1880 / 109 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 11 May 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Jnteressen gegen die des Reichs zurückzuflellen. Es sei aber dohch ein öôffentlihes Geheimniß, daß eine gewisse Ermattung und wohl auch Verstimmung weitgreifend in alle Par- teien des Reichstages eingetreten sei. Alle Parteien hätten dringend gewünscht, nah Vollendung thg oßer Ge- seße, wie das Militärgeseß, Sozialiag&sen uchergeseß mit dieser Session den Abs{luß f machen. as sei niht nur eine Folge einer selbstverständlihen Ermattung in Folge der großen Anläufe in der SEEGIEUng Deutschlands von 1866 an, auth nit ledigli zu erklären aus den durh den Kampf zwischen Staat und Kirche, durch die sozialistishe Bewegung und durch die wirthschastlihen Verhältnisse hervorgerufenen Verstimmungen und Störungen, sondern es seien die Ver- ältnisse im Reichstage und zwischen demselben und der eihsregierung; hinzugekommen, die nit so geblieben seien, wie fie in den ersten Jahren des freudigen und erfolgreichen haffens gewésen seien. Er hoffe, ‘daß die Zeiten wieder- e würden, wo man mit Freude und Aussicht auf Er- folg bedeutende Reformen und Unternehmungen auf geseß- lihem Gebiete, idealem wie materiellem, vornehmen könne. Er hoffe, daß die Verhältnisse im nächsten Jahre sich etwas anders gestalten würden. Jn dieser Beziehung hätten die Er- klärungen des Reichskanzlers «doch sehr scharfe Lichter auf- gesest, um mancherlei Nebel über die Verhandlungen des eihstags und das Verhältniß vom Reichstag zu den ver- bündeten Regierungen zu zerstreuen. Jm vorigen Jahre sei zum ersten Male die Verbindung der konservativen und libe- ralen Elemente durchbrochen worden, ein wichtiger Abschnitt der wirthschaftlichen und finanziellen Gesezgebung sei mit der Kombination der Konservativen und des Centrums zu Stande gebracht. Bei dieser Gelegenheit sei auch der partikularistischen Strömung eine gewisse Nachhülfe gegeben worden, durh An- nahme des Franckensteinschen Antrags, möge man au dessen Wirkungen sehr gering: schäßen. Konservative und Cen- trum, leßteres wvielleiht am wenigsten, beschlossen damals wichtige wirthschastlihe und finanzielle Geseß- gebungen ad hoc, um eine Basis für das Verhältniß zwischen dem Bundesrath und der Majorität des Reichstags zu schaffen. Er habe das nie besorgt, nux habe er besorgt, daß ein solches Bündniß über so wichtige Gesezgebungen störend einwirken könne auf die Wiederherstellung des erfahrungsmäßig allein möglichen Verhältnisses zwischen einer Mehrheit aus Liberalen und Konservativen und dem Bundesrath. Da sei guch zur Ge- nüge eingetreten und habe namentlih_ durch die konservativen und fklerikalen Wahlen zum preußischen Landtag und die daselbst hervorgetretene Verbindung dieser beiden Elemente si geltend gemacht, so daß cs geshienen habe, als solle diese Verbindung die Grundlage für eine klerikal-konservative Re- gierung, zunächst in den Parlamenten, dann natürlich au in der Regierung sein. Nach der sehr entschiedenen Erkä- rung des Reichskanzlers am Sonnabend stehe o viel fest, daß derselbe sich auf eine solhe Kombi- nation nicht stüßen werde, weder in den Parlamenten und noch viel weniger in der Regierung. Daß irgend Jemand nah dem Kanzler oder gegen ihn stark genug sein werde, eine solhe Kombination dauernd herbeizuführen, bestreite er. Er sei- auch niht von dem Pessimismus des Abg. Virchow, der ein solches Ministerium und einen solchen Reichstag eventuell für ein Glück ansehe. Darin stimme er demselben allerdings bei, übermäßig lange. würde eine solche Wirthschaft nicht dauern, aber Unheil könnte genug dadurch hereinkommen. Es würden die extremsten Richtungen dieses unnatürlichen Bündnisses einer solchen Periode ihren ganzen Stempel auf- drücken, und wenn irgend etwas in Deutschland unmöglich sei, so sei es die fkirchlich - politishe Reaktion. Man habe politishe Reaktionen - gehabt, in die kirhlihe mit hineingespielt hätten; aber eine bewußte kirhlich-politische Reaktion, nachdem man die Kämpfe von 1866 gehabt habe, nachdem man diese Verfassungszustände erreicht habe, die möge versucht werden, sie möge zum Schaden Deutschlands einige Jahre dauern; lange werde sie niht dauern und der Rüd- Lag würde dann allerdings ein sehr heftiger sein. Aber er ürchte, ein Residuum aus dieser Zeit könnte bleiben, mit dem Deutschland noch lange zu kämpfen hätte. Wenn also dur die | Erklärung des Reichskanzlers alle Parteien, mit Ausnahme des Centrums und einzelner extremer Richtungen der konservativen Seite beruhigt sein könnten, so müsse man geeignete Wege suhen und wenn man sie suhe, werde man sie finden wieder in das richtige Verhältniß einzutreten. Er sei fest überzeugt, daß die gemäßigten Liberalen und Konservativen, wenn man in die alte Ban wieder einlenfken wolle, diese Versuche bereit- willig und kräftig unterstüßen würden und die gestörten Be- ziehungen zwischen den Parteien unter einander und. zur Re- ierung in kurzer Zeit beseitigen würden, wenn auf Grund- age der Erklärung vom Sonnabend das richtige Verhältniß herbeigeführt würde. Jun der Hoffnung, daß man sih im nächsten Jahre gesunden Zuständen gegenüber befinden werde, wolle er und seine politischen Freunde diese N A vertagen, damit man nicht dur den Zusatz der „Kommisston Verwirrung in Dinge hineintrage, die eine solche ain wenigsten vertragen könnten; das seien die Verhältnisse Deutschlands zu dem Nachbarlande Oesterreich. Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister Hofmann, das Wort. (Wir werden diese Rede morgen im Wortlaut bringen.) Der Abg. von Helldorsf-Bedra erklärte, nah den neulich und heute gehörten Ausführungen über die rechtlihe Seite der Sache glaube er, daß er si ein weiteres Eingehen auf diese Seite der Sache- vollständig . ersparen könne; er würde das Gewiht des seines Erachtens entschei- denden Materials, welches für die Frage beigebracht sei, nur s{wächen. Das wesentlihe Jnteresse bei der ganzen Pin der Elbschiffahrtsakte habe sih konzentrirt auf ihr Ver- ältniß zur Freihafenstellung Hamburgs, auf die Befürchtung, daß bei Aenderung früherer Bestimmungen durch. den vor- liegénden Vertrag: Vexationen stattfinden könnten, um einen Druck auf Hamburg zu üben, und dergleichen mehr. Er meine aber, der Reichstag hätte alle Ursahe nah der außer- ordentlich [arf und betont abgegebenen Erklärung des Reichs- kanzlers über die Art und Weise, wie derselbe selbst die Frei- asenstellung auffasse, und gegenüber der Thatsache, daß der leihstag dem Bundesrath die Besugniß nicht bestreiten könne, die: Zollgrenze im Einzelnen festzustellen daß das Haus dem gegenüber alle Ursache hätte, zunächst a die loyale Aus- führung dieser Frage dur den Bundesrath zu vertrauen und die Frage mcht in diesem Stadium zu entscheiden. Die prägnante Stellung, welche der Neichskanzler in der Frage der Wahrung des Freihafenrechts Hamburgs am Sonnabend eingenommen habe, das unbestrittene Recht des Bundesraths,

S: "s

die Details der Grenzfestseßung des Freie einseitig zu regeln, sollten dem Reichstage doch das Vertrauen gewäh- ren, daß diese Aussütung, eine loyale sein werde. Zu dem Kommissionsantrage sei bis pf also kein Anlaß vorhanden gewesen. Er müsse jeßt auf die allgemeinen Gesichtspunkte der lezten Rede des Reichskanzlers eingehen, obwohl davon seine Partei wohl weniger tangirt sei, als jede andere Partei des Hauses. Wenn der Reichskanzler über den zunehmenden Partikularismus geklagt habe, so habe derselbe siher damit nit den“ Partikularismus gemeint, den auch seine Partei vertrete, den Standpunkt der Achtung vor den historishen Grundlagen, auf denen das Reich ent- standen sei. Nun sprehe man immer auf der linken Seite dieses Hauses von der klerikal-konservativen Koalition. Wolle man das aus der leßten Rede des Reichskanzlers heraus- interpretiren, so hieße das nur Mißbrauch mit Worten treiben. Seine Partei habe in der ana mit dem Centrum die Majorität gebildet, niht weil seine Partei mit demselben die allgemeinen Ziele theile, sondern weil die konservative

artei zu den allen Parteien gemeinsamen Zwecken, die

inanzen des Reichs zu stärken und die Einzelstaaten zu ent- asten, in der neuen Wirthschaftspolttik ein geeignetes Mittel gesehen hätte, und in diesem bestimmten einzelnen Gedanken mit dem Centrum übereingestimmt hätte. Jn dieser Weise dürfe man die Politik der freien Hand im einzelnen Falle be- folgen, wenn man für die konservative Politik, wie z. B. bei der Revision der Gewerbeordnung und beim Wucher, bei den gemäßigten Liberalen niht die nöthige Unterstützung efunden habe. Jn solhen Fällen werde die konservative Partei stets die Unterstüßung des Centrums dankbar accep- tiren. Seine Partei habe steis für sich das Recht der freien Entschließung beansprucht und es geübt, wenn auch mit reib das zeige sih darin, daß die in der Wirthschaftspolitik frei indleris gesinnten Mitglieder seiner Partei {ließli den großen nationalen Jnteressen sich gebeugt und für das Ganze des neuen Zolltarifs gestimmt hätten. Auf dieses Recht der freien Entschließung werde seine Partei nicht ver- zihten und je nah Umständen in einzelnen Fragen mit dem Centrum stimmen, ohne daß man von einer klerikal-konser- vativen Koalition sprehen dürfe. Er habe auch den Reichs- kanzler anders verstanden. Der Reichskanzler habe sagen wollen : wenn -die Liberalen das Reichsinteresse ihrem Partei- interesse hintanseßten, wenn sie Mißbrauch trieben mit dem Recht der Politik der freien Hand, dann würde das zu einem klerikal - konservativen Ministerium führen können. Allerdings habe seine Partei mit dem Centrum eine Grundansiht gemeinsam, die der Wichtigkeit der Kirche für das Volksleben, er glaube aber, daß, diese Ansicht jeßt au in weiten Kreisen der Liberalen getheilt werde. Weiter gehe diese Koalition niht. Er bitte also in dieser Beziehung das Bewußtsein des Landes nicht zu verwirren, er bitte die Mitglieder dieses Hauses, niht Parteiagitation zu treiben. Vergesse man nicht, daß die konservative Partei zu- sammen mit den gemäßigten Liberalen die Grund- lagen des Reichs geschaffen habe und noch jeyt an der Festigung derselben arbeite. Mache man Frieden auf diesem Gebiete, wie seine Partei auch Frieden wünsche auf dem Ge- biete des Kulturkampfs. Gern werde seine Partei diesbezüg- lihen Maßregeln im preußischen Landtage zustimmen. Der Abg. Windthorst habe der konservativen Partei den Vorwurf der Abhängigkeit von der Regierung gemaht. Ein solcher Vorwurf sei für die Opposition sehr bequem. Wenn man aber die Aufgabe habe, mit der Regierung zusammen Politik zu machèn, sd könne man das nur auf dem Wege des Kompromisses mit Aufopferung eines großen Thei- les seiner persönlihen Ansicht. Die Rede des Reichs- kanzlers sei vielleiht von Manchen und auf man- den Seiten des Hauses mit einer gewissen Ver- stimmung empfunden ‘worden. Er sei nicht geneigt, bei der Nede eines Mannes, dem es bange werde bei Angriffen auf das Werk, dem derselbe die Krast seines Lebens gewidmet habe, jedes Wort auf die „Goldwage“ zu legen. und empfind- ih zu sein, wenn derselbe scharf derartige Angriffe, wie derselbe sie aufgefaßt habe, zurückweise. Aber er (Redner), habe doch in dieser Rede einige außerordentlih ernste und ihn tief innerlih treffende Mahnungen empfunden und er meine, das Haus sollte sie auch fühlen. Das sei einmal die Mahnung, in der Art des Streites, wie man ihn im Reichstage jeßt vielfach führe, des Streites der Parteien und der Einzelnen, ein ge- wisses strengeres Maß inne zu halten, ein. gewisses Maß hier im Hause, ein gewisses Maß vor Allem auch in der Agitation der Presse draußen, die alle Beziehungen vergiste, ein ge- wissés Maß in der Háältung von gesinnungstüchtigen Reden, wie sie draußen in den Wahlversammlungen gestattet sein mögen, während alle Parteien wüßten, - daß man diese Gesinnungstüchtigkeit in dem Maße nicht üben könne, sondern den Verhältnissen Rechnung tragen müsse, durch Kompromisse wirken müsse. Aber noch eine weitere Os habe er dringend empfunden, man solle doch nit große Verfassungskonflikte mit unabsehbaren Konsequenzen an Fragen von so untergeordneter Bedeutung ‘knüpfen. Es sei gerade von der linken Seite dieses Hauses den Konservativen gäufig vorgeworfen worden, daß ste für die Stellung des eihstags, für seinen ganzen Werth im Leben der Nation kein rihtiges Jnteresse hätten. Er müsse dem widersprechen, es könne Niemand mehr wie er es empfinden, welhen Werth der Reichstag habe in seiner ganzen Bedeutung für die: ganze künftige deutshe Entwidelung und stets wachsend, von dem

Aude a an, wo die mächtigen Männer, die die jeßigen | U

ände geschaffen hätten , vielleiht niht mehr da seien. Er habe die Empfindung, gerade weil diejes Organ so eminent werthvoll sei für die Nation, solle man sörglih darüber

wachen: streng zu sein in der Wahrung seiner Kompetenz. ; Auch ein Hinausgehen über die Grenzen, die dem Reichstage

eseßt seien, sei shädlih, und nichts sei shädlicher, als Be-

chlüsse fassen, bei denen man si s{ließlich sagen müsse, sie | seien nichts als ein Stück Papier. Deshalb warne er vor |

Beschlüssen, wie sie hier in dem Antrage Delbrück vorgeschla- gen. seien, und. bitte er, gegen ‘den Antrag zu stin1men.

Der Abg. (A von Schorlemer-Alst bemexkte, der Abg. von Kardorff ätte eigentlih- seine Rede gar nicht halten brauchen, da derselbe niht von der Elbschiffahrtsakte, sondérn

von allem Möglichen, von Kulturkampf, Freihafen, Freihandel -

u. st. w. gesprochen habe; es handele sih in Wahrheit nur darum, die Stadt Hamburg durch Zwangsmaßregeln dahin Nd, daß sie ihre Freihafenstellung aufgebe. Der Reichskanzler habe in seiner Rede das Centrum provozirt, indeß sei er dem Reichskanzler sehr dankbar für diese Rede, da sie wesentlich aufklärend gewirkt habe, und könne seine Partei si dieser Rede mit dem besten Effekt in Volksver-

sammlungen bedienen. Er werde die Person Sr. Majestät nicht in die Debatte ziehen, da der Präsident dies wohl nicht gestatten werde, obwohl der Reichskanzler nicht wenig dazu provozirt habe. (Der Präsident bemerkte, daß der Reichs- kanzler nit. die Person des Kaisers in die Debatte gezogen habe.) Der Reichskanzler habe seine Partei diskreditiren wollen und Uneinigkeit in ihre r bringen. Das Centrum werde nach dieser Rede noch fester zusammenstehen, wie bisher, wenn dies überhaupt möglich sei, und, so sehr es auh den Frieden wünshe, den demselben aufge- drungenen Kampf mit aller Entschiedenheit unter Leitung seiner bewährten Führer fortzuseßen wissen. Um die jeßige Majorität zu sprengen, habe der Reichskanzler alle Parteien, mit Ausnahme der des Fürsten Carolath, der Reihe nah an- gegriffen, besonders aber das Centrum so schwarz als mögli gemalt, damit die Anderen nicht mit dem Centrum zusammen stimmen sollten, obwöhl dieses Zusammengehen hier doch nur ein rein zufälliges gewesen sei. Der Reichskanzler habe ja selbst zuerst gesägt, es sei ihm ganz gleichgültig, ob der Kommissions antrag angenommen werde; nachher sehe derselbe aber in dem Kommissionsantrage das Bestreben, die Verfassung des Reichs in Frage ju stellen. Welcher Widerspru, wenn man nit wüßte, daß es sich nur darum handele, durch den Zweck die Mi.tel zu heiligen. Der Reichskanzler habe gemeint, seine Partei sei in den leßten Monaten nur dur den Kulturkampf beeinflußt worden; der Reichskanzler wolle also nicht die Härten der Maigeseze mildern, niht den berechtigten Klagen abhelfen und die Pfarreien mit Seelsorgern beseßen, sondern derselbe frage nur, wer zu ihm und seiner Person stehe? Was in 14 Tagen den preußishen Landtag beschäf: tigen werde, wisse er nicht, aber seine Partei werde jede Vorlage der Regierung wie bisher objektiv prüfen. Auch das angeblich im vorigen Sommer angebahnte Kompromiß beruhe auf einer Täushung. Das Centrum habe dem N! nur zugestimmt, um dem Reich die nöthigen Mittel zu beschaffen, um das von seiner Partei {hon viel früher als vom Reichskanzler aufgestellte Shußzollprogramm durchzuführen und die Steuerlast des Volkes zu erleichtern. Mit einex Partei, die man so hinstelle, wie der Reichskanzler das Centrum hingestellt habe, könne man nicht Kompromisse schließen; eine solche Partei könne man nur austreiben oder vernihten. Die Beendigung des Kulturkampfes sei nur dur einen Frieden mit Rom möglich. Das Centrum habe seine Friedensliebe genug dokumentirt; die Friedensabsichten des Reichskanzlers aber beschränkten si darauf, mit dem Centrum ein Handelsgeschäft zu machen in Bezug auf wirthschaftliche Fragen und eine sehr zweifelhafte diskretionäre Gewalt, die vielleicht zum allershlimmsten Äbsolutismus werde. Die Wähler Ma das Centrum aber nicht der Friedensliebe wegen gewählt, ondern um ihre Jnteressen wahrzunehmen. Die Geistlichen seien dur den Kulturkampf so dezimirt, daß sie unmöglih Einfluß auf die Wahlen haben könnten; troßdem würden alle Centrumamitglieder bei Neuwahlen wiedergewählt werden. Das Centrum solle mit dem Reichskanzler durch Dick und Dünn gehen, eine Partei Bismarck sans phrase sein und dafür wolle der Reichskanzler seiner Partei einige Brosamen religiösen Friedens geben. Dazu sei seine Partei zu gut und dazu sei sie niht gewählt worden. Der Reichskanzler habe nux darum keine sichere Majorität, weil derselbe die Parteien fort und fort zerseze, indem derselbe unbedingte Heeresfolge von ihnen verlange, und daher die Abneigung gegen das Centrum, das ihm nicht Heeresfolge leisten wolle. Er habe dem Reichskanzler {hon früher prophezeit, daß das Schiff seiner Politik am Centrum scheitern werde. Wenn man jede Partei nach und nah als Reichsfeinde bezeichne, f müsse das die Herzen verbittern und einen Reichs- gedanken könne er darin auch nit finden. Warum finde der Reichskanzler, daß das Centrum eine shwankende Stüße sei? Wenn der Reichskanzler im vorigen Jahre feierlih proklamirt habe, die Steuerreform solle nur zur Steuererleichterung die- nen, und das Centrum in diesem Jahre diesen wahren Sprüh- regen von neuen Steuern ablehne, und treu dem gegebenen Versprechen die Vermehrung der Ausgaben für das Militär und Samoa verweigere, auf welher Seite lägen da die Schwankungen und die festen Grundsäße? Und was habe seine Paxtei denn jezt verbrochen, daß sie am Sonnabend diese Standrede hätte hören müssen wie der größte Attentäter ? Das sei seine Partei doh nicht, sondern, wenn es einer sei, der Abg. Delbrück. Derselbe sei zwar auch nicht gut weg- gekommen; es sei demselben seine Vergangenheit vorgehalten, er Eten habe das indeß niht shlagend gefunden. Jeden- falls aber sei der Abg. Delbrü besser fortgekommen als das Centrum. Der Reichskanzler klage über Hindernisse, die man ihm bereite, wenn er etwas für das Wohl der Nation thun wolle; derselbe verwechsele aber den eigenen Willen mit den Bedürfnissen des Reichs und der Nation; ebenso wie immer der Bundesrath genannt werde, während es a nur um die Person dés Reichskanzlers handele. Das Centrum wolle do gewiß niht Unfrieden säen unter den Regierungen, und dieser unshuldige Reichstag auch niht. Frage man doch die Regie- rungen selbst, wer ihnen am unbequemsten sei, ob der veitice Reichstag oder der Reichskanzler. Jn der Rede vom Sonn- abend habe der Reichskanzler mit seiner Drohung des Kon- flikts sich selbst als den größten Centralisten gezeigt. Wenn

| jede abfällige Abstimmung im Bundesrath, die sogar nachher

auf die angenehmste Weise abgeändert werde, jede Abstim- mung gegen den Reichskanzler hier zugleih ein Attentat auf die Stellung Preußens im Reich sein solle, so müsse man an- nehmen, daß dem, der das sage, der Centralismus schon zur völligsten Manie geworden sei. Die Liberalen sollten dem Centrum niht mehr Heeresfolge leisten. Das sei eine nette Heeresfolge gewesen. Man habe auf alle Klagen des Centrums im L niht gehört, erst als die liberale Presse etwas zu [eiden angefangen habe, habe man die Leiden der Katholiken mitgefühlt. enn dieser Antrag der Kommission schon die Existenz des Reichs Era tEte, wic s{wach müsse dann der ganie Bau sein. Der Antrag ziehe Oesterreih gar nicht in

itleidenshaft, derselbe betreffe ein Fnternum des Deutschen Reichs und es könne Oesterreich ganz egal sein, ob der Bundes- rath allein odex nur mit Zustimmung des Reichstags die ollgrenze verlegen könne. Er habe nicht S daß der

bg. von Denen der Mann sein würde, den Liberalen aus der Sackgasse wieder die Thür zu öffnen. Aber der Antrag desselben komme der Ablehnung der Vorlage gleih, da heute die Session geschlossen wérden solle, und man könne diesem Antrage so gut, wie dem Kommissionsantrage zustimmen, ohne die Motive desselben zu theilen. Der Reichskanzler ürchte die konservativ-klerikale Koalition, die in einem Jahr nicht o viel Unheil stiften würde, wie die liberale Aera in 20 Que Der Abg. von Bennigsen hoffe, daß nun die Liberalen wieder

mit dem Reichskanzler zusammengehen würden, er habe nichts dagegen, denn das würde nur zur Folge haben, daß der Abg. von Bennigsen sehr früh als Staatsmann verbraucht würde. Möge man votiren, wie man wolle, dem Reichskanzler sei es lange nicht so gleichgültig, wie ihm, aber wenn die linke Seite dieses Hauses sih durch die Ausführungen des Reichskanzlers ershüttern lasse und wenn der Reichstag den Antrag der Kommisfion zurückweise, so falle man niht von der Heeres- folge, auch nit von dem Antrag Delbrück, sondern man falle von sich selber ab. ;

Der Staats-Minister Hofmann erklärte, wenn hier gesagt worden sei, das Verhältniß Deutschlands zu Oesterreich werde dur die Annahme des Antrags der Kommission nicht be- rührt, so müsse er bemerken: durch die Annahme des _Komis- sionsantrages versage der Reichstag dem Vertrage seine Ge- nehmigung; die Zurückverweisung an die Kommission würde mit der Annahme des Kommissionsvorschlags gleichbedeutend sein, er bitte daher, den Antrag des Abg. von Bennigsen a l wenig wie den Antrag des Abg. Dr. Delbrück anzu- nehmen.

Der Abg. Dr. Delbrück erklärte, er nehme das Wort nicht als Referent, da er sih lediglih gegen die ihn persönlich be- treffenden Ausführungen des Reichskanzlers zu wenden habe. Vorher habe er gegen den Abg. von Kardorff zu bemerken, daß der Reichskanzler seine (des Redners) Worte nicht als willkürliche Erfindung und grenzenlose Uebertreibung S habe, wie der Abg. von Kardorff behauptet habe. er Reichskanzler habe einen Widerspru zwischen seiner (des Redners) jeßigen und seiner früheren Stellung nahweisen wollen daraus, daß er die Akte ursprünglih selbst entworfen hätte; der Reichstag habe {hon aus dem Munde des preußischen Finanz-Ministers gehört, daß dies nit der Fall gewesen sei; er habe zur Ab- fassung so umfangreicher Dokumente damals keine Zeit gehabt. Die aus dem preußishen Ressort ihm zugegangene Vorlage habe er dem Bundesrathe als Grundlage der Ver- handlungen vorgelegt und bei der Berathung die preußischen Stimmen geführt. Es geschehe doch häufig genug, daß der Bundesrath und der Reichstag ein Geseh, welches derselbe selbst beantragt habe, zu ändern beantrage, weil in- zwischen die Erfahrungen eine Aenderung der Anfichten her- beigesührt hätten. Jn diesem Falle befinde er sich und er glaube nicht, daß man ihm deswegen Jnkonsequenz vorwerfen könne. Wenn er in eine Vorlage über das Freihafengebiet das Wort „vorläufig“ hineinkorrigirt habe, so sei das voll- ständig richtig, denn die Dauer der Stellung der Hansestädte sei von ihrer Zustimmung abhängig gemacht und deshalb eine vorläufige. Er habe sich niemals anders über die Freihafen- stellung ausgesprochen. Verändert habe sich die Sachlage insofern, als vor zwei Fahren der Anschluß viel leichter ge- wesen wäre, als jeßt. Die Frage der Zollverlegung auf der Unterelbe betreffend, wolle er bemerken, daß in den meisten Fällen des Zollan\shlufses die Beschlüsse des Bundesrathes nur das Titelchen auf dem i gewesen seien; es sei shon vor- her alles einverstanden gewesen; in keinem Falle sei gegen den Widerspruch eines betheiligten Staates ein Theil seines Gebietes in die Zolllinie aufgenommen worden, wenn es gelte, einen Theil des hamburgischen Gebiets einzuverleiben, so wäre dies früher durch einen Staatsvertrag geschehen; das gehe unter der Reichsverfassung niht mehr, deshalb werde es dur einen Bundesrathsbeshluß gemacht; so sei der Zollanschluß Líbeckts erfolgt; es sei aber immer das Einverständniß des betreffenden Staats vorausgegangen. Zum Beweis für die Rückläufigkeit der nationalen Bewegung habe der Reichskanzler angeführt, daß er, sein früherer Mitarbeiter, Arm in Arm mit dem Centrum gehe. Wenn er bei seiner rechtlihen Auf- fassung sich des Einverständnisses eines Theils des Hauses erfreue, desselben Theils, durch dessen Einverständniß in wirth- schaftlichen Dingen sih der Reichskanzler nicht habe beirren lassen, so könne er darin nichts Unrehtes finden. Er habe stets den Grundsay der Verfassung vor Augen: Zweck des Reiches sei der Schuß des Bundesgebietes und die Pflege der Wohlfahrt des deutschen Volkes. Wenn er diesen Zweck dadurh verfolge, daß er für das Bestehende eintrete, so werde er dadurch kein Partikularist ; sollte er-es dadurch werden, dann sei er es niht seit gestern und heute, sondern {hon seit 30 Jahren.

Der Abg. Dr. Löwe (Bochum) bemerkte, die Hoffnung, daß die Freibafensiellung der Hansestädte eine vorläufige sein solle, habe sich nit erfüllt, denn es seien keine Schritte ge- \chehen, um den Eintritt derselben ins Zollgebiet zu bewirken. Nun habe sich Preußen seiner alten Verpflihtung erinnert, für die Ausdehnung des Zollgebietes einzutreten, und thue das mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln. Er glaube, daß dem Bundesrath die Entscheidung obliege, ob St. Pauli zu Hamburg gehöre oder niht, und er wünsche, daß der Bundesrath niht so brach liege in Beziehung auf Verwaltungsmaßregeln wie bisher. Nun habe man hier immer die Heiligkeit der Verfassung betont, das sei ja ganz richtig, aber die Verfassung sei doch sehr

mangelhaft und bedürfe schr der Korrektur. Er habe s{chon bei Berathung der Verfassung gesagt, daß das einzige Kor- rigens derselben der Reichskanzler selbst sei, dem diejelbe auf den Leib geschnitten jei. Wenn man mit der Verfassung vor- wärts kommen wolle, so müsse man wünschen, daß so lange ein so kluger und energischer Mann an der Spihe der Negierung stehe, bis es gelungen sei, die Verfassung abzu- ändern. Jn dieser Anerkennung des Reichskanzlers stimme er mit dem A von Bennigsen überein, er bedauere nur, daß er für den Antrag desselben niht stimmen könne, da er es für sehr verfehlt halten würde, die Entscheidung in einer rage, die so große Aufregung verursacht habe, aufzuschieben. ie Elbschiffahrtsakte enthalte neben der Bestimmung, welche zu so großen politishen Erörterungen geführt habe, no viele praktish für die Shiffahrt sehr wihtige und auch aus diesem Grunde würde er die Vertagung auch für einen ehler halten.

Der Abg. Dr. Lasker erklärte, darüber, daß die Elbschifsahrts- akte ein Geseß sei, könne weder ein Jurist noh ein Staatsrechts- lehrer zweifelhaft sein; auch seien früher sämmtliche Veränderun- gen der Elbzollakte dem preußischen Abgeordnetenhausezur Zustim-

mung vorgelegt worden. Von nun an wollten die verbündeten Regierungen dur die Revision den bisherigen Zustand aufheben. Da handele es si lediglich um die Frage, ob die zollamtli e Be- handlung auf dem Wasserspiegel der Elbe jeßt möglih sein solle, während sie seit 60 Jahren auf Grund der alten Elb- Zollakte niht möglich gewesen sei. Sei das nah dem ge- junden Sinne eines Jeden im Hause nicht die Aenderung eines rechtlihen Zustandes? Die verbündeten A aber wollten durch die Revision für sich aus dem neuen Der- hältniß Rechte gewinnen, während die Kommission durch den Vorbehalt einen reihsgeseßlih fixirten Zustand konserviren

wolle. Die Beflirhtung, daß der Wortlaut des Vorbehaltes Deutschland mit Oesterrei brouilliren könne, lasse sich leicht dadur beseitigen, daß die Worte „innerhalb des Reichs- gebiets“ in den Vertrag aufgenommen würden. Nun habe man viele Paragraphen der Verfassung angeführt. Er finde in der ans kein „vorläufig“ für die Lu der Hansestädte. Es werde behauptet, Artikel 7 Nr. 2 der Ver- fassung räume dem Bundesrathe die Befugniß der Bestimmung der Zollgrenze ein. Dieses Verordnun 8recht sei aber an die Bedingung geknüpft, „sofern ein Geseg nicht anders be- stimme“, und das sei hier der Fall. Als die Verfassung berathen sei, habe er, ohne Widerspruch zu finden, diesem Verordnungsrecht des Bundesrathes ausdrüdlich die Bedeutung beigelegt, daß derselbe keine Spezialverordnungen erlassen könne. Der Reichstag habe also völlig freie Hand, zu bestimmen, daß die Festseßung der Zollgrenze an ein Geseß geknüpft sein solle, weder ein Verfassungsgeseß noch ein Reichs- geses stehe dem entgegen, die Berufung auf den einen Präzedenzfall könne er nicht gelten lassen. Seit wann könne denn ein Präzedenzfall ein Geseß abändern? Es solle ihm aber eine Warnung sein. Er werde jeßt jede Maßnahme der Regierung genau darauf hin prüfen, ob jie nicht in ukunft als ein Präzedenzfall benußt werden könne, um die Prärogas tive der verbündeten Regierungen zu erweitern. Nachdem der Kommissar der verbündeten Regierungen erklärt habe, daß die Annahme des Antrages von Bennigsen gleichbedeutend sei mit der Annahme des Kommissionsantrages, sehe er nicht ein, wie es politisch gerechtfertigt werden könne, für den ersteren zu stimmen. Der Abg. von Bennigsen En in der leßten Rede des Reichskanzlers einen Appell, daß die Parteien sich wieder um ihn schaaren jollten, die mit demselben im nationalen Sinne ge- wirkt hätten, weil derselbe in Zukunft wieder mehr den nationalen Gedanken zum Ausdruck bringen wolle. Er (Redner) wolle nit erörtern, wer in der leßten Zeit den partikula- ristishen Bestrebungen Vorshub geleistet habe, wenn aber an ihn ein Appell ergehen würde, den nationalen Gedanken mit fördern zu helsen, so würde er nie fehlen. Die Fehler der Vergangenheit seien für ihn kein Grund, seine Mitwirkung zu versagen ; der Reichskanzler sei ja der Mann, der den steden gebliebenen Karren au wieder herausziehen könne. Die Hülfe und Mitwirkung der Liberalen könne aber nur unter der Be- dingung verlangt werden, daß die nationale Politik mit Mitteln verfolgt werde, welchen die Liberalen zustimmen könnten. Der Reichskanzler sei anerkannt der erste Diplomat. Die Methode der Politik passe aber nicht für die innere Politik. Fn inneren Angelegenheiten müsse alles klar und durchsichtig sein. Er müsse aber gestehen, er sei seit ga nicht mehr im Stande, die U der nationalen Politik zu erkennen. Es würden

umuthungen gestellt, die kein selbständiger Mann erfüllen könne. Der geradezu provokatorishe Antrag Preu- ßens gegen Hamburg verfolge ja vielleicht ein nationales Ziel, aber in einer Weise, die ein Liberaler nicht zu billigen ver- möge. Wenn der Reichskanzler Verfassungsstreitigkeiten im Reichstage abstrakt verhandelt haben wolle, so solle derselbe sie überhaupt hervorrufen. Wenn der Reichskanzler dur die Note an die preußishen Gesandten an den deutschen Höfen hätte verkünden wollen, daß die faktische Durhsezung des preußishen Antrages nicht erfolgen solle, so könne er diese innere Politik nur billigen. Der Reichskanzler hätte es gewiß nicht gethan, wenn derselbe gewußt hätte, daß die Stim- mung im Lande gegen ihn sei. Gerade der Reichskanzler habe einen feinen Fühler in dieser Hinsicht; aber leider achte der- selbe oft zu sehr auf Tagesströmungen und übersehe, was tiefer sie, das tiefe Nechtsgefühl des deutschen Volkes. Und daher sei es gut, wenn der Reichskanzler durch den Widerstand einer Partei oder einzelner Personen immer wieder an das erinnert werde, was tief im Herzen des deutschen Volkes ite, und wovon die Befriedigung an der Entwickelung des Deutschen Reiches abhänge.

Demnächst wurde die Diskussion geschlossen. Nach einer Reihe persönlicher Bemerkungen der Abgg. Dr. Windthorst, Dr., Virchow, von Kardorff, von Czarlinsfi und Hartmann, und nach dem Sgchlußreferate des Referenten Abg. Dr. Del- brück, der noh einmal die Rehtsauffassung der Kommission gegen die vom Reichskanzler erhobenen Einwände vertheidigte, wurde der Antrag des Abg. von Bennigsen auf Zurückver- weisung der Vorlage an die Kommission behufs schriftlicher Berichterstattung mit 125 gegen 125 Stimmen abgelehnt.

Darauf wurden die Artikel 1——3 der Elbschiffahrt3akte mit großer Majorität angenommen ; Artikel 4, welcher die an- gefohtene Bestimmung bezüglich der Zollgrenze enthält, wurde mit 134 gegen 114 Stimmen abgelehnt.

Die Artikel 5—36 wurden angenommen. Artikel 37, wonach der Vertrag mit dem 1. Oktober 1880 in Kraft treten soll, wurde dagegen abgelehnt, die übrigen Paragraphen an- genommen. Jn namentliher Abstimmung wurde hierauf der Kommissionsantrag mit 138 gegen 110 Stimmen abgelehnt. r war die zweite Berathung der Elbschiffahrtsakte er- edigt.

Die dritten Berathungen folgender Gegenstände: 1) Auslieferungsvertrag mit Uruguay, 2) Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen des Deutschen Reichs für 1878/79, 3) Gesetz, betr. die Konsulargerihtsbarkeit in Egypten, 4) Ge- seg, betr. die Kontrole des Reichshaushalts für 1879/80, 5) Provisorischer Handelsvertrag mit Desterreich, 6) Vertrag mit Oesterreich wegen Beglaubigung öffentlicher Urkunden, 7) Gesetz, betreffend die Konsulargerihtsbarkeit in Bosnien und der Herzegowina, 8) Uebereinkunft zwischen Deutschland und der Schweiz wegen Verlängerung des Han- delsvertrages, wurden ohne Diskussion erledigt und sämmt- liche Vorlagen definitiv genehmigt.

Eine Anzahl von Petitionen wurde theils durch die ge aßten Beschlüsse für erledigt, theils als zur Berathung im

lenum für nicht geeignet erklärt. Hierauf vertagte sih das Haus um öt Uhr auf Abends 8 Uhr.

Die gestrige Meni des Reichstags, welcher die Staats-Minister Graf zu Stolberg-Wernigerode und Hof- mann und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, wurde von dem Präsi: denten Grafen von Arnim-Boißenburg um 8 Uhr eröffnet. Das Haus trat zunächst in die dritte Berathung der am 7. Mai 1880 zu Wien unterzeihneten revidirten Elbschiffahrts-

akte ein. Die Abgg. von Seydewitz, von Helldorff:Bedra, Ackermann, raf zu Stolberg beantrag-

Graf Kleist-Shmenzin und Udo , ten, die Artikel 4 und 37 der Vorlage wiederherzustellen. Die Abgg. Dr, Windthorst und Dr. Delbrü Fan

dagegen die Zurückverweisung der Vorlage an die Kommission zur shriftlihen Berichterstattung. J

Der Abg. Dr, Windthorst empfahl seinen Mecicag 0s die einfachste und kürzeste Lösung der Angelegenheit. Abg. Richter (Hagen) erklärte sich mit dem Antrage Windtho einverstanden, da eine materielle Entscheidung zu Gunsten Hamburgs erfolgt sei und der Antrag nicht mehr den g rakter einer dilatorishen Einrede e wie es heute nah der Rede des Abg. von Bennigsen habe scheinen können. Der Abg. Graf Udo zu Stolberg führte aus, daß das Recht des Bundesraths,* die Zollgrenzen festzuseßen, unzweifel- haft genügend erörtert sei, und zu dem Antrage Windthorst demnach kein Anlaß vorhanden sei. Er bitte also, den von ihm und seinen Freunden gestellten Antrag Ae neN, : Die Generaldiskussion wurde hierauf geschlossen, und der Antrag Windthorst auf Zurückverweisung an die Kommission zur schriftlichen Berichterstattung angenommen. Die Ermächtigung zur straftrehtlihen Verfolgung der „Pfälzischen Volkszeitung“ und des „Nürnberger Tageblatts“ aon Beleidigung des Reichstags wurde dem Antrag der Geschäftsordnungskommission gemäß nicht ertheilt. Damit war die Tagesordnung erledigt. Der Präsident gab darauf die am Schlusse der Session übliche Uebersicht über die Arbeiten des Reichstags, aus welcher wir Folgendes hervorheben: Jn 49 Dlaaarina 94 Abtheilungs- und 109 Kommissionssizungen habe der Reichstag 12 Gesetzentwürfe der Regierung, den Etat und mehrere Regierungsvorlagen, Uebersihten und Denkschriften, 6 Verträge und 9 Anträge aus der Mitte des Hauses geneh- migt; 8 Geseßentwürfe der Regierung und 2 Anträge aus dem Hause blieben unerledigt, ein Geseßentwurf der Negie- rung sei abgelehnt worden. Die Jnterpellationen seien von der Regierung beantwortet. Der Abg. von Bennigsen brachte demnächst dem Präsi- denten den Dank des Hauses für die Hingebung, Unparteilich- feit, O und Energie, mit welcher derselbe die Ver- Ae es Reichstags geleitet habe, aus, und bat, den ank des Hauses durch Erheben von den Sigzen zu erkennen U p (Das Haus erhob sich unter lebhastem allseitigem eifall. Der Präsident Graf Arnim dankte herzlih für die An- erkennung, die das Haus ihm in so erfreuliher Weise eben E zu Theil werden lassen. Es bleibe ihm nur übrig, einen beiden Kollegen im Präsidium, den Schristführern und Quästoren, sowie dem Gesammtvorstande des Hauses auf- richtig und herzlich zu danken für die warme und wirksame Unterstüzung, die sie ihm gewährt hätten. Hierauf nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Nee Graf zu Stolberg-Wernigerode das ort: Ich habe dem Hause eine Allerhöchste Botschaft mitzutheilen (Das Haus erhob sich von den R Wir Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen, thun kund und fügen hiermit zu wissen, daß Wir Unsern Reichskanzler Fürsten von Bismarck oder in defsen Berhin- derung den Vize-Präsidenten Unseres Staats-Ministeriums, Grafen Otto zu Stolberg-Wernigerode. ermächtigt haben, geuüß Artikel 12 der Verfassung die gegenwärtigen Sißungen des Reichstages in Unserem und der verbündeten Regierungen Namen am 10. Maî dieses Jahres zu \{ließen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift nud beigedruckdtem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Wiesbaden, den 5. Mai 1880. Wilhelm. von Bis8marck. Meine Herren ! Auf Grund der soeben verlesenen Allerhöchsten Ermächtigung erkläre ich im Namen der verbündeten Regierungen auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers die Sißungen des Reichstags für geschlofien. ; : Nachdem der Präsident auf Se. Majestät den Kaiser und König ein dreimaliges Hoh ausgebracht hatte, in das die Versammlung begeistert einstimmte, wurde die Sißung um 83 Uhr geschlossen.

Nr. 19 des „Justiz-Ministerial-Blatts“ hat folgen- den Inhalt: Bekanntmahung vom 29. April 1880, betreffend den von der Feuerversicherungsgesell\sbaft Colonia zu Cöln eingesandten Prämienantheil aus den Versicherungen der Justizbeamten im Fahre 1879. Allgemeine Verfügung vom 29. April 1880, be- Îreffend das Erscheinen der Entscheidungen des Reich8gerichts. Allgemeine Verfügung vom 29. April 1880, betreffend die Behand- lung der nah §8. 167 der Civilprozeßordnung zum Zwecke der Zu- stellung niedergelegen Schriftstücke. AUgemeine Verfügung vom 1. Mai 1880, becreirend die beim Ableben von Ausländern den fremden Regierungen zu machenden Mittheilungen.

Land- und Forstwirthschaft.

Glbing, 6. Mai. Gestern wurden im Laufe des Vormittags von Vorberger Mitgliedern des Elbinger Fischervereins 10 000 Stü junge Aale auf verschiedenen Stellen des Drausensees ins Wasser geseßt. Die Fishchen waren, in feuhte Wasserpflanzen verpadt, in einer Kifte von dem Direktor der Kaiserlihen Fisbzuchtanstalt zu Hüningen im Elsaß zur Vermehrung des hiesigen Aalbestandes her- geschickt worden.

Cöln, §8. Mai. (Cöln. Ztg.) Der geschäftsführende Aus\{huß für die 25. Wanderversammlung deutscher und öôster- reihischer Bienenzüchter veranstaltet in dem Monat Sep- tember dieses Jahres hierselbst in den Räumen des Victoriasaales am Weidmarkt eine internationale Bienen-Ausstellung, verbunden mit Prämiirungen und Verloosung. Wie das nunmehr festgestellte Programm besagt, werden zu dieser Ausstellung zcge- lassen werden Bienenvölker, Boida und Wachs, Geräthschaften, leere Bienenstöcke, Modelle, Unterrichtsmittel, Literatur u. |. w. aus allen Ländern. Die Ausstellung beginnt am Sonntag, den 5. September, Vormittags 11 Uhr, und endigt am 9. September Abends. m letzt- genannten Lage finden Prämienvertheilung und Verloosung statt. An- meldungen zur Beschickung der Ausstellung sind unter Benußung eines von dem Ausftellungsbureau in Cöln zu beziehenden Formulars bis zum 2. August an das Bureau des Comités für Veransftaltung der 25. Wanderversammlung deutsh-österreichisher Bienenzüchter in Cöln (Hrn. Giersberg, Hochstraße 43, hierselbst) zu richten. Später einlaufende Anmeldungen werden nur insoweit berücksichtigt, als noch Raum vorhanden ist; sie haben keinen Anspru auf Auf- nahme in den Katalog und auf Le eung, Die Ausstellungs-

egenstände sind dem Speditionsgeschäft von alfkenburg und Wind- cheid, Mühlenbach 10—12 hierselbft, einzuschicken; dieses bee au die Rücksendung. Die Frachtermäßigung für sämmtliche Aus- stellungsgegenstände wird bei allen Bahnverwaltungen des deutschen und österreihishen Eisenbahnverkehrs nachgesucht werden. Vie Aus- steller des Auslandes sind an der Grenze von der Zollentrihtung be- freitz; erst im Verwendungsfalle im Inlande unterliegen die Aus- stellungsgüter dem Zolle. Die Abfertigung geschieht dann bei dem

auptzolamt in Cöln. Plaßymiethe wird nicht entrichtet. Der Aus- chuß gewährt weder eine Vergütung für die Beschikung der Aus- t

ellung, noch eine Entschädigung für irgend welche- dur die VBe-

chidung dem Aussteller erwachsenden Kosten und Nachtheile. Die eurtheilung geschieht dur Preisrichter.