1879 / 144 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Jun 1879 18:00:01 GMT) scan diff

__ Von dem zur Auszahlung der Landeskultur-Rentenbriefe be- stimmten Termine ab findet eine Verzinsung derselben ferner nicht ftatt.

8, 43, Die ausgelooften Landeskultur-Rentenbriefe verjähren binnen zehn Jahren. :

Die Verjährungsfrist beginnt mit dem leßten Dezember des- jenigen Jahres, in welcbes der Auszahlungstermin fällt.

8 44, Ist ein Landeskultur-Rentenbrief niht mehr zinsbar (8. 42), fo werden zwar die noch laufenden Plane desselben zur Beit ihrer Fälligkeit von der Landeskultur-Nentenbank bezahlt, der VSnhaber des Landeskultur-Rentenbriefes aber muß sib, wenn er den- selben Behufs Empfangnahme des Kapitals präsentirt, den Abzug des Betrages der fehlenden Zinsscheine gefallen lassen.

&, 45. Die ausgeloosten und die behufs Amortisation aufge- kauften, sowie die nah §8. 36 in Zahlung gegebenen Landeskvltur- Rentenbriefe werden unter der Leitung der Direktion der Landes8- fultur-Rentenbank im Beisein zweier Abgeordneten des Provinzial- (Kommunal-) Landtages und eines Notars durch Fener vernichtet.

Die über die Vernichtung der Landeskultur-Rentenbriefe von dem Notar aufzunehmende Verhandlung wird veröffentlicht.

8 46. Abhanden gekommene oder vernichtete Landeskultur- Rentenbriefe können nah erfolgtem Aufgebote für kraftlos erklärt werden.

Das Aufgebot ift erft zulässig, wenn der erste Zinsschein einer seit der Zeit des glaubhaft gemachten Verlustes ausgegebenen Rcihe von Zinsscheinen oder seit dieser Zeit Zinsscheine für vier Jahre fällig geworden sind.

Cin Aufgebotsverfahren wegen abhanden gekommener oder ver- nihteter Talons und Zinsscheine findet nicht statt.

Demjenigen, welwer den Besiß und den demnäcbstigen Verlust von Zinétscheinen vor Ablauf der Verjährungsfrist (8. 40) bei der Direktion dex Landeskultur-Rentenbank glaubhaft macht, kann na Ablauf jener Frist der Betrag der bis dahin nit vorgekommenen Zinsscheine ausgezahlt werden.

8. 47. Aus denjenigen Summen, welche die Landeskultur- Rentenbank durch zinstragende Benukung ihrer Kassenbestände, durch Kursgewinn (8. 4, 41) odec durch Verjährung von Zinsscheinen und ausgeloosten Landeskultur-Rentenbriefen gewinnt, wird ein Reserve? fonds gebildet.

Die N des Neservefonds werden demselben zugesch{lagen. Der Meservefonds soll bis zur Höhe von fünf Prozent des Be- trages der auêgegebenen Darlehne angesammelt und nach stattgehabten Verwendungen auf diese Höhe ergänzt werden. :

Der Reservefonds ist zur Deckung der etwaigen Au?efälle an Rente zu verwenden. Reicht der Reservefonds hierzu nicht aus, so wird das Fehlende von dem Provinzial- (Kommunal-) Verbande zu- geschossen. Ucbersbüsse des Reservefonds über den Betrag von 5°%/ der ausgegebenen Darlehne hinaus und die nach Schließung ‘der Landeskultur-Rentenbank und nach gänzlicher Tilgung der ausgegebenen Lar deskultur-Rentenbriefe in dem Reservefonds verbleibenden Be- stände fallen dem Provinzial- (Kommunal-) Verbande zu.

8, 48. Sobald der Reservetonds die im §8. 47 Absatz 3 bezeich- nete Höhe erreit hat, sind die Zinsen desselben nach näherer Vor- {rift des Statutes zu den Verwaltungskosten der Landeskultur- Rentenbank unter gänzlichem oder theilweisem Wegfalle der Zuschläge (8. 34) zu verwenden.

8. 49. Den Landeskultur-Rentenbanken steht die dem Fiskus eingeräumte Stempelfreiheit zu. :

Die Eintragung der in 88. 6, 14, 24, 27 bezeihneten Sicher- heiten in das Grund- (Stock-) oder Hypothekenbuch erfolgt ge- bührenfrei. :

8. 50, Die Direktion der Landeskultur-Reztenbank ist ver- pflichtet, alljährlich cinmal über den Vermögensstand der Anstalt einen Bericht zu veröffentlichen.

8. 51. Auf Beschluß des Provinzial- (Kommunal-) Landtages kann mit landesherrliher Genehmigung die Landeskultur-Rentenbank aufgehoben und zu dem Zwecke eine N bestimmt werden, nach deren Ablauf Darlehne von der Landeskultur-Rentenbank nicht mehr gewährt werden dürfen.

8, 52, Das Statut (§. 2) soll enthalten :

1) die Zwette der Landeskultur-Rentenbank (88. 1 und 3);

2) die Art der Wahl und Zusammenseßung der Direktion und die Bezeichnung der Befugnisse derselben ; :

3) die Vorschriften über die Einreichung und die Form der S der Darlehnsgesuche, sowie über die Entscheidung auf ieselben ;

4) die in Gemäßheit der §8. 7, 8, 9, 24 Absay 2 zu bestim- menden Grundsäße für die Taxe, für die bezügliche Werthsvermeh- rung des zu meliorirenden Grundstücks, sowie für den Nachweis der planmäßigen Ausführung und die Kontrole der Instandhaltung der Meliorationsanlagen; i

5) die zur Verzinsung und Tilgung der Darlehne und zur Be- streitung der Verwaltungskosten bestimmten Beträge (88. 5, 34 und 48), und die Vorschriften wegen der durch die Prüfung der Darlehns- gesucbe und dur die Aufnahme der Anstaltstaren (28. 6, 7 und 8) erwachsenden Kosten z

6) die Termine zur Aushändigung der Landeslultur-Rentenbriefe und zur Zahlung der Landeskulturrente wie diejenigen zur Erhebung der Zinsen (8. 37);

7) den Tilgungéplan (88. 5, 12), die Form für die Zurüzah- lung der Darlehne (8. 36), die Termine für die Ausloosung der Landeéëkultur-Nentenbriefe und für die Auszahlung dec ausgeloosten Briefe und die Vorschriften über die zinsbare Belegung des Reserve- fonds (88. 41, 42 und 47);

8) die Vorschriften über Bildung und Verfahren der Drainirungs8- kommission (S. 15), sowie die Modalitäten bei Uebertragung der Be- fugnisse dieser Kommission an landschaftlihe oder ritters{haftliche Kreditinstitute (§. 16 Abs. 2);

9) die Form, in welcher die von der Landeskultur-Rentenbank ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen (§8. 41, 45 und 50), sowie die öffentlichen Vlätter, in welche dieselben aufzunehmen sind.

8, 53, Das Statut unterliegt der Beschlußfassung des Provin- zial- (Kommunal-) Landtages und bedarf der landesherrlichen Geneh- migung.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegelen Berlin, den 13, Mai 1879.

S) Wilhelm. Gr. zu Stolbera. Leonhardt. Falk. von Kameke. Sriebentbal, von Bülow. Hofmann. Zugleih für den Minister für Handel und Gewerbe : Gr. zu Eulenburg. Mayba ch.

Hobrecht.

E Schema zum Landeskultur-Rentenbrief.

Landeskultur-Rentenbrief der Provinz (des Kommunalverbandes) N. N.

Wappen der Provinz (des Kommunal- Mark. * verbandes) N, N. Landeskultur-Rentenbrief über N Mark Deutscher Reiswährung, verzinslich mit vom Hundert, ausgefertigt nach den Bestimmungen des Gesetzes vom Geseß-Sammlung Seite . . . und des Statuts vom Die Zinsen werden bei der Hauptkasse der Landeskultur-Renten- bank zu N. halbjährlich am . und am an den Veberbringer des fälligen hierzu gehörigen Zinssceines berichtigt. __ Die Zinsscheine sir. d ungültig, wenn ihr Geldbetrag nicht binnen vier Jahren, von dem auf den Fälligkeiistermin folgenden letzten Dezember ab gerechnet, erhoben worden ist. Von zehn zu zehn

Jahren werden zu diesen Landetkultur-Rentenbriefen neue Zinsscheine

mit Talon verabreicht. Die Auszahlung des Kapitals erfolgt in der dur das Gesetz und das Statut vom vorgeschriebe-

Siegel der N Landeskultur- Rentenbank.

Direktion der Landeskultur-Rentenbank für die Provinz (den Kommunalverband) N, N. Unterschriften.

Beigefügt sind die

mit Talon. Ausgefertigt. Unterschrift.

Eingetragen :

D,

Schema zum Zinsschein. Landeskultur -Rentenbrief der Provinz (des Kommunalverbandes) N. N.

Zinsschein

; ; F Zinsschein . . K ¿

Gra Statut vom

K Zinsschein

U S N Uber Ub Art

O R Halbjähcliche Zinsen zahlbar am Mark

zum Landeëkultur-Nentenbrief L WEOTT

E für die Pro- vinz (den Kommu nalverband) N. N. Unter / \chrif \ ten. Eingetragen: (Unterschrift.) Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist am 31, Dezember durchkreuzt ift.

Bemerkung. Die Nummer des Zinsscheines is in far- bigen Zahlen an den mit einem kleinen Kreuz bezeichneten zwei Stellen unverwishbar einzutragen.

_ In gleicher Weise ist der Betrag der Zinsen an der mit dem größeren Kreuz bezeichneten Stelle einzutragen.

C: Schema zum Talon.

Landeskultur-Rentenbrief der Provinz (des Kommunalverbandes) N. N. (Geseß vom Statut vom

Talon ¿um Landeskultur- Rentenbriefe. j

Direktion der Landeskultur-

eine Ccke abgeschnitten ist.

2112112030875 210 uuaai ‘viz1nvuyN

Ungültig, wenn

über Mark.

_ Der Inhaber dieses Talons empfängt gegen dessen Rüdckgabe die Reihe Zinsscheine für die zehn Jahre vom bis Wird gegen Ausreihung\ der neuen / Zinsscheine an den Besißer des Talons \, reht / zeitig | bei der Di- rektion der Landetkultur- Rentenbank Wider- spruch erhoben, so erfolgt die 4 Ausreichung derselben

an den Besißer des gedachten L

briefes. N N C Direktion für die Lardeskultur-Rentenbank für die Provinz (den Kommunalverband) X. N, | Unterschriften. Eingetragen : (Unterschrift.)

Zur Abbebnung der . No

‘N ‘N (82Quvg12ajvunututoyg 820) ?u1a01(f 120 La1aquaJuay¿-an1]n192QUVJ Landeskultur-Rentenbrief der Provinz

(des Kommunalverbandes) N. N.

. . . Rethe Zinsscheine Is No i

Bemerkung. Der Werth des Landeskultur-Renten- briefes ist an der mit einem Kreuz bezeichneten Stelle in einer farbigen Zahl unverwischbar einzutragen.

Nichtamlliches.

Berlin, 23. U m weilevon Bevlause der vop- gestrigen (63.) Sitzung seßte der Reichstag die zweite Be- rathung des Geseßentwurfs, betreffend die Verfassung und die Verwaltung von Elsaß-Lothringen fort. Der Abg. Hoffmann erklärte, in der laufenden Sißungsperiode ständen die Ansichten in vielen Beziehungen sich fo {rof gegenüber, wie selten zuvor. Um so wohlthuender sei es dar- um, wenn einmal ein Geseßentwurf von nicht unerheblicher Tragweite dem Reichstage zugehe, über dessen Werth und brauchbaren Jnhalt im ganzen Hause eine fast vollständige Einigkeit herrsche. Leider aber stelle der Entwurf der Fort- shrittspartei eine sehr {were Zumuthung, nämlih in §8. 2 den Fortbestand des Diktaturparagraphen auszusprechen, der bedenklih und gefährlih erscheine aus drei Gründen, weil der- selbe dem Volke im Reichslande die Wohlthat einer freien Presse vorenthalte, weil derselbe ferner die Gefahren des Miß- brauches allzunahe lege, und weil derselbe drittens die Bevöl- kerung nie zum Gefühl der Ruhe und Sicherheit gelangen lasse. Redner bat um Annahme des Antrags Kabl, seine Partei behalte sih aber vor, erst in dritter Lesung Stellung zum ganzen Geseße zu nehmen.

Der Abg. von Puttkamer (Löwenberg) glaubte hieraus folgern zu dürfen, daß die Fortschrittspartei niht gegen das ganze Geseß stimmen werde, wenn der Antrag Kablé abge- lehnt sei; denn es handle sich nur darum, für die Verfassung der Neichslande erst einen gemeinschaftlihen Boden zu ge- winnen, von dem aus die Sache sich weiter entwickeln könne. Hätte wenigstens der Abg. Kablé gesagt, daß sich die Protest- partei den Thatsachen alkommodire und den Pranarte: Frie- den anerkenne, so hätte derselbe den Beifall des Hauses ge- habt; allein die Anträge zeigten, daß der Abg. Kablè und jeine Freunde, wenn fie niht das Geseß zu Falle brin- gen wollten, doch wenig Werth auf dasselbe legten. Die Regierung sei den auf dem Boden des Frank- furter Friedens stehenden Abgeordneten entgegengekommen, man könne ihr doch nicht zumuthen, daß sie nun sih noch ent- waffnen lassen solle, indem sie den Diktaturparagraphen fallen

lasse. Allerdings habe der Abg. Kablé mit Ruhe und Mäßi-

gung gesprochen, allein es sei bekannt, wie die Protestler ih die Sache vorstellten; einer derselben habe bei seinem Eintritt in den Bezirkstag den Eid geshworen, in welhem er Treue dem Kaiser und Gehorsam den Gesetzen verspreche; hinterher habe derselbe aber in den ‘Zeitungen mitgetheilt, wie er den Eid ausgelegt zu sehen wünsche; derselbe habe erklärt, daß er seinen alten Gesinnungen treu bleibe, also die Annexion nah wie vor als eine rechtlose Gewaltthat ansehe, deren Wieder: aufhebung man anstreben müsse. Daraus könne man er- sehen, welhen Widerstand die Regierung im Lande, troß der scheinbaren Ruhe, noch finden werde. Er empfehle die un- veränderte Annahme des §8. 2 und hoffe, daß das Geseß der Weiterentwidckelung der Reichslande nüßlih sein werde.

Der Abg. Windthorst führte aus, das vorliegende Geseßz habe eine erfreulihe Tendenz, er wünsche deshalb, daß es zu Stande komme. Eine kommissarishe Berathung desselben wäre ihm lieber gewesen, weil er es nicht für gut halte, die Verfassung eines großen Landes ohne eine solche zu berathen. Das wäre auch nit geschehen, wenn die Vorlage nicht erst im Juni an das Haus gelangt wäre. Nach dicsem §. 2 sei der Statthalter für Elsaß-Lothringen Reichsbeamter und dem Reichstage für seine Maßnahmen verantwortlih. Das habe der Unter-Staatssekretär erklärt. Dem Landesaus\{huß sei derselbe folglih nicht verantwortlih. Leßterer habe also nicht die ihm nöthige Bedeutung, und es werde daraus klar, daß die Elsaß-Lothringer eine heimishe Regierung nicht hätten. Das sei auch insofern wichtig, als der Statthalter die einzel- nen Akte auf Grund des §. 10 ohne Kontrole des Staats- sekretärs, des Ministeriums und des Landesaus\{chu}ses von Elsaß-Lothringen vornehmen könne, und hierin nur der Kon- trole des Reichstages selbi unterliege. Es wäre weniger be- dentlih, wenn der Statthalter den §8. 10 handhabte als Träger [landesherrliher Befuanisse, denn dann bedürste derselbe der Kontrasignatur des Staatssekretärs und dieser wäre dem Lan- desauss{chuß verantwortlih. Es sei rihtig, daß die Regierung in den Reichslanden einer ernsten Waffe bedürfe und vor- sichtig sein müsse. Auch müßten die Elsaf-Lothringer sih an den Gedanken gewöhnen, daß sie mit dem Reiche unausflöslih verbunden seien. Das lasse sih aber im Handumdrehen nicht erreichen und er kenne die Gefühle der Elsaß-Lothringer für ihr ehemaliges Vaterland wohl begreifen. Dem gegenüber stehe die Thatsache, daß weite Kreise der Bevölkerung den Ge- seßen loyal gehorhten, und wenn die Stimmungen einmal einen solchen thatjählihen Ausdruck annehmen sollten, daß daraus bei der exponirten Lage des Landes eine Gefahr ent- stehen könnte, so seien die dort bestehenden napoleonischen Ge- seße und der Art. 68 der Reichsverfassung zur Niederhaltung folher Ausschreitungen ausreihten. (Der Reichskanzler trat in den Saal). Ganz verschieden davon sei, wenn man eine ganze Bevölkerung in ihrer persönlihen Freiheit den Entscheidungen eines einzigen Mannes unterwerfe. Ein Nusse habe ihm neulich erzählt, in seinem Vaterlande seien auc unter der jeßigen Diktatur die friedlihen Bürger sicher, jedoch au den Denunziationen mißwollender Polizeiorgane ausgeseßt. Dasselbe bewirke der §. 10 in Elsaß-Lothringen und das sei ein unerträglicher Zustand. Er sei deshalb außer Stande, die RNeichslande unter diesem Damokles\{hwert fortleben zu lassen. Der Statthalter werde in Straßburg einen viel günsti: geren Boden für seine Thätigkeit finden ohne den 8. 10, als mit demselben. Denn auf die Dauer könne man ein Land nicht dur folhe Paragraphen regieren, sondern durch geordnete Gesetze. Nun sage allerdings der Unter-Staatssekretär Herzog, wenn man nicht den §. 10 behalten könne, dann gehe im Falle derAnwendung des Art. 68 die ganze Regierung des Landes auf die Militärbehör- den über. Wenn aber einmal fol außerordentliche Zustände ein- träten, dann wolle er lieber solche Befugnisse in die Hände der Militärbehörden legen, weil sie viel unbefangener seien, als die Civilbehörden, vielleicht, weil sie sih ihrer Kraft be- wußt seien. Er habe deshalb mit Genugthuung gehört, daß man die Stellung des Statthalters einem berühmten General verleihen wolle, der dieselbe gewiß von großartigerem Gesichts- punkt auffassen werde, als eine Civilperson. Auf Grund dieses §. 10 sei die Presse in den Reichslander zum großen Theil lahm gelegt und die im übrigen Deutschland ge- stattete Presse sei dort ausgeschlossen. Auch hierin werde hoffentlich der künftige Statthalter eine andere Praxis ein- treten lassen, denn derselbe gehöre niht zu den Begünstigern des Kulturkampfes, der glückliherweise an den Grenzen der Armee stillstehe. Aber er wisse nicht, wie lange dieser General die Stelle eines Statthalters einnehmen werde, und eine ju lange Gewohnheit der Civilthätigkeit könnte die guten mili- tärischen Traditionen stören. Deshalb werde er für den An- trag Kablé stimmen, ohne damit dokumentiren zu wollen, daß er das ganze Geseß nit wolle.

Nach Ablehnung des Antrags Kablé wurde der §. 2 in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen.

Die 88. 3 und 4, welche lauten:

8. 3. Das Neichekanzler-Amt für Elsaß-Lothringen und das Ober-Präsfidium in Elsaß-Lotbringen werden aufgelöst. Zur Wahrnehmung der von dem ersteren und dem Reichs-Justizamte in der Verwaltung des Reichélandes, sowie der von dem Ober- Präsidenten bisher geübten Obliegenheiten wird ein Ministerium für Elsaß-Lothringen errichtet, welches in Straßburg seinen Siß hat und an dessen Spiße ein Staatssekretär steht.

8. 4, Die Anordnungen und Verfügungen, welcbe ver Galle It Le Un M S L eal ten Auftrags trifft, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Staatssekretärs, welher dadurch die Verant- wortlihkeit übernimmt. In den im §. 2 bezeichneten Angelegen“ heiten hat der Staatssekretär die Nehte und die Verantwortlichkeit eines Stellvertreters des Statthalters in dem Umfange, wie ein dem Reicbskanzler nach Maßgabe des Gesetßes vom 17. März 1878 (Reichs8-Geseßblatt S. 7) substituirter Stellvertreter sie hat. Dem Statthalter ist vorbehalten, jede in diesen Bereich fallende Amts- handlung felbst vorzunehmen. wurden ohne Debatte angenommen :

BU S 9: : Das Ministerium für Elsaß-Lothringen zerfällt in Abthei- ungen.

An der Spitze jeder Abtheilung stebt ein Unter-Staatt sekretär und unter diesem die erforderliche Zahl von Direktoren, Räthen und Beamten. Der dem Dienstalter nah älteste Unter-Staats- sekretär hat den Staatssekretär in Behinderungsfällen zu vertreten. Das Nâhere über die Organisation des Ministeriums wird dur Kaiserliche Verordnung bestimmt. beantragten die Abgg. von Puttkamer (Löwenberg) und von Kleist-Reßow folgende Fassung:

„Das Ministerium für Elsaß-Lothringen zerfällt in Abthei- lungen. An der Spiße der Abtheilungen stehen Unter-Staats-

sekretäre. Der Staatssekretär kann selbst die Leitung einer Ab- theilung übernehmen. Das Nähere über die Organisation tes

Ministeriums wird durch Kaiserliche Verordnung bestimmt“,

während die Abgg. North, Dr. Back, Lorette, Schneegans den dritten Saß des §. 5 der Vorlage: „Der vertreten“ gestrichen wissen wollten. z

Der Abg. von Schlieckmann beantragte, den dritten Saß des Antrages von Puttkamer wie folgt zu fassen: „Dem eint fann die Leitung einer Abtbeilung übertragen werden.“

Nachdem der Abg. North sein Amendement zu Gunsten des Antrages von Schliemann zurücckgezogen, erklärte der Abg. von Kleist-Reßow, die Bestimmung in der Vorlage, daß unter dem Unter-Staatssekretär die erforderliche Zahl von Direktoren, Räthen und Beamten stehen solle, fei legislatorisch überflüssig. Jn einem Geseß solle aber nur stehen, was nothwendig sei, niht was sih von felbst verstehe. Außerdem aber müsse au die Freiheit gewahrt sein, daß ein Unter- Staatssekretär zwei Abtheilungen verwalten könne, wenn das in dem kleinen Lande sich als möglih oder nüßlich erweise. Das würde dULO die (von hm vorges(lagene Fassung ermögliht werden, während diese Möglichkeit durh die Fassung der Regierungsvorlage ausgeschlossen werde. Kultus und Unterricht in einer Hand zu ver- einigen, das müsse, wenn es augenblicklich noch nicht mögli sei, entschieden die Hauptaufgabe für die Zukunft sein. Der Kirche müsse der ihr gebührende Einfluß auf die Shule wieder verschafft werden. Die Schule gehöre der Kirche ebenso wie dem Staate und der Familie; diese drei Faktoren müßten Hand in Hand gehen. Wenn vorläufig Kultus und Unter- riht zwei verschiedene Abtheilungen bilden müßten, dann würde wenigstens, wenn das Haus seinen Antrag annehme, am leichtesten die Möglichkeit gegeben, der Kirche den ihr ge- bührenden Einfluß wieder zu sichern und für den Frieden zwischen Staat und Kirche Bedeutendes beizutragen. Viit dem Unterantrage von Schlieckmann erkläre er sih seinerseits einverstanden. ;

Der Bundesbevollmächtigte Unter-Staatssekretär Herzog erklärte sich mit dem Antrage einverstanden; die Errichtung einer vierten Abtheilung für Gewerbe, Landwirthschaft und öffentlihe Arbeiten entspreche einem Wunsche der Bevölkerung und werde auch von der Reichsregierung baldigst in Angriff genommen werden.

Der Abg. Dr. Neichensperger (Crefeld) ersuchte den Abg. von Kleist-Reßow, bei seinen Gesinnungsgcnossen im preu- ßischen Abgeordnetenhause dahin zu wirken, daß in Preußen die seinen Wünschen g entgegengeseßte Praxis geändert werde, welche E au auf dem Gebiete des reihsländischen Schulwesens befolgt worden sei. E

Der Abg. Windthorst erklärte, daß er nur mit Rücksicht auf die Motivirung des Antrages Puttkammer für denselben stimmen werde.

Darauf wurde §. 5 mit den Amendements von Putt- famer und von Schlielmann angenommen.

8. 6 lautet: : Der Staatssekretär, die Unter-Staatssek-etäre, die Direk- toren und die Räthe des Ministeriums werden vom Kaiser unter Gegenzeilßnung des Statthalters, die übrigen höheren Be- amten des Ministeriums werden vom Statthalter, die Subaltern- und Unterbeamten vom Staatsfekretär ernannt. 4 : Nuf den Staatssekretär, die Unter-Staatssekretäre und die Ministerial-Direktoren finden die Bestimmungen der S8. 25, 35 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 (Geseßblatt für Elsaß-Lothringen S. 479) Anwendung. | Sämmtliche Beamte des Ministeriums sind Landesbeamte im Sinne des die Rechtsverhältnisse der Beamten und Lehrer be- treffenden Geseßes vom 23. Dezember 1873 (Geseßblatt für Elfaß- Lothringen S. 479). Dazu beantragte der Abg. North, den Anfang des Abs. 2 zu fassen: „Auf den Staatssekretär und die Unter-Staats-

sekretäre finden die Bestimmungen u. wf

Das Amendement, welches die Ministerialdirektoren aus- scheidet, wurde nah Begründung desselben durch den Antrag- steller und nahdem auch Unter-Staatssekretär Herzog für dessen Annahme als eine Konsequenz der zu §8. 5 gefaßten Beschlüsse erklärt hatte, ohne weitere Debatte angenommen.

¿7 lautet:

j ur Vertretung der Vorlagen aus dem Bereiche der Lan- E sowie der Interessen Elsaß - Lothringens bei Gegenständen der Reich8geseßgebung können durch den Statthalter Kommissare in den Bundesrath abgeordnet werden, welche an dessen Berathungen über diese Angelegenheiten Theil nehmen.

Der Abg. Hoffmann bemerkte, die dem Reichstag analoge, einem Herrenhause ähnlihe Stellung des Bundesraths sei keine glücklihe, er hoffe, daß gerade die verfehlte Stellung der reihsländishen Kommissarien bei demselben dazu beitragen werde, dieses unerwünshte Verhältniß ganz zu beseitigen. Den reichsländishen Kommissarien anstatt des konsultativen ein dezisives Votum zu geben, sei allerdings augenblicklih nit angängig, weil dadurh das Stimn:enverhältniß im Bundesrath alterirt würde. Dagegen verdiene die ursprüng- liche Absicht des Reichskanzlers, diese Kommissarien anstatt vom Statthalter vom Landesausshuß ernennen zu lassen, mehr Beachtung, wenn auch der Abg. Windthorst darin ein demo- kratisches Prinzip sehe.

8. 7 wurde darauf unverändert nah der Regierungs- vorlage angenommen, ebenso 8. 8, welcher lautet : 7

8, 8. Die in den 8. 5, 39, 52 und 68 des vorerwähn- ten Geseßes vom 31. März 1873 bezeichneten Befugnisse des Bundesraths gehen bezüglich der Landesbeamten auf das Ministerium über. Auch bedarf es der Zustimmung des Bundesrathz, welche in §. 18 desselben Gesetzes, sowie in §. 2 des die Kautionen der Beamten des Staates, der Gemeinden und der öffentlihen Anstalten betreffenden Geseßes vom 15. Oktober 1873 (Geseßblatt für Elsaß - Lothringen S. 273) vorgesehen ift, fortan nicht mehr.

Zu §. 9, welcher lautet : :

Es wird ein Staatsrath eingeseßt, welcher berufen ift zur Begutachtung: 1) der Entwürfe zu Gesehen, 2) der zur Aus: führung von Geseßen zu erlassenden allgemeinen Verordnungen, 3) anderer Angelegenheiten, welhe ihm vom Statthalter überwiesen werden. N

beantragten die Abg. North und Gen. einen Zusaß des Jn- halts: „Durch die Landesgeseßzgebung können dem Staatsrath auch andere, insbesondere beshließende Funktionen übertragen

werden.“ E i Die Debatte wurde zugleich eröffnet über die §8. 10 und 11, diese lauten :

8& 19, Der Staatsrath besteht unter dem Vorsiße des Statt- balters aus folgenten Mitgliedern: 1) dem Staatssekretär, 2) den Unter-Staatssekretären, 3) dem Präsidenten des Ober-Landesgerichts und dem ersten Beamten der Staatsanwaltschaft bei diesem Gerichte, 4) aht Mitgliedern, welche der Kaiser ernennt. Von den unter 4) bezeichneten Mitgliedern werden drei auf den Vorschlag des Lan- desaus\chu}ses crnannt, die übrigen fünf, von denen mindestens eines dem Richterstande und eines den ordentlichen Professoren der

Kaiser Wilhelms-Universität zu Straßburg angehören muß, beruft der Kaiser aus Allerböchstem Vertrauen. Die Ernennung erfolgt jedesmal auf drei Jahre. Im Vorsiße des Staatsraths wird der Statthalter im Behinderungsfalle durch den Staatssekretär ver- treten. Die Geschäftêorduung des Staatsraths wird vom Kaiser feftgestellt. : E i:

8. 11. Die Mitglieder des Kaiserlihen Raths in Elsaß- Lothringen (§8. 8 des Geseßes vom 30. Dezember 1871) werden bis auf ARe Nes in der Zahl von zehn durch Kaiserlihe Verordnung ernannt.

Die Abgg. Heckmann-Stinßy, Kablé, Winter u. Gen. beantragten zu 8. 10, 9 vom Kaiser zu ernennende Mitglieder in den Staatsrath delegiren, von denen 5 durch den Landes- aus\{chGuß vorzuschlagen sind, die übrigen 4 aus Allerhöchstem Vertrauen berufen werden sollen.

Für §8. 11 s{lugen dieselben Abgeordneten folgende Fas- sung vor: /

„Die Mitglieder des Kaiserlichen Raths in Elsaß-Lothringen (§. 8 des Geseßes vom 30. Dezember 1871) werden bis auf Wei- teres in der Zahl von Zehn durch Kaiserlihe Verordnung ernannt. Sie können zuglei Mitglieder des Staatsrathes sein, dürfen jedo in keinem Falle daneben ein besoldetes Amt der höheren Verwaltung der Reichélande bekleiden.“

Die Abgg. North und Genossen beantragten zu §. 10: Die Ziffer 4 zu fassen: „4. aht bis zwölf Mitglieder, welche der Kaiser ernennt“, und den folgenden Saß: „Von den unter 4 bezeihneten Mitgliedern werden drei auf den Vorschlag des Landesaus\hu}ses ernannt, die Übrigen beruft der Kaiser aus Allerhöchstem Vertrauen. Die Ernennung erfolgt jedesmal auf drei Jahre“

Der Abg. North bemerkte, sein Antrag bezwecke nament- li, daß der Staatsrath die Funktionen des Ober-Verwaltungs- gerichts übernehmen könne, da er ihm diese Befugniß nicht durch die Landesgeseßgebung beilegen könne. Für die ver- mehrten Funktionen sei aber auch eine Vermehrung der Mit- gliederanzahl nothwendig. Da Handel und Fndustrie nicht vertreten sein müßten, sei es auch nicht nöthig, daß der Richter- und Professorenstand vertreten sein sollten. Der Staatsrath werde dem Bundesrathe gegenüber künstig die Aufgaben zu erfüllen haben, die bisher der Landesausshuß zu erfüllen gehabt habe. i

Der Abg. von Puttkamer (Löwenberg) empfahl die An- träge des Abg. North, da auch er es für zweifelhaft halte, ob durch die Landesgeseßgebung dem Staatsrathe die Funktionen des Ober-Verwaltungs- und Kompetenzgerichtshofs übertragen werden könnten. Auch ex halte eine Einshränkung des Kaiser- lichen Willens bezüglih der Wahl der Mitglieder für un- zweckmäßig. :

Der Abg. Winterer bemerkte, der Staatsrath entspreche nicht, wie derselbe sollte, dem französischen conseil d’état, dessen wesentliche Aufgabe Schuß gegen Machtüberschreitung der Be- hörden jeder Art sei. Dieser Schutz bestehe in der Möglichkeit der Vernichtung der betreffenden Beschlüsse und Verfügungen. Der Beschwerdeweg, wie er jeßt bestehe, shüße nicht, da meist einfah auf den Bericht der Behörde, gegen welche die Be- schwerde gerichtet sei, entschieden werde. Dieser Staatsrath werde es nicht besser machen, da in ihm Mitglieder der Ver- waltungsbehörde die hervorragendste Stellung haben würden, also Richter in der eigenen Sache seien. Diese höchsten Be-

ainten hätten bereits zwei Geseße eingebraht, welche im Landesaus\{huß gar keinen Anklang fänden, dieselben würden also auch als C ie nicht «die nöthige Einsicht in die Be- dürfnisse des Landes haben. : /

Der Unter-Staatssekretär Herzog erwiderte, die Regierung sei mit den Anträgen des Abg. North einverstanden. Sie habe geglaubt, daß im Anschluß an den Staatsrath ein Verwaltungs- gerihtshof höchster Fnstanz einzurichten fein werde, der an die Stelle des gegenwärtigen „Kaiserlihen Raths“ treten solle und dem die Entscheidung der Kompetenzkonflikte zu über- tragen sein würde. Obgleich die Regierung diese Jnstitution erst ins Leben treten lassen könne, wenn der Staatsrath selbst eingerichtet und befestigt sei, sei es doch gut, hon jeßt durch das Reichsgesey diese Entwickelung zu ermöglichen. Zur Schaffung einer FJnstitution mit den Kompetenzen des französishen Conseil d'état fehle es absolut an den Elementen. Für einen wichtigen und wesentlichen Theil der Funktionen des Staatsraths jei der Kaiserlihe Rath einge- sett; derselbe sei die zweite JFnstanz in Verwaltungsstreitig- feiten. Dadurch sei derselbe aber nicht Richter in der eigenen Sache, da nicht dieselben Beamten in der zweiten Jnstanz ent- schieden, welche die Entscheidung in erster Jnstanz getroffen hätten. Troßdem betrachte die Regierung den Kaiserlichen Nath nur als einen Nothbehelf, und die wichtigste Ausgabe des Ministeriums in Elsaß-Lothringen würde sein, die Jn- stitution e, welche den Kaiserlihen Nath erseßen solle. Er glaube schließlih, daß es besser sei, dem Kaiser in der Wahl der Mitglieder keine Schranken zu ziehen. :

Der Abg. Windthorst erklärte, er freue sich, daß der Kaiser- liche Rath nur als eine vorübergehende Jnstitution angesehen werde, er sei mit der Tendenz der gestellten Anträge einverstan- den. So große Kompetenzen, wie sie der französische conseil d’êtat habe, könnten dem Staatsrath nah seiner ganzen Einrichtung nit beigelegt werden. Er hoffe, daß man aus ihm einen obersten Verwaltungsgerihtshof bilden werde. Die Stellung, welche der Over-Staatsanwalt nah den neuen Prozeßgeseßen ein- nehme, befähige ihn seines Erachtens nicht zur Mitgliedschaft des Staatsraths. Es sei gut, wenn eine möglichst große Anzahl Mitglieder des Staatsraths durch den Landes- aus\{chuß vorgeschlagen werde, damit möglichst viele Eingeborene

des Landes in denselben kämen. Hoffentlih werde der Kaiser nur cingeborene Elsaß-Lothringer zu Mitgliedern des Staats- raths ernennen. :

Unter Ablehnung der Anträge Heckmann-Stinßy wurden die 88. 9 und 10 mit den Amendements des Abg. North und 8. 11 nah der Regierungsvorlage angenommen.

§8. 12—13, welche lauten : :

8. 12, Die Zahl der Mitglieder des Landesausschusses wird auf ahtundfünfzig erhöht. Von den Mitgliedern werden vierund- dretßig nah Maßgabe der in dem Kaiserlihen Erlaß vom 29, Dfk- tober 1874 getroffenen Bestimmungen durh die Bezirkstage, und zwar zehn durch den Bezirkstag des Ober-Elsaß, elf durch den Bezirkstag von Lothringen, dreizehn durÞ den Bezirkstag des Unter-Elsaß gewählt. Die Wahl von Stellvertretern findet ferner nicht statt. i : /

8. 13, Von den übrigen vierundzwanzig Mitgliedern werden je eines in den Gemeinden Straßburg, Mülhausen, Mey und Colmar, zwanzig von den zwanzig Landkreisen, in den Kr:isen Mül- hausen und Colmar unter Ausscheidung der gleichnamigen Stadt- gemeinde, gewählt. :

wurden ohne Debatte genehmigt. N Die 88. 14—17 wurden in der Diskussion zusammen-

gefaßt. Sie lauten nah der Regierungsvorlage:

8, 14, Die Abgeordneten von Straßburg, Mülhausen, Meß

Q SSar werden von den Gemeinde1äthen aus deren Mitte

ewählt.

s & 15. Die Wahl in den Kreisen wird derart vorgenommen, daß die Gemeinderäthe aus ihren Mitgliedern, in Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern einen Wahlmann, in Gemeinden mit über 1000 Einwohnern für je volle 1000 Einwohner mehr einen Wahlmann mehr wählen. Die Wahlmänner jedes Kreises wählen den Abgeordneten desselben. Wählbar zum Abgeordneten ist, wer das aftive Gemeindewahlrecht besißt und im Be- zirke seinen Wohnsiß hat. Die Wahlen der Wahlmänner und der Abgeordneten geschehen in geheimer Abstimmung auf drei Jabre. Das Recht des Wahlmannes, sowie der von den Gemeinderäthen unmittelbar gewählten Abgeordneten erlisht mit der Mitgliedschaft im Gemeinderath. Die Wahlen der Abgeordneten werden inner- halb vier Wochen na der Wahl der Wahlmännec vorgenommen.

8. 16. In Gemeinden, deren Gemeinderath suspendirt oder aufgelöst ist, ruht das Wahlrecht.

8, 17. Die näheren Bestimmungen über die Ausführung der Wahlen werden durch Kaiserliche Verordnung getroffen.

Die Abgg. Winterer, Jaunez und Genossen s{hlugen einen anderen Wahlmodus vor:

8, 14. Die Wahl der vierundzwanzig hinzutretenden Mit- glieder erfolgt durch indirekte Wahlen in folgender Weise. In Gemeinden von weniger als 500Seelen wählen die zur Gemeinde- wahl berechtigten Urwähler einen Wahlmann aus ihrer Mitte. In Gemeinden mit über 500 Seelen wird für je volle 500 Seelen cin Wahlmann mehr gewählt. Die Abgeordneten vo1 Straßburg, Mülhausen, Met und Colmar werden von den Wahlmännern dieser Gemeinden, die Abgeordneten jedes Kreises von den Wahlmännern dieses Kreises gewählt. Die Wahlen der Wahlmänner und der Abgeordneten geschehen in geheimer Abstimmung auf drei Jahre. Die Wahlen der Abgeordneten werden innerhalb vier Wochen nah der Wahl der Wahlmänner vorgenommen.

8. 15. Wählbar zum Abgeordneten ist, wer das obige Ge- E besißt und in Elsaß-Lothringen seinen Wohn- hat.

Außerdem beantragten die genannten Abgeordneten Un- verantwortlihkeit der Mitglieder des Landesausschusses für die in Ausübung ihrer Funktionen gethanen Aeußerungen, Oeffent- lichkeit der Verhandlungen unv Zulässigkeit wahrheitsgetreuer Berichte über dieselben.

Vom Abg. von Puttkamer (Löwenberg) lag ein Antrag auf bessere redaktionelle Fassung der §8. 14 und 15 vor.

Der Abg. Schneegans begrüßte es mit Freuden, daß die Abgg. Winterer und Genossen, die sih bisher immer gegen indirekte und für direkte Wahlen erklärt hätten, doch endlich auf denselben Weg gekommen seien ; er bitte aber, alle An- träge abzulehnen und die unveränderte Regierungsvorlage anzunehmen, die in weit größerem Maße den lokalen Be- dürfnissen des Reichslandes gerecht werde, als es irgend einer der vorliegenden Anträge thue. Er wünsche von der NRegie- rung Auskunft über die Wählbarkeit resp. Nichtwählbarkeit der höheren Beamten zu dem Landesausschusse.

Der Abg. Winterer bemängelte die komplizirte Art, wie die Wahlen zum Landesausschusse organisirt seien, so daß im Ganzen drei verschiedene Wahlmethoden sih ergäben. Der ganze komplizirte Mehanismus werde eher den Erfolg haben, die der Regierung unbequemen Elemente zu beseitigen, als der Meinung des Landes zum Ausdruck zu helfen. Weshalb solle denn Straßburg, die Residenz des Statthalters, keinen eigenen Vertreter erhalten? Weshalb follten die Städte anders wählen als das Land? Allen diesen durh nichts motivirten Anomalien werde sein (des NRed- ners) Antrag abhelfen, dessen Annahme er dem Hause empfehle. Wenn aber nach dem Regierungsvorschlage die politischen Gegensäße in die Gemeinderäthe aus Anlaß der Wahlen hineingetragen würden, so werde das wesentlih dazu beitragen, die für kommunale Angelegenheiten geschaffene Fn- stitution der Gemeinderäthe zu ruiniren. Gleichwohl aber könne er sih der Befürchtung nicht entshlagen, es werde seinen Anträgen hier nicht besser ergehen, wie den Kablé'’shen An- trägen vorher. .

Der Unter-Staatssekretär Herzog bezeichnete das Amende- ment Winterer als absolut unannehmbar; seine Annahme würde das Scheitern des Geseßes bedeuten. Doch sei dies nicht zu befürhten, da die Ausführungen des Vorredners \{chwerlich auf das Haus einen überzeugenden Eindruck gemacht haben würden. :

Die Diskussion wurde geschlossen und §8. 14—17 nah der Regierungsvorlage angenommen.

Zu 8. 18, welcher lautet :

8, 18. Die nach 88. 13 bis 17 gewählten Abgeordneten haben, insofern sie noch nicht vereidet sind, bei ihrem Eintritt in den Landesaus\{chuß den gleichen Cid zu leisten, wie die Mitglieder der Bezirkstage. Die Ausübung des Mandats wird durch die Leistung des Eides bedingt. : : :

beantragte der Abg. Schmitt-Batiston eine Bestimmung, wo-

nah von den Mitgliedern des Landesausschusses die Leistung

eines Eides als Bedingung des Eintritts nicht verlangt wer- den solle. :

Der Unter-Staatssekretär Herzog bat, den Antrag abzu- lehnen. Ein Mitglied, das den fraglihen Eid verweigere, ver- lasse damit die Basis, die bei allen Mitgliedern des Landes- ausschusses unbeschadet der politischen 2c, Gegensäße gemein- sam vorausgeseßt werden müsse. Ohne diese Basis sei die Mitwirkung des Betreffenden an der Geseßgebung nicht thunlich.

Der Antrag wurde abgelehnt, die §8. 18—23, welche lauten :

8, 19, Der Kaiser kann den Landesausschuß vertagen oder auflösen. Die Auflösung des Landesausschusses zieht die Uuf- lösung der Bezirkstage nah sich. Die Neuwahlen zu den Bezirks- tagen haben 1n einem solchen Falle innerhalb dreier Monate, die Neuwahlen zu dem Landesaus\chuß innerhalb sech8 Monaten nah dem Tage der Auflösungsverordnung stattzufinden. i

8. 20. Die Mitglieder des Ministeriums und die zu deren Vertretung abgeordneten Beamten haben das Recht, bei den Ver- handlungen des Landesausschufses, sowie in dessen Abtheilungen und Kommissionen gegenwärtig zu sein. Sie müssen auf ihr Ver- langen jederzeit gehört werden. :

8, 21, Der Landezaus\huß erhält das Ret, innerhalb des Bereiches der Landesgeseßgebung Geseye vorzuschlagen und an ihn gerichtete Petitionen dem Minijterium zu überweisen.

Im Uebrigen bleiben die in dem Gesetze, betreffend die Landes- geseßgebung in Elsaß - Lothringer, vom 2. Mai 1877 (Reichs- Geseßzbl. S. 491), sowie die im §. 8 des Gesehes, betreffend die Einführung der Reichsverfassung in Elsaß-Lothringen, vom 25. Suni 1873 (ebendaselbst S. 161) getroffenen Bestimmungen in

Geltung. :

8. 22. Das Geseyblatt für Elsaß-Lothringen Geseß vom 3. Juli 1871 (Geseßblatt für Elsaß-Lothringen S. 2) wird vom Ministerium in Straßburg herausgegeben. Die im §. 2 des erwähnten Gesetzes bezeichnete vierzehntägige Frist beginnt mit dem Ablaufe des Tages, an welchem das betreffende Stück des Gefey- blattes in Straßburg ausgegeben worden ist.