1879 / 120 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 24 May 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Kommission: 1. über die Verwaltung des Schuldenwesens des Norddeutshen Bundes, beziehungsweise des Deutschen Reiches; Ix. über ihre Thätigkeit in Ansehung der ihr über- tragenen Aufsicht über die Verwaltung: a. des Reichs-FFnva- lidenfonds, b. des Festungsbaufonds, und c. des Fonds zur Errichtung des Reichstag8gebäudes; IIT. über den Reichs- Kriegsshaß, und IV. über die An- und Ausfertigung, Ein- ziehung und Vernichtung der von der Reichsbank auszu- gebenden Banknoten, wurden auf Antrag des Abg. Rickert an die Rehnungskommission verwiesen. S Es folgte die erste Berathung des Entwurfs eines Ge- seßes, betvestenb die Feststellung! eines zweiten Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für das Jahr 1879/80. Derselbe lautet : i Î Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen 2c. : : verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des

Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

8. 1. Der Reichshaushalts-Etat für das Etatsjahr 1879/80 wird, wie folgt, abgeändert bezw. ergänzt: ; i

1) unter den einmaligen Ausgaben i als Kapitel 13a. einzu- stellen: XIa. Reichsdruckerei. Titel 1. Entschädigung an Preußen für Abtretung der Staatsdruckerei 3 573 000 4 Litel 2. Behufs Verschmelzung der vormaligen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei mit der preußischen Staatsdruck?rei 1299500 4 Summe X1a. (Ka-

pitel 13a.) 4872500 A i 2) die Ansäte unter Kapitel 4a. der Einnahme werden durch

die folgenden erseßt:

Tr Nane drei. a. Einnahme. Tit. 1/2. Für Druckfachen und andere in das Drutckereifach einschlagende Arbeiten, sowi Erlös von Fabrikabgängen, Miethe für Dienstwohnungen, Beiträge zu den Kosten für die Wasserheizung und den Wasserverbrauh in den Dienst- gebäuden und sona vermischte Einnahmen 3 212 500 Æ# Summe der Einnahme für si.

b. e O bo Ausgabe. Titel 1 Besoldungen 50100 #, Titel 2 Wohnungsgeldzushüsse 6180 M4, Titel 3 bis 6 Andere per- \öuliche Ausgaben 799 900 M, Titel 7 bis 11 Sächhlihe und ver- mischte Ausgaben 1251 780 4, Summe der Ausgabe 2107 060 Die Einnahme beträgt 3212500 Æ, mithin is Uebers{huß d VI. (Kapital 4a.) füc si

Summe VI. (Kapital 4a.) füc 1.

3) unter Kapital 20 der Einnahme ist als Titel 17 einzustellen : Zu einmaligen Ausgaben für die Reichsdruckerei 4872500 G

8. 2. Der nat §. 1 si ergebende Mehrübers{uß der Reichê- druckerei gegen den Üebershuß der vormaligen Geheimen Ober-Hof- bucbdruckerei im Betrage von 925 440 Æ( kommt von den Matri- fularbeiträgen der einzelnen Bund:sftaaten nach dem Maßstabc ihrer Bevölkerung in Abgang. i E

Der Abg. Dr. Zimmermann sprach die Befürchtung aus, daß die neue Reichsdrukerei der Privatindustrie unmotivirte Kon- kurrenz machen werde, und beantragte die Verweisung der Vorlage an die Budgetkommission zur Vorberathung. Auch warf er die Frage auf, ob diese gewerbliche Anstalt des Reiches genügend besteuert sei. O j

Der General-Postmeister Dr. Stephan bestritt, daß die neue Reichsanstalt der Privatindustrie irgendwelche unberech- tigte Konkurrenz machen werde. Der Abg. Dr. Hammacher trat dem Antrage Zimmermann, aber nur aus finanziellen Gesichtspunkten bei, während der Abg. Frhr. von Minnigerode für die weitere Plenarberathung der Vorlage eintrat. Die Vor- lage wurde indessen der Budgetkommission überwiesen.

Beim Schluß des Blattes seßte das Haus. die zweite Be- rathung des Zolltarifs mit der Position „Getreide“ fort.

Die „Nat. Ztg.“ stellt die Behauptung auf, daß bei den Gütern am Rhein, welhe der Reichskanzler als mit 20 und mehr Prozent ihres Einkommens belastet aufge- führt hat, die Einkommensteuer einmal überhaupt zu niedrig veranlagt, und dann bei der Veranlagung Wohnung, Nahrung u. #. w. des Besißers nicht berücksichtigt se. Wir find in der Lage quf! Grund der "vor liegenden Register zu erklären, daß die von dem Reichskanzler angeführten Güter ohne Ausnahme nicht von dem Eigenthümer bewohnt werden und daß eine zu niedrige Veranlagung nicht wahrscheinli ist, da die auch für die Ge- meinde-Zuschläge maßgebende Einkommensteuer durch die Ge- nossen in der Gemeinde mit einiger Sicherheit kontrolirt wer- den fann.

Die mit dem Jnkrafttreten des Gerichtsverfafsungs- geseßes bevorstehende Umgestaltung des Hinterlegungs- wesens läßt es nach einer allgemeinen Verfügung des Justiz-Ministers vom 14. d. M. im Fnteresse sowohl der betheiligten Behörden wie der Parteien wünschenswerth erscheinen, in allen Fällen, in welhen ein Erforderniß zur Fortdauer der Hinterlegung niht mehr besteht, dieselbe noch vor Ueberweisung der Masse an die Hinterlegungsstelle zur Erledigung zu bringen. Es empfiehlt jsih deshalb und um die mit der Umgestaltung verbundene Geschäftslaft thunlich zu mindern, auf eine solhe Erledigung schon jeßt Bedacht zu nehmen, und zu diesem Zweck entweder unter Benußung der bei sonstigen Anläfsen sich darbietenden Gelegenheit oder im Wege einer allgemeinen Revision der Sachen, in welchen eine Hinterlegung bewirkt ist, zu prüfen, ob die Veranlassung zu der leßteren fortgefallen ift und demgemäß die Aushändigung an die Empfangsberehtigten oder die Abführung an die Fustiz- Offizianten-Wittwentasse bezw. das Aufgebot der Masse er- folgen fann.

Auf Grund erhobener Beschwerden, daß am 12. d. M. noch für keine einzige der westlihen Eisenbahnen der am 15. d. M. ins Leben getretene Sommerfahrplan veröffentlicht und auch Seitens der Eifsenbahnverwaltungen im Often am 9. d. M. noch kein Fahrplan publizirt gewesen sei, hat der Minister der öffentlihen Arbeiten Veranlassung genommen, den Königlichen Eisenbahndirektionen 2c. die Bestimmung des Erl¿fses vom 15. Dezember 1869, wonach alle Fahrplan- Aenderungen 14 Tage vor ihrer Einführung zu publiziren sind, dur eine Cirkularverfügung vom 19, d. M. nahdrück- lichft in Erinnerung zu bringen.

Obgleich sowohl nach preußischem Landesrecht als auch nah der Reichzsgesehgebung jeder Beamte bei dem Dienst- antritt eidlich zu verpflichten ist, ist er nah einem Er- kenntniß des Ober-Tribunals, vom 22. April 1879, den- noch im Sinne des St. G. B. schon vor der Vereidigung als Beamter zu betraten, wenn er zur fraglichen Zeit bereits die ihm übérwiesenen Amtsgeshäfte definitiv oder auch nur provisorisch übernommen hat.

ÎÏn diesem Jahre werden Generalstabs-Uebungs* reisen: véi: vem L, W, V: VL/, V; VIIL- X; XE;AIV- und X%., Armee-Corps ftattfinden.

Der General der Znsanterie von Kirchbach, kom- mandirender General des V. Armee-Corps, ift auf einige Tage von Posen hier eingetroffen.

Der Kaiserliche Minister-Resident von Eisendecher ist nah Tokio zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dorti- gen Kaiserlihen Mission wieder übernommen.

Das diesjährige Uebungsgeschwader, bestehend aus S. M. Schiffen „Friedrih Carl“, „Preußen“, „Friedrich der Große“, „Kronprinz“ und S. M. Aviso „Grille“ is unter dem Oberbefehl des Contre-Admirals Kinderling am 22. Mai c. in Kiel formirt worden.

S. M. gedeckte Korvette „Prinz Adalbert“, 12 Ge- shüße, Kommandant Kapitän zur See Mac Lean (Se. Kö- niglihe Hoheit der Prinz Heinrich an Bord), ist am 23, Mai cr. in Yokohama eingetroffen.

S. M. Glattdeckskorvette „Nymphe“, 9 Geschüße, Kommandant Korvettenkapitän Sattig, ist am 6. Mai cr. in Norfolk eingetroffen.

__ Sachsen. Dresden, 23. Mai. (Dresd. Journ.) Die im 6, Stü des Geseß- und Verordnungsblattes erschienene Verordnung zur Ausführung des §. 2 des Einführungs- geseßes zur Strafprozeß-Ordnung für das Deutsche Reich vom 3. Mai 1879 enthält die näheren Bestimmungen über die Wahlen zum Schöffen- und Geshworenen- Amte. Sofortige praktishe Bedeutung erlangen die Vor- schriften über die Ausstellung der Urlisten durch die Gemeinde- vorsteher und über die Wahl der Vertrauensmänner für -die bei den Gerichtsbehörden erster Jnstanz zusammentretenden Wahlausschüsse. Diese Vertrauensmänner sind von den Be- zirksversammlungen bis spätestens Mitte Juli zu wählen. Dem Vernehmen nach sind bereits in leßterer Zeit auf den abgehaltenen Bezirkstagen derartige Wahlen vollzogen worden.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 23. Mai. Der Kaiser empfing heute Mittag den Prinzen Alexander von Batten- berg, welcher hierauf eine zwei und eine halbe Stunde dauernde Konferenz mit dem Grafen A ndrassy hatte. Der Prinz begiebt sich heute Abend von hier zunächst nah Dresden. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht ein vom Gesammt-Ministerium unterzeichnetes Kaiserliches Patent vom 22. d., durch welches das Abgeordnetenhaus des Reichsrathes aufgelöst und die sofortige Einleitung und Durchführung von allgemeinen Neuwahlen für dasselbe angeordnet wird.

_— Die „Pol Korresp.“ meldet aus Philippopel: Seit dem 21. d. M. sind zum Zeichen, daß das russis che Gouvernement seine Funktionen eingestellt habe, auf allen öffentlihen Gebäuden die russishen Fahnen einge- zogen. Aus Bukarest: Die neugewählte Deputirten - kammer wird annähernd aus 98 Liberalen und Gouverne- mentalen, aus 16 gemäßigt Liberalen, aus 3 Liberalen, welche der Gruppe Vernescu N aus 16 Konservativen oder Mitgliedern der oppositionellen Partei und aus 3 keiner be- stimmten Partei angehörigen Mitgliedern bestehen. Aus Konstantinopel: Der Pforte sind wegen gewaltsamer Ein- reihung der muselmännischen Bevölkerung Ostrumeliens in die ostrumelishe Miliz Beschwerden zugegangen; viele Musel- männer wandern in Folge dessen neuerdings aus Oft- rumelien nach Rumelien aus. Der türkishe Minister- rath hat dem Ea das Ministerverantwortlichkeits- Geseg zur Genet igung vórgelegt.

Pest, 25. Mai. (W. E. B.) Das Unterhaus hat die Regierungsvorläge, betreffend die Regelung der Angelegen- heiten der Kashau-Dderberger Bahn unverändert an-

genommen.

Niederlande. Ÿag g, 21. Mai. (Leipz. Ztg.) Eine dem Ministerium der Kolonien zugegangene, vom 18. d. M. datirte telegrapraphische Depesche des General-Gouverneurs von Niederländisch-7Fndien enthält nachstehende Meldungen aus Atchin: Gegen Ende April ging der Feind aggressiv zu Werk, zuerst gegen unsere Stellung zu Jndrapuri und dann, nachdem er in großer Zahl auf das linke Ufer des Flusses (des Atchin-Stromes) hinübergegangen war, gegen unjere Posten auf dieser Seite, während auch unsere Transporte täglich beschossen wurden. Sobald es die eingetretene trockene Witterung gestattete, trieben unsere Truppen den Feind wieder über den Fluß zurück und fügten ihm dabei ansehnliche Verluste zu (1. bis 4. Mai). Hierauf rückten am 6. Mai drei Kolonnen von Indrapuri, Anak Galung und Tjot Besuti aus, um auch das rechte Ufer vom Feinde zu säubern. Sie begegneten einem sehr heftigen Widerstande; aber nach einem dreitägigen Ge- fehte, wobei zu Pankeh Karang und Rediep eine sehr starke Verschanzung erstürmt werden mußte, wurde der Feind gänz- lih verjagt, während seine Kampongs (worunter die des wieder abtrünnig gewordenen Häuptlings der V. Mukim) gezüchtigt wurden. Auf unserer Seite wurden 2 Offiziere getödtet und 10 verwundet, während mehr als hundert Soldaten getödtet oder verwundet wurden. Der Feind muß bedeutende Ver- luste erlitten haben ; mehrere vornehme Häuptlinge, worunter der Fmam von Gliëna, wurden getödtet; der Fmam von Longbattah soll schwer verwundet worden sein, Einer der DEUPOMge in den XXVI, Mukim hat seine Unterwerfung an- geboten.

Großbritannien und Îrland. London, 21, Mai. (Allg. Corr.) Zu Kandidaten für den durch das Ableben des Homeruleparteiführers Butt erledigten irishen Wahl- bezirk Limerik wurden am 20. Mr. Gabbatt, ein Homeruler, und Mr. Spaight, Mitglied der konservativen Partei, auf- gestellt. Die Unterhausmitglieder, welche der S an- gehören, treten morgen zu einer Sißung zusammen, um einen provisorishen Parteiführer an Stelle des verstorbenen Mr. Butt zu wählen. Mr. Mitchell Henry, eines der begab- testen Mitglieder der Partei, hat die ihm zugedahte Führer- schaft im Voraus abgelehnt. Die Wahl shwankt zwischen Mr. Shaw und Mr. Garnell.

In Portsmouth ging gestern der amtliche Befehl ein Freiwillige für den aftiven Dienst im Caplande zu werben, da Verstärkungen erforderlih seien. Unter der, 5000 Mann starken Garnison des Plaßes verursachte dieser Befehl beträchtlihe Aufregung, um so mehr, da die Regimen- ter durch die Freiwilligen, welche zur Kompletirung der im Februar nach dem Cap beorderten Truppentheile erforderli waren, schon erheblih geschwächt sind. Jeder Freiwillige erhält eine Guinee als Handgeld. Das Se L „Euphrates“ geht am nächsten ag von Portsmouth na dem Cap mit 40 Offizieren und 1200 Mann Érsaßtruppen ab. __ Auf der Staatswerft in Portsmouth is der Be- fehl zum Bau zweier neuer Stahlkorvetten, von je 2383 T ontengebaie und 2300 Pferdekraft und einer Armatur

von 14 Kanonen eingegangen. Die Namen der Fahrzeuge werden „Cordelia“ und „Canada“ sein.

Ein französisches Kanonenboot kaperte am 19. d, fünf Fischerboote aus Jersey, die innerhalb der Grenze der französischen Küste dem Außenfang oblagen. deren Booten gelang es zu entshlüpfen und nach Jersey zu- rüdzugelangen.

Eine die Zustände in Jndien berichtet:

acoity, d, h. der Raub durch bewaffnete Banden,

nimmt OlO Leue Mgegbeve Verhältnisse im Deccan, insbesondere im Puna-Distrikt, an.

Dacoit-Banden das Land und führten zahlreiche waghalsige Angriffe auf einzelne Wohnungen und ganze Dörfer aus. V Tat zu sein und stehen unter dem Kommando eines ge- wissen Wassadeo Bulwund, einem ehemaligen Beamten des Finanz- Departements. Am 10. ds. griff Bande das Dorf Palhuspe bei Panwell, auf der anderen Seite des Hafens von Bombay an. Sie stürinten das Haus eines reichen

Mannes, Namens Gunesh Punt, des früheren Dewan von Baroda, E und führten dessen, auf 75 000 Rupien geschäßtes Eigenthum mit | sih fort, nabdem sie zuvor mehrere Einwohner verwundet hatten. | Dienstag Nacht wurden die Paläste Budhwar und Wishrambag in k

Puna zu gleicher Zeit in Brand gesteck und mit mehreren um- liegenden Gebäulihkeiten vollständig zerstört. Es unterliegt keinem

Zweifel, daß in beiden Fällen Brandstiftung Ada die allge- ' Pri ff Î : en sogar die F Dreistigkeit gehabt, ein Manifest an die Regierung der Präsident-

mein den Dacoits zugeschrieben wird. Die Dacoits ha

{aft Bombay zu rihten. In jenem bemerkenswerthen Dokument

theilen sie der Regierung mit, daß große Noth im Lande herrsche; F falls man nit sofort große öffentliche Arbeiten beginne, dem Volke | Beschäftigung vershaffe, den einheimischen Handel ermuihige, die E Steuern ermäßige und die Löhnungen der hocbesoldeten Europäer F

erniedrige, würden sie nicht allein die Plünderung fortseßen,

sondern dieselbe auch auf die Europäer ausdehnen, statt sich, wie bis- !

her, auf die Eingeborenen zu bes{hränken. Sie würden fernerhin den Gouverneur von Bombay auf seinem Wege nah Mahableshwar tödten, den Richter von Puna hängen, Raub und Mord dur{s

Land tragen und einen neuen Aufstand und eine Megelei der Euro- Í

päer anzetteln. Das Manifest {ließt mit der Warnung an den Gouverneur, daß, ein Preis von 1000 Rupien auf seinen Kopf gefeßt würde, und

trägt die Unterschriften und Siegel von vier Vershworenen, worunter |

Wassadeo. Die Regierung, welche anfänglich beabsichtigte, die An- gelegenheit der Lokalp olizei zu überlassen, ergreift nunmehr energische

Maßregeln. Eine beträchtliche Truppenzahl hat den Befehl erhalten, E

das Land zu dur{hfstreifen, während ein Preis von 1000 Rupien für F sein Amt angetreten

die Ergreifung Wassadeo's ausgeseßt wurde.

In Behar, Chota, Nagpore und den Distrikten in der Umgegend von Kalkutta herrs{ht noch immer Regen- mangel. Die Indigo-Ernte wird sehr spärlich ausfallen, und an-

dere Saaten müssen leiden, wenn nicht sehr bald Regen eintritt. Die |

Lebensmittelpreise sind bereits im Steigen begriffen. In anderen

Distrikten von Unter-Bengalen hat sfih Regen eingestellt, aber nicht Q

genügend. Kalkutta if mit einer Reihe von Strikes unter den eingeborenen Arbeitern bedroht. Die Hufshmiede seßten das Beispiel das von den Schneidern und städtishen Wasserträgern befolgt wurde fort. Die Ursache des Strikes bildet die drückende Wirkung der neuen Gewerbesteuer, welche die ärmeren Klassen am {werten be-

trifft. Die C holera hat für{terlihe Verheerungen unter den von |

der Messe in Hurdwar zurückkehrenden Pilgern angerichtet, und die Epidemie wurde durch dieselben im ganzen nördlichen Indien ver- breitet. Man behauptet, daß 20 000 bis 30 000 Hochländer aus den N a D unweit Nyin Fal auf ihrer Heimreise der Cho- era erlegen sind.

Dem „Reutershen Bureau“ wird unterm 19. d. M. aus H gemeldet:

Im Distrikt Puna sind Brandstiftungen noch immer an der Tagesordnung. In dem Kampfe zwischen der indischen Polizei und einer Räuberbande unweit Puna wurden der Anführer und vier Mitglieder der Bande getödtet und mehrere andere verwutndet. Die im Besiße der Bande gefundene Beute hatte einen Werth von einer Lac Rupien. Ein 1000 Mann starkes Truppencorps is jeßt mit E des Räuberwesens in der Präsidentshaft Bombay eschäftigt.

22. Mai. FJhre Majestät die Königin verließ heute, begleitet von der Prinzessin Beatrice, dem Prinzem Leopold und den Prinzessinnen Louise und Maud von Wales, Windsor, um sich nach Balmoral, ihrem hochschottischen Landsiße, zu begeben.

Sir Garnet Wolseley, der Gouverneur von Cypern, ist in London angekommen.

Aus Bombay wird unterm 21. d. Mts. gemeldet, daß die Ausschreitungen der Dacoits (bewaffneten Näuber- banden) der Anstiftung etliher mißvergnügten Fndividuen zu- zuschreiben sind. Ein allgemeine örtliche Ursache derselben ist

nicht bekannt. Der Gouverneur vom Bombay sah lange vor- 8 aus, daß Ruhestörungen eintreten würden, und verstärkte des-

halb Anfangs März die Polizeimacht in den Hauptstädten des Distrikts Puna durch Truppendetachements. Ohne diese Vor- sihtsmaßregeln würden sih die Ruhestörungen über einen rößeren Flächenraum I ENG haben. Ueber 800 Mann Saiekgpen und 200 Kavalleristen verfolgen jeßt die Dacoits, die im Ganzen etlihe hundert Köpfe stark sind. Diejenigen, welche in dem O westlich von Puna ihr Wesen treiben, sind sehr desperat. Truppen wurden auch nach dem Fnnern der Distrikte Satara, Sholapore und Tanna gesandt.

283. Mai. (W. T. B.) Das Unterhaus setzte heute die Berathung des Budgets für aas fort. Fm Laufe der Debatte empfahl Lowe die Einführung von Papiergeld, um die durch die Entwerthung des Silbers verursachten Verluste zu verhindern. Hamilton betonte die Schwierig- keiten, welche die Einführung von Papiergeld verursachen würde, und wies darauf hin, daß dieselbe das Silber noch mehr entwerthen würde, R gerade eine Erhöhung des Silberwerths wünschenswerth sei. Die Budgetdebatte wurde sodann vertagt und die Bill, durch welche die Regierung er- mächtigt wird, eine Anleihe von 5 Millionen für Fndien aufzunehmen, in erster Lesung genehmigt.

24. Mai. (W. T. B.) Nach einer Mittheilung der „Times“ würde England, den Bestimmungen des Frieden s- vertrages mit Afghanistan zufolge, die Thäler von Kuran, Sibi und Pischin niht als annektirte, sondern nur als seiner Verwaltung unterstellte Gebiete behandeln und den Vebershuß aus den Einkünften an den Emir absühren ; dem- selben sei vorbehaltlich der striften Dorn Des Vertra- hee. Ne JFahresrénte von 120 000 Pfd. Sterl. garantirt worden,

Frankreich, Paris, 21, Mai. (Fr. Korr.) Die De- putirtenfammer brachte in ihrer gestrigen vg die erste Lesung des Generalstabsgesehes zu Ende. Wie die bedeutsame Vorlage in der dts Lesung durchgedrungen, ist ihr wesentlicher Fnhalt folgender: Das alte Generalstab-Corps wird abgeschafft. Der Generalstab ge t sih für die rein militärishe Seite Le Aufgabe dur f iere aller Waffen, welche mit einem besonderen Zeugnisse für Höhere militärische

Studien versehen sind, für die Bureaus durch ein Personal von

Zwei an- |

orresondenz der „Times“ aus Kalkutta über b

Seit einiger Zeit durcstreiften solche Dieselben {cheinen k

eine zweihundert Mann ftarke | M tungen vertheilt.

falls er diesen Ansprüchen nicht sofort genüge, 4

ÌÎ den geistlihen ' Behörden geführt.

im Kriegs

F vorgelegt werden.

ÿ entwurse niht angegeben.

ÿ erster Klasse

| Archivisten und Sekretären. Der Generalstab umfaßt ein Effectiv

von ungefähr 300 Offizieren und daneben einen Hülfsdienjt von etwa 250 mit dem Patente versehenen Offizieren. Dieses Patent

S wird von der im Jahre 1875 ins Leben gerufenen Ober-Kriegs\chule

ausgestellt. Zu der Prüfung dieser Anstalt werden niht nur ihrer Zöglinge, sondern au andere Offiziere vom aat h aufwärts zugelassen. Die Generalstabsoffiziere stehen außer- halb der Cadres, gehören aber nah wie vor ihrer besonderen Waffe an, tragen deren Uniform mit einem Abzeichen und nehmen auch an dem Avancement in ihr Theil. Jn Friedens- zeiten muß jeder Generalstabsoffizier, wenn er zu einem höheren Grade befördert wird, mindestens auf zwei Fahre in die Truppe zurückehren. Die Offiziere des alten General- stabes werden von Rechts wegen mit dem Patent ausgestattet und im Verhältniß zu der Zahl der Offiziere ihres Grades in jeder einzelnen Waffe unter die verschiedenen Waffengat-

Der Dep. Spuller hat seinen Bericht über die eine

| und wichtigste der beiden Ferry'\{chen Vorlagen, näm-

lih diejenige, welche die Verleihung der Grade und die Aus- shließung der vom Staate niht anerkannten Kongregationen

| vom öffentlichen Unterrichte betrifft, vollendet und heute dem

Ausschusse vorgelesen. Die sehr umfangreiche Arbeit (sie um- faßt 83 eng geschriebene Seiten) zerfällt in drei Theile: 1) von der Gewalt des Staats in Unterrichtssachen ; 2) Prü- fung der bei der Kammer eingelaufenen Petitionen; 3) Be- leuchtung der einzelnen Artikel des Geseßentwurfs. Der Be- richt ist durhaus mit der Regierung über die Nothwendigkeit einverstanden , den Staat in den Vollgenuß der ihm für die Erziehung seiner Angehörigen zustehenden Rechte, welche er

Ï sih unter den leßten Regierungen aus der Hand winden ließ,

wieder einzusezen. Mehrere Beilagen zu dem Berichte ent- halten lehrreihe statistishe Aufschlüsse, darunter die An-

H gabe, daß der Jesuitenorden in Frankreich gegenwärtig 59

äuser und 1502 Mitglieder zählt. Der Bericht wird am onnabend im Hause eingebraht werden. Der Druck wird einige Zeit erfordern und der Gegenstand kaum vor den Pfingstferien zur Verhandlung gelangen. Der wicderum zum Botschafter Spaniens bei der

| französishen Republik ernannte Marquis von Molins ist

gestern in Paris eingetroffen und hat sogleih mit Besuchen bei dem Präsidenten Grévy und dem Minister Waddington

Nach einem Geseße vom Germinal des Jahres X sind Prozessionen außerhalb der Kirchen und ihrer Umfriedung in allen französishen Städten, deren Einwohnerschaft ver- schiedenen Bekenntnissen angehört, verboten. Dieses Gesetz ist schon seit Jahren häufig theils umgangen, theils offen über- treten worden. Seitdem die liberale Richtung in den öffent- lihen Angelegenheiten obgesiegt, haben nun diese Uebertre- tungen in mehreren Städten, so noch neuerdings in Ver- sailles und Lyon, zu Konflikten zwischen den weltlihen und Wie jeßt die „Répu- blique française“ meldet, hat der Minister des Fnnern deshalb ein Rund A eN an die Präfekten erlassen. Die Regierung, heißt es darin, habe keinen Anlaß, Prozessionen jener Art auf Grund des Geseßes vom Jahre X zu gestatten oder zu verbieten, obgleich dies Geseß ihres Erachtens nicht immer die rihtige Auslegung erfahren habe; sie überlasse es den Präfekten und Maires, von den ihnen geseßlich zustehenden Polizeirehten den Gebrauch zu machen, der ihnen durch die jeweiligen Umstände geboten scheine.

Der zum Kardinal erhobene Erzbischof von Toulouse, Des prez, ist in Paris eingetroffen, um von dem Präsidenten der Republik das Barett entgegenzunehmen.

21. Mai. (Rép. fr.) Der Präfekt des Departements der Rhonemündungen hat am Sonntag in Marseille an die Mauern das Dekret des Präsidenten anhesten lassen, welches den Hirtenbrief des Erzbischofs von Aix für einen Mißbrauch erklärt und denselben verbietet. Dem „Ré- publicain“ zufolge hätte dasselbe lebhastes Aufsehen beim Publikum hervorgerufen,

22. Mai. (Journ. off.) Das Wahlkollegium des 2. Bezirks im Arrondissement Dieppe ist auf Sonntag, den 15. Juni, zur Wahl eines Deputirten zusammenberufen.

22. Mai. (Cöln. Ztg.) Wie das „Avenir Militaire“ meldet, werden dieser Tage zwei General-Armee-Jnspek- toren ernannt werden. Man hat erkannt, daß zum wenigsten vier Generale mit diesem hohen Amte bekleidet werden müssen, da dann e Zahl den vier ersten Armeen entspricht, welche alle mobil gemacht werden müssen.

: r Vere pentou Uer Die Justiz reroum wird dieser Tage vom Justiz-Ministerium den Kammern | Dem Geseßentwurfe zufolge sollen die Appellationshöfe von 26 auf 18 verringert werden. Für die Gerichte erster Jnstanz wird die Gerichtseinheit für jedes Departement angenommen, jedoch können in den De- partements, wo die Entfernung zu groß ist oder die Geschäfte zu beträchtlich sind, mehrere Gerichte bestehen. Die Gerichts- hôfe, welche unterdrückt werden sollen, sind in dem Geseß- i Es wird der Regierung über- lassen, in dieser Hinsicht ganz nah Gutdünken zu verfahren. Nach den gemachten Berechnungen werden die Tribunale er von 300 aus 1/70. vermindert werden. Die Richter, welche ihre Stellen verlieren, werden mit vollem

Der

E Gehalte bis zu dem Tage zur Verfügung gestellt, wo sie

erner vor, der Regierung das Recht, das sie bis jeyt nicht

die Altersgrenze erreiht haben. Der I i nid atte, zu ertheilen, die Richter verseßen zu dürfen ; die Unab-

M seßbarkeit bleibt aufrechterhalten, aber die Unveränderlichkeit des Sißes fällt weg, wodur es ermöglicht werden wird, eine

größere Anzahl antirepublikanish gesinnter Richter zur Ver- fügung zu stellen, Jn Zukunft wird es für die Appellations-

äthe nur eine anstatt drei Klassen, und für die Räthe der Höfe erster Jnstanz ebenfalls nur eine statt sechs Klassen geben. Die Besoldung für die ersteren beträgt 8000 Fr. und für die „zweiten 6000 Fr. Reis Appellationshof und jedes Gericht wird nux einen Präsidenten haben, Die Kammern

der Gerichtshöfe werden von einfaheu Richtern präsidirt,

welche jedes Jahr gewechselt und deren Besoldungen nicht erhöht werden. Die Zahl der Friedensrichter, die gegenwärtig 2803 beträgt, wird um die Hälfte verringert; je zwei Haupt- orte der Kantone haben einen Friedensrichter, anstatt jeder elnen, wie bisher. Sie residiren abwechselnd in dem einen oder in dem anderen Kantonshauptorte und erhalten ein Ge- galt von 3000, anstatt 1800 Frcs. wie bisher. Die Zahl der lnwälte und Gerichtsvollzieher wird ebenfalls verringert. Diejenigen, deren Stellen eingehen, erhalten eine Ea g, welche vom Staat und von ihren Kollegen, die dann mehr

Geschäfte machen, getragen werden soll. Die zu zahlende Ent- \{hädigung wird auf 30 Millionen im Ganzen geschäßt.

_— Zu der Nachricht, daß die deutsche Regierung in Kairo gegen die eigenmächtige Art und Weise, mit welcher der Vizekónig dur sein Dekret vom 22. April das zwischen Aegypten und seinen Gläubigern bestehende Rechtsver- hältniß veränderte, Protest erhoben hat, bemerkt das „Fo ur- nal des Débats“:

Ez ift auffallend, daß die deutsche Regierung zuerst auf einen Schritt verfallen is, welcher Frankreih, England, Desterreih und Italien do viel näher gelegen hätte. Egyptishe Gläubiger giebt es in Deutschland fast gar nicht, und in den eben genannten Län- dern sehr riele. Aber die deutshe Diplomatie scheint im Orient, wie überall font, mit e ner Geschicklichkeit, einem Nachdruck und einer S{blagfertigkeit aufzutreten, die gar oft den anderen Diplo- maten jehlen. Deutschland hat offenbar nicht Lust, si allzu tief in die egyptischen Angelegenheiten einzumischen, aker es will ihnen auch nit ganz fern bleiben; es sagt sich ohne Zweifel, daß es in den bevorstehenden WVerwickelungen die Rolle des „ehrlichen Mafklers“ am Nil ebenso vortheilhaft spielen könnte, wie es fie an der Donau gespielt hat. So entstand die fehr “kluge, sehr aufmerksame und scharfblickende, dabei aber doch, wie man gestehen muß, sehr loyale Politik, welche cs seit zwei Jahren in Egypten beobachtet hat. Sein Handel mit Alexandrien und Kairo ist übrigens nihts weniger als unbedeutend. Deutshe Schulen und Zufluchtshäuser, wahre Muster ihrer Art, sind vor Kurzem in diesen beiden Städten entstanden. Die deutsche Kolonie nimmt immer zuz wenn sie noch nicht die Bedeutung anderer europäischen Kolonien hat, verdient sie darum niht minder Theilnahme. Der Schritt des deutschen Konsuls beim Kh-:dive kann uns daher nicht Wunder neh- men; vielmehr möchten wir nur alle anderen Konsuln auffordern, sich ihm ohne Verzug anzuschließen, um, da ihnen der Vortheil der Initiative nun einmal entgangen ist, wenigftens das Verdienst einer raschen und entschlossenen Nachahmung zu behalten.

Spanien. Madrid, 20. Mai. (Ag. Hav.) Das Budget wird den Cortes sofort nah der Eröffnung der Session übergeben werden. Das Kabinet hat bezüglich der von in Madrid eingetroffenen Delegirten der ba s- kishen Provinzen geforderten Aufhebung des Be- lagerungszustandes keine Entscheidung getroffen.

21. Mai. (Ag. Hav.) Die chinesishe Gesandt- schaft ist hier angekommen. Die Cortes werden sich nah ihrem Zusammentritt auch mit der Frage des Belagerungs- zustandes in den baskishen Provinzen beschäftigen.

(E. C.) Ein Korrespondent des „Standard“ giebt Folgendes als Zweck der chinesischen Gesandtschaft nach Spanien an: Ein vor mehreren Monaten in Pekin unterzeihneter Vertrag werde ratificirt werden, Die Kulis sollen künstig aus den südlichen Provinzen Chinas genommen werden, da sie dann einem tropischen Klima besser widerstehen. Die Dauer des Kontraktes soll niht mehr sieben, sondern nur fünf Fahre umfassen. Nach Ablauf dieser Zeit kehren die Kulis auf Kosten der chinesishen Regierung heim, und die Konsuln in Cuba und Puerto Rico werden die Behandlung der Leute überwahen. Der Marschall Campos wünscht, da Cuba Arbeiter nöthig hat und dort die Neger-Emanzipation bevorsteht, eine Einwanderung der Kulis kräftigst zu fördern.

Italien. Rom, 21. Mai. (Jtalie.) Die Fregatte „Garibaldi“ ist ausgerüstet und wird in der nächsten Zeit nach Peru abgehen. 08

(Ag. Hav.) Die Kammer hat die Einzelberathung des Gesezentwurfs, betreffend die Anlage neuer Eisenbahn- linien, begonnen.

Griechenland. Athen, 23. Mai. (W. T. B.) Nah hier eingegangenen Nachrichten ist es bei Phanarîi in Thessalien zu einem Zusammenstoß zwischen griechis{chen Fnsurgenten und türkischen Soldaten gekommen, bei welchem der Anführer der Fnsurgenten Sachioti und etwa 60 Insurgenten getödtet wurden.

Türkei: Konstantinopel, 22. Mai. (W. T. B.) Ein der Regierung zugegangenes Telegramm des Militär- fommandanten von Larissa meldet, daß ein türkisches De- tachement von 46 Mann bei Trikala in einen Hinter- halt griechischer Räuber gefallen sei und dabei einen Verlust von 14 Todten erlitten hätte. Wie eine an Ort und Stelle vorgenommene Rekognoszirung ergeben habe, wären die Leichen der Gefallenen von den Räubern auf entsezliche Weise verstümmelt worden.

Montenegro. Cettinje, 22. Mai. Dem „Pest. L.“ wird von hier telegraphisch gemeldet : Soeben fand die solenne Taufe des neugeborenen Prinzen statt. Taufpathe ist der Großfürst-Thronfolger von Rußland, vertreten durch seinen General-Adjutanten Grafen Scheremeties. Derselbe kam hier gestern mit ciner glänzenden Suite und reichen Ge- schenken an und wurde feierli eingeholt.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 24. Mai. (W. T. B.) Dem „Regierungsboten“ wird aus Liva- dia, vom 23. d, M., gemeldet: Der außerordentliche Gesandte des Sultans, Namyk Pascha, is gestern hier cingetroffen, von Sr. Majestät dem Kaiser in Audienz empfangen und darauf zum Diner gezogen worden. Namyk Pascha ist heute Abend wieder nah Konstantinopel abgereist.

Dänemark, Kopenhagen, 20. Mai. Den „Hamb. Nachr.“ wird gemeldet: Jm Folkething regte Juel den Gedanken eines europäischen Zollverbandes für landwirthschaftliche Jnuteressen gegen Amerika an, jedoch natürlich mit O A der jeßigen Zollgrenzen und unter Erhebung eines Differentialzolles für amerikanische Produkte; der Gedanke findet in sahkundigen Kreisen Bil- ligung.

Amerika. Washington, 21. Mai. (Allg, Corr.) Die Farbigen-Konvention von Virginia hat Resolutionen entworfen, wellGe den Negern anrathen, auszuwandern, wenn ihre Nechte ungesichert bleiben. Jm Repräsentan- tenhause ist eine Vorlage betreffs der Abhaltung einer internationalen Ausstellung in New-York, einge- bracht worden. Es heißt, daß der Kriegssekretär Mr. McCrary am 1. September aus dem Kabinet scheiden werde, um einen Nichterposten anzunehmen.

(Weitere Meldung.) Das Repräsentantenhaus hat bis jeyt sieben Artikel der Silbervorlage angenommen, einschließlich eines Amendements, welhes den Schaßsekretär Sherman anweist, zur Liquidirung aller Forderungen an die Regierung, die in klingender Münze zahlbar sind, Silber stüde in bérsalben Weise wie Goldstücke zu verwenden.

Südamerika. (Allg. Korr.) Aus Victoria (Van- couvers-Jnsel) wird unter dem 19, d. M. gemeldet, daß zwei

Fahrzeuge des britishen Geschwaders in der Südsee, nämlich das Panzershiff „Triumph“ und die Korvette „Dpal“ nah Chile abgegangen sind.

Asien. (Allg. Corr.) Ueber die Lage in Birma wird den „Daily News“ aus Mandalay unterm 19. d. M. telegraphirt: „Es finden seit Kurzem häufig Ministerberathun- gen statt. Ein Erlaß des Königs verbietet den Ausländern das Besuchen des Palastes. Kinwun und Mr. Shaw (der britishe Ministerresident) hatten eine lange Unterredung, deren Ergebniß unbekannt ist. Die Lage der Dinge gestaltet si fritisher, und der König hat eine neue Truppenaus- hebung angeordnet.“

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistishen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 11, Mai bis incl. 17. Mai cr. zur Anmeldung gekommen: 189 Gheschließungen, 776 Lebendgeborene, 32 Todtgeborene und 498 Sterbefälle.

In London wurven- im verflossenen Jahre polizeilichen Nachweisen zufolge 166 Personen durch Ueberfahren ge- tödtet und 3961 mehr oder weniger gefährlich verleßt. Die Zahl der Getödteten umfaßte 85 Männer, 13 Frauen, 45 Knaben und 23 Mädchen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von dem im Verlage von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig erscheinenden Werke: „Atlas zur Geschichte des Kriegs- wesens von der Urzeit bis zum Ende des 16-Jahrhun- derts. Bewaffnung, Marsh- und Kampfweise, Befestigung, Be- lagerung, Seewesen. Zu seinen Vorlesungen an der Königlichen Kriegsakademie, zusammengestellt von Max Jähns, Major vom Nebenetat des Großen Generalstabes,“ sind die Lieferungen 2—4 aus- gegeben worden. Das verdienstlihe Unternehmen des gelehrten und vielbelesenen Verfassers hat bei dem Erscheinen der ersten Lieferung und des Prospektes, welcher den Plan der ganzen Arbeit entwarf, in den fachmännishen Kreisen eine sehr beifällige Aufnahme ge- funden. Es fehlte bisher an einem gleich gründlihen, auf dem eingehenden Studium der zuverlässigsten Quellen beruhenden Werke. In der zweiten Lieferung gelangt zunächst das Kriegswescn der alten Egypter, Assyrier, Meder, Perser und der kleinasiatishen Völkerschaf- ten auf den Tafeln 6—8 zur Darstellung, welchen Tafeln als Crläuterung die Abschnitte T1, bis 1V. des begleitenden Textes dienen. Den alt- orientalischen Kriegsbauten is Tafel 9 des Atlas und Abscbnitt V. des Textes gewidmet. Die beiden leßten Tafeln dieser Lieferung, 10 und 11, leiten dann zu dem Kriegswesen von Hellas über, indem fie zunächst die Waffen der Hellenen veranschaulichen. Das griechische Geschübßwesen, mit welhem di? dritte Lieferung be- ginnt, findet eine Schilderung auf Tafel 12, während die Tafeln 13 und 14 ein instruktives Bild von der griechis{chen Elementartaktik und von der Sc{hlachtentaktik der Hellenen und Alexandriner geben. Den Gegenstand der Tafel 15 bildet das Befestigungs- und Be- lagerungs8wesen der Griehen. Das Seewesen und die Kriegstele- graphie der Griechen werden auf Tafel 16 dargestellt. Die Tafeln 17 und 18 leiten mit der Darstellung der Waffen und des Geschüßz- wesens der Römer zu dem Kriegswesen des zweiten hervorragenden Kulturvolkes des Alterthums über. Der Taktik der Römer sind die Tafeln 19 und 20, dem Befestigungs- und Belagerungssystem die nächsten beiden Tafeln gewidmet, mit welchen die zweite Lieferung abschließt. Eine Fortseßung dieses Hauptabscnittes bringt dann die dritte Lieferung, welche ebenso wie die vorhergehenden Lieferungen aus 10 Tafeln besteht. Der begleitende Tert, welcher bisher 224 Seiten Groß-Oktav H reiht vorläufig bis zur Schilderung des Heeres der Republik, während die bildlihe Darstellung in der dritten Lieferung dem Text schon vorausgeeilt is. Tafel 23 ver- anschaulicht den Heerstraßen- und Brückenbau der Römer. Tafel 24 stellt eine Karte der römischen Befestigungen und Heerstraßen in Jtalien nah der Militärkarte von Jtalien im 1. Bande von Mommsens römischer Geschichte dar und Tafel 25 eine Karte der römischen Befestigungen und Heerstraßen um Rhein und Alpen. Die folgende Tafel, welhe dem römischen Seewesen gewidmet, {ließt dann den Abschnitt über Nom ab. Die nächsten drei mit den Num- mern 27, 29 und 30 bezeichneten Tafeln des Atlas beschäftigen si mit Bewaffnung u1d Bejestigungs8wesen der Kelten, Germanen und Gallier bis zum Ende des V. Jahrhunderts, während die Tafeln 31 bis 33 die Bewaffnung der Byzantiner, Perser, Araber und Mauren \{childern. Die vorzügliche historisch treue Auzführung der bildlichen Darstellungen, sowie die reiche Ausstattung des gediegenen Werkes in Druck und Papier, welcher wir bereits bei der Besprechung der ersten Lieferung lobend Erwähnung gethan, machen sih auch bei den vor- liegenden Lieferungen vortbeilbaf geltend. Der Preis jeder Lieferung beträgt 3 M. 50 §8. |

Paris, 18. Mai. (Fr. Corr.) Das „Cabaret du Roî de Prusse“ in Lille ist eine alte bekannte Bierstube, in der man seit unvordenklicher Zeit als einzigen künstlerishen Shmuck ein beinahe bis zur Ynkenntlichkeit nachgedunkeltes Oelbild bemerken konnte. Schon oft hatten Liebhaber dem Wirthe gerathen, dieses Bild, welches vielleicht einen bedeutenden Werth haben könnte, ein- mal waschen zu lassen; aus einem gewissen Aberglauben wollte er sich aber nit dazu verstehen; er erblickte in der alten Tafel eine Art von Wahrzeichen, an dem er nicht gern rühren wollte. Neulich aber gab er doch den dringenden Vorstellungen der Liller Kunst- reunde nah. Das Bild wurde sorgfältig gereinigt und entpuppte fo als ein herrlihes Porträt Friedrichs des Großen von Yan Cuyp. (Vielleicht ist Pieter van Cuyp der Jüngere gemeint, ein tüchtiger Künstler, der 1720 im Gravenhaag geboren ward und 1787 daselbst sein Leben beschloß, oder ader der geniale Schottländer Edmund Francis Cuningham, der 1788 nach Berlin kam und die Königliche Familie, sowie Friedrich den Großen porträtirte.) Der König ist zu Pferde dargestellt, den Kommandostab in der Hand, über ein am Saume eines Gehölzes in Schlachtordnung aufgestelltes Regiment Revue abnehmend. Die Stadt Lille hat dem Besißer des Bildes eine große Summe dafür geboten. Dieser will fh aber jeßt noch viel weniger als zuvor des Schatzes ntäußern.

Gewerbe und Handel.

Zufolge Nachribten aus Belgrad is die Rinderpest in Serbien*) noch nicht erloschen, sondern tritt ftellenweise noch in den zwischen dem Bezirke von Karanovaß und der Morawa gelegenen Landstrichen, sowie im Kreise Cacak auf. E E

Das seiner Zeit von der griecchischen Regierung erlassene Verbot der Einfuhr von aus Amerika herrührenden Schweinen, sowie von Bestandtheilen 2c. derfelben *") ist dahin er- weitert worden, daß nunmehr überhaupt deren Einfuhr ohne Rülk- sit auf ihre Provenienz verboten is, wenn nicht durch ein von der zuständigen Sanitätsbehörde autgestellte8 und von dem betreffenden griechishen Konsul visirtes Attest der Nachweis erbracht wird, daß am Orte der Herkunft unter den Schweinen leine Seuche existirt.

Auf die Aktien des Berliner Bankvereins in Liqui- dation erlangt nunmehr die restlide Quote von 45,50 & zur Aus- zablung. Bisher waren auf die Actien 85 %/ zurückgezahlt, so daß das Gesammtergebniß den Paricours um 0,50 H übersteigt.

Dem Geschäftsbericht der Rechte Oder-Ufer-Eifen- bahn-Gesellschaft für das Jahr 1878 entnehmen wir na- folgende Daten: Im Laufe des Jahres 1878 wurden dem Verkehr übergeben: a. die Zweigbahn von der Haltestelle Scharley nach der Ladestelle für die Kadzionkaugrube am 16. August 1878 für den

*) conf, Nr. 92 des „Reichs-Anzeigers“. *) Siehe Nr. 114 des „Reichs-Anzeigers“.