1880 / 116 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 May 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Großherzoglich sächsisher Geheimer Finanz-Rath Dr. Heer- wart und Fürstlich shaumburg-lippisher Geheimer Regierungs- Rath Spring sind hier angekommen.

S. M. gedeckte Korvette „Vineta“, 19 Geschütze, Kommandant Kapitän zur See Zirzow, ankerte am 3. April cr. im Hafen von Acapulco und seßte am 6. dess. Monats die Reise nah Honolulu fort.

Vayern. München, 19. Mai. (W. T. B.) Der russishe Gesandte am hiesigen Hofe, von Ozeroff, ist nah längerer Krankheit gestern Abend gestorben. :

20. Mai. (W. T. B.) Der frühere Kabinetssekretär Ziegler ist von Sr. Majestät dem Könige zum Kabinetschef ernannt worden. Der bisherige Kabinetshef Müller ist in das Ministerium des Jnnern verseßt worden.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 18. Mai. Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin sowie die Erzherzogin Marie Valerie haben am 15. d. M. den Sommeraufenthalt in Schönbrunn bezogen. :

Wiener Blätter beschäftigten sih in den leßten Tagen wiederholt mit allerlei Gerüchten über eine demnächst be- vorstchende Ministerkrisis. Aus diesem Anlasse bemerkt die „Montagsrevue“: „Ohne in Abrede stellen zu wollen, daß theils auch von uns wiederholt betonte politishe Vorkomm- nisse, theils private Verhältnisse ihren Einfluß auf die Zu- sammenseßung der Regierung üben dürften, wollen wir kon- statiren, daß solange nicht das Herrenhaus seine Arbeiten vollendet hat und der Reichsrath in formeller Weise vertagt ist, von solchen Veränderungen in keiner Weise die Rede sein kann.“ Jn ähnlicher Weise dementirt das genannte Blait die Meldung von einem bevorstehenden Pairsschube.

19. Mai. Aus München wird heute gemeldet : Dev Kaiser von Desterreih ist heute Abend um 8 Uhr nach Penzing abgereist. :

Prag, 15. Mai. (Prag. Abdbl.) Ueber den Termin für die Einberufung der Landtage s{chwanken die Angaben der Blätter zwishen dem 5. und 8. Juni. Was den h- mischen Landtag betrifft, soll es noch keineswegs fest- stehen, ob demselben eine Vorlage, betreffend die Aenderung der Landtagswahl-ODrdnung zugehen werde, da der im Ministerium des Fnnern in Vorbereitung befindlihe Entwurf niht beendet ist und dann erst den Ministerrath zu passiren

at. Jn keinem Falle würde es sich um eine Modifikation der

ählordnung, sondern höchstens um eine andere Einrichtung der Wahlmanipulation handeln, indem entsprechend den Wünschen aller seit 1862 versammelten böhmischen Land- tage, eine Gruppe der Höchstbesteuerten für si, der gesammte übrige Großgrundbesiß aber zusammen zu wählen hätte. Doch ist die Einbringung einer hierauf bezüglichen Geseßvorlage noch immer in A Grade fraglich. Unmittelbar nach Einlangen der ersten Nachrihten über die Straßen- demonstrationen in Prag hat der Minister-Präsident in seiner Eigenschaft als Leiter des Ministeriums des Jnnern einer Meldung der „Montagsrevue“ zufolge an den Statthalter von Böhmen telegraphisch die Weisung ergehen lassen, die bestehenden Geseße gegen Jedermann strengstens zu handhaben und insbesondere keinerlei auf die Straße getragene Demonstration zu dulden.

Brünn, 18. Mai. Der „Pr.“ wird von hier gemeldet : Der Kaiser trifft Ende dieser oder Anfangs nächster Woche ur Jnspizirung der hiesigen Garnison hier ein und begiebt fd nach kurzem Aufenthalt nah Mährisch-Weißkirchen.

Lemberg, 18. Mai. Dem „Dziennik“ wird aus Wien lelegraphirt, das Ministerium habe die Verwendung des Be- trages von einer Million Gulden, welcher sich als Ueber- shuß aus dem galizishen Grundentlastungsfonds ergab, zu Landeszwedcken gestattet.

Krakau, 18. Mai. Nach dem „Czas“ reisen Statt- E Graf Potocki und Landmarschall Graf Wodzicki, owie der Krakauer Bürgermeister nah Wien behufs Regelung der Angelegenheit des galizishen Grundentlastungsfonds. Der Landtag soll für den 8. Juni einberufen werden,

Schweiz. Bern, 18. Mai. (Bund.) Jn Gemäßheit von Artikel 1 des Schlußprotokolls zur Uebereinkunft wegen Regulirung der Grenze bei Konstanz, vom 28. April 1878, haben die beiderseitigen Delegirten nah Aussteckung der neuen Grenze die Seßung der Marksteine angeordnet und dann am 1. d. Mts. die Schlußcollaudation vorgenommen und den Grenzbeschrieb abgesaßt, womit diese Grenzreguli- rungsangelegenheit ise Erledigung gefunden hat. Dem be- züglichen Protokoll ist gestern vom Bundesrathe die Ge- nehmigung ertheilt worden.

Großbritannien und Jrlaud. London, 18. Mai. (Allg. Corr.) Bei dem gestern in Dublin abgehaltenen Meeting der irischen parlamentarischen Partei handelte es si vor Allem um die ¿xrage, ob Mr. Parnell oder Mr. Shaw zum Vorsißenden für die Session zu wählen sei. Ersterer wurde mit 23 gegen 18 Stimmen gewählt, Jn seiner Dankes- rede bemerkte Mr. Parnell, daß er die Wahl niht als eine die Führerschaft der Partei betreffende betrahten werde; um au den Schein des Ehrgeizes zu vermeiden, habe er als einen Kompromiß zwischen Mr. Shaw und ihm selber die Wahl Mr. Justin M'Carthy's zum Vorsißenden für die Session in Vorschlag gebracht.

Den „Daily News“ wird aus Kabul, vom 17. d.,

emeldéèt : „Deserteure aus Herat berichten, die Stadt befände ih im Zustande der Anarchie, und Eyub Khan sei thatsählich Gefangener. Die Truppen bedrückten die Bevölke- rung. Die Saripul-Regimenter hätten sich wegen rückständigen Soldes empört. Die Ghilzai-Chefs in Tezin haben si er- boten, mit Abdurrahman ein Bündniß zu s{ließen.“

19. ‘Mai. (W. T. B.) Ju ‘einer Versammlun rig ed Mitglieder der konservativen Partei ielt Lord Beaconsfield eine Rede, in welcher er hervor- hob: wenn die Konservativen ihren Prinzipien treu blieben, würden sie [el genug wieder zur Macht gelangen. Beacons- field rieth eine mit Würde verbundene Haltung der Opposi- tion zu beobachten.

20. Mai. (W. T. B.) Den „Daily News“ wird aus Kabul, von gestern, gemeldet: Abdurrhaman hat seine Truppen eútlassen mit dem Bemerken, daß er ihrer Dienste

niht mehr bedürfe, da er keine feindseligen Absichten gegen die Engländer hege.

Frankreich. Paris,

i 19 Mai, (W.- D,-B) Jn Rheims haben gestern 900 Arbeiter die Arbeit wieder aufgenommen. Der Minister des Jnnern, Constans, ist

heute von Rheims hierher zurückgekehrt. Die Mehrzahl der anläßlih* der in Rheims stattgehabten Arbeitseinstellung da- selbst verhafteten Jndividuen gehört niht dem Ar- beiterstande an. Man glaubt, daß ein geheimes Comité die Arbeitseinstéllung für einen politishen Zweck organisirt habe. 20. Mai. (W. T. B.) Der französishe Botschafter in London, Léon Say, stattete gestern dem Präsidenten Grévy einen Besuch ab und wird in den nächsten Tagen nah London zurückehren. Dufaure hat die Kandidatur für die Präsidentenschaft des Senates abgelehnt. i Das „Journal officiel“ veröffentliht die Er- widerung, welche der Handels-Minister Tirard dem Erzbishof von Auch ertheilte. Jn derselben heißt es: „Sie haben Recht, bei der Regierung auf den Geist der Mäßigung zu zählen ; dieselbe gedenkt keineswegs dic Religion i verfolgen. Die Republik ist vielmehr die Regierung der rdnung und der Freiheit, und ihr oberster Grundsaß ist die Gewissensfreiheit. Die Religion hat Nichts zu besürchten, denn die Regierung, wenn dieselbe au bestrebt ist, die Aus- führung der Geseße zu sichern, beabsichtigt doch keine Eingriffe in die frels Ausübung des katholischen Kultus.“

Italien. Rom, 19. Mai. (W. T. B.) Es sind nun- mehr fast alle Wahlresultate bekannt. Von den 351 defi- nitiv gewählten Deputirten gehören 120 der konstitutionellen und 170 der ministeriellen Partei an, 61 sind Dissidenten. Stichwahlen sind 152 erforderlih, von denen voraussihtlich 55 zu Gunsten der Konstitutionellen, 76 zu Gunsten der Ministeriellen und 21 zu Gunsten der Dissidenten ausfallen dürften. Bei den definitiven Wahlen haben die Dissidenten bis jeßt 22 Sigße verloren und 3 gewonnen; die Ministeriellen verloren 25 Siße und gewannen 21 Sitze; die Konstitutionel- len verloren 7 Siße und gewannen 23 Siye. Zu den Kon- stitutionellen gehört die ehemalige toskanishe Gruppe. Mit Rücksicht auf den wahrscheinlihen Ausfall der Stichwahlen wird auf eine starke ministerielle Majorität gerechnet.

Türkei, Scutari, 18. Mai. (W. Pr.) Die Mon- tenegriner halten Podgorißa und die Kuci-Kraina beseßt, die Albanesen haben ihr Hauptquartier in Tuschi und sind vorläufig noch unschlüssig über ihre nächsten Aktionen.

Bulgarien. Sofia, 18. Mai. (W. Pr.) Zankow hat dem Sabranije einen O AA über die Arron- dirung und autonome Verfassung der Gemeinden in Bulgarien unterbreitet. Der Geseßentwurf wurdé einem Aus- {uß zur Berathung überwiesen; mittlerweile beschäftigt sich das Sabranije mit dem Berichte des Pelitionsaus\chusses.

Nugsland und Polen. St. Petersburg, 19. Mai. (W. T. B.) Jn dem Prozeß gegen Michailoff, Dr. Weimar und Genossen begann heute das Zeugenverhör. Es wurden 20 Zeugen vernommen. Das Verhör dauerte bis 11 Uhr 20 Minuten Abends; sodann wurde die Sißung auf Donnerstag, Vormittag 11 Uhr, vertagt.

20. Mall (W.. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ bezweifelt die von verschiedenen Blättern gebrachte Meldung über Begnadigungsgesuche für den Mör- der des Obersten Kummerau, welche, wenn sie wirkli ver- sucht würden, resultatlos bleiben müßten. Das Blatt fügt hinzu, die Sicherheit der Ausländer und - des diplomatischen Corps verlange - eine Bestrafung (des Mörders, welche neue Versuche von Fânatikêérn verhindekn würde. Ein Gnadenakt E bei der unwissenden, brutalen Bevölkerung als Schwäche gelten.

20. Mai. (W. T. B.) Nach einem heute veröffent- lichten Bulletin fühlte sich Jhre Majestät die Kaiserin im Laufe der lezten Woche \{lechter, die Krankheits\symptome traten deutliher hervor und die ¿Kräfte haben etwas ab- genommen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 16. Mai. (Hamb. Nachr.) Der Reichstag ist gestern unter Wahrung des üblichen Ceremoniels ohne Thronrede durh den Staats- Minister Grafen Arved Posse geschlossen worden. Der Präsident ver Ersten Kammer gab in seinen Abschiedsworten an die Mitglieder des Hauses seinem Bedauern über den un-

lüŒlihen Ausgang der Wehrpflichtsf rage Ausdruck. „Jh ürchte, äußerte der Präsident, daß wenigstens in einem Falle das Urtheil über einen Reichstagsbes{hluß bereits jeßt streng ist, und daß das Urtheil später noch härter ausfallen wird. Das Urtheil gilt der Verwerfung des Wehrpflichtgeseßzes, und die Erste Kammer wird somit niht dadur betroffen. Nie- mand bezweifelt die Vaterlandsliebe Derjenigen, welche zu dem unglücklichen Ausgang der Frage beigetragen; aber der erneuerte Aufschub des ersten nothwendigen Schrittes zur Ent- wicklung der Nationalvertheidigung is ein Faktum, welches jeder {chwedishe Mann zu bedauern Ursache hat.“

Dänemark. Kopenhagen, 18, Mai. Ein Privat- telegramm der „Hamb, Nachr.“ meldet den Tod des vormali- gen Conseils:Präsidenten und Finanz-Ministers Fonnes bech.

Amerika. Washington, 17. Mai. (Allg. Corr.) Der Präsident Hayes übermittelte heute dem Kongreß den mit der britishen Regierung gepflogenen Schriftwechsel, betreffs des Fortune-Bai-Fischereistreites, sammt einem Bericht des Staatssekretärs Evarts über den Gegen- stand. Die das Dokument begleitende Botschaft des Präsi- denten besagt: „Jh lenke ahtungsvoll die unverzügliche und sorgfältige Aufmerksamkeit des Kongresses auf das Miß- lingen, zwischen den beiden Regierungen eine Uebereinstim- mung über die Auslegung und Ausführung der Fischerei- Artikel des Washingtoner Vertrages, wie solche durh das Exposé des Staatssekretärs dargestellt und beleuchtet werden, herzustellen. Jch stimme mit den in diesem Bericht ausgedrückten Meinungen überein betreffs der von dieser Re- gierung zu ergreifenden geeigneten Maßregeln zur Aufrecht- ang der unsern Fischern dur die british-n Zugeständ- nisse in dem Vertrage gewährleisteten Rechte, sowie zur Be- shaffung eines geeigneten Vorgehens behufs Sicherstellung einer Schadloshaltung für den Schaden, den dieses Road: bereits erlitten hat. Demgemäß empfehle ih dem Kongreß, die Genehmigung solcher legislatorishen Maßregeln, die der Weisheit des Kongresses S scheinen.“ Der D t des Staatssekretärs Evarts ist noch nicht veröffentlicht worden.

Nr. 9 des E ee Berord Jungs Plattes- hat folgenden Jahalt: Orydirte Abzeichen. Klageverfahren gegen Offiziere. Instruktion für die Maschinisten- 2c. Schule. Ersaßz- ordnung. Instruktion über die Jägerbüchse M /71. Sanitäts- dienstreglementk. Marschrouten. Personalveränderungen. Be- nachrihtigungen.

Nr. 25 des „Amtsblatts des Reihs-Postamts“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 10. Mai 1880: Aufforderung zur Anwendung größerer Sorgfalt bei der Ermittelung des Gewichts und der Austaxirung der Postsendungen; vom 11. Mai 1880: Postverbindung mit Helgoland; vom 12. Mai 1880: Eröffnung der Eisenbahn Bettenhausen-Cassel; Eröffnung der Eisenbahn Nieder- mendig-Mayen; vom 13. Mai 1880: Eröffnung der Eisenbahn Eschwege-Leinefelde.

Landtags- Angelegenheiten.

Der dem Hause der Abgeordneten heute vorg:legte Entwurf eines Geseßes, betreffend die Abänderungen der kirchenpolitischen Geseße, hat nach der „Prov. Corr.“ fol- genden Wortlaut :

Art. 1. Das Staats - Ministerium is ermächtigt, mit König- licher Genehmigung: 1) die Grundsäße festzustellen, nah welchen der Minister der geistlihen Angelegenheiten von den Erfordernissen der §5. 4 und 11 im Gefeß vom 11. Mai 1873 (G. S. S. 191) dis- pensiren, auch ausländischen Geistlichen die Vornahme von geistlichen Amtshandlungen oder die Ausübung eines der im §8. 10 erwähnten Aemter gestatten kann; 2) den nach den 8. 4, 8 und 27 im Gesetz vom 11. Mai 1873 etfordalihen Nachweis wissenshaftlicher Vor- bildung, soweit derselbe gegenwärtig durch Ablegung einer wissen- shaftlihen Staatsprüfung zu führen ist, anderweitig zu regeln; au 3) zu bestimmen, inwieweit und unter welhen Vorausseßungen Per- sonen, welche auëländishe Bildungsanstalten besucht haben, von den in den D. 1 und 11 des Geseßzes vom 11. Mai 1873 erwähnten Aemtern fern zu halten sind.

Art. 2. Die Berufung an die Staatsbet örde gegen Ent|chei- dungen der kirchlihen Behörden in Gemäßheit der 8. 10 und 11 im Geseß vom 12. Mai 1873 (G S. S. 198), sowie tes 8. 7 im Geseß vom 22. April 1875 (G. S. S. 194) \teht nur dem Ober- Präsidenten zu.

Die Berufung sowie der Antrag des Ober-Präsidenten auf Ein- leitung des Verfahrens in Gemäßheit des §. 26 im Gescß vom 12, Mai 1873 können bis zur Verkündigung des gerichtlichen Urtheils zurückgenommen werden.

Art. 3. In den Fällen des §. 24 im Geseß vom 12. Mai 1873, fowie des §. 12 im Gesez vom 22. April 1875 ist gegen E fortan auf Unfähigkeit zur Bekleidung ihres Amts zu erkennen.

Die Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung des Amts hat den Verlust des Amtseinkommens zur Folge.

__ 8st auf Uzfähigkeit zur Bekleidunz des Amts erkannt, so finden die Vorschriften des Geseßes vom 20. Mai 1874 (Ges. Samml. S. 135), des §. 31 im Geseß vom 12. Mai 1873, sowie der 88. 13 bis 15 im Gefeß vom 22. April 1875 entsprechende Anwendung.

Art, 4, Einem Bischof, welcher auf Grund der &, 24 f im Geseß vo:n 12, Mat 1873 durch gerichtliches Urtheil aus seinem Amte entlassen worden ist, kann von dem Könige die staatliche An- erkennung als Bischof seiner früheren Diözese wieder ertheilt werden.

Art. 5. In einem katholishen Bisthum, dessen Stuhl erledigt, oder gegen dessen Bischof durch gerihtlihes Urtheil auf Unfähigkeit zur Bekleidung des Amtes erkannt worden ist, kann die Ausüburg bischöfliher Rechte und Verrichtungen in Gemäßheit des 8 1 im Geseß vom 20. Mai 1874 Demjenigen, welcher den ihm ertheilten kirhlihen Auftrag darthut, auch ohne die im §. 2 vorgeschriebene eidliche Verpflihtung durch Beschluß des Staatë-Ministeriums ge- stattet werden.

In gleicher Weise kann von dem Nachweise der nah 8. 2 erfor- derlichen persönlichen Eigenschaften dispensirt werden.

Art. 6, Die Einleitung einer kommissarischen Vermögentver- waltung in den Fällen des Art. 5 dieses Gesetzes findet nur mit Er- mächtigung des Staats-Ministeriums statt. Dasselbe is auch er- mädtigt, eine eingeleitite kommissarishe Vermögensverwaltung wieder aufzuheben.

Art. 7. Die Ausübung der in den 88. 13 ff. des alen vom 20. Mai 1874 und in den Art 4 ff. des Geseßes vom 21. Mai 1874 (Ges. S. S 139) dem Präsentationsberechtigtzn und der Gemeinde beigelegten Befugniß zur Wiederbeseßung eines erledigten geistlichen

‘Amts und zur Einrichtung einer Stellvertretung in demselben findet

nur mit Ermächtigung des Ober-Präsidenten statt.

Art. 8. Vie Wiederaufnahme eingestellter Stzatsleistungen kann Ie in den Fällen der §8. 2 und 6 des Geseßes vom 22, April 1875 für den Umfang eines Sprengels durch d at: des Staats-Ministeriums, für einzelne Empfangsberehtigte dur Verfügung-des Ministers der geistlichen Angelegenheiten widerruflich angeordnet werden.

Art. 9, Die Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen die Strafbéstimmungen der Geseße vom 11., 12, und 13. Mai 1873, 2). und 21. Mai 1874 und 22. April 1875 findet nur auf Antrag E S Een statt. Die Zurücknahme des Antrags ist zu- ana.

Art. 10. Die Minister des Jnneru und der geistlihen Ange- legenheiten sind ermächtigt, die Errichtung neuer Niederlassungen von Genossenschaften, welhe im Gebiete der preußishen Monarchie gegenwärtig bestehen und sih aus\chließlich der Krankenpflege wid- men, zu genehmigen, auch widerruflih zu gestatten, daß gegenwärtig bestehende weiblihe Genossenschaften, welche sih ausschließlich der Krankenpflege widmen, die Pflege und Unterweisung von Kindern, die sich noch nicht im s\ch{ulpflihtigen Alter befinden, als Neben- thätigkeit übernehmen.

Neu errichtete Niederlassungen unterliegen der Aussicht des Staates in Gemäßheit des §8 3 im Gesez vom 31, Mai 1875 (Geseß-Samml. S. 217) und können durch Königliche Verordnung aufgehoben werden.

Der Krankenpflege im Sinne des Gesetzes vom 31. Mai 1875 ist die Pflege und Unterweisung von Blinden, Tauben, Stumme und Jdioten, sowie von gefallenen Frauenspersonen gleichgestellt.

__ Art, 11. Der Vorsitz in dem Kirchenvorstande von katholischen Kircengemetuden (88. 12 und 5 des Geseßes vom 20. Juni 1875, Geseß-Samml. S. 194) kann durch Königliche Verordnung ander- weitig geregelt werden.

Statistische Nachrichten.

Nah dem Statistishen Jahrbuch der Stadt Berlin, 6. Jahrgang (Statistik des Jahres 1878) herausgegeben von dcm Direktor R, Böckh (Berlin 1880, Leonhard Simion) hatten die steuerpflichtigen Liegenschaften in Berlin nah der Grund- steuerveranlagung im Etatêjahr 1879—80 einen Flächeninhalt von 9440,94 Mrg. (2410,49 ha) mit einem Reinertrag von.132 648 4, die steuerfreien 173043 Mrg. (441,82 ha) mit 28 218 4. Rein- ertrag, die ertraglosen Grundstücke 4621,06 Mrg. (1179,86 ta) Land und 711/88 Ma. (181,63 Ua) Wasser, 6702,58 Mrg. (1711,32 ha) Hofraum, zusamm:n 283 206,39 Mrg. (5925,12 ha) mit 16386 #ÆM Reinertrag. Die Zahlen repräsevtiren aber nicht nur den Zustand von 1876 sondern sind ungenau, da die nach der Liebenowschen Karte dur{- eführte Vermessung 580 Mrg. (148 ha) mehr ergiebt, als die Gritndsteterverallämke, Eine von der Stadt Berlin im Jahre 1876 begonnene Vermessung iff noh nicht vellendet. Am 1. Juni 1878 sind dem Weichbilde 517 Mèrg. (132 ba) hinzugetreten, wo- durch sih die Fläche auf ca. 24 392 Mrg. erhöht hat. 1416 ha wurden im Jahre 1878 landwirthscchaftlich benutzt.

Die Zahl der mit Gebäuden beseßten Grundstücke betrug in 1879—80 17 133, die Zahl der fteuerpflihtigen Gebäude 33 928 mit einem steuerbaren Werth von 97 704 900 Æ (dur{snittlih 3100 4) dazu 1653 steuerfreie, zusammen 35 581. Bei der neuen Gebäude- steuereins{äßung sind 41 429 steuerpflihtige Gebäude mit 5 007 860 4 Gebäudesteuer ermittelt worden (gegen 3 961 761 Æ in 1879—80). Eine auf 5 Stadtbezirke des südwestlichen Theils der jenseitigen Louisenstadt ausgedehnte Zählung hat nachgewiesen, daß von den 10 962 Wohnungen daselbst fast die Hälfte (5342) nur 1 Wohn- zimmer hat; unter 3107 Wohnungen, in welchen Schlafleute auf- genommen sind, haben 1402 nur 1 Zimmer.

An polizeiliden Bauerlaubnißscheinen wurden im Jahre 1878 1889 ertheilt (gegen 2508 in 1877), darunter 497 zur Aus- führung neuer Vorderhäuser (1877 801), 597 (872) für Seiten-, 153 (412) für Quergebäude, 2013 (2777) für kleinere Gebäude. Auch die Ziffern des Zuwachses der Versicherungssumme bei der städtischer pee beweist den Rückgang der Bauthätigkeit. Der Zuwachs etrug im Jahré 1878: 508 (1877 523) Neubauten 64 107 400 M4 (66311100 A, 591 (730) Umbauten 33909100 8 878 400 6) und durch Erhöhung der Taxe bei 428 (696) Ge- äuden 5 012 900 Æ (18 608 200 M). Dagegen stieg die Zahl der gelöshten Gebäude von 71 (8164100 4) auf 99 (6 574200 4). Die Zahl der versicherten Gebäude betrug am 30. Sep- tember 1878 17595, gezen 1877 (17163) 1,02 9% mehr. Die Feuerversicherungssumme belief \sich auf 1831 342800 M, gegen 1877 (1734896600 4) 1,07 09%, mehr. Der Werth von 18 702 zur Mieths\teuer eingeschäßten Grundstücken berechnet sich nach dem 18 fachen des Mieth®ertrags auf 3017 419 416 #, gegen 1877 (18240 Grundfstücke und 3038 961 420 M4) 0,99 %%/ mehr. Nach den gemeldeten Kaufpreisen stellt sich der Werth der Grundstücke auf 2492 918 340 M oder 0,83 9/4 des Miethsertrags, gegen 2 672 095 500 Æ = 0,88% im Vorjahre; in 1878 0,93 2% mehr als in 1877. Obwohl nach Obigem 98 Millionen Mark mehr durch Neu- und Umbauten in das Gebäude-Eigenthum hinein- gesteXt sind, ist der pro 1879 eingeshäßte Miethswerth um 21,5 Millionen Mark herabgegangen; es hat also im Ganzen im Werth der Gebäude ein Rückgang von 119,5 Millionen stattgefunden.

Nach der Einshäßunz für 1879 standen von 265724 Woh- nungen und sonstigen Gelassen 20671 im Miethswerth von 7896 578 M leer, gegen 17 965 Wohnungen und 7037537 A in 1878 (bei 18240 Wohoungen) und 1435 Wohnungen und 1 203 522 M. in 1874 (bei 15506 Wohnungen). Vermiethet waren 1879 245 053 Wohnungen = 159 741 834 M, 1878 235 430 Wohn. = 161 793 653 Æ, 1874 183 148 Wohn. = 131 273 332 4 Der durchschnittlihe Miethswerth für eine Wohnung ist von 1878 zu 1879 von 666 auf 631 Æ. für eine vermiethete Wohnung von 687 auf 652 M, für eine leerstehende von 392 auf 382 herabgegangen. Das Maximum der leerstehenden Wohnungen befindet sich in den ärmsten Stadttheilen, auf dem Wedding 185 pro Mille, in der Dorothecn- stadt nur 31 pro Mille. Die Mehrzahl der Wohnuvygen und Ge- lasse (800 pro Mille) brinat bis 750 4 Miethe (bis 150 4: 140 p. M., von 151——300 4 373 p. M., 301—450 4 157 p. M.) Die Wochnungen bis 3000 #4 bilden im Ganzen 975 p. M. der Ge- sammtheit. Ueber 30000 A Miethe sind noch 112 Wohnungen (0,5 Þþ. M.) zum Mieth8werth von 8 030684 4. (50 p. M.).

Diejenigen 2128 bebauten Grundstücke, über deren Besit- wech sel im Jahre 1878 Nachrichten eingegangen sind, bilden 121 p. M. sämmtlicher bebauten Grundstücke Berlins. 164 Grundstücke (mit 15851500 M Feuerkassenwerih und 23 002953 M Kaufpreis) kamen durch Erbgang in andere Hände. Von den verkauften Häuser wurden 2 freiwillig, } im Wege der Subhastation verkauft. Von den ersteren hatten 1403 bebaute einen Feuerkassenwerth von 140 344 435 Æ und erzielten einen Kaufpreis von 211 942 938 4, d. h. der Feuerkassenkassenwerth betrug durchsch{nittlich 67,2 9% des Kaufpreises (1877 60,3 9/6). 599 unbebaute Grundstücke erzielten einen Kaufpreis von 34 552276 A 493 subhastirte Grundstücke hatten einen Feuerkassenwerth von 52996800 A und wurden zu 51 231 239 M verkauft oder der erstere bildete 103,4 9%, des Kauf- preises (1877 88 9/0). Für 116 unbebaute Grundstücke wurden in der Subhastation 3 992 827 A erzielt.

An Hypotheken und Grundschulden wurde im Jahre 1878 in 6062 Posten 167 463 783 A eingetragen (gegen 225 403 091 M in 1877) und 136 171 950 Æ gelöscht (gegen 145 085 428 M. in 1877). Es hafteten auf den Berliner Grundstücken am 1. Dezember 1878 an Hypotheken 2 051 572 365 #. (gegen 2020 280 532 M4 Ende 1877), 155 p. M. mehr als im Jahre vorher. Dagegen hat die Pfand- br:ef\schuld um 118,5 p. M. zugenommen; sie betrug Ende 1878 471663 400 MÆ, gegen Ende 1877 7 650 400 M mehr. Die Gesammt- summe der Hypotheken und Pfandbriefe belief sich Ende 1878 auf 20938 191 765 M gegen 2062 117332 46 Ende 1877. Die Diffe- renz zwischen der Belastung und tem Verkaufswerth stellte sih im Jahre 1878 dur{schuittlich auf 16,1% (gegen 22,8% in 1877, 52,1 % in 1873), gegen den Werth nach dem Miethsertrage auf 26,1 °%/, (1877 27,9%, 1873 35,6%/0).

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der antiquarish-historishe Verein für Nahe und Hunsrüccken zu Kreuznach hat seinen Jahresberiht für 1879 publizirt, und zwar in Gestalt eines sorgfältigen, eingehenden Kata- los der sämmtlihen römischen Inschriften und Stein- \skulpturen in Kreuzuach, welchen der Oberlehrer Dr. O. Kohl verfaßt hat. Der Verein besteht seit 1856 und hat im Laufe der Jahre eine Reihe altgallisher, germanischer, römischer, mittelalter- liher Denkmäler verschiedenster Art gésammelt, über welche der Ver- waltungsberiht der Stadt Kreuznah für 1877 gedrängte Auskunft giebt, Einem Theil davon ift die vorliegende ausführlichere Schrift gewidmet. Die Sammlung entstand theils durch Ankauf, theils durch Gescenke, in leßterer Beziehung namentlih durch Ueberlassung der beim Bau der Rhzin-Nahe-Bahn aufgefundenen Alterthümer von Seiten der Königlichen Direktion und des Verwaltungsausschusses der Bahn. Hauptfundorte für diese Denkmäler waren und find das Nahethal und der südöstlibe Hunsrüccken bis Sobernheim, besonders Bingerbrücck, sowie das Römerkastell auf dem rechten Naheufer bei Kreuznach, die sogenannte Heidenmauer. Da der Verein selbst nicht in der Lage war, für die umfangreihe Sammlung ein genügendes Lokal herzurichten, so wandte sich derselbe an die Stadt und bot dieser den Besiy der Sammlung gegen die Verpflichtung einer an“ gemessenen, dauernden Unterbringung der Gegenstände an. Infolge dessen hat die Stadt Kreuznah nunmehr im Schulhause der Kreuz- straße ein helles, geräumiges Zimmer für die kleineren Gegenstände hergerihtet und aufecdem für die Steinmonumente eine auêreichende Halle gebaut. Dort befindet sih die Sammlung seit dem Sommer 1879, Im Einzelnen. sind die Funde, namentlich die aus dem Kastell bereits in den Vereinsberihten von 1856—1873, einer besonderen Vereins\chrift aus dem Jahre 1869 und in den Bonner Jahrbüchern von dem Baumeisler P. Engelmann, dem Pfarrer J. Heep und dem Major E. Schmidt mit beigegebenen Zeichnungen beschrieben, die Inschriften in dem Codex Inseriptionum Rhenanorum von Branbach publizirt worden, indessen fehlte es nah der nunmehrigen Ver- einigung der früher zerstreuten Sammlung an einem umfassenden leiht orientirenden Kataloge, den Dr. Kohl hiermit bietet. Im Vorwort giebt der Verfasser eine gedrängte Uebersicht der Ge- schichte des Kastel!s und der Stadt Kreuznach ; dann folgt das Ver- zeichniß der gefundenen Inschriften und Skulpturen selbst. Ein- grgeitt sind die leßteren in 1) Altäre und Votiv-Juschriften,

) Grabsteine, 3) in anderem Besitz befindliche oder verlorene Steine mit Inschriften, 4) Figuren und Baudenkmäler, 5) Thon-Inschriften. Von d:n Grabsteinen wird ein besonders gut erhaltener (gefunden in Bingerbrück beim Bau der Rhein-Nahe-Bahn 1860) in einer Lichtdruck- Abbildung mitgetheilt. Derselbe zeigt einen römischen Seldaten (Annaius Pravai filtiuas Daverzeus miles ex cohorte quarta Delmatarum, wie es in der Inschrift heißt) im Paradeanzuge, aber ohne Helm, in der rechten Hand zwei Speere. Dem cingulum militiae, jenem eigenthümlichen Schurz, welchen die Figur trägt, ist eine besondere archäologische Betrachtung gewidmet. ;

__ Land- und Forstwirthschaft. ___ Wie alljährlich wird auch in diesem Jahre in Cassel wieder ein großer Pferdemarkt in der Zeit vom 31; Mai bis 2. Juni abgehalten, mit welchem zugleich eine Verloosung prämiirter Pferde verbunden ist, Der Hauptgewinn besteht in einer eleganten Equipage mit vier geschirrten Pferden im Werthe von 10000 4 Die Ziehung findet am 2. Juni statt.

(D. Hand. Arch.) In der Ausfuhr Dänemarks nehmen die landwirthschaftlihen Erzeugnisse, besonders lebendes Vieh, Fett- waaren und Getreide nebs Mühlenfabrikaten, die erste Stelle ein. In den Jahren 1874—78 betrug der Uebershuß der Ausfuhr über die Einfuhr in diesen Gegenständen 108,2 bezw. 107, 108,9, 78,8 und 82,1 Millionen Kronen. Im tegfaenanulen Jahre fielen von dem Ueberschuß 40,3 Millionen Kronen auf lebendes Vieh, 18,12 Millionen Kronen auf Fettwaaren und 23,7 Millionen Kronen auf Getreide und Mehlwaaren. Bei der Viehausfuhr, welche fast die Hälfte des Ueberschusses liefert, ist noch zu berücksichtigen, daß die Preise gegèn 1877 zurückgegangen sind, Nah Deutschland gingen im Jahre 1878 7948 Pferde und Füllen = 5 960 000 Kro- nen, 48708 Stück Hornvieh = 10200000 Kr., 6591 Schafe, Ziegen u. dgl. = 200000 Kr., 183608 Schweine und Ferkel = 13 650 000 Kr.; 63 771 & unvermahlener Weizen = 1 240000 Kr., 91015 t unvermahlener Roggen = 630 000 Kr., 22007 t Hafer = 220 000 Kr., 79 970 t Gerste = 1 290 000 Kr., 89 900 Pfd. Weizen- mehl und Grüße = 1 200 000 Kr., 300 000 Pfd. Gerstemehl und Grüße = 700 009 Kr., 1330 000 Pfd. Speck und Schinken = 450 000 Kr., 420000 Pfd. Fleisch und Würste = 109000 Kr., 8963 & Butter = 1 800000 Kr., 800000 Eier = 30000 Kr., 130 000 Pfd. S {malz = 13 000 Kr. Die Einfuhr aus Deutschland betrug 997 Pferde = 170 000 Kr., 1312 Stück Hornvieh = 229 000 Kk: 314064 t Weizen = 6 600 000 Kr., 284 203 t Roggen = 3 400 000 Kr., 14111 t Hafer = 127 000 Kr., 19557 t Gerste = 250 000 Kr., 7724 Mais = 80 000 Kr., 460 000 Pfd. Speck und Swin- ken = 140 000 Kr., 290 000 Pfd. Fleisch und Würste = 84 000 Kr., 2448 © Butter = 450000 Kr., 770000 Pfd. S{malz = 270000 Kr. Die Einfuhr von Futterstoffen und Dungmitteln war bedeutend niedriger als im Jahre 1877. Die Ueberschuß- ausfuhr von Knochen und Haaren war im Jahre 1878 300 000 Kr. (ebensoviel wie im Jahre 1877), von Wolle 490000 Kr. (gegen 800 000 Kr. in 1877), von Häuten und Fellen 1 900 000 Kr. (gegen 3 300 000 Kr. in 1877). Die Ueberschußeinfuhr war von Käse 800 000 Kr. (gegen 900 000 Kr. in 1877), Kartoffeln 500000 Kr. (400 000 Kr.), Kartoffelmehl und -Stärke 500 000 Kr. (400 000 Kx), Feld- und Gartensämereien 2 600 000 Kr. (3 600 000 Kr.), Raps- und Leinsaat 2 400 090 Kr. (2 900 000 Kr.).

Die Zahl der Brennereien betrug 236 mit 1623402 Maischraum und 34446189 Pott kalkulirten Ertrags; der seit 1874 alljährliÞh abnehmende Maishraum und der Er- trag haben sich im Jahre 1877 niht in dem Maße wie in früheren Jahren vermindert. Die Ausfuhr von Branntwein gegen Steuervergütung betrug 627 581 Pott, die Branntweinsteuer ergab 3 184045 Kr. Die beiden Rübenzuckerfabriken Höibygaard und Odense produzirten im Jahre 1878 2 615 445 Pfund Zucker, ein größeres Quantum als im Vorjahre. Der Verbrauch von inlän- dishem Zucker betrug 1 634509 Pfund, wovon 144547 Kr. Steuer

entrichtet wurden. Gewerbe und Handel.

Die „New-Yorker Hdl. Ztg.“ äußert sich in ihrem vom 7, Mai datirten Wochenbericht über die Geschäftslage fol- gendermaßen: In den Berichten über den Geschäftsverlauf wird während der heißen Jahreszeit, die mit Monat Mai bereits einge- rückt ist, nur der Produkten-Export eine kedeutende Rolle spielen; für fast alle anderen Branchen ist die Saison als geschlossen zu betrachten. Vber gerade in jener wird es den anzen Sommer hindurch sehr lebhaft bleiben, denn hitr fehlt es niht an entbehrlichen Vorräthen, in Europa viht an Bedarf, und, was Preise anbetrifft, so find diese shon jeßt niedrig genug, um Verschiffungen im ausgedehntesten Umfang «zu ermöglihen. Ein weiterer sehr wahrsceinliher Rücdkgang wird den Export noch mehr stimuliren, und an Fahrzeugen is fo großer Ueberfluß, daß, fürs Erste wenigstens, eine Steigerung der äußerst billigen Frachtraten nicht störend einwirken wird. Schon jeßt weisen die Ausfuhrlisten unseres Plates, troß der erniedrigten Preise aller Stapel-Produkte, mit j.der Woche einen höheren Werth auf, und diese Skala dürfte auc für die nächfsten Monate maßgebend bleiben. Das Geschäft am Waaren- und Produktenmarkt in der verflossenen Woche muß wieder als {till bezeihnet werden. Während Petroleumfrachten flau blieben, wurde der Besserung in Getreidefrachten durch eine aber- malige Hausse der Weizenvreise Einhalt gethan und wurden in Folge davon nur 20 Schiffe für volle Ladungen Getr-ide geschlossen. Am Brodstoffmarkt hat das Geschäft einen ruhigen Verlauf ge- nommen; für Weizen wurde in den leßten Tagen ein nicht unbedeutender Avanz etablirt ; Roggen war höher, Mais und Weizen- mehl dagegen im Wesentlichen unverändert. Die Anfangs der Woche ershlaffte Erport-Nachfrage für Baumwolle belebte sich in den lezten Tagen wieder, und wurde cin erlittener Preisrückgarg von 1/16 per Pfd. wiedergewonnen. Das Geschäft in Rio-Caffee war wieder sehr fill, während für west- und ofstindische Sorten der Konsumbegehr fortdauert. Schmalz hat bei weichenden Preisen nur sehr beschränkte Erportnachfrage, und für Rindfleish und Speck bat dieselbe fast gänzlid nachgelassen. Schweinefleisch war flau. Scbiffsbedürfnisse fest. Raff. Petroleum in Fässern still und un- verändert im Preise; Kisten flau und niedriger. Das G-:\chäft in fremden Manufakturwaaren bleibt {leppend. Der Import von Webstoffen betrug während der heute beendeten Woche 1 875 502 Doll. gegen 1039919 Doll, ia der Parallelwoche des Vorjahres.

London, 20, Mai. (W. T. ©&.) Die Weber in Black- burn haben beschlossen, die A:beiten zu den bisherigen Lohnsätzen wieder aufzunehmen. L

Washington, 19, Mai, (W.T. B.) Der Schatz sekretär Sherman hat für weitere 3 000 000 Dollars Bonds ange- kauft und zwar 6 proz, von 1880 zum Preise von 104,70 à 104,83, 6 proz. vo1 1881 zum Preise von 106,75 à 106,90§ und 5 proz. zu

103,15 à 103,224. Verkehrs-Anstalten. Southampton, 19. Mai. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Oder“ ist hier eingetroffen. New-York, 19, Mai. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Gellert“ ift hier eingetroffen.

Berlin, 20. Mai 1880.

Frankfurt a. O., 19, Mai. (Fr. Od. Ztg.) Am Sonnabend, den 15. Mai, fand hier im Gesellshaftshause die Jahresversammlung des Vereins der Lehrer an höheren Unterrichtsanstalten in der Mors Brandenburg statt. Es hatten sih Herren aus Berlin, Charlottenburg, Brandenburg, Landsberg a. W., Cottbus, Guben und Wriezen eingefunden, auch vom hiesigen Gymnasium und der Realschule eine niht unbeträchtlihe Zahl. Um 11 Uhr wurde unter dem Vorsitße des Direktors Professor Vr. Bandow-Berlin die jähr- liche ordentlihe Generalversammlung der Mitglieder der Unterstüßungskasse der Lehrer an höheren Unterrichtsanstalten in Verlin und der Provinz Brandenburg eröffnet, Der Jahres- beriht gab ein recht erfreulihes Bild von dem immer kräftiger werdenden Zustande der Kasse und stärkte die Hoffnung auf cine dereinstige sehr segendreihe Wirkung des Instituts. Als Marxi- munî der jährlichen Unterstüßung einer Familie wurden 300 A zu- nächst auf drei Jahre festgeseßt, drei Voritandsmitglieder neu ge- wählt und die diöponiblen Gelder dem Reservefond überwiefen, da ein E zur Verausgabung nicht vorhanden war: Eine Vereinigung der brandenburgisben Kasse mit ähnlichen Einrichtungen in andern Provinzen, in Preußen, Pommern, Schlesien, wurde nicht für zweck- mäßig erachtet, da cin wesentlicher Unterschied in der Organisation

- Über den an

der vershiedenea Kassen eine vollständige Statutenänderunz erfordet- lid machen und einen ersihtlihen Vortheil durhaus nicht versprechen würde. Mit der Wahl der Kassenrevisoren pro 1880—81 {loß diese Generalversammlung, und es folzte unter dem Vorsiße des Profeffor Dr. Pappenheim-Berlin die Jahresversammlung des Ver- es der Lehrer an höheren Unterrihtsanstalten der Provinz Bran- enburg.

Görliß, 18. Mai. (Nat. Ztg.) Unserer Stadt steht in diesem Herbst eine seltene militärishe Feier bevor. Vor 50 Jahren rüdckten 2 Compagnien der Breslauer Shüßen in Görliy ein und verblieben daselbst bis auf die heutige Zeit, seit 1848 als 1. Sle- sisdes Jäger-Bataillon Nr. 5. Dieses 50jähcige Garnisonsjubiläum soll festlich begangen werden und verspriht einen großartigen Cha- rakter anzunehmen, zumal Bürgerschaft und Militär stets im besten Einvernehmen gelebt haben. Es ist nun Sache der alten Schüßen und Jäger, welche je bei dem Bataillon gedient haben, ihre Adressen, ihr Diensteintrittêéjahr und Compagnie-Angabe „an das Comité zur Feier des 50 jährigen Garnifonsjubiläums in Görliß* ret bald ein- zusenden, damit ihnen Näheres übermittelt werden kann.

Aus Oberammergau wird der Augsburgeë „Alg. Ztg.“ ge- schrieben: Nach neunjähriger Pause veranstaltet-n die ewohner Oberammergaus, treu dem Gelübde ihrer Väter, am Pfingstmontag die erste Vorstellung des diesjährigen Fal fond tptoes, Schon seit 14 Tagen beherbergt der prächtig gelegene Gebirgsort zahlreiche Engländer, welche sich theils in Privathäusern, theils in dem von dem Engländer Gaze etablirten englischen Hotel einquarti-rten, um später ohne Sorge um Unterkunft und Beschaffung der Nahrung mit aller Nuhe den VorsteUungen anwohnen zu können; auch Frank- reich ist seit 8 Tagen dur mehrere Familien vertreten. Am Pfingst- sonntag begann die eigentlibe Wanderung, und bereits Mittags 12 Uhr waren gegen 15 000 Menschen aus aller Herren Ländern , darunter viele Geistlihe, versammelt, um die erste Vorstellung zu besuhen. Daß unter folhen Umständen Tau- sende im Freien oder auf Tischen und Bänken in den zahlreiden Wirthsstuben übernahten mußten, ist leicht erklärlich. Um 5 Uhr Abends wurde die Kosse eröffnet, vor welcher sch ein wahrer Kampf um die Billete entspann. Ieder, der #ch nit eine Eintrittskarte brieflichß vorausbestellt hatte, was übrigen in vielen N au vergeblih war, drängte si heran, und es entstand ein

ewoge, in welhem mehrere Personen derart gedrückt wurden, daß sie in zerrissenen Kleidern, triefend vor Schweiß, ét ohnmächtig niedersanken, und vom weiteren Kampfe abstanden; bereits na einer halben Stunde waren die Eintrittskarten für 5900 Personen, welche Zahl das Theater faßt, ausverkauft, und Tausende mußten ih mit der Hoffnung auf eine Nachvorstellung vertrösten. Abends 8 Uhr ging unter dem Donner der Kanonea musikalischer Zapfen- streih durch die Straßen; der Tag der Vorstellung selbst wurde um 4 Uhr durch Tagreveille und Kanonen- \chüsse eingeleitet, worauf der ungemein stark besuhte Gottesdienst begann. Punkt 8 Uhr nahm die Vorstellung ißren Anfang. Ueber das Spiel felbst herrsht nur eine Stimme: alles ist einig in dem Lobe der wahrhaft künstlerischen eminenten Leistungen dieser schlichten Gebirgsbewohner; jedem der Mitspielenden kann man es vom Gesihte ablesen, mit wel ter Lust und Liebe er der ihm übertragenen Auf- gabe gerecht zu werden sucht. Das Motiv, welches alle leitet, ist ein auf Ueberzeugung gebauter, tief religiöser Sinn und Pietät gegen die Ahnen. Selbst das mitspielende Kind, wel(es vermöge seines zarten Alters die volle Bedeutung des Versöhnungsopfers auf Golgathaæ nicht zu fassen vermag, is ersitlih ganz und mit voller Seele bei der Sache und bkestrebt, auch seinen bescheidenen Theil zur würdigen Durführung des Passionsspieles beizutragen. Alle verdienen aufrihtiges Lob, doŸ muß besonders auf die Träger der hervorragenderen Rollen hingewiesen werden. Die Person des Christus, um welche Rolle fic ja alle übrigen wie Sterne um die Sonne gruppiren, findet in Hrn. J. Mayec einen Repräsentanten,

wie er. wohl kaum befser gesunden werden dürfte; abgesehen von der

voliftändig entsprechenden Gestalt, spielt Hr. Mayer auch in einer Weise, die dafür Zeugniß ablegt, daß er seine Mee ganz und richtig erfaßt hat. In einzelnen Scenen, wie z, B. am O-elberg, bleibt kaum ein Zuschauer ungerührt. Auch die \{chwierige Rolle des Judas wird von Hrn. Lechner mit vollendeter Meisterschaft gespielt ; welches Talent zeigt sich nicht in der Scene, als Judas die Reue Christus begangenen Verrath erfaßt! Von den übrigen Darstellern sind noch die Maria, der Hohepriester Kaiphas und der Jünger Johannes besonders zu erwähnen. Mittags 12 Ukr, als die erste Abtheilung durchgespielt war, wurde eine 13 stündige Pause gemaht und hierauf das Spiel wieder fortgeseßt, doch {hon n.ch wenigen Minuten überzog sich der ) gnt mit \{chwarzen Wolken, und alsbald entlud sich ein sehr starkes Ge- witter. So schön sonst für den Naturliebhaber ein Gewitter im Ge- birge sein mag, in diesem Momente kam es Iedem sehr ungelegen, denn der Regen fiel in Strömen, so daß abermals eine Pause ges macht werden mußte, nah deren Umfluß die Vorstellung zu Ende gespielt wurde. Wenige Minuten nah 5 Uhr fiel der Vorhang, und die Zuschauer zerstreuten sich, theils um den Rückweg nah Murnau anzutreten, theils um ihre Quartiere aufzusuhen. (Wie bereits Sonntag Abends durch Ausschellen bekannt gemacht worden, wurde am Dienstag nachgespielt.) Die NRügcfahrt nah München trat die Mehrzahl am Dienstag früh 4 Uhr an, da der für jeden Spieltag eingelegte Extrazug erst vom nächsten Sonntag ab verkehrt. Viele waren freilich in dem Glauben nach Oberammergau gekommen, diefen Extrazug von Murnau ab benußen und noch am Montag heimkehren zu können, und manche gingen in dem Mißmuth über diese Enttäuschung fo weit, dem diensthabenden Beamten in Murnau Vorwürfe zu machen; ja ein allzu hißiger Franzose verlangte sogar das Beschwerdebuh, um wegen Nichtabgang des Zuges Klage zu ‘ühren. Der Gesammt- eindruck, den sowohl das Spiel als auch die hercliche Tour von Murnau nah Oberammergau macht, ist ein derartiger, daß man Jedem die Reise zum Passionsspiel dringendst rathen muß. Möge unt Ha Himmel die ferneren Vorstellungen dur besseres Wetter be- günstigen!

Die Vorstellung zum Besten der Unterstüßungs- kassen des Vereins „Berliner Presse“ im Königlichen Schauspielhause findet daselbst am nächsten Dienstag statt. Zur Aufführung gelangt En der Brautfahrt“ von Hugo Bürger. Den üblichen Prolog hat dieësmal Hr. J. Trojan zu {reiben über- nommen.

Im Krollschen Etablissement ist mit déèr Aufführung der Oper „Der Barbier von Sevilla“ der Kapellmeister Hugo Seydel in Funktion getreten, welcher sich mit dem vom 1. Juni ab engagirten, dur seine Leitung der Sinfoniekonzerte bekannten Kapell- meister Mannstädt in die musikalische Leitung theilen wird. Die Violinvirtuosin Frl. Fernande Tedesca wird vom 15, September bis 15. Oktober im Krollschen Theater auftreten.

Wien, 14. Mai. Die Gründer des Stadttheaters haben heute einen neuen Direktionsrath gewählt und demselben die Voll- macht ertheilt, das-Theater zu verpachten. Die Wahl des Zeitpunktes, zu welchem die Verpachtung erfolgen soll, ¡eee di: Bestimmung der Modalitäten wurde dem Direktionsrath überlassen. Die Versamm- lung verzihtete darauf, genaue Informationen zu begehren. Dem Direktionsrath wurde unumschtänkte Vollmacht eriheilt. Eine direkte Folge der Beschlüsse, die heute gefaßt wurden, ist die Auflösung des

ertrazs der am 16. Januar d. J. mit Dr, Heinrich Laube abge- {losen worden war. Dr. Heinri Laube hat aufgehört Direktor des Stadttheaters zu sein. Dagegen ist mit dem heutigen Tage Frhr. Friedrih v. Schey wieder Mitglied des Direktionsraths geworden, vorausgeseßt, daß er die Wiederwahl in diese Körperschaft acceptirt. Unmittelbar nah Sch{luß der heutigen Generalversammlung hielt: der neue Direktionsrath eine Sißung ab. Nachdem Dr. Suchanek zum interimistishen Vorsigenden gewählt worden war, wurde dec Beschluß gefaßt, das Stadttheater am 31. Mai zu s{ließen.