1879 / 79 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Apr 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Nacricht für Seefahrer. Am 7. huj. beginnt hier eine Prüfung zum Schiffer auf kleiner Fahrt. : Leer, den 1. April 1879. L } Der Vorsißzende der Prüfung-Kommifssion, Schreiber.

Personalveränderungen,

Königlih Preußische Armee.

Ernenuungen, Beförderungen und Verseßungen.

Im aktiven Heere. Berlin, 25. März. Frhr. Schilling v. Cannstadt, Pr. Lt. aggr. dem 4. Garde-Regt. z. F. und kommdrt. zur Dienstleist. bei dem Festungsgefängniß in Wesel, zum Vorstand des FestungEgefängnisses in Danzig ernannt. v. Schweinichen, Major und Vorstand des Festungsgefängnisses in Graudenz, in gleicher Eigenschaft zu dem Festungsgefängniß in Glogau verseßt. Eicckemeyer, Hauptm. und Vorstand des fesinnggeiagnnes in Posen, ein Patent seiner Charge verliehen. aris, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 13, zur Dienstleistung bei dem SFestunasgefängniß in Wesel kommandirt. v. Szymonski, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regt. Nr. 79, unter Stellung à la suite des MRegts., zum Vorstand des Festungsgefängnifses in Graudenz ernannt. Schmelzer, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 79, zum Hauptm. und Comp. Chef, Müller, Sec. Lt. von dems. Regt., zum Pr. Lt. befördert. v. Cossel, Sec. Lt. vom Hus. Regk. Nr. 16, in das Hus. Regt. Nr. 11 verseßt. 27. März. von Dresky, Gen. Major und Insp. der 1. Fuß-Art. Insp., in seiner Eigenscbaft als Insp. zur 4. Feld-Art. Jnsp. verseßt. Wiebe, Gen. Major und Commdr. der 4. Fuß-Art. Brig., zum Insp. der 1. Fuß-Art. Insp.,, Rautenberg, Oberst und Abtheil. Chef im Kriegs-Ministerium, urter Stellung à la suito des Kriegs-Ministe- riums, zum Commandeur der 4. Fuß-Art. Brig. ernannt. von dek Marwiß, Hauptm. vom Großen Generalstab, zum Generalstab des Garde-Corps verseßt. Ukert, Sec. Lt, vom Gren, Regt. Nr. 6, zum Premier - Lieutenant befördert. - Gent, Hauptmann und Compagnie-Chef vom Infanterie-Regiment Nr. 96, dem Re- giment, unter Verleihun1 des Charakters als Major, aggregirt. Rasetzki, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 59, unter Belass. in seinem Kommdo. als Comp. Offiz. bei der Unteroff. Schule zu Potédam, in das Inf. Regt. Nr 91 verseßt. v. Kampt, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 59, zum Pr. Lt. befördert. Albrecht, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 46, unter Beförderung zum Pr. Lt., in das Gren. Regt. Nr. 3, Harte, Pr. Lt. vom Inf. Negt. Nr. 77, in das Jof. Regt. Nr. 78 verseßt. Copien 11, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 77, zum Pr. Lt. béfördert. Morsbach, Hauptm. à la suite des Ge- neralstabes der Armee und vom Nebenetat des Großen General- stabes, unter Entbindung von dem Verhältniß als Vermefs. Dirigent bei der trigonom. Abtheilung der Landesaufnahme, als aggr. zum Inf. Regt. Nr. 68, v. Roeßler, Prem. Lieut. vom Gren. Regt. Nr. 6 und kommdrt. bei der trigonom. Abtheil. der Lande8aufnahme, unter Beförder. zum Hauptm. und unter Stellung à la suite des Generalstabes der Armee, behufs Verwendung als Vermess. Dirigent, in den Nebenetat des Großen Generalstabes, Beckter, Hauptm. à la suite des Generalstabes der Armee und vom Nebenetat des Großen Generalstabes, unter Entbind. von dem Verhältniß als Vermess. Dirigent bei der trigonom. Abtheil. der Landesaufna!me, als Battr. Chef in das Feld-Art. Regt. Nr. 22 verseßt. v. Platen, Hauptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 57, unter Belafs. im Nebenetat des Großen Generalstabes, behufs Verwendung als Vermes). Dirigent bei der trigonom. Abtheil. der Landesaufnahme, à la suite des Generalstabes der Armee gestellt. Wirk, Pr. Lt. von Inf. Regt. Nr. 92, yon seinem Kommdo. - bet - der trigonom. Abtheil. der Landesaufnahme zu dèm Kommdo. bei dem Großen Generalstab vom 1. Mai cr. ab auf ein Jahr über- getreten. Tecklenburg, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr..-87, Stün- kel, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 81, Hunger, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 21, zur Dienstleist. bei der trigonom. Abtheil, der Landes- aufnahme vom 1. April cr. ab auf drei Jahre, Hellmar, Pr. L. vom Inf. Regt. Nr. 22 und kommdrt. zur trigonom. Abtheil. der Landesaufnahme, vom 1. April cr. ab auf ein ferneres Jahr zur gedach- ten Abtheil, kommandirt. Reichert, Hauptm. à la suite des Ge- neralstabes der Armee und vom Nebenetat des Großen Generalstabes, unter Entbindung von dem Verhältniß als Vermess. Dirigent bei der topographishen Abtheilung der Lande8aufnahme, als Compagnie - Chef in das Infant. Regt. Nr. 96 verseßt. v. Weddig, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nc. 91 und kommdrt. zur Dienstleist. bei dem Generalstab, unter Stellung à la suits des Generalstabes der Armee, behufs Verwendung als Vermefss. Dirig. bei der topograph. Abtheil. der Landesaufnahme, in den Nebenetat des Großen Generalstabes versett. v. Kirchbach, Pr. Lt. à la suite des Generalstabes der Armee und vom Nebenetat des Großen Generalstabes, Vermess. Dirigent bei der topograph. Abtheilung der Landes8aufnahme, zum Hauptm. befördert, Maske, Sec. Lt. vom üs. Regt. Nr. 90, in das Inf. Regt. Nr. 46 verseßt. 29. März. rhr. v. Sch{leiniß, Haurxtm. und Flügeladjut. Sr. Hoheit des erzogs zu Sachsen-Meiningen-Hildburghausen, zum Major beförd. Durch Verfügung des g Leh-

riegs-Ministeriums. 21. März.

mann, Sec. Lt. vom Füs. e Nr. 35, kommandrt. zur Dienst-

[Leistung bei der Gewehr- und Munitionsfabrik in Erfurt, zu der in Danzig verseßt.

Abschied8bewilligungen. Imaktiven Heere. Berlin, 25. März. v. Kißing, Hauptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 61 und Vorstand des Festungsgefängnisses in Danzig, mit Pens. zur Disp. geftellt. Schallreiter, Pr. Lt. und 2. Offiz. des Festungs- gefängnifses in Cöln, als Rittm. mit Pens. und der Armee-Unif. der Abschied bewilligt. Haellmigk, Rittm. a. D,, zuleßt Escadr. Chef im Hus. Regt. Nr. 8, der Charakter als Major verliehen.

Im Sanitäts-Corps. Berlin, 25. März. Dr. Kre- mers, Ober-Stab2arzt 1. Kl. und Regts. Arzt vom Inf. Regt. Nr. 84, zum Inf. Regt. Nr. 13, Dr. Küppers, Ober-Stabsarzt 2 Kl. und Regts. Arzt vom Inf. Regt. Nr. 13, zum Inf. Regt. Nr. 84, Dr, Marheineke, Stabs- und Bataillons-Arzt vom Garde-Schüßen-Bataillon, zum 2. Bataillon des Eisenbahn-Regts., Dr. Haase, Stab#- und Bataillons-Arzt vom 2. Bataillon des Eisenkt. Regts., zum Garde-Schüßen-Bat., Dr. Engelhardt, Stabs- und Bats. Arzt vom Train-Bat. Nr. 14, zum 2. Bat. Inf. Regts. Nr. 27, Dr. Fabricius, Stabs- und Bats. Arzt vom 2. Bat. Inf. Regts. Nr. 27, zum Train-Bat. Nr. 14, Dr. Hilde- brandt, Assist. Arzt 1. Kl. vom sn Regt. Nr. 19, zum Train- Bat. Nr. 4, Dr, Stechow, Assist. Arzt 1. Kl. vom Gren. Regt. Nr. 7, zum Regt. der Gardes du Corps, Dr. Koßwig, Assist. Arzt 2. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 78, zum Tai Regt. Nr. 10, Dr. S chjer- ning, Afffsist. Arzt 2, Kl. vom Inf. Regt. Nr. 48, zum Garde-Swüten- Bat., Dr. Wa etoldt, Assist. Arzt 2, Kl. vom Feld-Art. Regt. Nr. 18, zum 2. Garde-Drag. Regt.,, Dr. Hunger, Assist. Arjit 2. Kl. vom Feld-Art. Regt. Nr. 8, zum Inf. Regt. Nr. 65 verlen Dr. Hoppe, Stabs- und Bats. Arzt vom Füs. Bat. Inf. Regts. Jir. 68, mit Pension und der Unif. des Sanit. Corps, Dr. Richter, Ober-S tabsarzt 2. Kl. der Landw. vom Res. Landw. Regt. Nr. 38, Dr. Ziegert, Stabsarzt d. Landw. v. 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 44, Dr. Peltesohn, Stabsarzt d. Landw. v. Res. Landw. Regt. Nr. 35, Dr. Kohlhardt, Stabsarzt der Landw. vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 72, Dr. Nothnagel, Stabêarzt der Landw. vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 94, der Abschied bewilligt. Dr. Finger, Assist. Arzt 2. Kl. vom Feld-Art. Regt. Nr. 2, ausgeschieden und zu den Aerzten der Res. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 51, Dr. Wallé, Marine-Assist. Arzt 2. Kl. von der 1. Matrosen-Div., ausgeschieden und zu den Aerzten der Marine-Res. des Res. Landw. Regts. Nr. 40, übergetreten. 27. März. Bayer, Sec. Lt. von der Res. des Ulan. Regts, Nr. 15, aus seinem jeßigen Milit. «Verhältniß ausge- schieden und gleichzeitig im Sanitätscorps als Assist. Arzt 2. Kl. der Res, unter Vorbehalt der Patentirung, angestellt.

Beamte der Militär-Verwaltung. Dur Allerhöchfte Verfügung. 13. März. Glüer, Pr. Lt. a. D., Zahlmftr. beim E Regt. Nr. 17, aus Anlaß seiner Verseßung in den Ruhestand, der Charakter als Rechnungs-Rath rerliehen.

Nichtamtliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 2. April. Se. Majesläi der Kaiser und König nahmen heute den Vortrag des Wirk- lihen Geheimen Raths von Wilmowski entgegen und empfin- gen später die Meldung des Majors im Generalstabe Grafen von Wedel, kommandirt zur Botschast in Wien.

Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Friedrih Carl, fowie die Erbprinzlich Hohenzollernshen Herr- schaften verabschiedeten Sih heute bei den Kaiserlichen Majestäten.

Den Kammerherrendienst bei JFhrer Majestät der Kaiserin-Königin haben die Königlichen Kammerherren Freiherr von Rosenberg und Graf Deynhausen übernommen.

___— Der Bundesrath trat heute zu einer Sißung zu- sammen.

Ein aus Zarizyn vom 28. v. M. datirtes Telegramm des Grafen Melikoff enthält folgende Mittheilungen : Der General-Major Orlow hat bereits 60 Fischereien an der Wolga besuht und dieselben fast alle in einem tadellosen, viele sogar in einem musterhaften Zustande gefunden. Nur drei waren völlig verwahrlost, und es ist den betreffenden Eigenthümern bei Strafe der Schließung ihrer Fischereien aufgegeben worden, dieselben innerhalb eines Monats in einen geordneten Zustand zu bringen. Die Arbeiter werden überall gut erhalten; Krankheiten sind unter ihnen nicht verbreitet ; viele Fischereien haben eigene Spitäler eingerichtet.

Die Untersuchung der Fischereien an der Akhtuba durch den Oberst Davydow is beendigt. :

Die Quarantäne des Dorfes Selitrennoje ist nah Ablauf der vorgeschriebenen 42tägigen Frist nah dem leßten Erkran- fungsfalle und nachdem Dr. Béline erklärt hat, daß in dem ganzen ihm unterstellten Bezirke keinerlei verdächtige Kranke vorhanden sind, am 26. v. Mts. nah Abhaltung eines Dank- gottesdienstes aufgehoben worden. Die Freude der Bevölke- rung war eine allgemeine. Nahezu 500 Personen begaben sih sofort auf die Felder, um dieselben zu bestellen und das Vieh auf die Weide zu treiben.

In der ganzen Provinz Astrachan is} jeßt keine Ortschaft mehr von-einem Sanitäts-Kordon umschlossen; nur der allge- meine Quarantäne-Kordon besteht noch.

«Fn Wetljanka fährt man fort, die infizirt gewesenen und verdächtigen Häuser niederzubrennen, und man hoffte, hiermit am 30. v. Mts. zu Ende zu kommen.

—— Ut teres Verlaufe der gestrigen (31.) Sißung seßte der Reichstag. die zweite Berathung des Geseßent- wurfs, betreffend den Berkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und: Gebraugßsgegenständen fort.

8. 2 lautet:

__»Die Beamten der Gesundheitéepolizei sind befugt, in die Räumlichkeiten, in welchen Gegenstände der in 8. 1 bezeichneten Art feilgehalten werten, während der üblichen Geschäftsstunden oder während die Räumlichkeiten dem Verkehr geöffnet sind, ein- zutreten. Sie sind befugt, von den Gegenständen der in 8. 1 be- zeichneten Art, welche in den angegebenen Räumlichkeiten sich be- finden, oder welche an öffentlihen Orten, auf Märkten, Plätzen, Straßen oder im Umherziehen verkauft oder feilgehalten werden, nach ihrer Wahl Proben zum Zwecke der Untersuchung gegen Empfangsbescbeinigung zu entnehmen. Auf Verlangen is dem Besißer ein Theil der Probe amtlich verschlossen oder versiegelt zurückzulassen. Für die entnommene Probe ist Entschädigung in Hohe des üblichen Kaufpr.-ises zu leisten.“

88. 3 und 4, welche in Verbindung mit §8. 2 diskutirt

wurden, lauten :

8. 3. „Die Beamten der Gesundheitspolizei sind befugt, bei Personen, wclche auf Grund (der 88. 10, 12, 13) dieses Gesetzes zu einer Freiheitsstrafe verurtheilt sind, in den Räumlichkeiten, in welchen Gegenstände der in §. 1 bezeihneten Art feilgehalten wer- den, oder welche zur Aufbewahrung oder Herstellung solcher zum Verkaufe bestimmter Gegenstände dienen, während der in §8. 2 angegebenen Zeit Revisionen vorzunehmen. Diese Befugniß beginnt mit der Rechtskraft des Urtheils und erlischt mit dem Ablauf von drei Jahren, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Frei- heits\trafe verbÜßt, verjährt oder erlassen ift.

8. 4, Beamte der Gesundheitepolizei im Sinne dieses Ge- seßes sind die ärztlihen Gesundheitsbeamten, sowie diejenigen Be- amten, welche von dcr höheren Verwaltungsbehörde als solche be- zeihnet werden. Die Centralbehörde des Bundesstaats bestimmt, welche Behörde als höhere Verwaltungsbehörde zu gelten hat.“

Der Abg. Ruppert beantragte, statt der Worte in §8. 2 A 3 „Gesundheitspolizei“ zu seßen „Polizei“ und §8. 4 zu aen :

„Die Zuständigkeit zu den in §8. 2—3 bezeichneten Maß- nahmen richtet sich nach den einschlägigen landesrechtlichen Be- stimmungen.“

Ferner beantragte noch der Abg. Büchner, in §. 3 die Worte „oder Herstellung“ zu streihen und die Regierungs- vorlage wiederherzustellen. Dieselbe lautet :

„Die Beamten der Gesundheitspolizei sind befugt, bei Per- sonen, welche auf Grund (der 88. 10, 12, 13) dieses Gesetzes zu einer Freiheitsstrafe verurtheilt welchen Gegenstände der in S8. 1 bezeichneten Art feilgehalten werden, oder welche zur Aufbewahrung solcher zum Verkaufe be- stimmter Gegenstände dienen, während der in § 2 angegebenen Zeit Revisionen vorzunehmen.“

Alinea k. stimmt mit der Kommissionéfafsung überein, also : „Beamte der Gesundheitspolizei im Sinne 2c.“

Der Abg. Büchner bat um Annahme seines Antrages. Er wolle den Zutritt zu den Herstellungsräumen nicht ge- statten; es liege in diesem von der Kommission gemachten Zu- saße eine Verschärfung der Bestimmungen, die bedenklich sei, weil die Strafen sehr leiht verhängt werden könnten.

__ Der Abg. Ruppert befürwortete seinen Antrag. Er wolle

die jeßt in den Einzelstaaten bestehenden Organijationen er- L indem man statt „Gesundheitspolizei“ einfa „Polizei“ age und bestimme, daß sich die Zuständigkeit zu den bezeich- neten Maßnahmen nah den Landesgeseßen rihte. Besonders liege es im Jnteresse Bayerns, die bewährte Kontrolle, die jeßt von den Kommunen ausgeübt werde, zu ien und diesen schon bestehenden Organen keine ärztlichen Beamten zur Seite zu stellen, die jeßt die Stellung von Sachverständigen einnähmen. E

Der Staatssekretär Dr. Friedberg erklärte sih mit diesem

ind, in den Räumlichkeiten, in

Antrage einverstanden, denn das Geseß wolle durchaus nicht in die kommunalen Organisationen eingreifen, sondern sogar die bestehenden Organe nah Möglichkeit ausnußten.

Die Abgg. Stauty, Windthorst und Dr. Harnier waren mit dem Antrage Ruppert ebenfalls einversianden, weil der- selbe die bereits bestehende Einrichtung beibehalte.

Der Abg. Graf Luxburg wies besonders darauf hin, daß nah bayerishem Geseß der Bürgermeister allein die Polizei ausübe; wolle man Amtsärzten die Visitationen übertragen, so käme derselbe auf dem Lande, wo derselbe zugleich praktischer Arzt zu sein pflege, in eine schiefe Stcllung.

Bei dcr Abstimmung wurde der Antrag Büchner abge- lehnt, die Anträge Ruppert dagegen und mit ihnen die 88. 2, 3 und 4 angenommen.

8. 5 lautet in der Kommisfionsfassung : _ „Für das Reich könuen dur Kaiserlihe Verordnung mit Zu- siimmung des Bundesraths zum Schuße der Gesundheit Vor- schriften erlaffen werden, welche verbieten :

1) bestimmte Arten der Herstellung, Aufbewahrung und Ver- packung von Nahrungs- und Genußmitteln, die zum Verkaufe be- stimmt sind;

2) das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilbalten von Nahrungs- und Genußmitteln von einer bestimmten Beschaffenheit oder unter einer der wirklichen Beschaffenheit nicht entsprewenden Bezeichnung;

3) das Verkaufen und Feilhalten von Thieren, welche an be- stimmten Krankheiten leiden, zum Zwecke des Sclachtens, sowie das Verkaufen und Feilhalten des Fleisches von Thiercn, welche mit bestimmten Krankheiten behaftet waren ;

__ 4) die Verwendung bestimmter Stoffe und Farben zur H:r- stellung von Bekleidungsgeg:nständen, Spielwaaren, Tapeten, Eß-, Lrink- und Kochgeschicr, sowie das gewerbsmäßige Verk-ufen und Seilhalten von Gegenständen, welche diesem Verbcte zuwiter her«

gestellt sind; S : 9) das gewerb8mäßige Verkaufen und Feilhalten von

Petroleum von ciner bestimmten Beschaffenheit.“

Der Abg. Nieper beantragte, den §8. 5 ganz zu streichen, eventuell sollten die Verordnungen, wenn der Reichstag die Genehmigung versage, sofort außer Kraft treten; genehmigte Verordnungen könnten nur durch Reich2geseß geändert und aufgehoben werden.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) erklärte, man könne 8. 5 einstweilen entbehren und die Regelung der An- gelegenheit ganz der Geseßgebung überlassen. Wenn der Reichstag nachträglich eine Kaiserlihe Verordnung kassire, so sei do in der Zwischenzeit die betreffende Jndustrie erheblich ge- schädigt worden, und dadur stärke man das Ansehen des Kaisers niht. Es sei Gefahr vorhanden, daß der Reichstag si durch eine solche Verordnung in seinem Votum zu sehr vin- kulirt fühle. Diese Fragen seien au nit so dringend, daß man damit nicht einige Monate bis zum Zusammentritt des Reichstages warten könne.

Die Diskussion wurde zugleich noch auf §88. 6 und 7 aus- gedehnt; dieselben lauten :

S. 6. Für das Neich kann durch Kaiserlihe Verordnung mit Zustimmung des Bundeëraths das gewerbEmäßige Herstellen, Ver- kaufen und Feilhalten von N welche zur Fälschung von Ag Yrungs, oder Genußmitteln bestimmt sind, verboten oder beschränkt

erden.

8. 7. Die auf Grund der 88. 5, 6 erlassenen Kaiserlihen Ver- ordnungen sind dem Reichêtag, sofern er versammelt ist, fofort, an- dernfalls bei dessen nêhstem Zusammentreten vorzulegen. Dieselben sind außer Kraft zu seßen, soweit der Reichstag dies verlangt.

Der Abg. Dr. Nieper beantragte, 8. 7 wie folgt, zu fassen :

„Die «uf Grund dieses Gesetzes erlassenen Kaiserlihen Ver- ordnungen sind dem Reichstage bei dessen nächstem Zusammentreten zur Genebmigung vorzulegen. Dieselben treten, soweit der Reichs- tag die Genehmigung versagt, sofort außer Kraft. Die genehmigten Verordnungen können nur turch Reichsgescz- geändert oder auf- gehoben werden.

Der Ab. Meier (Schaumburg-Lippe) erklärte, er habe in der Kommission den Antrag gestellt, das Petroleum aus §. 5 zu streichen, und habe dasür dieselben Gründe, die in der Pctition der Bremer Handelskammer angeführt seien. Uebri- gens hätten die Handelskammern noch mehrerer deutscher Städte Petitionen gleichen FFnhalts überreicht. Zur Beseitigung der herrschenden großen Erregung in den betheiligten Kreisen ersuche er die Regierung, die in der Kommission abgegebene Erklärung hier zu wiederholen, daß sie Verordnungen über Petroleum nicht erlassen wolle, ohne vorherige Anhörung der Handelskammern und der Vorsteher großer Berkehrsanstalten.

Der Staatssekretär Dr. Friedberg bemerkte, es sei eine natürlihe Vorausseßung, daß Verordnuagen dieser Art nicht erlassen würden ohne vorherige gutachtlihe Anhörung der kompetenten sacverständigen Korporationen und e ey schon damit die Verordnung kein Desaveu im Reichstage er- fahre. Das gelte auch vom Petroleum im Speziellen.

Der Abg. Baer (Offenburg) erklärte, es handele sich hier ar niht um eine zur geseßlihen Regelung geeignete Materie, ondern um die Anwendung eines vorhandenen Gesetzes, die im Verordnungswege durchgesührt werden müsse.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) bemerkte, er wünsche nur , daß die im §8. 7 konstituirte nahträglihe Prü- fung des Reichstages vor Erlaß der Verordnung erfolgen solle.

Der Abg. Dr. Lasker wies darauf hin, daß der Reichstag mit Weglassung dieses Paragraphen den frucht- barsten Theil des Gesehes entfernen würde. Hier fei das Reichspolizeireht zweckmäßig mit der Geseßgebung in Einklang gebracht, ohne Klagen der Einzelstaaten zu ver- anlassen. Durch das Verordnungsreht des Kaisers und des Bundesraths sei die schwere Beweglichkeit, welche die Geset- gebung habe, vermieden. Eine neue Entdeckung könne täglih JIrrthümer aufdecken, welche ohne §. 5 noch ein Jn Laa bis zur geseßlichen Regelung die oft von einer s{chwanken- den Majorität abhange bestehen bleiben müßten, während nach §8. 5 der Kaiser und Bundesrath die irrthümliche Ver- ordnung sosort im Verordnungswege wieder aufheben könne. Wenn eine allgemeine Verordnung von Reichswegen erfolge, dann sei der Verkehr auch gegen alle abweichende Maßregeln der Einzelstaaten sicher; die Handhabung sei eine einheitliche. Die Kaiserlihen Verordnungen auf Grund der Gerverbc- ordnungsnovelle seien in analoger Weise der Kontrole des Reichstags unterworfen, und das Ansehen des Kaisers leide darunter niht. Allerdings werde der Reichstag für die Auf- hebung fsolcher Verordnungen besondere geschäftsordentliche Regeln treffen müssen; eine einmalige Berathung sei hier nicht angezeigt. Er bitte, den §8. 5 nicht zu streihen. Darauf wurden die §8. 5—9 nah Ablehnung der Amendements ge- mäß den Beschlüssen der Kommission angenommen.

8. 10 lautet: „Mit Gefängniß bis zu fechs Monaten und mit Geldstrafe bis zu eintausend fünfhundert Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft:

im Handel und Verkehr:

1) wer zum Zweck der Täuschun e Nahrungs- oder Genußmittel aGabmnt oder dadurch verfäl\cht,

daß er dieselben mittels Entnehmens oder Zusetßzens von Stoffen.

- eut

versh:e{chtert oder daß er dieselben mit dem Schein einer besseren Beschaffenheit versieht ; ; 3) wer wissentlid Nahrungs- oder Genußmittel, welche ver- dorben oder nachgemacht oder im Sinne der Nr. 1 verfäls{t sind, unter Vershweigung dieses Umstandes verkauft oder unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung feilhält.“ Dazu beantragte der Abg. Baer (Offenburg), die Ziffer 1 dahin zu fassen: „wer zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs- oder Genußmittel nachmaht oder verfälsht“; in Ziffer 2 zwischen „nahgemacht oder“ und „ver- fälscht“ die Worte: „im Sinne der Nr. 1“ zu streichen.

Die Abgg. Büchner, Dr. Günther (Nürnberg) und Ge- nossen beantragten dagegen folgende Fassung:

it Gefängniß u. f. w.: L zum Zweck der Täushung im Handel und Verkehr

Nahrungs- oder Genußmittel nahmaht oder verfälsbt; 9) wer wissentlich Nahrungs- oder Genußmittel verkauft oder feilhält, welche verdorben oder nahgemat oder verfälsht sind; Der Abg. Baer (Offenburg) bemerkte, er have gegen die Fassung des §. 10 in der Regierungsvorlage juristische Be- denfen. Es sei hier der Versuh gemacht, den Begriff der Verfälschung“ zu definiren, aber dieser Versuch sei mißglüdckt. Man möge es dem Richter überlassen, in den einzelnen Fällen festzustellen, ob eine strafbare Handlung vorliege. Der Abg. Dr. Schulze (Delißsch) beantragte, den ersten Absat des §. 10 zu fassen wie folgt:

„Wer zum Zweck der Täushung im Handel und Verkehr Nahrungs- oder Genußmittel nachmacht oder dadur verfälscht, daß er dieselben mittelst Zuseßen von Stoffen verslechtert oder den bestehenden Geschäftsgebräuchen gemäß mit dem Schein einer besseren Beschaffenheit versieht.“

Redner sprach sih gegen die Vorlage aus; nah Handels- und Geschäftsgebräuchen würden Aenderungen mit Waaren ange- nommen, um ihnen einen bessern Schein zu geben; dieselben fielen unter diesen Paragraphen, wenn man diese Usancen nicht als berechtigt hinstelle, soweit fie eben unshädlich seien. Der Abg. Dr. Mendel bemerkte, der Versuch des §. 10, eine Definition des Wortes „Verfälschen“ zu geben, sei als mißglückt zu bezeichnen. Derselve gehe zum Theil zu weit, zum Theil nicht weit genug. Der spanische Wein sei durch- gehends mit Alkohol verseßt, zum Theil, damit er den Trans- port aushalte, zum Theil, zum Zwecke der Täuschung. Hier seien alle Momente des §. 10 gegeben, und mit dem Inkraft- treten des Geseßes sei der Handel mit spanishen Weinen ver- boten. Wenn Jemand die Wurst mit etwas Semmel ver- seße, um sie etwas shmachafter und haltbarer zu machen, verfalle er dem §. 10. Die Motive sagten, man könne in Privathäusern auch Wurst ohne Semme machen ; nit Alle aber seien so glücklich, ihr eigenes Schwein schlachten zu können. Der Begriff „Schein einer besseren Beschaffenheit“ sei noch vager. Jm vorigen Jahre sei nah den Motiven das Butterfärben

M verwerflih“ gewesen, in diesem Fahre sei cs gestattet. Er-

wecke man niht den Schein einer besseren Beschaffenheit, wenn man trübes Bier klar mahe? Am bedenklichsten er- scheine dies beim Weinhandel. Nach dem Geseß sei Chap- talisiren und Gallisiren des Weins nur gestattet, wenn man den Wein als so verändert bezeihne. Dagegen könne man den Franzosen dieses Verfahren nicht verbieten, und da man es mit den zur Zeit bekannten chemischen Mitteln nicht nahweisen könne, seße man eine Prämie auf chaptalisirten resp. galli- sirten französishen Wein, den man als Wein verkaufe, wäh- rend der Deutsche ihn nux unter jener Bezeihnung verkaufen könne. Andererseits seien die Kinderpulver, die als Ersaß

| für Muttermilh vielfah empfohlen und verkauft würden, da

sie nur Kohlenhydrate ohne Stickstoffgehalt seien, ungenügend für die Ernährung. Wo sei hier ein Shuß in dem Geseße? Sehe man von jeder Definition des Wortes „Verfälschen“ ab, und überlasse es dem Richter, im konkreten Falle zu be- urtheilen, ob etwas Strafbares vorliege oder nicht.

Der Bundeskommissar Geh. Ober-Regierungs-Rath Meyer erwiderte, der 8. 10 wolle diejenigen treffen, welche zum Zweck der Täuschung verfälschten, also die Täuschung wollten. Derselbe

Ï mache ferner den Versuch, eine Definition des Begriffs „Ver-

fälshung“ zu geben ; dieser Versuch, würde niht gemacht wor-

l den sein, wenn nicht in der Berathung von Sachverständigen

der dringende Wunsch nah einer solchen Definition konstatirt worden wäre. Die Exemplifikation des Abg. Mendel auf die Kinderpulver beweise nihts. Seien dieselben in der That

N werthlos oder {hädlich, so könne man den Verfertiger um

deswillen belangen, weil er unwahre Thatsachen behauptet habe. Hierauf vertagte sich das Haus um 41/7 Uhr. Jn der heutigen (32. )Sißung des Neichstag:8,

L j welcher der Präsident des Reichs-FJustizamts, Staatssekretär E Dr. Friedberg und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bun-

desrath und Kommissarien desselben beiwohnten , seßte das

l | Haus die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, be- M treffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Ge-

nußmitteln und Gebrauchsgegenständen, mii der Berathung des §8. 10 fort. Derselbe lautet : i

8. 10. Mit Gefängniß bis zu sech8 Monaten und mit Geld- strafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: :

1) wer zum Zweck der Täushung im Handel und Verkehr Nahrungs- oder Genußmittel nahmacht oder dadurch verfälscht, daß er dieselben mittels Entnehmens oder Zuseßens von Stoffen vershlehtert, oder daß er dieselben mit dem Schein einer besseren Beschaffenheit versieht; :

2) wer wissentlich Nahrungs- oder Genußmittel, welche ver- dorben oder nabgemacht oder im Sinne der Nr. 1 verfälscht sind, unter Vershweigung dieses Umstandes verkauft, oder unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung feilhält.

Hierzu lagen folgende Anträge vor:

a) vom Abg. Büchner und Gen. :

Mit Gefängniß u. \. w.: :

1) wer zum Zweck der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs- oder Genußmittel nahmacht oder verfälsht ;

2) wer wissentlich Nahrungs- oder Genußmittel verkauft a feilhält, welche verdorben oder nahgemaht oder verfäl scht ind;

b, vom Abg. Baer (Offenburg) :

e, die Ziffer 1 dahin zua fassen:

„wer zum Zwecke der Täushung im Handel und Verkehr Nahrungs- oder Genußmittel nahmacht oder verfälsht“;

__ b, in Ziffec 2 zwischen „nachgemaht oder“ und „verfälsht die Worte „im Sinne der Nr. 1“ zu streichen.

c. vom Abg. Dr. Schulze-Delißsch: :

_ den §. 10 Nr. 1 der Regierungsvorlage und Kommissions- beshlüsse dahin zu fassen: „oder zum Zwedcke der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs- oder Genußmittel nachmaht, oder dadur verfälsht, daß er dieselben mittels Entnehmens oder Zuseßens von Stoffen verschlechtert oder den bestehenden Handels- oder Geschäftsgebräuhen zuwider mit dem Schein einer besseren Beschaffenheit versieht“; u. #. w. l :

Es entspann sich eine längere Debatte über die beste

Weise, den Begriff der Fälshung zu definiren, an welcher

sich die Abgg. Dr. Buhl, Dr. Reichensperger (Crefeld), von Flottwell, Herrlein, Dr. Zinn, sowie der Staatssekretär Dr. Friedberg, der Geheime Regierungs-Rath Dr. Finkelnburg, und der Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Meyer betheiligten. Schließlih wurde 8. 10, nachdem der Antrag Büchner zurück- gezogen war, in der von dem Abg. Baer beantragten Fassung angenommen. Ohne Debatte wurde S. 11:

8 11. If die im §. 190 Nr. 2 bezeichnete Handlung aus Fahrlässigfkeit begangen worden, fo tritt Geldiirafe bis zu \echs8- nare Mark oder Haft oder Gefängnißstrafe bis zu dei Mo- naten ein.

genehmigt. (Schluß des Blattes)

Nach der im Reihs-Eisenba hn-Amt aufgestellten in der Ersten Beilage veröffentlihten Nachweisung über die Betriebsereignisse resp. Tödtungen und Ver- lezungen auf deutschen Eisenbahnen exkl. Bayerns im Jahre 1878 waren im Ganzen zu ver- zeichnen: s S

510 Entgleisungen und Zusammenstöße fahrender po (127 Courier-, Schnell- und Personenzüge, 32 gemischte Züge und 351 Güterzüge resp leer fahrender Lokomotiven), 675 Ent- gleisungen und Zusammenstöße beim Rangiren (82 mit, 593 ohne Betriebsstörung) und 1030 sonstige Betriebsereignisse, welche eine Störung des regelmäßigen Betriebes veranlaßten.

Es verunglückte ein Zug mit Personenbeförderung auf 9773 beförderte Züge dieser Gattung und ein Güterzug auf 3284 besörderte Güterzüge. Bei sämmtlihen Entgleisungen und Zusammenstößen (inkl. beim Rangiren) kommen auf einen Unfall 5 844 349 Achskilometer aller Züge gegen 5 514 465 im Jahre 1877 und 4377 530 im Jahre 1876.

Von den 324 Fällen, welche zur gerichtlihen Kognition gelangten, wurde in 140 Fällen (43 Proz.) die gerichtliche Untersuhung ohne Erhebung einer Anklage eingestellt, in 73 Fällen (23 Proz.) wurden ducch rechtskrästiges Erkenntniß 23 Personen freigesprohen und 58 Personen zu insgesammt 6 Jahren 2 Monaten und 2 Tagen Gefängniß verurtheilt ; 111 Fälle (34 Proz.) sind noch unerledigt. Außer den vor- stehend genannten Strafen wurden in 715 Fällen (32 Proz.) 7635 A Geldstrafen, 64 Verweise und 32 Entlafsungen im Disziplinarwege verhängt.

Nah der zweiten die Tödtungen und Verletzungen be- handelnden Nachweisung sind im Fahre 1878 außer 122 Tödtung:n und 13 Verleßungen bei beabsichtigtem Selbst- morde im Ganzen 1641 Personen verunglückt (inkl. der in Folge von Betriebsereignissen Verunglückten) und zwar: 88 Passagiere (24 getödtet und 64 verleßt), 737 Beamte (139 getödtet und 598 verleßt), 537 Arbeiter (97 getödtet und 440 verleßt), 279 fremde Personen (140 getödtet und 139 verleßt).

Von den Verleßten sin» noch nahträglih geftorben 85, innerhalb 8 Tagen genesen 165, nach 8 Tagen und vor Ab- lauf von 4 Wochen genesen 369, über 4 Wochen krank ge- nesen 289, über 3 Monate 81, über 6 Monate 38 ; bei 5 Per- sonen is eine dauernde Wiederh.r|tellung niht zu erhoffen ; 160 Personen sind noh krank und von 49 ist der Krankheits- verlauf unbekannt. :

Von den 1536 Fällen, in denen (exkl. durch Unfälle im Betriebe) Tödtungen und Verleßungen vorkamen, gelangten 891 (58 Proz.) zur gerichtlihen Kognition ; von diesen wurde in 792 Fällen (89 Proz.) diè Erhebung einer Anklage abge- lehnt, in 18 Fällen (2 Proz.) wurden durch rechtskräftiges Erkenntniß 18 Personen freigesprohen und 8 Personen zu insgesammt 2 Monate 25 Tage Gefängniß verurtheilt; die übrigen 81 Fälle (9 Proz.) sind noch unerledigt. Außerdem wurden in 22 Fällen 115 4 Geldstrafen, 2 Verweise und 5 Entlafsungen im Disziplinarw?2ge verhängt.

Von sämmtlichen Verunglückungen von Personen exkl. Selbstmörder entfallen auf:

A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Privatbahnen (bei zusammen 15616 km Betriebslänge, 20822 km Geleislänge und 4 266 268 308 geförderten Achskilometern) 1127 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Bergish-Märkische Bahn (173), die Oberschlesische Bahn (168) und die Sächsishe Staatsbahn (117); verhältniß- mäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achs- kilometer und der im Betriebe gewesenen Geleislänge sind die meisten Verunglückungen auf der Westfälischen, der Ober- \clesishen und der Bergisch-Märkischen Bahn vorgekommen.

B. Größere Privatbahnen mit je über 150 km Länge (bei zusammen 10 189 km Betriebslänge, 13 464 km Geleis- länge und 2 576 006 854 geförderten Achskilometern) 493 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Rheinische Bahn (114), die Cöln-Mindener Bahn (92) und die Magdeburg-Halberstädter Bahn (43); verhältnißmäßig sind jedoh auf der Berlin- Görligzer, der Rehhte-Oder-Ufer- und der Rheinischen Bahn die meisten Verunglückungen vorgekommen. Z

C. Kleinere Privatbahnen mit je unter 150 km Länge (bei zusammen 1062 km Betriebslänge, 1133 km Geleis- länge und 82831 975 geförderten Achsfilometern) 21 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Lübeck-Büchener Bahn (6), die Marienburg-Mlawkaer Bahn (4) und die Dortmund- Gronau-Enscheder (3) bezw. die Tilsit-Fnsterburger Bahn (3); verhältnißmäßig sind auf der Tilsit-Fnsterburger, der Homburger und der Weimar-Geraer Bahn die meisten Ver- unglückungen vorgekommen. : L

Von je 7 245 559 Reisenden wurde Einer getödtet und von je 2717 084 Einer verleßt gegen 10879 523 bezw. 1 673 484 im Jahre 1877 und 11 839 447 bezw. 2 957 611 im Jahre 1876 —, dagegen wurde von den im Betriebsdienste thätig gewesenen Beamten der 919. 1877 der 703. und 1876 der 819 getödtet und der 215. 1877 der 199., 1876 der 183. verleßt. ;

Es entfällt eine Verunglückung im Fahre 1878 auf 4220 325 Achskilometer aller Züge und auf 22 km durch- shnittlihe Jahresgeleislänge 1877 auf 4249 558 bezw. 21 und 1876 auf 3 819 306 bezw. 18. :

Ein Vergleich der aus je zwei dieser Zahlen refultirenden geometrishen Mittel ergiebt eine Abnahme der Verunglückungen von circa 2 Prod egen 14 Proz. Abnahme im Fahre 1877 und 17 Proz. A inie im Jahre 1876.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Großherzoglich hessisher Präsident des Gesammt-Ministeriums und Minister des Großherzoglihen Hauses und des Aeußern sowie des Jnnern, Freiherr von Star ck, der Präsident des Finanz- Ministeriums, Wirkliche Geheime Rath Shleiermacher und der Ministerial-Nath Müller, der Herzoglich sachsen-alten- burgishe Staats-Minister von Gerstenberg-Zech und der Bürgermeister der freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Kir- chenpauer, sind in Berlin eingetroffen.

Der zum Kaiserlichen Gesandten am Königlich dänischen Hofe ernannte Freiherr von Magnus ist in Kopenhagen eingetroffen und hat die Geschäfte der Gesandtschaft über- nommen.

S. M. Panzer-Korvette „Hansa“, 8 Geschüße, Kom- mandant Korvetten-Kapitän Heusner, hat am 3. März cr. Curaçao verlassen, ankerte am 7. März auf der Rhede von Port au Prince und beabsichtigte am 13. März wieder in See zu gehen, um einige Häfen Haitis zu besuchen.

Cöln, 1. April. (W. T. B.) Die heutige Feier der Enthüllung des Denkmals des Fürsten von Bis- marck ist äußerst glänzend verlaufen. Bei dem Bankett, an welchem 240 Personen theilnahmen, wurden über 30 000 für ein den! Grafen von Moltke zu erriht-endes Denkmal gezeichnet.

Sachsen-Weimar-Eisenah. Weimar, 29. März. (Magd. Ztg.) Das Gesuch oberländisher Gemeinden, die Besteuerung des Gewerbebetriebs im Umherziehen betreffend, hat in der Sißung vom 26: d. M. den Landtag beschäftigt. Entgegen den Ausschußanträgen is beschlossen worden, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Dieser Beschluß hat insofern eine allgemeinere Bedeutung, als der Landtag damit dem Begehren beitritt, daß die Regierung sih bemühen möge, die Steuer von dem Gewerbebetriebe im Umherziehen zu einer Reichssteuer zu machen und damit den Gewerbebetrieb auf das Reichsgebiet auszudehnen.

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 26. März. Der vor einigen Tagen geschlossene Landtag hat sih in erster Linie mit der Justizorganisation beschäftigt. Nach den gefaßten Beschlüssen wird das Landgericht mit aht Mitgliedern beseßt, wobei der Präsident und ein Direktor mit einge)chlofsen find. Bei demselben werden zwei Staatsanwälte und vier Ge- rihts\{hreiber fungiren. Amtsrichter werden zusammen 16 ernannt, davon 6 beim Amtsgericht Altenburg, je zwei bei jedem der fünf Provinzialamtsgerihte. Dazu kommen noch 14 Amtsgerichtsassessoren und 11 Gerichtsschreiber. Von den ersteren wird einer vorzugsweise mit Besorgung der Amts- anwaltsgeshäfte beim Amtsgeriht Altenburg betraut, ein zweiter eventuell als Gehülfe der Staatsanwaltschaft verwen- det werden.

Sachsen-Coburg-Gotha. Gotha, 30. März. (Leipz. Ztg.) Das Stadtverordneten-Kollegium hat einem Statut des Stadtraths die Genehmigung ertheilt, nah welhem Tanzbelustigungen in öffentlihen und Vereinslokalen, Konzerte, Theatervorstellungen, musifalishe und deklamatorishe Vorträge und gymnastishe Produktionen einer Steuer unterworfen werden. Für Tanzbelustigungen be- trägt die leßtere nah der Dauer des Vergnügens 5—20 M. (ein Maskenball wird sogar mit 30—50 A besteuert), für Konzerte und sonstige Vorträge 2c. 3—10 4 Konzerte zu Wohlthätigkeitszwecken und die Vorstellungen im Hoftheater unterliegen einer Besteuerung nicht.

Belgien. Brüssel, 29. März. (Cöln. Ztg.) Auf die gestern im Senat von d'Anethan im Namen der Rechten abgegebene Erklärung, daß der Unterrichts-Minister wegen seiner persönlichen Ansichten in Bezug auf die Religion fein vertrauenswürdiger Mann für das Amt sei, erklärte heute Frère Drban im Namen des Gesammt-Ministeriums: „Man hat Herrn Vanhumbeeck einen Vorwurf aus feinen religiösen Ansichten gemacht. Das verleßt das Rechtsgefühl. Wenn irgend welche religiösen Ansichten ein Hinderniß sein sollten, das Vertrauen des Königs zu erlangen, so würde die Freiheit der Kulte niht mehr bestehen, und man könnte nur Minister sein unter der Bedingung, daß man zur katholisch- apostolisch-römischen Religion gehört. Der Saß ist aber un- haltbar, man müßte denn behaupten wollen, daß die Ge- wissensfreiheit in Belgien vershwunden sei. Die Opposition würde einem Minister aus seinen religiösen Ansichten einen Vorwurf machen dürfen, wenn er dieselben in unsere Geseße einfließen lassen wollte. Jn den der Geseßgebung vorgelegten Entwürfen ist davon aber keine Spur; denn in allen sind die regiliósen Ueberzeugungen des Landes respektirt. Der Bischof von Tournai ist, wie die „Vérite“ meldet, gestern nach Lille abgereist. i S

1. April. (W. T. B.) Jhre Majestäten der König und die Königin sind gestern Abend von London hier ein- getroffen. Die Königin war in London von einem Unwohl- fein befallen, doch scheint dasselbe, so viel hier bekannt, keinen ernsteren Charakter zu haben.

Großbritannien und Jrland, London, 31. März. (Allg. Corr.) Die neuesten Berichte vom südafrikanischen Kriegsschaupl aße reihen bis zum 11. März. Darnah ist die Lage der Dinge seit dem Datum der vorleßten Cappost ziemlich unverändert geblieben. Am 10. März langte das Truppenschif „Tamar“ mit dem 57. Regiment an Bord in Durban an. Das Schiff „Shah“, welches die ersten Verstär- fungen von St. Helena brachte, schiffte am 5. März Truppen in Durban aus, und man hoffte in Kurzem den Entsaß von Efkfowe wagen zu können. Éin Versuch, mit der Besaßung von Efowe mittelst Signalen in Verbindung zu treten, ist miß- lungen.

“Der „Times“ wird unterm 11. d. aus Capetown gemeldet: Man glaubt, die Proviantvorräthe des in Ekowe eingeshlossenen Obersten Pearson e nicht bis über März hinaus reichen. Oberst Wood bleibt noch immer hinter seinen Verschanzungen am Goddapad. Seine jüngsten, im Verein mit Oberst Rowland unternommenen Operationen

egen irreguläre Zulubanden auf beiden N des Pongolo Eniten keine sehr günstige Resultate. Oberst Rowland mate einen erfolglosen Angriff gegen eine Position auf dem Berge Telahu, und in weiteren Versuchen zur Verdrängung des Feindes mußten Rowlands und Bulwers Truppen in Folge der Hartnäckigkeit, mit welher Umbelini seine starken

tellungen behauptet, sih zurückziehen. Oberst Woods Ope- rationen sind zeitweilig sistirt worden. Seine Kolonne soll dur das Corps, welches sich jeßt an der Tugelagrenze be- findet, wesentlich verstärkt werden. i

Wie man dem „Daily Telegraph“ meldet, werden die Truppen vor Ende April nicht in der Lage sein, die Offen- sive gegen Cetewayo wieder zu ergreifen. Das Haupt- quartier Lord Chelmsfords ist nach Durban verlegt woden.

(E. C.) Dem „Globe“ nach, wären am Freitag auf dem Londoner Zollamte für Thee niht weniger als