1879 / 36 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 11 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

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Abgeordnetenhauses insoweit Rech1ung zu tragen, daß sie empfahl, dem Geseß als §. 6 folgende Bestimmung ein- zufügen : „S. 6. Die den Stiftern zustehenden Rechte bei Beseßung

von Lebrerstellen gehen auf den Staat über.“

Der Referent, Herr von Dechend, nannte diesen Paragraphen ine Brücke, dem Abgeordnetenhause gebaut, um das Zustande- kommen dieses Gescßes zu ermöglihen. Zu diesem Para- graphen lag der obenerwähnte, in der Generaldiskussion son gestellte und debattirte Antrag des Grafen Rittberg vor. Graf Rittberg und Herr Dr. Beseler vertheidigten diesen Antrag, auch der Regierungskommissar Ministerial - Direktor Lu- canus erkärte sich eventuell für die Annahme dessel- ben, während Graf Zieten - Shwerin, Graf Krafsow und Herr von Knebel-Döberiß für Streichung beider Anträge sprachen und Graf zur Lippe mit dem Referenten den Kom- missionsantrag vertheidigten. Bei der Abstimmung wurd2e zunächst der Antrag des Grafen Rittberg mit geringer Ma- jorität abgelehnt, dann der Antrag der Kommission mit großer Majorität verworfen und somit der ganze §8. 6 gestrichen.

Die übrigen Paragraphen des Geseßes, sowie Titel und Ueberschrift desselben wurden dann ohne Debatte nach der ursprünglichen Fassung der Regierungsvorlage genehmigt.

Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war der münd- liche Bericht der Agrar-Kommission über die Peti- tionen der Forsigenofsenshaften zu Hemeringen, Marien- hagen, Lübbrechtsen, Levedagsen und Wollensen mit dem An- trage, den von den Forstaufsihtsbehörden eingeführten Modus, die Holzerträge aus den Privatforsten den Fntereftenten in aufgetlaftertem Zustande zu überweisen, abzustellen und den biéherigen Modus der Anweisung auf dem Stamme wieder einzuführen. Der Berichterstatter Graf von Zieten-S&werin beantragte Namens der Kommission, die Petitionen der König- lihen Staatsregierung zur Erwägung resp. Berücsichtigung zu überweisen, inwieweit diese Berüsichtigung der Petenten oßne Schädigung des Forstinteresses möglich ist. Das Haus trat diesem Antrage ohne jede weitere Debatte bei, nachdem sih auch der Regierungskommissar Geheime Ober-Regierungs- Rath Rothe für denselben erflärt hatte.

‘Es folgte als dritter Gegenstand der Tagesordnung der münd- lie Bericht der Justizkommisfion über den Gejeßentwurf, betreffend die Uebergangs bestimmungen zur deutschen Civilprozeßordnung und deutschen Strafprozeß- ordnung. Auf Antrag des Berichterfiatters Herrn Adams wurde diejem Geseßentwurf in der vom Hause der Abgeordneten

ngenommenen Fassung unverändert und ohne Debatte die verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt. G

Vierter Gegenstand der Tagesordnung war der mündliche Bericht der Justizkommission über Petitionen. Auf Antrag der Referenten Herren Wever und Adams wurden die Petitionen der Kirchspielshreiber im Lande Hadeln, mit dem Antrage, dahin zu wirken, daß ihnen für das Aufhören ihrer Diensteinnahmen als Aftuare bei den Kirchspielgerihten in der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine pensionsmäßige Ent- schädigung aus der Staatskasse gezahlt werde und der Rechtzanwalte in Wiesbaden mit dem Antrage, die Aufnahme einer Bestimmung in die neuen Prozeßgeseße, wona die am 1. Oktober cr. anhängigen Prozesse von der zu dieser Zeit darin bestellten Anwälten in sämmtlichen JFnstanzen fortge- führt werden, zu bewirken, ohne Debatte durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. :

Letter Gegenstand der Tagesordnung war der mündliche Bericht derselben Kommission über den Geseßentwurf, be- treffend die Zwangsvollstreckung gegcn Benefizial- erbenund das Aufgebot derNatlaßgläubiger im Geltungsbereiche des Allgemeinen Landrechts. Der Berichterstatter Dr. Engelhart be- antragte, dem Geseßentwurfe in der vom Hause der Abgeord- neten beschlossenen Fassung unverändert die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen und das Haus genehmigte au diejen Antrag ohne Diskussion, worauf der Präsident die Sitzung um 33/4, Uhr s{loß.

Jnder heutigen (11.)Sigzung des Herrenhauses, welche der Präsident Herzog von Ratibor um 11/, Uhr er- öffnete, und welcher der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Dr. Friedenthal, der Handels-Minister May- bah, jowie mehrere Regierungskommissare beiwohnten, trat das Haus sofort in die Berathung des mündlichen Berichts der Kommission für Staatzhaushalts- und Finanz-Angelegen- heiten über den Entwurf etnerHinterlegungsordnung. Der Referent, Herr Hasselbah, beantragte, die Vorláge in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung un- verändert anzunehmen. Bei der Generaldebatte nahm Nie- mand das Wort. Die Spezialdebatte wurde titelweise ge- führt. Titel 1, allgemeine Bestimmungen, wurde ohne De- batte angenommen, ebenso Titel 2, Hinterlegung von Geld, nach einer furzen erläuternden Bemerkung des Grafen Rittberg. Bei Titel 3, Hinterlegung von Werthpapieren und Kostbarkeiten, ergriff} Herr von Dechend das Wort, um darauf hinzuweisen, daß Seitens der Reichsbank derartige Hinterlegungsgeshäfte {hon seit langer Zei vorgenommen würden, und daß die Summe der bei der Bank hinterlegten Werthobjekte bereits auf 800 Millionen ange- wachsen sei. Es sei vielleiht angezeigt gewesen, auch die Reichsbank als Hinterlegungsstelle amtlich zu bezeihnen, in- dessen sei die Sache bereits soweit gediehen, daß jeßt eine Aenderung unmöglich sei. Er wolle dies hier nur S Der Regierungskommissar, Geheime Ober-Justiz-Rath Hert, bedauerte, daß diese Frage erst jcht angeregt werde. Es könne ja aber vielleicht dur spätere Unterhandlungen mit der Bank ein Abkommen getroffen werden. (Schluß des Blattes.)

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (48.) Sißung Jeßte das Haus der Abgeordneten die Berathung des Etats der Eisenbahnverwaltung fort. Der Abg. Richter (Hagen) begründcte seinen Antrag,

„die Königliche Staatsregierung aufzufordern, dem Landtage in ciner besonderen Denkschrift eingehend und ziffermäßia im Ein- zelnen darzulegen, welche Gründe die Beshränkung von Differential- tarifen seit dem März 1878 namentli in Bezug auf Holz, Mehl, Weintrauben und Hamm:l veranlaßt haben und welche Wirkungen id aus diesen Maßnahmen für die betreffenden Konsumenten- und Probuzentenkceise, fowie für Gijeabahnear und Schiffahrt ergeben

aven,“ damit, daß die Gründe nicht ganz stihhaltig seien, welhe von der Regierung nah dieser Richtung hin geltend gemaht seien. Das Publikum würde es nicht verstehen, wenn die im Vordergrund des öffentlichen Interesses stehende, im März v. J. von dem Minister- Präsidenten angeregte Frage der Differentialzölle im Hause

auf eine einzelne Route, bestimmte Transportverhältnifse und bestimmte Transportsäße könne die Frage der Differential- zöôlle zur Erörterung kommen. Es komme ja darauf an, ob bei solcher Verschiedenheit wirklich eine Jdentität der wirth- schaftlichen Bedeutung und der Transportverhältnisse vor- handen sei. Dadurch, daß zwei Linien sich 100 Meilen weit erstreckten, seien sie volk3wirthschaftlich für die Transporte durchaus nit von gleicher Bedeutung. Eine Tarifermäßigung könne auf den Transport der cinen Linie vom größten Ein- fluß sein, auf den einer anderen Linie wirkungslos bleiben. Ebensfowenig sci die ganze Strecke wirthschaftlich identisch mit der Bedeutung einer Theilstreck. Eine Tarifermäßi- gung auf einer Gesammtstreäe könne große Transportmengen nah sich ziehen, während sie für eine Theilstrede be- deutungslos bleiben könne. Nun habe der Minister-Präsident selbst in jener Sitzung die Lage der Differentialzölle in diefer ganz prafktishen Art in Bezug auf zwei besondere Verhäït- nisse, in Bezug auf die Holztarife und die Lohe zur Sprache gebraht. Ebenso wichtig sei die Frage der Mehltarife. Hier handele es sich nicht um Jmport-, sondern um Durch- fuhrtarife, und diese Frage liege auf einem ganz anderen Gebiet, als die der gewöhnlihen Differentialtarife. Er wünsche, daß der Eisenbahn-Minister Auskunft darüber gebe, ob si in Bezug auf die Holztarife das Alles als begründet er- wiesen habe, was der Minister-Präsident hier im März ge- sagt habe; auf welchen Vorausseßungen die Aenderungen der Mehl- und Holztarife beruhten, und welche Erfahrungen der Minister inzwischen damit gemacht habe ?

Der Regierungsfommifsar Geh. Regierungs-Rath Fleck wies auf den Bundesrathsbes{luß hin, der jolhe Tarife auss{hlieze, dur welche ausländishe Produfte begünstigt würden. Ledig- lih diesem Votum gemä5z hzbe die preußische Regierung bei Neu-Tarifirungen gehandelt. Bei den Holztarifen sei außer- dem noch eine Rücksihtnahme auf die externen Konturrenz- tarife geboten gewesen, welche theilweise einen niedrigeren Saß pro Tonnenkilometer aufwiesen. Die generelle Ermäßigung der Holztarife sei auf der Basis von 3 Z durchgeführt. Auch aus der Rücsichinahme auf internationale Holztarife, welche vielfah durch Konkurrenz beeinflußt scien Und vielfach uf cinem niedrigeren Saße beruhten, fet die generelle Revision der Holztarife geboten und durch Reskript vom April 1878 angeordnet, daß auf der für den internen Verkehr gewonnenen Grundlage die internationalen Holztarife generell zu reformiren seien. Jn der Presse habe sich über diesen Punkt ein großer Staub er- hoben, und man habe si vielfah in Widersprüchen bewegt, weil wohl die Lage der Dinge nicht so genau bekannt gewefen sei. Was die Mehltarife anlange, fo fei im November 1877 der Antrag gestellt, dieselben nach den nördlichen Hafenjtädten zu ermäßigen, um dem Exporte, der sich damals allerdings in größerem Maße über Triest bewegte, wirksam entgegenzutreten. Da chon das Bekanntwerden dieser Nachricht in den Kreifen deutscher Interessenten lebhaften Widerspruch erregt habe, fo jet den Staatsbahnen die Genehmigung versagt worden. Diefer Tarif sei nur auf den Privatbahnrouten in Geltung gewe}en und Ende 1878 auf das Votum des landwirthschaftlichen Ministers, daß eine sehr wesentlihe Benachtheiligung der Jn- teressen der deutshetMülerei und Landwirthschast von diesem Tarif zu erwarten’ fei, außer Kraft getret:n. S Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, er hätte utehr ziffern- mäßige und thatsählihe Angaben erwartet und hielt dur diese Auskunft seinen Antrag nit für erledigt. Unter An- führung umfassenden statistishen Materials suchte er die Erfolg- losigkeit der Maßregel nah der einen und die Nachtheile der- selben nah der andern Seite hin nachzuweisen. Was die Mehldurchfuhr beträfe, so würde von Seiten der Eisenbahnen

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behauptet, daß die erhöhten Transporttarife ihnen einen Tranê- portverlust bis zu 1 Million Mark gebracht hätten. Dürfe man im angeblichen Jnteresse der Müllerei die deutschen Bahnen, welhe doch auch zur deutshen Jndustrie gehörten, derart beeinträhtigen? Wichtiger noch sei die Holztarifsrage. Er habe die Regierung gefragt, ob sich die Ausführungen des Reichskanzlers vom 2. März v. J. über die Schädï- gung der deutshen Forstproduktion durch Differentialtarife sih als begründet erwiesen hätten oder niht? Auf diese Frage habe der Hegierungskommifsar niht geantwortet. Fnzwischen sei noch weiter klargestellt worden, daß damals für Brennho1z und Schwellenhoiz auf der Oberslhlesishen Bahn keinerlei Differentialtarife bestanden hätten; an den Bau- und Nuß- holz würden 33 Millionen Centner zu Wasser, auf Strömen und zur See eingeführt, und abgesehen von Bayern nur 6 Millionen Centner auf der Eisenbahn. Auch von der leßteren Einfuhr kämen nur für 22/z Millionen Centner Diffe- rentialtarife in Frage. Differentialtarife hätten nur für Ber- lin, die Scehäfen und den Westen von Deutschland bestanden. Diese Differentialtarife seien eingeführt wor- den t M D Konkurrenz mit inländischem Holz, sondern in der Konkurrenz mit ausländischem dahin auf dem See- und Wasserwege eingeführtem Holz. Es sei rihtig, daß die Holzpreise sehr heruntergegangen seien, aber das liege daran, daß die Gründerzeit fie zu einer unna- türlichen Höhe emporgetrieben habe; wenn sie jeßt herunter- gegangen seien, so sei das natürliche Reaktion, aber nicht eine Folge der Tarifveränderungen. Uebrigens hätten für Brennhölzer nie Differentialtarife existirt. Außerdem komme für Nut- und Brennholz der Schienenweg kaum in Betracht gegenüber den enormen Quantitäten, die zu Wasser herbei- geschaft würden. Es sei dringend nöthig, über alle eins{chlä- gigen Fragen eine volle Klarheit zu gewinnen, dann werde fh auch herausstellen, daß über diesen Gegensiand die An- sihten gar nicht so weit auseinandergingen, wie man es heute darzustellen pflege, um die Tariffrage zu einer hochpolitischen aufzubauschen. Der Handels-Minister Maybah erwiderte, er sei fehr überrascht, in dritter Berathung einen solchen detaillirten Vor- trag übec einen generellen Gegenstand zu hören, dessen Wichtigkeit er nicht bestreite. Das Haus werde niht er- warten, daß er auf alle diese Einzelheiten und Zahlenangaben eingehe. Er wolle daher nur der Annahme entgegentreten, als ob er dur sein Stillschweigen seine Zustimmung aus- drüXen-wollts, 5 i ÉRE L Der Abg. Hinte hatte in zweiter Lesung verschiedene An- träge in Aussiht gestellt, welhe den Handels-Minister zu ein- areifenden Veränderungen im Tarifwesen veranlassen follten. Derselbe erklärte, heute bei der drängenden Geschäftslage des Hauses davon abstehen zu wollen, obglei er die Einrichtung einer C-ntralstelle für die Ausgabe sämmtliher Eisenbahn- Gütertarife des Deutschen Reiches, der deutsh-ausländisczen Verbände, möglichst auch der ausländishen Parallelbahnen, in

Transithandel,7niht wie jeßt, durch die Tarifpolitik gefährdet, sondern dur eine zweckmäßige, den Transportkosten, den aus- wärtigen Konkurrenzwegen, den Bedürfnissen der inländischen Landwirthschaft 2c., der Jndustrie und des Handels Rehnung tragende Tarifkonstruktion gehoben würde. Jm nteresse des Handels und der Jndustrie, welchen die Konkurrenz mit dem Auslande immer s{wieriger werde, hoffe er auf möglichste Berücsichtigung seiner Wünsche.

Der Abg. von Rauchhaupt wies darauf hin, daß diefe Debatte unmöglich zu einer Entschließung führen könne; sie beweise vielmehr, daß Alles unrichtig sei, was der Abg. Richter neulih gegen ein Tarifgeseß gesagt habe. Nur dann könne das Haus sich \{lüssig mahen, wenn es die ganze Tariffrage im Zusammenhange ex lege behandle. Die gegenwärtigen Zustände seien in der That unerträglih, einer geseßlichen Regelung des Tarifwesens, hier oder im Reichstage, sollte sich im Interesse des Landes keine Partei widerseßen!

Der Abg. Moßner bat den Handels-Minister, den Peti- tionen aus Schlesien, betreffend den Differentialzol für Spi- ritus, na& Möglichkeit Rehnung zu tragen.

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, daß der Minister durch seine Ausführungen überrascht sei, befremde ihn um so mehr, als dessen Vertreter ihm bereits geantwortet habe. Der Reichskanzler habe am 28. März v. J. in dieser Materie sahlihe Ausführungen gemacht, die sich nachher nach seiner Ansitht als unrichtig herausgestellt hätten. Er stelle dagegen nur den focmalen Antrag, das Material für alle Parteien zu beschaffen. Der Minister MaybaH habe neulich seine Fragen als Reichs- sache abgewiesen, heute shweige derselbe, weil Redner in dritter Lesung frage. Und doch habe die Regierung selbst dur die frühe Einberufung des Reichstages und Verzögerung ihrer Vorlagen in diesem Hause die Schuld an dieser Geschäftslage, zufolge deren am Sonnabend in der zweiten Lesung geschwiegen werden mußte. Wenn der Abg. von Rauthaupt fsich mit der Angelegenheit näher beschäftigt hätte, so würde er es nicht für möglih halten, daß der Staat unter dem Drucke ter Privaibahnen leide. Durch die Uebereinkünfte bezüglich der Tarife hätten wir die größten Fortschritte im Eisenbahnwesen gemacht. Durch ein Tarifgesez könne man den Transport nicht dauernd reguliren, denn dieser hänge von den wechselnden Konjunkturen ab. Alle Parteien seien darin einig, daß, soweit allgemeine Normen über das Tarifwesen aufzustellen wären, dies am besten von Neichswegen geschehe. Nur die agitatorische Art sei zu tadeln, in welcher der Gedanke an ein Reichseisenbahn- geseß dazu benußt würde, falsche Hoffnungen zu erwecken. Der Abg. Windthorst (Meppen) beantragte darauf, den Antrag Richter (Hagen) wegen seiner großen Wichtigkeit und Tragweite der Budgetkommission zur Berathung zu über- weisen.

Der Abg. Dr. Lasker bat, den Antrag Richter, welcher ja nur formaler Natur sei, anzunehmen.

Na tinigen persöalihen Bemerkungen der Abgg. Dr. Lasfer, Hinße, von Rauchhaupt, Richter (Hagen), wurde der Antrag Windthorst abgelehnt und der Antrag Richter an- genommen.

Ehe in der Berathung des Etats der Eisenbahnverwal- tung fortgefahren wurde, wurde auf Wunsch des Ministers des Innern, um demselben zu ermöglichen, später der Sißung des Herrenhauses beiwohnen zu können, zunächst der Etat des Ministeriums des Jnnern zur Debatte gestellt.

Der Abg. Dr. Zimmermann kam auf seine in der zwei- ten Lesung geführte Beshwerde über die Reorganisation der Berliner Polizei zurück. Er betonte no&mals die Nothwen- digkeit einer Reform derselben nah den von ihm früher ent- widelten Gesichtspunkten, die eine Vermehrung der Erekutiv- beamten vollständig aus){lössen. Er sprach den Wunsch aus, daß der Natwachtdienst anderweitig geregelt werde; nur da- durch könne den Uebeiständen Abhülfe geschaffen werden. Nedner besprach ferner die eigenthümliche Natur der Straßen- polizeiverwaltung Berlins, die zu zahlreihen Konsflikten Yan der Polizei und der städtishen Behörde geführt

abe.

: Der ALg. Freiherr Zedliß und Neukirh bemerkte, um zu caraktcrisiren, wie unzuverlässig die Quellen und thatsählihen Angaben des Abg. Richter seien, müsse er auf die von dem- selben bei der zweiten Lesung gegen den Landrath v. Scharn- weber erhobenen Vorwürfe zurücckommen. Daß die von dem Abg. Richter zur Sprache gebrahten hohen Liquidations- säße schon damals aufgehoben waren, müsse dem Gewährs- mann des Abg. Richter , Dr. Mendel , bekannt gewesen sein. Abg. Richter habe ferner gerügt, daß dem Amtsausshuß in Pankow auf eine Beschwerde vom Dezember 1876 Ende 1877 noch feine Antwort zugegangen sei. Dieser Bescheid ¡sei aber {hon im August 1877 zu Protokoll eröffnet worden.

Auf diese Bemerkung entstand eine Diskussion, in welcher die Abgg. Richter und Frhr. von Zedliß-Neukirc die betreffenden Stellen aus den stenographishen Berichten zitirten, der Abg. Virchow aber ausführte, daß die hohen Taxen, auf welche der Abg. Richter hingewiesen, Jahre lang bestanden hätten, und nur, was derselbe niht gewußt habe, in den legten Monaten aufgehoben seien. Schließlich bemerkte der Abg. Richter, er könne konstatiren, daß von Allem, was er in der zweiten Lesung gege: die Landräthe vorgebracht, nur diese beiden Punkte in dritter Lesung angegriffen feien ; daß er bereits in der zweiten Lesung be- dauert habe, von der Aufhebung der Taxen nichts gewußt zu haben, so daß der Vorwurf nur den Dr. Mendel treffen fönne, der es unterlassen habe, ihn zu unterrihten ; daß er endlich niht über - Verzögerung des Bescheides, sondern blos über die Unmöglitßkeit, eine Abschrift dejjelben zu erhalten, ge- flagt have.

Der Abg. Freiherr von Minnigerode erinnerte daran, daß das Haus sih in der dritten Lesung befinde, und daß diese Angelegenheit doch niht von folher Wichtigkeit sei, um sie jeßt noch zur Erörterung zu bringen. Nach einigen persön- lichen obigen Streitfall behandelnden Bemerkungen der Abgg- Richter (Hagen) und Freiherr von Zedliß und Neukirch wurde der Etat des Ministeriums des Jnnern bewilligt.

Das Haus setzte hierauf die Berathung des Eisenbahnetats fort. Abg. Richter (Hagen) nahm mit Rücksicht auf die Ge- ichâstalage des Hauses von einer Berathung eines von ihm

bstand. Der Abg. Virchow beantragte, die Forderung von 2 000 000 M für den Centralbahnhof in Franffurt a. M., die in zweiter Lesung bewilligt seien, abzulehnen. Es lägen eur mal- die nöthigen Pläne noch nit vor, außerdem sei die Aus- gabe für den ganzen Bau so hoc, 28 000 000 M, daß die Be- willigung derselben gründlih erwogen werden müsse.

nbesprochen bliebe. Allerdings seien allgemeine Diskussionen dafür oder dagegen praftish ganz unfruchtbar, nur in Bezug

Berlin für dringend erforderlih halte. Er wünsche, daß der

einzigen Vortheil stelle die Regierung nur in Aussicht, daß aus

estellten Antrages über die literarische Thätigkeit der Beamten

dem Verkauf von entbehrlih werdenden Grundstücken ein Er-

lös von etwas mehr als 17 000000 M erzielt werde; dabei

müsse man aber noch bedenken, daß diese Verkäufe nit auf einmal, sondern erft nah und nah stattfänden, sodaß man von dem Erlös noch Zinsbeträge in Abzug bringen müßte.

Redner bat die Staatsregierung besonders, niht etwa gegen

Baden und Hessen als Jnhaber der Polizeigewalt mit Zwang

vorzugehen und die betheiligten Regierungen gegen ihren Willen

zu den Kosten dieses Baues heranzuziehen.

 Der Regierungskommissar, Geheime Regierungs - Rath

Fleck bemerkte, daß die Zustände auf dem Bahnhofe der

Main-Nedckarbahn derartige seien, daß der Staat, wenn es

sh um Privatbahnen handle, {on als Jnhaber der Polizei-

gewalt hätte einschreiten müßen. Die steigenden Verkehrs- verhältnisse machten das Bedürfniß nach Aenderung immer dringender. Wie unzureichend die Einrichtungen jeien, be- wiesen die zahlreichen Unglüdsfälle, Entgleisungen und Zu- sammenstöße auf dem Bahnhofe, wobei außer zahlreichen Ver- legungen aúch se&s Todesfälle von Beamten vorgekommen seien.

Der Abg. Dr. Hammacher {loß sih den Ausführungen

des Regierungskommissars an. Die Mehrheit der Budget-

Tommission_ habe sich im Hinblick auf die geradezu gefahr-

drohende Situativn der Frankfurter Bahnhofsverhältnisse für

den Umbau entschieden, und bitte er deshalb, den Bes@&luß der zweiten Lesung anzunehmen. /

_Der Aba. Windthorst (Meppen) erklärte, |{ch den Vor- s@&lägen der beiden leßten Redner nicht ans(ließen zu können. Er könne die Position niht bewilligen, weil damit implicite die große Anlage, welhe mindestens 28 Millionen koste, be- willigt wäre. Eine solhe Summe könne er nicht in einem Augenblicke bewilligen, wo die äußerste Sparsamkeit geboten erscheine. Auch könne er dem Vorschlage nit zustimmen, so- lange das Verhältniß mit Baden und Hessen nicht geregelt sei. Aber man wolle auf diese beiden Staaten einen Druck aus- üben. Die Zustände in Frankfurt seien keineswegs derartig, daß Abhülfe unbedingt erforderli ist. L 5

_ Der Abg. Dr. Lasker, als Vertreter der Stadt Frankfurt

a./M., hielt im Gegentheil diese Uebelstände für so erheblid,,

daß Abhülfe geschaffen werden müsse. Die Unglücksfälle

seien häufig; man könne doch blos nicht deshalb für Ab- lehnung der Position stimmen, weil zufällig noch kein Ab- geordneter dort einen Unfall gehabt habe. Zum Schutze des reijenden Publikums, also im öffentlihen Jnteresse, müsse für eine Aenderung der bestehenden Verhältnisse eingetreten werden.

Der Abg. Dr. Virchow erörterte die Hoheitsrehte der einzel-

nen dabei in Betracht kommenden Staaten. Hessen habe noch vor Kurzem erklärt, es könne das Aussihtsreht Preußens richt anerkennen; ähnlih habe sich Baden chon früher aus- gesprochen. Es sei daher eine Regelung der Angelegenheit mit diesen Staaten erforderlich. So dringlich sei diejelbe nicht, daß fie fofort zum Abs&{luß gebraht werden müsse. Die Un- glüdsfälle seien keineswegs auf die Bahnhofsanlage zurückzu- führen ; die Verwaltung treffe die Shuld dafür, weil sie nit die Bahnhöfe genügend überwachen lasse, er müsse daher sei- nen Antrag aufrecht erhalten. :

Der Handels-Minisier Maybach erwiderte, das Staats- Hoheitsrecht Preußens zur Anlage dieses Bahnhofs sei nicht anzuzweifeln, übrigens hoffe die Regierung, daß es ihr gelingen werde, fi in freundliher Weise mit Hessen und Baden zu verständigen. Hierin liege also kein Grund zur Ablehnung. Dazu komme, daß das Bedürfniß von allen Seiten überein- stimmend als sehr dringend hingestellt würde. Die Zustände seien unerträglihe auf dem Frankfurter Bahnhof, mit dem Bau des Central-Bahnhofs müsse sofort begonnen werden. Die Regierung würde es niht verantworten können, noch ein Jahr mit dem Beginn zu warten, und bitte er das Haus drin- gend, den Antrag des Abg. Virchow abzulehnen und den Beschluß der zweiten Lesung aufre(ht zu erhalten.

Feb Hierauf blieb das Haus bei den Beschlüssen zweiter Lesung en.

Bei dem Etat der allgemeinen Finanzverwal- tung fragte Abg. Dr. Virchow, in welhem Stadium sich die Angelegenheit der Abfindung der hessishen Agnaten befinde.

_ Der Finanz-Minister Hobreht erwiderte, daß zwei Pro- zesse noch shwebten, welche in erster Jnstanz verschieden aus- gegangen seien. Näheres über die materiellen Verhältnisse der Frage anzugeben, sei er nit in der Lage. i

_ Beim Etat des Ministeriums der öffentlichen Ar- beiten erklärte auf eine Anfrage des Abg. Berger der

Handels-Minister Maybac, daß cr dafür sein werde, die Frage wegen ciner Bahnverbindung der Stadt Lübeck so zu fördern, daß sie möglichst bald im Sinne der Petenten von der Tagesordnung des Hauses vershwinde.

Beim Etat der Justizverwaltung kam Abg. von Ludwig unter watsender Unruhe des Hauses nochmals auf die Verleihung eines Ordens an den Staatzanwalt Feige zurüdck, und erklärte sich dur die Entgegnungen des Justiz- Ministers nicht für befriedigt. Der Redner wurde wiederholt dur den Präfidenten unterbrochen, und zur Sache gerufen. Schließlich sah sich der Präsident veranlaßt, unter Berufung auf die Geschäftsordnung das Haus zu befragen, ob es den Redner noch länger anhören wolle. Nachdem diefe Frage von dem Hause verneint war, verließ der Abg. von Ludwig die ‘Tribüne.

Nach einigen Bemerkungen der Abgg. Dr. Horwiß, Zim- mermann, Kob und des NRegierungskommissars Ministerial- Direktors Nindfleish wurde der Justiz - Etat bewilligt, desgleichen obne Debatte die Etats des Kriegs- und des landwirhschaftlihen Ministeriums. Der Etat der Gestütsverwaltung wurde genehmigt, nahdem der Abg. Hundt von Hafften getadelt hatte, daß das Gestütswesen in erster Reihe dem Militärwesen zu Gute komme in der Weise, daß erst das, was die Armee nicht wolle, dem Lande und der JZndustrie zu Gute käme, während doch §5 Prozent aller

Pferde niht vom Militär, sondern von der Jndustrie und der Landwirthschaft verbraucht würden.

__ Vom Regierungskommissar wurde entgegnet, daß die Ge- stütsverwaltung auch den Bedürfnissen der Landwirthschaft stets die sorgfältigste Beahtung geschenkt habe; au der Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten Dr, Frieden- thal vertrat die bisher von der Verwaltung befolgte Praxis, worauf sih das Haus um 4 Uhr vertagte. -

Jn der gestrigen Abendsißung, welher der Staats-Minister Dr. Falk und mehrere E E beiwohnten und die vom Vize-Präsidenten Kloß um 7? Uhr eröffnet wurde, ging das Haus der Abgeordneten zur Berathung des Kultus3-Etats über. Der Abg. Frei-

Kultus-Ministers an, in welchen derselbe erklärt habe, daß in Bezug auf die kfirécichen Genossenschaften die Maigeseze milde ausgeführt würden. Retner könne die milde Ausführung nicht anerkennen ; man predige den Kampf gegen Rom und bedränge die Kirhe aufs Aeußerste. Ebenso wie der WVinister durch die Ernennung der Herren Kögel und Baur umgekehrt sei, ebenso könne er auch bei den Maigesezen umkehren. Redner schilderte das Verfahren des Ministers den Grauen Sc{western gegen- über. Jn den Jahren 1871—73 seien noch 123 S{hwestern neu eingetreten, in den leßten Jahren bis 1879 nur 38. Während dieser Krankenpflegeverein im leßten Kriege zur Krankenpflege im Ganzen 230 S{hwestern habe beordern oge würde derselbe „jest kaum 30 stellen können. V utterhause in Neisse befänden sich in den leßten Fahren mchrere Schwestern außerhalb, die nach ihrer Rück- fehr behindert seien, in das Mutterhaus einzuziehen, sie sollten dem Armenverbande überwiesen werden. Das Centrum verlange für sih nihts weiter, als die Freiheit der Kirche und des Wirkens ihrer Organe, die verfassungsmäßig garantirt seien und die bisher so jegensreich gewirkt hätten. Abg. Virchow sage zwar, die öreiheit der Kirche stehe in seinem Katechismus nicht, aber gerade die Partei des Abg. Virchow habe mehr als Jede andere die Aufreterhaltung der Verfassung als Palla- dium der Freiheit auf ihrem Schild gehoben. Redner berührte die Verhandlungen mit Rom und wiederholte cine frühere Dersicherung, daß seine Partei \sich von Herzen freuen würde, wenn es gelänge, über die Köpfe des Centrums hin- weg mit Rom einen Frieden zu Stande zu bringen. Den Zriumph gönne er der Majorität des Haujes sehr gern. Er befürhte nur, daß es eine Pyrrhussieg ¡ein werde, denn die einzige unabhängige Partei im Hause sei nur noch die Cen- trumspartei. Redner wandte sich sodann zu der großen Rede des Kultus-Ministers vom 15. Januar und widersprach nament- lich der Auffassung, daß die Schule gegenwärtig besscr gewor- den. Die alten Lehrer seien unglei besser gewesen, wie die Jungen ; dagegen seien die Ausgaben für die Schulen in steti- gem Wachsen, die Jugend sei verwildert und Attentäter hätten wir auch schon. Ohne religiöse Freiheit gebe es keine bürger- liche Freiheit und die Aera des Kulturkampfes sei eine ret betrübende und unfselige. Das jeßige System müsse auf- hören. Nachdem Redner dann eine Verfügung der Re- gierung in VDppeln, welche über die vielfahen Vergehungen der Lehrer, ihr Anstoß erregendes Privatleben, ihr Verkehret in den Wirthshäusern u. f. w. tadelnd hindeute, zur Sprache gebracht hatte, griff er das System der Simultanshulen an und wies auf die Menge ungetaufter Kinder hin, für welce der Minister „heidnishe“ Schulen werde errihten müssen. Er wisje übrigens niht, daß man Hödel an die Nockschöße des Ministers gehängt habe. Der Minister habe ihn an die Röckschöße des Herrn von Raumer und an seine Regulative gehängt. Redner schiebt alle Verwirrung und alles Elend, welches jeßt herrsche, auf den Kulturkampf ; der Kulturkampf müsse beendigt werden.

Hierauf ergriff der Kultus-Minister Dr. Falk das Wort: __ Meine Herren! Sie werden es begreiflih finden, wenn ich alle die perfönliäen Angriffe, die der Herr Abgeordnete eben vortrug, bei Seite lasse; Sie werden es um so erklärlicher finden, als ic, wenn no viel derbere Angriffe aus demselben Munde gegen mich kamen, au dazu ges{hwiegen hake. …__ Es ift in Wahrheit nur ein einz‘ger Punkt, in Bezug auf den ih Veranlaffung habe, mich etwas eingehender au8zulaßen, das ist die Verfügung der Regierung zu Oppeln, von welcher iv weiß, daß lie auf allen Seiten des Hauses, natürlich nach verschiedenen Rich- tungen hin. lebhaftes Interesse erregt. Ebc ih aber auf diesen Punkt übergehe, gestatten Sie mir nob, ein paar einzelne Punkte richtig zu stellen. Nicht gegen mi, aber gegen den Abg. Seyffardt war ein Angriff gerichtet, indem der Herr Abgeordnete einen, wie er sich auëdrüdte, unwidersprohenen Vorfall in Crefeld mittheilte. Nun, meine Herren, ih habe die betreffende Zeitung2nummer gestern Abend bekommen; ob da Zeit war zum Widerspru, das laffe ich dahingestelit; in dem Artikel habe ih ge- lesen, daß jenes Verlangen gestellt worden ist angeb- lich in der Handarbeittstunde, und der Korrespondent war viel vorsichtiger, wie der Abg. von Schorlemer-Alst, er stellt das Alles in den Konjunktiv und sagte: so sind wir inzwischen be- richtet. Gestern stand es so gedruckt, nun fehen Sie, wie in 24 Stunden eine zmæeifelhafte Nachricht in eine pesitive Nachricht ver- wandelt wird, Sie haben die Worte des Herrn Abgeordneten gehört. __ Der Herr Abgeordnete batte mir dann vorgeworfen, ih hätte die Zeit, die i an dieser {weren Stelle stehe, selbst be:cihnet mit der „Aera Falk.“ Ja, meine Herren, erinnern Sie sich doch, wie jenes Wort gesproten wurde, anknüpfend an die Worte des Hrn. Abg. Perger, die ich Ihnen wörtlid vorgelesen habe, habe ih ironish gesagt: so steht es mit der „famosen Aera Falk.“ Peine Herren! Das ist ein Typus in Bezug auf die Behand- lung meiner Worte, die ih vor 3 oder 4 Wotten in diesem hohen Hause gesprocen habe, nämli ein Zeicen dafür, daß diese Worte in wirtlih heilloser Weise verdreht, verkehrt worden sind. _ Nun, meine Herren, wir baben ja ein Beispiel dafür, nicht in den eigenen Wortcn des Hrn. von Scborlemer, sondern in den Worten einer sehr bekarnten Zeitung. Das ist das, was ih von jenen uaseeligen Mcnschen gesagt habe. Nun, meine Herren, wenn sich Jemand in die Lage verseßt, daß einem Minister solch ein Vorwurf gemacht wird, und er fragt si, was sfagst du zu diesen Vorwurf, so muß Jeder, der nur eine Spur der feinen Emyfindung übrig hat, fagen, das ift der \chmerzlichste, der fränkendste Vorwurf, der gemact werden fann, und ih sage Ihnen, meine Herren, wenn ih an jenen Vorwurf zurückdenke, bäumt sich mein Herz in mir auf, und ich komme immer dazu, mit aüer Energie den Vorwurf zurück- zuweisen. Es ist auch angedeutet, er sei uiht gemaht. Ei nun, Hr. Abg. von Schorlemer, nehmen Sie doc einmal jenen Artikel der „Germania“, der in die Form einer Adresse an die Höchste Stelle gekleidet war, in die Hand und lesen Sie ihn dur, und ih denke, Sie werden wit mir und der gesammten Presse von damals der Meinung sein, niht zwischen den Zeilen, sondern in den Zeilen ftand jener Vorwurf, und wenn ein grofes Blatt so vorangeht, die kleinen Blätter übersetzen das sofort in das Prafkische und sprechen den Vor- wurf in der rundesten und unbedingtesten Weise aus. Dann beißt es wieder, ich hätte den mir an den Rocks{ooß gehänaten Menschen anderen Menschen an den Rock\chooß gehängt. (Sehr wahr! im Centrum.) Nein, meine Herren, das ist niht wahr, es ift hineingetragen in meine Worte. Ich habe die Verpflichtung in mir gefunden, das zurückzu- weisen mit voller Klarkbeit, ja, meine Herren, au mit voller Schärfe, weil ih wollte, daß die Zurückweisung eine definitive sci, darum babe ih fein Mittel der Charafterifirung der Verhältnife unterlassen. Wollen Sie aus meinen Worten Eines allenfalls folgern, nämlich das. daß es überhaupt eine nit zu rechtfertigende. ja eine ungerechte und unzulässige Beschuldigung sei, die That eines solchen Einzelnen in Verbiadung zu bringen mit den Grundsätzen irgend welcher Unter- richtsverwaltung, dann lasje ich mir das gefallen. Wenn Sie aber weiter gehen und behaupten, ih bätte gesagt, weil jener Mensch unter einem anteren Regiment erwasen, sei jenes Regim:nt dafür verantwortlih, so ist das in meine Worte hineingetragen, und das E ih eben E E wee Worte. Ih komme auf den Vorwurf in Bezug auf Oppeln. er Hr. Abg. von Schorlcmer hat einen Punkt a Frtont vat in E

Herr von Schorlemer-Alst knüpfte an die großen Reden des

meine neulihen Worte treffen in Bezuz auf diejenigen Lehrer, von denen i damals speziell gesprochen habe, nämli in Bezug auf die- jenigen Lehrer, welhe, aus dem Scminar 1876 aus\ceidend, 1878 das Examen gemacht haben, für Oppeln gerade so zu, wie für alle anderen.

Was nun diese Verfügung vom 18. Dezember v. F. betrifft, welche die Regierung zu Oppela erlassen hat, so scheint es mir als hätte der Herr Abgeordnete und diejenigen Herren, die ihm Beifall ¡ugerufen haben, die Meinung gehegt, einen Angriff gegen mi unter- nommen zu haben, der gar nit abgesblagen werden fönnte, weil er mi in Widersprucb seßte oder weil mi die Thatsacen in Witer- spruch leßten mit Demienigen, was ih damals, allerdings auch mit Nachdrudck, Ihnen vorgetragen babe. Der Herr Abgeordnete und die seiner Meinung waren, die irren. Vielleibt wird ihm die Möglich- teit des Irrthums son klar, wenn ich ihm rersichere: an dem Tage als ih zu Ihnen über diese Frage sprach, kannte ic diese Verfügung der Regieruna zu Oppeln. Ia, not mebr, meine Herren, ich babe der Regie- rung zu VPppeln vor jenem Tage gesagt, es sei ganz zweifellos, daß diese Verfügung in die Oeffentlichkeit kommen würde, worauf ih wenia- stens von dem Präsidenten dieser Regierung gebs ß de Gedanke, diese Verfügung könne in die fern gelegen hat, und daß böbft Unerwüns(htes, wenn das ein meine Prophezeiung an die Regi ist Wahrheit geworden; es ist in Be gewesen. Meine Herren! Wir baben in dieiem örtert, was es mit dem Amtsgebeimni iesem Gebiete li, für eine Bewandtniß har. Meine Herren! Jh denke, Abgeordnete selbft und i bin ibm eigentlich nit undanfb diese Angelegenheit hier zur Sprathe gebra st und wirk'amer erscheint, wenn i ipree, als wenn ih in Ze offizielle Widerlegungen cintr vielleiht auf den Gedanken ridtia gewesen sind.

Gestatten Sie mir, meine Herren, einen ganz den Bezirk, um den es sid handelt, ten Regierungt

A 1 1 Lci, E 4 gewöhnlih Oberschlesien genannt -

c Peine Herren, seit lange, ja, ib mödte sagen, seit immer, if dieses Vberschlesien für die Unterverwaltunz ein Gegenftand aroyten Schwierigkeiten und damit cin Gegenstand der

p

n ift einge

s Prophbezeier

4m Bts rtungetin}e

ge gewe}en und, meine Herren, das ift erklärlich. Momente anführen, sie ertlären neben Anderem: Dildungéstand des weitgrößten Theils der Denken Sie daran, wie es in diesem größten eutshe Sprache {wer ist, si zu fördern 1 I nken Sie an die großartigen Schwanku l erzeugt werden dur das Anwachsen der Ind: einer Stelle plöglib zusammenwirft Tausende noch eine viel zu kleine Ziffer Zehntauscnde, we nit fest sind, leihtgesinnter Arbeiter, eine Bevt die von solchen Einflüssen berührt wird. cine Bevölkerung, bis dahin in weit größtem Maße die Lehrer hervorgegangen sind un in der die Lehrer zum weit größten Theil leben! Denken Sie weit: daran, daß das Land begrenzt ist von zwei fremden Staaten. S 0 is Ae Eid, uen über den Zustand _des S SEIeRE, ckverlMilehten seit lange Klagen erhoben find. Leine Verren, eine geraume Zeit zum mindesten, ehe ih das Amt eines Kultu--Ministers übernahm, sind in diesen Räumen tie Klagen über das Schulwesen in Oberschlesien laut geworden und ib glaube, es tit manger auf dieser Seite (rechts) der dicse Klagen laut erhoben Hat. N L Nun, meine Herren, bitte id doc eingedenk zu fein des kurzen Oinwei]es, den ich mir neulich erlaubte auf diejenigen Ursachen, denen mitbedingt ist diese traurige Erfahrung in Bezug auf d witlung und die Haltung des Lebrerstandes. Von allen der menten, die ich damals andeutete, wird kaum eines sei Oberschlesien nicht zuträfe, und die s{werwiegendsten werder von denen wir sagen müssen, daß sie in Oberschlesien gan zutreffen. Meine Herren, kann cs da nit sein, daß di der Velksschulverwaltung in Oberschlesiea sih zum und andauernden Nachtheil unterscheiden von den Zustärden in den beiten Nawbarbezirken Breëlau und Liegniß, ja, si unterscheiden fast voa allen S@ulbezirken der ganzen preußiscea Vionarcbie? Jb denke, gar zu überraschend ist es nit, wenn ein \sol%cs Verhältniß hervortritt. : _Ih kann allen Swulbehörden das Zeugniß geben, daß sie der- artige s{chwerwiegende Verhältnisse stets im Auge behalten und nach alien Kräften das ihrige dazu gethan haben, um zu bessern. Meine Herren, das gilt von dem Ober-Präsidenten von Oberschlesien. Es ist unter ihnen, foweit ih sie kenne, niht einer gewejen, der dieje Verhältnisse nit mit Ernst ins Auge gefaßt hat, und v jeßigen Ober-Präfidenten gilt das na einer Reihe von Beweisen, die mir geworden sind, ganz besonders. Die Kreis-Schulinf u die seit wenigen Jahren in Oberslesien, allerdings in wirken, werden au von dem Präsidenten, der gegenwärti Spitze der Regierung zu Oppeln steht und dem ja der d Windthorst, wenn mi Zeitungênachrihten über seine Aeuk nit getäuscht haben, ein ganz besonderes Vertrauen widmen als solche geschildert, die mit aller Hingebung und Treue Beruf anhängen, und, meine Herren, ic babe au tie Pfl gleihe Zeugniß der Regierung zu t bin der Meinung, aus diesem Strebens nah dem Bessern ift h freilich, wenn man diese Verfügung liest, kommt zu einer doppelten Betrachtung, zu eincr Betrachtung dessen, was an- geordnet ist und zu einer Betrabtung der Motive zu diesen Anord- nungen. Meine Herren, der letzte Punkt ist's, der den Herren bier im Centrum und dem Abg. von Scorlemer willkommen gewesen it als ein Mittel der Angriffe gegen mi, der leßte Punkt ift, so meine ih wenigstens, der aus mir wohlgesionteren Kreisen beraus das Befremden begründet hat, mit welchem dieje Verfügung erfüllt. Was mi betrifft, so wollen Sie mir gestatten, nur ein paar Fragen aufzuwerfen, die ih selbs nit unterdrücken konnte. Die Gragen : war wohl eine solche Motivirung nothwendig, um den Sat, mit dem fie \{ließt, nämli daß die Kreisshulinspektoren in kür- zester Frist über alle Ver::ehmungen der Lehrer im Protokoll auf- nehmen sollen 2c. das ist ja das Wesentlihe zu begründer, namentlich, wenn man auf den verschiedenen Lehrerkonferenzen dieser Bezirke Aehulihes durch den Mund der Kommizzarien der Regieruug bereits hatte, nit einmal, sondern wiederholt, aussprechen lassea. Berichte über diese Konferenzen sind reihlih ix8 Land gebract, die \{lesis{e Volkszeitung beispielsweise ist ein in dieser Beziehung auß: rordentlih gewissenhaftes Blatt, das registrirt Alles, und aus ihr hab ih denn au meine Kenntnisse in dieser Beziehung gewonnen. Ich habe mich dann gefragt: war diese Verfügung geschickt, ist das cin Stil, in dem man von Staatsbehörden \priht, und ift es nicht eigentli der Stil eines Blattes, welhes den Kultus-Minister! Falk anzu- greifen zu seiner Regel gemacht hat? Jch habe mir weiter noch die viel {werer wiegende Frage vorgelegt, ist diese Verfügung, diese Begründung objektiv gefaßt und darum gerecht, ist sie nit vielmehr in Wendungen gefaßt und in Häufungen von Einzelteitea, daß man nit denken muß, es ift allerdings eine große Zabl von Herren dort fehlsam gewesen, aber eben doch nur verbältnißmäßig ein kleinerer Zheil, fondern_daß man. eigentlih_ den Eindruck Hat, daß der_aanze oberschlesische Schullehrerstand nihts taugt. Hat man nit den Cindruck, daß, wenn ein folches Wort hinausgeworfen wird, ein Mißtrauen. aller Eltern gegen die Lehrer h:rvorgcrufen werden muß, und ist das wohl verdient? Meine Herren! Diese Fragen habe ih mir vorlegen müfsen, und andere aud. Nun ich meine, sie zu be- antworten, ist bier nicht der Ort, das ift an einer anderen Stelle recht und an diefer anderen Stelle ist es nêthig, sie zu erwägen. _Ih kann mich diesen Bemerkungen mit dieser indirekten Kritik fo will ih mich ausdrücken begnügen, weil ih in der Sache

T: Fut

Punkt in Bezug auf die Wiederholungeprüfung. Meine Herren,

außerordentli mit der Regierung einverstanden bin, und weil