisch. Weshalb der Sänger aber gerade ein Kostüm nach holländischer Mode aus der Zeit des 17. Jahrhunderts gewählt hatte, während alle übrigen männlichen Mitspielenden, mit Ausnahme Giorgio's, der ihm zu Gefallen ein ähnliches trug, ohnehin vnrichtiger Weise das eigentli doch ganz moderne Stück im Roccoccokostüm spielten, ist unerfindlich.

Von den uns {hon bekannten Mitgliedern der Krollshen Oper verdiente namentli der trefflihe Baritonist Signor Michele Medica als Giorgio Germont die ihm zu Theil gewordene Anerkennung in vollem Maße. : :

Die Vorstellung ging, von den Leistungen des Chors abgesehen, fehr G von Statten.

m Schluß des unvergeßlichen Abends erreichte der Enthusiasmus in einem Tush für die Sängerin seinen Gipfel. Immer und immer wieder wurde sie und ihr Gatte hervorgerufen, \{ließlich aber au Hrn. Direktor Bials und des verdienfstvollen Kapellmeisters Signor Bimboni gedacht, die an der Seite der Gefeierten erschienen, um den ae des Publikums für den ihm bereiteten Kunstgenuß entgegen- zunehmen.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl wohnte der Vorstellung bis zum Schlusse bei.

Morgen, Dienstag, findet das zweite Gastspiel der Madame Adelina Patti und des Sigr. Nicolini statt, und zwar in „Lucia di Lammermoor.“

Böttcher's inst ruktive Soiréen im Konzertsaale tes Königlichen Schauspielhauses bieten in dieser Woche die leßtmaligen Vorführungen der Cyklen: „Die romantisch2e Schweiz“ uvd der

astronomischen Exkursion: „Der Mond, seine Natur und Oberfläche.“