1847 / 156 p. 7 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Die Bestimmung der Präklusiv-Frist für die Einreihung der Petitionen Aen in die Hand des Kommissars gelegt, sie lie î im Geseß, im

glement, und zwar im ersten Saß des §. 26. Jch glaube, daß es auch nicht zweifelhaft ist, daß es durchaus nöthig sei, eine Prä= flusiv=Frist festzuseßen. Gleichwohl habe ich die Anstcht, daß selten ein Landtag vorübergehen wird, bei welhem nicht Fälle eintreten wer- den, welche eine Ausnahme von der Jesthaltung dieser Frist nöthig machen werden, z. B, Fälle des Nothstandes und dergleichen. Für wesentlich nöthig halte ih es, daß auf solche Fälle insoweit vor= ausgedaht werde, daß man für dieselben einen Zusaß im Reglement macht, wona solhe Ausnahmen zulässig sind. Denn sonst würde jeder solche Fall eine Ueberschreitung des Reglements in sich ließen, welches ein Uebelstand is. Jch anes daß es der beste Weg ist, wenn wir die Ansicht verfolgen, die uns aus hohem Munde als Amendement angedeutet ist, und finde darin die Fälle vollkommen hin= reichend bezeihnet, in welchen eine Ausnahme eintreten fann. Es wird sich dann um so eher feststellen lassen, wo die Regel gelten soll und wo die Ausnahme stattfinden kann. Zuleßt komme ih noh auf die Frage, ob die Éntscheidung in die Hand des Marschalls oder der Versammlung gelegt werden soll. Jh “ppa es im Juteresse der Stellung des Marschalls zu finden, dieselbe niht in seine Hände zu legen, und zwar aus den Gründen, die bereits mit beredten Worten so treffend entwidelt sind. 1 zwischen dem Marschall und der Versammlung wünsche ih so selten wie möglich zu machen.

Graf Botho von Stolberg: Jh kann mih nur dafür aus=

prechen, daß die Entscheidung in die Hände des Marschalls gelegt leibe, wie dies ursprünglich auch im Reglement gelegen zu aben sheint. Es is vorher bemerkt worden, es wäre die Versammlung shon durch Petitionen gewissermaßen gesättigt, aber wir sehen es beim Vereinigten Landtage, daß eine solhe Fluth von Petitionen ein- geht, die voraussichtlih nicht einmal alle erledigt werden können; es sheint mir der Beweis, daß auch solche Petitionen eingebraht wer= den können, die nicht blos aus Nothfällen hervorgehen, und in diesen Fällen scheint es geeigneter, wenn von dem Marschall entschieden wird, als von der Versammlung, die wesentlich be: diesen Petitionen betheiligt sein kann. :

Graf zu Lynar: Der hier ausgesprochenen Ansicht, daß durch das Reglement {on begründet sei, daß der Marschall Petitionen zu- rückweisen könne, kann ih nicht beipflihten. Das Reglement \chweigt über den e ganz und gar und sagt vielmehr im Abschnitt a des F. 26, da die eingegangenen Petitionen den betreffenden Abtheilun= gen zu überweisen sind. Jch glaube also, daß das, was jest erbeten wird, keine Abänderung sein soll, sondern ein als nothwendig erkann- ter Zusaß, und bei diesen stimme ih dahin, daß die Entscheidung in die Hände des Landtags und nicht des Marschalls gelegt werde.

Referent: Jch werde den Zusaß, den wir von dem durch= lauchtigsten ersten Mitgliede dieser Kurie vernommen haben, in dem Kontext unseres Antrages einschalten und mit demselben vortragen. Jh erlaube mir dabei zu bemerken, daß dadurch nihts aus unserem Antrage wegzufallen braucht, sondern daß nur der Zusaß des ge= nannten hohen Mitgliedes hineinkommt. :

a (Liest vor :) Allergnädi st es der Versammlung zu überlassen, auch nah Ab- lauf der Präklusivfrist ausnahmsweise „in besonders wichti= gen oder durch den Augenblick gebotenen Fällen, Pe=

P

i ann nicht umhin, zu erklären, daß ih als Referent mi dieser Fassung vollkommen anshließe. L ! 9

Graf zu Lynar: Wollen Ew. Durchlaucht nicht fragen, ob |

der Antrag Unterstüßung findet?

(Auf die Anfrage des E Ms der Antrag hinreichend

unterstüßt.)

von Quast: Jch: glaube, daß der von Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen von Preußen gestellte Zusaß sich mit demjenigen Amen- dement, welhes ih vorhin zu stellen mir erlaubte, verbinden läßt, in- dem durch denselben nur der Begriff des Dringenden und Zulässigen näher festgestellt wird. Der wesentliche Unterschied zwischen dem Vorschlage der Abtheilung und dem von mir gestellten Amendement besteht ledigli darin, ob die Entscheidung in die Hände des Marschalls oder der Versammlung gelegt werden soli. Dem, was der Graf zu Stolberg gesagt hat, kann ih nicht beistimmen, daß gegenwärtig schon der Marschall das Recht der Entscheidung für diesen Fall hätte, da die von Sr. Majestät dem Könige im Reglement festgestellte Präklusiv- Frist eine spätere Zulassung von Petitionen nicht möglich macht. Jch glaube aus dem ganzen Sinne des Patents vom 3, Februar d. J, niht weniger, wie aus dem des Reglements zu eutnehmen, daß es au im vorliegenden Falle nur angemessen sein würde, wenn die Ent- scheidung in die Hände des Marschalls gelegt wird. Laut §. 29 des Reglements entscheidet in allen zweifelhaften Fällen der Marschall so lange, bis die Entscheidung Sr. Majestät des Königs eingegangen ist und durch eine spâtere Kabinets-Ordre vom 9, Mai d. J. an den Marschall der Kurie der drei Stände is [ausdrüdcklich dem Marschall das Recht gegeben, darüber zu entscheiden, ob die Petition als solche beim Landtage eingebracht oder zurückgewiesen werden soll. Jn die- em Zusammenhange würde ih es daher nur angemessen finden, wenn in zweiselhaften Fällen die Entscheidung, ob eine Petition etwa aus dringenden Ursachen noch nach A der Präklusiv-Frist eingebracht werden darf, gleichfalls dem Marschall überlassen werde.

Marschall: Jch verkenne nicht, daß das geehrte Mitglied si auch jeßt noch nit in Uebereinstimmung mit dem Antrage der Ab- theilung befindet; übrigens steht dem nihts entgegen, daß sein An- s auch mit der Modification, die er seht erfahren hat, eventuell nah der Abstimmung über den Antrag der Abtheilung zur Abstim- mung kommen.

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der Marschall entscheiden soll, und dem der Abtheilung, nah welchem der Versammlung die Entscheidung zustehen soll, und darum sehe ih niht ein, wie dieses leßte Amendement eine Verbindung zwischen bei= den hervorbringen soll, da es sich um diese Frage des Amendements gar nit kümmert, sondern nur die Fälle näher bestimmt, in welchen eine Se auci werden jn heil, deutlich sproch

on Quast: laube im Gegentheil, deutlih ausgesprochen zu haben, daß sie si nicht vereinigen und daß lediglich R bean=- tragte Zusaß sih sowohl dem Antrage der Abtheilung als meinem Amendement zur näheren Erläuterung hinzufügen läßt.

Marschall: So is es auchz; ih erkenne dem Mitgliede das Recht zu, den Vorschlag in Bezug auf die Gränzen und Umstände, welche vorhanden sein ollen, wenn ein- Antrag später angenom- men werden soll, für den Fall zur Abstimmung zu bringen, daß über- haupt nah der Abstimmung über den Antrag der Abtheilung noch eine weitere Abstimmung nöthig sein sollte.

Vorher kommen wir aber zur Abstimmung über den Antrag der Abtheilung.

Senfft von Pilsah: Jh verzichte aufs Wort.

von Massenbach: Jch glaube, daß die hohe Versammlung damit einverstanden sei, daß dieser Zusaß zugefügt werdez es möge eine Bestimmung darüber getroffen werden, wona überhaupt Peti= tionen nachträglich eingebraht werden können, und die Verschieden- heit herrsht nur darin, ob der Marschall oder die Versammlung dar= über zu entscheiden habe.

Marschall: Weun weiter keine Bemerkungen zu machen sind, so werden wir zur Abstimmung kommen, und es wird der Referent den Antrag, wie er jeßt steht, noch einmal verlesen.

Referent (liest die Frage vor): Allergnädigst der Versamm- lung zu überlassen, nah der Präklusiv-Frist in wihtigen und durch den Augenblick gebotenen Fällen Petitionen anzunehmen.

Marschall: Diejenigen, welche diesen Antrag der Abtheilung annehmen, würden dies durch Ansfstchen zu erkennen geben.

: (Geschieht mit überwiegender Majorität.) Wir kommen zu dem nächsten Antrag der Abtheilung. __ Referent (liest vor): Dagegen hat die Abtheilung einstimmig ihren Beitritt zu dem Antrage erklärt : Den Abdruck derjenigen Petitionen, bei denen es die Abtheilungen, welchen solche zur Vorberathung überwiesen sind, für nöthig hal= ten, auf Kosten des Landtags befehlen zu wollen.

Marschall: Wenn keine Bemerkung dagegen erfolgt, so ist

der Antrag angenommen, : (Pause.)

Er is angenommen.

Referent liest ad §. 26a. des Gutachtens vor:

Dem Antrage der Kurie der drei Stände:

Die Beurtheilung, ob ein Antrag zur Kompetenz des Land- tags gehöre oder nicht, als dem Landtage, aber nicht sei= nem Marschall für zustehend zu erklären, hat die Abtheilung, nach ihrem mit 6 Stimmen gegen 2 gefaßten Beschlusse, nur mit der Maßgabe sich anschließen zu müssen geglaubt, daß der Antrag dahin zu richten sei: Die Beurtheilung, ob ein Antrag zur Kompetenz des Land= tags gehöre oder nicht, mit Ausnahme der Fälle der §§. 20 und 21 der Verordnung vom 3. Februar d. J. nicht dem Marschall, sondern dem Landtage für zustehend zu erklären z

Graf von Arnim: J habe den verehrten Redner, der mir gegenübersißt, zu verstehen geglaubt, daß er .sein Amendement nicht in der Fassung der von dem Herrn Referenten vorgelesenen Frage wiedererfenne, ‘und wenn dies der Fall ist, so glaube ih nit, daß es an der Zeit sei, die Abstimmung darüber zu veranlassen. Jch habe wenigstens den Sinn seines Amendements so verstanden; indessen wird acl i Vat freilih selbs am besten wissen, welchen Sinn er hinein- elegt hat.

von Quast: Das Prinzip des Amendements, welches ich (ellt habe, steht mit dem der Abtheilung im wesentlihen Wi- erspruch, wird aber durch den von Sr, Königk. Hoheit dem Prin- zen von Preußen vorgeschlagenen Zusaß, welcher den Begriff der fris Mit, weshalb die Petition auch nach Ablauf der Práäklusiv- fri noh zugelassen werden kann, näher feststellt, erläutert. Der Un- G ied im Prinzip ist von der Art, daß, wenn der Vorschlag der M eilung angenommen wird, so fällt der andere, während, wenn der i [TRESs or fas niht angenommen wird, dann mein Amende-

n ge dem Zusaße zur Abstimmung zu bringen sein würde. welche I eA Dyhrn: Jch kann die Vereinigung nicht finden, Mitaliedeg ene Amendement zwischen dem Vorschlage des geehrten A dasselbe Gesan mit dem der Abtheilung bewerkstelligen soll. A geh los darauf hin, nähere Bestimmungen der Fälle attfinben soll; c die ausnahmsweise Annahme der Petitionen K s I e i é aber anz unberührt, ob der Marschall oder unt bied a1 i arder entscheiden soll. Dies is aber eben der erschied zwishen dem Antrage ves Mitgliedes, welches will, daß

' fönnte in einzelnen

jedoch mit der Maßgabe, daß Anträge, die ‘im geseßlichen

Wege eingebracht sind, vom Marschall an die betreffende

Abtheilung verwiesen werden, die Abtheilung aber befugt

sein soll , weny sie die Kompetenz des Landtages nicht be- __ gründet findet, dieselben definitiv zurückzuweisen.

__ Die Majorität der Abtheilung hat sih dabei von der Erwägung leiten lassen, daß es in den Fällen, wo die Unzulässigkeit eines An- trages ncht mit klaren Worten im Geseß ausgesprochen ist, sondern wo es einer weiteren Beurtheilung darüber bedarf, ob ein Antrag sich zur Verhandlung vor dem Vereinigten Landtage eigne oder nicht, allerdings angemessen erscheine, die Entscheidung nicht dem Marschall allein, sondern dem Landtage zu übertragen; daß jedoch nicht jedes- mal die gesammte betreffende Kurie darüber zu beschließen habe, son- dern daß, wenn die P an welche die Sache gewiesen ist und ihrer Natur nach gehört, die Kompetenz des Landtags nicht begründet findet, sie den Antrag definitiv zurückzuweisen befugt itz und daß nur, wenn die Abtheilung selbst dafür ist, der Antrag in der Kurie zur Erörterung kommt und von dieser auch die Vorfrage eutschieden wird, ob der Antrag vor den Vereinigten Landtag gehöre.

Die Minorität der Abtheilung ist dagegen, in Berücksichtigung des g. 29, der Ansicht, daß kein Grund vorhanden sei, dem Mar= schall die Entscheidung über die Kompetenz des Landtags zu entzie- hen, und findet es niht angemessen, die Entscheidung in die Hände des Landtags zu legen.

Referent Fürst Lihnowsky: Jch erlaube mir ferner den An- trag der Kurie der drei Stände vorzulesen.

(Dies geschieht.)

16) Die Beurtheilung, ob ein Antrag zur Kompetenz des Landtags gehöre oder nicht, als dem Landtage, aber nicht seinem Mar= \challe für zustehend zu erklären.

Die bezügliche Bestimmung des §. 26a. erscheint hierbei nicht ausreichend.

Nach den §§. 20 und 21 der Allerhöchsten Verordnung vom 3, Februar c. haben die Marschälle im vorliegenden Falle nur darüber

Ie wachen, daß Petitionen allein von Mitgliedern der Stände =- Ver=

ammlung angebracht und, einmal zurückgewiesen, in der nämlichen Versammlung nicht erneuert werden. Es handelt Fe mithin um die Form, unter welcher es gestattet werden soll, Vitten und Be-= shwerden zur Kenntniß der Versammlung zu bringen. Eine Entschei= dung der Rauen ftege dagegen dem Marschalle allein überlassen,

len das vor Allem ungetrübt zu erhaltende Vertrauen der Versammlung zu ihrem Marschalle gefährden, was unter jeden Umständen zu vermeiden sein möchte. Auch is der Mar=- \call, namentlih bei Eingang der Petitionen, mit Arbeiten überhäuft, weshalb von den Abtheilungen eine gründlichere Prüfung Mer Ten= denz vorausgeseßt, nächstdem in ihr wohl eine von des Marschalls Ansicht verschiedene als möglih gedacht werden kanu. Die ständische Versammlung erscheint als eine kollegialishe, und liegt es im Wesen einer solchen, daß an sie gerichtete Anträge zu ihrer Kenntuiß gebracht Mes müssen, von dem Einzelnen aber nicht zurückgewiesen werden önnen.

Ferner die §§. 20 und 21 des Patents vom 3. Februar c. (Dies geschieht.) S g. 20.

Bitten und Beschwerden dürfen bei dem Vereinigten Landtage von Anderen als von Mitgliedern desselben weder angebracht noch zugelassen werden.

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j S Bitten und Beschwerden, welhe von Uns einmal zurückgewiesen worden sind, dürfen niht von. der nämlichen Versammlung und 5 S mtch au nur dann erneuert werden, wenn dazu neue Gründe ergeben, von Quast: Nah dem §, 29 des Geschäfts-Reglements wird,

wenn ein Zweifel für die Auslegung vorhanden ist, diese der weiteren Entscheidung des a 1 anheimgegeben.

Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen (liest eine Stelle vor). :

Dies enthält nur, daß der König jedesmal entscheiden wird.

Referent Fürst Lihno w sky: Die Majorität hat geglaubt, daß der von Seiten der Minorität bezogene §. 29 sihch auf den gegenwär-= tigen Fall niht appliziren läßt: denn es handelt sih nicht um eine Auslegung des Geseßes, sondern ob eine Petition vor den Landtag gehört oder nicht. i

Graf zu Lynar: Mit wenigen Worten will ih mir nur zu erklären erlauben, daß ich vollkommen bereit bin, mich dem Antrage der Kurie der drei Stände anzuschließen, nicht aber dem, was die dritte Abtheilung vorgeschlagen hat, und zwar weil ih jede Abthei- lung einer Kurie nicht für eine beschließende, sonderu nur für eine be- rathende Versammlung anerkennen kann, und aus diesem Grunde kann ih nur für den Antrag der Kurie der drei Stände stimmen , nit aber die den der Abtheilung.

ürst Hohenlohe: Wenn die Versammlung darüber entschei= den soll, ob eine Petition angenommen werden soll oder nicht, \o müßte die Petition dann der ganzen Versammlung vorgelesen werden, und die Abtheilung hat daher geglaubt, daß die Petitionen, wenn sie eín- gereiht werden, den betreffenden Abtheilungen überwiesen werden sol- len, damit sih dieselben davon in Kenntniß seßen könnenz denn es ist dies der einzelnen Abtheilung weit leichter möglich, als dem ganzen Landtage, und man hat geglaubt, es wäre besser, es einer solchen Ab- theilung zu überlassen, als wie dem Marschall, aus dem einfachen Grunde, weil der Landtags-Marschall gerade im Anfange des Land- tages so mit Geschäften überhäuft ist, daß er sih nicht viel Kennt= niß von dem Juhalte der Petitionen verschaffen kann, und es hat daher die Abtheilung geglaubt, den Vorschlag machen zu müssen, niht dem Landtage, sondern der betreffenden Abtheilung die Entschei- dung deshalb zu überlassen. : i : s von Quast: Jch habe in der Abtheilung in Bezug auf den g. 29 des Geschäfts-Reglements mich in der Minorität befunden, Dieser- Paragraph lautet : ' „Sollten über die Auslegung der vorstehenden Vorschriften (Fg. 4 bis 28) Zweifel entstehen, so ist einstweilen und, bis Wir darüber entschieden haben werden, nah der Bestimmung des vorsizenden Marschalls zu verfahren.“

Zu den Paragraphen, über deren Auslegung dem Marschall hiernach die Entscheidung vorläufig zusteht, gehört auch der §. 26, in welchem das Verfahren bei Petitionen und Beschwerden dargelegt ist, Diesem gemäß hat denn auch, so weit ein Zweifel obwaltete, ob eine Petition zulässig sei oder niht, der Marschall der Kurie der drei Stände in einem bestimmten Falle vorläufig entschieden und dem= nächst eine Allerhöchste Entscheidung Sr. Majestät eingeholt. Hierauf ist in der Allerhöchsten Ordre vom 9. Mai d. J. der Bescheid Sr. Majestät ergangen, wie er in dem stenographischen Berichte abge druckt ist, wodurch das Recht der Entscheidung in dergleichen zwei felhaften Fällen ausdrücklich und nachdrülih als dem Marschall zu= stehend erklärt wird. Hierbei müssen wir fernerhin, meines Erach= tens, auch allein verharren, weil sonst leiht zu vielen Kollisionen Veranlassung gegeben werden dürfte und möglicherweise selbst der Fall nit undenkbar wäre, daß sich zu irgend einer Zeit in irgend einer Kurie eine Majorität von einer bestimmten Tendenz bilden fönnte, welhe auch solhe Anträge annehmen möchte, welche ihrem formellen Jnhalte nah für die Berathung und Beschlußnahme des Landtages nicht zulässig sind, indem sie weder eine Bitte, noch eine Beschwerde enthalten; ja, es möchte niht ganz außer der Möglich= feit liegen, daß irgend eine Majorität vorhanden sein könnte, welche

dahin strebt, daß die Sache nicht nur zur Berathung, sondern sogar zur entscheidenden Beschlußnahme kommen soll, und in einem solchen Falle würde eine dergleichen illegale Entscheidung in die Hände der Majorität selbst gelegt sein, welche sie eben erzwingen wollte, Es ersheint mir daher wesentli zu sein, daß diesem vorgebeugt bleibe. Durch die Gesebesstelle, welhe in dem §. 29 des Reglements ent- halten is und durch die genauere Declaration, welche dieselbe durch Se. Majestät den König in der Allerhöchsten Ordre vom 9, Mai erhalten hat, is diesem vorgebeugt, und kann ih daher in keiner Weise eine Abänderung wünschen.

Fürst zu Salm=Dyk: Jede Petition, welche dem Vereinigten

Landtage eingereicht wird, wird einer Abtheilung überwiesen, und diese Abtheilung kann unmöglih das Recht haben, sie zu verwerfen; sle fann- aber in dem Berichte dem Landtage vorschlagen, darüber hin- wegzugehen, und der Landtag allein is berechtigt, eine Petition zu verwerfen, nicht aber die Abtheilung, Jch weiß nicht, ob ih meine Ansicht klar ausgesprochen habez . ih glaube aber, daß der Bericht der Abtheilung auf Verwerfung gerichtet scin muß, und die Versamm= lung daun sih darüber auszusprechen hat. Graf. von Arnim: Jh wollte mih beschränken, die Ansicht nicht als die meinige zu erklären, welche von einem geehrten Redner in der Minorität dahin geltend gemacht worden is, daß der §. 29 des Reglements in irgend einer Weise diesen Gegenstand entscheiden, und daß er bei der vorliegenden Frage cine Anwendung finden könnte. Der §. 29 handelt von Zweifeln, die sich erheben könnten über die Auslegung der Vorschriften des Reglements von §. 4—28, In diesen Paragraphen i} von der Kompetenz des Landtages mit keinem Worte die Rede, Es ist die Petition allerdings seitens der Kurie der drei Stände an den §. 26 des Reglements angeknüpft, in dem es sich um die Zeit und Form der Einbringung von Petitionen han- delt; aber die Frage, ob der Gegenstand einer Petition zur Kompe- tenz des Landtages gehöre, kann nur das Gesebß entscheiden, und es wird mir kein Paragraph des Reglements angeführt werden können, nah dem entschieden würde: dieser oder jener Gegenstand gehört zur Kompetenz des Landtages oder er gehört nicht dazu, sondern diese Frage findet si lediglih entschieden in dem Patente vom 3, Februar d. 5.3 deshalb ist auch bei der Diskussion über die Petition, sowohl in der Kurie der drei Stände, als auch in der Abtheilung, stets das Geseß vor Augen genommen worden und gefragt, welche Bestimmun- gen sind dort enthalten, welhe wird der Marschall und welche wird die Versammlung zu entscheiden haben? Wenn also die Minorität der Abtheilung ihr abweichendes Votum auf den §. 29 stübßt, \o stübt es sih auf eine vollkommen unhaltbare Grundlage, und ih glaube, daß Niemand im Stande sein möchte, für oder wider die Zulassung einer Petition in Bezug auf ihren materiellen Jnhalt auch nur mit irgend einem Paragraphen des Reglements zu argumentiren, Graf von Westfalen: Jch habe hier nur erklären wollen, daß sich die Ansichten vereinigen lassen, wenn in dem Antrage der Abtheilung hinter den Worten: „ob ein Antrag“, eingeschaltet wird: „in materieller Beziehung“. Jh glaube, daß in formeller Beziehung die Entscheidung besser in den Händen des Marschalls liegen würde, als in materieller Beziehung, Jch stelle es anheim, ob auf diesen Vorschlag Cane en wird oder niht, und es {eint mir, daß die Minorität der btheilung, wenn ih ret verstanden habe, sih dahin aussprach, es würde zu weit führen, wenn in formeller Hinsicht diese Beurtheilung auch zur Kompetenz des Landtages gehören sollte.

Dritte Beilage

156.

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Dritte Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Montag den 7" Juni.

G

von Landsberg: Jm §. 26 a. des Geschäfts-Reglements

eißt es :

, Ties auf Bitten uud Beschwerden (Petitionen) müssen inner- halb der ersten 14 Tage nach Eröffnung des Vereinigten Landta- ges dem Marschall derjenigen Kurie desselben, welcher der Antrag- steller angehört, schriftlich eingereiht werden. Die Marschälle ha- ben Unserem Kommissarius die Anträge abschriftlich mitzutheilen » und solhe, ohne vorgängige Verlesung, in einer Plenar-Versamm- lung den betreffenden Abtheilungen zu überweisen, s

darin scheint mir gar nichts über die Kompetenz der Marschälle ent-

halten zu sein, und ich bin der Meinung, daß die Gesegesstelle un-

verändert so bleiben müsse, ohne weiteres Amendement. _ :

Graf von Arnim: Jh glaube bemerken zu müssen, daß in der Abtheilung manche Stimmen, zu denen auch die meinige gehören würde , sich im Wesentlichen den Ansichten anschließen möchte, die hier von dem geehrten Redner, der vor mir gesprochen, ausgesprochen sind: daß es nämlich als eine Anomalie erscheinen könnte, eine definitive Entscheidung über die Kompetenz einer Abtheilung zu überlassen ; wenn also sich die Ansicht dahin neigen sollte, daß sie nicht blos in die Befugniß einer Abtheilung zu legen sei, so würde ih aus meinem Standpunkte nichts dagegen zu erinnern finden, daß der Landtag ent- scheide. Es hat diese Ansicht, die sich im Abtheilungs-Gutachten fin- det, nur deshalb empfehlungswerth geschienen, weil man glaubt, es möge als eine zu weitläuftigen Diskussionen Anlaß gebende Form er= cheinen, wenn der Landtag sih darüber aussprechen sollte; in den mei= sten ständischen Versammlungen is den Abtheilungen in Bezug auf Petitionen eine weit größere Machtvollkommenheit beigelegt, als bei uns, da bekanntlich in vielen keine Petition in das Plenum zur Dis= kussion kommt, ehe sih nicht eine Abtheilung dafür ausgesprochen hat. Daher hat man nicht geglaubt, dem Landtage einen Abbruch zu thun, sondern is} der Ansicht gewesen, daß die Abtheilung in seinem Namen eine Entscheidung treffen könne; sollte das aber Bedenken finden, \o würde ih mich bereitwillig dem Antrage anschließen, von dem Zusate, den die Abtheilung vorgeschlagen hat, wonach die Abtheilung die Kompetenz entscheiden soll , Abstand nehmen und dem Antrage der jenseitigen Kurie pure beitreten.

Marschall: Jch habe zu fragen, ob der Antrag des Grafen von Westfalen die geseßliche Unterstüßung findet, nämlich der Autrag, daß bei formellen Fragen, wo es auf eine formelle Entscheidung an= fommt, dem Marschall und bei materiellen Fragen der Versammlung selbst die Entscheidung zu überlassen sei.

Graf von Arnim: Diese Frage, wollte ih nur bemerken, ist bereits entschieden; sie liegt auch im Gutachten der Kurie der drei Stände und in dem Abtheilungs = Gutachten dieser Kurie; man hat die Paragraphen angeführt ; dies sind namentli die §§. 20 und 21, in denen davon die Rede ist, daß Petitionen auf den Landtag kom- men, die niht von Mitgliedern eingereicht sind oder hon einmal zu= rügewiesen sind. Alle diese formellen Mängel bleiben der Entschei- dung des Marschalls, wogegen, wenn es sich um die materielle Kom- petenz handelt, so ist man der Ansicht gewesen, daß eine Juterpre- tation des Geseßes nicht füglih in die Hand eines Einzelnen gelegt

werden kann. j i Graf von Westfalen: Um so weniger würde es schaden,

wenn man in dem Antrage der Abtheilung hinter den Worten: „ob ein Antrag“, die wenigen Worte einschaltete: „in materieller Hinsicht“. :

Graf von Jbenpliß: Was der Herr Redner so eben be- rührte, findet sich in den §§. 20 und 21 des Geseßes vom 3. Februar ausgesprochenz dies bemerke ih indessen nur beiläufig.

Wenn im Uebrigen es jeßt scheint, als wolle die Kurie sich dahin entsheiden, dem Antrage der Kurie der drei Stände beizutreten, so halte ih es für nöthig, daß ein Punkt zur Sprache gebracht werde, der ein sehr wesentlicher ist. Es handelt sih in dieser Angelegenheit hauptsächlih um solche Petitionen, bei denen wahrscheinlich in der Sache selb} nicht mehr recht viel zu thun is, wie dies wohl zu- weilen vorkommen kann, die aber dennoch immer wieder an den Land=- tag gebracht werden. Jun einem solchen Falle ist das, was zu ver-= meiden sein möchte, das Vorlesen vor dem Landtage. Der Wunsch, dies unter Umständen vermeiden zu können, hat die Abtheilung darauf hingeführt, zu sagen: Da der Marschall zu sehr mit Geschäften über- häuft is, um selbst zu prüfen, #}o möge er die Petitionen an eine Abtheilung geben, die darüber definitiv entscheiden soll, ob sie an die Kurie gelangen oder nicht. :

von Quast: Der Antrag der Kurie der drei Stände lautet folgendermaßen : \

Die Beurtheilung, ob ein Antrag zur Kompetenz des Landtags gehöre oder nicht, als dem Landtage, aber nicht scinem Marschall für zustehend zu erklären,

Wenn die Bestimmung ad 26 a, also nicht als ausreichend er-= schien, so mußte das Fundament dazu doch vorhanden sein, um dessen Abänderung die Kurie eben bittet. Demgemäß hat denn der Mar= hall in dieser Sache nicht nur zu entscheiden, sondern in einzelnen Fällen auh wirklich entschieden, und is ihm dieses Recht dur des Königs Majestät demnächst noh ausdrücklih bestätigt worden.

Graf von Arnim: Wenn der Redner anführt, daß die Kurie der drei Stäude den §. 26 a. niht ausreichend befunden hat, so mag dies wohl sein, aber es fragt sih nur, ob, wie von dem Reduer behauptet is, der §. 29 irgendwie gelten kann für die Frage, wer über die Kompetenz zu entscheiden habe, und ih erkeune in der Ent= gegnung, die wir hier vernommen haben, kein neues Motiv, sondern es is nur angeführt werden, es müsse auf irgend einem Punkt die Anführung des §. 26 a. beruhen; sie beruht darauf, daß dort von Einbringung von Petitionen die Rede is, Aber ih wiederhole, daß in dem Reglement keine Stelle bezeihnet werden kann, die davon handelt, in welhem Umfange die Petitionen vor den Landtag ge= hören, und in welchem nicht, daß also die Entscheidung von Zwei- feln, deren der §, 29 des Reglements erwähnt, nicht die Entschei- dung von Zweifeln über die Kompetenz des Landtages in sih {ließt oder berührt.

von Quast: Der §. 26 a. lautet:

(Liest vor, vgl. oben.)

Jst hierüber ein Zweifel, so muß der §. 29 entscheiden; dem- gemäß die DbMlegutg so lange von dem Marschall gemacht wird, bis die Allerhöchste Entscheidung eingegangen ist.

__ Graf von Arnim: Jch halte es nicht für nothwendig, über diesen Gegenstand die Diskussion zu verlängern. (Schluß folgt.)

{Pitt

Inhalt.

Amtlicher Theil. A

Fnland. Berlin. Bekanntmachung des Zustiz-Ministeriums, die Orga- nisation der Königl. Land- und Stadtgerichte betreffend.

Deutsche Bundesstaaten. Freie Stadt Bremen, Der Handels- Vertrag mit Griechenland. /

Hesterreichische Monarchie, Triest. reihishen Llovd. Rußland und Polen. St. Petersburg. Heil-Anstalt für Beamte

niederen Ranges und für die mittleren Volksklassen,

Frankreich. Ma Hof - Nachricht. Kommissions-Gutachten über Algerien. Bugeaud's Berichte über die Unterwerfung der Kabylen. Die Presse über die Erpedition nah Kabylien. Abd el Kader's An- hang in Marokko. Das Geschwader des Mittelmeeres, Die pariser Fortificationen. Marschall Grouchv. Note der Vereinigten Staa- ten. Der Vorschlag auf Herabseßung der Salzsteuer. Die Petition der Seidenweber von Lyon. Vermischtes. Schreiben aus Paris. (Kreditforderung für die durch Ueberschwemmungen angerichteten Schäden.)

Großbritanien und Jrland. London, Damen P Die portugiesischen Angelegenheiten. Die Amendements zu den irländischen Bills, Getraideschiffe. Schreiben aus London. (Rücktritt Lord Henry Hardinge's; Sir James Graham wahrscheinlicher Nachfolger; die Angelegenheiten Portugals.)

Belgien. Brüssel, Hofnachriht. Getraidezufuhr, Stand der Feldfrüchte.

Griechenland. “Athen. Adresse der Opposition,

Wisssenschaftliche und Kunst-Nachrichten. Wien.

Handels- und Börsen-Nachrichten. Berlin, Börse.

Jahresfeier des Oester-

Amtlicher Theil.

Befkfanntmachung. Von der unterzeichneten Jmmediat - Kommission sind heute nah= stehend bezeichnete Kassen-Anweisungen vom Jahre 1835, nämlich 1,654 Stück zu 500 Rthlr. über 827,000 Rthlr. 6,790 » » 100 » » 679 M 0 » 9 880 » » 50 » » 494, O). ) »

zusammen 18,324 Stück über 2,000,000) Rthlr. welche die Preußische Bank auf die nah §. 29 der Bank- Ordnung vom 5. Oktober v. J. von ihr zurückzuliefernden sechs Millionen

Thaler Kassen - Anweisungen gegen Rücempfang eines gleichmäßigen Betrages der dafür niedergelegten Staats - Schuldscheine abschläglich an die Königliche Haupt - Verwaltung der Staatsschulden abgeliefert hat, in dem Verbrennungs =- Lokale der legteren Behörde durch Feuer vernichtet worden, welches hierdurch bekannt gemacht wird, Berlin, den 31. Mai 1847. Königliche Jmmediat-Kommissionzzun-Vernichtung- der dazu bestimmten Staats-Papiere.

Bendemann sen. Humbert.

(gez.) Natan.

Bekanntmachung.

Von der unterzeichneten Jmmediat-Kommission sind folgende, von der Königlichen Haupt-Verwaltung der Staats-Schulden ihr über= wiesene Staats-Papiere :

a) 28,744 Stüd, bis zum Schlusse des Rechnungsjahres 1846, gegen Staats-Schuldscheine umgetauschte und eingelöste Partial- Obligationen aus der Anleihe bei dem Handlungshause N. M. von Rothschild u. Söhne in London, vom Jahre 1830 à 100 Pfd. St., im Betrage von 2,874,400 Pfd. St. nebst dazu ge- E 365,974 Stück Coupons à 2 Pfd. über 731,948 Pfd. St. und

b) 53 Stück konvertirte Staats-Schuldscheine vom Jahre 1811 über 6100 Rthlr.

am heutigen Tage, im Verbrennungs-Lokal der Königlichen Haupt- Verwaltung der Staats-Schulden dur Feuer vernichtet worden, wel- hes hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird.

Berlin, den 31. Mai 1847.

Königliche Jmmediat-Kommission zur Vernichtung der dazu

bestimmten Staats-Papiere.

Natan. Bendemann sen, Humbert.

(gez.)

Uichtamtlicher Theil. I nl an d.

Berlin, 5. Juni. Die Nr. 22 des Justiz-Ministerial-Blattes enthält die folgende Bekanntmachung des Justiz-Ministeriums die Organisation der Königl. Land- und Stadtgerichte betreffend.

Organisations=Plan für das Königliche Land=- und Stadtgeriht zu Groß=Wanzleben, 1

Das Land- und Stadtgericht zu Groß- Wanzleben is ein kollegialisch formirtes, aus einem Direktor und sieben Assessoren bestehendes Gericht. Dem Direktor und dreien Assessoren wird ihr Wohnsiß zu Groß-Wanzleben, zweien Assessoren zu Seehausen, zweien zu Egeln angewiesen.

2

Den zu Seehausen und Egeln wohnenden Mitgliedern wird als Ge- \häftsfreis ein örtlih abgegränzter Sprengel des Land- und Stadtgerichts=- Bezirks unter der Bezeichnung : ;

Land- und Stadtgerichts-Kommission zu Seehausen oder Egeln Nr. 1. oder Nr. U1., den zu Groß-Wanzleben wohnenden ein Geschäftskreis nah näherer Be- stimmung des Direktors, angewiesen.

Jn diesen Geschäftskreisen (§. 2) haben die Mitglieder mit Einschluß des Direktors, welcher m ebenfalls einen bestimmten Geschäftskreis zutheilt, als Richter alle Sachen selbstständig zu bearbeiten, welche an sih der Kom- petenz eines allein stehenden Unterrichters unterworfen werden können und auch nach den folgenden Bestimmungen nicht der kollegialischen Berathung und Beschlußnahme vorbehalten sind.

Jhre Erlasse (Verfügungen und Ausfertigungen) ergehen im Namen

des Land- und Stadtgerichts oder der betreffenden Land- und Stadtgerichts-

Kommission mit der Unterschrift : G v Hiehler

Land- und Stadtgerichts-Assessor (Rath oder Direktor). Beruht der Erlaß auf einem Kollegial-Beschlusse (§. 7), so if dieses im Eingange zu erwähnen. Z §. 5.

Der Direktor hat

1) die Dekretur ín Einrichtungs-, Kassen- und allen das Kollegium als solches betreffenden Sachen. Er präsentirt alle unter der Adresse des Land- und Stadtgerichts eingehende Sachen und läßt sie, wenn solche in den Ge- schäftsfreis eines der Mitglieder gehören, diesem zustellen. Er bestimmt die Sizungstage für die kollegialishen Verhandlungen , seßt die Mitglieder davon in Kenntniß und dispensirt erforderlichenfalles diejenigen, welche Theil zu nehmen behindert sind, Er ist 2 i

2) für den prompten und ordnungsmäßigen Geschäftsbetrieb verant- wortlih. Seinen desfallsigen Anordnungen ist, so lange nicht von der vor- geseßten Behörde etwas Änderes bestimmt wird , Folge zu leisten. Er hat zu dem Ende nicht nur den Geschäftsbetrieb der Nichter zu Wanzleben fort- während zu überwachen, sondern auch bei den auswärts wohnenden Rich- tern mindestens zweimal jährlich Revisiouen zu halten.

3) Materielle Erinnerungen gegen die Behandlung der Geschäfte hat er, wenn das betreffende Mitglied solche nicht aus eigener Ueberzeugung anerkeunt, zum Kollegial-Beschlusse zu bringen,

Er hat ferner

4) die Referenten für den Vortrag im Kollegium zu ernennen. sub 5) Mitglieder und Subalternen in Behinderungsfällen einander zu ubstituiren.

6) wenn eine Sache in mehrere Geschäftsbezirke einshlägt und deshalb verschiedenen Mitgliedern zur selbstständigen Bearbeitung zufallen würde, dergleichen Sachen durch eine ein für allemal zu treffende Anordnung oder für den speziellen Fall einem Mitgliede zur Bearbeitung zu überweisen.

Die Erlasse, welche von dem Direktor vermöge seiner Direktorial-Be- fugnisse ausgehen, unterzeichnet er in der Reinschrift mit seinem Amistitel :

Direktor des Land- und Stadtgerichts. g. 6.

Jn Behinderungsfällen wird der Direktor von einem, ein für allemal, jedoch widerruflih von dem Oberlandesëgericht zu bestimmenden , zu Wanz- leben wohnenden Mitgliede, verireten. Jn den Sizungen führt bei der Behinderung des Direktors das älteste Mitglied den Vorsih.

S le ;

Der fkollegialischen Berathung resp. Verhandlung und Entscheidung unterliegen:

L. pie Erkenntnisse nebst den demn erkennenden Nichter in den Gesehen vorbehaltenen Verhandlungen und Beschlüssen in Civilprozessen *) und Untersuchungen,

Ausgenommen hiervon sind nur:

1) im Civilprozeß:

a) die Bagatell- und Jujuriensachen z Ï x

þ) diejenigen Sachen, in welchen beide Parteien oder deren mit srift- licher Vollmacht hierzu versehene Mandatare übereinstimmend auf die Entscheidung des einzelnen Richters kompromittiren;

c) Kontumazialbescheide und Agnitions-Resolutionen, so wie Purifikations- Resolutionen, wenn über die Eidesleistung oder Cidesweigerung und deren Folgen kein Streit mehr is; und Adjudikations - Bescheide, wenn keiner der Interessenten dem Zuschlage widersprochen hat;

d) die in dem Geschästsfkreise der außerhalb Wanzleben wohnenden Rich- ter vorkommenden folgenden besonders schleunigen Sachen :

Wechselsachen ; Arrestsachen, welche nicht mit der Hauptsache zusammen verhan- delt werden (Allg. Gerichts-Ordnung Thl, 1. Tit. 29 §§. 63—73); Bausachen, wenn von einem schon angefangenen Bau die Rede ist, dessen Fortseßung oder Aufhebung von dem Ausfall des Pro- zesses abhängig is (Allg. Gerichts-Ordnung Thl. I, Tit. 42 §.42)z die in der Allg. Gerichts-Ordnung Thl. I. Tit. 44 §. 62 und 63 gedachten Miethssachen, bei denen Gefahr im Berzuge ist ; insofern nicht beide Theile übereinstimmend die Entscheidung durch das Kollegium zu Wanzleben in Antrag bringen. 2) in Untersuhungssachen:

a) die Forst-Rügesachen ;

b) die der Polizeigerichtsbarkeit anheimfallenden Sachen (Verordnung vom 31. März 1833 §. 3)z ;

c) die leichteren Verbrechen, welche in den Geseßen mit Geldbuße bis zu 50 Nthlr. oder Freiheitsftrafe bis zu sechs Wochen oder körper- licher Züchtigung, oder mit mehreren dieser Strafen zugleich bedroht sind, wenn das durch die Allerhöchsten Ordres vom 24, März 1841 und 5. August 1844 (Geseßsammlung von 1844 S. 453) ange- ordnete mündlihe Schlußverhör nicht eintritt.

Vor das Kollegium gehören ferner:

IT. in den nicht der Entscheidung durch Erkenntniß unterworfenen An-

gelegenheiten,

1. alle Sachen, welche entweder der Direktor zur besonderen Beschluß- nahme verweist oder das betreffende Mitglied aus dem ihm über- wiesenen Geschäftskreise zur kollegialischen Berathung zu bringen sich veranlaßt findet, oder das Kollegium vor sich zu ziehen beschließt;

2, die Deposital-Darlehne an Privat-Personen, insoweit es dabei auf cine Prüfung der Sicherheit ankommt;

3, in Vormundschafts- und Kuratelsachen die Bestätigung abgeschlos}e- ner Erbrezesse und die Genehmigung freiwilliger Veräußerungen, unbeweglicher Güter der Minorennen, insofern nicht von Bagatell- Objekten die Rede ist. :

Auch steht es

111. den Partheien frei, auf den Beschluß des Kollegiums zu provoziren, wenn in Sachen, die bei einer Entscheidung durch Erkenntniß vor das Kollegium gehören würden, eine Klage oder Widerklage oder Denuciation durch Verfügung zurückgewiesen, oder über das Prozeß- verfahren zu bestimmen ist.

g. 8.

Eine Aenderung in dem Geschäfts-Vertheilungs-Prinzip des §. 2, so wie eine Einberufung der auswärtigen Mitglieder in das Kollegium und Ersezung durh andere Mitglieder kann nur vou dem Justiz-Minister an- georduet werden, 4

§

Die außerhalb Groß-Wanzlehben wohnenden Mitglieder sollen sh mo- natlih wenigstens einmal zu den Sihungen des Kollegiums in Wanzleben einfinden und erhalten als Vergütigung für die Kosten jeder Reise ein vom Oberlandesgericht zu bestimmendes Pauschquantum aus der Salarienkasse.

Außerdem hat der Direktor die Befugniß, wenn es zur Beschleunigung und Kostenersparniß dient, auch C zu Seehausen und Egeln Be- hufs mündlicher Verhandlung und Entscheidung der dazu geeigneten Civil- und Kriminal -Sachen anzuberaumen, an denen er dann selbst mit den

dortigen Richtern Theil nimmt. à 40

Jn den zur mündlichen Verhandlung vor dem Kollegium reifen Pro- - eßsachen fertigen in der Negel die Mitglieder, bei denen die Sache an- ängig is , das erforderliche Referat an, laden gleichzeitig die Parteien auf den Sizungstag, welchen der Direktor dazu nach einer zu treffenden Einrichtung im Voraus bestimmt hat, vor, un geben die Akten mit dem Referate an den Direktor ab. Die vollzogenen Insinuations-Dokumente

müssen sie spätestens am Sipungstage na liefern. L

*) Wie sih hiernach das Verhältniß der Gerichts-Kommissarien zu dem Kollegium mit Rüssicht auf die neue Verordnung über das Verfahren in Civilprozessen vom 21. Juli 1846 gestaltet, ergeben die Allgemeinen Verfügungen vom §. und 27, November 1846 im Justiz-Ministerial- Blatt für 1847, Seite 2,