1902 / 58 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Mar 1902 18:00:01 GMT) scan diff

Diese Mehreinfuhr an Getreide hat mit dem 31. März natürli noch nicht ihr Ende erreicht, sondern wird und muß si bis zur neuen Ernte fortseßen. Diese Wirkung hat auch Freiherr von Thielmann \{hon bei der Vorlegung des Etats anerkannt. Die Kommission lehnte den Antrag auf Erhöhung um 49%/% des Anschlags, das heißt um 20 Millionen, ab, nahm aber den auf Erhöhung um 12 Millionen an. Der Etatsanschlag für 1902 würde um nicht weniger als

183 Millionen zuückbleiben hinter den wirklihen Einnahmen des Etats- jahres 1901.

Abg. Büsing (nl.): Die Absicht der vorgeschlagenen Er- böbung ist doch, die Zuschußanleihe zu beseitigen. Um diesen Zweck zu erreichen, kann man ebenso gut die Matrikularbeiträge erhöhen. Die bisherige Schablone ist die Anschlagsberechnung der Zölle nah dem Durchschnitt der leßten 24 Monate, ter Getreidezölle nach dem Durchschnitt der leßten 3 Jahre. Ohne zwingende Noth soll man diese Schablone niht verlassen. Das einmalige Vorkommen sehr günstiger Einnahmen in einigen Monaten aus den Getreidezöllen kann unmögli zu einer solchen Aenderung der Schäßung ausreichen; es könnten ja schon die ge- ringeren Einnahmen aus anderen Monaten in derselben T R PE e den Uebershuß wieder ausgleichen. Das große Risiko des Mebreinganges von 12 Millionen können wir nicht übernehmen; tritt die Erhöhung nit ein, so kommen die Einzelstaaten mit ihren Budgets in die allergrößte Verlegenheit. Da eine folche Erhöhung un- zulässig sei, sage ih nit, aber unbedenklich ift sie unter den gegebenen Verhältnissen au nicht. berufe mich für meinen Standpunkt auf die Autorität des Abg. Lieber, der i. J 1895 gegen einen gleich- artigen Antrag Nichter auf Erhöhung der Einnahmen aus der Zuer- steuer auch staatsrechtlihe Bedenken geltend machte gegen ein Verfahren, zuerst die Ausgaben herabzuseßen und dann auch no die Einnahmen zu erhöhen. Es würde do empfehlenswerther sein, die Zushuß-Anleihe in Höhe dieser 12 Millionen în den Etat einzusezen, aber den Vor- p E UTORED daß sie sih um die etwaige Mehreinnahme aus den Zöllen von felbst vermindern solle.

_ Staatssekretär Thielmann:

Meine Herren! Sie wissen aus früheren Ausführungen von mir, daß ich persönlih durchaus auf dem Standpunkt stehe, den der Herr Abg. Büsing Ihnen foeben entwickelt hat. Jch halte dafür, daß für die Veranschlagung der Einnahmen ein fester, gleihbleibender Maß- stab, nennen Sie es meinetwegen eine Schablone, das bei weitem beste is. Will man jedes Jahr oder wenigstens nach Verlauf weniger Jahre von den Grundsäßen der Veranschlagung abgehen, so bringt man damit ein Element großer Unsicherheit in den ganzen Etat binein. Aus den Einzelheiten des Vortrags des Herrn Abg. Richter als Referent werden Sie ersehen haben, daß eine Möglichkeit und ein gewisser Grad der Wahrscheinlichkeit allerdings dafür vorliegen, daß die Zolleinnahme im Jahre 1902 den Etatsanschlag um eine runde Anzabl von Millionen übersteigen wird, aber andererseits ist Jhnen nicht unbekannt, daß bei einer anderenSteuer, bei der Zukersteuer, die Wahr- scheinlihkeit genau für das Entgegengeseßte spriht, und daß infolge der großen Ausfuhrzus{hüsse der Gesammtertrag der Zuckersteuer er- beblih unter dem Etatsanschlag bleiben wird. Im ersteren Falle, dem der Zölle, hat die Budgetkommission nun beschlossen, die 12 Millionen zuzusezen. Im anderen Falle, bei der Zuersteuer, hat sie dagegen nicht einen entsprehenden Bes{hluß für die Herabseßung des Etatsanschlags gefaßt. Sie ist \sich also niht fonsequent geblieben: Nun wissen Sie ferner aus meinen früheren Ausführungen, daß es für die Buntdes- staaten sehr s{chwer werden wird, nicht allein die 24 Millionen an ungedecktem Matrikularbeitrage, die bereits im Etat stehen, auf

zu nehmen, sondern überdies noch, wie der Herr Abg. Büsing reffend ausführte, das ganze Risiko zu tragen, daß 12 Millionen erhöhten Zollgefälle eingeben werden.

Andererseits aber sind die verbündeten Regierungen na Kenntniß nabme von dem, w un, zu dem {lui der

des Reichs - Schagamis Freiherr von

ff die um s in der Kommission für und wider gesagt worden Sébluß gekommen, daß der Unterschied wischen dem Be- Kommission, wonach 12 Millionen tem Herrn Abg. Büsing die Zuseßung der 12

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soeben sfizzierten Millionen nit Klausel dabin

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day etwaige Mehreinnahmen | rbleibenden Reste ter Zus{ukßanleibe abe | beiden |

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n, daz alio der Untershied zwischen

fein so {wer ins Gewicht fallender ist

Regierungen in diesem Falle dem Antrag der Kommission,

binter welhem eine g Anzabl der Meichstagämitalieder und

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daß die ver

die widersprechen sollten. falls das bobe Haus

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werden fi deébalb ratifizigrt

das diese 12 Millionen

A F Ii S F a damit einveritanden erflären ee b

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on Waldow und Neitenstein (d. kon! Hâtte die bébung der Zolleinnabmen innere Berechtigung, so würte tk taatésefretär den Etat schon bei der Vorlegung ent’precend gestaltet j Immerbin wird vielleicht cin Theil der a hätten Mehr- nabmen wirkli eingehen; aber cs werden au entsprehende Aus- ¡lle « o dei der Zuckersteuer und bei den industriellen Zöllen Nah der Mittheilung des Statistischen Amts bat die Einfubr von Ne

en seit 1899 erbeblih abgenommen, nämli um 44 Millionen Dor jentner, glei einem Ausfall an Zoll von über 44 Millio

rden erhöhte Matrikularbeiträge die Folge sein

für die Einzelstaaten sub noch steigern v Sutanleibe ift in fie do cinem solben Nisifc Der Vorlag B würde ebenfalls fie

t der Kommission erreichen wollte

Aba. Sveck (Zentr e

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Ÿ itritien. Diese Matmahen die Finormilage i eine wil fortdauernde Ausgaben Ie. Lieber hat I 1995 ¿ber unser Kollege Müller-Ful witerpreoSben und il fle t thédung der 2 uereinn3br eingetreten, und der Erfolg hat Herrn Möller-Fulda Recht Den Weg der Zuschußanlcihe gehen wir nicht ß fie im tabre wiederfehren wird, soll ; ins nur mit dem gegenwärtigen Etat u {k Ia ten Teyten Monaten haben wir lhatiächlih cin Einhalten des wirthschaftlichen

iedergangs zu verzeichnen, und wenn nit alle Aozeichen trügen witd ter Tietpunkt des Nieterganges schon überschritten sein. Das zeoe Nisilo, welhes die Einzelstaaten auf sub abt hinwegzoleuganen, aber es hattet garniébis aaten auf diese rigen Antrèngen auf Mebrautgaben endlich fkemmen múüfen

Bei dec Abstimmung wird der Antraa der Kommission angenommen. Die Ueberweisungen an die Bundesstaaten müssen infolge dieses Beschlusses um 12 Millionen erhöht Deren

Der Fehlbetrag des Etatsjahres 1900 wird in Höhe von I 4275 A in die Autgade eingestellt

perbotrrekziert dicier Ansicht

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wir haben

wenn den Elimel-

binzugeseßt werden |

jenem bestebt noch fort

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e w (Gern ut be actubrt wird, wohin wir bei dem |

_ Desgleichen die Ausgabeposition von 10 039 100 für die Vervollständigung des deutschen Eisenbahnneßes im Jnter- esse der E RUnEE __ Die Einnahmen des Reichs aus dem Bankwesen sind im Etat mit 17 830 000 A ausgeworfen.

Abg. Dr. Arendt (Rp.) bedauert, daß der Jahresbericht der Nan noch nit vorliege, obwohl das Haus auf die rechtzeitige Vorlegung \tets und auch im vorigen Jahre wieder Peirungen habe. Jett müsse man die Position ohne diese Unterlage disfkfutieren, und das sei um so s{hwieriger, als zum ersten Male die Veranschlagung nach dem neuen Bankgeseß erfolgt sei. Es liege hier eine Ga des Reichstages vor. Jedes große Bankinstitut veröffentliche seine Berichte rechtzeitig Das Gesamnitergebniß sei ja längst kein Ge- heimniß mehr; in der Presse, die der Reichsbank nahe stehe, seien auch {on Schäßungen aufgestellt worden ; die „Frankfurter Zeitung“ habe 64 9/0 Dividende angegeben. Daraus scheine ih eine erheb- liche Verminderuug gegenüber dem Voranschlag zu ergeben. Eine Verminderung des Erträgnisses für das Reih würde jenen Recht geben, welche dem Reich bei der Berathung des Bankgesetzes eine höhere Betheiligung wünschten; eine andere Folge daraus würde erfreulicher sein, nämlich die Vérminderung des Zins- faßes. Die Reichsbankbeamten klagten über die Unzulänglichkeit der Gehaltssäße, fo die Pre bei der Hauptbank, die eine der wichtigsten Funktionen auszuüben hätten. Bei der Berathung des Bankasenes sei ein großes Entgegenkommen für die Anlage von Nebenstellen in kleineren Städten zugesagt worden. In Döbeln habe die Bank für eine solhe Stelle die greitasung von der Gemeindesteuer verlangt und erhalten; die Regierung habe aber diese Freistellung für un- geseßlich erklärt, und die Bank verlange nun von der Stadt Erfay. So tleinlid dürfe do die Reichsbank nicht vorgehen. Die von seiner (Redners) Partei befürwortete Erhöhung des Grundkapitals und die Erhöhung des Kontingents der Notensteuer hätten sich durhaus bewährt.

__Die Einnahmen werden unverändert angenommen, des- gleichen der besondere Beitrag von Elsaß - Lothringen mit 26 674 090 M, ebenso die Einnahmeposten zum Ausgleich für die niht allen Bundesstaaten gemeinsamen Einnahmen, die bayerischen Quoten und die außerordentlihen Deckungsmittel. Unter den leßteren kommt die außerordentliche Zuschußanleihe von 35 Millionen in Fortfall. Die definitive Feststellung der Ziffern für die Matrikularbeiträge und die ordentliche Anleihe bleibt vorbehalten.

_ Unter den außerordentlichen Deckungêmitteln ist neu ein- gestellt der Betrag von 32788000 ( „aus noch offen stehenden Krediten der Jahre 1900 und 1901, welche für die Expedition nah Ost-Asien bestimmt, aber nicht verausgabt sind“.

. Das Eltatsgeseß wird mit der Modifikation angenommen, daß die Ermächtigung des Reichskanzlers zur vorübergehenden Ausgabe von Schaganweisungen bis zu dem Betrage von 275 (statt 175) Millionen Mark erstreckt wird.

Damit is} die zweite Lesung des Reichshaushalts - Etats und die Tagesordnung erledigt.

_ Schluß 3/4 Uhr. Nächste Sizung Montag 1 Uhr. (Gejeß, betreffend den Schuß des Rothen Kreuzes; dritte Lesung des Etats.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten 42. Sißung vom 7. März 1902, 12 Uhr.

Zun erster und zweiter Berathung werden die Geseht- entwürfe, betreffend das Diensteinkommen der evange- lishen Pfarrer des Konsistorialbezirks Frankfurt a. M. und die Fürsorge für Wittwen und Waisen der evangelishen Geistlichen des Konsistorialbezirks Frankfurt a. M., nah kurzer Befürwortung durch die Abgg. Funck (fr. Volksp.), von Heimburg (konj.) und D)r. Porsch (Zentr.) angenommen.

Darauf wird die Berathung des Etats des Ministeriums der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-An- gelegenheiten bei dem Ausgabetitel „Gehalt des Ministers“ in Virbindung mit der des Antrages der Abgg. Kop\ch

| (fr. Volksp.) und Genossen auf Vornahme von Untersuchungen

uber die Ausführung des Lehrerbesoldungsgesehzes fortgeseßt Abg. von Knapp (nl.)“briíngt unter großer Unrube des Hauses die Berechtigung der Realgymnasial- und der Ober-Realschulabiturienten zum juristischen wie zum medizinishen Studium und die Neform des Unterrichtöwesens im allgemeinen zur Sprache. Andere Staaten, selbst Rußland, machten für böbere Lehrzwecke größere Auf- wendungen als Preußen. Abg. Dr. Dittrich die alten Beschwerden abgebolfen wirt

(Zentr.): Es ist mißlich, alle Jahre vorbringen zu müssen, obne daß: ibnen get Treydem können und wollen wir nit \{weigen. Wir verlar nich1s Neues, sondern nur die Wiederherstellung jenes Zustandes auf dem Gebiet der Kirhe und Schule, der ror dem Kultuckampf bestanden hat, wie es der Abg. Windtborst prâzifiert bat, als er sagte, der Staat müsse den verhängnifivollen Schritt, den er im Kulturkampf gemacht babe, wieder zurüdckthun. Die Kirche verlangt volle Freiheit ur Entwickeluna ibrer segenêreichen Thätigkeit eine freie Entfaltung der Kräfte, die in ihr ruhen. Der Adg. Friedberg meinte, daß îin anderen Ländern viel \{limmere Zu- stände bestehen. Was ist das für cin Trost für uns? Der gegenwärtige Kultus-Minister kann allerdings für das, was vor mebreren Jahren zeicheben ist, niht verantwortlih gemabt werden Der Minister wird sich der Verpflichtung nicht entzichen können, die leyten Trümmer des Kulturkampfs wegzu- raumen. (s fommt nicht darauf an, was der frühere Kultus-Minister 4 über die Kulturkampfgesehe gesogt hat; die Hauptsache ist, daf der jetzige Kultus-Minister eiwas thut. Die Ungaleichbeiten in der Bedbantlung der fatholishen Krankenschwestern gegenüber den Viakonissinnen werden wir immer als eine Unacrecbtiakeit beicichnen verlangen Stehen niht au die evangelischen

in einer gewissen organisden Verbindung und find

eistlichen Oberen nicht ncch mehr abhängig als die

Gewiß wird den katholischen Krankenschwestern aegen-

uber das Geseh angewandt, aber was ist das für ein Gese, welches ihre hei Thätigkeit unterbindet! Ob bio Diakoni'finnen etner Konzessionsertheilung garnicht bedürfen, wie der Minister meinte erihcint mir sehr zweifelhaft ; bedürfen sie aber in der That keiner Dieparität nur um so größer. Der Einfluß der Kirche auf die Erziehung und Bildung der Jugend wird immer mehr eingeschränkt. Um maklole Ansprüche der Kirche handelt es ih nicht

ibnen

Forderungen stellen wollten. Davon kann um fo

sein, als mittelalterlihe Voraubssehungen nicht bestehen und nicht be- steben wetten

worden, empfabl ein TInguisition

p S F: L Scheiter bauten Ursache tes Kulturkauwfes war nicht das Unfeblbarfeitétogma. sondern

protestantisher 2 beo Die fatholli{ch Eewortenen wurden

| das Bestreben, die Staatshoheit wieterom ter katholischen Kirche gegenüber

geltend zu machen. Wir fordern weiter nichis, als tah die Kirche in der Schule die Stellang einnimmt, die ibr von Gottes und Rechts we

en tufommt ; denn die Religion muß bei der Erzichung die eríte Relle ivielen

Darom verlangen wir mit den Konservativen, die Kreis-Scbulinivektion |

im Nebenamte. bie Sons stlicher Schuliaspektoren oder rern das nici möglich fi bie Aotiella tefeneller Hot l die hohe

Ader manches von | | wiederdolt zitiert

| das do ganz überflüssig gewesen; dann mußte er ih an die be-

io i Tie F | liches Glied in dem gesammten Organismus der katholischen Kirche | bilden / Der Abga. Frietbera kann | | von der veralteten Anschauung nicht lassen, als ob wir mittelalterliche weniger die Rede | i D | weil sie als UVrden und damit als Theile der organisierten Kirche von Als im 17 Zohrhuadert evangelische Christen latholisch | der staatlichen Kirchenhohbeit

oge die Einfüdbrunga dex |

iwar nit auf den | gebracht, ader eingelerfert und des Landes verwiesen. Die |

| eialgungen fut Ï tater pi

* von ZSchalinspeftoten nah fon- | Ute der prewßischen Scholle oicht |

erreiht worden unter der geistlichen Juspektion ? Gewiß verl die jeßige Kreis-S ulinspektton eine volle Kraft ; aber das Tine

daher, daß die Bezirke zu groß sind. Man verkleinere die Bezirke, und eg

genügt ein halbes Mäß an Kraft. Für die katholishe Schule katholi und für die evanglihe Shhule evangelishe Schulinspektoren! (ufe even der Kreis-Schulinspektoren dur verschiedene Kreise, wie Herr riedberg meint, würde dazu nicht nöthig sein. Den größten Werth E wir auch auf die geistlihe Orts-Schulinspektion. Der rts8-Schul, infpeïtor kann täglih in lebendiger Weise auf die Schule einwirken, Ob das Nektorensystem alt oder neu ist, ist mir gleichgültig, jedenfalls ift die Unterstellung der Rektoren direkt unter die Kreis-Schulinspektic. nicht angebracht. Die Hauptsache ist die christlihe Erziehung der Jugend, und darum kann die Mitwirkung der geistlihen Orts. Schulinspektion garniht entbehrt werden. Die Regierung in Arnsberg hat es abgelehnt, für eine fatholishe Schule einen Orts-Schul- inspektor zu bestellen, mit der ausdrücklichen Begründung, e ein Rektor oder Hauptlehrer die Schule leiten soll, und hat den eist- lichen auf feine Mitwirkung in der Schuldeputation verwiesen. Ich sehe einen \roffen Konflikt zwischen der den Geistlichen einge- râumten Befugniß zur Ertheilung des Religionsunterrihts und der aaa diescs Unterrichts E einen Schulmann. Eine dauernde Ruhe in allen diesen Verhältnissen wird erst eintreten, wenn wir ein Volkss{hulgeseß haben. Dem Abg. Kopsch kann ih darin nur beistimmen, ‘daß die Ausführung des Lehrerbesoldungsgesetzes von 1897 in vielen Punkten der Absicht des Geseßes nicht ent. spricht. In Ostpreußen ist fast in allen Fällen das Grundgehalt im Widerspruch mit dem Geseg auf 900 4 festgeseßt worden, während nah dem Gesetz dieser Betrag nur eine Ausnahme bilden sollte. Mit Nüfsiht auf die Erklärung des Ministers ünd die Ausführungen aus dem Hause könnte aber Her Kopsch seinen Antxag zurückziehen. Die Herren Friedberg, von Zedliß und au der Minister wollen nur die äußeren Verhältnisse der Schule regeln ; damit können wir nicht zufrieden sein, und ih glaube, au die Mehr- heit der Konservativen niht. Obwohl die Regierung auf dem Stand- punkt steht, daß die Simultanschule nur eine Auéênabtiné sein soll, geht die Stadt Frankfurt a. M. in der Errichtung von Simultanschulen vor. Durch die Entscheidungen der Provinzialbehörden dürfen do niht die Absichten des Ministers illusorisch gemacht werden. Dabei ist ein ausreichender Neligionsunterriht nicht möglich.

Minister der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal: Angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Die Rede des Herrn Abg. Dr. Dittrich vertheilt, wie ih meine, aus inneren Gründen, die in der Person des Herrn Abgeordneten liegen und in der hingebenden Begeisterung für die ihm gestellten Aufgaben, Licht und Schatten in Bezug. auf das Verhältniß des Staats zur katholischen Kirche, in Bezug auf die sogenannte Kirchenpolitik des Staats und die Praxis der Unterrihtsverwaltung derartig ungleich, daß ih die Ausführungen niht unerwidert lassen kann.

Ich werde indessen heute niht auf alle Einzelheiten der Aus- führungen des Herrn Abgeordneten eingehen, weil ih Sie um Nachsicht bitten muß wegen meiner augenblicklihen Indisposition und ih Sie mit dem wenig angenehmen Organ, über das ih augenblicklich nur zu gebieten habe, möglichst verschonen mödhte.

Der Herr Abgeordnete hat vou Schwierigkeiten und Fesseln ge- sprochen, die der katholischen Kirche in ihrer freien Entwickelung -auf- erlegt seien; er hat weiter davon gesprochen, daß die katholischen Unter- thanen des Staats \ich nothwendig zurücksehnen müßten in die früheren Zustände, und hat endlich in Uebereinstimmung mit den Aus- führungen des Herrn Abg. Dauzenberg hervorgehoben, daß in den Katholiken ein dauerndes Gefühl der Erbitterung durch die Praris der Staatsregierung erzeugt werde. (Sehr rihtig! im Zentrum.)

Sie rufen: sehr rihtig! Ich bitte aber, in Betracht zu ziehen, daß es zwishen Staat und Kirche ein Grenzgebiet giebt, auf dem Reibungen unausbleiblih sind, und das nur bei einigermaßen gutem Willen von beiden Seiten \ich erträglih gestalten kann. Nur o kann der konfessionelle Frieden aufrecht erbalten werden. sih aber auf den Standpunkt stellen : lassen wir uns nicht gefallen, und auf der anderen Seite dadur das Echo in denselben Worten erwecken, so ist damit {on ein dauernder Konflikt gegeben. Jch babe in der vorjährigen und der diesjährigen Etatsberathung erklärt, daß ih den namenlosen Schwierig- keiten auf dem Gebiet der Kirchen- und Schulverwaltung nah Mög lihkeit gerecht werden und nach Möglichkeit ein friedliches Einver- nehmen herbeiführen will. JIch babe mein Wort gehalten, die Thatsachen sprechen dafür. Wenn ih als Minister mir selbst- verständlich gefallen lassen muß, bei allen meinen Maßnahmen, die ih in dem weiten Ressort zu treffen habe, entweder von der einen Seite oder von der anderen Seite, je nam der Ver- \{iedenartigkeit der Auffassungen, in der \{ärfsten Weise an- gegriffen zu werden, so darf ich mindestens, wenn auch nit Anerkennung, so doch Gerechtigkeit für mich in Anspru nebmen Wenn Sie auch das nicht wollen, so bitte i, wenigstens die That sachen reden zu lassen. Jh komme auf dieses Thema noch zurück.

Nun behauptet der Herr Abg. Dittrich, es wäre ganz irrelevant was frühere Minister behauptet oder gesagt oder versprochen bätten der gegenwärtige Zusland wäre der maßgebende. Dann frage id warum hat der Herr Abg. Dauzenberg neulich den Minister Bosse und geradezu gegen mih ausgespielt? Dann wär

Wenn Sie das kônuen wir nicht, das

stehenden Thatsachen halten. Der Herr Abg. Dittrib bat beut genau in derselden Weise agiert. Meine Herren, über den grund säylichen Unterschied zwischen Diakonissen und krankenpflegenden Orden der latholischen Kirche werden wir uns, glaube ih, nicht verständige föônnen. Das Thema kehrt alle Jahre bei den Etattberathunge wieder: es wird slels mil denselben Argumenten von Ihrer Seite ins Feld geführt. J bin aber, aleich wie mein Amte vorgänger, niht in der Lage, diese Parallele anzuerkennen. Da liegt s{on in der lirhlichen Organisation der Orden, in dem Umslande, daß die latholischen krankenpslezenden Orden ein wesent

acna 1

der lirhlichen Autorität unterstellt sind und demzufolge ganz beurtheilt werden müssen. Die Slaatsaussickt ergreift die lranfenpflegenden Orden nicht deshalb, weil sie Kranke pilegen, sondern

under

berührt werden. Wenn Sie mir nun daf die fatholishen franfenpslegeuden Orden vollsländig par mit den Dialonissen behandelt werden müssen, so muß ih dem entgegenhalten: die Diaklonissen legen kein Geluübte ab, ibre Ver- nichi Theile der organlsierten Kirdhe. Sie bedürfen

ihrer Bildung, zw hrer Exrlslenz elner besonderen Kon- teilen nidht

sagen

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(Séhloß ia der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage

zum Deulschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

58.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Auf cinem ganz andercn Gebiet liegt die Frage, ob sie, sobald sie eine unterrihtliche Thätigkeit entwickeln wollen, einer behördlichen Genehmigung unterstehen. Es ist gahz selbstverständlich, daß auf die Diakonissen genau die allgemeinen Bestimmungen angewendet werden, wie auf alle anderen Vereinigungen oder Privatpersonen, die sich der Aufgabe des Unterrichts widmen. Man muß hiernach nit Diakonissen mit franfenpflegenden Orden vergleichen, sondern die Frage fo stellen : Sind die gesammten katholischen kirhlihen Organisationen mehr vom Staate abhängig als die evangelischen? In dieser Beziehung werden bei dem Herrn Abgeordneten felbst Zweifel niht obwalten. /

Meine Herren, selbst wenn Sie diese Argumente nicht anerkennen i{ch glaube, von Ihrer Seite auf eine Zustimmung nicht renen zu fönnen —, dann bitte ih doch zu berüsihtigen, daß die thatsäch- lihe Ausführung der Gesetze die Ausbreitung der katholischen kranken- pflegenden Orden in Preußen in keiner Weise behindert und benach- theiligt. Es ist während meiner Amtszeit nicht ein einziger Antrag auf Genehmigung einer Ordensniederlassung eines Krankenpflegeordens abgelehnt worden. Es sind noch im Jahre 1901 einige 50 Nieder- lassungen von frankenpflegenden Orden in Preußen genehmigt. Das rashe Tempo, in dem sich diese Orden in Preußen ausbreiten, wird in keiner Weise gehindert. Die thatsähliche Ausführung der Gesetze spricht also dafür, daß den Absichten der katholischen Kirche auf diesem Gebiete der christlihen Liebesthätigkeit der freieste Lauf gelassen wird.

Ganz anders steht es mit der Frage, ob überhaupt fatholische Orden der staatlihen Kirchenhoheit unterliegen sollen, einer Frage, auf die ih heute niht näher eingehen will.

Nun, meine Herren, ist der Herr Abg. Dittrich auf die Frage der Kreis- und Lokal-Schulinspektion gekommen und hatauch da der Unterrichts- verwaltung eine imparitätishe Behandlung vorgeworfen. Er hat darauf hingewiesen, daß cin evangelischer Kreis-Schulinspektor im Negierungs- bezirk Aachen in vier Kreisen die Schulaufsiht führe, während eine solche Herausnahme fkatholisWer Schulen aus mehreren Kreisen und ihre gemeinsame Unterstellung unter einen katholishen Kreis- Schulinspektor nicht stattfinde. Hierin irrt der Herr Abgeordnete. In der fkatholischen Diaspora kommt der Fall ebenso vor wie in der evangelischen. Ich darf auf die Verhältnisse in der Provinz Branden burg insbesondere hinweisen, wo ten katholis{en Kreis-Schulinspektoren im Nebenamt weite Bezirke unterstellt find. Aehnlich liegt die Sache in der Provinz Pommern. Also den Vorwurf der Imparität muß ih auch auf diesem Gebiet mit aller Bestimmtheit zurückweisen.

Bei dieser Gelegenheit hat der Herr Abgeordnete mir den Vor- wurf gemacht, daß ich das Versprehen, nah Möglichkeit für den konfessionellen Charakter der Volksschule zu sorgen, in der praktischen Ausführung nicht gedalten hätte. Was die Simultanschulen an- betrifft, meine Herren, so läßt die Statistik, die der Herr Ab- geordnete hicr vorgelesen hat, unerwähnt, daß Simultanschulen in den gemischtsprahigen Landestbeilen aus nationalen Rücksichten un- vermeidlih sind. Hätte der Herr Abgeordnete, der die Verhältnisse in den gemischtspracigen Landestheilen schr genau kennt, das mit hervorgehoben, dann wäre däs Bild richtig gewesen. Wir streben uach Möglichkeit danach, fkonfessionelle Schulen einzurihten; das werden die Herren in ter praktisWen Ausführung da, wo derartige nationale Beweggründe nicht bestimmend sind, mir ohne weiteres zu- geben müssen. Also warum eine Statistik bier anführen, die iu dieser Beziehung unvollständig ift und gerade den maßgebenden Punkt vers{weigt ?

Endlich ist auf die mangelnde Fürsorge für den Religionsunter- riht bingewiesen worden, der den konfessionellen Minoritäten nament li în der Diaspora ertheilt werden soll. ist ein dornenvolles Thema. Es verwaltung der allerbeste Wille, in gerecht zu werden, und es ist von [katholisWer Seite au wicderbolt anerkannt worden, welWe enormen Opfer gebracht werden, um diesen Wünschen gerccht zu werden. Ich bin, offen gestanden, ganz erstaunt, daß gerade in diesem Punkte der Herr Abg. Dittrih mir und den mir nahgeordneten Beamten irgend cinen Verwurf maht. Das ift mir völlig unversiändlih. Es sind so enorme Summen, die verwendet werden müssen zum theil auf ganz kleine Minoritäten in den einzelnen Schulen, auf Entschädigung für die Lehrer, die weite Wege zurückzulegen haben, um dieser kleinen Minorität den konfessionellen Religionsunterriht zu theil werden zu lassen, daß wirklih kaum noch mehr geleistet werden kann. Außerdem findet jeut in größeren Städten, wo die Nothwendigkeit dazu besteht, au in den böberen Unterrichts-Anfsialten durch Anstellung besonderer Religionélehrer eine solche Fürsorge statt, daß, glaube ih, allen den Wünschen, die da hervortreten, im vollen Umfange Rechnung ge» tragen wird.

Auf die Verbältuisse in Frankfurt heute cinzugehen, möchte ih mir versagen ih behalte mir, {on weil ih nicht darauf vor- bercitet war, daß der Herr Abg. Dittrich deute diesen Punkt hervor- beben würde, vor, darauf zurückukommen.

Was nun speziell die Verbältnisse von Dortmund anbetrifft, über tie der Herr Abgeordnete Klage geführt hat, so möchte ih nur hervorheben, daß iu Dortmund erstens ein besonderer katholischer Kreis.S@c(ulinspeltor vorhanden ist und ferner ein katholischer Schul- rorsland besiebt, in tem der älteste katholishe Geistliche Mitglicd ist, ein angesebever Mann, der dorti volllommen in der Lage ift, seine Slimme geltend zu machen.

Meine Herren, ih habe vorbin gesagi: die Thatsachen sollen reden. Wollen Sie mir geslallen, mich nur darauf zu beschränken, dervorzuheben, daß die latholische Kirche nah wie vor sih der alletfräftigflen Entwickelung innerhalb des preußischen Staats erfreut Sie brauchen nut daran zu denken, wie viel neue Psartgemeinde- bildungen in der Diaspora siallifinden, wie stark die Zunahme der Seelenzahl isi, wie kräftig das kirchliche Leben sich catwickelt. Und wellen Sie mir vielleidt keinen Glauben schenken, obgleich Sie do

Meine Herren, das besteht bei der Unterrihts- dieser Beziehung den Wünschen

überzeugt sein können, daß die Thatsachen genügend für die Richtigkeit meiner Behauptungen sprechen, so bitte ich nur Bezug nehmen zu dürfen auf Aeußerungen von Zentrumsblättern. Jn seiner Neujahrs- betrahtung hat z. B. ein sehr hervorragendes Zentrumsblatt ganz besonders betont: Das Herz jubelt auf, wenn man die über alles Erwarten rasche und kräftige Zunahme der Bedeutung und Ent- wickelung der katholischen Kirche in der Reichshauptstadt betrachtet, die ungeahnte Entwickelung und Stärkung des Vereins- wesens, der gesammten Organisation aller Vereine, die un- geahnte Entwickelung eines kirchlihen Lebens, die Kraft, mit der sih hier die fkatholische Ueberzeugung geltend machen darf. Ich führe dieses eine Beispiel nur an, um Ihnen den Nachweis zu führen, daß in der That, wenigstens, was die praktische Ausführung der Gesetze, die praftische Durchführung der der Kirhe und der Unterrichtsverwaltung obliegenden Aufgaben anbetrifft, ein Grund zu einer Klage scitens der Katholiken meiner Ueberzeugung nah nicht vorhanden ist. Begründete Klagen abzustellen, wird nah wie vor

meine Aufgabe und Pflicht sein. (Bravo! rechts und bei den National- liberalen.)

Abg. Trimborn (Zentr.) wendet ih gegen die persönlichen An- griffe des Abg. von Eynern, der von einer neuen Aufrollung des Kultur- kampfes auf dem Osnabrücker Katholikentage durch ihn (den Redner) gesprochen und die Verweigerung des Gürzenih-Saals in Cöln für eine Versammlung des Gustav Adolf-Vereins verurtheilt habe. In Bezug auf den letteren Punkt stelle er fest, daß die Verweigerung des Saals nicht erfolgt sei, weil der Gustav Adol «Verein protestantische Interessen vertrete ; man erkenne au andere NReligions8gemeinschaften an. Er (der Redner) habe selbst in der Cölner Stadtverordneten-Ber- sammlung das ausgeführt und troßdem die Verweigerung befürwortet wegen der beleidigenden und verletßenden Art und Weise, in der der Ver- ein regelmäßig auf seinen Versammlungen die katholishe Kirche an- greife. Der Redner zitiert Aeußerungen, die in den Versammlungen des Gustav Adolf-Vereins zu Eisenah und Düsseldorf gefallen seten. Düsseldorf liege doch nahe bei Cöln, sei eigentlich nur eine Vorstadt von Cöln, dort hätte man also die Gefühle der Bevölkerung von Cöln s{honen follen ; aber dort sei die Aeußerung gefallen, daß die Jesuiten \{hlimmer als die Cholera \eien, und daß das Schwert des guten protestantishen Rechts gegen römische List und Gewalt ge- \{wungen werden müsse. Professor Frie habe von dem illegitimen Bund gesprochen, den verblendete Staatsmänner mit Nom s{chlössen. In Dessau habe der Vorsißende des Vereins gesagt: „Es ist ja alles Qualsch, was die Katholiken über die Neligquien, die alten Mumien sagten; aber fie wollen uns auch zwingen, vor den alten Leichen zu knien.“ Das sei nicht friedfertig, das sei eine Orgie konfessioneller Befehdung. In der Hauptversammlung zu Berlin habe ein Redner gesagt: „Deutsche Kraft und deutshen Glauben soll uns kein Papst, Fein Teufel rauben“ und „Frei, christlich, deutsch find dem Papst und römischen Ohren Teufel und Hölle“. Ein Redner habe von der allgemeinen Konfessionsrauferei gesprohen. In einer Provinzial- versammlung des Gustav Adolf. Vereins zu Dortmund, fährt der Abg. Trimborn fort, sagte ein Neduer, weil der Kaiser Protestant ist, nagen die s{chwarzen Mäuse an den Wurzeln des herrlichen Neichs- baumes und lihtsheue Eulen fliegen darum umher.“ Die Mäuse und Eulen sind wir vom Zentrum. Wie begründet unsere Sorge vor diesen Versammlungen in Cöln war, beweist ein Gediht în den „Mittheilungen des Evangelischen Bundes“, - worin es heißt: „Wo das Wort einst Priester fälschten, da heißt es: Los von Rom!“ Herr von Eynern hat mir vorgeworfen, ih hätte auf dem Katholikentag in Osnabrück den Kulkürkampf von neuem ge- s{ürt. Herr von Eynern, wenn ih eine solche Dummheit gemacht bâtte, wäre ih {öôn angekommen, vom Präsidentenstuhl bätte mi die Versammlung herunter gerissen. Ich babe nur gesagt, es {heine ein neuer Kulturkampf im Anzuge zu sein. Nicht nur im Gustav Adolf-Verein, sondern noch viel mehr im Evangelischen Bunde berrscht der aggressive Geist, der Bund ift gerade so zur Offensive übergegangen. In der Versammlung des Bundes von 1898 bieß es: „Der Kultur- fampf kommt wieder.“ Das war das erste Mal, daß dicses Wort fiel. Sie können es uns doch nit übel nehmen, wenn wir mit der Möglichkeit rechnecn, daß die Los von Rom - Bc- wegung nach Deutschland übergreift. Bei meiner Aeußerung in Osnabrück habe ih aber weniger an die Erscheinungen im Guslav Adolf-Verein und im Cvangelishen Bund gedacht, als’ vielmchr an die Art, wie dic katholishe und evangelische Kirhe in Preußen gleihberechtigt sind. Jn dem internationalen Fricdenskongreß; dat sich die Freimauerci nit gegen eine Kirche, sondern gegen das Christenthum überbaupt gewandt. Wer ih über den Kulturkampf so entrüstet ausspricht wie Herr von Evnern, der ist auf dem beflen Wege, sich zu bekehren; welche Freude, wenn aus diesem Saulus ein Paulus würde! Ich bin kein Fanatiker, ih sehe do auh nicht so aus. Ich habe in Osnabrück unter dem Beifall der ganzen Versammlung gesagt

wie die Erhaltung des konfessionellen Friedens.“

Aba. von Evuern (ul.) betont als die unveränderlide An shauung seiner Partei, daß die Volksschule eine Veranstaltung des Staates sei. Der Schule müsse dic Eigenschaft cines Kampfodiekts zwischen Staat und Kirhe genommen werden. Herr Trimborn habe in Odsnabrück gesagt, daß cin neuer Kulturklampf zu kommen scheine; er, der Redner lêônne aber erklären, daß von evan- gelisher Seite kein Angriff beabsichtigt sci. Dak der Streit zuwvischen den beiden Kirchen immer wieder von neuem ausbreche, sei allerdings anz natürli. Wenn Herr Trimborn dem Frieden dienen wollte, ätte er die Zitate nicht vorbringen sollen; das sei völlig wecklos. Der Gustav Adolf-Vercin sei ein rubiger und friedfertiger Vercin und erfülle cine shêue und segenöreiche Liedesdaufgabde. Das Wesen des Uliramontianidmus destebe darin, daß er den Staat den kir(lichen

dürfnissen dienslbar machen wolle. Der Gürzenich in Cöln sei den Evangelischen verweigert worden, weil es Evangelische seien, denn es hätten avch katheolisde Versammlungen dort ftattgefunden. Die rôfite Intoleranz sei es, daß die Katholiken ihre kirhlicden Necdie balten wolltea und die taallichen RNochtle cdenfalls für ih in An- spruch nähmen. Die Katholiken \{ürten den Kampf und stifteten Unfriecden L

Aba. Funck (fr. Volksp.) bespricht die S(hulverdältuisse in Frankfurt a. M. Bestimmungen über die Errichtung von konfessionellen Schulen dätten dort überdaupt nie bestanden. Die Staatsöregierung sei siets mit der Erisitez der Simultanschulen cinterstanden ge- wesen, erst unter dem Kultus-Minister von Goüiler sei eine Agitation für die konsessionelle S&ule in der Stadt selbst entstanden. Der Einwand, daß tie Simultanscdule cinen verdängniswollen EinAuß au! die Religiesität ansüde, widerlege si B. schon dadurch, daf dic Abgg. Dr. Lieder und Cahensly vem Zentrum in ciner Simult2n- ihule enogen seien erh lauter tendenzidte Verdunkelungen und absichtlicde Mifwverstänkuife suSe man dic Regierung mißitrauis@ ju maden. Nicht nur die ideelle, aud die materielle Seite der Kran? furter Simultianschulen sei dervormheden. Die Lehrer erdiclten ein Gehali von 1800 dis 4300 „4, pro Veolllidüler dezadle die Stadt löbrlih A Nar der lathollide Gemeindevorstand in FranGEurt

„In unserem geliebten Vaterlande ist | an Blinddarmentzündung erkrankt und gestorben.

neben der Wiederherstellung des sozialen Friedens nichts so wichtig, |

Je es, der mit den Verhältnissen nicht zufrieden sei. Wenn aber dessen gitation irgend welchen Erfolg baben sollte, würde sch ein furht- barer Sturm erheben, denn der Bevölkerung Franffurts liege nichts mehr .am Herzen als ihr Volkss{hulwesen, das sih nah jeder Richtung segensreih entwidelt habe. Die Stadt Frankfurt habe ih stets loyal verhalten, daéfelbe sei ZUS Pon den Katholiken zu wünschen.

Abg. Freiherr von Wangenheim (konf.): Wenn ih in der Generaldebatte einige einzelne Fälle bespreche, so bitte ih um Berük- sichtigung mildernder Umstände; denn ih gehöre zu den Unglücklichen, die in der Zollkommission sißen, und bin selten hier. Ich bedauere zunächst, pes der Minister niht mit Sicherheit ein Volks\{ulgeset für die nächste Session in Aussicht stellen kann. Nach den Nachrichten, die wir sonst bekommen haben, hoffe ih aber doch mit aller Bestimmt- heit im nächsten Jahre darauf. Ich bitte jedenfalls dringend, diese An- gelegenheit zu beschleunigen. Die schwerwiegenden Mißstände auf diesem Gebiete werden gerade jeßt {wer empfunden. Aus einem Schullehrer- seminar in Futter erhalte ih eine Beschwerde darüber, daß die semi- naristis gebildeten Lehrer in den höheren Lehranstalten die einzigen sind, deren Besoldungsverhältnisse noch nit nach dem Normal-Etat geregelt sind. Eine weitere Beschwerde erhalte ich aus meinem Wahlkreis von der Stadt Pyriß, dort ist jetzt eine höhere Töchterschule errichtet worden, die Aufsichtsbehörde hat aber im Februar verlangt, daß sofort das Gehalt des Rektors und die Lehrergehälter erhöht würden. Diese E mag berechtigt sein, aber ich bitte doch, nicht so {rof vorzugehen. Die Schwierigkeiten für die Schule würden sonst so groß, daß sie darum eingehen müßte, aas zu bedauern wäre. Ferner wünschen wir die Ausbildúng der “Thierärzte dahin zu ändern, daß von ihnen das Abiturienten- Examen verlangt wird. Wir müssen gerade jeßt besonderen Werth auf vorzüglichhes Material an Aerzten legen, weil der Werth der Vichbestände zunimmt, die ganze wissenschaftlihe Ausbildung einen ganz anderen Standpunkt eingenommen hat und den Thierärzten eine fkolossale Macht beigelegt i. Man hat auf den Mangel an Thicrärzten hingewiesen, aber ihre Zahl hat sih seit 1889 außerordentlih vermehrt. Mein letzter Lokalschmerz bezieht sih auf die alte Marienkirche in Stargard, eine der schönsten Kirchen, deren Alter nicht genau festzustellen ist, die aber aus dem 13. Jahrhundert stammt und im 14. Jahrhundert durch Anbau eines der s{hönsten Mittelschiffe erbalten hat. Im 30jährigen Krieg hat sie unter dem Brande der Stadt gelitten, wurde aber wieder aus- gebaut, und zu Anfang dcs vorigen Jahrhunderts fand wieder eine Nestaurierung statt. Das wundervolle Bauwerk befindet si aber jeßt in einem ganz traurigen Zustande. Es sind 160 000 4 erforderlich, um die allershlimmsten Schäden auszubessern.. Ich bitte den Herrn Minister dringend, zunähst anzuordnen, daß eine genaue sah- verständige Untersuchung stattfindet. Weder die Kirhengemeinde ncch die Stadt Stargard kann große Opfer bringen. “Der Bau wird zwar theuer werden, aber wir geben für Kunstsammlungen, namentlich in Berlin, und für die Aufdeckung von Alterthümern im Westen so große Summen aus, daß bier auc einmal der Osten bedaht werden fann. Wir haben alle Ursache, unserem Volk im Osten, das in idealen Anschauungen erzogen ift, die Kunstdenkmäler zu erbalten. L E

Regierungékommifsar, Gerichtsassessor Tilmann erwidert, daß in Bezug auf die Marienkirche in Stargard die Regierung auf demselben Standpunkte stehe wie der Vorredner, und der Angelegenheit ihre Auf- merksamkeit widme. InBezug auf die Schule in Pyriß sei die Verwaltung niht mit Schroffheit vorgegangen. Es habe im Gegentheil s{hen cine Konferenz stattgefunden, und die Sache werde zur Zufriedenbeit aller Betheiligten geregelt werden. Jn Bezug auf die seminaristischen Lehrer würde eine Aeyderung des Normal-Etats erforderlich sein; es sei aber nit rihtig, daß sie nit dana besoldet würden: die V bâltnisse seien bereits 1892, 1897 und 1899 geregelt worden.

Abg. St yhel (Pole) wendet sih gegen die Maßnahmen der Unterrihtsverwaltung in den polnischen Landeëtheilen. Würde man dort die Ordensgeistlichen entfernen wollen, so würde die polnische Agitation erst recht anwachsen; ein polnisher Geistlicher wisse, daß er für die ihm anvertrauten Schäflein zu sorgen habe. Die Polen säßen auf ihrer eigenen Scholle, fie hätten keine anderen Völker verdrängt, wollten \sich aber des- halb auch erbalten und namentlih ihre Muttersprache gewahrt haben. Ein historishes Unreht werde niht durch den Ablauf von 30 Jahren zum Recht. Man sehe aber die Polen als Fremde an, solange sie ihre Muttersprache nicht verleugneten. In den polnishen Landestheilen befänden sich zu wenig katholische Schulen im Ver- bâltniß zu den protestantisGen. Der Redner beschwert sich dann darüber, daß: Beamte sogar in eine Kirhe gedrungen seien, um fest- zuftellen, ob der Konfirmationsunterriht in deutsher Sprache ertheilt werde. In Wreschen seien die Kinder so gezüchtigt worden, daß sie blut- unterlaufcne Striemen aufgewiesen hätten. Auf eine Beleidigung#klage des Lebrers Kübn gegen einen Dorfschulzen, der ibn der grausamen Behandlung der Kinder bezihtigt babe, seien in der Gerichtsverbandlung die Mik bandlungen nachgewiesen worden. In cinem Falle babe ein Lebrer cinen Knaben, der cin deutshes Wort nicht habe aussprechen können, wiederholt, au beimlih in der Pause, gezüchtigt der Knade sei dann Ute Staaisrat!on made so die Schule, die eine Grzichungsanstalt sein solle, zu einer politisGen Zuchtanstalt. Die polnisde Agitation gehe Schritt für Schritt parallel mit den antipolnishen Maßnahmen der Regierung. d

Um 1/HG Uhr wird die weitere Berathung bis Sonnabend 11 Uhr vertagt.

Nr. 9 des „Centralblatts für das Deutsche Mei“, derausgegeden im Reichsamt des Innern, vom 28. Februar, erschien mit folgendem Inhalt : 1) Konsulatwesen: Entlafsungen: Adieden cines Konsuls. 2) Militärwesen : Ergänzung des Verzeichnisses der» jenigen Bedörden, welhe binsichtlih der den Militäranwärtern im Rceichsdienste vordedaltencn Stellen als Anstellungsdedörden anzuieden find: 3) Marine und Schiffahrt: Griheinen der amtlichen Liste der Sediffe der deutschen Kricgs+ und Handels. Marine für 1902.

4) Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Nerichögebäct

Nr. 10 vom 7. März dat natstehenden Inhalt: 1) Konfulat- Wesen : Grucnnungen; Es n zur Vornadune don ZiU- standsaften 2) Allgemeine Vecrwaltungssadhen: Verbot der in Krakau erscheinenden Zeitschrift „Newa Retorma“ §3) Mad- und Gerrticdts- Weisen Uedertragun der Befugnik zwar qmtlècden e und Beglaudigung cleftrif M igerätde. 4) Zoll. und Stowarr- Wesen : Ergänzung der Ausfüh immungen zun Nods- - geieye; Veränderu in dem Stande oder den der Zoll- und Steuerstellen. 5) Polizei-Wesen: AuöGiweisung von Ausländern aus dem Neicdsgebdicet.

Nr. T des „Tisendahn - Vetordunngsblatts". derauss gegeden im Ministerium der sFentlihen Arbeiten. vem 1C Sebruar, enthält cinen Tulaß des Ministers der WSeontli Arderten dom L Fedruar 1902, detr x der

Lagen der reeubiitd deiKeden

Nr. ® vom R erideen mit JIudalt Bebanatck matgng ded R po IA unan AV dete erne Aenderung der age R. zur Ciendadn- Verkedrderdaung Bef 95 wad