1879 / 133 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 10 Jun 1879 18:00:01 GMT) scan diff

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die Trauung verrihtende Bischof Eylert vor dem Altare, ihm

zur Seite die Hofprediger.

Sobald das Hohe Brautpaar in die Kapelle eingetreten war, gingen der Bischof und die assistirenden Hofprediger Höchstdemselben entgegen und begleiteten es bis vor den

Altar.

Die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften stellten Sich im Kreise um Dasselbe. Die Hofstaaten dahinter in der Art, daß der Wirkliche Geheime Rath und Hofmarschall Freiherr von Malzahn mit den Kammerherren an die Thür, durch welche die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften eingetreten

waren, zu stehen kam.

In dem Augenblick, wo das Hohe Brautpaar die Ringe wechselte, wurden im Lustgarten 72 Kanonenschüsse abge-

feuert.

Nach ausgesprohenem Segen begaben Sich die Aller- Ven in der beim Eingange in die Kapelle beobahteten Ordnung nah den Zimmern Friedri

höchsten und Höchsten Herrscha des Ersten zurü.

Währenddem daselbst das Hohe Brautpaar die Glück wünsche der anwesenden Höchsten Familie annahm, verjam- melten sich die in der Kapelle und den anstoßenden Zimmern Die Thür nach der

befindlihen Personen im Rittersaale. l Vildergalerie, in welcher die eingelassenen Zuschauer sich be- fanden, wurde geöffnet.

Die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften begaben Sich hierauf nach dem Weißen Saal und seten Sich an die Spieltische.

Alle Anwesenden näherten sich Höchstdenenselben und machten ihre Cour.

Sobald Sr. Majestät angezeigt worden war, daß die Tafel servirt sei, beendigten Allerhöchstdieselben das Spiel. Der Wirkliche Geheime Rath und Hofmarschall Freiherr von Maltzahn annoncirte hierauf das Souper.

Die Königliche Ceremonientafel war unter dem Thron- himmel im Rittersaale.

Als die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften daselbst angekommen waren und Sich niedergelassen hatten, traten die zum Vorlegen der Speisen ernannten zwei General-Lieutenants von Rauch und von Müffling an die ihnen bestimmten Pläße der Tafel. Die Mitte desselben nahm das Hohe Brautpaar ein ; neben der Prinzessin Königliche Hoheit saßen Se. Maje- stät der Kaiser von Rußland, neben dem Prinzen Wilhelm Königliche Hoheit, Jhre Majestät die Kaiserin, und neben Allerhöchstderselben Se. Majestät der König. Die übrigen Höchsten Herrschaften folgten in der bestehenden Ordnung.

Außer der Königlichen Ceremonientafel waren noch fünf Tafeln, an welchen der General-Feldmarschall Graf von Gnei- fenau, der Ober-Marschall und Staats-Minister Graf von der Golt*), der General der Jnfanterie und Kriegs-Minister von Hake*), der Ober-Kammerherr Fürst zu Sayn und Wittgenstein und der General-Adjutant, General von dem Knesebeck, die Honneurs machten.

Sr. Majestät dem König wurde der Wein durch den Ober-Schenken, Grafen von Egloffstein, überreiht. Aller- Höchstdieselben brachten die Gesundheit des Hohen Braut- paares aus, und nachher die Zhrer Kaiserlihen Majestäten. Beide Gesundheiten wurden an allen Tafeln wiederholt. Das Musikcorps der Garde blies Tusch. i

Se. Majestät ertheilten hierauf dem Hosfstaate die Er- laubniß, sich an die für ihn servirten Tafeln zurückzuziehen.

Gegen das Ende der Tafel stellten sich die großen Hof- chargen und der übrige Hofstaat wieder hinter die Stühle Jhrer Majestäten und der übrigen Höchsten Herrschaften, und traten Jhnen, so wie zuvor, vor oder nach, sobald Allerhöchst- dieselben aufgestanden waren.

Die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften kehrten dar- auf in den Weißen Saal zurück, wo sich inzwischen die Gée- heimen Staats-Minister versammelt hatten, um, nachdem die Allerhöchsten Herrschaften unter den Thronhimmel getreten sein würden, den Fackeltanz beginnen zu können. /

Als Se. Majestät hierzu dem Ober-Marschall Grafen von der Goltz Befehl gegeben hatten, näherte sih derselbe dem Hohen Brautpaare und zeigte Höchstdemselben an, daß alles a rat bereit sei. Dieser begann nunmehr in folgen-

er Art:

1) Der Ober-Marschall Graf von der Golß mit dem großen Ober-Marschallstabe in der Hand; ihm folgten

2) die anwesenden Geheimen Staats-Minister, mit weißen Wachsfacteln in der Hand, paarweise, nah der Zeitfolge ihrer Patente, so daß die jüngsten vorangingen, also: 1) der Minister von Mog, 2) der Minister Graf von Danckelmann, 3) der Minister von Hake, 4) der Minister von Klewiß, 5) der Minister Graf von Lottum, 6) der Minister Fürst zu Sayn und Wittgenstein, 7) der Minister von Shuldmann, 8) der Minister von Beyme, 9) der Minister von Brockhaujen.

3) Das Hohe Brautpaar, welches unter dem Vortritt der vier genannten Personen einen Umgang im Saale machte.

Die Prinzessin Königliche Hoheit tanzte zuerst nt Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland, nahher mit Sr. Majestät dem Könige und demnächst mit allen Prinzen, welche sih im Zuge befanden, nah der für diesen Tag bestimmten Ordnung.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm tanzten sodann mit Jhrer Majestät der Kaiserin von Rußland und nächstdem mit den im Zuge gewesenen Prinzessinnen.

Nach beendigtem Fackeltanze begaben Sich die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften, unter Vortritt der Hofstaaten, nah den Zimmern Friedrihs des Ersten zurück, und nachdem da- selbst von der Ober-Hofmeisterin Frau von Fagow das Strumpf- band vertheilt, auch die Krone dem Geheimen Hofrathe und Tresorier Siefert von dem Fräulein von Viereck wieder über- liefert worden war, wurde der Hof entlassen.

*) Berlin, 13. Juni. Zu der gestrigen amtlichen Mel- dung von der Vermählungsfeier des Prinzen Wilhelm König- liche Hoheit bemerken wir nahhträglih: daß Se. Excellenz der Königliche Wirkliche Geheime Staats- und Kabinets-Minister, Herr Graf von Bernstorff, Krankheitshalber behindert wurde, derselben beizuwohnen, weshalb auch bei dem Souper an dessen Stelle der Königliche Ober - Marschall und Staats- Minister, Herr Graf von der Gol Excellenz, an der zweiten Tafel, und dagegen an die Stelle dieses Leßteren der Königlihe General der Jnfanierie und Kriegs- Minister, Herr von Hake Excellenz, an der dritten Tafel die Honneurs machten. Auch der Wirkliche Geheime Staats- und Minister der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal- Angelegenheiten, Herr Freiherr von Altenstein Excellenz, konnte, tief gebeugt durch den Verlust seines Sohnes, an der hohen Feier nicht theilnehmen.

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des Reichstages befindet. sich in der Ersten Beilage.

an die Kommission zur Berichterstattung verwiesen waren. Nach einem Referate des Abg. Laporte motivirte der Abg. Dr. Reichensperger Ero) seinen Antrag, welcher lautet : Der Reichstag wolle beschließen : statt der §8. 93 bis ein- \{ließlich 94 b. zu seten: ct Schwicrigkeit steht nah dem Schlusse der Instanz dem Anwalt? eine besondere Vergütung zu. Im Falle d:r Nichteinigung über diese Vergütung entscheidet in erster Instanz der Vorftand der An- waltsfammer, in leßter das Oberlandesgericht. (Schluß des Blattes.)

Bei Gelegenheit der Berathung des Etats der Wasser- bauverwaltung für 1879/80 im Abgeordnetenhause ist der Königlichen Staatsregierung u. A. zum Vorwurf gemacht worden, daß sie der Erhaltung der Schiffbarkeit der Ruhr im Laufe der leßten Jahre nicht die erforderliche Für- sorge gewidmet habe, und hierdurch mit der beklagenswerthe Rückgang des Schiffahrtsverkehrs auf dem gedachten wichtigen Wasserwege wesentlih verschuldet sei.

Die aus Anlaß dieser Behauptung von dem Mi- nister der öffentlihen Arbeiten angeordneten amtlihen Er- mittclungen sind dem Vernehmen nach jeßt zum Abschlusse gediehen; dieselben sollen j:doch, wie uns versichert wird, im direkten Gegensaße zu den erhobenen Anschuldigungen, über- zeugend ergeben, daß die Staatsregierung, weit entfernt die Ruhr zu vernahlässigen, fortdauernd niht unerhebliche Mittel zur Verbesserung der Schiffbarkeit derselben, aufgewendet hat, und daß ein Bedürfniß nicht vorliegt, nah dieser Richtung hin in Zukunft mehr zu thun, als bisher geschehen.

Wie wir hören, beabsichtigt der Minister der öffent- lichen Arbeiten, dem Landtage ver Monarchie bei seinem nächsten Zusammentreten eine ausführlihe Darlegung auch über diesen Gegenstand zugehen zu lassen.

Nach der vom Reichs- Eisenbahn - Amt auf- gestellten, in der Ersten Beilage veröffentlichten Nachw-isung über im Monat April d, J. Ver orderte ZUge Und deren Verspätungen wurden auf 57 größeren Eisen- bahnen Deutschlands (exkl. Bayerns), mit einer Ge- sammtlänge von 26 902,34 km, an fahrplanmäßigen Zügen befördert : 10 928 Courier- und Schnellzüge, 73 987 Personen- züge, 40172 gemischte und 67063 Güterzüge; an außer- fahrplanmäßigen Zügen : 1153 Courier-, Personen- und ge- mischte, und 26 852 Güter-, Materialien- und Arbeits- züge. Jm Ganzen wurden 550 053 898 Achskilometer be- wegt, von denen 169591 246 auf die fahrplanmäßigen Züge mit Perfonenbeförderung entfallen. s verspäteten von den 125/087‘ fahrplanmäßigen Courier-, Perfonen- und gemischten Zügen im Ganzen 559 oder 0,45 pCt., (gegen 0,48 pCt. in demselben Monat des Vorjahres, und 0,62 pCt. im. Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedo 202 dur das Abwarten verspäteter Anshlußzüge hervor- U, so daß aus im eigenen Betriebe der betreffenden Bahnen liegenden Ursachen 357 Verspätungen oder 0,29 pCt. (gegen 0,38 pCt. im Vormonat) der beförderten Züge entstanden. Jn demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf 58 Bahnen durch im eigenen Betriebe liegende Ursachen 287 Züge, gleih 0,32 pCt., sonach 0,03 pCt. mehr. Jn Folge der Verspätungen wurden 93 Anschlüsse versäumt (gegen 87 in demselben Monat des Vorjahres und 192 im Vormonat).

Der Hanseatishe Minister-Resident Dr. Krüger ist nah Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Hanseati- schen Mission wieder übernommen.

Zu den -aus Anlaß der Goldenen Hochzeit FFhrer Kaiserlichen und Königlichen Majestäten stattfindenden Fest- lichkeiten find hier eingetroffen: der General der Jnfanterie von Goeben, kommandirender General des VIII. Armee- Corps, der General der Jnfanterie von Fransecky, kom- mandirender General des XV. Armee-Corps, der General der Kavallerie und General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs Graf von Bismarck-Bohlen, der General der Infanterie z. D. Graf von Monts, der General-Lieutenant von Strubberg, Commandeur der 19. Division, kommandirt zum Ehrendienst bei Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog von Mecklenburg-Streliß, und Se. Durchlaucht Heinri ch XlV. Prinz Reuß, Rittmeister, aggregirt dem 3. Badishen Dra- goner-Regiment Prinz Carl Nr. 22. Ferner sind De- putationen eingetroffen: vom 4. Garde-Genadier-Regiment Königin, vom Leib-Kürassier-Regiment (Schlesischen) Nr. 1, vom Kürassier-Regiment Königin (Pommerschen) Nr. 2, vom Leib-Grenadier-Regiment (1. Brandenburgischen) Nr. 8, vom Königs-Grena: ier-Regiment (2. Westpreußischen) Nr. 7, und vom 2. Badischen Grenadier-Regiment Kaiser Wilhelm Nr. 110.

Bayern. Augsburg, 9. Juni. (W. T. B.) Das hiesige Festcomité hat einen Aufruf an die Bürgerschaft erlassen, in welchem dieselbe zur Betheiligung an der Feier der Gol- denen Hochzeit Jhrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin aufgefordert wird. Die Stadt wird am Tage der Feier festlih geschmüdckt werden und Abends eine allge- meine Jllumination stattfinden. Zahlreihe Krieger- und Veteranenvereine werden sich hier zu gemeinsamer Feier ver- sammeln.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 9. Juni. (W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ meldet: Aus Philippopel: Auf die Vorstellungen der Pforte wegen der ausschließlihen An - stellung von Bulgaren antwortete Aleko Pascha, daß er nur in bulgarischen Kreisen die für die leitenden Posten geeignete Jntelligenz gefunden habe. Bei der Beseßung der Verwaltungsposten werde er gern auch Mohamedaner berück- sihtigen. Aus Konstantinopel: Der englishe Bot- schafter hat bei dem Sultan über die Verzögerung des Exe- quatur-Berats für den englischen Geiletalkönftt Wilson in Kleinasiien Beschwerde geführt,

10. Juni. Gestern fand die konstituirende General-

Der Ausschuß des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen, der Ausshuß desselben für Justizwescn, sowie der Ausschuß für Handel und Verkehr hielten heute Sißungen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißzung

Fn der heutigen (57.)Sizung dcs Reichstag-sE, welcher der Präsident des Reichskanzler-Amts, Staats- Minister Hofmann und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, seßte das Haus die zweite Berathung des Entwurfs einer Glebührenordnung für Rechtsanwälte mit der Dis- fussion derjenigen Paragraphen fort, welche das Vertragsrecht des Anwalts mit seinen Mandanten betreffen und nochmals

8 93 In Sachen von ungewöhnlicher

versammlung des Donauvereins statt, an welcher Ver- treter der großen Städte, hervorragendec Korporationen und bedeutender Verkehrsanstalten Oesterreib-Ungarns theilnahmen. Der Zweck des Vereins ist die Beschleunigung der Schiff- barmachung der ganzen Donau.

Großbritannien und Jrland. London, 9. Zuni. F D. B.) n der heulgen SwWung 06s Unker- auses erwiderte auf eine Anfrage Campbells der Unter- Staatssekretär Bourke: Die Pforte - habe in Folge der ihr gemachten Vorstellungen den englischen Botschafter Layard davon benachrichtigt, daß sie beabsichtige, den lokalen Kommissionen die Frage der Organisation derjenigen

liner Vertrage aufgeführt seien. Die Pforte ziehe in Er- wägung, ob das organische Statut für ODstrumelien auf jene Provinzen anwendbar sei.

10 qum. ŒW. T. B) Die meisten heutigen Mov- genblätter widmen der Goldenen Hochzeitsseier des Deutschen Kaisers und der Deutschen Kaiserin ihre Leitartikel und heben dabei die Herrschertugenden, durch welche Kaiser Wilhelm sih auszeihnet, rühmend hervor. Die „Times“ schreibt: Das deutshe Volk habe guten Grund, den Kaiser zu ehren, der sich um Deutschland so hoh verdient gemacht und die auf ihn geseßten höchsten Erwartungen mehr als übertroffen habe. Der Kaiser stehe, hoh erhaben über den Parteien, als cin mit Recht vom ganzen Volke hoh ver- ehrter und bewunderter Herrscher dar.

___ Se. Königliche Hoheit der Herzog von Edinburgh ist gestern nah Berlin abgereist.

Fraukreih. Paris, 6 Juni, (Fr. Corr) Der Aufstand in Algerien scheint nur das Symptom einer allgemeinen Bewegung in der mohamedanishen Welt an der Nordküste Afrikas zu sein, die auch in Tunis und Ma- roiko zum Ausbruch gekommen ist. Die französishe Regie- rung hat Hrn. Tissot, der den Gesandtschaftsposten in Athen bekleidet und sih augenblicklich in Frankreich befindet, in be- sonderer Mission nah Marokko geshickt. Hr. Tissot war früher Gesandter in Tanger und kennt die marokkanischen Verhältnisse genau. Nach den neuesten Depeschen aus Algier und Tunis ist die Bewegung hervorgerufen durch die Brüder- schaft der Khuans, Dieser Brüderschaften, die auf streng- gläubigen mohamedanischen Saßungen beruhen, giebt es sieben. Sie fordern von ihren Mitgliedern unbedingte Ergebenheit und sind weit verbreitet. Die Bewegung ist eine Auflehnung gegen die toleranten Elemente innerhalb der mohamedanischen

Cu.

Die „République Française“ zählt die verschie- denen Vorlagen auf, welche der Erledigung von Seiten des Parlaments harren, vor Allem die Ferry'’shen Geseße, deren Annahme das Blatt für gesichert hält, dann die Erörterung der national-ökonomischen Fragen, der Handelsverträge, der Zollpolitik. An diese schließen sih die Freycinetshen Eisen- bahnprojekte und verschiedene Sieuerentlastungsvors{läge. Zum Schlusse gehöre noch die Beseitigung gewisser mili- tärisher Fragen, wie über die endgültige Dauer der Dienst- zeit, zur Aufgabe der dreijährigen Session.

7. Juni. (Fr. Korr.) Am nächsten Dienstag sollte in der Deputirtenkammer die Budgetdebatte beginnen. Da aber heute der Bericht des Hrn. Spuller über den Ferry' schen Gesevßentwurf, betreffend die Freiheit des höheren Unter- rihts (ein 132 Drucksseiten starkes Aktenstück) zur Vertheilung gelangt ist, so hat der Budgetausshuß im Einvernehmen mit der Regierung beschlossen, diesem wichtigen Gegenstande den Vorrang zu lassen. Die Verhandlung über den Ferry'schen Geseßentwurf wird demnach am 12. Juni beginnen.

Dem „Globe“ wird aus Afrika telegraphirt:

„Batna, 6. Juni. Die Bewegung is durch die Predigten eines Fanatikers von der Brüderschaft der Khuans, der sich Scherif (Abkömnling d.s8 Propheten) nannte, angestiftet worden. Bisher haben sid uur zwei Stämme erhoben und zwar zunächst gegen die einheimis{en Häuptlinge, denen sie zum Vorwurf machen, daß sie sib gegen den Koran versündigten, indem sie mit .den Ungläubigen paktirten. Morgen (Sonnabend) rückt von hier eine Kolonne von 3000 Mann aus, um die Aufrührer, die sich 60 Kilometer östlich von Batna befinden, anzugreifen.“

Ferner aus „Tunis, 6. Juni. Dieselbe Bewegung wie in Algerien herrscht auch in der Regentschaft und rührt von den Um- trieben der Khuans her, die gleichzeitig in Tripolis, in Tunis, in der Provinz Constantine und in Marokko ihr Wesen treiben. Ein aus dem Gebiete von Tripolis gekommener Scherif, der Bruderschaft der Khuans von Sidi Muley-Tereb, deren Oberhaupt Sidi-es-Snussi ist, angehörig, durcbzog die Dörfer von Nefzaun und predigte den heiligen Krieg gegen die Christen und die Empörung gegen die denselben ergebenen muselmännishen Edlen. Auf den Ruf dieses Fanatikers griffen die Araber zu den Waffen und verweigerten dem Bey von Tunis die Steuern. Auf die Kunde von dieser Empörung erließ die tunesishe Regierung an den Gouver- neur von Djerid, Sid-Mohamed-ben-Mirabet, den Befehl, die Leute von Nefzaun zu züchtigen. Sid-Mohamed lieferte den Aufrührern mit 1209 Mann regulärer Truppen ein Gefecht und schlug sie in die Flucht, wobei er selbst 30 Mann verlor.“

Tanger, 6. Juni. Der Kaiser von Marokfo, Muley Hassan, hat mit einem ziemlich starken Truppen-Corps, mit Artillerie und Mitrailleusen, die er von der französischen Regierung zum Geschenk erhalten hatte, seine Hauptstadt verlassen, um die empörten Stämme der Umgegend von Meqguinez zu züchtigen. Mequinez ist die heilige Stadt von Marokko und der Mittelpunkt der Bruderschaft der Khuans.

„Tunis, 6. Juni, Adends. Man meldet aus sicherer Quelle, daß der große Saharastamm der Uled-Sidi-Scheik-Scheraga, sowie die Tuare, 8, ih r virl in das Land einzubrechen. In der Um- gebung des Bey ist man von dem Zusammentreffen dieser Er- bebungen in der ganzen Saktaragegend von Tripolis bis zum Atlan- tischen Occan einigermaßen beunruhigt. Viele Leute glauben, daß diese Bewegung in cinem gewissen Zusammenhange mit der neuen Politik des Vizekönizs von Egypten stehe, welche darauf abzielt, das arabishe Nationalgefühl gegen die Curopäer auszuheten,“ /

Der „Globe“ erhält aus Algerien folgende weitere Telegramme : ;

Algier, 7. Juni. Man hat jeßt hier die ersten etwas ge- naueren Nachrihten über den Ursprung und weiteren Verlauf des Aufstandes. Ein fanatisher Eingeborener, Omar-ben-Abderrha- man, seines Zeichens ein Schmidt, predigte seit einiger Zeit den heiligen Krieg bei den Uled-Dauds im Aurès. Budiah, der Kadi der Üled-Dauds, entsandte Leute, um diesen Marabut verhaften zu lassen; sie wurden aber ermordet. Da begab sih der Sohn des Kadis, El Achemi-ben-Budiah, in Person an Ort und Stelle; auch er wurde von der Bevölkerung umringt und angegriffen und entkam nur mit genauer Noth. Am leßten Sonnabend brach nun Budiah selbs mit seinem Gum, auf dessen Treue er zählen zu können glaubte, auf; allein 300 Reiter fielen von ihm ab, und Budiah wurde getödtet. Der französische Lieutenant des arabischen Bureaus rettete s{ch nur durch ein Wunder mit dem Sohne und den Bettern des Kadis. Gleichzeitig ermordeten die Beni-Sliman den Kadi Mustapha Bachtarzi ; sein Sohn, der den Leichnam in Sicher-

heit bringen wollte, wurde selbst angegriffen und mußte flüchten.

Provinzen zu unterbreiten, welche nicht speziell im Ber-.

Gestern früh endli ist der Sohn des Kadis Ben-Abbés, selbst Kadi der Uled-Abdi, in dem Bordj Oned-Jagw ermordet und der Bordj in Brand gesteckt worden. Die Bewegung hat seit gestern einiger- maßen um si gegriffen ; aber die 7000 Mann, die in die empôrte Gegend geshickt worden sind, werden zur Dämpfung des Aufstandes reihlib genügen. Unsere Truppen marschirten so ras, daß einige Soldaten den Strapazen erlegen sind. Hier herrshte Ruhe und

i volles Vertrauen.

Batna, 7. Juni. Gestern haben die Insurgenten eine dem Kadi der Uled-Abdi gehörige Mühle in Brand gesteckt. Der Sohn des Kadis, sein Bruder, der Bachadel Amran und mehrere Knechte des Kadis wurden getödtet. Diese Mühle liegt 30 km von Batna, fo daß die Bewegung sich dieser Stadt zu nähern droht. Die mili- tärishen Operationen haben noch nicht begonnen. Darnach hat si also der Aufstand von den Uled-Daud und Beni-Sliman au auf einen dritten Stamm, die Uled-Abdi, ausgedehnt, den Gebirgsstock verlassen und sich über die Ebene bis in die nächste Nähe des bür-

erlihen Gebiets verbreitet. Nur wenige Kilometer von den Uled- bdi, die unterhalb Lambessa wohnen, liegen bedeutende Pachthöfe europäischer Ansiedler, namentlich auch die einem Hrn. Leturc ge- hörige Besizung Markussa. O

Dem amtlichen Ausweise zufolge haben die indirekten Steuern im Monat Mai wiederum einen Uebershuß von 17 539 000 Fres. und mithin für die ersten fünf Monate des Jahres ein Plus von 47 813 000 Fres. Über die Voranschläge des Budgets abgeworfen. : :

Das „Journal officiel“ bringt zur allgemeinen Kenntniß, daß einem Erlasse der Regierung des Bey zufolge die in Tunis crscheinenden Fremden nur gegen Vor- weisung eines Passes zugelassen werden.

100 Jun ŒW. D. B) Die „Agence Hava 5 meldet aus Algier, die auch vom „Temps“ wiedergegebene Nachricht, daß der Stamm der Uled-Abdi sih am Auf- stande betheiligt habe, sei unbegründet. Der Aufstand des Stammes der Üled-Daud habe keinerlei politische Ursa chen, sondern sei dur persönliche Racheakte veranlaßt, welche der Kadi Mustapha-ben-Bachtarzi durch die von ihm be- triebenen Erpressungen hervorgerufen habe. Die dem Stamme der Uled-Daud benz2chbarten Stämme verhalten sich sämmtlich ruhig. :

: Versailles, 9. Juni. (W. T. B.) Die Deputirten- kammer berieth heute den Bericht der Kommission zur Vor- berathung der Frage wegen der gerichtlichen Verfolgung Cassagnacs. Nach langer Debatte wurde mit 306 gegen 195 Stimmen bes{hlossen, die Genehmigung zur gerichtlichen Verfolgung Cassagnacs wegen der in dem Journal „Pays veröffentlichten, gegen die Regierung gerichteten Artikel zu er- theilen.

Ftalien. Rom, 9. Juni. (W. T. B.) Der Papst hat den Kardinal Hergenröther zum Archivar des päpst- lihen Stuhles ernannt.

Catania, 9. Juni. (W. T. B.) Jn Folge der Er- hebung der Munizipalsteuer sind in Calatabiano Unru- hen ausgebrochen, in deren Verlaufe das Munizipalarchiv niedergebrannt und mehrere Bürger und Soldaten getödtet wurden. Zur Herstellung der Ordnung sind Truppen nah Calatabiano abgegangen.

Griechenland. Athen, 9. Juni. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach ist die Bildung eines zw eiten Lagers an der griechischen Ostgrenze angeordnet worden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 10. Juni. (W. T. B.) JZhre Majestäten der Kaiser und die Kai- serin und Se. Kaiserlihe Hoheit der Großfürst Sergei Alexandrowitsch sind gestern Abend 61/2 Uhr aus Livadia in Zarskoje-Selo eingetroffen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 7. Juni. (Hamb. Nachr.) Frhr. de Geer hat sein Justiz-Minister- Portefeuille niedergelegt; zu seinem Nachfolger wurde Justiz- Rath Almquist ernannt.

Dänemark. Kopenhagen, 7. Juni. (W. T. B.) Nach einer amtlichen Bekanntmachung sind die unterm 11. Fe- bruar und 15. März d. J. der Pest weaen Rußland und Finnland gegenüber angeordneten Quarantänemaß- regeln aufgehoben worden.

Südamerika. Brasilien. Rio deJaneiro, 5. Zuni. (Reuters Bureau.) Jm Ministerium sind folgende Ver- änderungen vorgenommen worden: Senhor Baros wurde zum Minister für die Auswärtigen Angelegenheiten ernannt, und Senhor Pereira, der bisherige Justiz - Minister, hat Senhor de Carvalho als Minister des Jnnern erseßt.

Asien. (Allg. Corr.) Aus Simla wird dem Bureau Reuter unterm 6. d. Mts. telegraphirt: Eine Abtheilung afghanisher Truppen aus Herat hatte mit den Tekke- Turkomanen ein Gefecht, in welchem die leßteren zer- sprengt wurden.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

St. Petersburg, Dienstag, 10. Juni. Nach einem Bulletin vom 9. d. M. befindet sh Jhre Kaiserliche Hoheit die Großfürstin Maria Pawlowna außer Gefahr. Der Appetit hat si gebessert und die Zunahme der Kräfte be- gonnen.

Nr. 10 des „Archivs für Post und Telegraphie“, Bei- heft zum Amtsblatt der Deutschen Reichs-Post- und Telegraphen- verwaltung, enthält: Aktenstücke und Aufsäße: Isolirte Telegraphen- anlagen und ihr Anschluß an das Welt-Telegraphenneß ; Die eng- lishe Post und Telegraphie im Jahre 1877/78; ‘— Zur Geschichte des Postwesens in den braunshweig-lüneburgishen Landen; Cypern. Kleine Mittheilungen: Straßenwagen und Velocipedes mit Dampfbetrieb. Zeitschriften-Ueberschau.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlage von I. Bargou Söhne (Dresden und Berlin, hi x Lindenstraße 4041), erschien soeben „Kaiser Wilhelms Leben“, Cyklus in 10 Bildern von G. W. Anemüller. Die Zeichnungen, welche dur photograpishen Pressendruck vervielfältigt worden | nd, E zehn wichtige Momente aus dem Leben Sr. Majestät dar, fie ind mit hifto.ischer Treue nah eingehendsten Studien an Ort und Stelle entworfen und künstlerisch ausgeführt. Das erste Bild, „in Schwedt auf der Flucht nah Königsberg“, verseßt uns in das Jahr 1806. Ueber der \{chmerzvollen Gruppe briht symbolisch dur dunkle Wolken ein Blick der Sonne. Das zweite Bild zeigt den Prinzen im Jahre 1815 vor Paris, das dritte Seine 8 egegr nung mit der Prinzessin Augusta von Sachsen-Weimar 1829. Die Prinzessin erscheint auf dem Bilde in Begleitung der

Mutter, der Schwester und des Bruders, während der Großherzo bon Weimar die preußischen Gäste, die Prinzen Wilhelm und Carl, in seine Famlie einführt. Das vierte Bild stellt die Krörung in Königs-

- berg 1861 dar, das fünfte Bild den Besuch Sr. Majestät

bei der Armee in Stleswig-Holstein 1864, das sech|te die Dankfeier nach der Schlacht, das siebente Se. Majestät an dem Sarge im Mausoleum zu Charlottenburg am 19. Juli 1870, am 60. Todestage der Hochseligen Königin Luise, das achte die Kaiser- proklamation in Versailles am 18. Januar 1871, das neunte den Kaiser auf S{&loß Babelsberg im Kreise der Seinen, sherzend mit den Enkeln, wie ihn eben Prinzeß Margar.the im Spiel mit Prinz Waldemar unterbriht. Das zehnte Bild endlih tellt die Goldene Hochzeit allegorish dar. Das Werk ist in drei verschiedenen Aus- gaben erschienen, in einer fleinen zu 2 4, einer mittleren zu d, einer großen auf 8 und in Prachtmappe auf 12 4. :

London, 9. Juni, (W. T. B.) Der internationale wissenshaftlihe Kongreß ist heute Nabmittag eröffnet worden. Der Kongreß is bis jeßt nur {wach besuht. Die von dem Comité vorgelegten Statuten wurden unverändert angenommen ; die Verhandlungen werden in französisher Sprache geführt werden. Auf näcbsten Donnerstag sind sämmtliche Delegirte von dem Lordmayor zu einem Diner im Mansion House eingeladen worden.

Paris, 6. Juni. (Fr. C.) Im Hotel Drouot wurde gestern eine kleine aber auserlesene Sammlung älterer I DeV versteigert. Das Hauptstück, die heilige Magdalena von Murillo (von dem König Ferdinand VII. von Spanien seiner Gemahlin Christine verehrt und aus deren Besiß erst in den ihrer Tochter Ss\abella und dann in Privathände übergegangen), erzielte 25 000, ein dem Lionardo da Vinci zugeshriebenes Porträt der Mona Lisa 12 200, eine Heilige Familie von Botticelli 9600, ein Wasserfall von Ruysdael 7000, ein Genrebild von Jan Steen 10080, ein Van Goyen (Dorf kei Haarlem) 4000 und ein angeblicher Hanns Mem- ling (die Muttergottes mit dem Jesuskinde, der heiligen Katharina und der heiligen Marga: eth?) 7500 Francs.

Land- und Forstwirthschaft.

Aus Belgern berichtet die „Magdeb. Ztg.“ vom 5. Juni: Auf den Stand der Saaten, wie in unseren Aue- so in den be- nachbarten Höhe- und Sandfeldern, hat die seit dem 5. Mai einge- tretene mäßig warme Witterung nicht in der gewünschten Weise ein- gewirkt, da ziemlih starke Winde vorherrshen, während es an genU- gendem Regen fehlt; Regen mit einigermaßen durchdringender Wir- fung haben wir seit dem 16. März nicht gehabt. Der empfindlicste Nachtheil hiervon ist zunächst der {wer drückende Mangel an Grün- futt:r, zumal der Klee nur sehr lückenhaft gewachsen, vielfa ausge- wintert und bis jeßt außerordentli zurügeblicben ift, Dagegen zeigt der Raps, freilih bei einem meist zu dichten Stande, eine fäferfreie, gesunde Beschaffenheit, nahdem die Blüthe günstig ver- laufen is. Der Roggen steht bis jeßt ohne genügende Bejtocung da, mit kurzen Halmen und vielfa sehr schwacen Achren. Wähs- rend der Weizen auf nicht setr kräftigem Boden ziemlich gelb und matt aussieht, da ihm bei falten Nächten Regen gefehlt hat, warten auch Gerste und Hafer, um sich zu entwickeln, auf baldige günstige Wetterbedingungen. Die Kartoffeln weisen einen günstigen Auf- gang na. O

Der Zustand der Felder im Gouvernement Podolien ver- spra Anfangs Juni nichts Gutes. Sowohl das Wintergetreide, wie auch das Sommerkor1 hat in Folge des lange anhaltenden falien Windes und der Dürre gelitten. Der Jampolsche Kreis allein mat, wie dem „Golos“ ger wird, eine Ausnahme, da es dort in der leßten Zeit häufig geregnet hat.

N A S a, erscheinende Blatt „Hawkeye“ bringt unterm 17, Mai Ernteberichte von mehr als hundert Puukten des Staat.s Jova. Alle lassen ersehen, daß sich diesmal eine größere Bodenfläche als gewöhnlich unter Weizen- und Maiékultur befindet, und daß der Stand beider Fruchtarten ein ausgezeichneter ist. Das Wetter ist soweit trocken gewesen und hat es den Farmern auf diese Weise ermöglicht, Land zu bestellen, das bei einer nassen Jahreszeit nit bearbeitet werden kann. In manchen Gegenden hat die Dürre etwas Schaden angerichtet, aber größtentheils kamen die kürzlichen Regenfälle noch zeitig genug, um die Ernte-Aussichten günstig er- \chein:n zu lassen. Um den Stand der Saaten auch weiterhin be- friedigend zu gestalten, wäre innerhalb der nächsten Woche Regen in den meisten Gegenden sehr erwünsht. Hafer und Heu werden in geringeren Quantitäten geerntet werden “als letztes Jahr, einmal, weil von diesen Bodenerzeugnissen ih diesmal weniger Land unter Kultur befindet, und zweitens wegen der Trockenheit. Bezüglich der anderen Fruchtarten steht eine gute Ernte in A .

Chartow, ( Juni. (JUL Vel 49) Alle Zweifel über die Maschinen für Käferfang sind endlich gehoben. Gestern, am 67 Sun, Val Das Gouvernements-Landschasts-Amt mit den Mit- gliedern der Charkowsh:n entomologischen Kommission, in der Nähe des Kirchdorfes Choroschoje, 20 Werst von Charfow , unter einem großen Zusammenfluß von Privatpersonen, einen Versuch zur Vernichtung der Käfer vermittelst Maschinen gemacht. Von den vielen vorgestellten Probemaschinen verschiedener Systeme er- wiesen sich unstreitig als die best:n und nüßlichsten, die nah dem System Ssokownin. Ihre Konstruktion zeichnet sich durch Einfachheit aus, sie reißen die Achren absolut niht ab, find leiht und handlih, lassen keine Käfer durch und quetschen das Getreide nicht. Der Versuch wurde nit an der Gattung „Anisoplia Austriaca“ angestellt, für welche die Maschincn bestimmt waren, sondern an einem neuen halb so großen Käfer, der den Roggen vor der Aehrcnausbildung frißk, und die Benennung „Anisoplia segetum“ trägt. Sein Er- scheinen auf dem Sandboden der Umgegend Charkows in großer Zahl war ganz unerwartet und droht sehr gefährlih zu werd?n. Nach den Untersuchungen der Larven muß der Käfer „austriaca“ im nächsten Jahre in ungeheurer Anzahl auftreten ; in Anbetracht jedoch des günstigen Erfolgs des Versuches und der Zweckmäßigkeit der

Maschinen, brauchen die Grundbesißer ihre Ausfaaten nicht zu ver- mindern, und der in Folge der Vermehrung der Käfer gesunkene Preis des Grundbesitzes dürfte sich wieder heben. n

Berichte aus San Francisco besagen, daß der Stand der Saaten in allen Theilen Kaliforniens ein ausgezeichneter ilt, den oberen Theil des Joaquinthales auëgenommen, wo nur eine geringe Ernte in Aussicht steht.

Gewerbe und Sandel.

Nachrichten auz Belgrad zufolge tritt die Rinderpest in Serbien *) noch vereinzelt in dem Kreise von Alexinaß und in dem Bezirke von Karanowayß auf. | i :

Die „Nordd. Ällg. Ztg." giebt aus Konsularberihten einige Daten über die Bedeutung des deutschen Handels mit den drei südamerikanischen Republiken. In chilenishen Häfen waren im Jahre 1876 165 deutshe Schiffe mit 93 476 Reg.-T. eingelaufen. Der Werth der Einfuhr an zollpflichtigen Waaren aus Deutschland belief si auf circa 15 Millionen Mark, der Werth der Ausfuhr über 3 Millionen Mark. Verglichen mit anderen europäischen Nationen, nahm das Deutsche Reich im Schiffahrtsverkehr die zweite, in der Einfuhr die dritte Stelle ein. Fn Valparaiso, der ersten Handelsstadt von Chile, welche gegenwärtig Fber 100 000 Einwohner zählt, kamen im Jahre 1877 78 deutsche Schiffe an mit 49 235 Reg.-T., darunter 24 Dampfer. In den Zoll- \peichern zu Valparaiso, welche Cigenthum der Regierung sind, sollen nah den übereinstimmenden Angaben der Handelskammern in Gladbach und Barmen dur{\chnittlich Waaren im Werthe von 200 Mill. Mark lagern, darunter } oder 50 Mill. Mark deutsches Eigenthum, und zwar vielfah Konsignationswaaren. Von den übrigen 13 Häfen der cilenishen Küste kommen für Deutschland noch in Betracht: Punta Arenas, Caldera, Coronel, Lota. Deutsche Handelshäufer befindcn sih auch in den Binnenstädten Chillan, Los Anjeles, Nacimiento.

*) Siehe Nr. 120 des „Reichs: Anzeigers“.

Deutschland ist am Jmport- und Exportgeschäft Perus an dritter Stelle nah England und Frankreich betheiligt. Die wichtigsten Aus- fuhrartifel sind Guano und Salpetersäure; außerdem gelangen nah Deutschland: unedle Metalle, Wolle, Baumwolle, Häute, Hörner, Tabak; in geringeren Quantitäten auch Zucker, Cacao und Zink. Was speziell das Guanogeschäft bctrifft, so wurden nach Ausweis der Hamburger Statistik im Jahre 1877 nach Hamburg 1 793 420 Centner verscchifft, außerdem nah Harburg und Altona zusammen 15 840 Centn-r. Nach allen Ländera Europas gingen in den leßten 10 Jahren dur{chschnittlich 380—400 000 t Guano jährlich. Von den einzelnen Häfen sind Callao, Iquique und Arequipa für den deutshen Handel von b: sonderer Wichtigkeit. Callao, welches im Jahre 1876 38000 Einwohner zählte, is der Central- punkt für die nah den verschiedenen Guanoniederlagen gehen- den Schiffe, deren Zahl im vorigen Jahre 279 betrug. Es liefen dort im gleihen Jahre 38 deutsche Segelschiffe ein und 12 Dampfer der Kosmoëlinie, welche eine regelmäßige monat- lihe Verbindung zwisden Hamburg und verschiedenen Häfen der Westküste Südamerikas unterhalten. In Iquique verkehrten im Vorjahre 47 Schiffe von 23 455 Reg.-T. Die Einfuhr deutscher Steinkohle daselbst hat einen erfreulichen Aufschwung genommen. Im Jahre 1878 wurden 5000 t importirt und befanden stich weitere 1409 unterwegs. Die deutsche Industrie ist neuerdings in Eisen und Stahl in lebhaftere Konkurrenz mit der englischen getreten, und finden auch deutsche Maschinen Beachtung. Die Salpeterausfuhr aus der Provinz Tarapaca direkt nach Deutschland belief fih in 1878 auf 103,045 spanische Centner. Arequipa wurde im Jahr2 1876 von drei deutschen Segelschiffen besucht, außerdem von Dampfern der Kosmoslinie, Der Werth der Einfuhr betrug 3 Millionen Soles 4 M), woran Deutschland mit einem Drittel partizipirt. Eine amtlihe Statistik existirt für Bolivien niht. Nach privaten Schäßtungen betrug die deutsche Einfuhr für Arica 1 600 000 Boli- vianos 4 1), während England auf diesem Wege für 3 100 100 und Frankreich für 1 900 000 Bolivianos importirte. Die Einfuhr E Hôâfen des Litorals wird auf ca. 2 Millionen Bolivianos geschäßt.

Breslau. 9. Junt Q. L. D) Wollmarkt. Das vers faufte Quantum dürfte sib bis heute Nachmittag auf zwei Drittel des Marktlagers beziffern. Manch: Partien sind etwas billiger als gestern begeben. Hauptkäufer sind Franzosen, Engländer und Schwe- den. Die Wäschen sind im Allgemeinen befriedigend.

London, 7. Juni. Aus Melbourne wird die Zahlungs- einstellung der dortigen Australian- & European-Bank gemeldet.

Dodessa, 6: Junt Abends, (nt Del, Ug): Gestern, am ersten Tage derSubskription auf die dritte Orientanleihe, wurden im hiesigen Komptoir der Reichsbank 2 300 000 Rbl. ge- zeichnet Heute ist die Subskription gleihfalls in lebhaftem Gange. Zwei Bankiers zeibneten für 2 Mill. Rbl, die gezenseitige Kredit- gesell\schaft für 700 000 Rbl.

Verkehrs-Anstalten.

Dem von dem Königlih württembergishen Staats-Minister der Autwärtigen Angelegenheiten an den König erstatteten Berichte, betreffend den Betrieb der württembergischen Staats- Eisenbahnen im Rehnungéjahre vom 1. Juli 1877 bis 30, Juni 1878 entnehmen wir folgende Mittheilungen: Am 1. Juli 1877 be- trug die Länge der in württembergishem Staatsbetrieb befindlichen Eisenbahnen 1304,49 km, Jm Laufe des Rehaungsjahres 1877/78, und zwar am 11. April 1878 ist die 16,08 ¿m lange Bahnstrecke Backnang-Murrhardt dem Verkehr übergeben worden; am Schluß des Rechnungsjahres waren hiernach 1328,13 km Bahn von der württemberzishen Verwaltung gebaut, deren Betrieb umfaßte dagegen ein Bahnnetz von 1320,57 km, wooon 75,44 km auf badishem, 11,86 km auf bayerishem, 13,14 km auf preußischem, die übrigen 1199,17 km auf württembergischem Staatsgebiete liegen. Der Bauaufwand für die eröffneten, von Württemberg gebauten Bahnen hat beim Rechnungss{luß von 1877/78 auf 369 301 382 4, also für 1 km Bahnlänge auf 278 061 4. sich belaufen. An Tranéportmitteln waren beim Jahresshluß vorhanden: 394 Lokomotiven und 291 Tender; 689 Personenwagen mit 1923 Achsen und 33 989 Sizßpläßen, worunter 1037 Pläße erster, 7140 zweiter und 25812 dritter Ae 19 Gefangenen- und Kranfkentransportwagen mit 26 Achsen; 58 Bahnpost- wagen mit 116 Achsen; 128 Gepäckwagen mit 372 Achsen; 4400 Güterwagen mit 9470 Achscn und einer Gesammttragkraft von 43 312 500 kg, zusammen 5288 Wagen mit 11907 Achsen. Gegenüber dem Vorjahre hat sih die Anzahl der Lokomotiven um 11 vermehrt uad hat die Stückzahl der Wagen um 36, die Achsen- zahl der Wagen um 72 zugenommen ; auf 1 km Bahnlänge kommen dur schnittliÞ 0,24 Lokomotiven, 1,56 Achsen an Personen-, Ge- fangenen- und Bahnpostwagen, 7,45 Achsen an Gepäck- und Güter- wagen. Die Lokomotiven haben im Laufe des Betriebsjahres mit Zügen (Nußkilometer) 7015476, ohne Slige 223 030, zujammen 7239 111 km_ zurücgelegt, gegenüber dem voran- gegangenen Jahre 14079 km mehr. D:r Verbrauch an Heizmaterial beim Eisenbahnbetrieb für Heizung der Lokomotiven, Stationslokale, Werkstätten, Personenwagen u. f. w. bezifferte sih im Ganzen auf 8529 kbm Brennholz, 76 528 564 kg und 35617 kbm Torf. Das finanzielle Ergebniß beim Abschluß der Betriebs- rechnung ist Folgendes: Lie Gesammtein:.ahme betrug 26 849 576 M. Davon enlfielen: aus dem Personen- und Reisegepäckverkehr 9 502 850 M, aus dem Güterverkehr 15 869 836 4, Vergütung für Ueberlassung von Bahnanlagen u- d Betriebsmittelu an andere Ver- waltungen 532328 4, verschiedene son|tige Einnahmen 944 562 M. Die Gesammtausgabe betrug 14103599 A, darunter Besol- dungen der etatsmäßigen Beamten u: d_Bediensteten, 2 902 862 6. und andere persönlihe Ausgaben (Stellvertretungen, Hülfsper- sonal, Arbeitslöhne 2c.), 2428 346 AM. Kosten des Bahntrans- vorts, ausschließlih der Erneuerung 3 273 783 M4. Bei Vergleichung der Gesammteinnahme mit der Gesammtausgabe bleiben als Reine einnahme 12 745 977 4 Im Vergleiche mit dem Voranschlage im Etat zu 13012 000 4 i die Reineinnahme um 266 023 M niedri» ger. Die Betriebsausgaben berechnen sih auf 51,1% der Ein- nahme, wogegen sie im Vorjahre auf 51,39% sich gestellt hatten. Der Reinertrag beträgt 3,46% des Gesammtanlagekapitals für die im Betrieb stehenden Bahnen, im vergangenen Sahre hatte sich der Reinertrag ebenfalls auf 3,46% des Anlagekapitals berechnet. Auf 1 km Betriebslänge fommen: von der eigentlihen Betriebéeinnahme 19 195 M gegen 20131 Æ in 1876/77; von der eigentlichen Betriebéausgabe 10 056 M gegen 10 528 4M; vom Reinertrag 9640 f. gegen 9603 é. Hiernach is im Jahre 1877/78 für 1 km Betriebslänge die Ein- nahme um 435 4 16 -, die Ausgabe um 472 M 14 - niedriger, der Reinertrag um 36 4 98 9 höher als im Jahre 1876/77. Auf 1 Nußtkilometer berechnet si: die eigentliche Betriebseinnahme zu 3 M 67 S gegen 3 M 74 S in 1876/77, die eigentliche Betriebs- ausgabe zu 1M 87 S gegen 1 M496 S, der Reinertrag zu 1 M 80 S gegen 1 M 78 4. Von den Tax- und Frachteinnahmen nach Abzug der hinausbezahlten Antheile anderer Verwaltungen und der Rük- vergütungen entfallen auf den Transport von Personen und Reise- Gepäck 9 502 443 M. gegen 9755 113 e. in 1876/77, d. h. 37,5 9% bez. 38,0 0/9 auf 1 km Betriebslänge 7265 4 gegen 7512 Mi Auf den Tranéport von Gütern entfallen 15868309 A gegen 15937 874 A6 in 1876/77, d. h. 62,5%/o bez. 62,0 %/o; auf 1 km Betriebslänge fommen 12131 M gegen 12274 A, auf 1 Nußkilometer 3 62 gegen 3 4 67 5. Die Lax- und Frateinnahmen sind somit gegen- über dem vorangegangenen Jahre für 1 km Betriebslänge um 390 A 35 9, für 1 Nußkilometer um 5 gefallen. An Perfonen-Fahr- billets wurden verkauft 8 034 435 gegen 8 264 332 im Jahre 1876/77, also im Jahre 1877/78 weniger 229 897. Frabtgüter sind im Jahre 1877/78 2 920 247 570 kg, im Jahre 1876/77 3 040 267 615 kg, somit im Berichtsjahre 120 020 045 kg weniger befördert worden.

Fiume, 10.-Juni. \W., T. B.) Gestern fand hier die

D ir ektorenkonferenz des deutsh-dsterreihish-ungaris-